Kompakt digitalisierung im Visier
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Nr. 07/08 I Juli/August 2022 www.igbce.de Vor Ort Schwerbehinderung: Alles andere als ein Nischenthema tendenzen Betriebsratswahlen: Gelungener Generationswechsel tipps Rente in Sicht — gut gerüstet für den Ruhestand kompakt Digitalisierung im Visier Wie Beschäftigte auf Homeoffice und die Arbeit von morgen blicken
Die IGBCE feiert im Herbst dieses Jahres ihr 25-jäh- riges Bestehen. 25 Jahre, in denen wir gemeinsam mit dir und unseren anderen Mitgliedern vieles er- reichen und mitgestalten konnten. Als Mitgliederorganisation sind wir jeden Tag für dich da, sammeln deine Erfahrungen und Anliegen, beantworten Fragen und stehen dir ganz praktisch zur Seite. Dabei bewegen wir gemeinsam kleine und große Themen. So haben alle in den vergangenen 25 Jahren ganz eigene Geschichten mit unserer IGBCE erlebt. Geschichten, die wir gerne mit allen teilen möchten. Wir freuen uns darauf und werden so viele Er- lebnisse wie möglich in unserer Kampagne ver- öffentlichen. Unter allen Einsendungen verlosen wir 5 x eine Reise nach Berlin für zwei Personen (Bahnfahrt, 2 Übernachtungen im 3*-Hotel). Viel Glück! Teilnahmeschluss: 31. Juli 2022
unter uns > Only good news is good news K rieg, explodierende Rohstoffpreise und Rekord-Inflation, Versorgungsengpässe Foto: Stefan Koch allenthalben – und zu allem Übel auch noch wieder ansteigende Corona-Zahlen: Es fällt in diesen Tagen nicht leicht, beschwingt in die Sommerpause zu gehen. »Bad news is good news« heißt eine Jornalisten-Binse. Nach gut zweieinhalb Jahren mit Krisennachrichten kann man konstatieren: Sollte der Satz je der Wahrheit ent- sprochen haben – jetzt tut er es bestimmt nicht mehr. Die groSSen Herausforderungen unserer Industriegesellschaft sind ja Lars Ruzic eigentlich andere: Wie machen wir aus der klimaneutralen Transformation ein soziales Chefredakteur und wirtschaftliches Erfolgsprojekt? Wie lässt sich verhindern, dass demografischer Wandel und wachsender Fachkräftemangel das Land in den Stillstand treiben? Welche Antworten haben wir auf die Digitalisierung unserer Arbeitswelt? Fragen, die ja durch die akuten Krisen nicht verschwunden sind. Das zeigt mit Blick auf die Digitalisierung auch die Titelgeschichte dieser kompakt-Ausgabe. Unser neuester »Monitor Digitalisierung« zeigt, dass die Beschäftigten in der Corona-Krise zwar einen Quanten- sprung in Sachen digitaler und mobiler Arbeit gemacht haben. Das hat allerdings auch dazu geführt, dass immer mehr von ihnen davon nicht abschalten können. Gleich- zeitig sehen wir, dass die Unternehmen ihren Beschäftigten noch immer nicht schlüssig erklären können (oder wollen?), wohin die Digitalisierung sie führt und wie sie Mit- arbeitende für neue Aufgaben vorbereiten und weiterbilden wollen. Ein Erkenntnisproblem gibt es so- wohl bei der Transformation als auch bei Digitalisierung und Demografie nicht mehr. Oft sind die Antworten längst gefunden. Allein, es hapert mit der Umsetzung. Kein Wunder: Alles sind gesamtgesellschaftliche Mammutauf- gaben mit unzähligen Verästelungen und Ver- strickungen, die wir nur gemeinsam schultern können. Deshalb ist es gut, dass die Bundesregie- rung gerade alle für die Transformation relevan- ten Gruppen – auch die IGBCE – zu einer Allianz zusammengerufen hat. Wenn wir dadurch endlich ins Machen kämen, wäre das eine echte »good news«. eul | Patrick Pl lars.ruzic@igbce.de re alliance/dpa Foto: pictu kompakt | Juli/August 2022 | 3
10 Kompass VOR ORT Michael Vassiliadis spricht im Interview über die Zukunftsthemen, die jetzt dringend mit allen gesellschaft- lichen Gruppen eng abgestimmt werden müssen. 21—29 TITEL 12 Gelungene Balance? Zurück zur Natur Zum zweiten Mal hat die IGBCE eine Beschäftigten- befragung zur Digitalisierung durchgeführt. Das Ergebnis zeigt Licht und Schatten. SERIE 18 25 Jahre IGBCE Im Herbst feiert die IGBCE ihr 25-jähriges Bestehen. Im dritten Teil der Serie blickt kompakt auf zwei Familien, die der IGBCE von Beginn an treu sind. Foto: Frank Rogner TENDENZEN 31 Angriff aus dem Netz Wo Landschaft oder Lebensräume von Tieren durch bau- Cyber-Pirat*innen nehmen im Zuge der Digitalisierung liche Eingriffe verändert werden, müssen diese durch aner- mit immer neuen Methoden auch die deutsche Industrie kannte Ausgleichsmaßnahmen kompensiert werden. Da- ins Visier. Es gibt Mittel und Wege dagegen. rum kümmert sich die Landschaftsagentur Plus. 34 Gelungener Generationswechsel In allen Betrieben sind die Stimmzettel ausgezählt und Alles andere als ein Nischenthema die neuen Betriebsgremien gewählt – ein Großteil der Mitte Juni trafen sich die Schwerbehindertenvertretungen Resultate ist erfasst. Zeit, einen Blick auf das aktuelle Zwischenergebnis zu werfen. (SBV) zur 16. SBV-Jahrestagung. Foto: Christian Burkert Schnell wurde klar: Dieses The- ma betrifft immer mehr Arbeit- TIPPS nehmerinnen und Arbeitneh- 36 Gut gerüstet für den Ruhestand mer: Jede*r achte Deutsche hat Irgendwann ist auch mal Schluss – mit dem Arbeiten. inzwischen eine Behinderung. Doch der Ruhestand will gut vorbereitet werden. Die IGBCE weiß, worauf es ankommt und hilft mit einer neuen Website. Tarifabschluss bei Octapharma Ein sattes Plus hat die Tarifkommission der IGBCE in 38 Kinderfotos im Netz den Verhandlungen für die knapp 600 Beschäftigten des Sommerferien – ein paar Klicks und die Kinderbilder vom Pharmaunternehmens Octapharma durchgesetzt: Stu- Strand oder Pool gehen online. Doch Experten warnen fenweise steigen ihre Entgelte durchschnittlich um knapp eindringlich davor, solche Bilder im Netz hochzuladen. sieben Prozent. kompakt erklärt, warum. Vielfalt feiern IMMER IM HEFT Am 10. Diversity-Tag Ende Mai 03 Unter uns diskutierten in der IGBCE- Hauptverwaltung Teilnehmer*- 06 Aktuelles innen in einer Talkrunde über 08 5 Minuten Zukunft das Thema Vielfalt in der Ge- 20 Leserforum/Impressum Foto: Alexander Reupke sellschaft. Beim Christopher Street Day Anfang Juni in 30 Eine von uns* Hannover zeigten fast 12 000 40 Rätsel Menschen Flagge für mehr Vielfalt. 41 Glück & Meine IGBCE 42 Mein Arbeitsplatz * Der Landesbezirk Nordost berichtet auf dieser Seite über Aktuelles. 4 | kompakt | Juli/August 2022 Titelbild: iStockphoto/ Marco_Piunti
INHALT Juli/August 2022 > Monitor Digitalisierung 12 18 25 Jahre IGBCE Cybersicherheit 31 Fotos: iStockphoto/Pekic, Markus Feger, iStockphoto/Tero Vesalainen, Sebastian Berger, Frank Rogner 36 Rente in Sicht Mein Arbeitsplatz 42 kompakt | Juli/August 2022 | 5
BILD DES MONATS Foto: picture alliance/Pacific Press Nach dem Attentat an einer Grundschule im US-Bundes- triert. 19 Kinder und zwei Lehrkräfte starben bei der Schießerei staat Texas mit 21 Toten haben tausende Menschen in New am 24. Mai. Die Demonstrant*innen forderten den Kongress York (Foto), Washington und zahlreichen weiteren Städten der in Washington auf, die Waffengesetze zu verschärfen. Auch USA beim zweiten »March for Our Lives« (»Marsch für unsere US-Präsident Joe Biden forderte mit Blick auf die Kongress- Leben«) gegen Waffengewalt und für härtere Gesetze demons- wahlen im November strengere Regelungen. AUFREGER DES MONATS Nachteile durch Elternzeit Eltern werden im Job häufig diskrimi- niert. Das zeigt eine Studie der Anti- diskriminierungsstelle des Bundes, für die rund 2500 Mütter und Väter befragt wurden. Darin gaben 56 Prozent der Eltern an, mindestens eine entsprechende Situation in der Schwangerschaft erfahren Foto: picture alliance/photothek | Janine Schmitz zu haben. 26 Prozent der Mütter sagten, dass Aufstiegsmöglichkeiten verhindert oder ihnen Verantwortlichkeiten entzogen wurden. 30 Prozent der Väter sagten, es sei abfällig auf ihren Wunsch nach Elternzeit reagiert worden. 19 Prozent fühlten sich unter Druck gesetzt, keine Elternzeit zu nehmen oder die Dauer zu reduzieren. 6 | kompakt | Juli/August 2022
AKTUELLES > ZAHL DES MONATS ZITAT DES MONATS 1,74 Millionen offene Stellen zählte das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) im ersten Quartal 2022 – so viele wie nie zuvor. Damit hat die Arbeitskräfteknappheit in Deutsch- land einen neuen Rekordwert erreicht. Zwar ist die wirtschaft- liche Lage angesichts von Ukrainekrieg, gestörten Lieferketten Foto: picture alliance/ASSOCIATED PRESS | Geert Vanden Wijngaert und den enormen Preissteigerungen so unsicher wie nie, den- noch wollen Firmen Personal einstellen. Doch Arbeitskräfte sind Mangelware. Auch die Fachkräftelücke – also die Zahl der offenen Stellen, für die es rechnerisch bundesweit keine pas- send qualifizierten Arbeitslosen gibt – ist seit Beginn des Jahres 2021 kontinuierlich größer geworden. Laut Institut der deut- schen Wirtschaft (IW) fehlen gut 558 000 Fachkräfte. Wie zufrieden bist du? Deine IGBCE wird in diesem Herbst 25 Jahre. So lange ist es her, dass sich drei Gewerkschaften zu einer neuen schlagkräf- tigen Organisation zusammengeschlossen haben. In kom- »Die Ukraine pakt und auf anderen Kanälen feiern wir das schon seit eini- gen Wochen, in dieser Ausgabe unter anderem auf den Seiten 18 und 19. verdient eine Wir wollen das kleine Jubi- läum aber auch zum Anlass nehmen, deine Meinung und Einstellung zu deiner Ge- werkschaft zu erfahren. Wie nimmst du uns wahr, wer ist europäische dein »IGBCE-Gesicht«, wie zu- frieden bist du mit unserer po- litischen und der Tarifarbeit? Perspektive.« Foto: Christian Burkert Dazu haben wir eine Sommer- Ursula von der Leyen hat sich offiziell für den umfrage gestartet, die bis EU-Beitrittskandidatenstatus für die Ukraine ausgespro- zum 21. August dauert. Sie chen. Die EU-Kommissionspräsidentin warb vor dem ist ausnahmsweise nicht nur EU-Gipfel Ende Juni in Brüssel für eine Empfehlung der über die »Meine IGBCE«- 27 EU-Mitgliedstaaten. Nach Auffassung der Kommission App zugänglich, sondern auch übers Web. Über den QR-Code habe das Land deutlich das Bestreben und Engagement kommst du direkt zu den Fragen. zum Ausdruck gebracht, den europäischen Werten und Das Ganze kostet dich keine zehn Minu- Standards gerecht zu werden. »Die Ukrainer sind bereit, ten. Und natürlich gibt es – wie auch sonst für die europäische Perspektive zu sterben«, sagte von in unseren »Umfragen des Monats« – etwas der Leyen mit Blick auf den russischen Angriffskrieg zu gewinnen. Diesmal ist es ein iPad der gegen das Land. Man wolle es ihnen ermöglichen, den neuesten Generation, das wir unter allen europäischen Traum zu leben. verlosen, die am Gewinnspiel teilnehmen. kompakt | Juli/August 2022 | 7
> 5 Minuten Zukunft Illustration: Stefan Hoch Machine Translation [ Echtzeitübersetzung mit Künstlicher Intelligenz [ G ibt es bald den Universalüberset- ein KI-System lernt, was es an Text ver- etwa 175 Milliarden Wörter. User*innen zer für alle rund 7000 irdischen arbeiten und übersetzen soll. Die Tech- warnen trotzdem davor, die Ergebnisse Sprachen? Bislang überträgt kein Branche feiert DeepL schon als Game- ohne Lektorat zu veröffentlichen. Syste- elektronischer Begleiter simultan und ta- changer. Im Detail bleibt auch bei DeepL me wie GPT-3 trainieren oft mit Daten- dellos auch nur eine Sprache. Aber es gibt viel zu tun. Ein Test: Der Satz »Ehrlich sätzen aus dem Internet. Das bedeutet interessante Ansätze, dank Künstlicher jetzt, ich verstehe nur noch Bahnhof. Mit Masse, aber nicht automatisch Qualität. Intelligenz (KI). KI-gesteuerte Systeme einem Universalübersetzer wie in Star Bei Fachgesprächen oder diplomati- treiben die Entwicklung von Maschinen- Trek wäre mir das nicht passiert« wird schen Verhandlungen führen selbst sub- übersetzungen (Machine Translation) erst ins Chinesische und wieder zurück tilste Fehler zu Problemen. Deshalb ist voran. ins Deutsche übersetzt. Das Ergebnis: die Branche der professionellen Sprach »Um ehrlich zu sein, verstehe ich im mittler*innen quicklebendig. Nur Men- Viele Hersteller preisen ihre Moment nur den Bahnhof. Wenn es schen mit Kenntnis der jeweils anderen Produkte als »Universalübersetzer« an. einen Universalübersetzer wie in Star Sprache können Subtext und kulturelle Touristische Basics funktionieren oft Trek gäbe, wäre mir das nicht passiert.« Feinheiten berücksichtigen. Sprachpro- gut. Aber Stiftung Warentest fand 2020 Klingt in deutschen Ohren gut. Aber fis setzen aber gern auf Computer Assis- beim Testen von 15 Übersetzungs-Apps chinesische Gesprächspartner*innen kön- ted Translation, also auf CAT-Tools. Das keine überzeugend. Die Organisation nen mit dem sprichwörtlichen »Bahn- sind individuell ausbaubare Sprach- und kritisierte sinnentstellende oder gram- hof« nichts anfangen. Terminologie-Datenbanken, die das matikalisch schwache Ergebnisse. Maß- Übersetzen erleichtern. Die nahe Zu- stäbe setzen Projekte wie das deutsche Auch GPT-3, ein Sprachenverarbei- kunft dürfte also eher ein Miteinander DeepL mit derzeit 18 Sprachen. Seit tungsmodell der US-Firma OpenAI, gilt von Machine Translation und mensch- 2017 entwickelt die Firma künstliche als Vorreiter. Es übersetzt und fasst Texte licher Übersetzungsarbeit sein. neuronale Netze. Die sorgen dafür, dass zusammen; für das Training lernte GPT-3 Marcel Schwarzenberger 8 | kompakt | Juli/August 2022
AKTUELLES > Solidarität mit Belarus Vor 30 Jahren die sofortige Freilas- sung von verhafteten belarus sischen Gewerkschafter*innen forderten am 8. Juni mehrere Dutzend Gewerkschaftsvertre ter*innen bei Protestaktionen in verschiedenen Städten welt Foto: Merlin Nadj-Torma weit. In Berlin folgten Mit glieder von DGB, IGBCE, IG Metall, verdi und GEW dem Aufruf des Internationalen Ge werkschaftsbundes (IGB). Den Protestkundgebungen war die Verhaftung von 14 führenden Gewerkschafter*innen der unabhängigen Gewerk schaften in Belarus durch das Komitee für Staatssicherheit der Republik Belarus (KGB) am 19. April vorausgegangen. Unter den Verhafteten befindet sich unter ande > Mit Bus und Bahn zur Arbeit rem der Vorsitzende des Dachverbandes BDKP, Aliksandr Yarushuk. Er ist auch Vize- »Bitte umsteigen!« titelte im Mai 1992 Präsident des IGB und im Verwaltungsrat der Internationalen Arbeitsorganisation das gp magazin und thematisierte (International Labour Organization, ILO). Daneben sind auch die Vorsitzenden der damit die »alltägliche Tortur« tausen Branchenorganisationen SPB (Partnergewerkschaft der GEW), SPM, REP (Partner- der Berufspendler*innen, die mit dem gewerkschaft der IG Metall) und BNP (die größte unabhängige Gewerkschaft in Belarus Auto zur Arbeit fahren. Stop and Go und Partnergewerkschaft der IGBCE) in Haft. im Berufsverkehr, Abgaswolken und Stephanie Albrecht-Suliak, IGBCE-Abteilungsleiterin Politik und Internationales, überfüllte Werksparkplätze belasteten forderte in ihrer engagierten Rede, »hier und heute die sofortige Freilassung aller damals viele Arbeitnehmer*innen in unabhängigen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter, die Einstellung aller großen Ballungsräumen. Um dem Schikanen, unberechtigter Beschuldigungen gegen die unabhängigen Gewerkschaf täglichen Verkehrschaos die Stirn zu ten sowie die sofortige Aufhebung der Verbote ihrer Organisationen«. bieten, lockten öffentliche Nahver kehrsunternehmen mit dem »Job- ticket«, Unternehmen boten interes Anpassung der Mitgliedsbeiträge sante Angebote für Umsteiger*innen. Am Beispiel der Firma Hüls in Marl für Rentnerinnen und Rentner zeigte das Magazin, was mit Eigen- initiative und Engagement des Betriebs- rats erreicht werden konnte – rund Zum 1. Juli steigen die Renten in Deutschland – auch ein Erfolg gewerkschaftlicher 1000 der damals 15 500 Hüls-Beschäf Arbeit. Denn die Höhe einer Rentenanpassung hängt in erster Linie von der Entwicklung tigten waren auf öffentliche Verkehrs der Tariflöhne im Vorjahr ab. Die starken Tarifabschlüsse der IGBCE in den unterschied mittel umgestiegen und fuhren fortan lichen Branchen haben ihren Teil zum allgemeinen Rentenplus beigetragen. In diesem staufrei und umweltfreundlich zur Jahr erhöhen sich die Renten um 5,35 Prozent im Westen und 6,12 Prozent im Osten. Arbeit. Vor dem Hintergrund der aktuellen Preissteigerungen ist das auch dringend notwendig. Freilich sind die Vorzeichen heute Der Gewerkschaftsbeitrag für Ruheständler beträgt laut Satzung der IGBCE 0,4 Pro ganz andere: Mit dem »9-Euro-Ticket« zent der gesetzlichen und betrieblichen Rente. Gemeinsam mit der Rentenerhöhung sollen weniger die Straßen bezie wird auch der Beitrag angepasst. Ein Beispiel: Für einen Rentner im Westen mit einer hungsweise Firmenparkplätze von Rente von bisher 1400 Euro steigt die Rente auf 1474,90 Euro im Monat an. Der Autos, als vielmehr die Geldbeutel Gewerkschaftsbeitrag erhöht sich damit von der Bürger*innen entlastet werden. 5,60 Euro auf 5,90 Euro pro Monat. Für Mit Aber es soll eben auch grundsätzlich glieder im SEPA-Lastschrifteinzug erfolgt die mehr Menschen zur Nutzung des Foto: iStockphoto/Frank Harms Erhöhung automatisch – erstmals zum Ende öffentlichen Personennahverkehrs des Monats Juli. Alle anderen Kolleginnen und bewegen. Und mehr als 16 Mil- Kollegen werden gebeten, die Beiträge entspre lionen verkaufte Tickets – zusätzlich chend anzupassen. Sollte es bei der Anpassung zu bestehenden Monatskarten und des Mitgliedsbeitrags zu Differenzen kommen, Jobtickets – sprechen für sich. melde dich bitte bei deinem Bezirk. kompakt | Juli/August 2022 | 9
> Kompass »Allianz für Transformation«, konzertierte Aktion: Die Politik ruft angesichts gewaltiger Herausforderungen derzeit wichtige gesellschaftliche Gruppen zusammen, um ein gemeinsames Verständnis und ein koordiniertes Vorgehen zu finden. Foto: iStockphoto/Getty Images »Wir brauchen einen konkreten Michael, vor der Sommerpause ballen sich unsere Termine dass wir Energie- und Industriewende zu einem Erfolgsmodell im Kanzleramt: Erst die »Allianz für Transformation«, machen. Für sie steht weitaus mehr auf dem Spiel als für so man- Anfang Juli dann das Treffen zur konzertierten Aktion. chen Mahner, der zwar eloquent das Ende der Industriegesell- Einige Stimmen kritisieren das schon als »Rückkehr des schaft ausrufen mag, anschließend aber zurückkehrt in sein Korporatismus«, also der starken Beteiligung gesell- komfortabel temperiertes Büro und die nächste Powerpoint-Prä- schaftlicher Gruppen an politischen Entscheidungs- sentation angeht. Unsere Kolleginnen und Kollegen wissen, wo prozessen. Wie blickst du darauf? es wehtut, wo Theorie und Praxis aufeinanderstoßen, wo wir Was soll daran falsch sein, in dem derzeitigen unsicheren Um- noch einen weiten Weg zu gehen haben und wo wir Tempo ma- feld im Dialog zur Umsetzung fundamentaler Veränderungen chen müssen. Ihre Stimmen werden wir in die Allianz einbringen. zu stehen? Ohne ihn wurden in den zurückliegenden Jahren viele Projekte schlicht nicht oder schlecht und teuer umgesetzt. Was heißt das konkret? Die Herausforderungen, vor denen wir jetzt stehen, betreffen Die Industrie und ihre Beschäftigten stehen ja längst in den die Zukunft und das Leben und Arbeiten der Menschen. Sie sind Startlöchern für diesen Langstreckenlauf. Was sie jetzt brau- daher auch nur in einem gesamtgesellschaftlichen Kraftakt aller chen sind verlässliche Ausbaupläne für die nötige Infrastruktur, zu bewältigen. Natürlich müssen Regierungen und Parlamente Anschubhilfen für die gewaltigen Investitionsvorhaben, die vor die demokratischen Entscheidungen treffen. Aber eine Aufgaben- ihnen liegen, und ein klares Bekenntnis zu einem sozial nach- verteilung, bei der die einen regieren und alle andere protes- haltigen Wandel. Hier muss die Bundesregierung liefern – und tieren, führt ja nicht weiter. Es braucht nicht nur einen Konsens wir wollen sie in der Allianz dabei unterstützen. Aber auch die über das weitere Vorgehen, sondern einen konkreten Plan, hin- anderen Partner sind gefragt. ter den sich alle stellen und zu dem sie dann auch stehen. Da hatten wir gerade bei den Umwelt-, aber auch bei den Arbeit- Wo zum Beispiel? geberverbänden in der Vergangenheit genug Beispiele, wie Ver- Nehmen wir die Energiewende. Auch nach mehr als 20 Jahren einbarungen am Tag danach nicht mehr hielten. Nun gilt es hart und Hunderten Milliarden Euro Subventionen sind wir noch zu ringen – aber dann auch zu Ergebnissen zu stehen. immer weit entfernt davon, eine Energieversorgung aus Erneuer- baren gewährleisten zu können. Es gibt Rückstände bei der Womit wir bei der »Allianz für Transformation« wären, Energieerzeugung, -speicherung und -verteilung. Wenn einer mit der die Bundesregierung nach eigenen Worten »ein unserer Chemieparks einen eigenen Windpark auf hoher See festes Bündnis zur verlässlichen Unterstützung des benötigt, um CO2-frei zu werden, dann müssen auch die Leitun- Transformationsprozess in Deutschland« schmieden will. gen vorhanden sein, um ihn zu versorgen. Die neue Bundesre- Die Allianz soll dabei auch »konkrete Lösungen« hervor- gierung macht da jetzt Tempo, will den Bundesländern zum bringen. Welche Rolle siehst du hier für die IGBCE? Beispiel vorgeben, im Durchschnitt zwei Prozent ihrer Fläche Die liegt auf der Hand. Es sind unsere Kolleginnen und Kollegen, für Windkraftanlagen zu Verfügung zu stellen. Das ist gut so. unsere Mitglieder, deren berufliche Zukunft davon abhängt, Aber die Konflikte zwischen Klima- und Naturschutz sind 10 | kompakt | Juli/August 2022
Auch die IGBCE ist daran beteiligt. Im Interview erläutert der Vorsitzende Michael Vassiliadis, welche Punkte bei diesen Gipfeltreffen dringend eng abgestimmt werden müssen – und welche Fragen dort nichts zu suchen haben. Plan, zu dem alle stehen« offensichtlich. Hier braucht es eine klare Positionierung der derzeit erleben ist keine Lohn-Preis-Spirale, sondern eine Ge- Umweltverbände und eine Ende der Klage-Manie bei allem, was winn-Preis-Spirale. Das muss man für gute Lösungen beachten. mit Investition und Ausbau zu tun hat. Da bewegt sich auch bei vielen Akteuren etwas. Aber wir brauchen Entscheidungen, in Gleichwohl scheint die Bundesregierung bei der welches Verhältnis man guten Naturschutz und grüne Energien konzertierten Aktion auch die Hoffnung zu hegen, stellen will. Die Allianz ist dafür das geeignete Format. in Fragen der Tarifpolitik zu Absprachen zu kommen. Bundeskanzler Olaf Scholz hat im Parlament dabei Beiträge aller Beteiligten fordert die Bundesregie- die Brückenzahlung in der Chemieindustrie als rung auch bei der konzertierten Aktion — in diesem Vorbild genannt. Fall mit Blick auf die Inflation. Inzwischen hat sie Ja, unsere »Brücke« war eine gute Lösung. Klar ist aber auch: Das nahezu acht Prozent erreicht und liegt so hoch wie war ein Kompromiss, der aus der akuten Unsicherheitslage kurz seit 50 Jahren nicht mehr. Was tun? nach dem russischen Einmarsch folgte. De facto haben wir ver- Die Inflation ist ein großes Problem vor allem für die Arbeit einbart, die Verhandlungen für sieben Monate auszusetzen. Da- nehmer*innen. Alle, die etwas dagegen tun können, müssen dies für erhielten die Kolleginnen und Kollegen in der Chemie eine auch tun. Da sind neben der Europäischen Zentralbank, der Bun- Einmalzahlung von 1400 Euro pro Kopf – übrigens unabhängig desregierung und den Tarifpartnern aber vor allem die Unterneh- von der Entgeltgruppe. Die Beschäftigten der unteren Gruppen, men gefragt. Denn die aktuelle Inflation ist nicht in erster Linie die die Inflation besonders hart trifft, profitieren also überpro- von der Geldmenge getrieben. Es ist zu einem großen Teil eine portional. Klar ist aber auch: Im Oktober setzen wir die importierte Inflation in speziellen Bereichen. Der russische An- Tarifgespräche fort – und dann wird es um nachhaltige, dauer- griffskrieg auf die Ukraine hat die Preise an den Energie- und hafte Anhebungen gehen. Neben der Inflation geht es ja auch Rohstoffmärkten zwar nochmals angeheizt, aber die Preise bei um die Attraktivität der Branche im Fachkräftemangel und der Energie waren schon lange auf dem Vormarsch und zu einem um die Binnenkauf- nennenswerten Teil auch politisch angetrieben. Bislang sehen wir kraft. Wir wollen in unseren Branchen teils komplett gegensätzliche Entwicklun- ja nicht Inflation gen. Da sind Mittelständler in manchen Branchen, denen sich gegen Rezession bereits die Frage stellt, ob eine Weiterproduktion überhaupt lohnt tauschen, sondern – auf der anderen Seite stehen die Konzerne in der Grundstoff- zurück zur Balance. und Spezialchemie, die ihre gestiegenen Kosten elegant und noch Ein weiteres wich- mit Profitaufschlag weiterreichen. An den weltweiten Einkaufs- tiges Thema für Foto: Kai-Uwe Knoth märkten, aber eben auch in der folgenden Wertschöpfungskette, die konzertierte wird derzeit die Inflation gemacht. Und da habe ich noch nicht Aktion. über die Kette vom Bohrloch zur Zapfsäule gesprochen, die ja täglich im Zentrum der Tankrabatt-Diskussion steht. Was wir Interview: Lars Ruzic kompakt | Juli/August 2022 | 11
> TITEL Digitalisierung Wo ist die Balance? Zum zweiten Mal hat die IGBCE eine Befragung zur Digitalisierung durchgeführt. Das Ergebnis zeigt Licht und Schatten: Viele schätzen Homeoffice und mobiles Arbeiten — doch fällt ihnen dadurch das Abschalten vom Job schwerer. Foto: iStockphoto/Pekic 12 | kompakt | Juli/August 2022
H omeoffice, sagt Kristina Pöschl, »bedeutet für mich eine aus- gewogene Work-Life-Balance«. Dieses Modell laufe für sie richtig gut, berichtet die 33-Jährige, die vor zwei Jahren im April ihre Stelle als Mitarbei- terin in der Qualitätssicherung (QA) bei Bayer in Bergkamen angetreten hat – und seitdem überwiegend von zuhause aus aus ihre Aufgaben erle- digt. Mobiles Arbeiten ist in vielen Betrie- ben in den Branchen der IGBCE für Be- schäftigte im Verwaltungsbereich nach mehr als zwei Jahren Corona-Pandemie zur Normalität geworden – und viele können sich mit dem Dienst am heimi- schen Schreibtisch gut arrangieren. Das ist ein Ergebnis der Befragung im Rah- men des Monitor Digitalisierung, die die IGBCE rund um den Jahreswechsel 2021/2022 unter allen Beschäftigten in ihren Branchen durchgeführt hat – zum zweiten Mal nach 2019. Mehr als 11 000 Menschen aus fast 1600 Betrieben haben bundesweit da- ran teilgenommen und Auskunft über Digitalisierungsthemen gegeben. Knapp drei Viertel der Befragten waren Män- ner, 28 Prozent Frauen – das entspricht in etwa auch dem Geschlechterverhältnis in der Gesamt-IGBCE-Mitgliedschaft. 72 % Männer Das Durchschnitts- alter beträgt 44,8 Jahre 28 % Frauen Die Ergebnisse der zweiten Monitor- Befragung zeigen: Rund 80 Prozent der Beschäftigten in den IGBCE-Branchen sind offen gegenüber Veränderungen am Arbeitsplatz, drei Viertel fühlen sich gut gewappnet für die Herausforderungen – die Zahlen liegen leicht über dem Niveau der letzten Befragung von 2019. kompakt | Juli/August 2022 | 13
> TITEL Digitalisierung Anpassung Homeoffice-Anteil 44 Prozent erkennen in digi- pro Tag 40 Kilometer Anpassung Hin- würdest Du gern Deinen »Inwieweit Homeoffice-Anteil Homeoffice-Anteil verändern?« talen Systemen Unterstüt- und 40 Kilometer Rück- »Inwieweit würdest Du gern Deinen Homeoffice-Anteil verändern?« zung und Erleichterung – fahrt von ihrem Wohnort deutlich mehr als noch 2019 Recklinghausen zum Bayer- 2022 (25 Prozent). Und das Home- Standort Bergkamen. »Da- 2022 office, für viele Kolleginnen mit spare ich Zeit und jede 21 % stark reduzieren und Kollegen in Büros das Menge Spritkosten«, berich- 21 % sichtbarste Zeichen des Di- tet die junge Frau. Die meis- etwas reduzieren 16 % gitalisierungsschubes, kommt ten ihrer Aufgaben könne 16 % gut an: 47 Prozent der Befrag- sie gut von zuhause erle- gleich lassen 6% ten wollen ihren Homeoffice- digen. Auch die korrekte 6 %etwas erhöhen Anteil gleich lassen, 37 Pro- technische Ausstattung da- 10 % 47 % zent den Anteil etwas oder für – etwa mit Extra-Bild- 47 % 10 % stark erhöhen stark erhöhen – und nur 16 schirmen oder Headset – Prozent möchten weniger mo- sei zur Verfügung gestellt bil am heimischen Schreib- worden. tisch arbeiten. Trotz Homeoffice sei sie Allerdings zeigen sich in den sehr gut in ihrem neuen Monitor-Ergebnissen auch die Team aufgenommen worden. Schattenseiten von Home- Ihre Führungskraft habe täg- Abgehängt-Sein office und Co.: Die Zahl der liche Online-Meetings ein- »Ich fühle mich abgehängt von den Prozessen meines Betriebs.« Beschäftigten, die nach der Ar- geführt, um den Kontakt zu Abgehängt-Sein »Ich fühle mich abgehängt von den Prozessen meines Betriebs.« beit nicht abschalten können, stärken. Seit diesem Frühjahr 2022 22 % hat im Vergleich zur ersten fahre sie nun wieder ein, zwei Monitor-Befragung im Jahr Mal die Woche ins Büro, es 22 % 9% 2019 zugenommen. Auch be- gebe seit kurzem auch wie- trifft gar nicht zu 4% klagen mehr Kolleginnen und der turnusmäßige Präsenz- 31 % 9 % trifft wenig zu Kollegen ein Gefühl der sozia- treffen für das gesamte acht- 4% len Isolation. köpfige Team. »Das ist schon 31 % teils, teils toll, wenn wir uns jetzt live 34 % trifft überwiegend zu Kristina Pöschl (Foto sehen. Der Mensch ist ja nicht 34 % trifft völlig zu rechts) hingegen findet ihr darauf ausgelegt, immer kom- jetziges Modell genau rich- plett alleine zu sein.« tig. »So würde ich gern im- mer arbeiten.« Zwar habe beim Folienspezialis- es auch Nachteile ten Leonhard-Kurz-Stif- gegeben: So sei tung mit Hauptsitz in der Einstieg in Fürth brachte auch den neuen Job Corona das Thema Allgemeine Auswirkungen der Corona-Pandemie »Wie stark hat sich die Corona-Pandemie insgesamt auf (nach ande- mobiles Arbeiten Allgemeine Deine ArbeitAuswirkungen ausgewirkt (z.B.derMehr-/Minderarbeit, Corona-Pandemie ren Stationen nach oben auf die »Wie stark Kurzarbeit, hat sich dieKolleg*innen, mehr/weniger Corona-Pandemie andereinsgesamt auf Arbeitsinhalte)?« im Bayer-Kon- Tagesordnung. Vor Deine Arbeit ausgewirkt (z.B. Mehr-/Minderarbeit, zern) unge- der Pandemie sei der Kurzarbeit, mehr/weniger Kolleg*innen, andere Arbeitsinhalte)?« wohnt gewesen, Arbeitgeber bei dem 2022 »weil ich die Hälfte Thema eher zögerlich gewe- 27 % des Teams noch nicht persön- sen, berichtet Betriebsrätin 19 % sehr schwach lich kannte. Wir haben uns Sabine Theis (Foto rechts). Vie- 27 % 19 % eher schwach zunächst also nur in Video- le hätten während der Lock- konferenzen gesehen.« Zwi- downs im Homeoffice »un- 11 % teils, teils schenzeitlich in den harten heimlich positive Erfahrungen 26 % 11 % eher stark Lockdown-Phasen sei ihr gemacht« – und sich gewünscht, 17 % 26 % sehr stark schon mal die Decke auf den dass es auch nach dem Ende Kopf gefallen. »Aber insge- der pandemischen Lage die 17 % samt finde ich es sehr gut; Möglichkeit geben soll, da- das Homeoffice hat für mich heim zu arbeiten. Das ergab viele Vorteile.« So entfallen eine interne Befragung des Fotos (4): Privat 14 | kompakt | Juli/August 2022
Work-Life-Balance Betriebsrats unter der Beleg- Anspruch auf zwei Tage mo- Zufrieden mit Balance von Arbeit und Privatleben, schaft. biles Arbeiten pro Woche, Vereinbarkeit, Anforderungen gleichermaßen erfüllen »Das Ergebnis war klar: Die rund ein Viertel einen An- Mehrheit der Beschäftigten spruch auf einen halben Tag 2019 2022 findet das Homeoffice toll und pro Woche. Ein weiteres will das auch weiterhin«, er- Viertel kann das mobile Ar- 30 % 35 % innert sich die 56-Jährige, die beiten nicht nutzen, da seine aktuell ihre zweite Amtszeit Anwesenheit auf dem Be- 11 % 11 % als Betriebsrätin am Hauptsitz triebsgelände für seine Tätig- 1% 2% in Fürth mit rund 1500 keit notwendig ist. Die Mitarbeiter*innen meisten Beschäftigten 13 % 12 % ausübt. Weltweit seien froh, dass es 45 % 40 % hat das Unter- nun eine Regelung nehmen mehr gebe, sagt Be- als 5000 Be- triebsräin Sabine schäftigte. Theis. Aber viele Bis es Anfang würden sich wün- Kognitive Irritation/Nicht-Abschalten-Können 2022 zum Ab- schen, dass der An- Abschalten fällt schwer, daheim und im Urlaub schluss einer Gesamtbe- spruch noch ausgeweitet an Probleme bei der Arbeit denken triebsvereinbarung kam, seien werde. »Wir werden 2023 se- viele Treffen zwischen Betriebs- hen, wie sich die Situation 2019 2022 rat und Firmenleitung nötig ge- entwickelt hat und eventuell wesen. »Aber es hat sich ge- bei Bedarf versuchen, nach- 30 % lohnt«, bilanziert Theis. Unter zusteuern.« 36 % anderem wurde in der Gesamt- 17 % 12 % betriebsvereinbarung eine ver- Allerdings sind nicht alle nünftige technische Ausstattung Werte so positiv. Laut Monitor 5% 8% für das Homeoffice geregelt. Digitalisierung kann jeder 31 % Damit gehören Unterneh- Vierte wegen der Belastung 15 % men und Betriebsrat zu den durch neue Technologien 27 % 19 % Vorreitern: Laut Ergebnissen schlechter abschalten, 2019 des Monitor Digitalisierung war es jeder Fünfte. Zurückzu- verfügen rund zwei Drittel führen sei das auf die ständige der Befragten nicht über ei- Erreichbarkeit in der Freizeit, nen vollausgestatteten Ar- sagt IGBCE-Hauptvorstands- Soziale Isolation beitsplatz im Homeoffice be- mitglied Francesco Grioli und Fehlende soziale Einbindung und persönlicher Austausch, Gefühl der Einsamkeit ziehungsweise bei der Tele- fordert deswegen ein Recht arbeit. Dabei führt fehlende auf »Nicht-Erreichbarkeit« Austattung zu gesundheit- (siehe Interview Seite 17). Zu- 2019 2022 licher – und finanzieller – Be- dem müssten klare Regeln nachteiligung der Beschäftig- zum Arbeitsvolumen beim 37 % ten. Die Position der IGBCE mobilen Arbeiten aufgestellt 20 % ist klar: Betriebskosten – etwa werden. 47 % für eine adäquate technische Auch der Anteil derjenigen, 1% 1% Ausstattung – dürfen nicht die sich in Folge der Digitali- 3% auf die Belegschaft umgelegt sierung ganz oder zumindest 45 % 8% 14 % werden. teilweise isoliert fühlen, ist Bei der Firma Leonhard- von 18 Prozent auf 34 Pro- 25 % Kurz-Stiftung wurde in der zent geklettert. Um diesem Gesamtbetriebsvereinbarung Prozess entgegenzuwirken, zudem definiert, wer wie viel braucht es ein neues Ver- Anspruch auf mobiles Arbei- ständnis von digitaler Füh- trifft völlig zu teils, teils ten hat: Rund die Hälfte der rung und digitalen Teams. Beschäftigten – vor allem aus »Wir brauchen auch eine trifft wenig zu trifft überwiegend zu dem kaufmännischen- und neue Betriebskultur. Die Be- trifft gar nicht zu Verwaltungsbereich – habe schäftigten müssen stärker in kompakt | Juli/August 2022 | 15
> TITEL Digitalisierung die Entwicklung eingebun- gut auskennen – und dann the- Veränderungsbereitschaft den werden«, so Grioli. Zwar oretisch ein Programm erar- Offen gegenüber Veränderungen am Arbeitsplatz, sehr froh sehen sich zwei Drittel der beiten würden, »das an den über Veränderungen, persönlich von Veränderungen profitieren Befragten gar nicht oder Nutzer*innen vorbeigeht«. kaum abgehängt von den in- Er kenne durchaus Kolleg*- 2019 2022 nerbetrieblichen Prozessen – innen, »die sich abgehängt und das bedeutet aber auch, dass überfordert fühlen von der 37 % 35 % mehr als ein Drittel sich abge- Technik, und die sich nicht hängt fühlt. trauen, konkret nachzufra- 8% 9% Das wundert Jens Sühnhold gen, weil es ihnen unan- 1% 1% (Foto oben) gar nicht. Er per- genehm ist. Ich sehe da 12 % 40 % 15 % sönlich sei ein »großer Fan« Menschen, die gehen kom- der Digitalisierung, sagt plett verloren.« Die 42 % der 46-Jährige, der bräuchten einfach beim Pharmakon- mal jemanden, zern Roche in Penz- der ihnen die berg als Facility Programme ge- Manager beschäf- nau erklärt. tigt ist. »Im besten Sühnhold plä- Unterstützung und Erleichterung Fall kann die Digita- diert dafür, für durch digitale Systeme lisierung durch neue diesen Wissens- Technik und Medien das transfer aktiv Paten- 2019 2022 Leben vereinfachen.« Viele An- schaften anzubieten. »Im wendungen würden Kontrol- kleineren Rahmen geht das 29 % 19 % len erleichtern, Information Erklären viel einfacher und transparenter und Prozesse man kann alles fragen, ohne 28 % 9% 9% besser überprüfbar machen. Angst zu haben, als dumm Allerdings gebe es einen Ha- dazustehen. Das ist wichtig; 4% 37 % 11 % ken, findet Sühnhold – ihm in diesem Digitalisierungs- fehlt grundsätzlich bei dem prozess dürfen wir keinen zu- 21 % Thema ein schlüssiges Ge- rücklassen und nicht den 33 % samtschulungskonzept, das Menschen dahinter verges- sich nach den Bedürfnissen sen.« der Anwender*innen richte. Er selber, so berichtet Sühn- Beim Verpackungsspe- hold, könne sich neue Tech- zialisten Gerresheimer hat nologien und Anwendungen der Betriebsrat die Aus- und Ich habe ein klares Verständnis von der gut selbstständig erarbeiten Weiterbildung der Beschäftig- Digitalisierungs-Strategie meines Betriebs. und einsetzen. Auch gebe es ten als eine der großen Heraus- bei seinem Arbeitgeber viele forderungen im Digitalisie- 2019 2022 Weiterbildungsmöglichkei- rungsprozess identifiziert – ten: »Roche ist da wirklich gut ebenso wie der Arbeitgeber, be- aufgestellt.« Aber: »Schulun- richtet Robert Fröhler (Foto un- 26 % 26 % 24 % 30 % gen sind oft nicht am Bedarf ten), Betriebsratsvorsitzender der Anwender*in- der Gerresheimer Regensburg nen ausgerich- GmbH (1280 Beschäftig- 4% 5% tet. Wer nicht te), Teil des global auf- so technikaf- gestellten Gerresheimer- 16 % 27 % 18 % fin ist, wird Konzerns (mehr als 24 % abgehängt 10000 Beschäftigte und teils da- weltweit). »In der jähr- mit alleinge- lichen Budget-Planung lassen.« Entwi- wird die regelmäßige Weiter- trifft völlig zu teils, teils ckelt würden die bildung natürlich berücksich- trifft wenig zu Weiterbildungen von Men- tigt und nimmt im Hinblick trifft überwiegend zu schen, die sich in der Materie auf Digitalisierungsthemen trifft gar nicht zu 16 | kompakt | Juli/August 2022
mehr Fahrt auf«, weiß Fröhler. meisten Unternehmen an ei- 4 Foto: IGBCE »Da sind wir im Konzern gut ner klaren und verständ- Fragen an aufgestellt.« lichen Kommunikation. Auch Grundsätzlich verfolge der dabei sei es notwendig, die Francesco Grioli Konzern ein ganzheitliches, Beschäftigten stärker einzu- globales Digitalisierungskon- binden, fordert Vorstand Grioli. Franceso Grioli, Mitglied im geschäftsführenden zept. Schon zuvor sei das Er mahnt zudem adäquate Hauptvorstand (gHV) der IGBCE, ordnet die Unternehmen in Sachen Digi- Weiterbildungsmöglichkeiten Ergebnisse des Monitor Digitalisierung ein. talisierung gut unterwegs ge- an: Denn viele Beschäftigte wesen. »Aber die Möglichkeit, würden sich zwar gerne qua- Die IGBCE hat zum zweiten Mal eine Befragung im Rahmen mit Videokonferenzen etwa lifizieren und eine hohe Ver- des Monitor Digitalisierung durchgeführt. Wie bewertest du über Teams flächendeckend änderungsbereitschaft zeigen – die Ergebnisse? und weltweit kommunizieren die entsprechenden Rahmen- Zunächst einmal: Ich bin sehr stolz, dass sich wieder mehr als zu können, hat die Arbeits- bedingungen zu Weiterbildun- 11000 Beschäftigte in unseren Branchen an der Studie betei- welt für die Zukunft enorm gen finden laut Monitor aller- ligt haben. Die Ergebnisse liefern uns ein wichtiges Stim- verändert«, sagt der 61-Jähri- dings nur ein knappes Drittel mungsbild zu den Digitalisierungsprozessen in den Betrieben. ge, der auch Vize-Vorsitzender der Beschäftigten in ihrem Be- Positiv fällt auf, dass unsere Leute weiterhin eine hohe Verän- des Konzernbetriebsrats bei trieb. derungsbereitschaft und Offenheit gegenüber dem Thema Gerresheimer ist. Alles sei viel Betriebsratschef Fröhler zeigen: Rund drei Viertel der Befragten fühlen sich für die an- schneller gegangen mit den wiederum kennt die Strategie stehenden Veränderungen und neuen Anforderungen gewapp- Digitalisierungsthemen, an- seines Betriebs genau: »Inno- net. Dieser Wert hat sich im Vergleich zur ersten Befragung getrieben durch den Booster vationen und Digitalisierung leicht verbessert. Vermutlich liegt das auch an der Corona- Pandemie. Die Zusammenar- führen bei Gerresheimer ganz Pandemie, in der Digitalisierungsthemen an Bedeutung ge- beit mit dem Arbeitgeber sei klar in eine digitale, vernetzte wonnen haben. dabei sehr gut und lösungs- Welt. Wir nutzen den Wandel orientiert, betont er. »Unser hin zu einem stärker auf den Gibt es weitere Corona-Auswirkungen? Arbeitgeber achtet sehr auf Patienten zentrierten Gesund- In den vergangenen drei Jahren hat sich der Anteil derje- die Mitbestimmung.« Im heitssystem, um unser Unter- nigen, die vornehmlich neue Arbeitsformen wie mobiles Ar- Austausch ging es unter ande- nehmen auf innovativere digi- beiten oder virtuelle Teamarbeit nutzen, von 25 auf 55 Pro- rem um Optimierungen der tale Geschäftsmodelle auszu- zent mehr als verdoppelt – das scheint mir eine klare Folge Fertigungs- und Verfahrens- richten.« Betriebsvereinbarun- von Corona. Zudem sagen 44 Prozent, dass die Vereinbarkeit techniken, die Vernetzung gen zu den jeweiligen Prozes- von Beruf und Privatleben durch die Arbeit mit digitalen neuer Anlagen sowie Geräte sen – wie zum Umgang mit der Technologien einfacher geworden sei; das waren 2019 nur oder adaptive Arbeitsassis- Datenbrille, aber auch zum 25 Prozent. Andererseits bedeutet das auch: Für die Hälfte tenzsysteme wie etwa Daten- konzerninternen Innovations- der Befragten ist der Nutzen neuer Arbeitsformen gering; brillen zur Wartung und Dia- management – seien abge- diese Beschäftigten dürfen jetzt nicht abgehängt werden. gnose. schlossen und gültig. Weitere Zudem berichtet 2022 jede vierte Person von Problemen, Das Wissen über die be- Regelungen etwa zu Kommu- nach der Arbeit abschalten zu können. 2019 war es jede*r triebliche Digitalisierungs- nikationssystemen sowie web- Fünfte. Dieser negative Trend ist ein deutliches Warnsignal. strategie wurde auch im Mo- basierten Fortbildungen oder nitor abgefragt – dabei zeigte zu Datenerhebung und -verar- Was muss passieren? sich, dass rund die Hälfte der beitung liegen ebenfalls vor. Ein großes Problem beim Nicht-Abschalten-Können ist die Beschäftigten kein klares Ver- Fröhlers Bilanz: »Die Corona- Erreichbarkeit in der Freizeit. Wir fordern deswegen ein Recht ständnis der betrieblichen Di- Pandemie war wie Doping für auf Nicht-Erreichbarkeit. Zudem brauchen wir Rahmenverein- gitalisierungsstrategie haben. Digitalisierungsthemen.« barungen zum Arbeitsvolumen mit digitalen Systemen und Hier fehlt es offenbar in den Inken Hägermann auch eine neue Betriebskultur. Die Beschäftigten müssen stär- ker in die Entwicklung eingebunden werden. Oft fehlen adä- quate Weiterbildungsmöglichkeiten. Du Hast Noch Fragen? Alle Ergebnisse des Monitor Das Homeoffice scheint bei vielen gut anzukommen. Digitalisierung findest du unter: Auf jeden Fall. Fast die Hälfte der Befragten möchte den ei- monitor-digitalisierung.de/ genen Homeoffice-Anteil beibehalten, ein weiteres Drittel Ansprechpartner: möchte den Anteil etwas oder stark erhöhen. Nur 16 Prozent Sebastian Grzegorek: wünschen sich eine Reduzierung. Das ist ein klarer Handlungs- Tel: 0511 7631-437, E-Mail: monitor-digitalisierung@igbce.de auftrag für die Betriebsparteien und Sozialpartner. kompakt | Juli/August 2022 | 17
> Fotos: Markus Feger/Privat Serie 25 Jahre IGBCE Heute und vor 25 Jahren: Michael und Claudia Reichmann sind »mit der IGBCE erwachsen geworden«. Sie blicken heute gerne auf frühere Zeiten zurück. Von Generation zu Generation Die Familien Reichmann und Grieger sind der IGBCE seit vielen Jahren treu — und geben die gute Erfahrung mit der Gewerkschaft gerne an Kinder und Enkelkinder weiter. D ie IGBCE verlassen, aus der Ge- zurück in die Chemie stehen die bei- mikanten in einem Unternehmen der werkschaft austreten? Das kam den grundsätzlich offen gegenüber, chemischen Industrie in Hilden ge- Claudia und Michael Reich- ziehen ihn aber im Moment nicht in macht, sind Ende der 1980er-Jahre sehr mann noch nie in den Sinn. Obwohl Erwägung. bewusst in die IGBCE (damals noch als beide bereits seit längerem nicht mehr IG Chemie) eingetreten. »Ich war ganz »in der Chemie arbeiten«: Claudia Trotzdem wollen sie in »ihrer« frisch Azubi und bin von anderen da- Reichmann ist seit sieben Jahren in ei- Gewerkschaft bleiben. Denn beide von überzeugt worden, dass es sinnvoll nem Kindergarten als Köchin tätig und haben, so sagen sie, in früheren Jahren ist, Mitglied in der Gewerkschaft zu hat damit ihre Herzensaufgabe gefun- viel von der Gemeinschaft profitiert. sein«, erinnert sich Michael Reich- den. Michael Reichmann ist seit zwei Durch ihre Treue könnten sie jetzt ein mann. Bei seiner späteren Ehefrau Jahren außertariflich als Führungs- kleines Stück an sie zurückgeben. »Uns Claudia – die beiden haben sich im Un- kraft im Management eines Logistik- hat die Gewerkschaft persönlich sehr ternehmen kennengelernt – war es der unternehmens beschäftigt, ist dort weitergebracht«, betont Ehepaar Reich- Vater, der sich, selbst überzeugter Ge- sehr gut angekommen und fühlt sich mann. Einst haben sie ihre Ausbildun- werkschafter, für eine Mitgliedschaft wohl in seinem Job. Einem Wechsel gen zur Lacklaborantin und zum Che- der Tochter aussprach. 18 | kompakt | Juli/August 2022
Es blieb nicht nur bei der bloßen dann, wenn es soweit Mitgliedschaft: Der heute 52-Jährige Mi- ist, den dringlichen Rat chael Reichmann hat sich schon wenig geben in eine Gewerk- später in der Jugendarbeit engagiert, schaft einzutreten«, sa- wurde Jugendauszubildendenvertreter gen sie schmunzelnd. im Betrieb und später dort Vorstand. Auch Claudia Reichmann brachte sich Die guten Erfah- vielfältig in die Jugendarbeit ein. Beide rungen mit der Ge- waren im Bezirksjugendausschuss Mit- werkschaft weiter zu glied. »Damals gab es noch häufig Ju- geben, hat bei Familie gendfahrten und Wochenendfreizeiten; Grieger längst Traditi- Foto: Privat wir waren sehr viel gemeinsam unter- on. Denn dort ist be- wegs. Das war eine wirklich tolle Zeit«, reits die dritte Generati- blickt die heute 49-Jährige zurück. Zahl- on Teil der starken Zwei Generationen IGBCE: Manuela Grieger und Ingeborg Fischer reiche Freundschaften seien entstanden Gemeinschaft IGBCE. (von links) haben ihre Erfahrungen mit der Gewerkschaft an ihren und man habe viel gelernt. »Alleine vor Mutter Manuela Grie- Sohn beziehungsweise Enkel weitergegeben. einer großen Gruppe von Menschen zu ger und Oma Ingeborg sprechen war anfangs eine riesige Heraus- Fischer haben es vorgemacht. Mario und ihnen in ihrer Sprache die Vorteile forderung für mich. Ich habe sie gemeis- Grieger als nächste Generation zog 2018 einer Gewerkschaftsmitgliedschaft nä- tert; das hat mir auch später im beruf- ebenso nach wie seine Ehefrau Nicole. her zu bringen«, regt er an. Zum Beispiel lichen Umfeld noch oft geholfen«, sagt »Unsere Eltern hatten natürlich einen müsse man ihnen vermitteln, dass es Ta- Michael Reichmann. Und seine Frau großen Einfluss auf unsere Entschei- riferhöhungen nur dann gebe, wenn fasst zusammen: »Wir sind mit der Ge- dung«, gibt das Paar zu und Marios Mut- man diese mit Nachdruck fordere – und werkschaft erwachsen geworden.« ter Manuela Grieger ergänzt: »Der Soli- das gelinge nur in einer starken Gemein- Beiden ist es sehr wichtig, dass Ge- dargedanke und das Motto ›Gemeinsam schaft. Nur so schaffe man es, sich Ge- werkschaften wie die IGBCE weiter be- sind wir stark‹ sind für mich sehr wich- hör beim Arbeitgeber zu verschaffen. stehen, sich für ihre Mitglieder stark tig. Das motiviert mich, in der IGBCE zu »Das ist uns im Laufe der Zeit sehr be- machen und aktiv für die wichtigen Zu- bleiben. Und diese Motivation habe ich wusst geworden«, fügt Nicole Grieger kunftsfragen streiten. Die IGBCE müsse auch an meine Kinder weitergegeben.« hinzu, bei Infraleuna Fachspezialistin digital noch sichtbarer werden, findet Sie selbst hat die Vorteile davon, in Abwasser im Energiebereich. das Ehepaar; Gewerkschaftssekretäre einer Gewerkschaft organisiert zu sein, Für Manuela Grieger, eine Generation sollten sich in den Unternehmen mehr ebenfalls bei ihren Eltern gesehen. Die- älter, war es im Jahr 1977 hingegen noch zeigen, um dort wahrgenommen zu wer- se hatten sich gewerkschaftlich organi- selbstverständlich, einen Mitgliedsan- den. Und obwohl ihre eigenen Kinder siert, weil die Arbeitgeberseite, noch zu trag zu unterschreiben und ebenso noch in der Schule und vom Berufsleben DDR-Zeiten, ebenfalls organisiert war. selbstverständlich, nach der Wende ein gutes Stück weit entfernt sind, sei Ihre Mutter Ingeborg Fischer, bereits 1990 auch in der Gewerkschaft zu blei- klar: »Wir werden ihnen auf jeden Fall seit 1972 Mitglied in der Gewerkschaft ben. Ihre Mutter Ingeborg schätzt die und seit 1990 Teil der IG Chemie, hat Mitgliedschaft sogar heute, im Alter von einst sogar ganz konkret von ihrer Mit- 79 Jahren, noch. Die ehemalige Anla- gliedschaft profitiert. Sie hat mit Erfolg genfahrerin bei Infraleuna bespricht in einen Prozess gegen die Krankenkasse ihrer Ortsgruppe nach wie vor gewerk- geführt – unterstützt wurde sie dabei schaftliche Themen. »Zum Beispiel durch die Rechtssekretäre der IGBCE. durch die Teilnahme an Kundgebungen Im Herbst 2022 feiert die IGBCE ihr oder Demonstrationen können auch wir 25-jähriges Bestehen. 25 Jahre, in Die ganze Familie ist oder war bei der die Werktätigen noch unterstützen«, sagt denen wir gemeinsam vieles erreichen Infraleuna GmbH in Leuna beschäftigt. sie zufrieden. und gestalten konnten und in denen wir Doch so selbstverständlich wie es früher alle eigene Geschichten mit unserer war, in die Gewerkschaft einzutreten, sei Ob auch die nächste Generation IGBCE erlebt haben. Diese persönlichen es dort heutzutage nicht mehr, weiß Ma- der Familie Grieger einmal in die IGBCE Erlebnisse wollen wir im Rahmen rio Grieger, der den Einkauf im Unter- eintreten wird? Bis dahin wird noch ein unserer Kampagne »25 Jahre erfolg- nehmen leitet. Viele junge Menschen Weilchen vergehen. Aber auf jeden reich« sammeln und teilen. Also mach fühlten sich heute von der IGBCE nicht Fall wollen alle Familienmitglieder der mit und erzähle uns deine Geschichte! mehr angesprochen. »Im Wandel der 14 Monate jungen Luisa von den Vortei- Zeit verändern sich gerade bei ihnen die len einer Gewerkschaft erzählen und ihr Mehr Infos unter: 25Jahre.igbce.de Wertevorstellungen. Daher ist es wichtig, zuraten – so viel steht heute schon fest. auch den Heranwachsenden zuzuhören Sigrid Krings kompakt | Juli/August 2022 | 19
> leserforum Schreibe uns an Nr. 06 I JuN I 2022 www .igbce.de kompakt@igbce.de kompakt Serie 25 Jahre IGBCE — viel beweg t, viel erreicht dem Weg zum Sozialpartnermode ll in der Chem ie oder kommentiere IMPRESSUM e Rendite — auf Chance auf höher tendenzen unsere Beiträge in den Thema Praktikum n Irrtümer beim tippS Die größte kompakt sozialen Medien. Das Mitgliedermagazin der IGBCE Wir freuen uns Herausgeber über Lob, Kritik Michael Vassiliadis CO2 als rohstoff und Anregungen. Chefredakteur (v. i. S. d. P.) Neue Ideen für den Umgang Lars Ruzic mit Kohlendioxid Chefinnen vom Dienst Katja Pflüger Inken Hägermann Redaktion Alexander Reupke, Isabel Niesmann, Sascha Schrader, Julia Osterwald Krankengeld oder Elterngeld > Kanban Redaktionsassistenz bekommt, dann hat er Pech. Simone Wöckener, Tanja Rössner Timo Goll, per Facebook Simples System @ 16.05.2022 14:04:57 Redaktionsanschrift 01_u1_titel_CO2_06 _1973826.indd 1 Dieses System praktizie- Königsworther Platz 6 Lieber Timo Goll, re ich schon mein gan- 30167 Hannover Telefon: 0511 7631-306/-354 > Zwischenergebnis bei Einmalzahlungen in Tarif- zes Leben lang. Wie gut für Telefax: 0511 7000891 Tarifrunde Chemie abschlüssen wird häufig der mich, jetzt endlich Mal zu er- E-Mail: kompakt@igbce.de Stichtagsbezug gewählt, da die fahren, dass das »Kanban« Der Kontakt ist ausschließlich für Immer Lösungen Zahlung einfach und schnell admi- heißt. Ich hätte doch tatsäch- Fragen und Hinweise an die Redaktion zu verwenden. Fragen zur Mitglied- im Gepäck nistriert werden kann. Bei einer lich mit dieser Methode ganz schaft richte bitte an deinen Bezirk. @ Tarifverhandlungen sind nie einfach und erfor- dern einen langen Atem. Ich zeitanteiligen Gewährung, wie etwa bei der Jahresleistung, könnte die Zahlung erst am ohne Namen weitergemacht. Marina Leugner, per E-Mail Satz: Qubus media GmbH Beckstraße 10, 30457 Hannover Gesamtherstellung und -vertrieb: finde es gut, das die Verhand- Ende der Laufzeit gewährt wer- Westend Druckereibetriebe GmbH Westendstraße 1, 45143 Essen ler*innen der IGBCE immer den, da ja dann erst feststeht, > Ergebnisse der Lösungen im Gepäck haben. wer welche Zahlung beanspru- Betriebsratswahlen Anzeigenverwaltung ASK Agentur für Sales und Die guten Presseberichte spre- chen kann. Oder es käme zu Kommunikation GmbH chen eine klare Sprache, wie Rückzahlungsforderungen. Betriebsrat ohne Bülowstraße 66, Hof D, Eingang D1 wichtig gute Gewerkschaften Durch den zweiten Stichtag Mitgliedschaft? 10783 Berlin Telefon: 030 7407316-00 sind. Wo wären wir in solch am 15. Juli haben wir aber zu- Zum Ergebis, dass 76 Pro- Telefax: 030 7407316-75 E-Mail: anzeigen@ask-berlin.de schwierigen Zeiten ohne Ge- mindest erreicht, dass bei nur zent der Betriebsrät*innen Gültige Anzeigenliste werkschaften bei Verhandlun- kurzer Aussetzung des Entgel- IGBCE-Mitglied sind: Also das Nr. 21 vom 01. 01. 2022 gen mit den Arbeitgebern? tanspruchs über den ersten müssten doch 100 Prozent sein. Verantwortlich für den Anzeigenteil: Für den Herbst hoffe ich mit Stichtag zumindest die Hälfte der Betriebsrat sein ohne Mitglied- Thomas Mühlnickel einer tabellenwirksamen Ent- Brückenzahlung gewährt wird. schaft in der IGBCE kann ich Zusendungen: Für unverlangte gelterhöhung. Ich hoffe außer- mir nicht vorstellen. Überhaupt Einsendungen wird keine dem, dass die Arbeitgeber- Ärgerlich sollte jede*r Arbeitnehmer*in Gewähr übernommen. vertreter den Wert ihrer Mitar- beiterinnen und Mitarbeiter richtig einschätzen. @ Auch ich habe mich über die Brückenlö- sung geärgert. Ich bin in der organisiert sein, denn gute Tarif- verträge erreicht man nur mit ei- nem hohen Organisationsgrad! Bezugspreis 0,90 €, jährlich 10,00 €. Für IGBCE-Mitglieder ist der Bezugs- preis im Mitgliedsbeitrag enthalten. Michael Hartwich, per E-Mail passiven Altersteilzeit und rosslerfred71, per Instagram Erscheinungsweise: schaue auch in die Röhre. kompakt erscheint zehnmal Warum überhaupt Denn auch für mich wird alles Danke im Jahr mit acht Regionalausgaben für Bayern, Baden-Württemberg, Stichtage? teurer. Ich bezahle aber im- Herzlichen Dank! Mit Hessen-Thüringen, Nord, Nordost, Nordrhein, Rheinland-Pfalz/Saarland, Warum gibt es diese mer noch meinen monat- euch an meiner Seite Westfalen. blöden Stichtage bei lichen Beitrag! kann ja nichts schiefgehen! Redaktionsschluss dieser Ausgabe: Zukunftsbetrag und Brücken- Bert Dienstknecht, per E-Mail Winfried Zenk, per Twitter 22. 06. 2022 lösung? Warum überhaupt Druckauflage: 570 210 (I/2022) Stichtage? Wenn ein Mitar- Leserbriefe und Kommentare auf unseren Online-Kanälen stellen beiter 20 Jahre im Betrieb ist, die Meinung des Einsenders dar. Anonyme Beiträge werden nicht Gedruckt auf chlorfreiem Recycling-Papier. aber zu den falschen Zeiten berücksichtigt. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor. 20 | kompakt | Juli/August 2022
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