DEN WASSERSTOFF ALS ENERGIESPEICHER - Ú DIE NFZ-BRANCHE ENTDECKT Ú POLITIK FORCIERT WASSERSTOFF

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DEN WASSERSTOFF ALS ENERGIESPEICHER - Ú DIE NFZ-BRANCHE ENTDECKT Ú POLITIK FORCIERT WASSERSTOFF
Hydrogeit Verlag / www.hzwei.info / 20. Jahrgang / Heft 1 / Januar 2020 / 82

 Ú  DIE NFZ-BRANCHE ENTDECKT
     DEN WASSERSTOFF
 Ú   OLITIK FORCIERT WASSERSTOFF
     P
     ALS ENERGIESPEICHER
DEN WASSERSTOFF ALS ENERGIESPEICHER - Ú DIE NFZ-BRANCHE ENTDECKT Ú POLITIK FORCIERT WASSERSTOFF
I N H A LT

    INHALTSVERZEICHNIS
        2 Impressum
        3 Editorial
        4 Meldungen
               Kerstin Andreae leitet BDEW
               CEP: Zuwachs und Verstärkung
               Wrightbus fährt weiter

        6 Messen und Kongresse
               Wasserstoff und WindEnergy
               f-cell zieht zahlreiche Zulieferer an

        8 Hausenergie
               Hausbesitzer sind verunsichert

     12 Politik
               Länder, Bund und EU – alle fordern H2-Strategien
                                                                                                                24              Enapter wirbt für die Installation
                                                                                                                                autarker Microgrids

                                                                                                                                                                                                                      Quelle: Hyundai
               Bundesrat votiert für Wasserstoffwirtschaft
               Große Stakeholder-Konferenz in Berlin

     22 Energiespeicherung
               HyStarter, HyExperts, HyPerformer sind gestartet
               Firmenportrait: Elektrolyseurhersteller Enapter

2    26 Elektromobilität
               Akkus für Pkw – Brennstoffzellen für Lkw
               Der maritime Sektor entdeckt die Brennstoffzelle
               Interview mit C. Möhlenkamp von
               Freudenberg Sealing
               130 Wasserstofftankstellen bis 2021
               IAA – Neuanfang sieht anders aus
               Brennstoffzellen punkten bei Langstrecken                                                        26              Hyundais BZ-Trucks könnten auch
                                                                                                                                bald in Deutschland fahren

     42 Entwicklung
               Refabrikation – die ultimative Kreislaufwirtschaft

     44 Weiterbildung
               Stralsund hat H2-Geschichte geschrieben
               Akzeptanz von P2X-Technologien bei Jugendlichen

     48 Aktienanalyse
     53 International
               Interview mit Randy MacEwen, Präsident von Ballard
               Briten rüsten sich für Wasserstoff

     61 Terminkalender
     62 Firmenverzeichnis
                                                                                                                53              Interview: Ballard baut führenden
                                                                                                                                BZ-Stack für Audi

     IMPRESSUM HZwei                                                  Design:                 Dipl.-Des. Andreas Wolter, Weimar                  Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln die Meinung der Autoren
                                                                      Satz:                   Dipl.-Des. Robert Müller, Berlin                   wider und entsprechen nicht unweigerlich der Meinung der Redaktion.

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     ISSN:                 1862-393X                                  Lektorat:               Dione Gutzmer, Berlin                              und dürfen nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Hydrogeit Verlages
     Jahrgang:             20. (2020) / Heft 1, Januar 2020                                                                                      vervielfältigt oder anderweitig veröffentlicht werden. Für unverlangt einge-
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     Redaktion. Mitarbeit:	Sven Geitmann, Sven Jösting,              Studenten:              50 % Ermäßigung                                    Titelbild: Der Nikola Tre soll Ende 2022 kommen.
                            Michael Nallinger                         Kündigung:              jederzeit möglich, 6 Wochen vor nächster Ausgabe   [Quelle: Nikola]

    HZwei 01 | JA NUA R 2020
DEN WASSERSTOFF ALS ENERGIESPEICHER - Ú DIE NFZ-BRANCHE ENTDECKT Ú POLITIK FORCIERT WASSERSTOFF
EDITORIAL

MEHR MITEINANDER
Liebe Leserinnen und Leser!

Trotz der aktuellen Welle der Begeisterung über die Potenti-    Skeptiker darstellen, die eigentlich
ale von Wasserstoff gibt es viele Diskussionen und auch viel    zwar Wasserstoff unterstützen, aber,
Unklarheit, was die Rolle von synthetischen Kraftstoffen        aber, aber ...
betrifft. Verfolgt man die aktuelle Debatte, bekommt man            Für einige scheint allein schon
mitunter den Eindruck, E-Fuels seien entweder ein weiterer      die Tatsache, dass sich der Mine-
Heilsbringer oder aber eine Ausgeburt des Bösen.                ralölwirtschaftsverband (MWV, s.
    Kurz gesagt geht es darum, dass mithilfe von Ökostrom       HZwei-Heft Okt. 2019) für E-Fuels
und Wasser per Elektrolyse auf nachhaltige Art sogenann-        ausspricht, auszureichen, um gegen
ter „grüner“ Wasserstoff hergestellt werden kann. Wird          diese Technologie zu sein. Klar, die
dieser verarbeitet, indem daraus beispielsweise mit dem         Mineralölwirtschaft bliebe dadurch
Kohlenstoffdioxid aus Biogasanlagen Methan gemacht              weiter am Zuge. „Die bewährte
wird, spricht man von Methanisierung. Es können daraus          deutsche Infrastruktur mit Raffinerien, Pipelines, Tankla-
aber auch andere gasförmige oder flüssige kohlenwasser-         gern und Tankstellen kann mit klimafreundlichen Kraft-
stoffhaltige Substanzen hergestellt werden – zum Beispiel       und Brennstoffzellen voll und ganz erhalten bleiben.“ So ist
Methanol oder synthetischer Kraftstoff (Power-to-Liquid,        es im Brennstoffspiegel, dem Magazin des UNITI-Bundes-
PtL), die dann wie bisher in Verbrennungskraftmaschinen         verbands mittelständischer Mineralölunternehmen, im No-
genutzt werden können.                                          vember 2019 nachzulesen.
    Genau hier liegt das Problem: Einige Akteure befürch-           Aber ist es wirklich ratsam, gegen etwas zu votieren, nur
ten, dass das Power-to-X-Verfahren genutzt wird, um das         weil andere es auch mögen?
positive Image von grünem Wasserstoff zu missbrauchen,              Voraussichtlich wird es – wie so oft – auf ein Sowohl-
damit noch möglichst lange ineffiziente Verbrennungsmo-         als-auch hinauslaufen. Wir werden um E-Fuels auf unse-
toren im Mobilitätssektor Verwendung finden. Die Vorteile       rem Weg in eine nachhaltigere Energiezukunft nicht her-
wären zwar, dass diese Kraftstoffe tatsächlich sauberer und     umkommen, zumindest nicht bei Nfz, Schiffen, Zügen und
nachhaltiger wären als Benzin und Diesel. Auch würde so
nicht zusätzliches CO2 in die Luft geblasen, sondern nur das
Kohlendioxid benutzt, das vorher ohnehin schon in der At-
                                                                Flugzeugen. Ob dies für blauen Wasserstoff ebenfalls gilt, ist
                                                                offen, da derzeit nicht erkennbar ist, dass diese Technologie
                                                                in Deutschland auf öffentliche Akzeptanz stoßen wird. Hier
                                                                                                                                   3
mosphäre weilte.                                                könnte es tatsächlich sinnvoll sein, vom jetzigen grauen di-
    Die Nachteile wären aber, dass weiterhin eine vergleichs-   rekt zum grünen Wasserstoff zu springen.
weise ineffiziente Technologie zum Einsatz käme und der             Eigentlich ist es doch ganz einfach: Dort, wo es geht, soll-
Wechsel auf elektrische Antriebe hinausgezögert würde.          te direkt Strom aus erneuerbaren Energien genutzt werden
Außer­dem würden weiterhin die Großkonzerne aus der             (z. B. Kurzstrecken, Lieferdienste). Für leistungsstärkere
Auto­mobil- und Mineralölwirtschaft „an der Macht“ blei-        und schwerere Fahrzeuge (größer als SUV) ergibt Wasser-
ben. Und der Individualverkehr könnte ebenfalls in unge-        stoff mehr Sinn. Ob die H2-Moleküle dann in reiner Form
bremster Form weiterwachsen.                                    oder als synthetische Kraftstoffe getankt werden, muss noch
    Klar ist inzwischen, dass eine komplette Elektrifizie-      geklärt werden. Wichtig ist zunächst einmal, dass wir jetzt
rung, die All-electric-World, nicht kommen wird, weil es        erneuerbare Energien zügig weiter ausbauen und zeitnah die
Wirtschaftszweige gibt, die weiterhin auf einen stofflichen     Elektrolyseurproduktion hochfahren.
Energieträger angewiesen sein werden. So sind Batterien nur         Wir werden hier in Deutschland ohnehin nur einen be-
eingeschränkt in Nutzfahrzeugen einsetzbar, weil aufgrund       grenzten Teil der riesigen Energiemenge, die in Industrie,
ihres Gewichts die Zuladung begrenzt wird. Überall dort,        Chemie, Mobilität und Wärmeversorgung benötigt wird,
wo große Energiemengen für lange Distanzen oder große           erzeugen können. Einen Großteil werden wir – wie bisher
Fahrzeuge benötigt werden, sind reine Stromspeicher im          auch – importieren müssen, in welcher Form und von wo
Nachteil. Somit kommen im Rahmen der voranschreitenden          auch immer.
Dekarbonisierung für den maritimen sowie den Luftfahrt-             Wie all dies jedoch konkret umgesetzt werden wird, müs-
sektor, aber auch für Nfz und Busse nur Wasserstoff und         sen die nächsten Monate erst noch zeigen.
synthetische Kraftstoffe in Frage.
    Aber selbst beim Wasserstoff ist heiß umstritten, ob dort
übergangsweise auch grauer und blauer oder nur grüner H2           Herzlichst
zum Einsatz kommen sollte. Grauer Wasserstoff wird aus
Erdgas hergestellt – blauer ebenfalls, aber mit nachfolgen-
der Sequestrierung von CO2 (Carbon Capture and Storage,
CCS) – grüner mithilfe von erneuerbaren Energien.
    Warum sich einzelne Akteure inzwischen für den einen           Sven Geitmann
oder den anderen Weg entschieden haben, ist nicht immer            HZwei-Herausgeber
nachzuvollziehen. Fakt ist aber, dass die unionsgeführten
Bundesministerien offen für Wasserstoff und PtL sind, das
SPD-geführte Bundesumweltministerium aber eher auf
Elektrifizierung setzt. Die Liberalen sind ähnlich offen wir
die Konservativen, während sich die Grünen als die großen
                                                                                                      HZwei 01 | JA NUA R 2020
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MELDUNGEN

                                                                          Quelle: Xiaohong Chen, CNRS/Université Grenoble Alpes
          KERSTIN ANDREAE LEITET BDEW
           Quelle: BDEW

                                          Seit Anfang November 2019
                                          ist Kerstin Andreae neue
                                          Hauptgeschäftsführerin des
                                          Bundesverbandes der Ener-
                                          gie- und Wasserwirtschaft
                                          e. V. (BDEW). Die Volks-
                                          wirtin war zuvor viele Jahre
                                          wirtschaftspolitische Spre-
                                          cherin der Grünen-Bundes-
                                          tagsfraktion, legte aber im
                                          Oktober 2019 ihr Bundes-
          tagsmandat nieder. Sie übernimmt den Job von dem Libe-
          ralen Stefan Kapferer, von dem bereits im Juni letzten Jahres   Abb. 1: Dehnbare Konstruktion
          bekannt wurde, dass er den Vorsitz der Geschäftsführung
          des Übertragungsnetzbetreibers 50Hertz übernehmen wird,         gehandelt. Es sei aber denkbar, dass zukünftig eine Ener-
          was dann auch im Dezember 2019 geschah.                         gieversorgung mithilfe von Körperflüssigkeiten (z. B. Laktat
              Wasserstoff gegenüber ist Andreae als Grünen-Mitglied       im Schweiß) dazu beitragen könnte, dauerhaft kleine Elek-
          überraschend positiv eingestellt. Sie erklärte: „Der Energie-   trogeräte für medizinische Zwecke oder zur Aufzeichnung
          träger Wasserstoff wird derzeit zu Recht als Allround-Talent    sportlicher Aktivitäten einsetzen zu können. Es sei den For-
          der Energieversorgung von morgen bezeichnet: Er ist bestens     schern bereits gelungen, dass ein LED-Lämpchen dauerhaft
          geeignet, um die Flexibilisierung des Energiesystems und die    leuchtet. Jetzt werde an einer Erhöhung der resultierenden
          Dekarbonisierung der Sektoren Verkehr, Wärme und In-            Spannung gearbeitet, hieß es. ||
          dustrie voranzutreiben.“ Die Bereitstellung von ausreichend
          grünem Gas betrachtet die Schrambergerin als ein europäi-
          sches Projekt, das die gesamte hiesige Wirtschaft voranbrin-
          gen kann, weshalb sie in diesem Bereich ausdrücklich den        LINDE STEIGT BEI ITM EIN
4         Dialog mit der Industrie noch verstärken möchte. ||
                                                                          Im Oktober 2019 ist der Gasehersteller Linde bei dem bri-
                                                                          tischen Elektrolyseurhersteller ITM Power eingestiegen.
                                                                          Insgesamt erwarb die Linde AG 95 Mio. neue ITM-Aktien
          FLEXIBLE, DEHNBARE BIO-BZ                                       für 45 Mio. Euro. Damit hält der ehemals deutsche Indust-
                                                                          riekonzern, der seine Zentrale nach der Fusion mit Praxair
          In einer internationalen Zusammenarbeit haben Wissen-           ins britische Guildford verlagerte, 20 Prozent an dem Shef-
          schaftler eine Art „Bio-Brennstoffzelle“ entwickelt, die di-    fielder Anlagenbauer. Neben dieser Beteiligung soll es auch
          rekt am Körper getragen und allein über Schweiß mit Energie     bald ein 50-50-Joint-Venture geben, das grünen Wasserstoff
          versorgt werden kann. Ende September 2019 präsentierten         für Industrieprojekte bereitstellen wird. Graham Cooley,
          französische Forscher des Départements de Chimie Molécu-        Geschäftsführer von ITM Power PLC, erklärte: „Die große
          laire (DCM), einer Forschungseinheit aus CNRS (National         strategische Investition von Linde zementiert eine fünfjähri-
          Center De La Recherche Scientifique) sowie der Université       ge Geschäftsbeziehung zwischen uns und bietet ITM Power
          Grenoble Alpes, gemeinsam mit US-amerikanischen Kolle-          einen weltweit führenden Partner mit umfassendem Know-
          gen von der UC (University of California) San Diego eine        how in den Bereichen Engineering, Beschaffung und Kon-
          neue flexible und dehnbare Konstruktion, die beispielsweise     struktion sowie einem globalen Kundenstamm. Das Joint
          portable Elektrogeräte mit Strom versorgen könnte.              Venture wird es uns ermöglichen, uns auf unsere Kernkom-
              Wie in der Fachzeitschrift Advanced Functional Mate-        petenz bei der Entwicklung und dem Vertrieb von Elektroly-
          rials berichtet wurde, habe es sich zunächst um Laborver-       seuren zu konzentrieren und mit Linde als Partner umwelt-
          suche mit Carbon-Nanotubes und kleinsten Biosensoren            freundlichen Wasserstoff in großem Maßstab zu liefern.“ ||

                                                                   MESSTECHNIK FÜR BRENNSTOFFZELLEN, ELEKTROLYSEURE
                                                                   UND BATTERIEN – VON DER ENTWICKLUNG BIS ZUR SERIE.

    Diagnostics for a long Lifetime and to reduce Costs                                                                                 Auch
                                                                   DiLiCo current density                                           verfügbar für
                                                                   Stromdichte- und Temperaturverteilungsmessung                   balticFuelCells
                                                                   Stromdichten bis ± 6 A/cm² • Temperaturen bis 175 °C
                                                                                                                                          qCf
                                                                   DiLiCo cell voltage
                                                                   Zellspannungsmessung für Speicher und Wandler
                                                                   Zellspannung bis 4,5 V • Messgenauigkeit bis ± 0,1 mV

          HZwei 01 | JA NUA R 2020

                                                                                                                                    www.dilico.de
DEN WASSERSTOFF ALS ENERGIESPEICHER - Ú DIE NFZ-BRANCHE ENTDECKT Ú POLITIK FORCIERT WASSERSTOFF
MELDUNGEN

ZUWACHS UND VERSTÄRKUNG                                      WRIGHTBUS FÄHRT WEITER
Quelle: CEP

                                                             Quelle: Au Morandarte [CC BY-SA 2.0]
Abb. 1: A. Steinau, J. Starr, S. Beck (v. l.)                Abb. 1: Roter H2-Wrightbus im Londoner Stadtverkehr

Auf der Jahrestagung der Clean Energy Partnership (CEP)      Der nordirische Bushersteller Wrightbus wurde im Oktober
hat sich Ende 2019 ein neues Führungstrio zusammenge-        2019 von der Bamford Bus Company (BBC) übernommen
funden. Der erst jüngst zum Vorsitzenden gewählte Jörg      und arbeitet jetzt unter der Leitung von Jo Bamford an der
Starr von Audi erhielt zwei Co-Chairs an seine Seite: Ste-   Brennstoffzellenintegration wie auch am Ausbau der H2-In-
fanie Beck von Toyota und André Steinau von GP Joule.       frastruktur. Der neue CEO Buta Atwal, der ebenso wie Bam-
Außerdem vergrößerte sich die branchenübergreifende In-     ford von dem britischen Landmaschinenhersteller J.C. Bam-
dustrieinitiative um zwei neue Mitglieder: Mit EWE und       ford Excavators Limited (JCB) kommt, erklärte: „Mit der
GP Joule traten sowohl ein Energieversorger als auch ein     jüngsten Ankündigung einer neuen nationalen Busstrategie
Dienstleister der CEP bei, der damit jetzt fünfzehn Insti-   der Regierung im Jahr 2020, bei der die Dekarbonisierung
tutionen angehören. Starr nutzte die Tagung zudem, um        eine Schlüsselrolle spielen wird, treten wir in eine aufregen-
dem Firmenzusammenschluss eine Frischzellenkur zu ver-       de Phase ein. Wrightbus hat die Möglichkeit, den Weg zu
ordnen, damit die H 2- und BZ-Thematik zukünftig mit et-     weisen, den wir mit unserer Erfolgsgeschichte bei der Her-
was mehr Schwung und Elan in die Öffentlichkeit getragen     stellung von modernen, emissionsfreien Wasserstoffbussen
werden kann. ||                                              sowie Elektro- und Hybridmodellen eingeschlagen haben.“ ||
                                                                                                                              5
DEN WASSERSTOFF ALS ENERGIESPEICHER - Ú DIE NFZ-BRANCHE ENTDECKT Ú POLITIK FORCIERT WASSERSTOFF
ME SSEN & KONGRE SSE

    Thema: Messen & Kongresse       Autor: Sven Geitmann

    F-CELL ZIEHT ZAHLREICHE ZULIEFERER AN
    Hahn-Schickard-Institut gewinnt zum zweiten Mal f-cell award

    Am 10. und 11. September 2019 hat in Stuttgart zum 19.
    Mal die f-cell stattgefunden, und wie man unzweifelhaft
    feststellen konnte, hat sich die Veranstaltung im Laufe
    der Jahre grundlegend verändert. Nach der zwischen-
    zeitlichen Fokussierung auf die Messe steht jetzt wie-
    der das Symposium mehr im Mittelpunkt. Die zentrale
    Funktion, die dieser Herbst-Event für die internationale
    Wasserstoff- und Brennstoffzellenbranche einnimmt, ist
    allerdings das Networking, was in diesem Jahr besonders
    deutlich wurde.

    Jahrelang galten Veranstaltungen wie die f-cell oder auch
    die Hannover Messe als sogenannte Nabelschauen, bei de-
    nen Wissenschaft und Wirtschaft zeigten, was sie entwickelt
    hatten, um sich dann gegenseitig auf die Schulter zu klopfen.
    Dieses Mal waren im Haus der Wirtschaft weniger von den
    altbekannten Akteuren erschienen, aber dafür mehr New­
    comer. Während einige Gesichter, die über viele Jahre regel-
    mäßig in die baden-württembergische Hauptstadt gekom-
    men waren, fehlten, konnte Organisator Peter Sauber umso

6   mehr neue Gesichter begrüßen.
        Insbesondere aus dem Zuliefersektor waren bislang teils
    noch unbekannte Firmen angereist, um sich über die Was-
    serstoff- und Brennstoffzellentechnik zu informieren, aber
    auch, um sich der Community vorzustellen und um ihre
    Produkte beziehungsweise Dienstleistungen anzubieten (40
    Aussteller). Das umfassende Angebot an Matchmaking-Ge-
    sprächen, Workshops und Thementischen bot passend dazu
    mannigfaltige Möglichkeiten zur Kontaktaufnahme und                               Abb. 1: H2-Wettfahrt sorgt für Öffentlichkeit
    Geschäftsanbahnung.
        Die Konferenz, zu der an beiden Tagen jeweils rund 250                        tag hatte Jürgen Pfeiffer zu seinem Polit-Talk in die Kö-
    Teilnehmer erschienen, hatte insbesondere am zweiten Tag                          nig-Karl-Halle eingeladen (s. Abb. 2), so dass diese am
    interessante Vorträge zu bieten. Unter anderem berichtete                         Abend bei der Aufzeichnung der Podiumsdiskussion gut
    Bill Johnston, der Minister von Westaustralien für Minen                          gefüllt war – vorrangig mit technikinteressierten Herren
    und Erdöl, von H2-Aktivitäten in Down Under, und Dr. Af-                          reiferen Alters. Inhaltlich ging es um die politischen Rah-
    kenel Schipstra über die Pläne im frisch von der EU gekürten                      menbedingungen, aber auch um die wirtschaftliche Aus-
    Hydrogen Valley in den Niederlanden.                                              richtung von Unternehmen der Automobilbranche wie bei-
        Das Rahmenprogramm war in diesem Jahr um zwei                                 spielsweise Audi und ElringKlinger.
    Highlights erweitert worden: Am Veranstaltungsvor-
                                                                                      FÜNFTE    24-HOUR HYDROGEN CHALLENGE Passend
                                                                                      dazu waren tagsüber insgesamt vier Teams im Rahmen
                                                                                      einer 24-stündigen Wettfahrt mit Brennstoffzellenautos
                                                                                      (Hydrogen Challenge) aufgebrochen, um innerhalb eines
        InternatIonal                                           ne w
                                                                                      Tages möglichst viele Kilometer zu fahren beziehungs-
        newsletter                                         G et y o
                                                             disco
                                                                  ur e a
                                                                         r ly bir
                                                                   unt a n
                                                                             d
                                                                                  d
                                                                                      weise möglichst viele H 2 -Stationen aufzusuchen (insg.
                                                                                      39 Betankungen). Aufgrund der Koinzidenz mit anderen
                                                              s ave
         about Hydrogen and Fuel Cells                              25 %              Veranstaltungen stand leider nur eine begrenzte Anzahl
                                                                                      an BZ-Fahrzeugen zur Verfügung. Das fünfte Auto im
                                                                                      Rennen war der Hesla von Max Holthausen, der mit seiner

                                                                                       „Wir brauchen die Brennstoffzelle und die Brennstoffzel-
                                                                                        le braucht uns. – We need the fuel cell and the fuel cell
                                                                                        needs us.”
         www.h2-international.com
                                                                                          Franz Untersteller, Umweltminister Baden-Württemberg

    HZwei 01 | JA NUA R 2020
DEN WASSERSTOFF ALS ENERGIESPEICHER - Ú DIE NFZ-BRANCHE ENTDECKT Ú POLITIK FORCIERT WASSERSTOFF
ME SSEN & KONGRE SSE

                                                                 richtung vorgegeben, zukünftig auf der Weltleitmesse für
                                                                 Windkraft beiden Technologien eine gemeinsame Plattform
                                                                 zu bieten.
                                                                     Vom 22. bis 25. September 2020 soll nicht nur die ge-
                                                                 samte Wertschöpfungskette der Windenergie abgebildet,
                                                                 sondern als neues Schwerpunktthema auch Speichertech-
                                                                 nologie präsentiert werden. Bislang gab es während der alle
                                                                 zwei Jahre in der Hansestadt abgehaltenen Messe die so ge-
                                                                 nannte „Storage-Tour“, bei der Besucher zu weit über alle
                                                                 Hallen verteilten Ausstellern von Speicherlösungen geleitet
                                                                 wurden. Dieses Konzept soll nun ergänzt werden, erklärte
                                                                 Katja Löwe, Projektleiterin WindEnergy Hamburg, gegen-
                                                                 über HZwei.
                                                                     Statt aber an frühere Veranstaltungen mit der ­H2Expo
                                                                 anzuknüpfen, setzt die Projektmanagerin 2020 voll auf
Abb. 2: Diskussion mit Politik und Wirtschaft                    Networking und Internationalisierung. Speziell für Start-
                                                                 ups soll ein H2Insights-Areal zur Verfügung gestellt wer-
Mannschaft außerhalb der Wertung als Fuchs versuchen             den, auf dem mit wenig Aufwand möglichst viele Kontakte
musste, die anderen Teams einzuholen. Zwischenzeitlich           geknüpft werden können. Zudem soll die Power4Clima-
beschleunigte Holthausen seinen eigenhändig auf Was-             te-Bühne Raum für Ideenaustausch mit Experten über
serstoff betrieb umgebauten Tesla bei der Einholjagd auf         zukunftssichere Lösungen bieten. Die Messegesellschaft
245 Stundenkilometer.                                            will sich mit einer neuen Strategie bewusst von Mitbe-
    Gewinner der Klassik-Wertung (u. a. gefahrene Kilome-        werbern und Partnern in Hannover oder Husum absetzen
ter) wurden die HYghlanders. In der Creativ-Kategorie (bes-      und auf diese Weise Hamburg als zentralen Standort für
ter Beitrag) siegte Weiter-mit-Wasserstoff. Dieses Team – be-    Wind-Wasserstoff etablieren. Bernd Aufderheide, Vorsit-
stehend aus Mitgliedern der H2BZ-Initiative Hessen – fuhr        zender der Geschäftsführung Hamburg Messe und Con-
in seinem Toyota Mirai auch den Gesamtsieg ein.                  gress, erklärte: „Wir verbinden hier die Akteure der Wind-
    Alle Fahrer zeigten sich nach der Wettfahrt euphori-         stromproduktion mit den Spezialisten für Elektrifizierung,
siert und zufrieden, da alle von tollen Erlebnissen zu be-       die Umwandlung erneuerbarer Energie in Wasserstoff und
richten hatten. Potentielle Ziele waren in ganz Deutschland
und darüber hinaus verteilt, von Berlin bis runter nach
Zagreb und Bratislava. Die tatsächlichen Fahrstrecken
                                                                 H 2-Anwendungen.“ ||
                                                                                                                                     7
beschränkten sich allerdings auf Mittel- und Süddeutsch-
land zwischen Koblenz und München beziehungsweise auf
den Norden der Schweiz und Österreichs, wo ein Team am
Himmelsjoch mitten im September bei Minustemperatu-
                                                                      h2herten
                                                                                  Wasserstoff-Kompetenz-Zentrum
ren durch Schnee fuhr.

AUSZEICHNUNGEN FÜR FAHRER UND ENTWICKLER Die
Abendveranstaltung fand mal wieder in den Stuttgarter
Wagenhallen statt, wo sowohl die Wettfahrer als auch die
award-Gewinner ausgezeichnet wurden. Der f-cell award
in der Kategorie Forschung und Entwicklung ging – mal
wieder – an das Hahn-Schickard-Institut nach Freiburg.
Das junge Team hatte ein neues Beschichtungsverfahren
mit Nanopartikeln und -fasern entwickelt, wodurch teures
Iridiumoxid (IrOx), das bei Elektrolyseuren als Katalysa-
tormaterial benötigt wird, bei gleicher Leistung eingespart
werden kann.
    Den Preis in der Kategorie Produkte und Märkte über-
reichte der baden-württembergische Umweltminister Franz
Untersteller an Vertreter von Alstom für deren BZ-Zug Co-
radia iLint.
    2020 findet die f-cell vom 29. bis 30. September in Stutt-
gart statt und feiert ihr zwanzigstes Jubiläum. ||                 ANWENDERZENTRUM                                       Kontakt:
                                                                                                                         info@h2herten.de

                                                                   H 2 HERTEN                                            www.h2herten.de

WASSERSTOFF UND WINDENERGY                                         • Erstes Technologiezentrum für Firmen der
                                                                     Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik
Wo lässt sich wohl am besten demonstrieren, wie zukünftig
                                                                   • Büroräume und Technika
die Wasserstoff- und Windkrafttechnik zusammenwachsen
können? Dafür prädestiniert ist ganz sicher Norddeutsch-           • Integrierte Wasserstoffversorgung
land (s. S. 12). Deswegen hat jetzt die Hamburg Messe und          • H2-basiertes Energiekomplementärsystem
Congress GmbH mit ihrer WindEnergy die klare Marsch-               • Meetingräume inkl. Präsentationstechnik
DEN WASSERSTOFF ALS ENERGIESPEICHER - Ú DIE NFZ-BRANCHE ENTDECKT Ú POLITIK FORCIERT WASSERSTOFF
HAUSENERGIE

    Thema: Hausenergie   Autor: Sven Geitmann

    UNBEKANNT UND TEUER
    Hausbesitzer sind verunsichert

                                                                                       als beim Kauf einer konventionellen
    Quelle: Remeha

                                                                                       Brennwerttherme.
                                                                                           Wo sich BZ-Heizgeräte auf jeden Fall
                                                                                       lohnten, sei das Luxussegment, so Ste-
                                                                                       fan Thiel, Vertriebsleiter für Deutsch-
                                                                                       land bei Buderus Thermotechnik. So
                                                                                       amortisiere sich eine Brennstoffzellen-
                                                                                       anlage ohne Spitzenlastkessel, aber an-
                                                                                       geschlossen an einen wassergeführten
                                                                                       Kaminofen im gehobenen Einfamili-
                                                                                       enhausbereich vergleichsweise schnell,
                                                                                       insbesondere wenn dort auch ein
                                                                                       Elektro­auto zum Aufladen bereitstehe.
                                                                                       Allerdings sei dies kein Massenmarkt,
                                                                                       räumte Thiel unumwunden ein.

                                                                                       BEKANNTHEITSGRAD MUSS GE-
                                                                                       STEIGERT WERDEN Die anwesenden
                                                                                       Branchenvertreter zeigten volles Ver-
                                                                                       ständnis dafür, dass viele Hausbesitzer

8                                                                                      mit mittlerem Einkommen angesichts
                                                                                       der bislang vorhandenen markanten
                                                                                       Kostenunterschiede dann meist doch
                                                                                       keine Brennstoffzelle erwerben. Eine
                                                                                       Idee, wie dieses Dilemma beseitigt wer-
    Abb. 1: Kommt im Frühjahr 2020 – die eLecta 300                                    den könnte, hatte jedoch niemand pa-
                                                                                       rat. Deswegen rankte sich alles um die
                                                                                       Frage, wie denn die Produktionszahlen
    Nach der Gasbranche setzt jetzt auch die Heizungsbranche immer stärker auf         hochgeschraubt werden könnten, um
    Wasserstoff. Obwohl die absoluten Verkaufszahlen von Brennstoffzellenheiz-         über Serienfertigung die Kosten in den
    geräten immer noch niedrig sind, kann doch ein deutlicher Wachstumstrend           Griff zu bekommen.
    verzeichnet werden. So stieg die Anzahl der Förderanträge 2019 um 30 Prozent           Immerhin bemühen sich zumin-
    gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Dies macht zumindest den Mitgliedern der          dest diejenigen Unternehmen, die ak-
    Initiative Brennstoffzelle (IBZ) Hoffnung, dass in den nächsten Jahren ein rich-   tuell BZ-Heizgeräte im Angebot haben,
    tiger Markt entstehen könnte. Von einer Wende im Wärmesektor kann hier aller-      um die Weiterbildung der Handwerker.
    dings noch lange nicht gesprochen werden.                                          Es zeigte sich allerdings, dass nur rund
                                                                                       20 Prozent der Installationsbetriebe
    Einmal im Jahr treffen sich Vertreter der IBZ, um sich gegenseitig auf den aktu-   als sogenannte Innovatoren bezeichnet
    ellen Stand beim Thema Brennstoffzellentechnik zu bringen. Und alle Jahre wie-     werden können und aus Eigeninteresse
    der wird konstatiert, dass die absoluten Verkaufszahlen immer noch niedrig sind,   versuchen, stets neue Technologien an
    dass die Öffentlichkeitsarbeit optimierbar ist, dass der bürokratische Aufwand
    für den Erhalt von Fördergeldern immens hoch ist und dass die Installateure bes-
    ser eingebunden werden müssen.
        So war es auch am 29. Oktober 2019, als sich rund 70 Branchenvertreter in
    Frankfurt am Main versammelten und feststellten, dass „die Brennstoffzellenhei-
    zung den Einstieg ins Wasserstoffzeitalter für jedermann“ ermöglichen könnte.
    Damit dies aber tatsächlich geschehen kann, müssen sich zunächst noch einige
    Voraussetzungen ändern, und genau daran hakt es aktuell. Denn auch bei der
    IBZ weiß niemand so recht, welcher denn der goldene Weg sein könnte, um in
    Deutschland ähnlich hohe Absatzzahlen wie in Japan erzielen zu können.
        Seit mittlerweile mehr als zwanzig Jahren wird in der Bundesrepublik an sta-
    tionären Brennstoffzellensystemen geforscht und entwickelt. Und immerhin gibt
    es hierzulande dank guter Förderbedingungen auch inzwischen einen Markt, der
    wächst – wenn auch langsam. Durchschnittlich wird die Installation eines Brenn-
    stoffzellenaggregats in Deutschland mit rund 11.000 Euro gefördert, aber trotz-
    dem ist der vom Kunden selbst aufzubringende Preis immer noch fünfmal höher        Abb. 2: Dr. Frank Voßloh

    HZwei 01 | JA NUA R 2020
DEN WASSERSTOFF ALS ENERGIESPEICHER - Ú DIE NFZ-BRANCHE ENTDECKT Ú POLITIK FORCIERT WASSERSTOFF
HAUSENERGIE

      die Kunden zu bringen. Die Aus- und Weiterbildung wurde nach einhelliger Mei-                       rung im Herbst 2019 aufgelegte Klima-
      nung nach wie vor als elementar wichtig bewertet. Da dies aber insgesamt mit                        paket, in dessen Rahmen angekündigt
      relativ viel Aufwand verbunden sei, den sich kaum einer antue, seien „die Hand-                     wurde, Maßnahmen zur CO2-Reduzie-
      werker aktuell das Bottleneck“, so Dr. Karsten McGovern, Leiter der Hessischen                      rung in Gebäuden könnten gefördert
      LandesEnergieAgentur.                                                                               werden. Infolge dieser Aussicht auf
          Vonseiten der Hausbesitzer ist auch nicht mit schlagartig zunehmendem Be-                       staatliche Zuschüsse habe es Auftrags-
      darf zu rechnen, da dort nach wie vor ein großes Informationsdefizit herrscht.                      stornierungen gegeben, weil zahlreiche
      Brennstoffzellen stehen immer noch für diejenige Technologie, die seit Ewigkeiten                   Konsumenten ihre bereits geplanten
      entwickelt wird und die immer erst in zehn Jahren kommt. Gleichzeitig wissen die                    Sanierungsmaßnahmen          verschoben
      wenigsten, wie diese Technik genau funktioniert. Hier müsse somit viel Aufklä-                      hätten. Helmut Bramann, Hauptge-
      rungsarbeit geleistet werden, konstatierten zum wiederholten Male die IBZ-Spre-                     schäftsführer des ZVSHK (Zentralver-
      cher Timm Kehler und Andreas Lücke, ohne jedoch konkrete Maßnahmen vor-                             band Sanitär Heizung Klima), sagte
      zustellen. Dr. Timm Kehler, Vorstand der Brancheninitiative Zukunft Erdgas,                         gegenüber der Zeitung Welt: „Die von
      stellte ernüchtert fest: „BZ-Heizgeräte sind schlichtweg zu wenig bekannt.“ Auch                    den Eigenheimbesitzern zurückge-
      Alexander Dauensteiner, der nach 17 Jahren Firmenzugehörigkeit bei Vaillant                         nommenen Aufträge summieren sich
      im Herbst 2019 zum Konkurrenten Viessmann wechselte, konstatierte, es fehle                         nach unserer Schätzung bereits jetzt
      schlichtweg ein entsprechendes Marketing.                                                           auf einen dreistelligen Millionenwert.“

                                                                                                          BEGRENZTES ANGEBOT Die Anzahl
        ELECTA 300 VON REMEHA                                                                             der 2019 neu installierten Brennstoff-
        Das neue Brennstoffzellenheizgerät von Remeha, Tochterunternehmen der                             zellenheizgeräte lag in Deutschland bei
        BDR Thermea Group, ist für Eigenheime konzipiert. Der niederländische                             etwa 3.400 Stück und damit um 30 Pro-
        Heizungsbauer setzt dabei auf eine Polymer-Elektrolyt-Membran-Brenn-                              zent höher als im Vorjahr. Insgesamt
        stoffzelle (PEM), die eine elektrische Leistung von 750 W und eine thermi-                        wurden seit Beginn des KfW-Förder-
        sche Leistung von 1.100 W liefert (Gesamtwirkungsgrad: 95 Prozent, s. Abb.                        programms 433 „Zuschuss Brennstoff-
        1). Zunächst wird die eLecta 300 im Rahmen eines Feldtests im deutschen                           zelle“ im Sommer 2016 bis September
        Markt erprobt und soll dann ab dem Frühjahr 2020 erhältlich sein. Jürgen                          2019 rund 9.000 Förderanträge bewil-
        Jahn, Leiter Produktmanagement, bestätigte: „Die ist plug-&-play-fähig – ein                      ligt. In Japan standen 2018 während-
        fertiges System. Nächstes Jahr steht sie in der Preisliste.“                                      dessen 270.000 Geräte (Ziel für 2020:

      Dennoch zeigten sich die Vertreter der IBZ-Mitgliedsunternehmen von den Vor-
                                                                                                          1,4 Mio.; s. auch Fuel Cell Review 2019
                                                                                                          S. 54). Angesichts der Tatsache, dass
                                                                                                          mit Viessmann, SolidPower und Bude-
                                                                                                                                                    9
      teilen der BZ-Technologie absolut überzeugt. Es wurde aber auch deutlich, dass                      rus bislang nur drei Anbieter auf dem
      hier immer noch über eine Nische gesprochen werden muss, angesichts von ins-                        hiesigen Markt vertreten waren, mag
      gesamt 21 Mio. Haushalten, die in Deutschland über Heizungssysteme verfügen.                        diese vergleichsweise niedrige Zahl
      Die Bedeutung, die Brennstoffzellen für diese Unternehmen haben, darf somit                         verständlich sein. Hoffnung macht
      weiterhin als klein bezeichnet werden, was unweigerlich auch für ihren Stellen-                     indes, dass Remeha im Frühjahr 2019
      wert innerhalb der gesamten Energieversorgung gilt.                                                 auf der Branchenmesse ISH ein neues
          Dr. Frank Voßloh, Geschäftsführer der Viessmann Deutschland GmbH, er-                           System von Senertec präsentiert hat
      klärte zwar, er sei ein „Fan der Brennstoffzelle“. Dies genüge allerdings nicht, da                 (s. Kasten), das seit Oktober verfügbar
      die aktuelle Verunsicherung der Verbraucher dazu führe, dass zahlreiche Reser-                      sein soll. Die IBZ stellte weiterhin in
      vierungen zurückgezogen werden. Die Ursache dafür sei das von der Bundesregie-                      Aussicht, dass mit Freudenberg >>

10.– 13. 03. 2020 | Dienstag–Freitag

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DEN WASSERSTOFF ALS ENERGIESPEICHER - Ú DIE NFZ-BRANCHE ENTDECKT Ú POLITIK FORCIERT WASSERSTOFF
HAUSENERGIE

     (2020) und Sunfire (Anfang 2020) zwei weitere Player hinzukommen könnten,               werden wir als Vaillant bereitstehen.“
     auch wenn es vonseiten Freudenbergs hieß, man habe „die Aktivitäten von E     ­ lcore   Wenn Leeds in 15 Jahren 3,7 Mio. Ge-
     rund um die Brennstoffzellenheizgeräte für den Hausgebrauch eingestellt“ (s.            räte für reinen Wasserstoff haben will,
     Möhlenkamp-Interview S. 34).                                                            „müssen wir liefern“, so seine Zusage.
          Ob und wann Vaillant wieder in die Brennstoffzellentechnik einsteigt, blieb        Timm Kehler sagte dazu: „Die Brenn-
     indes offen. Dr. Tillmann von Schroeter, Geschäftsführer der Deutschland-Spar-          stoffzellenheizung hat damit das Po-
     te, stellte lediglich in Aussicht, dass der Trend zu größeren Leistungen für BZ-Ge-     tenzial, zum Game-Changer der Wär-
     räte im Dauerbetrieb gehe. Er visiere flexible, dezentrale Lösungen an, da „sich        mewende zu werden. Sie ermöglicht
     nicht jeder selbst versorgen“ müsse.                                                    den Einstieg in das Wasserstoffzeitalter
                                                                                             für jedermann.“ ||
     GASNETZE MIT 100 PROZENT WASSERSTOFF Interessant zu beobachten ist in-
     dessen die Entwicklung im Gassektor. Während Stand heute davon ausgegangen
     wird, dass das Gasnetz zehn Volumenprozent Wasserstoff bedenkenlos aufneh-
     men kann, wird aktuell darüber diskutiert, wie schnell dieser Anteil angehoben           H2-BHKW
     werden kann. So könnte die nächste Anlagengeneration bereits für 30 Prozent              Im     Rahmen      des     Wasser-
     ausgelegt sein. Und es gibt Stimmen, die sagen: „Alle neuen Gasheizgeräte sollen         stoff-Dorfes, das derzeit in Sach-
     ab 2023/24 ‚ready‘ sein für 100 Prozent Wasserstoff.“                                    sen-Anhalt aufgebaut wird, befin-
         Produkte wie der wasserstoffbetriebene Heizkessel von Remeha (s. HZwei-              det sich auch in Deutschland ein
     Heft Okt. 2019), der derzeit in den Niederlanden in einem Pilotprojekt erprobt           Wasserstoff-BHKW im Test. Im
     wird, könnten dann beispielsweise in Form von Insellösungen über reine H2-Net-           Rahmen der HYPOS-Projekte H2-
     ze, die abgetrennt vom Erdgasnetz sind, mit grünem Gas versorgt werden und               Home und H2-Netz (s. HZwei-Heft
     eine nachhaltige Energieversorgung gewährleisten. Eva Hennig von Eurogas be-             Jul. 2019) auf dem Testgelände der
     richtete von Versuchen in Großbritannien, bei denen Geräte erfolgreich mit bis zu        Mitteldeutschen Netzgesellschaft
     80 Prozent Wasserstoff betrieben wurden. Sie räumte lediglich ein: „Man hat halt         Gas mbH im Chemiepark Bitter-
     die Flamme nicht gesehen.“ Der Feldversuch in Leeds (s. H21-Projekt – HZwei-             feld-Wolfen wird sowohl dessen
     Heft Jul. 2018) sei zwar immer noch im Planungsstadium, aber sie zeigte sich zu-         Betrieb als auch dessen Anschluss
     versichtlich, dass „wir ein H2-Gerät bekommen werden“.                                   ans Gasnetz untersucht. Details
         Frank Voßloh gab jedoch zu bedenken, dass dessen Entwicklung mindestens              dazu lesen Sie im HZwei-April-
     fünf Jahre benötige. Tillmann von Schroeter erklärte daraufhin: „Wir werden              Heft 2020.

10   an Netzabschnitten mit 100 Prozent Wasserstoff nicht vorbeikommen, und da

                                                                                                 10.–12. März 2020
                                                                                                         Düsseldorf

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HAUSENERGIE

WASSERSTOFF-BHKW FÜR DUBAI
Wasserstoffbetriebene Verbrennungsmotoren schienen tot,

                                                                 Quelle: 2G
nachdem BMW vor Jahren seine Entwicklungsarbeiten an
H2-Hubkolbenmaschinen eingestellt hatte. Im Pkw-Bereich
gilt dies auch nach wie vor, nicht aber für Nutzfahrzeuge oder
stationäre Anlagen. Im Bereich großer Blockheizkraftwerke
arbeitet die 2G Energy AG seit langem daran, ihre Gasmo-
toren auch für Wasserstoff kompatibel zu machen. Wie weit
diese Entwicklung mittlerweile fortgeschritten ist, wird in
Haßfurt demonstriert, wo von der Siemens AG im Juli 2019
der Auftrag kam, solch eine Kraft-Wärme-Kopplungs-Anla-
ge (KWK-Anlage) in Dubai aufzubauen.
    Im Rahmen eines Pilotprojekts auf der arabischen Halb-
insel soll Sonnenergie aus einem der weltweit größten Solar-
parks in Form von Wasserstoff zwischengespeichert werden.        Abb. 1: Ein wasserstoffbetriebener agenitor 406 SG – ein ver-
Den Elektrolyseur zur H2-Herstellung stellt Siemens. 2G lie-     gleichbares Modell mit zwölf Zylindern steht jetzt in Dubai
ferte seinen agenitor 412 (280 kWel) bereits aus, damit dieser
bei Bedarf den grünen Wasserstoff rückverstromen kann.           inzwischen erteilt. Christian Grotholt, CEO und Gründer
Das Projekt soll demonstrieren, wie Solarenergie in großer       von 2G Energy, erklärte dazu: „Wir verzeichnen ein reges
Dimension erzeugt, gespeichert und für andere Anwendun-          und breites Interesse an unserer Wasserstoffkompetenz und
gen nutzbar gemacht werden kann. Der Solarpark soll Mitte        sind daher optimistisch, unsere technologische Führerschaft
2020 fertig sein (Gesamtleistung: 800 MW) und das H2-BH-         weiter ausbauen zu können.“
KW in Kürze in Betrieb gehen.                                        Nach Angaben von Frank Grewe, dem Entwicklungs-
    In Haßfurt haben Siemens und 2G bereits gezeigt, wie         leiter des Unternehmens aus Heek (NRW), werden bei der
solch eine Anlage in kleinerer Dimension (120 kWel) aus-         Stromerzeugung in einem Kohlekraftwerk ohne Kraft-Wär-
sehen kann. Das Wasserstoff-Blockheizkraftwerk bei den           me-Kopplung 1.150 gCO2 pro Kilowattstunde ausgestoßen.
dortigen Stadtwerken ging Ende Juni 2019 in Betrieb. Ein         Ein Erdgas-BHKW emittiert demgegenüber 350 gCO2 pro Ki-
nächster Auftrag für eine weitere Anlage in Deutschland ist      lowattstunde – ein H2-BHKW 0 gCO2 . ||
                                                                                                                                    11

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POLITIK

     Thema: Politik   Autor: Sven Geitmann

     GRÜNE WASSERSTOFFWIRTSCHAFT BIS 2035
     Länder, Bund und EU – plötzlich fordern alle H2-Strategien

     Im vergangenen Jahr hat auf politischer Ebene ein Umdenkprozess stattgefun-           regionale und später auch eine überre-
     den. Auch wenn die Energiewende immer noch nicht merklich weiter vorange-             gionale Grundversorgung mit grünem
     kommen ist, gibt es inzwischen zumindest eine Vision davon, wie eine zukünf-          Wasserstoff ermöglichen sollen.
     tige Energieversorgung aussehen könnte. Immer deutlicher wird dabei, dass                 Schleswig-Holstein legte passend
     Wasserstoff darin eine wichtige Rolle spielen wird. Nachdem es allerdings jah-        dazu Anfang Oktober 2019 eine Studie
     relang überhaupt kein Konzept zur Einführung der H2-Technologie gab, kün-             über die Potenziale der H2-Wirtschaft
     digten 2019 gleich mehrere Bundesländer und Regionen eigene Wasserstoffstra-          im Kreis Nordfriesland vor. Projektleiter
     tegien an. Thorsten Herbert von der NOW sah sich daher während der f-cell im          Jürgen Meereis erklärte: „Zum Beispiel
     September 2019 genötigt zu betonen, dass man „bis Ende des Jahres eine Strate-        könnten alle Abfallsammelfahrzeuge in
     gie“ haben werde, die die regionalen Aktivitäten bündele und in deren Konzepti-       Schleswig-Holstein mit Elektrolysewas-
     onierung die NOW mit involviert sei.                                                  serstoff aus dem Strom von etwa einem
                                                                                           Drittel der Windenergieanlagen betrie-
     Die meiste Vorarbeit bei der Konzeptionierung dürften bislang die fünf Bundes-        ben werden, die im Jahr 2020 aus der
     länder Bremen, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schles-             EEG-Förderung fallen.“ Die Studie emp-
     wig-Holstein geleistet haben. Seit November 2018 arbeiteten sie im Auftrag der je-    fiehlt beispielsweise den Kommunen und
     weiligen Wirtschafts- und Verkehrsminister beziehungsweise -senatoren an der          dem Fuhrpark der Bundeswehr, sich um
     Norddeutschen Wasserstoffstrategie, die mittlerweile bei der Konferenz der Küsten-,   Fördermittel für wasserstoffbetriebene
     Wirtschafts- und Verkehrsminister in Lübeck am 7. November 2019 vorgelegt wurde.      Lkw oder Abfallsammelfahrzeuge (s. S.
        Diese basiert auf einem Eckpunktepapier, an dessen Erarbeitung sich lände-         26 bis 30) zu bemühen, um die Praxis-
     rübergreifend mehrere Arbeitsgruppen mit mehr als 200 Institutionen per Fra-          tauglichkeit der Fahrzeuge unter Beweis

12   gebogen sowie in Workshops beteiligt hatten. Die Strategie sieht vor, in Nord-
     deutschland bis zum Jahr 2025 mindestens 500 Megawatt und bis 2030 mindestens
     fünf Gigawatt Elektrolyseleistung aufzubauen. Um dieses Ziel erreichen zu kön-
                                                                                           zu stellen. Mitte November schaffte es
                                                                                           das Thema auch in den Landtag, wo die
                                                                                           Koalitionsfraktionen die Landesregie-
     nen, sind konkrete Maßnahmen geplant, so wie beispielsweise eine gemeinsam            rung dazu aufriefen, den Aufbau einer
     in ganz Norddeutschland veranstaltete „Woche des Wasserstoffs“ im Sommer              Wasserstoffwirtschaft auf Basis erneuer-
     2020. Außerdem sollen H2-Hubs initiiert werden, die schrittweise zunächst eine        barer Energien konkret anzugehen.

     Abb. 1: Günther (l.) und Westhagemann
     während des H2-Symposiums in Hamburg

     HZwei 01 | JA NUA R 2020
POLITIK

                                                                                        im Jahr 2020 rund 40 Mio. Euro inves-
 „In Norddeutschland wird bis zum Jahr 2035 eine grüne Wasserstoffwirt-                 tieren. Im September 2019 verkündete
  schaft aufgebaut, um eine na-hezu vollständige Versorgung aller an grünem             nun auch sein Kollege, Landeswissen-
  Wasserstoff interessierten Abnehmer zu ermöglichen.“                                  schaftsminister Björn Thümler, eine
                                           Norddeutsche Wasserstoffstrategie            neue H2-Initative ins Leben zu rufen.
                                                                                        Dieses Engagement überrascht jedoch
 „Mit Wasserstoff können wir sehr viel mehr Wertschöpfung in den Norden be-             insofern, als es in dem nordwestlichen
  kommen.“                                                                              Bundesland bereits vor etlichen Jah-
                          Daniel Günther, Ministerpräsident Schleswig-Holstein          ren zahlreiche Aktivitäten im H2- und
                                                                                        BZ-Sektor gab, die jedoch 2015 einge-
 „Gemeinsam wollen wir nun den Prozess des Aufbaus einer Wasserstoffwirt-               stellt worden waren. 2004 war zunächst
  schaft starten. Den notwendigen Rückenwind dazu muss der Bund beisteuern.             eine Landesinitiative Brennstoffzelle
  Deshalb werden wir mit diesem Strategiepapier zeitnah auf die Bundesregie-            Niedersachsen gegründet worden, die
  rung zugehen, unsere Entschlossenheit hier in Norddeutschland verdeutli-              2009 um das Thema Batterie und 2010
  chen und den Bund auffordern, zügig die Weichen in Richtung Zukunft – in              um Elektromobilität (Landesinitiati-
  Richtung Wasserstoff zu stellen.“                                                     ve Brennstoffzelle & Elektromobilität
                                                       Michael Westhagemann,            Niedersachsen) erweitert wurde. Die
                                    Wirtschafts- und Verkehrssenator Hamburg            Arbeiten der daraus entstandenen Lan-
                                                                                        desinitiative Energiespeicher und -sys-
 „Unser Ziel der vollständigen Versorgung aller interessierten Abnehmer mit             teme Niedersachsen liefen jedoch Ende
  ausreichend grünem Wasserstoff bis 2035 ist anspruchsvoll. Wichtig ist, dass          2015 aus, auch wenn einige Aufgaben
  der Bund jetzt die richtigen Rahmenbedingungen schafft.“                              von der Klimaschutz- und Energie-
                                                          Dr. Bernd Althusmann,         agentur Niedersachsen GmbH über-
                                Wirtschafts- und Verkehrsminister Niedersachsen         nommen wurden.
                                                                                            Dass jetzt in Goslar am 2008 ge-
                                                                                        gründeten Energieforschungszentrum
Die fünf Nordländer starteten darüber hinaus Ende August 2019 eine Koopera-             Niedersachsen (EFZN) eine nieder-
tion mit der Region Nord-Niederlande. Dafür wurde in Groningen eine entspre-            sächsische Wissenschaftsallianz Was-
chende Kooperationsvereinbarung zwischen dem Cluster Erneuerbare Energien               serstofftechnologie entstehen soll,
Hamburg (EEHH) und der New Energy Coalition Groningen unterzeichnet. Ziel
der Kooperation ist, einen grenzüberschreitenden H2-Korridor zwischen den Re-
gionen einzurichten. EEHH-Geschäftsführer Jan Rispens sagte dazu: „Die Ent-
                                                                                        nachdem es in Göttingen bereits über
                                                                                        mehr als zehn Jahre eine Brennstoff-
                                                                                        zelleninitiative gegeben hatte, ist vor
                                                                                                                                   13
wicklung einer Wasserstoffwirtschaft ist kein Alleingang in Deutschland, sondern        diesem Hintergrund durchaus verwun-
findet mit Hochdruck in etlichen Ländern der EU statt.“                                 derlich. Denn das, was diese Allianz tun
                                                                                        soll – Bündelung der Kompetenzen der
HAMBURG ALS H 2 -METROPOLE EUROPAS Ein deutliches Statement gab in die-                 Wasserstoffforschung in Niedersachsen
sem Zusammenhang auch Hamburg ab, indem es ankündigte, einen der weltweit               –, ist nahezu identisch mit dem, womit
größten Elektrolyseure aufbauen zu wollen. Michael Westhagemann, der Wirt-              die erwähnte Landesinitiative schon
schaftssenator der Hansestadt (s. Abb. 1), erklärte, er setze sich dafür ein, dass im   vor 15 Jahren begonnen hatte. Jetzt
Hamburger Hafen eine H2-Produktionsanlage mit einer Leistung von 100 Mega-              will das Landeswirtschaftsministerium
watt aufgebaut werde. Die Stadt würde dafür die Fläche zur Verfügung stellen. Die       insgesamt 6,5 Mio. Euro für neue In-
Gelder für dieses Mammutprojekt, das einen dreistelligen Millionenbetrag kosten         novationslabore zur Verfügung stellen.
dürfte, sollen sowohl aus der Industrie als auch vom Bund und der EU kommen.
    Kurz nach Bekanntwerden dieses Plans meldete der Stahlbauer ArcelorMittal,          GRÜNES GAS FÜR BREMERHAVEN
insgesamt 65 Mio. Euro an seinem Hamburger Standort investieren zu wollen,              Der Bremer Senat beschloss am 12. No-
um dort in den nächsten Jahren das Eisenerz nahezu klimaneutral mithilfe von            vember 2019, ein Elektrolysetestfeld auf
Wasserstoff zu Eisenschwamm zu reduzieren. Geschäftsführer Uwe Braun erklär-            dem Gelände des ehemaligen Flugplat-
te gegenüber dem Handelsblatt: „Bis 2050 will ArcelorMittal in Europa klima-            zes Luneort aufzubauen. Im Rahmen
neutral produzieren.“ Weiter sagte er: „Für den Einsatz von grünem Wasserstoff          des Projekts „Wasserstoff – grünes Gas
ist vor allem wichtig, dass wir ausreichend erneuerbare Energien zu bezahlbaren         für Bremerhaven“ soll das Fraunhofer
Preisen bekommen.“ Allein in Hamburg bräuchte der Stahlkocher jährlich rund             IWES (Fraunhofer-Institut für Win-
3.100 Giga­wattstunden Ökostrom für die H2-Produktion, was 175 Windrädern               denergiesysteme) mithilfe der bereits
mit jeweils fünf Megawatt entspräche.                                                   vorhandenen 8-MW-Windkraftanla-
    Die große Bedeutung, die Hamburg diesem Thema zumisst, wurde auch                   ge grünen Wasserstoff erzeugen, der
während des International Hydrogen Symposium deutlich, zu dem die Indus-                sowohl in der Industrie als auch im
trie- und Handelskammer gemeinsam mit der Wasserstoff-Gesellschaft Ham-                 Mobilitätssektor genutzt werden kann.
burg am 23. und 24. Oktober 2019 eingeladen hatte. Mit mehr als 700 Teilneh-            Dafür werden ab Januar 2020 zunächst
mern kamen mehr als doppelt so viele Interessierte, wie ursprünglich geplant,           für zwei Jahre rund 20 Mio. Euro aus
womit die Hansestadt wieder einen Schritt auf dem Weg vorangekommen sein                EU- und Landesmitteln bereitgestellt.
dürfte, dem schon vor Jahren für sich beanspruchten Titel „Wasserstoffmetro-            Dr. Claudia Schilling, Senatorin für
pole Europas“ gerecht zu werden (s. auch S. 7).                                         Wissenschaft und Häfen, erklärte:
                                                                                        „Wir wollen Bremerhaven zu einem
NEUE H 2 -WISSENSCHAFTSALLIANZ IN NIEDERSACHSEN Einer, der diese Idee                   Kompetenzzentrum für Wasserstoff
einer H2-Wirtschaft schon lange vorantreibt, ist der niedersächsische Umwelt-           machen. Mit diesem Projekt im südli-
minister Olaf Lies. Im Juli 2019 hatte er angekündigt, sein Ministerium werde           chen Fischereihafen werden wir >>
                                                                                                        HZwei 01 | JA NUA R 2020
POLITIK

                                                                                         Stärken als Produzent grünen Wasser-
      „Ziel der neuen Wissenschaftsallianz [ist es], das EFZN als zentrale For-          stoffs entwickeln, Bayern verfügt über
       schungs-, Vernetzungs- und Kommunikationsplattform auszubauen, um                 Technologien im Bereich H2-Logistik,
       aktuelle Entwicklungen im Bereich Wasserstoff schnellstmöglich aufgreifen         die in Zukunft sehr wichtig werden.“
       und mitgestalten zu können.“
                             Ministerium für Wissenschaft und Kultur Niedersachsen       THÜRINGEN WILL AN DIE SPITZE
                                                                                         Auch in Thüringen geht es in diese
      „Wir wollen Niedersachsen zu Drehscheibe und Mittelpunkt der zukünftigen           Richtung zügig voran. So stellte im
       Wasserstoffwirtschaft machen.“                                                    Herbst die Umweltministerin Anja Sie-
                                        Olaf Lies, Umweltminister Niedersachsen          gesmund einen Sechs-Punkte-Plan zur
                                                                                         strategischen Entwicklung der Wasser-
      „Eine leistungsstarke Wasserstoffwirtschaft wäre ein wichtiger ener-               stoffwirtschaft für die Energiewende
       giepolitischer Baustein neben Elektromobilität, Windkraft und Co. Sie             vor. Die Basis dieses Plans bildet eine
       kann den Weg ebnen zu einer kohlenstofffreien Wirtschaft. […] Was-                Kurzstudie der Bauhaus-Universität
       serstoff kann und muss ein zentrales Element einer wirksamen Klima-               Weimar, in der mögliche Wege zu ei-
       schutzstrategie werden, denn Wasserstoff hat vielfältige Nutzungsmög-             ner wasserstoffbasierten Energiever-
       lichkeiten. […] Mit Wasserstoff könnte beispielsweise die Stahlproduktion         sorgung aufgezeigt werden. Demnach
       sauberer werden, auch in der Chemieindustrie gibt es große Nutzungs-              soll ein Landesinnovationszentrum für
       potenziale. […] Bund und EU müssen ihre Förderpolitik umstellen. Wenn             Wasserstoff aufgebaut werden, in dem
       die EU ihre „Dekarbonisierungsagenda“ ernst nimmt, muss das europä-               Forschung und Wirtschaft gemeinsam
       ische Beihilferecht angepasst werden.“                                            marktreife Produkte entwickeln und
                                                                      Stephan Weil,      insbesondere Start-ups speziell geför-
                                   Ministerpräsident Niedersachsen im Handelsblatt       dert werden sollen. Siegesmund rekla-
                                                                                         mierte in Erfurt für das ostdeutsche
                                                                                         Bundesland: „Wir wollen mit Thürin-
     auch die Entwicklung des nachhaltigen Gewerbegebiets LuneDelta und die Etab-        gen hier an der Spitze mitspielen.“
     lierung der green economy in Bremerhaven vorantreiben.“                                 Nordrhein-Westfalen, das nicht zu-
                                                                                         letzt aufgrund seiner Kohlevergangen-
     BAYERN GRÜNDET H2.B-ZENTRUM Aber nicht nur im hohen Norden tut sich                 heit seit zig Jahren als Energieland gilt,

14   etwas. Auch der Süden der Republik hat Wasserstoff als prestigeträchtiges Thema
     erkannt. So wurde am 5. September 2019 in Franken ein Zentrum Wasserstoff.
     Bayern (H2.B) gegründet. Der bayerische Ministerpräsident Dr. Markus Söder
                                                                                         brachte seine strategischen Vorstellun-
                                                                                         gen mit der Vorlage eines vierzehnsei-
                                                                                         tigen Diskussionspapiers „Wasserstoff
     höchstpersönlich erschien gemeinsam mit Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger         als Schlüssel zur erfolgreichen Ener-
     und Wissenschaftsminister Bernd Sibler am Energie Campus Nürnberg (EnCN),           giewende“ mit ein. Dieses hatte die Ar-
     wo das Zentrum seinen Sitz haben wird. Zugegen waren außerdem die Vertreter         beitsgruppe Wasserstoff der IN4climate.
     des Wasserstoffbündnisses Bayern (Audi, Bayernwerk, BayWa, BMW, Bosch, Er-          NRW, einer Initiative der Landesregie-
     langer Stadtwerke, H2 Mobility, Helmholtz-Institut Erlangen-Nürnberg, Hydro-        rung, herausgegeben, um der Bundes-
     genious, Linde, MAN, Schaeffler, Siemens u. a.), das die Bayerische Staatsregie-    regierung mitzuteilen, welche Maßnah-
     rung zu diesem Anlass ins Leben gerufen hatte. Das H2.B wird von Prof. Veronika     men die darin zusammengeschlossenen
     Grimm und Prof. Peter Wasserscheid geleitet und soll unter anderem eine bayeri-     Institutionen für erforderlich halten.
     sche Wasserstoffstrategie entwickeln und dann auch umsetzen.                            In Brandenburg kündigte die neue
                                                                                         Kenia-Koalition an, über einen Inves-
                                                                                         titionsfonds von einer Milliarde Euro
                                                                                         unter anderem auch wasserstoffan-
                                                                                         getriebene Busse kaufen zu wollen.
                                                                                         Wirtschaftsminister Jörg Steinbach
                                                                                         erklärte gegenüber den Potsdamer
                                                                                         Neueste Nachrichten: „Auch bedingt
     Söder erklärte: „Im Koalitionsvertrag haben wir eine H2-Strategie beschlossen,      durch meinen wissenschaftlichen Hin-
     und hier am Energie Campus Nürnberg schaffen wir mit dem Zentrum Wasser-            tergrund sehe ich ein riesiges Potenzial
     stoff.Bayern den Nexus der H2-Forschung. Dafür investieren wir einen zweistelli-    und habe durchaus die Vision, Bran-
     gen Millionenbetrag.“ Sibler ergänzte, das wissenschaftliche Umfeld in der Region   denburg in zehn Jahren zum Vorzeige-
     Nürnberg habe eine sehr hohe Kompetenz, die weiter ausgebaut werden solle, „da-     ländle zu machen. Wir haben jedenfalls
     mit wir in Bayern die Nummer eins in Forschung und Anwendung sind“.                 schneller eine Wasserstoffstrategie als
         Wasserscheid, Inhaber des Lehrstuhls für Chemische Reaktionstechnik der         der Bund. Und unser Weg wird deut-
     Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg, sagte: „Forschung und Rah-       lich nachhaltiger sein als das, was auf
     menbedingungen haben sich in den letzten Jahren dynamisch entwickelt, so dass       Bundesebene gerade passiert.“
     wir mittlerweile mit sehr hoher Sicherheit sagen können, dass Wasserstofftechno-
     logien eine Schlüsselrolle für eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland und    KOALITION ZIEHT ABGABENBEFREI-
     weltweit spielen werden. Jetzt kommt es darauf an, die weiterhin notwendigen,       UNG IN ERWÄGUNG Auch innerhalb
     intensiven Forschungs- und Entwicklungsarbeiten mit einer stark beschleunigten      der Bundesparteien scheint ein Stim-
     Implementierung in praktische Anwendungen zu verknüpfen.“                           mungswandel stattgefunden zu haben,
         Um in diesem Bereich zügig voranzukommen, vereinbarte der bayerische Ener-      so dass sich immer mehr Akteure offen
     gieminister Hubert Aiwanger Mitte Oktober 2019 zudem eine Kooperation mit Nie-      für H2- und BZ-Technologie zeigen.
     dersachsen. Aiwanger erklärte dazu: „Das Windkraftland Niedersachsen wird seine     Bernd Westphal, der wirtschafts- und
     HZwei 01 | JA NUA R 2020
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