MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT - IHK Halle-Dessau
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MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT Das Magazin der IHK Halle-Dessau ⁄⁄ Juni 2018 Titelthema Regionale Innovationspotenziale SELBSTSTÄNDIG WAHL ZUR IHK- 25 JAHRE IM NEBENERWERB: VOLLVERSAMMLUNG 2018: WASCHCENTER GOLZ: Infos und Praxisbeispiele Ab 15. Juni kandidieren Flexibilität zahlt sich aus! Aus seiner Leidenschaft für Hunde entwickelte Mathias Dögel (hier im Bild mit den beiden working dogs bradana und gwenduline) eine Geschäftsidee. Die Onlineplattform working-dog erhielt nun den ersten Preis beim Wett- bewerb „Digitale Erfolgsgeschichten aus Sachsen-Anhalt“. Seine Geschichte und weitere Beispiele ab Seite 5 www.unternehmer- waehlen.de www.halle.ihk.de
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 ⁄⁄ Auf ein Wort 1 Auf ein Wort Innovationspotenziale heben! Kürzlich hat das Wirtschaftsmagazin Gegenteil so groß, dass sie mitunter nur „brand eins“ Umfrageergebnisse über schwer überschaubar erscheint. So will die Innovationskraft Deutschlands ver- etwa das Landeswirtschaftsministerium öffentlicht. 25.000 Experten hatten mit der sogenannten Regionalen Inves- knapp 500 Unternehmen als „Innovato- titionsstrategie bis 2020 insgesamt ren“ nominiert. Diese haben ihren Sitz in 150 Millionen Euro in die Forschungs- 15 Bundesländern – nur ein Land fehlt infrastruktur stecken und weitere in der Liste: Sachsen-Anhalt. Tatsächlich 111 Millionen Euro für konkrete For- ist keines der nominierten Unterneh- schungsprojekte bereitstellen. Das sind men hier bei uns angesiedelt. Bedauer- beachtliche Summen, deren Vergabe licherweise passt dies ins Bild. allerdings an definierte „Leitmärkte“ und Branchen gekoppelt ist. In welches Bild? Nun, leider bekommen wir in ähnlichen Erhebungen öfters ge- spiegelt, dass unser Land in puncto In- Förderung wirtschafts- novativität Schlusslicht sei. Dennoch nah gestalten! kennen sicher auch Sie eindrucksvolle Gegenbeispiele: In der Tat gibt es hier in Zwar ist es richtig, Forschung und Ent- der Region viele hochinnovative Unter- wicklung weiter zu fördern, um die In- nehmen, deren Produkte im weltwei- novationsfähigkeit der Unternehmen ten Wettbewerb mithalten können. hierzulande zu stärken. Aber diese För- Manche erhalten sogar regelmäßig Prei- derung sollte branchen- und technolo- Außerdem informiert und berät sie über se – etwa die Pergande Group aus gieoffen sein. Wer sie zu eng auf be- bestehende Fördermöglichkeiten. Bei Weißandt-Gölzau, die Sonotec Ultra- stimmte Themen beschränkt, koppelt verschiedenen Veranstaltungen können schalltechnik aus Halle (Saale) oder die sich selbst von der dynamischen Ent- sich Wissenschaft und Wirtschaft ver- Deurex AG bei Zeitz, die 2017 den Eu- wicklung in anderen Sparten ab. netzen. Zudem informiert die IHK über ropäischen Erfinderpreis gewann. aktuelle Innovationswettbewerbe und Außerdem müssten manche adminis- lobt gemeinsam mit den anderen ge- Sachsen-Anhalt verfügt also durchaus trative Verfahren deutlich wirtschafts- werblichen Kammern des Landes einen über Innovationspotenzial. Aber wie näher und weniger zeitraubend gestal- eigenen Preis aus: Die „Digitalen Er- lässt sich dieses optimal ausschöpfen? tet sein. Ermutigende Beispiele sind folgsgeschichten“ sind 2018 in die Es gibt durchaus Ansatzpunkte – und etwa die seit kurzem mögliche pau- zweite Runde gegangen. zwar dort, wo bestimmte Defizite sicht- schale Abrechnung von Personalkosten bar sind, die sich konkret angehen bei der FuE-Projektförderung und Denn das hat die „brand eins“-Umfrage lassen. „Sachsen Anhalt DIGITAL“. Aber es dür- deutlich gemacht: Offenbar sind Inno- fen ruhig mehr sein ... Zudem gilt es, die vationen aus Sachsen-Anhalt außerhalb Kooperation gerade kleiner und mittle- der Landesgrenzen noch zu wenig sicht- Bessere Rahmen- rer Unternehmen mit den Hochschulen bar. Hier ist einerseits die Politik in der bedingungen schaffen! des Landes weiterhin unbürokratisch zu Pflicht, andererseits können aber auch unterstützen. wir alle – zumal Unternehmerinnen und Wer mit Unternehmern über Gründung Unternehmer – etwas dafür tun, sie und Innovation spricht, der hört nicht mehr ins Blickfeld zu rücken. Wie dies selten, dass es an ermutigenden Rah- Innovativität aussehen könnte, zeigen die Beispiele menbedingungen fehle, um sich mit ei- sichtbar machen! ab Seite 5 in diesem Heft. Wir wün- ner neuartigen Geschäftsidee in den oft schen Ihnen eine anregende Lektüre! ländlichen Regionen Sachsen-Anhalts Kurz gesagt ist innovativ, wer den Markt niederzulassen oder hier überhaupt in „hurra“ schreien lässt. Damit aus guten Innovationen zu investieren. Ideen tatsächlich nutzbringende Neue- rungen werden, sind verschiedene Stell- Bemerkenswert dabei ist, dass es meist schrauben zu drehen. Die IHK macht grundsätzlich nicht an „Fördergeld“ sich regelmäßig gegenüber der Politik Carola Schaar Prof. Dr. Thomas Brockmeier fehlt. Die Vielfalt der Programme ist im für günstige Rahmenbedingungen stark. Präsidentin Hauptgeschäftsführer
Die Themen ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 2 Die Themen 1 Editorial 27 Praxiswissen 40 Namen & Nachrichten 3 Panorama 27 ⁄⁄ STANDORTPOLITIK 42 Service 4 Vollversammlungswahl 2018 28 ⁄⁄ STARTHILFE- UND 42 ⁄⁄ UNTERNEHMENSBÖRSE 14 Branchenreport UNTERNEHMENS- 42 ⁄⁄ GEWERBEFLÄCHENBÖRSE 14 ⁄⁄ INDUSTRIE FÖRDERUNG 42 ⁄⁄ RECYCLINGBÖRSE 16 ⁄⁄ TOURISMUS 33 ⁄⁄ AUS- UND 42 ⁄⁄ GESCHÄFTSANGEBOTE 18 ⁄⁄ HANDEL WEITERBILDUNG AUSLÄNDISCHER UNTERNEHMEN 19 Regionalreport 34 ⁄⁄ INNOVATION UND 44 Vorschau 19 ⁄⁄ AUS DER REGION UMWELT 44 ⁄⁄ TERMINKALENDER 36 ⁄⁄ INTERNATIONAL 44 ⁄⁄ IMPRESSUM 38 ⁄⁄ RECHT UND FAIR PLAY 44 ⁄⁄ BILDNACHWEIS 04 ⁄⁄ Wahl zur IHK- 05 ⁄⁄ Titelthema 23 ⁄⁄ 25 Jahre Wasch- Vollversammlung 2018: Regionale Innovations- center Golz: Flexibilität Ab 15. Juni kandidieren potenziale zahlt sich aus! Die Wahl zur Vollversammlung rückt Damit aus guten Ideen nutzbringende Mitte März beging der Bernburger Karl- immer näher. Ab dem 15. Juni 2018 Innovationen werden, ist an verschie- heinz Golz das 25. Gründungsjubiläum können sich interessierte Unternehme- denen Stellschrauben zu drehen. Die seines Waschcenters. Wer sich seit ei- rinnen und Unternehmer aus dem IHK- IHK macht sich regelmäßig gegenüber nem Vierteljahrhundert erfolgreich am Bezirk Halle-Dessau dann als Kandida- der Politik für günstige Rahmenbedin- Markt behauptet, muss eine Menge tin bzw. Kandidat für die Vollversamm- gungen stark, sie informiert und berät richtig machen – sein Erfolgsrezept be- lungswahl im Herbst für einen Sitz im über bestehende Fördermöglichkeiten, schreibt der Unternehmer wie folgt: „Parlament der Wirtschaft“ bewerben. bietet für Wissenschaft und Wirtschaft „Für entscheidend halte ich, dass wir Wie genau man kandidieren kann und Gelegenheit, sich miteinander zu ver- uns über die Jahre immer wieder an die was dabei zu beachten ist, erläutert die netzen und informiert über bzw. betei- sich verändernden Bedürfnisse unserer Checkliste zur Kandidatur. ligt sich an aktuellen Wettbewerben. Kunden angepasst haben.“
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 ⁄⁄ Das Panorama 3 Top–Klicks der IHK–Website – www.halle.ihk.de Die neue EU-Datenschutz-Grundverordnung – Neuerungen und Herausforderungen für KMU Datenschutz ⁄⁄ 3982126 Prüferehrung und Prüferfest 2018 ⁄⁄ 4046428 Digitale Erfolgsgeschichten aus Sachsen-Anhalt 2018 - Wett- bewerb geht in die zweite Runde ⁄⁄ 3677292 EU-Kommission lobt deutsches System der dualen Berufsausbildung Die EU-Kommission hat im diesjährigen Länderbericht für Deutschland die Vortei- le und die hohe Qualität des deutschen Systems der dualen Berufsausbildung aus- drücklich hervorgehoben. Damit hat sie eine langjährige Forderung des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) aufgenommen, Deutschlands betrieb- licher Ausbildung auch im europäischen Rahmen die gebührende Anerkennung aus- zusprechen. Im Bildungsteil des Berichtes bescheinigt die Kommission Deutschland, dass es mit dem dualen System über einen „ausgezeichneten Ansatz für die Kom- Das Panorama petenzentwicklung, insbesondere für die berufliche Erstausbildung und Weiterbil- dung“ verfüge. Es beschere Deutschland mit nur 6,8 Prozent die niedrigste Ju- gendarbeitslosigkeit in der EU und vermittle sowohl den jungen Menschen eine hohe Qualifikation als auch den Unternehmen qualifizierte Fachkräfte. Die Kommission betont ebenfalls die im EU-Vergleich weit überdurchschnittliche hohe Beschäfti- gungsquote von Absolventen des dualen Systems. Familienfreundliche Unternehmen im Landkreis Anhalt-Bitterfeld gesucht: bis 17. August 2018 bewerben Familienfreundliche Arbeitsbedingungen sind gefragt und ein wichtiger Wettbewerbsfaktor bei der Gewinnung von Fachkräf- ten. Sie steigern Motivation und Leistungsbereitschaft der Mitarbeiter. Mit dem Wettbewerb „Familienfreundliches Unternehmen im Landkreis Anhalt-Bitterfeld“, der bereits zum neunten Mal stattfindet, will der Landkreis Anhalt-Bitterfeld gemeinsam mit der AG „Beruf & Familie“ des Familienbündnisses Anhalt-Bitterfeld gute Beispiele, differenziert nach Betriebsgrößen, öffent- lich machen und würdigen. Bewerben können sich alle Unternehmen und Betriebe des Landkreises, die sich mit guten Ideen und Aktionen dafür einsetzen, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie zu verbessern. Auch Beschäftigte haben die Möglich- keit, „ihr familienfreundliches Unternehmen“ zu melden. Einsendeschluss ist der 17. August 2018. Weitere Informationen zum Wettbewerb unter www.anhalt-bitterfeld.de
Vollversammlungswahl 2018 ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 4 Vollversammlungswahl 2018 Kandidieren Sie für die IHK-Vollversammlung! Die Wahl zur Vollversammlung rückt immer näher. Vom 15. Juni 2018 bis 5. Juli 2018, 16.00 Uhr (Eingang bei der IHK) kön- nen sich interessierte Unternehmerinnen und Unternehmer aus dem IHK-Bezirk Halle-Dessau dann als Kandidatin bzw. Kan- didat für die Vollversammlungswahl im Herbst für einen Sitz im „Parlament der Wirtschaft“ bewerben. Wie genau man kan- didieren kann und was dabei zu beachten ist, erläutert die Checkliste zur Kandidatur. Checkliste zur Kandidatur: Wer kann kandidieren? Von wann bis wann kann ich mich bewerben? Kandidieren kann jede volljährige natürliche Person, die selbst IHK- Die Wahlbewerbung ist in der Zeit vom Freitag, 15. Juni 2018, bis Mitglied ist oder als gesetzlicher Vertreter eines IHK-Mitgliedsun- Donnerstag, 5. Juli 2018, 16.00 Uhr beim IHK-Wahlausschuss einzu- ternehmens berufen wurde – und selbst wahlberechtigt ist. reichen (siehe Kontakt). Außerdem können die in das Handelsregister eingetragenen Proku- Wie bewerbe ich mich? risten und besonders bestellte Bevollmächtigte von IHK-Zugehörigen Wahlbewerbungen sind schriftlich einzureichen, wobei auch eine kandidieren. Übermittlung per Fax oder E-Mail (eingescanntes Dokument) zuläs- sig ist. Ab dem 14. Juni 2018 kann ein entsprechendes Wahlbewer- Pro Unternehmen kann sich nur eine Person zur Wahl stellen. bungsformular unter: www.unternehmer-waehlen.de (Was ist zu be- achten/Diese Formulare können Sie nutzen) heruntergeladen werden. Kontakt IHK-Serviceteam Wahl IHK Halle-Dessau Wahlausschuss Franckestraße 5 06110 Halle (Saale) Tel. 0345 2126-100 Fax 0345 212644-100 wahlausschuss@ halle.ihk.de www.unternehmer- waehlen.de Hier steht ab dem 14. Juni 2018 das Bewerbungsformular zur Kandidatur zur Verfügung.
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 ⁄⁄ Das Titelthema 5 Das Titelthema Wirtschaft trifft Wissenschaft: mehr Innovationen durch Kooperationen „Wirtschaft trifft Wissenschaft“ war der lobt Anton Galster. Nach der eingehen- Titel einer IHK-Veranstaltung in Halle den Analyse der künftig vom IT-System (Saale), die Unternehmern und For- der MKL zu bewältigenden Prozesse und schern aus Sachsen-Anhalt Gelegenheit Anforderungen befinde man sich jetzt in zum intensiven Austausch gab. Neben der konkreten Umsetzung: „Aus mei- vielen Beispielen für geglückte Koope- nen bislang gewonnen Erfahrungen rationen zwischen Wirtschaft und Wis- kann ich jedem Unternehmer eine sol- senschaft wurden auch möglicherweise che Kooperation nur wärmstens emp- noch existierende Hemmnisse auf bei- fehlen: Ich bin froh, dass wir den Weg den Seiten thematisiert. zur Hochschule gefunden haben.“ Beispiel einer gelungenen Ansprechpartner finden Kooperation Die IHK bietet regelmäßig Veranstaltungen zur Vernetzung von Wissenschaft und Und genau da scheint mitunter noch Wirtschaft. Unternehmer und Wissenschaftler nutzten die Pausen, um Kontakte „Die Automobilindustrie weitet das An- der Hase im Pfeffer zu liegen: „Die Un- zu knüpfen und Ideen auszutauschen. forderungsprofil und Aufgabenspektrum ternehmen müssen noch viel offener für uns als Logistikdienstleister immer sein und mehr Mut haben, auf die weiter aus. Es war also unerlässlich, ein Hochschulen zuzugehen“, meinte etwa Erfolgreiche völlig neu geartetes IT-System aufzuset- Geschäftsführer Dr. Jürgen Koppe von Partnerschaften Kontakt zen“, schilderte Geschäftsführer Anton der in Merseburg ansässigen MOL Ka- Galster von der MKL Mitteldeutsche talysatortechnik GmbH. Die vermeintli- Ein kettenloses E-Fahrrad, Inspektions- KAT Kompetenznetzwerk für Angewandte und Kunststofflogistik Schkopau die Heraus- che Barriere zum Professor existiere in roboter für Windkraftanlagen, digitale Transferorientierte forderung, der sich sein Unternehmen mit der angewandten Forschung nicht. Den Stifte in der Wunddokumentation – all Forschung knapp 300 Mitarbeitern spätestens An- Einwand, dass es für KMU zu schwierig dies (und noch vieles mehr) sei in den c/o Thomas Lohr fang 2017 gegenübersah. Das Problem: sei, den richtigen Ansprechpartner zu letzten Jahren von sachsen-anhalti- Hochschule Harz „Wir haben nicht Manpower, Zeit und identifizieren, ließ auch Hans-Joachim schen Unternehmen gemeinsam mit Friedrichstraße 57-59 38855 Wernigerode Know-how, das selbst zu leisten. Und die Münch von der SONOTEC Ultraschall- Hochschulen entwickelt worden. „Und Tel. 03943 659814 hochelaborierten Leistungsangebote sensorik Halle GmbH nicht gelten: „Wer wichtig: Kein Unternehmen, kein Vor- www.kat- kommerzieller Berater und Dienstleister will, der findet.“ haben ist zu klein: Die Zusammenar- kompetenznetzwerk.de sind für einen normalen Mittelständler beit kann bereits sehr niedrigschwellig nicht so ohne weiteres nachzuvollziehen und auch zur Realisierung kleiner Opti- und insofern äußerst schwer einzuschät- Netzwerk unterstützt mierungsschritte erfolgen.“ zen und zu vergleichen.“ ANDREAS LÖFFLER Zudem: Dank des bereits seit 2006 aktiven Kompetenznetzwerks für An- Innovation durch Technologietransfer Angehende Wirtschafts- gewandte und Transferorientierte For- informatiker helfen schung (KAT) gibt es an den vier Hoch- Die IHK informiert über neue Technologien (Wirtschaft 4.0, schulen Harz, Magdeburg-Stendal, Biotechnologie, Künstliche Intelligenz, etc.) und bietet regel- Glückliche Fügung: „Durch einen Artikel Anhalt und Merseburg sowie an den mäßig Veranstaltungen für Unternehmer und Wissenschaftler in der ‚Mitteldeutschen Wirtschaft‘ hat- Unis in Halle (Saale) und Magdeburg zum Informationsaustausch an (beispielsweise IndustrieTag te ich davon erfahren, dass Wissen- jeweils spezielle Transferbeauftragte. InformationsTechnologie, Unternehmerfrühstück, Wirtschaft schaftler und Studierende der Hoch- „Diese festen lokalen Ansprechpartner trifft Wissenschaft). Auch überregional fördert die IHK die Ver- schule Merseburg Unternehmen bei vermitteln Unternehmern aufgrund netzung von Unternehmen, etwa über das mitteldeutsche Fir- betriebswirtschaftlichen Problemen mit ihrer exzellenten hochschulinternen menbesuchsprogramm, bei dem Firmen aus Sachsen-Anhalt, IT-Bezug beraten. Und nach einem ers- Kenntnisse und ihrer landesweiten Ver- Sachsen und Thüringen ihre Türen öffnen und Fachbeiträge zu ten, unmittelbar zielführenden Ge- netzung passgenau die für die jewei- diversen Innovationsthemen stattfinden. Schließlich vermittelt spräch mit Wirtschaftsinformatikpro- lige Aufgabenstellung am besten ge- die IHK geeignete Partner für Forschungs- und Entwicklungs- fessor Lutz Klimpel sind wir im April eigneten Wissenschaftler, beraten zu projekte, informiert über aktuelle Forschungsprojekte und ist 2017 binnen weniger Wochen mit un- Fördermöglichkeiten und begleiten den Ansprechpartnerin für wissenschaftliche Einrichtungen auf serem zunächst auf zwei Jahre ange- Projektfortschritt“, unterstrich KAT- der Suche nach geeigneten Unternehmenspartnern. legten Kooperationsprojekt gestartet“, Koordinator Thomas Lohr.
Das Titelthema ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 6 Innovationen finanzieren: mit Fördermitteln unterstützte Kooperationsprojekte ThermHex und vebereich entwickeln. Das ist ganz ent- scheidend für die anvisierte wirtschaft- Fraunhofer kooperieren liche Verwertung.“ Bereits seit vielen Jahren kooperiert die ThermHex Waben GmbH, das 2010 in … und administrative Halle (Saale) an den Start gegangene Hilfe Produktionsunternehmen des belgischen Leichtbau-Sandwich-Vorreiters EconCo- Zudem kenne sich Fraunhofer exzellent in re N. V., mit dem gleichfalls in der Saa- der Förderlandschaft aus. „So konnten lestadt ansässigen Fraunhofer IMWS. wir für unsere gemeinsamen Organo- Die Zusammenarbeit reicht von einfa- sandwich-Projekte das am besten geeig- chen Materialtests und -berechnungen nete Unterstützungsprogramm identifi- bis hin zu mehrjährigen gemeinsamen zieren. Und angesichts seiner langjähri- Forschungs- und Entwicklungsprojekten gen Erfahrung hat uns das Fraunhofer im Rahmen von Förderprogrammen. IMWS auch bei der Fördermittelbeantra- Jüngste Beispiele hierfür sind die über gung zur Seite gestanden und damit von die Investitionsbank (IB) Sachsen-An- einem großen bürokratischen Aufwand halt mit EFRE-Fördermitteln unterstütz- entlastet“, hebt Pflug hervor. ten Projekte „Organosandwich I“ (2015 Mona-Boche-Würfel, Marketing-Managerin bei ThermHex, präsentiert eines im geförderten Projekt mit Fraunhofer IWMS Halle weiterentwickeltes – 2017; 60 % Förderung bis zu 231.000 Dokumentations- Organosandwich. Euro) sowie „Organosandwich II“ (2017 – vorauss. 2020; 60 % Förderung bis zu aufwand nicht unter- Mit Fördermitteln unterstützte Koope- 160.000 Euro). Dabei geht es um die schätzen! rationsprojekte zwischen Unternehmen Entwicklung von Faserverbund-Sand- und gemeinnützigen Forschungsein- wich-Bauteilen speziell für die Automo- Wo bislang von Chancen die Rede war, Kontakt richtungen: Welche Chancen und Vor- bilindustrie – von den theoretischen sei auch noch auf die Herausforderun- ThermHex Waben GmbH teile bieten sie den beteiligten Firmen, Grundlagen bis hin zur Beantwortung gen eingegangen, die solch gemeinsame Merseburger Str. 237 06130 Halle was ist zu beachten und wo liegen He- konkreter Fragen zur angestrebten in- Fördermittelprojekte mit sich bringen: Tel. 0345 1316270 rausforderungen? Die „Mitteldeutsche dustriellen Massenfertigung. „Sie müssen darauf achten, Zeit und www.thermhex.com Wirtschaft“ beleuchtet dies an einem Budget einzuhalten und ihr Tagesge- Beispiel aus der Leichtbaubranche. schäft nicht zu vernachlässigen“, rät Fachliche Expertise … ThermHex-Marketingmanagerin Mona Finanzierung von Innovationen Boche-Würfel. Zudem sollte der admi- „Das Fraunhofer IMWS Halle ist in vie- nistrative Aufwand, der durch die re- Die IHK informiert zu Unterstützungsmöglichkeiten bei der lerlei Hinsicht ein idealer Partner für gelmäßig an den Fördermittelgeber zu Finanzierung von Innovationen und gibt Orientierung im För- uns“, betont ThermHex-Geschäftsführer liefernden Reports und Projektstands- dermitteldschungel – sei es bei Zuschüssen oder Darlehen, Jochen Pflug und führt mehrere Vortei- berichte entsteht, keinesfalls unter- Bürgschaften oder Beteiligungen auf Landes-, Bundes- und le ins Feld. „Abgesehen von der räumli- schätzt werden, ergänzt Jochen Pflug. EU-Ebene. Dazu bietet die IHK: chen Nähe besitzen die Mitarbeiter dort „Die projektgerechte Verwendung der • Einzelberatung eine enorme wissenschaftliche Experti- Zuschüsse exakt nachzuweisen, nimmt • Informationsveranstaltungen mit Fachexperten se. Wir können auf die Analyseverfahren ebenfalls Zeit und Personal in Anspruch. • Aktuelle Informationen über: Innovationsnachrichten, von Fraunhofer zurückgreifen, die für Zum Glück hat es jüngst eine Erleichte- Newsletter, IHK-Magazin und Homepage uns alleine nicht finanzierbar wären.“ rung bei den Förderrichtlinien gegeben: Die IHK nimmt ebenfalls Einfluss auf die Ausgestaltung von Der stärkste Trumpf sei zweifellos das Zu einem geringen Prozentanteil las- Förderrichtlinien und vermittelt Bedarfe von Unternehmern – Fraunhofer-Pilotanlagenzentrum für sen sich bestimmte Ausgaben nun auch primär auf Landesebene, aber auch im Bund und der Euro- Polymersynthese und -verarbeitung PAZ pauschal abrechnen“, erläutert der päischen Kommission über den Dachverband DIHK. Und zu in Schkopau. „Dank des dort vorhande- ThermHex-Chef. „Das alles ändert nichts guter Letzt unterstützt die IHK Unternehmer bei Bürgschaften nen industriellen Maschinenparks kön- daran: Ohne die geförderten Fraunho- der landeseigenen Bürgschaftsbank durch qualifizierte Stel- nen wir die gesamte Wertschöpfungs- fer-Projekte könnten wir nicht ein solch lungnahmen. kette abbilden und passgenau für die starker Innovationstreiber sein.“ Großserienanforderungen im Automoti- ANDREAS LÖFFLER
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 ⁄⁄ Das Titelthema 7 „Der beste Schutz Ihres geistigen Eigentums besteht darin, weiter innovativ zu bleiben“! Wie schützt man wirksam das geistige Eigentum seines Unternehmens? Dr. Jürgen Koppe von der MOL Katalysator- technik GmbH Schkopau, einem Inno- vationstreiber und Technologieführer auf dem Gebiet der chemikalien- und biozidfreien Wasserreinigung, verfolgt dabei zwei Strategien – die aufzugehen scheinen. Patente gegen Plagiatsvorwürfe Dr. Jürgen Koppe/MOL Katalysatortechnik Merseburg mit einem Nachdruck des „Sakramentar von Beauvais“ und der von ihm erwähnten Darstellung des „Baums der Erkenntnis“ „Da es im Grunde unmöglich ist, etwas wirklich komplett geheimzuhalten, ver- Patentkosten sind Baum der Erkenntnis – und zwei Männer. fahren wir nach dem Motto: Sende Dein Während sich der eine krampfhaft an Wort aus, aber sorge dafür, dass es bei überschaubar dem von ihm erreichten Ast festhält, Kontakt Dir bleibt“, erklärt Koppe. Was zunächst klettert der andere munter weiter empor. MOL Katalysatortechnik GmbH paradox klingt, vom geschäftsführen- Wichtig sei auch zu überlegen, für wel- Was ich damit sagen will ist: Der beste Leunastraße 06 den Gesellschafter aber wie folgt erläu- che Länder (und über welchen Zeitraum) Schutz Ihres geistigen Eigentums be- 06258 Schkopau tert wird: „Unsere Patente dienen nicht ein Patent gelten soll. „MOL selbst be- steht darin, weiter innovativ zu bleiben!“, Tel. 03461 723097 oder zumindest nicht vordergründig dem schränkt sich auf Deutschland. Wenn wir unterstreicht Koppe. Die Mitarbeiter- www.molkat.de Schutz vor Nachahmern – einfach des- wirklich im Ausland einen Patentstreit fluktuationsrate sei seit 2011 praktisch halb, weil wir uns als Mittelständler ei- durchfechten wollten, würden wir auf- bei null. Es gebe also eine große Ver- nen jahrelangen ressourcenraubenden hören, innovativ zu sein.“ Zudem blieben trauens- und Loyalitätsbasis, zumal zahl- Patentstreit, erst recht mit einem großen so die Gebühren für die Anmeldung und reiche Mitarbeiter persönlich an den Pa- Player, gar nicht leisten könnten. Diese die maximal zwei Dekaden lang mögliche tenten beteiligt seien. „Sollte dennoch Beurkundungen haben also eher die Aufrechterhaltung des Patents um je ein der unwahrscheinliche Fall eintreten, Funktion, uns und unsere Kunden gegen weiteres Jahr in einem überschaubaren dass ein Kollege mit seinem Wissen zur etwaige Plagiatsvorwürfe von Seiten Rahmen von drei- bis höchstens vier- direkten Konkurrenz abwandert, müssen Dritter abzusichern und diesbezüglich stelligen Eurobeträgen. „Die ersten drei wir eben schon wieder einen Schritt wei- unangreifbar zu machen.“ Jahre sind generell frei und, ebenfalls er- ter sein“, so Koppe. ANDREAS LÖFFLER freulich, der bürokratische Aufwand liegt deutlich unter dem eines Jahresab- Schutz von Innovationen Nur so viel wie nötig schlusses“, führt Koppe ins Feld – und preisgeben warnt noch vor einem möglichen Fall- Die IHK berät zu Schutzmöglichkeiten von Innovationen über: strick: „Patent- und Publikationspolitik • die monatliche Erfinderberatung mit Patentanwälten der Re- Gleichzeitig gelte: „Wenn Sie in einer hängen ganz eng zusammen. Wenn Sie gion (Patente, Marken, Design und Gebrauchsmuster sowie Patentschrift das zu schützende Ver- etwas patentieren lassen wollen, dürfen Urheber-, Erfinderrecht, Lizenzvergabe, etc.) fahren oder Produkt prinzipiell be- Sie dazu noch nichts veröffentlicht haben • orientierende Einzelberatung zu gewerblichen Schutzrechten, schreiben, stecken Sie gewissermaßen – nicht einmal in der Gartenzeitung.“ Betriebsgeheimnis (z. B. EU-Richtlinie 2016/943) und Ideen- findung einen Korridor ab, sind aber nicht ver- Die Beratung steht auch Wissenschaftlern und „freien“ Erfindern, pflichtet, Ihren individuellen Optimie- rungspunkt offenzulegen – aber gerade Immer einen Schritt etwa Schülern offen, um Innovationen von Grund auf zu beglei- ten und so auch bei Unternehmensgründungen unterstützen zu der ist für die wirtschaftliche Verwer- voraus können. Zudem greifen freie Erfinder oft Alltagsprobleme auf, für tung entscheidend“, betont Koppe. „Ver- die es noch keine kommerziellen Lösungen gibt und für die sich einfacht gesagt: Wir schreiben in ein Um seine zweite Strategie zum Schutz darüber neue Märkte auftun. Die IHK vermittelt bei Eignung Patent genau so viel rein, dass man es des Firmen-Know-hows zu veranschau- gezielte Partner für die Kommerzialisierung. Sie unterstützt nachmachen könnte – wenn man wüss- lichen, zieht der geschichtsinteressierte daher auch die „MiniMaker Faire“ vom 30. Juni bis 1. Juli 2018 te, wie es geht“, sagt der pfiffige Un- Chef ein Bild aus dem „Sakramentar von in Halle (Saale), offen für Erfinder, Bürger und Unternehmen. ternehmer. Beauvais“ heran: „Zu sehen sind der
Das Titelthema ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 8 „Digitale Erfolgsgeschichten aus Sachsen-Anhalt“: die drei Gewinner Insgesamt zwölf sachsen-anhaltische Unternehmen haben sich am Wettbewerb „Digitale Erfolgsgeschichten aus Sachsen-Anhalt“ beteiligt. Die Gewinner wurden am 29. Mai 2018 in Halle (Saale) durch die Industrie- und Handelskammern sowie die Hand- werkskammern aus Halle (Saale) und Magdeburg ausgezeichnet. Die „Mitteldeutsche Wirtschaft“ stellt den Sieger sowie das zweit- und drittplatzierte Unternehmen vor und beleuchtet, welche Ideen und Konzepte diese Firmen zu digitalen Vorreitern machen. Internetplattform „working-dog“: Vom „Kabelske Valley“ ins globale „Digitalien“ Von der privaten Hobbyseite zum „Face- book“ für Rassehundbesitzer, -züchter und Hundesportfans: Mit der Plattform working-dog ist dem IT-Dienstleister Dögel GmbH eine digitale Erfolgsstory gelungen. Das inzwischen international agierende Unternehmen schuf sich zu- dem ein Finanzierungsmodell jenseits der Onlinewerbung. Kontakt Mit working-dog hat Mathias Dögel, Dögel GmbH Geschäftsführer der Dögel GmbH, aus Geltestraße 9 seiner Teenagerbegeisterung für Hunde Erster Platz: Unternehmer Mathias Dögel realisierte die digitale Hundesportplattform „working-dog“. 06184 Kabelsketal/ ein Online-Geschäftsmodell gemacht. OT Dölbau „Nicht nur im Silicon Valley, auch hier bei stellte über das Förderprogramm Inno- Reise zur WM nach Italien antritt – oder Tel. 034602 9991-0 www.doegel.de uns im ,Kabelske Valley’ werden digitale vationsassistent Sachsen-Anhalt einen 40 Euro für unseren Livestream aus- Erfolgsgeschichten geschrieben“, so der Programmierer speziell dafür ein – an- gibt.“ 36-Jährige. In den letzten 15 Jahren sei fangs von erheblicher Skepsis begleitet.“ die von ihm entwickelte Internetplatt- Ergebnis der Förderung: Besitzer, Züch- Internationalisierung ist ein wesentli- form zum „Facebook, Google und Wiki- ter und Hundesportler konnten sich re- cher Baustein des Digitalkonzepts: pedia für Rassehundbesitzer, -züchter gistrieren sowie vernetzen. working-dog läuft heute in mehr als und Hundesportfans“ geworden – mit 20 Sprachen. Eine Schlüsselstellung Country-Partnern in mehr als 20 Län- Parallel entstand ein Businessmodell nehmen die Country-Partner ein: Fach- dern. Den Vorläufer strickte der IHK-Sys- jenseits von Werbeeinnahmen: „Wir experten, die für Übersetzungen und temkaufmann bereits 2003 – mit Ah- führten einen Premium-Account mit Aktualisierungen zuständig sind, Video- nentafeln erfolgreicher Rassehunde. Monatsgebühr ein, der Zugriff auf ex- aufnahmen beschaffen. 2007/2008 kam der große Schub. Dögel klusive Inhalte erlaubte – wie einen Der Anteil des internationalen Geschäfts war zwischenzeitlich in die Selbststän- detaillierten Ergebnisdienst aller rele- außerhalb des deutschsprachigen Raums digkeit gestartet: „Ich hatte ein Ge- vanten Turniere oder Videomitschnitte beträgt laut Firmenangaben mittler- schäftsmodell für working-dog im Kopf, internationaler Meisterschaften.“ Zu- weile 60 Prozent. Die gesamte Kommu- kunftsweisender Schachzug: Früh setzte nikation mit „Kabelske Valley“ finde Wettbewerbe: Innovation durch Aufmerksamkeit Dögel auf Bewegtbild. Filmaufnahmen digital statt. „Dank working-dog sind und VHS-Kassetten von Wettkämpfen wir als IT-Dienstleister weniger stark Die IHK bietet ihren Mitgliedsfirmen verschiedene Plattfor- wurden aufgekauft und digitalisiert auf die Kaufkraft hierzulande angewie- men, um sich als innovative und erfolgreiche Unternehmen sowie mit den Profilen der dort vertre- sen. Und mit der Plattform als Eigen- der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Die bedeutsamsten tenen Hunde, Besitzer und Züchter ver- produkt können wir unsere Auslastung sind die Innovationswettbewerbe, an welchen die IHK – auch knüpft. „Zum anderen bauten wir uns unabhängiger steuern“, betont Dögel, finanziell – beteiligt ist: mithilfe von Dienstleistern ein Übertra- der für sein Portal noch jede Menge Po- • Digitale Erfolgsgeschichten aus Sachsen-Anhalt gungsteam auf.“ 400 Wettkämpfe pro tenzial sieht. „Wir haben 250.000 Nut- • IQ Innovationspreis Mitteldeutschland Jahr werden laut Dögel aufgezeichnet, zer. Allein in Deutschland gibt es rund • Reiner-Lemoine-Innovationspreis Anhalt-Bitterfeld von den 40 größten Hundesport-Events 600.000 organisierte Hundesportler und Darüber hinaus informiert die IHK regelmäßig in ihrer Mitglie- komplette Livestreams angeboten. Mit -züchter. Global betrachtet liegt unse- derzeitschrift über Projekte und Entwicklungen regionaler Pay-per-View-Tickets habe sich die re Erschließungsrate erst im einstelligen Unternehmen oder lädt diese zu Fachthemen bei den IHK-In- Plattform eine weitere wichtige Er- Prozentbereich.“ Die Digitalwelt hat aus formationsveranstaltungen ein. tragsquelle erschlossen: „Wer in Kana- dem „Kabelske Valley“ noch einiges zu da wohnt, wägt ab, ob er die teure erwarten. ANDREAS LÖFFLER
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 ⁄⁄ Das Titelthema 9 Smart auf Streife Der digitale „Assistent“ Polaris macht der Helikopter auf den Bildschirm im Funkstreifenwagen zu vollwertigen mo- Streifenwagen – dank Breitbandverbin- bilen Arbeitsplätzen mit Breitband- dung über das eingebaute LTE-Modul. anschluss. Berichte werden vor Ort er- Auf dem Monitor erscheinen der nächs- fasst, nicht erst auf der Wache. Doch te Einsatzort und die Information, wie die Entwicklung der Tonfunk System- weit die angeforderte Unterstützung entwicklung und Service GmbH aus entfernt ist. Durch Polaris sitzt die Leit- Ermsleben kann mehr. Sie ist bereits in stelle sozusagen mit im Streifenwagen. über 500 Fahrzeugen installiert, darun- ter im Großteil der Polizei-Fahrzeug- Möglich sind dadurch unter anderem flotte Sachsen-Anhalts. die direkte Routenführung zum Einsatz- ort oder die Videoeigensicherung. Nicht Das Herzstück von Polaris – ein PC mit zuletzt heißt es „Ade Zettelwirtschaft“, Zweiter Platz: Das von Tonfunk entwickelte System bietet nicht nur eine einfache entsprechender Software – arbeitet denn das digitale System reduziert den Navigation mit polizeiinternen Karten an. Es stellt ein vollwertiges einsatz- dort, wo einst das Reserverad im Strei- Verwaltungsaufwand für die Polizisten. taktisches Mittel für die tägliche Polizeiarbeit dar. fenwagen Platz fand. Nicht nur Einsät- Mittels gekoppelten Tablets lassen sich ze lassen sich nun von der Leitstelle in Berichte unterschriftsfertig im System tegrierten Displays stellen. Letztlich Kontakt Echtzeit übertragen. Die Beamten sehen hinterlegen. Ordnungswidrigkeiten wer- heißt Digitalisierung im Polizeialltag zeitgleich, was die Kollegen gerade tun den unmittelbar aufgenommen, das in- mehr Präsenz: Waren Polizeibeamte frü- TONFUNK Gruppe Anger 20 und wo der Hubschrauber kreist, der ei- tegrierte Zahlungsterminal gehört zum her durchschnittlich drei Stunden auf 06463 Falkenstein/Harz nen flüchtigen Verdächtigen verfolgt. Zubehör. Die Besatzung kann Fahn- der Straße, sind es heute sieben. Tel. 034743 500 Videos vom Einsatzgeschehen sendet dungs- oder Halterabfragen über die in- FRANK DRECHSLER www.bos-polaris.de Strom intelligent speichern, Systeme effizient vernetzen Mehr Power durch kluge Steuerung lau- von bis zu 30 Jahren. Von Beginn an ohne sachstan oder in entlegenen Gegenden tet das Credo der 2014 in Wittenberg mächtigen Mutterkonzern im Markt zu Ruandas in Betrieb nehmen. Fragen las- gegründeten TESVOLT GmbH. Das Un- agieren, stellte für das Start-up eine be- sen sich ohne Zeitverluste klären. Mit ternehmen stellt auf Lithium-Ionen ba- sondere kreative Herausforderung dar. Webinaren wählt die Firma zudem auch sierende Batteriespeicher her und hat für Schulungen den digitalen Weg. Ein mittlerweile Kunden in der ganzen Welt. Zum digitalen Vorreiter macht TESVOLT Onlinezugriff auf Prozessdaten ermög- Die Digitalisierung durchdringt alle deshalb nicht zuletzt ein neuartiges licht, bei Handlungsbedarf irgendwo auf Kontakt Bereiche – von der Optimierung der Schulungs- und Monitoringsystem. So der Welt jederzeit Alarm zu schlagen – TESVOLT GmbH Speicher bis zur Kundenbetreuung. können sich Installateure über das In- von Wittenberg aus. Außerdem können Am Alten Bahnhof 10 06886 Lutherstadt ternet mit der Zentrale in Deutschland die Kunden über ein Monitoringsystem Wittenberg „Wir bringen die Energie zu den Men- verbinden, während sie etwa Batterie- selbst verfolgen, wie die Speicher ar- Tel. 03491 8797100 schen“, sagt Tjorven Graßnick, Prozess- speicher auf dem Expo-Gelände in Ka- beiten. ULF ROSTALSKY www.tesvolt.com und Qualitätsmanager von TESVOLT. Das Erfolgsrezept dabei: Die Wittenberger setzen auf ein selbst entwickeltes Batte- riemanagementsystem. Es sorgt dafür, dass die Batteriezellen immer bestmög- lich be- und entladen werden. Weltweit einzigartig: Das aktive Zellbalancing be- schränkt sich nicht auf die Zellen inner- halb eines Batteriemoduls. Die verschie- denen Batteriemodule untereinander werden ebenfalls optimiert. Die perma- nente Überwachung von Temperatur, Spannung und Ladezustand der Batte- riezellen erhöht deren Betriebsdauer sig- nifikant. Die Batteriespeicher von TES- Dritter Platz: Vernetzung im Unternehmen und Online-Kontakt zu Installateuren und Kunden weltweit VOLT erreichen somit eine Lebensdauer sind die Trumpfkarten, die das junge TESVOLT-Team ausspielt.
Das Titelthema ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 10 Gestaltungsmöglichkeiten und Wissenstransfer durch erfolgreiches Netzwerken des Geschäfts holen sich unsere Mit- glieder Rat bei denjenigen, die bereits Erfahrungen und Erfolge aufweisen können. Und seit 2016 bieten wir für interessierte innovative Start-ups eine Coachingmöglichkeit an und vermitteln auf Wunsch Partner und Mentoren. Worin liegen die Faktoren einer er- folgreichen Netzwerkarbeit? Ganz klar: einen Mehrwert für alle Be- teiligten schaffen. Wenn nur einer oder wenige auf Kosten anderer profitieren, Kontakt wird es nicht funktionieren. Wie bei uns VIU Verband Innovativer im VIU gibt es oft allein durch die Viel- Unternehmen – Landes- gruppe Sachsen-Anhalt falt der vertretenen Branchen solche c/o Dr. Ing. Klaus Krüger Dr. Ing. Klaus Krüger, Landesgruppensprecher Sachsen-Anhalt des VIU – Verband innovativer Unternehmen Unterschiede, dass Sie sich unbedingt Gesellschaft für Medizin-, auf das Verbindende fokussieren müs- Bio- und Umwelttechno- Netzwerkarbeit ist ein – auch und ge- Welche Rolle spielt dabei der gute sen. Dies erreicht man am besten durch logien e. V. Halle (GMBU) rade im Wirtschaftsleben – viel zitierter Draht zur Politik? einen regelmäßigen Austausch der Ak- Erich-Neuss-Weg 5 06120 Halle und oft beschworener Begriff. Doch Ohne Zweifel ist die Lobbyarbeit die teure über die gemeinsamen Ziele und Tel. 0345 7779641 welche Rolle genau kann Netzwerkar- zentrale Säule bei der Netzwerktätigkeit deren Umsetzung – einschließlich einer www.viunet.de beit spielen und welche Kriterien sind zu des VIU: Über stetig stattfindende Ge- sauber ausbalancierten Regelung, wer erfüllen, um sie erfolgreich zu gestal- sprächsrunden versuchen wir Bundes- was an finanziellem, personellem und ten? Die „Mitteldeutsche Wirtschaft“ und Landesregierung dazu zu motivie- sonstigem Input beisteuert. Dabei hat sprach mit Dr. Klaus Krüger, Landes- ren, solche Bedingungen zu schaffen, es sich aus meiner Sicht bewährt, nicht gruppensprecher des Verbands Innova- dass wir nachhaltig Innovationen erar- „von vorn“, sondern von mittendrin zu tiver Unternehmen (VIU). beiten und umsetzen können – etwa moderieren. Das bindet alle ein und indem wir der Politik Förderprogramme vermeidet ein Zurücklehnen nach dem Herr Dr. Krüger, was kann Netzwerk- mit möglichst guten Bedingungen ab- Motto: Lass die Verbandsspitze mal arbeit bewirken? ringen. Der kurze Draht zu Entschei- machen. Ich nenne Ihnen ein Beispiel: Durch un- dungsträgern sorgt etwa dafür, dass wir ser ehrenamtliches Wirken im VIU in den Entwurf für eine neue Förder- Haben Sie weitere Tipps? konnten wir signifikant dazu beitragen, richtlinie noch ergänzende Punkte ein- Es lohnt sich, die Mitglieder auch mal das Forschungspotenzial namentlich in bringen konnten, die aus Unterneh- „außerdienstlich“, etwa bei einer ge- kleineren Unternehmen zu stärken – menssicht unerlässlich waren. Dabei meinsamen Schiffstour oder kulturel- gerade hier in Sachsen-Anhalt. Wäh- haben wir uns auch eng mit der IHK len Unternehmung, zusammenzubrin- rend die Forschungs- und Entwick- Halle-Dessau abgestimmt und auf die- gen. Letztlich ist natürlich auch schlicht lungsförderprogramme (F&E) für kleine se Weise eine neue Qualität erreicht. die Größe wesentlicher Erfolgsfaktor für und mittlere Unternehmen in allen Bun- Netzwerkarbeit. Mehr Partner bedeu- desländern recht ähnlich sind, konnten Das Netzwerk gibt also den Rahmen ten nun einmal stärkeres Gewicht bei wir speziell für Sachsen-Anhalt errei- vor – kooperieren die Unternehmen der Interessenvertretung und damit grö- chen, dass die außeruniversitären ge- auch darüber hinaus miteinander? ßere Gestaltungsmöglichkeiten. Und meinnützigen Forschungseinrichtungen Auf jeden Fall. Ein für die Katalysator- auch die anderen Vorteile, die Beteilig- für Investitionen eine 90-Prozent- Rolle des VIU zweiter wichtiger Eckpfei- te aus der Netzwerkarbeit ziehen kön- Förderung erhalten. Das kommt mittel- ler ist der Austausch der im Verband nen – Wissens- und Erfahrungsaus- bar natürlich auch den Unternehmen, organisierten Unternehmen untereinan- tausch sowie Arbeitsteilung – mehren für welche diese Institutionen forschen, der. Gerade bei branchenübergreifenden sich mit jedem weiteren Mitstreiter. zugute. Themen wie der Internationalisierung ANDREAS LÖFFLER
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 ⁄⁄ Das Titelthema 11 Gelungene Netzwerkarbeit in der Praxis Wie geht erfolgreiche Netzwerkarbeit spräch kamen, hat man uns nahege- konkret: Wie baut sie sich auf, wie wird legt, dazu eine verbindliche Rechtsform sie organisiert? Die „Mitteldeutsche zu geben – was quasi die Geburtsstun- Wirtschaft“ ist diesen Fragen am Bei- de des Vereins war“, so Gern weiter. spiel des Bündnisses „TRAINS“ nachge- gangen, das jüngst im Förderprogramm „WIR! Wandel durch Innovation in der Rechtsform und Region“ die erste Phase erreicht hat. künftige Ausrichtung Dem Netzwerk gehören heute 14 Partner Austausch und (mit mehr als 2.500 Mitarbeitern) über Unterstützung die gesamte Wertschöpfungskette an: Neben der DB Fahrzeuginstandhaltung Hinter „TRAINS“ stehen die Hochschu- Dessau, Komponentenherstellern wie le Anhalt, die neben administrativen Molinari Rail Systems, Gedack oder FVK Aufgaben vor allem für breite gesell- reicht die Palette über die Dessauer Ver- Vorstandsvorsitzender Guido Huke vom Verein Bahntechnologie Dessau e. V. Das Netzwerk, das Eisenbahn-affine Unternehmen über die gesamte Wert- schaftliche Akzeptanz in der Region sor- kehrs GmbH, den Schienenverkehrs- schöpfungskette vereinigt, will unter anderem ein gemeinsames Forschungs- gen soll, sowie – maßgeblich für die Fachberater Railistics bis zu wissen- und Entwicklungszentrum „auf die Schiene“ setzen. praktischen technologischen Aspekte – schaftlich technischen Partnern wie dem der Verein Bahntechnologie Dessau. WTZ Roßlau, der Hochschule Anhalt verfeinern und zu schärfen – unter an- Dieser wurde 2016 gegründet und geht oder der Schweißtechnischen Lehr- und derem indem wir zwei hauptamtliche auf den bereits zwei Jahre früher etab- Versuchsanstalt Halle. Inzwischen er- Koordinatoren bei Hochschule und Ver- lierten Dessauer Bahnstammtisch zu- gänzen unter anderen auch die Linde ein einsetzen.“ rück. „Der Bahnsektor hat hier eine vie- AG und der Sicherheitssoftwareentwick- Auf der „TRAINS“-Planungskonferenz Kontakt le Jahrzehnte zurückreichende Tradition. ler Techcos das Spektrum des Vereins. im Juni sollen alle Teilbereiche vorge- Verein Bahntechnologie Unser Anliegen war, die nach der Wen- „Für unser anvisiertes Bahntechnolo- stellt sowie die konkrete Aufgabenver- Dessau e. V. de aus- und neu gegründeten Einzelun- gie- und -Forschungszentrum beschäf- teilung bis zur Abgabe des Konzepts im Peterholzstraße 15 ternehmen einmal pro Vierteljahr in lo- tigen wir uns natürlich auch intensiv Oktober festgelegt werden, schildert 06849 Dessau-Roßlau ckerer Runde zu versammeln – zwecks mit dessen inhaltlicher Ausrichtung. Günther Gern und Guido Huke ergänzt: Tel. 0340 2169014 Austausch und gegenseitiger Unter- Mit Blick auf den Markt und die langen „Wenn wir es anschließend auch noch stützung, auch in Sachen Personal, so- Lebenszyklen von Schienenfahrzeugen in die Umsetzungsphase von „WIR!“ wie zum Abstimmen bei Investitionen“, haben wir das Nachhaltigkeitsmana- schaffen, ist ein Bahntechnologie und - erläutert Vereinschef Guido Huke. gement der eingesetzten Systeme und Forschungszentrum in Dessau greifbar damit verbundener Verfahren als mög- nah.“ In dieser Phase stünden jedem der liche Schwerpunkte identifiziert“, hebt 12 ausgewählten Bündnisse mehrere Hilfe bei Forschung Günther Gern hervor. Millionen Euro Fördermittel zur Verfü- und Entwicklung gung. Sein Mitstreiter Günther Gern lädt derweil weitere bahnaffine Unter- Mit Blick auf die Zukunftssicherung Rückenwind durch nehmen der Region dazu ein, ebenfalls stand schnell auch die Frage im Raum, Förderprogramm im Netzwerk mitzuarbeiten: „Ich will es wie sich die verschiedenen Wertschöp- so ausdrücken: Wir haben gerade etwas fungsanteile für Innovationen zusam- Das aktuelle WIR!-Förderprogramm für Großes auf die Schiene gesetzt – kop- menführen lassen – erst recht vor dem mehr regionale Innovation in den neu- peln Sie an unseren Zug an!“ Hintergrund, dass sich viele Mittel- en Bundesländern passe dabei wie „ge- ANDREAS LÖFFLER ständler keine eigenen F&E-Abteilungen malt“ zu den Zielen des Netzwerks und leisten können. „Wir haben daher als biete dem Bündnis „TRAINS“ die Chan- Erfolgreich durch Netzwerken unser Ziel formuliert, die Gründung ce, die ambitionierten Projekte deutlich eines Bahntechnologie- und -For- zügiger zu verwirklichen, betont Ver- Die IHK ist nicht nur gut vernetzt, sie vermittelt auf Wunsch schungszentrums in Dessau voranzu- einschef Guido Huke. „Durch den Einzug auch geeignete Netzwerke und Ansprechpartner, unterstützt treiben“, unterstreicht Vorstandsmit- in die erste sogenannte Konzeptphase regionale Netzwerke oder initiiert bei Bedarf neue. Sie infor- glied Günther Gern. „Als wir Bahn- haben wir jetzt 200.000 Euro Bundes- miert regelmäßig über deren aktuelle Aktivitäten und steht im stammtischler mit der Landesregierung mittel als Förderung bewilligt bekom- regen fachlichen Austausch. über eine etwaige Förderung ins Ge- men, um unseren Themenvorschlag zu
VERLAGSSPECIAL_ NUTZFAHRZEUGE UND TRANSPORTER IMPRESSUM VERLAGSSPECIAL: REALISATION: PRÜFER MEDIENMARKETING, Endriß & Rosenberger GmbH · Verantwortlich: W. Endriß · 99084 Erfurt · Schlösserstr. 39 Telefon 0361 5668194 · E-Mail: medienmarketing.erfurt@pruefer.com. Die Textbeiträge in diesem Special wurden von den werbenden Unternehmen verfasst. Verlags-Sonderveröffentlichung_Prüfer Medienmarketing für die Region Südliches Sachsen-Anhalt
Der Branchenreport ⁄⁄ MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 14 Der Branchenreport 14 Industrie 16 Tourismus- und Gastgewerbe 18 Handel Industrie Im „Schneeballsystem“ zum Gestaltungswillen Rückblende: In den frühen 1990er Jah- ren kommt die Marktwirtschaft nach Mitteldeutschland zurück. Im Süden Sachsen-Anhalts wagen alteingesesse- ne und zahllose neue Unternehmer den Schritt ins Unbekannte – manche Er- folgsgeschichte nahm damals ihren An- Kontakt fang. Aber ausgerechnet die Industrie TOTAL Raffinerie im „Chemiedreieck“, dem früheren DDR- Mitteldeutschland GmbH Bezirk Halle (Saale), drohte auszubluten. Maienweg 1 06237 Leuna In den zwei Jahren von 1991 bis 1993 Tel. 03461 481224 verloren damals rund 40.000 Beschäf- www.total.de tigte ihren Arbeitsplatz. Veraltete Anlagen, ökologische Altlas- ten, zögerliche Investoren, die eine oder Die Umstrukturierung der alten DDR- Schwierig aber wurde eine wichtige an- andere harte Entscheidung der „Treu- Wirtschaft erfolgte damals in einer Ge- dere Frage: Welchem Ostdeutschen handanstalt“ in Berlin – diese Geschich- schwindigkeit, dass viele Menschen ihren konnte man mittel- oder langfristig ten sind oft erzählt worden. Warum der Lebensplan gar nicht so schnell umstel- Führungsverantwortung übertragen? Wiederaufstieg trotzdem gelang, hat len konnten. Wenn ich die Arbeitslosen- aber nicht nur mit gehaltenen Verspre- zahlen aus diesen Jahren nehme und die Wo lagen die Schwierigkeiten genau? chen, intelligenten neuen Konzepten verschiedenen Auffanggesellschaften Die gelernte Unternehmenskultur in In- oder ausländischen Investitionen zu tun. mitzähle, komme ich hier in der Region dustriebetrieben war eine ganz andere Der Gestaltungswille zählte. In einer auf eine Quote von über 40 Prozent. Aus als es die Investoren kannten: In einem westlich geprägten Unternehmenskul- heutiger Sicht unglaublich. DDR-Kombinat waren die wenigsten tur mussten ostdeutsche Führungskräf- aus eigenem Willen aktiv. Gemacht te ihren Weg erst finden. Und der war … und bei Ihnen in der Raffinerie? wurde, was die Partei vorgab. Viele Mit- durchaus steinig. Das Interview mit Als es Anfang der 1990er Jahre um den arbeiter waren es nicht gewohnt, bei Reinhard Kroll, langjähriger Chef der Fortbestand der Raffinerie ging, setzte der Arbeit Dinge eigenständig voran- Total-Raffinerie in Leuna und Träger der sich letztlich das Konzept von Elf – heu- zutreiben. goldenen IHK-Ehrennadel, zeigt die In- te Total – durch, eine völlig neue Pro- nensicht eines Zeitzeugen. duktionsstätte zu bauen. Dann schauten Das entspricht genau dem Klischee, sich die ausländischen Investoren auf das im Westen von der DDR-Wirt- Herr Kroll, sie waren schon vor der der Suche nach Mitarbeitern natürlich schaft besteht. Woraus resultierten Wende in Leuna beschäftigt. Wie ha- zuerst das bestehende Personal an. Der die Probleme? ben Sie als unmittelbar Betroffener große Vorteil unserer Region bestand Von potenziellen Führungskräften ha- den Umbruch in der mitteldeutschen darin, dass hier genügend gut ausgebil- ben die Investoren trotzdem erwartet, Industrie erlebt? dete Arbeitskräfte bereitstanden. dass sie eigenständig Verantwortung
MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT 6 2018 ⁄⁄ Der Branchenreport 15 übernehmen. Ich habe sechs Jahre im Ausland gearbeitet, in Frankreich und Belgien. Wenn etwa ein Franzose sagt, er handelt verantwortlich, dann meint er damit: Er gestaltet einen Prozess. In der DDR-Großindustrie war Verantwor- tung hingegen negativ belegt – nämlich gekoppelt mit Bestrafung. Können Sie das näher erklären? Wenn etwas schief lief – bei einem Aus- fall etwa oder gar einem Unfall – straf- te der Staat durchaus rigoros. Der ver- antwortliche Leiter war schuld. Und zwar unabhängig davon, ob nun ein individueller Fehler vorlag oder nicht. Ich erinnere mich an kuriose Diskussio- nen weit nach 1990, als wir in der Raf- finerie neue Betriebsanweisungen ge- schrieben haben. Da wurde lange und heftig darüber diskutiert, den Begriff „verantwortlich“ durch „zuständig“ zu ersetzen. Aber ist das nicht nur Semantik? Nein. Wenn jemand mit einer solchen kulturellen Prägung vor eine neue Auf- gabe gestellt wurde, dann dachte er Kolonne der Destillation im Bau lange nach: „Das hab ich noch nicht gemacht. Kann ich es gut genug, um jedoch weiterführende Personalkonzep- gen, wenn allein westliche Führungs- am Ende nicht schuld zu sein?“ Verant- te entwickelt und umgesetzt werden. kräfte für den Wiederaufstieg stün- wortung übernimmt dann nur, wer zu Während dieses zweiten Schrittes war den, oder? 100 Prozent von sich überzeugt ist, ich Chef der Produktionsabteilung, in Tatsächlich gab es in den Industriebe- 80 Prozent reichen dann nicht. Diese – der die meisten Mitarbeiter beschäftigt trieben damals einige, die unbedingt gelernte – Bedächtigkeit wurde auf der waren. Eine meiner ersten Aufgaben Verantwortung übernehmen wollten – anderen Seite bisweilen als mangelnde war es dabei, den Chemiekomplex von zunächst durchaus eine überschaubare Fachkompetenz interpretiert. der Raffinerie abzuspalten. Wir mussten Zahl. Das Entscheidende war dann al- uns von noch mehr Kollegen trennen, lerdings, dass hier eine Art Schneeball- Wie war es in Ihrem Fall? das Personal von 1.300 auf 680 Be- system gelungen ist. Das Signal wirkte: Glück gehört dazu, das gestehe ich gern schäftigte reduzieren. Diese Zahlen Hier arbeiten in der Führungsetage ein. Viele der alten Leunamanager wa- habe ich noch heute im Kopf. nicht nur Westimporte. Hier beweisen ren politisch vorbelastet, ich nicht: vor sich Menschen, die bei uns groß ge- allem aus familiären Gründen war ich Für die Betroffenen bedeutete dies: worden sind. Und weil dieses Vorbild nicht in der SED und konnte deshalb re- Sie brauchten eine neue Perspektive. funktioniert hat, wurden immer mehr lativ schnell Verantwortung überneh- Und das war nicht einfach. Die Sozial- motiviert: Verantwortung übernehmen, men. Aber das bedeutete auch, harte pläne etwa waren nicht vergleichbar mit das kann ich auch! Entscheidungen treffen zu müssen. Ich heutigen. Ehrlich gesagt waren die Ab- war Teil des Führungsteams, das das findungen einfach zu gering, um damit Ihr Fazit? Raffineriepersonal abbauen musste, bei- einen neuen Lebensplan zu entwickeln. Die Botschaft der Marktwirtschaft lau- leibe keine einfache Aufgabe. Es gab Umschulungspläne und Auffang- tet: Nicht warten, was mit einem pas- gesellschaften, viele verließen die Regi- siert, sondern selbst aktiv werden. Für Warum? on, um ihr Glück anderswo zu suchen. die Wirtschaft war es deshalb damals – Wegen der Größenordnung: Im ersten und ist es nach wie vor – wichtig, ge- Schritt haben Ausgliederungen – wie Eine IHK-Umfrage zeigt, dass die nügend Menschen zu aktivieren, die etwa die der Instandhaltung – dazu ge- Menschen in der Region heute mit Veränderung aktiv mitgestalten. führt, dass die Mitarbeiterzahl von rund großer Mehrheit hinter der Industrie DIE FRAGEN STELLTE 2.000 auf 1.300 sank. Danach mussten stehen. Das wäre wohl kaum gelun- MARKUS RETTICH
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