VAA Magazin Chemie explosiv - Feuerwerk

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VAA Magazin Chemie explosiv - Feuerwerk
Zeitschrift für Führungskräfte in der Chemie           Ausgabe Dezember 2013

VAA Magazin
Interessenvertretung · Juristischer Service · Publikationen · Bildung · Netzwerk

Feuerwerk:

Chemie explosiv
Werksgruppen:
Tagung effektiv
VAA Magazin Chemie explosiv - Feuerwerk
VAA Assekuranz Agentur GmbH

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VAA Magazin Chemie explosiv - Feuerwerk
Inhalt

SPEZIAL
06    Chemie und Feuerwerk
      Was hinter der knalligen Farbpracht steckt

VAA

                                                                     Foto: Wikimedia
12    Kölner Chemie-Preis 2013
      BASF ausgezeichnet

15    Werksgruppenvorsitzendentagung 2013
                                                                                                      6
      Diskussionen und Workshops in Hannover

18    Einkommen von Frauen und Männern
      Dem Gehaltsgefälle auf der Spur

20    VAA Stiftung
      Preisverleihung an der Uni Konstanz

22    Dialog & Espresso
      Interview mit Dr. Uwe Gierlich und Dr. Hans-Ulrich ter Meer

BRANCHE                                                                                               12
28    Chemielogistik
      Keine Standard-Palettenware

MANAGEMENT
32    Motivation von Führungskräften
      Gemeinsame Umfrage von VAA, Forum F3, ULA und Hay Group

MELDUNGEN
34    Zellmembranen künstlich herstellen                                                              28

ULA NACHRICHTEN
37    Koalitionsvertrag steht
      Dicke Kröten oder schöne Bescherung?

PORTRÄT
45    Dr. Roland Leroux
      Erfolge wollen gefeiert werden

                                                                                                      45
RECHT
50    Interview mit Thomas Spilke
                                                                     Coverfoto: kesu – Shutterstock

      Recht auf Smiley im Zeugnis?

VERMISCHTES
54    ChemieGeschichte(n)

57    Leserbriefe, Personalia, Termine, Impressum

                                                                                                      54

                                                                    VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013                  3
VAA Magazin Chemie explosiv - Feuerwerk
Chemie im Bild

Feines Pulver ganz groß: Carbonyleisen, hier in stark vergrößerter Aufnahme, entsteht aus hochreinem Eisen. Das
graue Pulver fand anfangs beispielsweise bei der Produktion von Tonbändern Verwendung. Heute kommt es in
Elektronikbauteilen wie etwa Hochfrequenzspulen zum Einsatz. Der weltweit wichtigste Hersteller ist die BASF.
Foto: BASF SE
VAA Magazin Chemie explosiv - Feuerwerk
Editorial

Auf ein Neues!
In gut zweieinhalb Wochen ist es wieder so weit: Ein ereignisreiches
Jahr überquert endgültig die Zielgerade. Die Korken knallen, der Sekt
fließt in Strömen und der Himmel ist für eine Zeit lang hell erleuchtet
vom feurigen Spektakel. Das Feuerwerk als Signal des Aufbruchs in
ein neues Jahr voller neuer Hoffnungen und Vorsätze. Aber was steckt
eigentlich hinter all der lauten Farbenpracht? Richtig: jede Menge Che-
mie. Viele verschiedene Pülverchen und Mischungen, gekonnt gefer-
tigt bei einem von Europas größten Feuerwerksproduzenten unweit von
Köln. Passend zum Jahreswechsel dazu unser feuriges Spezial auf den
Seiten 6 bis 12.

     Einen guten Anlass zum Feiern gab es auch Mitte November in
Köln: Aufs Neue wurde die BASF SE für ihre vorbildliche Personalar-

                                                                                                                   Foto: VAA
beit mit dem Kölner Chemie-Preis ausgezeichnet. Als erstes Unterneh-
men überhaupt zum zweiten Mal! Und warum? Ganz einfach: Im in-
zwischen vierten Jahr in Folge ist die BASF in den Top Drei des Ran-
kings der VAA-Befindlichkeitsumfrage vertreten. Das ist nicht hoch
genug einzuschätzen. Als einziges Unternehmen gehört der Ludwigshafener Weltkonzern dazu noch bei allen
fünf Teilnoten zur Spitzengruppe. Außerdem haben wir in diesem Jahr die Ergebnisse der Zusatzbefragung zum
Thema „Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Karriere“ einfließen lassen, denen zufolge die BASF auf Platz
zwei das beste Großunternehmen im Zusatzranking ist. Daher ist der diesjährige Preis mehr als verdient. Un-
seren Fotobericht zur Preisverleihung gibt es auf den Seiten 12 bis 14. An dieser Stelle soll aber auch der Vor-
jahrespreisträger gewürdigt werden: Denn der LANXESS AG ist es gelungen, ihr gutes Ergebnis aus dem Vor-
jahr nochmals zu verbessern und sich knapp an die Spitze des Gesamtrankings zu schieben.

     Ums Schieben und Verschieben, ums Laden und Verladen geht es auch auf den Seiten 28 bis 31 des aktu-
ellen VAA Magazins. Genauer: um die Chemielogistik. Chemie und Logistik – da mag man sich fragen: Passt
das zusammen? Und wie das passt! Das muss es auch, denn ohne tagtägliche logistische Meisterleistungen bei
Planung, Verladung, Transport und Lieferung stehen in der chemischen Industrie sprichwörtlich alle Räder still.
Übrigens gehen etwa 15 Prozent des gesamten Logistikmarktes in Deutschland aufs Konto der Chemiebranche.
Das will schon etwas heißen.

     Heiß hergegangen ist es in den letzten zwei Monaten im politischen Berlin. Es wurde gerungen und gepol-
tert – manchmal auch regelrecht gewürgt. Was dabei herausgekommen ist? Am besten selbst ein Bild machen:
Die ULA Nachrichten auf den Seiten 37 bis 44 informieren über die Ergebnisse der Koalitionsverhandlungen
und deren Auswirkungen für die kommenden Jahre.

    Für das nächste Jahr möchte ich allen Lesern des VAA Magazins alles Gute und viel Erfolg wünschen, ob
im Beruflichen oder im Privaten. Freuen Sie sich und feiern Sie, wenn es etwas zu feiern gibt – ruhig auch mit
uns. Vor allem aber: Bleiben Sie gesund!

Ihr Dr. Thomas Fischer
1. Vorsitzender des VAA

                                                                                     VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013                 5
VAA Magazin Chemie explosiv - Feuerwerk
CHEMIE UND FEUERWERK

                           Farbexplosion am
                           Nachthimmel
                           „Chemie ist das, was knallt und stinkt“, so sagt es der erste Teil eines Sprichwortes. Obwohl dieser Ausspruch den vielen
                           komplexen und hoch spezialisierten Produkten der modernen Chemie kaum gerecht wird, ist das Potenzial chemischer
                           Vorgänge für laute Geräusche und aufdringliche Gerüche nicht von der Hand zu weisen. Dass Chemie nicht nur knallt,
                           sondern auch beeindruckende Farbeffekte hervorrufen kann, ist sogar Grundlage für einen kleinen, aber regelmäßig viel
                           beachteten Industriezweig: die Feuerwerkshersteller.

                           Von Christoph Janik
Foto: fotoping – Fotolia
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Made in Germany: Wenn hierzulande am
Silvesterabend die Streichhölzer an die
Zündschnüre der Feuerwerkskörper gehal-
ten werden, stammen die häufig aus den
WECO-Produktionsbetrieben. Foto: Andrey
Armyagov – Shutterstock
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Anders als die meisten Produkte aus China werden die Feuerwerkskörper aus deutscher Produktion zu einem erheblichen Teil in automati-
sierten Fertigungsprozessen hergestellt. Foto: WECO

Der Weg nach Hause am frühen Morgen.          weite Marktführer unter den Feuerwerks-      Betrieb der Standorte gleicht WECO durch
Es ist kalt und in allen Straßen liegt ein    herstellern und verfügt als einziger Wett-   technischen Fortschritt aus: „Wir können
charakteristischer, schwefliger Geruch: ab-   bewerber der Branche nach wie vor über       nur hier produzieren, weil wir einen hohen
gebrannte Feuerwerkskörper. Selbst wer        nennenswerte Produktionskapazitäten in       Automatisierungsgrad haben. Sie werden
um Mitternacht tief ins Glas geschaut hat,    Deutschland. Dass 40 Prozent der WE-         hier deshalb viele Mittel finden, die uns ei-
erinnert sich am nächsten Morgen meist an     CO-Produkte aus den drei deutschen Pro-      ne effizientere Produktion ermöglichen“,
diese typische Szene aus der ersten Nacht     duktionsstandorten in Eitorf, Kiel und       kündigt Gerstmeier an. Und tatsächlich
des Jahres.                                   Freiberg stammen, ist ein fest veranker-     sind beim Rundgang über das Werksgelän-
                                              ter Teil des Geschäftsmodells. Der Auf-      de überall mehr oder weniger stark auto-
     Allein in Deutschland werden jedes       druck „Made in Germany“ – oft in Ver-        matisierte Produktionsabläufe zu beobach-
Jahr am Silvesterabend Böller, Raketen        bindung mit den Farben Schwarz, Rot und      ten. Sei es die Verpackungsmaschine bei
und Feuerwerksbatterien im Gegenwert          Gold – ist auf vielen WECO-Produkten so      den Wunderkerzen, die offenkundig schon
von deutlich über 100 Millionen Euro ge-      präsent, dass er kaum zu übersehen ist.      seit einigen Jahrzehnten ihren Dienst ver-
zündet. Ein großer Teil davon stammt aus      „Unsere Handelspartner und damit letzt-      richtet, oder die moderne und fast vollstän-
chinesischer Produktion, denn vor allem       lich auch die Endverbraucher setzen auf      dig automatisierte Produktionsstraße für
in den 1990er-Jahren haben viele Feuer-       Artikel ‚Made in Germany‘. Das funktio-      Batteriefeuerwerk. „Das ist ein maßge-
werkshersteller ihre Produktion hierzu-       niert für uns sehr gut“, berichtet Gerst-    schneidertes Stück Technik“, ist Erwin
lande aufgegeben und nach Fernost verla-      meier.                                       Lohmann sichtlich stolz. Lohmann ist bei
gert. „Es gibt viele Feuerwerksartikel, für                                                WECO Sicherheitsfachkraft für Arbeitssi-
deren Herstellung Handarbeit notwendig                                                     cherheit, bei einem sogenannten Störfall-
ist. Und das lässt sich gerade bei großen     Automatisierung als Standortvorteil          betrieb eine besonders verantwortungsvol-
Stückzahlen in Deutschland aus Kosten-                                                     le Aufgabe: „Wir unterliegen den erweiter-
gründen einfach nicht abbilden“, erklärt      Aber auch das Feuerwerk aus deutscher        ten Pflichten der Störfallverordnung, also
Oliver Gerstmeier, Unternehmensspre-          Produktion unterliegt natürlich dem Preis-   zahlreichen Auflagen und Pflichten, deren
cher der WECO Pyrotechnische Fabrik           wettbewerb. Das im Vergleich zu China        Einhaltung und Erfüllung auch regelmäßig
GmbH. Der Mittelständler aus dem nord-        deutlich höhere Lohnniveau der 460 deut-     überprüft wird. Das garantiert ein hohes
rhein-westfälischen Eitorf ist der europa-    schen Mitarbeiter und die Kosten für den     Sicherheitsniveau.“

8    VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013
VAA Magazin Chemie explosiv - Feuerwerk
Spezial

Für den Fall der Fälle                         linie seinerzeit befolgt, hätte es nicht zu   gen, was und wie viel drin sein darf und
                                               einem Unglück dieses Ausmaßes kommen          was nicht. Da spielt die eigentliche Mu-
Auf dem Firmengelände fällt zum Beispiel       können.“                                      sik.“ Schwermetalle finden sich bei-
sofort die Gebäudestruktur ins Auge. Das                                                     spielsweise seit vielen Jahren nicht mehr
einzige große Gebäude ist der Verwaltungs-          Inzwischen hat eine europaweite          in Feuerwerkskörpern, ebenso wenig wie
trakt. Große Produktionshallen sind hinge-     Harmonisierung des Sprengstoffrechts          das früher gebräuchliche Hexachlorben-
gen nicht zu sehen. „Wir haben hier mit ins-   stattgefunden. Unter anderem trat 2007        zol. „Das gehört heute zu den ‚Dirty Do-
gesamt 72 Gebäuden eine Vielzahl von klei-     die EU-Richtlinie über das Inverkehr-         zen‘, die nicht verwendet werden dürfen.
nen Einheiten, die teilweise auch etwas ab-    bringen pyrotechnischer Gegenstände in        Es ist aber kein Problem, so etwas zu
seits liegen“, erläutert Oliver Gerstmeier.    Kraft, die sich in weiten Teilen an den       substituieren, unser Baukasten wird al-
Das gilt zum Beispiel für die Fertigung der    hohen deutschen Standards orientiert.         so nicht unbedingt kleiner“, berichtet
sogenannten Sonnen, deren pyrotechni-          „Deutsche Unternehmen und Behörden            Entwicklungsleiter Georg Alef.
sches Gemisch überdurchschnittlich ag-         haben sich da sehr stark eingebracht.
gressiv reagieren kann. „Wir gehen mit Ex-     Viele deutsche Zulassungsverfahren sind            Die Grundzutat der meisten Feuer-
plosivstoffen um und die Gefahr, dass es zu    in europäische Normen überführt wor-          werkskörper ist bis heute das Schwarzpul-
gewissen Ereignissen kommt, ist latent im-     den“, berichtet Alef.                         ver. „75 Prozent Kaliumnitrat, 15 Prozent
                    ellt Erwin Lohmann klar,
mer vorhanden“, stellt                                                                                      Prozen Schwefel. Das ist
                                                                                             Holzkohle, 10 Prozent
                    auftragter des Unterneh-
der auch Störfallbeauftragter                                                                                   zwa nicht die genau
                                                                                             stöchiometrisch zwar
                     er anderem die Zahl der
mens ist. So ist unter                                                                                            ab die effektivste“,
                                                                                             richtige Mischung, aber
Personen begrenzt, die in einem Raum ar-                                                        so Alef. Damit sin
                                                                                                                 sind zugleich die bei-
                   dem verfügen
beiten dürfen. Zudem                                                                                     Grundbed
                                                                                                    den Grundbedingungen      für jeden
                     bäude über
die Produktionsgebäude                                                                                  pyrotechni
                                                                                                        pyrotechnischen    Satz erfüllt,
eine sogenannte Ausblase-                                                                                 also ein Stoffgemisch zur
richtung: Drei Seitenten be-                                                                               Erzeugu akustischer, op-
                                                                                                           Erzeugung
stehen aus massivem   vem                                                                                    tische thermischer oder
                                                                                                             tischer,
Stahlbeton und eine                                                                                           mech
                                                                                                              mechanischer     Effekte.
                     au-
Seite aus leichten Bau-                                                                                       Denn der benötigt in je-
elementen, beispiels-ls-                                                                                      dem FFall ein Oxidations-
weise einer dünnen   en                                                                                        mitte – beim Schwarz-
                                                                                                               mittel
Holzwand. „Diese Sei-                                                                                          pulv
                                                                                                               pulver das Kaliumnitrat
te würde im Fall der                                                                                           – un
                                                                                                                  und einen Brennstoff,
Fälle wegfliegen und es                                                                                        den beim Schwarzpul-
                    rkungen
gäbe keine Auswirkungen                                                                                     ver da
                                                                                                                 das Holzkohlepulver
                    ebäude“,
auf die Nachbargebäude“,                                                                                   und der Schwefel liefern.
                     hmann die
veranschaulicht Lohmann
Idee hinter dieser er baulichen                                                                                  Das Oxidationsmittel
Maßnahme. Denn auch der Min-                                                                         stellt den Saue
                                                                                                                Sauerstoff für die Ver-
destabstand, in demm das nächste Gebäu-                                                          brennung zur Verf
                                                                                                                Verfügung und sorgt so
                   chtung stehen darf, ist
de in Ausblaserichtung                                                                       dafür, dass ein pyrotechnischer
                                                                                                              pyrote           Satz un-
rechtlich geregelt. Strenge Vorgaben, da-       Foto: dule964 – Fotolia                      abhängig vom Luftsauerstoff
                                                                                                              Luftsa         reagieren
mit der Schaden im   m Unglücksfall so ge-                                                   kann. Es darf nicht ffeuchtigkeitsanzie-
ring wie möglich bleibt.                                                                     hend wirken und muss seinen Sauerstoff
                                                                                             schon bei verhältnismäßig niedrigen Tem-
     Solche Fälle sind in Deutschland al-      Die rechtlichen Vorhaben haben auch           peraturen abgeben, weshalb häufig Me-
lerdings sehr selten. Für viel Aufsehen        Einfluss auf die Möglichkeiten der Feu-       tallsalze sauerstoffreicher anorganischer
sorgte im Mai 2000 die Explosion in ei-        erwerkshersteller bei der Entwicklung         Säuren wie Nitrate oder Perchlorate zum
ner Feuerwerksfabrik im niederländi-           neuer Produkte. Erwin Lohmann, vor            Einsatz kommen. Dem Brennstoff kommt
schen Enschede, bei der 23 Menschen ihr        seiner Tätigkeit als Sicherheitsbeauftrag-    bei der Reaktion eines pyrotechnischen
Leben verloren. „Es gab damals in den          ter selbst in der chemischen Entwicklung      Gemisches die Aufgabe zu, in Verbin-
Niederlanden einfach kein ausreichendes        tätig, beschreibt die Rahmenbedingun-         dung mit dem Oxidationsmittel für eine
Sprengstoffgesetz“, meint Georg Alef,          gen: „Rote Effekte machen wir heute im        hohe Temperatur zu sorgen. Denn nur so
Gesamtbetriebsleiter bei WECO und zu-          Prinzip noch genauso wir vor 20 oder 30       kann die dritte wichtige Komponente der
gleich Leiter des Entwicklungslabors. Er-      Jahren, da hat sich nichts Wesentliches       meisten Feuerwerkskörper, der Farbgeber,
win Lohmann ergänzt: „Damals gab es            geändert. Was sich aber geändert hat,         seine Wirkung entfalten: Dessen durch
noch keine Umsetzung der sogenannten           sind die nationalen, europäischen und         die hohe Temperatur angeregten Atome
Seveso-Richtlinie. Hätte man diese Richt-      teilweise sogar weltweiten Bestimmun-         fallen nach kurzer Zeit in ihren f

                                                                                                  VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013           9
VAA Magazin Chemie explosiv - Feuerwerk
Spezial

                                                                                                                                  Foto: Robert Neumann – Fotolia
Grundzustand zurück und emittieren da-         nen Violetts oder eines guten Stroboskop-    mal zulässige Pulvergewicht für Batteri-
bei Licht, je nach Element in unterschied-     Effekts.                                     en von 50 auf 500 Gramm hochgesetzt.
lichen Farben. Ein Bestandteil des pyro-                                                    Das ist für uns Pyrotechniker natürlich ei-
technischen Satzes kann auch mehrere                Eine Art Leistungsschau für die neu-    ne gigantische Spielwiese“, sagt der Che-
Funktionen erfüllen. So kann Strontium-        esten Kreationen ist für WECO die jähr-      fentwickler und grinst verschmitzt.
nitrat als Oxidationsmittel eingesetzt wer-    liche Feuerwerksveranstaltung „Kölner
den und zugleich eine tiefrote Farbe lie-      Lichter“, die zu den größten ihrer Art in
fern. Für grüne, gelbe und blaue Effekte       Europa gehört. Als ausrichtender Feuer-      Geprüfte Sicherheit
können zum Beispiel Bariumnitrat, Nat-         werker können die Eitorfer bei der publi-
riumoxalat und Kupferoxid als Farbgeber        kumswirksamen Veranstaltung zeigen,          Ob die Neuentwicklungen dann wirklich
dienen. Hinzu kommen weitere Zusatz-           was sie können. Dabei fi nden einige Ent-    den Markt erreichen, wird bei der Bundes-
stoffe wie Bindemittel und Katalysatoren.      wicklungen aus diesem professionellen        anstalt für Materialforschung und -prüfung
                                               Kategorie-4-Feuerwerk, das nur von aus-      (BAM) in Berlin entschieden. Als eine von
                                               gebildeten Pyrotechnikern verwendet          zurzeit 17 benannten Stellen in Europa ist
Vom Feuerwerk zum Endverbraucher               werden darf, auch ihren Weg an die La-       sie für die Konformitätsbewertung von
                                               dentheke. Alef formuliert den kreativen      Feuerwerksartikeln zuständig. Bei der so-
 „Als Pyrotechniker weiß man natürlich,        Anspruch bei der Produktentwicklung für      genannten EG-Baumusterprüfung unter-
welche Grundbestandteile man braucht.          den wichtigsten Abnehmermarkt: „Wir          sucht die BAM, ob ein Feuerwerksartikel
Aber es gibt keine festgelegten Formeln“,      möchten auch für den Endverbraucher          korrekt funktioniert und ob er den europä-
erklärt Georg Alef. Er erinnert sich an sei-   Feuerwerk erlebbar machen, sodass er an      ischen Normen entspricht. Dr. Christian
ne Anfangszeit bei WECO: „Als ich mei-         Silvester mit guten Artikeln selbst krea-    Lohrer vom Fachbereich Explosivstoffe der
nen Job hier anfi ngt, sagte der damalige      tiv sein kann.“ Dabei hilft den Feuer-       BAM skizziert das Prüfverfahren: „Wir
Laborleiter zu mir: Herr Alef, sie müssen      werksentwicklern, dass die Vorgaben in       prüfen zunächst, ob die konstruktiven Pa-
spielen. Sie forschen empirisch, von Ver-      Deutschland durch die europäische Richt-     rameter wie Abmessungen, Brutto- und
such zu Versuch.“ Jedes Unternehmen ha-        linie und die jeweilige Norm teilweise so-   Nettogewicht der technischen Dokumen-
be da natürlich seine Firmengeheimnisse,       gar großzügiger geworden sind. „Durch        tation des Herstellers entsprechen.“ Dazu
zum Beispiel zur Erzeugung eines schö-         die Norm wurde zum Beispiel das maxi-        werden auch einige der 33 vom Hersteller

10   VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013
angelieferten Muster vollständig auseinan-   per, die uns hier vorgestellt werden,        nen wir von den Chinesen teilweise noch
dergebaut, um zum Beispiel die inneren       durchfallen“, so Christian Lohrer.           lernen, wie man phantasievoll Feuerwerk
Abmessungen und die Einhaltung der zu-                                                    macht.“ Das Geschäftsmodell der WE-
gelassenen Menge an pyrotechnischer                                                       CO-Feuerwerker spielt dabei aus seiner
Satzmasse zu überprüfen. „Wir nennen         Schlüsselfaktor China                        Sicht seine Stärken aus: „Durch unsere
diesen Schritt Delaborieren. Mit den rest-                                                Produktion in Deutschland erhalten wir
lichen Mustern erfolgt eine Funktionsprü-         Ist diese Hürde genommen, muss der      Know-how. Wenn die Fontäne nicht so
fung“, stellt Lohrer nüchtern fest.          Hersteller ein Qualitätssicherungssystem     sprüht, wie sie soll, braucht man einen
                                             etablieren und so sicherstellen, dass die    Pyrotechniker, der weiß, woran es liegt.“
     Tatsächlich verbirgt sich hinter die-   nachgefertigten Produkte dem ursprüng-
sem sachlichen Begriff für die Prüfer der    lichen Baumuster entsprechen. „Das ist            Dass WECO weniger importabhän-
BAM der Vorgang, auf den viele Hobby-        meines Erachtens sogar der deutlich          gig ist als seine Wettbewerber, hat aus
Pyrotechniker das ganze Jahr hinfiebern:     wichtigere Teil, denn die EG-Baumuster-      Sicht von Unternehmenssprecher Oliver
Anzünden und schauen, was passiert. Al-      prüfung durch die BAM ist ja nur eine        Gerstmeier aber noch andere Vorteile:
lerdings werden nur zehn Muster im An-       Feststellung zu einem Zeitpunkt“, betont     „Die Lohnkosten in China multiplizieren
lieferungszustand getestet. Der Rest wird    Georg Alef von WECO. Da auch der Ei-         sich nach oben und gleichzeitig steigt dort
vorher thermisch und mechanisch kondi-       torfer Hersteller einen erheblichen An-      die Binnennachfrage nach Feuerwerksar-
tioniert, zum Beispiel durch die Lagerung    teil seiner Produkte aus China bezieht,      tikeln. Da die Produktionskapazitäten be-
bei 75 Grad Celsius über 48 Stunden oder     muss die Qualitätssicherung auch dort        reits sehr stark ausgelastet sind, stehen die
die Belastung mit 49 g, also einem Viel-     gewährleistet sein. Alef sieht durch die     nachgefragten Mengen inzwischen teil-
fachen der Erdbeschleunigung. Auch da-       Beziehung zu den chinesischen Produ-         weise gar nicht mehr zum Import zur Ver-
nach müssen die Artikel noch ordnungs-       zenten Vorteile für beide Seiten: „Was Si-   fügung.“ Wenn hierzulande am Silvester-
gemäß funktionieren. „Bei den EG-Bau-        cherheit und vor allem Qualitätssiche-       abend Feuerzeuge und Streichhölzer an
musterprüfungen hat die BAM eine ver-        rung angeht, können wir den Chinesen         die Zündschnüre von Kanonenschlägen,
gleichsweise hohe Ablehnungsquote. Die       noch was zeigen und geben das entspre-       Vulkanen und Goldregen gehalten wer-
Erfahrung der vergangenen Jahre zeigt,       chende Know-how durch Audits und Be-         den, dürften also auch in Zukunft viele
dass 40 bis 60 Prozent der Feuerwerkskör-    treuung vor Ort weiter. Umgekehrt kön-       davon „Made in Germany“ sein. „

                                                                                                                                          Foto: Mammut Vision – Fotolia
VAA

KÖLNER CHEMIE-PREIS 2013

Gute Personalarbeit bei BASF
Der Kölner Chemie-Preis 2013 des VAA geht an die BASF SE. Bereits zum zweiten Mal wurde das Unternehmen für seine
besonders nachhaltige und vorbildliche Personalarbeit ausgezeichnet. Für den Konzern nahm Vorstandsmitglied Margret
Suckale die Auszeichnung entgegen.

                                                                                „Für die
                                                                                      d BASF ist der Verbund nicht nur eine indust-
                                                                                 rielle Wertschöpfungskette, Sie bezeichnen damit
                                                                                    auch ganz bewusst Ihren Personal-Verbund.“

                                                                                In ihrer Laudatio hob Gudrun Ihling, Senior Vice Pre-
                                                                                sident Human Resources bei der LANXESS AG, den
                                                                                   Personal-Verbund als integralen Bestandteil der
                                                                                            BASF-Personalstrategie hervor.

                                                                        im
                                                     Resources be
                        or Vi ce Pr es ident Human                im   Ve r-
Gudrun Ihling
               ist Seni                           folge sind be
                      r LA N XE SS  AG. Ihling zu             n  au ch   di e
              sträge                          und Produk tio
Vorjahresprei             de r Technologie                          lle gen
                  ne be n                                al le r Ko
bund der BA
             SF                                petenzen
                                gen und Kom
                hen Er fahrun
unterschiedlic
                 rknüpf t.
 miteinander ve

 12    VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013
VAA

                                                                                                   „Die Auszeichnung zeigt uns, dass wir auf
                                                                                                  dem richtigen
                                                                                                       r         Weg sind. Wir sind fest davon
                                                                                                  überzeugt, dass es sich lohnt, flexibel auf die
                                                                                                  Bedürfnisse und Lebenssituationen unserer
                                                                                                  Mitarbeiter und Führungskräfte einzugehen.“

                                                                                                  Vorstandsmitglied der BASF SE Margret
                                                                                                  Suckale nahm den Kölner Chemie-Preis
                                                                                                                                   Preis auch
                                                                                                  in diesem Jahr persönlich entgegen.
                                                                                                                                   n.

                                                                      standsmit-
                                                      eichte BASF-Vor
                      nd e Dr. Th om as Fischer überr
                  tze
Der 1. VA A-Vorsi                    r Chemie-Preis 20
                                                         13.
                   ckale den Kölne
glied Margret Su

                                                 2013 basiert die Juryentscheidung neben den Ergebnissen der VAA-Befindlichkeitsumfrage
                                                 auch auf der Zusatzbefragung zur Vereinbarkeit von Familie, Beruf und Karriere. Die Preisverlei-
                                                 hung fand am 20. November in der Industrie- und Handelskammer zu Köln statt. In einem Gruß-
                                                 wort wandte sich Ulf Reichardt, Hauptgeschäftsführer der IHK Köln, an die Gäste (Foto links).

                                                                                                        VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013             13
VAA

  Wohnten der Preisverleihung bei (v. l.): Rainer Nachtrab, 2. Vorsitzender des VAA und Vorsitzender des Sprecherausschusses der BASF SE,
  Dr. Günther Achhammer, Vorsitzender der VAA-Werksgruppe BASF Ludwigshafen, Ulf Reichardt, Hauptgeschäftsführer der IHK Köln,
  Margret Suckale, Vorstandsmitglied der BASF SE, Dr. Wolfgang Mattmann, Mitglied des Sprecherausschusses der BASF SE,
  und Hans-Werner Bartsch, Bürgermeister der Stadt Köln.

                              tand
                         Vorsstan
                   d VAA-Vor                 Dr. Wolfram Uzick – nahmen am
                                 dss – hier: Dr
Mehrere Mitglieder des
Festakt teil.

                                                                                      Dr. Th om as Fis che r,
                                                                                                                 1. Vo rsit zen de r de s VA
                                                                                      sei ner Be grü ßun gsr ed                              A, lobte in
                                                                                                                   e die BASF für ihr e vor
                                                                                      Pe rso nal po litik . Fotos:                            bild lich e
                                                                                                                   VAA

  14   VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013
VAA

WERKSGRUPPENVORSITZENDENTAGUNG IN HANNOVER

Geballter Sachverstand
Mitbestimmung stärken – JAA zum VAA: Im Fokus der VAA-Werksgruppenvorsitzendentagung 2013 Anfang November in
Hannover stand die Vorbereitung der Betriebsrats- und Sprecherausschusswahlen im Frühjahr 2014. Zudem informierten
sich die rund 100 Teilnehmer über die Entwicklungen bei den VAA-Mitgliederzahlen und den Langzeitkonten in der chemi-
schen Industrie. VAA-Juristen gaben Auskunft über aktuelle Rechtsfragen zum Urlaub und zur Überlastung der Mitarbeiter.

                                                                             „Nur mit einem starken VAA kann die
                                                                             „N
                                                                            Mitbestimmung
                                                                            Mitb           im Sinne aller Mitarbei-
                                                                            tergruppen wahrgenommen werden.“

                                                                            In seiner Begrüßungsrede stimmte der
                                                                              1. Vorsitzende des VAA Dr. Thomas
                                                                                 Fischer die Aktivisten aus den
                                                                              Werksgruppen auf die Betriebsrats-s-
                                                                           und Sprecherausschusswahlen 2014 ein.

Für ihre Verdienste um den Verband wurden
in diesem Jahr Dr. Mechthild Auge von der
Werksgruppe Merck und Armin Lührs von der
Werksgruppe Basell Polyolefine Wesseling
mit der Chemikerskulptur des VAA
ausgezeichnet.
Rainer Nachtrab, 2. Vorsitzender des VAA,
führte den Tagungsteilnehmern die
Vorteile der VAA-Einkommensumfrage
wie etwa die umfassende Information über
den Einkommensmarkt für Führungskräfte
in der Chemie und die differenzierte
Auswertung vor Augen.

    „Um ddie Vorteile der Einkommensumfra-
    ge für d
           die Mitglieder und den Verband zu
     erhalten,
     erh lt    ist es wichtig, die Teilnahme-
              quote hoch zu halten!“

    In seinem Vortrag zur Bedeutung der Ein-
     kommensumfrage für den Verband und
     seine Mitglieder warb der 2. VAA-Vorsit-
    zende Rainer Nachtrab für eine rege e Be-
      teiligung an der jährlichen Befragung.
                                        ung.

Ebenso wie zahlreiche weitere
                                       sich
Mandatsträger des Verbandes hat
                              Wer ksgr upp  e
auch der Vorsitzende der
                    tber g Dr. Han s-Jü rgen
Chemiepark Tros
                                       auf der
Klasse aktiv an den Diskussionen
     ng bete iligt.  Foto s: Leus chne r – VAA
Tagu
VAA

                                                                                         Rund 100 Mitglieder und Mandatsträger aus
                                                                                         den VAA-Werksgruppen trafen sich am 8.
                                                                                         und 9. November in Hannover.

                                            Erfolgreiche Werksgruppenarbeit
                                                                                        Im Mittelpunkt des Workshops „Werks-
                                                                                        gruppenarbeit“ stand die Werksgruppe
                                                                                        als wichtiges Netzwerk zum Informations-
                                                                                        austausch und Basis für die Mitglieder-
                                                                                        werbung. Dr. Günther Achhammer
                                                                                        (Werksgruppe BASF Ludwigshafen), Dr.
                                                                                        Mechthild Auge (Werksgruppe Merck),
                                                                                        Frank Fulbrecht (Werksgruppe Bayer Ber-
                                                                                        lin) und Dr. Birgit Schwab (Werksgruppe
                                                                                        Wacker Burghausen – im Bild) berichteten
                                                                                        in ihren Impulsreferaten von der täglichen
                                            Werksgruppenarbeit vor Ort. Beim anschließenden Erfahrungsaustausch konnte un-
                                            ter anderem die Bedeutung interessanter Veranstaltungsangebote und der Relevanz
                                            der Betriebsratstätigkeit für die Werksgruppenarbeit herausgearbeitet werden.

                                            Mit geistiger Fitness moderne Arbeitswelten meistern
                                            Kaum ein Wunsch ist in der modernen,
                                            technisierten Arbeitswelt so ausgeprägt
                                            wie der Wunsch nach Abschalten. Das Pro-
                                            blem: Die Biochemie des menschlichen
                                            Gehirns lässt dies einfach nicht zu. In sei-
                                            nem Workshop stellte Referent Dr. Sven
                                            Sebastian (im Bild) anschaulich dar, wie
                                            man mit kleinen Tricks sowohl die eigene
                                            Leistungsfähigkeit als auch das Wohlbefin-
                                            den steigern kann, ohne dabei auf esoteri-
                                            sche Methoden zurückgreifen zu müssen. Der promovierte Quantenchemiker und inter-
                                            aktive Neurocoach griff dabei auf aktuelle Erkenntnisse aus der Hirnforschung zurück.
                                            Worauf kommt es an? Auf die Kleinigkeiten. Um ein Gleichgewicht im Stoffwechsel zwi-
                                            schen Gehirn und Körper zu erreichen, bedarf es einer bewussten Wahrnehmung der
                                            Reize: der Kollegen, Vorgesetzten und Mitarbeiter sowie der eigenen Persönlichkeit. Vor
Als Auszeichnung für eine besonders
                                            allem sollte man Assoziationen bewusst testen und hinterfragen, um Negativspiralen im
erfolgreiche Werksgruppenarbeit im Jahr
2013 nahm Dr. Mechthild Auge vom            Hirn zu stoppen. Nichts fördert die Konzentration mehr als Wertschätzung und Neugier.
VAA-Vorsitzenden Dr. Thomas Fischer einen   Auch Regeneration ist wichtig, etwa beim bewussten Gang auf Toilette oder beim re-
Scheck im Wert von 1.500 Euro für die       gelmäßigen Strecken und Atmen.
Werksgruppe Merck entgegen.

                                                                                              VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013               17
VAA

EINKOMMEN VON FRAUEN UND MÄNNERN

Gehaltsgefälle trügerisch
Obwohl Frauen inzwischen oftmals besser qualifiziert ins Berufsleben einsteigen als Männer, hält sich die
geschlechtsspezifische Einkommenslücke beharrlich. In seiner aktuellen Einkommensumfrage geht der VAA der Sache
differenzierter auf den Grund und will wissen, wie groß der Gehaltsunterschied zwischen den vollzeitbeschäftigten
Frauen und Männern in der chemischen Industrie tatsächlich ist.

In der Presse wird der Gehaltsunterschied     nen (Stufe 3 und 4) noch ein Frauenanteil     einkommen bei allen Teilnehmern gegen-
zwischen Frauen und Männern mit durch-        von 14 Prozent zu beobachten ist, reduziert   über Vertrieb und Produktion niedriger ist.
schnittlich 20 Prozent angegeben. Die Un-     sich der Anteil auf den höheren Ebenen        Betrachtet man nun die Funktionsbereiche
ternehmensberatung Kienbaum verlaut-          (Stufe 2) auf 7 Prozent.                      der Männer und Frauen, so zeigt sich, dass
barte demgegenüber in einer Pressemittei-     ■ Der Frauenanteil liegt deutlich unter       der Frauenanteil im Bereich FuE (15 Pro-
lung vom März 2013, dass weibliche Füh-       dem durchschnittlichen Anteil aller Voll-     zent) sowie in den Bereichen HR und Mar-
rungskräfte beim Gehalt immer weniger         zeitbeschäftigten der höheren Hierarchie-     keting (22 Prozent) am größten ist.
das Nachsehen haben. Doch wie sieht es in     ebene (12 Prozent).                           ■ Auch im Hinblick auf die Branche las-
der Chemie aus?                               ■ Darüber hinaus ist der Frauenanteil in      sen sich eindeutige Unterschiede erken-
                                              Kleinunternehmen mit knapp 15 Prozent im      nen: Mit einem Frauenanteil von knapp 22
     Die aktuelle Einkommensumfrage           Vergleich zu Mittel- und Großunternehmen      Prozent sind Frauen überproportional im
2012 zeigt auf den ersten Blick das gleiche   (11 Prozent) am größten. Die branchen- und    Bereich Pharma vertreten. Diese wesent-
Bild: Während Frauen im Jahr 2012 ein         berufsspezifische Segregation des Arbeits-    lichen Unterschiede in den arbeitsplatzre-
durchschnittliches Gesamteinkommen von        marktes, wonach Frauen und Männer in un-      levanten Merkmalen zwischen Frauen und
rund 99.700 Euro erzielten, belief sich der   terschiedlichen Branchen und Funktionsbe-     Männern der chemischen Industrie spie-
Durchschnittsverdienst der Männer auf cir-    reichen tätig sind, erklärt einen weiteren    geln sich auch in der Zusammensetzung
ca 123.000 Euro. Der Einkommensvergleich      Teil des Einkommensunterschieds.              ihres Gesamteinkommens wider. Wäh-
Männer versus Frauen lässt zudem erken-       ■ Bei der Untersuchung der Daten hin-         rend sich das Gesamteinkommen der
nen, dass die Gesamteinkommen in den ers-     sichtlich des Funktionsbereichs und der       männlichen Führungskräfte aus 81 Pro-
ten elf Berufsjahren noch in etwa auf glei-   Branche zeigt sich, dass im Bereich For-      zent Fixgehalt und unter anderem 16 Pro-
cher Höhe liegen. Ab dem zwölften Berufs-     schung & Entwicklung (FuE) das Gesamt-        zent Bonuszahlungen zusammensetzt, be-
jahr bildet sich jedoch eine Schere aus und
die Gesamteinkommen der Frauen liegen
                                               Unternehmensgröße/Stufe                           Männer                   Frauen
deutlich unter dem Einkommen ihrer männ-
lichen Kollegen. Nach 20 Jahren ist das Ge-    Bis 1.000 Mitarbeiter                               20 %                    26 %
samteinkommen der Frauen gut zehn Pro-         1.000 bis 10.000 Mitarbeiter                        32 %                    29 %
zent niedriger als das der Männer.             Über 10.000 Mitarbeiter                             48 %                    45 %
                                               Stufe 2                                             12 %                       8%
                                               Stufe 3                                             56 %                    43 %
Erster Blick täuscht
                                               Stufe 4                                             32 %                    49 %
Warum ist das so? Differenziert betrachtet    Seit 1963 wird die Einkommensumfrage des VAA unter Führungskräften in der
stellt man fest, dass 20 Prozent des Unter-   chemischen Industrie durchgeführt – ab 2008 unter wissenschaftlicher Begleitung
schiedes sich durch personenrelevante         durch Professor Christian Grund von der RWTH Aachen.
Merkmale wie Alter oder Berufserfahrung
erklärt. Weitere 55 Prozent lassen sich je-    Daten                           Männer                                Frauen
doch durch arbeitsplatzrelevante Merkma-       Gesamteinkommen                123.000 €                      99.700 € (20 % geringer)
le begründen:
                                               bis 12. Berufsjahr             identisch                             identisch

■ Frauen sind weniger oft in Großunter-        ab 12. Berufsjahr              steigend                           Anstieg geringer
nehmen und weniger oft auf höheren Hie-       In seiner Studie greift der VAA auf einen fundierten Datensatz zurück, der stets auch
rarchiestufen vertreten.                      die Einkommensunterschiede von Männern und Frauen auf einer breiten, repräsentativen
■ Während auf den unteren Führungsebe-        Basis darstellt. Grafiken: VAA

18   VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013
160.000 €

140.000 €

120.000 €

100.000 €

  80.000 €

  60.000 €

  40.000 €
               5      7    9        11     13       15    17    19      21   23    25    27    29     31     33    35
               Berufsjahre

     Männer (3.406 Antworten)                    Frauen (451 Antworten)
gleitende 50 %-Perzentile

                                                                                           Quelle: VAA. Foto: Sergey Nivens – Shutterstock

sitzen Frauen mit 86 Prozent Fixgehalt ei-         schen Merkmale, so lag 2012 das durch-      ken. Frauen erreichen hierdurch geringe-
ne entsprechend weniger leistungsabhän-            schnittliche Fixeinkommen der weiblichen    re Betriebszugehörigkeit als Männer und
gige Entlohnung.                                   Führungskräfte etwa drei Prozent unter      haben somit gegebenenfalls geringere
                                                   dem ihrer männlichen Kollegen.              Chancen, in eine obere Gehaltsstufe zu
     Im Ergebnis liefert die VAA-Einkom-                                                       kommen. Zudem können Frauen nach der
mensumfrage eine differenzierte, deutlich                                                      Familienphase häufig nicht auf der glei-
bessere Betrachtung als die pauschale Fest-        Restgefälle bleibt                          chen Gehaltsstufe oder in die gleiche Po-
stellung, das durchschnittliche Gesamtein-                                                     sition zurückkehren. „
kommen der vollzeitbeschäftigten, naturwis-        Dies deutet darauf hin, dass Frauen ins-
senschaftlich ausgerichteten Frauen liege cir-     besondere im Bonus das Nachsehen ha-
ca 20 Prozent unter dem der Männer. Eine           ben. Etwa 25 Prozent des geschlechtsspe-       Alle berufstätigen VAA-Mitglieder ha-
Analyse der geschlechtsspezifischen Ein-           zifischen Gehaltsunterschieds bleiben          ben die Kurzfassung der Einkommen-
kommensunterschiede unter Berücksichti-            aber auch unter Berücksichtigung der per-      sumfrage 2012 mit der Juni-Ausgabe
gung der personen- und arbeitsplatzrelevan-        sonen- und jobrelevanten Merkmale un-          des VAA Magazins erhalten. Die erwei-
ten Merkmale verifiziert dieses Ergebnis.          geklärt. Dieser Gehaltsunterschied macht       terte Broschüre ist auf Nachfrage in
■ Unter Berücksichtigung der jobrelevan-           sich vor allem für Mitarbeiter in den hö-      der VAA-Geschäftsstelle erhältlich.
ten Faktoren liegt das vergleichbare Ge-           heren Berufsjahren, auf höheren Hierar-
samteinkommen der Frauen etwa neun Pro-            chiestufen sowie für Mitarbeiter mit Kin-
zent unter dem ihrer männlichen Kollegen.          dern bemerkbar.                                                       EINKOMMENSUMFRAGE 2012
                                                                                                                          EINKOMMENSUMFRAGE 2012

■ Bei zusätzlicher Berücksichtigung der                                                           Ansprechpartnerin:
personenrelevanten Faktoren reduziert sich             Ein möglicher Grund könnten die un-        VAA-Juristin
der Gehaltsunterschied der weiblichen und          terschiedlichen Erwerbsbiografien von          Ilga Möllenbrink
männlichen Führungskräfte auf 5 Prozent.           Männern und Frauen sein. Denn längere          Tel. 0221 160010
■ Betrachtet man das Fixeinkommen un-              Erwerbsunterbrechungen bei Frauen kön-         info@vaa.de
ter Maßgabe der personen- und jobspezifi-          nen sich negativ auf das Gehalt auswir-

                                                                                                    VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013                      19
VAA

PREISVERLEIHUNG AN DER UNIVERSITÄT KONSTANZ

VAA Stiftung
fördert gute Forschung
Für hervorragende Dissertationen im Bereich der chemisch-pharmazeutischen Wissenschaften und der Verfahrenstechnik
wurden vier Nachwuchswissenschaftler mit dem erstmals ausgelobten Preis der VAA Stiftung ausgezeichnet. Während
Dr. Ricarda E. Miller den Stiftungspreis für ihre Promotion zur Naturstoffsynthese im Bereich der Tumorbehandlung erhielt,
wurde Dr. Ulrich Mayerhöffer für die Forschung an der Synthese und Herstellung NIR-absorbierender Squaraine geehrt.
Preisträgerin Dr. Daniela Achatz forscht an der Herstellung von Nanopartikeln zur Bildgebung der Sauerstoffverteilung in
Geweben und Dr. Matan Beery beschäftigt sich mit der Entwicklung neuer Verfahren zur Meerwasserentsalzung.

Waren bei der Preisverleihung an der Universität Konstanz dabei (v. l.): Dr. Karlheinz Messmer (VAA), Prof. Wolfram Koch (GDCh),
Dr. Thomas Fischer (VAA), Dr. Daniela Achatz (Universität Regensburg), Prof. Stefan Buchholz (Universität Stuttgart), Prof. Thomas Martin,
Dr. Ricarda E. Miller (beide Universität Konstanz), Prof. Ralf Dohrn (TU Hamburg) und Dr. Matan Beery (TU Berlin).

Der VAA-Ehrenvorsitzende Dr. Karlheinz Messmer sitzt auch dem          Als eine von vier jungen Forschern wurde Dr. Ricarda E. Miller von
Kuratorium der VAA Stiftung vor. Fotos: VAA                            der Universität Konstanz mit dem Stiftungspreis ausgezeichnet.

20   VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013
VAA

   Aufsichtsräte tagen in Münster
   Jahresberichte wälzen, Quartalsberichte prüfen und Rechnungs-
   legungen analysieren hieß es für die VAA-Aufsichtsratsmitglieder
   auf ihrer traditionellen Herbsttagung im westfälischen Münster.

        An zwei Seminartagen im Oktober referierte Professor
   Laurenz Lachnit von der Universität Oldenburg zur „Bilanzanalyse
   am Beispiel eines Geschäfts- und Konzernjahresabschlussbe-
   richts“. Dabei ließ es sich der ausgewiesene Experte auf dem Ge-
   biet des Rechnungswesens nicht nehmen, auch die zahlreichen
   Problemfelder und Fallstricke der Thematik klar anzusprechen und
   eingehend mit den rund 40 Tagungsteilnehmern zu erörtern.

        Zur nächsten Aufsichtsrätetagung des VAA geht es vom 28.
   bis zum 29. März 2014 nach Weimar.                                 Foto: Bernhard Kils – Wikimedia

DIALOGREIHE INNOVATION & VERANTWORTUNG

Mitarbeiter als Mitunternehmer
Innovationen sichern das Überleben von Unternehmen. Doch wie sorgt man für ein innovationsfreundliches Klima? Durch
die gezielte Anregung der Mitarbeiter, neue Ideen einzubringen. Dies ist der Grundgedanke von „Intrapreneurship“. Was
genau dahinter steckt, erfuhren die Teilnehmer auf der 2. Veranstaltung der Dialogreihe Innovation & Verantwortung.

Naturgemäß wissen Mitarbeiter am besten       he „Innovation & Verantwortung“ von            die nächste Veranstaltung der Dialogreihe
über die Produkte und Prozesse in ihren je-   VAA und Forum F3. Ohne geeignete Rah-          statt. Interessenten können sich in der VAA-
weiligen Unternehmen Bescheid. Daher ist      menbedingungen werde es nur in Ausnah-         Geschäftsstelle akkreditieren lassen. „
es im Sinne der Unternehmen, wenn Mit-        men gelingen, die zweifelsohne in jedem
arbeiter ihre Ideen im Unternehmen reali-     Unternehmen vorhandenen Mitunterneh-
sieren. Etwa 30 Prozent der Mitarbeiter       mer zu mobilisieren. Denn eine Intrapre-           Merkmale
bringen ihre Ideen aber nicht oder nicht      neurship-Kultur funktioniert nur dann,             kreativer Menschen
mehr ein, weil sie schlechte Erfahrungen      wenn die notwendigen Freiheitsgrade für
gemacht haben. Hier setzt das sogenannte      Ideengeber vorhanden sind und durch die            ■ Offenheit gegenüber der Umwelt,
Intrapreneurship an, das Mitarbeiter als      richtigen Anreize – immaterielle und ma-               Begeisterung gegenüber Neue-
„Mitunternehmer“ beziehungsweise „Un-         terielle – unterstützt werden.                         rungen
ternehmer im Unternehmen“ betrachtet.                                                            ■   Einfallsreichtum + Originalität
Aufgabe der Führungskräfte ist es dabei,           Viele der Veranstaltungsteilnehmer                (ungewöhnliche Ideen)
potenzielle Intrapreneure zu fi nden, sie     verfügten über langjährige Erfahrung im            ■   Konzentrationsfähigkeit auf das
zum Einbringen ihrer Ideen im Unterneh-       Innovationsmanagement. Sie hoben her-                  Wesentliche
men zu motivieren und ihnen die nötigen       vor, dass Systeme mit quantitativen Vorga-         ■   gute Beobachtungsgabe gegen-
Umsetzungsfreiräume zu geben.                 ben zur „Innovationsverpflichtung“ lang-               über der Sache oder Partnern
                                              fristig nicht erfolgreich sind. Kreativität        ■   reicher Wortschatz und passende
     „Nur durch die bewusste Nutzung der      habe für Innovationen eine zentrale Bedeu-             Ausdrucksweise
vier Gestaltungsfelder Organisation, Per-     tung und könne nicht erzwungen werden.             ■   Realitätssinn durch kritische
sonal, Strategie/Prozesse und Kultur wird                                                            Selbstprüfung der Ideen
es gelingen, Intrapreneurship zu leben“, so       Unter info@vaa.de können die Unter-            ■   Organisationstalent zur Realisie-
die Referentin Prof. Birgit Baum auf der 2.   lagen zum Vortrag angefordert werden (Stich-           rung von Ideen
Veranstaltung der gemeinsamen Dialogrei-      wort: Dialogreihe2). Im Frühjahr 2014 findet

                                                                                                  VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013              21
ERFOLGSREZEPT
KOMMUNIKATION
Betriebsratsarbeit ist anspruchsvoll. Denn Betriebsrats-           mand im Betriebsrat mitarbeitet, der diese Denkweise etwas
mitglieder müssen gut über das Arbeitsrecht Bescheid               besser versteht. Außerdem wurde dadurch auch die Kommuni-
wissen und ihr Unternehmen kennen. Sie haben sich in Ver-          kation einfacher. Persönlich war und ist für mich wichtig, dass
handlungssituationen zu bewähren: Einerseits sollten sie           ich die sozialen Aspekte von Entscheidungen und Entwicklun-
Konflikte klar benennen, andererseits ausgleichen und in-          gen, die ich im Unternehmen sehe, im Interesse der Mitarbeite-
tegrieren können. Im Vorfeld der Betriebsratswahlen 2014           rinnen und Mitarbeiter positiv mitgestalten möchte.
liefert die Serie „Dialog & Espresso“ einen Blick auf einen        Und wie war das vor vier Jahren bei Ihnen, Herr Gierlich?
der vielfältigsten Jobs des deutschen Wirtschaftslebens.                            GIERLICH: Ich bin der Betriebsratsvorsitzen-
Bei einer Tasse Espresso werden zwei Personen gefragt,             de der beiden Tiergesundheitsgesellschaften, die Boehringer
die es wissen müssen. In der dritten Ausgabe von „Dialog &         Ingelheim am Standort Ingelheim hat. Bei uns gibt es einer-
Espresso“ kommen Dr. Uwe Gierlich (Boehringer Ingelheim            seits Forschung und Entwicklung und andererseits sehr viel
Animal Health GmbH) und Dr. Hans-Ulrich ter Meer (Cela-            Verwaltung. Das heißt, über 60 Prozent unserer Arbeitnehmer
nese Deutschland GmbH) zu Wort. Beide haben an ihren               bei den beiden Gesellschaften hier sind außertariflich ange-
Standorten den Betriebsratsvorsitz inne und sind dadurch           stellt. Im Jahr 2009 ist der alte Betriebsrat geschlossen zu-
zugleich in den standortübergreifenden Betriebsratsgremi-          rückgetreten. Gründe dafür waren, dass ein Teil des damaligen
en ihrer Unternehmen aktiv.                                        Betriebsrates in den Vorruhestand gegangen ist, aber auch,
                                                                   dass sich das Gremium über die Erstellung einer Betriebsver-
Sie sind beide Vorsitzende eines Betriebsrates. Wie kam            einbarung zur AT-Vergütung völlig mit dem Management über-
es dazu?                                                           worfen hatte. Daraufhin wurden sowohl vonseiten der Mitar-
                 TER MEER: Unser Standort in Sulzbach ist          beiter als auch vonseiten des Managements gezielt Kollegen
ein Verwaltungsstandort, an dem wir einen relativ hohen AT-        angesprochen, die von ihrem Werdegang für eine Betriebsrat-
Anteil haben. Die letzte Wahl war die erste an diesem neu ge-      stätigkeit geeignet erschienen. Im Laufe der Zeit hat sich her-
gründeten Standort. Da es nur eine Liste gab, auf der sowohl       auskristallisiert, wer ein stärkeres Interesse an einer Mitarbeit
Vertreter von VAA und IG BCE als auch Nichtorganisierte ge-        hat. Ich selbst bin jetzt in meinem 19. Jahr bei Boehringer und
meinsam kandidierten, haben wir eine Persönlichkeitswahl           habe während dieser ganzen Zeit schon immer versucht, mich
durchgeführt. So konnte die Belegschaft auswählen, wen sie         für Kolleginnen und Kollegen einzusetzen. Außerdem bin ich
für die Vertretung der eigenen Interessen für besonders ge-        von meiner Natur aus jemand, der nicht nur meckert, wenn
eignet hält. Letzten Endes wurde ich dann zum Vorsitzenden         ihm etwas nicht gefällt, sondern gern auch mit anpackt. Viel-
gewählt. Ich war zuvor bereits an einem anderem Standort           leicht hat man mir deshalb eine gewisse Sozialkompetenz zu-
stellvertretender Vorsitzender des Betriebsrates. Angetreten       gestanden. Wir hatten uns jedenfalls vor der konstituierenden
bin ich damals, weil ich den Eindruck hatte, dass die Interes-     Sitzung des Betriebsrates überlegt, dass ich den Vorsitz über-
sen der AT-Mitarbeiter im Unternehmen durch den Betriebs-          nehme, wenn alles so kommt, wie wir es uns denken. Und so
rat nicht ganz so intensiv vertreten wurden. Gleichzeitig war      war es dann auch. Bei der durchgeführten Persönlichkeitswahl
in unserem amerikanisch geführten Unternehmen ein man-             wurden die Mitglieder des alten Betriebsrates abgewählt und
gelndes Verständnis für die Wichtigkeit der Betriebsratsar-        der neue Betriebsrat besteht seitdem aus Personen, die bis da-
beit festzustellen. Gerade amerikanische Vorgesetzte, die in       hin keine Betriebsratserfahrung hatten. Letztendlich haben
Führungspositionen Einfluss genommen haben, konnten mit            wir mit Wirkung zum 1. Oktober diesen Jahres eine Konzern-
Betriebsräten nicht viel anfangen oder beachteten die Mit-         Betriebsvereinbarung zur AT-Vergütung abschließen können,
bestimmungsrechte nicht. Ich habe selbst länger im englisch-       was ein großer Erfolg ist.
sprachigen Ausland gearbeitet und hielt es für wichtig, dass je-   Herr ter Meer, Sie haben als einen Beweggrund für ihre Be-
triebsrat, dessen Mitglied ich ja auch bin, haben wir lange da-
                                                                 für gekämpft, damit solche offiziellen englischen Dokumente
                                                                 von der Arbeitgeberseite erstellt werden.
                                                                                 TER MEER: Bei uns werden Betriebsvereinba-
                                                                 rungen inzwischen zweispaltig veröffentlicht. Auf der linken
                                                                 Seite steht der deutsche Text und rechts direkt die englische
                                                                 Übersetzung dazu. In Streitfällen gilt die deutsche Version.
                                                                 Sie sind als Vorsitzende von Standortbetriebsräten zu-
                                                                 gleich in den standortübergreifenden Betriebsratsgremi-
                                                                 en Ihrer Unternehmen aktiv. Wo liegen aus Ihrer Sicht die
                                                                 größten Unterschiede?
                                                                                  GIERLICH: Die Handlungsmacht des Kon-
                                                                 zernbetriebsrates ist natürlich eine ganze andere als beim
                                                                 lokalen Betriebsrat, weil der Konzernbetriebsrat sehr häufig
                                                                 das allerhöchste Management als Gesprächs- und Verhand-
Dr. Hans-Ulrich ter Meer und Dr. Uwe Gierlich haben an ihren     lungspartner hat. Und in unserem Konzernbetriebsrat ist die
Standorten den Betriebsratsvorsitz inne und sind dadurch zu-     IG BCE sehr stark vertreten. Wir ziehen da auf der fachlichen
gleich in den standortübergreifenden Betriebsratsgremien ihrer   Ebene durchaus an einem Strang. Aber man muss schon sa-
Unternehmen aktiv. Fotos: VAA                                    gen, dass bei den großen, produktionsgetriebenen Stand-
                                                                 orten die AT-Themen nicht so intensiv verfolgt werden, wie
                                                                 wir das bei uns gewohnt sind. Gerade deshalb ist es gut, dass
 triebsratstätigkeit die Förderung des Verständnisses für die    wir als VAA im Konzernbetriebsrat vertreten sind und sagen
 deutschen Mitbestimmungsregelungen bei ihrem amerikani-         können: Hört zu, die AT-Mitarbeiter sind genauso wichtig wie
 schen Arbeitgeber genannt. Wie stellt man das am besten an?     die Tarifmitarbeiter. Denn wir als Betriebsratsmitglieder des
                  TER MEER: Durch viele Einzelgespräche.         VAA sind ja auch für die Tarifmitarbeiter da.
 Unser Vorstandsvorsitzender hat sich bei seinen Besuchen                         TER MEER: Wir haben an unseren Standor-
 in Deutschland mehrmals Zeit genommen, um die Betriebs-         ten meistens mehrere Gesellschaften und deswegen jeweils
 ratsvorsitzenden der einzelnen Standorte des Konzerns zu        einen Gemeinschaftsbetriebsrat. Die Gemeinschaftsbe-
 treffen und gemeinsam mit ihnen zu besprechen, was er vor-      triebsräte bilden dann den Gesamtbetriebsrat. Der ist über-
 hat und wo die Interessen der Belegschaft liegen. Zum Teil      wiegend durch den größten Standort Höchst bestimmt, der
 haben wir aber auch lokal amerikanische Vorgesetzte, mit        wiederum aufgrund der vielen Tarifmitarbeiter stark von der
 denen wir dann ad hoc bei entsprechenden Fragestellungen        IG BCE geprägt ist. Ich sehe das ähnlich wie Herr Gierlich: Man
 Gespräche führen. Wir werben immer wieder dafür, dass es        hat da manchmal etwas unterschiedliche Schwerpunkte und
 notwendig ist, uns frühzeitig einzubinden, damit wir für Ver-   Problemlagen. Dann muss man versuchen, über Gespräche
 änderungssituationen gute oder sogar optimale Lösung fin-       entsprechende konstruktive Lösungen zu finden, damit auch
 den können. Das ist ein langwieriger Prozess, aber ich sehe     die AT-Interessen ausreichend vertreten werden. Aber im
 nach vier Jahren inzwischen eine gewisse Bereitschaft.          Großen und Ganzen haben wir ein sehr gutes Verhältnis zu
                  GIERLICH: Bei uns ist das ähnlich. Wir be-     unseren Kollegen aus den anderen Gremien und versuchen,
 treuen als Betriebsrat hier am Standort ja auch das globale     immer Lösungen im Konsens zu finden.
 Headquarter der Tiergesundheit bei Boehringer. Und da ha-                        GIERLICH: Wir haben im Konzernbetriebsrat
 ben wir in den letzten Jahren eine sich deutlich verstärkende   das Agreement, dass wir einstimmige Beschlüsse fassen. Und
 Globalisierung erlebt. Teilweise hatten wir Schwierigkeiten,    das sind gute Beschlüsse, in denen sich jeder wiederfin-
 die Grundzüge des deutschen Arbeitsrechts an die nicht-         den kann.
 deutschen Vorgesetzten heranzutragen. Wir suchen da den
 Dialog und unterstützen auch nichtdeutsche Kollegen mit
 deutschen Verträgen, indem wir auch englische
 Zusammenfassungen zu den wich-
 tigsten     arbeitsrechtlichen
 Regelungen zur Verfügung
 stellen. Auch unsere aktuellen
 Betriebsvereinbarungen wer-
 den ins Englische übersetzt oder
 es gibt zumindest Zusammen-
 fassungen davon. Als Konzernbe-
Wirtschaft in Zahlen

     Mitbestimmung zahlt sich aus
                                                                                 + 12 %
     zwischen Betrieben mit und ohne Betriebsrat
     Lohndifferenz in höheren Verdienstgruppen

                                                                                                                          +9%

                                                   +7%

                                                   Männer                         Frauen                                    alle

     Quelle: John T. Addison, Paulino Teixeira, Thomas Zwick: German Works Councils and the Anatomy of Wages, 2007.
     Foto: Marco2811 – Fotolia

Lohnender Urnengang
Zwischen März und Mai des kommenden                         tretung. Betrachtet man nur die Gruppe der
Jahres ist es wieder soweit: In den Unter-                  weiblichen Angestellten, liegt das Gehaltsp-
                                                                                                                Zwischenruf
nehmen hierzulande werden die Betriebs-                     lus sogar bei zwölf Prozent. Angesichts der
räte und die Sprecherausschüsse neu ge-                     erheblichen Vorteile, die zum Beispiel eine
wählt. In den Sprecherausschüssen der lei-                  vom Betriebsrat ausgehandelte Betriebsver-
tenden Angestellten ist der VAA in der deut-                einbarung zur AT-Vergütung bringen kann,
schen Chemie seit jeher die Interessenver-                  sind diese Zahlen durchaus plausibel. Zu
tretung. Stolze 85 Prozent der Mitglieder                   den vielen guten Gründen, sich als AT-An-
                                                                                                            Foto: VAA

sind in unserem Verband organisiert. Auch                   gestellter im Betriebsrat zu engagieren oder
bei den Betriebsräten zeigt die Kurve deut-                 zumindest kandidierende AT-Kollegen mit                                              Manfred
lich nach oben. Seit der Betriebsratswahl                   der eigenen Stimme zu unterstützen, kann                                             Franke
2010 stellt der VAA erstmals mehr als 200                   also durchaus auch eine bessere Bezahlung
Betriebsratsmitglieder in der Chemie.                       gerechnet werden.                                           ist stellvertretender Hauptgeschäfts-
                                                                                                                        führer des VAA.
     Dass sich ein Betriebsrat für alle Ar-                      Wenn im kommenden Frühjahr ge-
beitnehmer auch finanziell lohnt, hat ein in-               wählt wird, zählt jede Stimme. Bei den
ternationales Forscherteam bereits vor eini-                Sprecherausschusswahlen stärkt eine hohe       rer Kollegen erhalten. Mit 2013 geht für
gen Jahren nachgewiesen. Demnach verdie-                    Wahlbeteiligung die Legitimation der ge-       den VAA ein Jahr zu Ende, das im Zeichen
nen Mitarbeiter in höheren Verdienstgrup-                   wählten Gremien. Bei den Betriebsrats-         der Vorbereitung für die anstehenden Wah-
pen in Betrieben mit Betriebsrat im Schnitt                 wahlen hängt die wirksame Vertretung der       len stand. In diesem Sinne möchte ich Ih-
rund neun Prozent mehr als ihre Kollegen                    AT-Interessen maßgeblich davon ab, dass        nen bereits an dieser Stelle zurufen: Gehen
in Betrieben ohne kollektive Interessenver-                 die VAA-Kandidaten die Unterstützung ih-       Sie wählen! Es lohnt sich. „

24                 VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013
Branche

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                                                                                                                                           Foto: Bayer Healthcare
SGL Group: Dr. Jürgen Köhler                                  Bayer Healthcare:
wird neuer Vorstandsvorsitzender Olivier Brandicourt
Zum 1. Januar 2014 wird die SGL Group den Wechsel an der Füh- neuer Vorstandsvorsitzender
rungsspitze des Konzerns vollziehen. Dann wird Robert Koehler,
der im Januar 2014 sein 65. Lebensjahr vollendet, die Position des    Olivier Brandicourt (57) ist zum 1. November 2013 zum neuen
Vorstandsvorsitzenden der SGL Carbon an seinen Vorstandskol-          Vorstandsvorsitzenden der Bayer Healthcare sowie zum Mitglied
legen Dr. Jürgen Köhler übergeben und aus dem Unternehmen             des Executive Council von Bayer berufen worden. Seit März 2013
ausscheiden. Köhler war seit 2002 für die SGL Group in verschie-      leitete Professor Wolfgang Plischke den Teilkonzern Bayer Health-
denen Managementpositionen in den beiden Geschäftsfeldern Per-        care – zusätzlich zu seiner Funktion als Vorstand von Bayer. Bran-
formance Products und Carbon Fibers & Composites tätig und ist        dicourt verfügt über eine 25-jährige internationale Erfahrung in
seit dem 1. Juni 2013 ordentliches Vorstandsmitglied des Unter-       der Pharmazeutischen Industrie mit Leitungsfunktionen in Frank-
nehmens. Der promovierte Verfahrensingenieur begann seine             reich, den USA, Kanada und Großbritannien. In den vergangenen
Karriere 1992 bei Hoechst und arbeitete dort sowie bei Celanese       drei Jahren war er Mitglied des Executive Leadership Teams bei
für insgesamt über zehn Jahre, davon fast fünf Jahre in den USA.      Pfizer in New York. Bis vor Kurzem fungierte er dort als Presi-
                                                                      dent und General Manager der Geschäftseinheiten für Wachs-
                                                                      tumsmärkte sowie für etablierte Produkte. Zuvor hatte er opera-
Christian Last nun                                                    tive Führungsfunktionen als President der Global Specialty Busi-
                                                                      ness Unit sowie bis 2012 als Leiter der Global Primary Care Busi-
Geschäftsführer bei Air Liquide                                       ness Unit inne. Davor war er bei Warner-Lambert/Parke-Davis in
                                                                      verschiedenen Bereichen – darunter Medical und Marketing – ver-
Mit Wirkung zum 1. September 2013 hat Christian Last die Lei-         antwortlich tätig.
tung der Business Unit Large Industries der Air Liquide Deutsch-
land übernommen und ist in die Geschäftsführung eingetreten.
Zusammen mit Thomas Pfützenreuter, dem Vorsitzenden der Ge-           Merck ernennt Belen Garijo zur
schäftsführung, und Jean-Luc Robert, der die Business Unit In-
dustrial Merchant leitet, bildet er das neue Geschäftsführungsteam    Chefin für Pharmasparte Serono
bei Deutschlands führendem Anbieter von Gasen und Serviceleis-
tungen. Diplom-Volkswirt Christian Last begann 1996 seine be-         Neue Leiterin der Pharmasparte Merck Serono ist Belen Garijo,
rufliche Laufbahn im Konzern. Bei Air Liquide übernahm er 2005        zuvor Chief Operating Officer des Bereichs, teilte Merck am
Aufgaben in der Konzernzentrale in Paris und verantwortete hier       26. September 2013 mit. Bis dahin hatte Stefan Oschmann die
das Strategic Account Management sowie die weltweite Ge-              Sparte geführt, der in der Geschäftsleitung des Konzerns bleibt
schäftsentwicklung für einen definierten Kreis an Großkunden.         und sich nun auf seine Rolle als Leiter des Medizingeschäfts kon-
Seit 2008 bekleidete Last die Position des Chief Executive Officer    zentriert, das neben Merck Serono auch Consumer Health, Aller-
                                                von GasAL, dem        gopharma und Biosimilars umfasst. Neuer Leiter Global Accoun-
                                                Joint-Venture-Un-     ting beim Pharma-, Chemie- und Life-Science-Unternehmen ist
   Weitere Personalia-Meldungen gibt es         ter nehmen und        seit 1. November 2013 Gerhard Schmitz (50). In seiner vorherigen
   unter www.CHEManager-online.com/             Marktführer für In-   Position leitete Schmitz die Accounting-Funktion bei LANXESS.
   tags/personen.                               dustriegase von Air   Vor seiner Karriere bei LANXESS war Schmitz Wirtschaftsprü-
                                                Liquide in Katar.     fer und Partner bei PricewaterhouseCoopers in Deutschland.

                                                                                                  VAA MAGAZIN DEZEMBER 2013          25
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