N 31 - PRODUZENTEN MAGAZIN Das Magazin der Allianz

Die Seite wird erstellt Stefan Kroll
 
WEITER LESEN
N 31 - PRODUZENTEN MAGAZIN Das Magazin der Allianz
PRODUZENTEN
PRODUZENTEN MAGAZIN 31

                         MAGAZIN               Das Magazin der Allianz
                                               Deutscher Produzenten –
                                               Film und Fernsehen e.V.

                                                         o
                         MAI 2021
                                              N 31

                                                 • Die Corona-Krise
                                       • Im Portrait: Alexander Thies
                                    • Programmittel bei ARD und ZDF
                                                      • FFG und DSM
                                        • Fachkräfte und Ausbildung
N 31 - PRODUZENTEN MAGAZIN Das Magazin der Allianz
N 31 - PRODUZENTEN MAGAZIN Das Magazin der Allianz
MAGAZIN Nº31

  CORONA-PANDEMIE
       DIE PRODUZENTENALLIANZ
               IM KRISENMODUS

       HERAUSFORDERUNGEN DES
          PRODUKTIONSALLTAGS
          PRODUZENTINNEN UND
   PRODUZENTEN BERICHTEN ÜBER
IHRE ERFAHRUNGEN IM KRISENJAHR

                PORTRAIT
             DES VORSITZENDEN
      DER PRODUZENTENALLIANZ
         ALEXANDER THIES

           FFG UND DSM
                EIN BLICK IN DIE
          ENTWICKLUNGEN ZUM
      FILMFÖRDERUNGSGESETZ
UND DEM DIGITAL SINGLE MARKET

               ARD UND ZDF
ALS AUFTRAGGEBER DER BRANCHE

   MECKLENBURG-VORPOMMERN
        FILMFÖRDERUNG
        NEU AUFGESTELLT

                               1
N 31 - PRODUZENTEN MAGAZIN Das Magazin der Allianz
INHALT
                          Corona-Pandemie
        Verantwortung und Solidarität:
           Corona-Krisenmanagement
               der Produzentenallianz           4
                              Ausfallfonds II
     Staatssekretär Nathanael Liminski
                 in einer Wortmeldung
                                                12
                     Portrait Alexander Thies
„Eine gemeinschaftliche Pionierleistung“
                                                14
                                                     Coronakrise

                                                26   Herausforderungen des
                                                     Produktionsalltags

                                                     Imke Fehrmann und Dirk Beinhold

                                                28   „Viele Arbeitsschritte kosten derzeit
                                                     rund 20 Prozent mehr“

                                                     Barbara Thielen
                                                30   „Am Anfang war es Trial and Error“

                                                     Rolf Hellgardt

                                                32   „In kürzester Zeit brachen uns
                                                     sieben Produktionen weg“

                                                     Bernd Wilting
                                                     „Mit den Nachwirkungen der Krise
                                                34   werden wir auch im nächsten Jahr
                                                     noch kämpfen“

                                                     Katharina Rinderle

                                                36   „Die Pufferung der Mehrkosten
                                                     und die Zwischenfinanzierung
                                                     waren große Herausforderungen“

                                                     Stephan Brockmann
                                                38   „Zehn positiv Getestete an
                                                     einem Tag?“

                                                     Martin Klauder

                                                40   „Die Pandemie darf den Kosten-
                                                     druck nicht weiter erhöhen“
        2
N 31 - PRODUZENTEN MAGAZIN Das Magazin der Allianz
Produzenten MAGAZIN No 31

     Fachkräfte und Ausbildung
42   Houston wir haben ein Problem...
     ...immer noch!

     Anmerkungen zum Buch von Dieter Kosslick
48   Immer auf dem Teppich bleiben

50
     FFG und DSM
     Leider zu früh!!!

     Programmmittel

54   ARD und ZDF als Auftraggeber der
     deutschen Produktionsunternehmen

56   Filmförderung in Mecklenburg-Vorpommern
     Neustart in schweren Zeiten

61   Zur Produzentenallianz
     Neue Gesichter

62
     Zur Produzentenallianz
     Freundeskreis

                                                      3
N 31 - PRODUZENTEN MAGAZIN Das Magazin der Allianz
4
N 31 - PRODUZENTEN MAGAZIN Das Magazin der Allianz
Verantwortung und Solidarität
Corona-Krisenmanagement der Produzentenallianz
Auf die zunehmende Ausbreitung des Coronavirus ab März 2020 in Deutschland und die damit einhergehen-
den massiven Auswirkungen auch auf die Film- und Fernsehproduktionswirtschaft hat die Produzentenallianz
umgehend reagiert und die Verbandsarbeit auf die Bewältigung existenzieller Herausforderungen aufgrund
der Pandemie konzentriert.

                                                                                                       5
N 31 - PRODUZENTEN MAGAZIN Das Magazin der Allianz
Die Bundesregierung hat im März 2020 damit begon-        umgehend Verhandlungen über einen Kurzarbeits-
nen, weitreichende Maßnahmen zur Eindämmung des          Tarifvertrag auf. Es spricht für eine starke, belastba-
Coronavirus und zugleich zur Abfederung der Auswir-      re Sozialpartnerschaft zwischen Produzentenallianz,
kungen zu treffen, auch mit unmittelbaren Folgen für     ver.di und BFFS, dass bereits am 25. März 2020 nach
die Produktionswirtschaft. Für die Produzentenallianz    intensiven, virtuell geführten Gesprächen ein Kurzar-
ist es von höchster Priorität, einer möglichen Schädi-   beits-Tarifvertrag für auf Produktionsdauer beschäftige
gung der Film- und Fernsehproduktionswirtschaft ent-     Filmschaffende abgeschlossen werden konnte. Die-
gegenzuwirken. Kurzfristig wurde daher der Gesamt-       ser Kurzarbeits-Tarifvertrag ergänzt den bestehenden
vorstand der Produzentenallianz am 16. März 2020         Manteltarifvertrag und gilt für Anstellungsverhältnisse,
zu einer außerordentlichen Sitzung als Telefonschal-     an denen auf beiden Seiten tarifgebundene Parteien
te zur Einschätzung der Situation für die Film- und      beteiligt sind. Er kann auch von nicht tarifgebundenen
Fernsehbranche und zur Besprechung des weiteren          Produktionsunternehmen einzelvertraglich oder per
Vorgehens einberufen. In der anschließenden öf-          Betriebsvereinbarung vereinbart werden. Der Kurzar-
fentlichen Stellungnahme rief die Produzentenallianz     beits-Tarifvertrag ermöglicht somit, dass Kurzarbeit für
zum Schulterschluss aller Branchenteilnehmer auf und     auf Produktionsdauer Beschäftigte angeordnet wer-
betonte ihre uneingeschränkte Solidarität gegenüber      den kann. Bei Anordnung von Kurzarbeit verpflichten
ihren Partner*innen am Set, den Kreativen und Film-      sich die an den Kurzarbeits-Tarifvertrag gebundenen
schaffenden, aber auch den Verwertern der Produkti-      Unternehmen, das staatliche Kurzarbeitergeld - von
onen in Verleih, Kino, Festivals und bei den Sendern.    anfangs netto 60 Prozent bzw. 67 Prozent für Eltern
Weiter regte die Produzentenallianz in ihrem Appell      - für Crew-Mitglieder auf netto 100 Prozent der sich
konstruktive und gemeinsame Schritte für die Bewäl-      aus dem Gagentarifvertrag ergebenden Tarifgagen
tigung der Krise an, um die Branche vor einer exis-      und höchstens der Beitragsbemessungsgrenze auf-
tenzbedrohenden Situation zu schützen. Parallel dazu     zustocken. Bei Schauspieler*innen erfolgt die Aufsto-
formulierte die Werbesektion der Produzentenallianz      ckung bis zur Beitragsbemessungsgrenze von bis zu
eine gemeinsame Erklärung mit dem Gesamtverband          90 Prozent der vereinbarten Gagen. Zwar bringt dieser
Kommunikationsagenturen (GWA), der Organisation          zusätzliche Tarifvertrag in seinem Anwendungsbereich
Werbungtreibende im Markenverband (OWM) und              Zahlungsverpflichtungen für die Produzent*innen mit
dem Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft         sich, gleichwohl ist festzuhalten, dass den Hauptanteil
(ZAW) zur speziellen Lage des Werbebereichs und          der Kosten der Staat trägt und mit dem Tarifvertrag
betonte die Solidarität zwischen Unternehmen jeder       vielfach erst die Voraussetzungen für eine Anordnung
Größe, um die Wertschöpfungsketten für die Zukunft       der Kurzarbeit und die Beantragung von Kurzarbeits-
zu erhalten.                                             geld geschaffen wurden. Die Bundesregierung hat mit
                                                         der kurzfristigen Übernahme der Sozialabgaben der
In der Folge ergriff die Produzentenallianz eine Reihe   Arbeitgeber sehr flexibel und verantwortungsbewusst
von Maßnahmen, um die Auswirkungen der Beschrän-         agiert. Erfreulich ist auch, dass die Bezugsdauer für
kungen auf die Produktionswirtschaft abzufedern und      Kurzarbeit von der Bundesregierung inzwischen bis
perspektivisch einen Wiedereinstieg in die Produktion    zum 31. Dezember 2021 ausgeweitet wurde und das
zu ermöglichen:                                          Kurzarbeitergeld ab dem vierten Bezugsmonat auf 70
                                                         Prozent bzw. 77 Prozent für Eltern und ab dem siebten
Kurzarbeits-Tarifvertrag: starke Sozialpartnerschaft     Bezugsmonat auf 80 Prozent bzw. 87 Prozent erhöht
                                                         wurde.
Im Zentrum des ersten Schutzschilds für Beschäftigte
und Unternehmen der Bundesregierung von Mitte            Mit diesem äußerst kurzfristig verhandelten Kurzar-
März 2020 steht ein weitreichendes Maßnahmen-            beits-Tarifvertrag wurde von den Sozialpartnern in der
bündel, um die Wirtschaft mit Liquidität auszustatten    Filmproduktion ein wirkungsvolles Instrument der Kri-
und vor allem Arbeitsplätze zu sichern. Wesentlich       senbewältigung für die Produzent*innen geschaffen.
sind dabei die Erleichterungen zur Einführung von        Die Vorteile des Abschlusses liegen in der rechtlichen
Kurzarbeit, die im Schnellverfahren neben diversen       Verlässlichkeit einer tariflichen Kurzarbeitsregelung
Liquiditätshilfen und Bürgschaftsprogrammen be-          und in den Regelungen für einen Wiedereinstieg in
schlossen wurden. So wurde das zur Einführung von        die Produktion. Beim Bundesministerium für Arbeit
Kurzarbeit erforderliche Quorum der von Arbeitsaus-      und Soziales (BMAS) fand das Zustandekommen des
fall mindestens betroffenen Beschäftigten im Betrieb     Kurzarbeits-Tarifvertrags für die Filmproduktionen
von 30 Prozent auf bis zu 10 Prozent abgesenkt und       große Würdigung als ein effektives Instrument, um
die Erstattung der Sozialversicherungsbeiträge durch     Beschäftigung in der Filmbranche zu sichern. Wichtig
die Bundesagentur für Arbeit zugesichert.                ist auch die wahrgenommene soziale Verantwortung
                                                         der Produktionswirtschaft, die damit deutlich zum
Um diese Erleichterungen für die Kurzarbeit auch im      Ausdruck gebracht wird und die hoffentlich auch in
Filmbereich für auf Produktionsdauer Beschäftigte        anstehenden Tarifverhandlungen, die die Produzen-
anwenden zu können, nahm die Produzentenallianz          tenallianz auch nach der Corona-Krise führen wird,
mit ver.di und dem Bundesverband Schauspiel (BFFS)       Anerkennung finden wird.

6
N 31 - PRODUZENTEN MAGAZIN Das Magazin der Allianz
Produzenten MAGAZIN No 31

Schutzschirme der öffentlich-rechtlichen und
privaten Sendergruppen

Mit den großen Sendergruppen in Deutschland
hat die Produzentenallianz gleich zu Beginn der
Pandemie intensive Gespräche aufgenommen zum
Umgang bei Corona-bedingten Produktionsver-
schiebungen oder -unterbrechungen. Die Sender
signalisierten hohe Sensibilität und benannten kurz-
fristig Ansprechpartner*innen in ihren Häusern für die
Produzent*innen. Die ARD und das ZDF reagierten
als die größten Auftraggeber der Produzent*innen
noch im März 2020 und sicherten die Übernahme
von Corona-bedingten Mehrkosten mit 50 Prozent zu.
Diese kurzfristigen Schutzschirme von ARD und ZDF
galten als Soforthilfemaßnahmen zunächst bis ein-
schließlich 30. April 2020 für Produktionen, die ihren
Dreh nicht fortsetzen oder nicht wie geplant beginnen
können. In der Folge wurden die Schutzschirme von
ARD und ZDF jeweils schrittweise Monat für Monat
verlängert – vorbehaltlich des Inkrafttretens eines
staatlichen Ausfallfonds. Dabei konnte die Produzen-
tenallianz zwischenzeitlich einige Nachbesserungen
bei den Schutzschirmen erreichen. Genannt sei etwa
die mündliche Zusage, dass sich die Schutzschirme
der öffentlich-rechtlichen Sender auch auf geförderte
Fernseh- und Kino-Co-Produktionen erstrecken, ent-
sprechend des jeweiligen Finanzierungsanteils. Auch
der von Produzentenallianz, ver.di und BFFS ausge-
handelte Kurzarbeits-Tarifvertrag wurde von ARD und
ZDF ausdrücklich begrüßt und anerkannt. Beide Sen-
der haben zugesagt, die tariflich festgelegten Aufsto-
ckungsgelder als Mehrkosten zu berücksichtigen und
sich daran zu 50 Prozent zu beteiligen. Als weitere
Sofortmaßnahme hat das ZDF zudem kurzfristige Li-
quiditätshilfen für die Produzent*innen bereitgestellt
und dafür einen Sonderfonds von bis zu 15 Mio. Euro
gebildet. Produzent*innen, die von Corona-bedingter
Drehunterbrechung oder -verschiebung betroffen
sind, konnten beim ZDF somit Abschlagszahlungen
auf die in den Verträgen vorgesehene nächste Rate
beantragen. Die ARD hat ebenfalls zusätzliche Liquidi-
tätshilfen für betroffene Produzent*innen eingerichtet,
die als Abschlagszahlungen auf anstehende Vertrags-
raten vereinbart werden können.

Die großen privaten Sendergruppen, Mediengrup-
pe RTL und ProSiebenSat.1, haben couragiert eigene
Schutzschirme für die Produzent*innen eingerichtet.
So hat die RTL-Gruppe sich als Sofortmaßnahme be-
reit erklärt, bei den betroffenen Produktionen einen
signifikanten Anteil der angefallenen Mehrkosten zu
übernehmen. Zudem sprach sich RTL früh für einen
gemeinsamen Runden Tisch der Produktionswirtschaft
aus. ProSiebenSat.1 hat ebenso rasch zugesagt, sich
in dieser schwierigen Situation an den unvermeidba-
ren Mehrkosten zu beteiligen. Mit ihren Schutzschir-
men haben alle vier Sendergruppen gleich zu Krisen-
beginn bewiesen, dass sie gerade auch in Zeiten von
Corona fest an der Seite der Produzent*innen stehen.

                                                     7
N 31 - PRODUZENTEN MAGAZIN Das Magazin der Allianz
Das vertrauensvolle Miteinander wird somit auch in
diesen schwierigen Zeiten konsequent und zielstrebig
fortgesetzt.

Den Ernst der Lage zeigt auch die Herbstumfrage
2019/2020 der Produzentenallianz, aus der her-
vorgeht, dass ein Drittel der befragten Produkti-
onsunternehmen die Folgen der Corona-Krise als
existenzbedrohend ansieht. Zwei Drittel der Unter-
nehmen mussten Corona-bedingt Produktionen un-
terbrechen, verschieben, reduzieren oder absagen.
Dementsprechend brachen bei einem ebenso hohen
Anteil Umsatz und Gewinn ein. Zugleich belegt die
Umfrage aber auch die unkomplizierte Unterstüt-
zung, die die Produzent*innen von den Sendern er-
fahren. Demnach übernimmt ProSiebenSat.1 durch-
schnittlich sogar 57 Prozent der Corona-bedingten
Mehrkosten, bei der RTL-Gruppe sind es 55 Prozent.
Damit liegen die privaten Sendergruppen ganz leicht
über der hälftigen Kostenübernahme, die von den
öffentlich-rechtlichen Sendern zugesagt wurde. Ih-
re Verluste konnten die befragten Produzent*innen
auch durch die Einführung von Kurzarbeit und die
Inanspruchnahme von Soforthilfen zumindest ein-
dämmen. Als entscheidendes Instrument, um die
Krise zu überstehen, wird von den Produzent*innen
in der Befragung eine Ausfallversicherung bzw. ein
Ausfallfonds gegen pandemische Risiken gesehen.

Soforthilfe der Länderförderer

Die Förderer der Bundesländer setzten ebenfalls noch
im März 2020 ein kurzfristiges Soforthilfeprogramm
auf. Das gemeinsam von FilmFernsehFonds Bayern,
Filmförderung Hamburg Schleswig-Holstein, Film- und
Medienstiftung NRW, HessenFilm, Medienboard, MFG
Baden-Württemberg, MDM Mitteldeutsche Medienför-
derung, nordmedia sowie der Filmförderungsanstalt
FFA und der Beauftragten der Bundesregierung für
Kultur und Medien (BKM) getragene Hilfsprogramm
umfasst ein Gesamtvolumen von 15 Mio. Euro und
bezieht sich auf die von Fördereinrichtungen gemein-
sam geförderten Projekte und soll dort greifen, wo al-
le anderen im Kontext der Corona-Krise ergriffenen
Hilfsmaßnahmen und Förderprogramme des Bundes
und der Länder nicht in Anspruch genommen werden
können. Die Soforthilfe richtete sich an Projekte
mit geplantem Produktionsbeginn bis zum 30.
Juni 2020. In Ergänzung zum gemeinsamen
Hilfsprogramm legten einige Förderer da-
rüber hinaus auch eigene Corona-Hilfs-
maßnahmen auf, wie z. B. zusätzliche
Entwicklungsförderungen. Die schnel-
le und unbürokratische Soforthilfe der
Länderförderer war angesichts der
Unterbrechungen und Verschiebun-
gen von Produktionen ein wichtiges
Signal für die Produzent*innen zu
Beginn der Pandemie.

8
Produzenten MAGAZIN No 31

Beratung zur Drehsituation und Mitwirkung                ne koordinierte Arbeitsgruppe mit Fachleuten und
beim Arbeitsschutzstandard                               Praktiker*innen aus den verschiedenen Sektionen
                                                         einberufen und Empfehlungen für Schutzmaßnah-
Neben ihrer politischen Arbeit auf vielerlei Ebenen,     men bei Dreharbeiten entwickelt. Dabei stand sie
ist die Produzentenallianz bestrebt die Situation der    im Austausch mit anderen Verbänden und Initiati-
Produzent*innen auch durch ganz praxisnahe Bera-         ven aus der Filmbranche wie bspw. „WirSind1Team“.
tungen zu verbessern und einen Wiedereinstieg in         Von staatlicher Seite wurde im April 2020 mit dem
die Produktion zu ermöglichen, z. B. über die kurz-      generellen SARS-CoV-2-Arbeitsschutzstandard des
fristig eingerichtete und intensiv genutzte Corona-      Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS)
Hotline, regelmäßige Update-Aussendungen oder            der grundlegende, zunächst branchenunspezifische
durch die Erarbeitung von Empfehlungen für den           Rahmen für neue Arbeitsschutzstandards gesetzt. Für
Arbeits- und Hygieneschutz. Zudem richtete die           den spezifischen Schutzstandard für die Filmpro-
Sektion Entertainment wöchentliche Corona-Tele-          duktion ist die Berufsgenossenschaft Energie Textil
fon- bzw. Videokonferenzen ein, bei denen sich die       Elektro Medienerzeugnisse (BG ETEM) zuständig. Die
Sektionsmitglieder zu allen Corona-Themen austau-        Produzentenallianz hat mit der BG ETEM umgehend
schen konnten. Dies wurde von den Mitgliedern als        Gespräche aufgenommen und die bereits erarbei-
sehr positiv empfunden. Aufgrund dieser positiven        teten Empfehlungen für die Filmproduktionen ein-
Erfahrung wurden die „Corona-Calls“ ab Herbst 2020       gebracht. Einige der Vorschläge wurden in der am
in den Sektionen Entertainment und Dokumentation         19. Mai 2020 veröffentlichten branchenspezifischen
institutionalisiert, wo seitdem regelmäßige (ca. alle    Handlungshilfe „SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandard
6 Wochen) Mitglieder-Videokonferenzen stattfinden.       – Empfehlungen für Filmproduktionen“ von der BG
Die Sektionen Kino, Fernsehen, Animation sowie           ETEM aufgegriffen. Im engen Dialog mit der BG
Werbung tauschen sich ebenso in ihren Formaten,          ETEM konnte die Produzentenallianz in der fortlau-
in den turnusmäßigen virtuellen Zusammenkünften          fenden Weiterentwicklung der Handlungshilfe eine
oder in Ad-hoc-Konferenzen zu Corona-Fragen aus.         Vielzahl von Erleichterungen erreichen. Sowohl die
                                                         Einführung der drei Schutzstufen als auch die Ab-
Mit Bekanntgabe der ersten staatlichen Maßnahmen         schaffung der Quarantäne zugunsten einer abge-
ist die Produzentenallianz unverzüglich auch mit den     schwächten Schutzzeit bieten erhebliche Erleichte-
Bundesländern und Kommunen in einen Dialog über          rungen und Flexibilisierungen bei den Dreharbeiten.
die Handhabung von Dreharbeiten getreten. Fortan         Diese wesentlichen Verbesserungen gehen zurück
informiert die Produzentenallianz fortlaufend ihre       auf ein medizinisch-epidemiologisches Gutachten,
Mitglieder über Änderungen an den Verordnungen,          das von der Universität des Saarlandes, Fachbe-
die die Bundesländer ausgehend von den Beschlüs-         reich Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie,
sen der Bundesregierung und der Ministerpräsiden-        im Auftrag der Produzentenallianz erstellt und von
tenkonferenz erlassen. Diese können sich im Einzel-      einzelnen Mitgliedsfirmen finanziert wurde. Auch
nen teilweise unterscheiden und je nach Entwicklung      weiterhin steht die Produzentenallianz in engem
der Lage immer wieder ändern. Ob z. B. Drehge-           Austausch mit der BG ETEM und setzt sich dafür ein,
nehmigungen im öffentlichen Raum erteilt werden,         dass notwendige Anpassungen die Arbeitsrealität
kann neben den allgemeinen Landesverordnungen            der Produzent*innen abbilden.
zudem von den örtlichen Verfügungen abhängig sein
bzw. wie diese von den zuständigen Behörden aus-         Da der „SARS-CoV-2 Arbeitsschutzstandard – Emp-
    gelegt werden. Zur Situation der Drehgenehmi-        fehlungen für Filmproduktionen“ ein komplexes
        gungen befindet sich die Produzentenallianz      Werk ist, hat die Produzentenallianz mehrere Schu-
           daher auch im regelmäßigen Austausch          lungen als Videokonferenz für die Produzent*innen
              mit den jeweiligen Film Commissions        der unterschiedlichen Genres angeboten. Zudem
                 und berät ihre Mitglieder in zahlrei-   werden die Mitglieder fortlaufend und kurzfristig
                   chen Einzelanfragen.                  über Änderungen und Handlungsempfehlungen
                                                         informiert.
                       Zentrale Voraussetzung für
                        die Wiederaufnahme von           Aufgrund des verbindlichen Charakters dieses neu-
                         Dreharbeiten war zunächst       en Arbeitsschutzstandards hat die Produzentenalli-
                          ein neues Arbeits- und Hy-     anz sich dafür eingesetzt, die daraus resultierenden
                          gieneschutzkonzept, um die     Mehrkosten als Kalkulationspositionen ansetzbar zu
                          Filmschaffenden bei Dreh-      machen. Ein derartiger behördlicher Standard für die
                          arbeiten vor Ansteckung        Sicherheit am Set war zudem auch eine notwendige
                          zu schützen und die weite-     Voraussetzung für jegliche Varianten eines Ausfall-
                         re Ausbreitung des Virus zu     fonds, mit dem Corona-Risiken bei zukünftigen Dreh-
                        verhindern. Die Produzen-        arbeiten abgesichert werden können.
                       tenallianz hat daher früh ei-

                                                                                                           9
Ausfallfonds I für Kinofilm- und
High-End-Serienproduktionen

Eine der größten Sorgen bereitete der Produktionswirt-
schaft die Tatsache, dass Corona-Risiken nicht durch
branchenübliche Ausfallversicherungen abgedeckt
werden, was Produzent*innen vor ein enormes wirt-
schaftliches Risiko stellte. Die Produzentenallianz hat
sich daher gleich zu Beginn der Krise gegenüber Bund
und Ländern sowie Sendern für einen Ausfallfonds für
sämtliche Bereiche der Film- und Fernsehproduktion
eingesetzt und dafür konkrete Vorschläge gemacht.

Im Rahmen des staatlichen Hilfs- und Konjunkturpro-
gramms „Neustart Kultur“ kündigte die Beauftragte
der Bundesregierung für Kultur und Medien (BKM)
im Juni 2020 an, 50 Mio. Euro für die Übernahme
von pandemiebedingten Ausfallkosten bei vom
Bund geförderten Kinofilmproduktionen und hoch-
wertigen Serienproduktionen bereitzustellen. In den
Prozess der Ausgestaltung dieses Fonds brachte sich
die Produzentenallianz nachdrücklich ein. Der Aus-
fallfonds I, der am 11. September 2020 an den Start
ging, bildet seither das wichtige Fundament für einen
abgesicherten Wiedereinstieg in die Produktion von
(auch) vom Bund geförderten Kinofilmen und High-
End-Serien. Im Schadensfall werden Produktionen mit
einem majoritären Förderanteil des Bundes mit bis
zu 95 Prozent des anerkannten Schadens, maximal
aber bis zur Höhe der Gesamtherstellungskosten
und maximal in Höhe von bis zu 1,5 Millionen Euro
durch die BKM unterstützt. Produktionen, die majo-
ritär durch die Länder gefördert sind, erhalten vom
Bund im Schadensfall bis zu 750.000 Euro zusätzli-
che Unterstützung. Ebenfalls bis zu 750.000 Euro
können von den sich am Ausfallfonds beteiligenden
Länder bereitgestellt werden, was inzwischen seitens
einiger Länder erfolgt ist. Die Selbstbeteiligung der
Produzent*innen beträgt 5 Prozent des anerkannten
Schadens. Hinwirken konnte die Produzentenallianz
noch auf eine wichtige Nachbesserung: Inzwischen
können auch weitgehend Schäden, die auf Produkti-
onsstörungen im Ausland beruhen, vom Ausfallfonds
I erfasst werden. Damit sind nunmehr auch Auslands-
dreharbeiten abgesichert.

10
Produzenten MAGAZIN No 31

Eine einheitliche Lösung für Kino und Fernsehen war      kannten Schadens, die Sender übernehmen 32,5 Pro-
allerdings mit diesem sich überwiegend aus Bundes-       zent. Für Produzent*innen ist eine Selbstbeteiligung
mitteln speisenden Fonds nicht zu realisieren, da der    von 10 Prozent vorgesehen. Produktionsunterneh-
Bund die Verantwortung für den Bereich Fernsehen         men sind berechtigt, Ausgleichsleistungen in Höhe
bei den Sendern und Ländern sah. Da der Ausfall-         von bis zu 1.800.000 Euro aus dem Ausfallfonds II
fonds I somit ausschließlich Kinofilm- und High-End-     zu erhalten, wobei diese Leistungen je nach Genres
Serienproduktionen absichert, blieb zunächst der         unterschiedlich gestaffelt sind. Die Risikoabsicherung
Bereich der Fernseh- und Auftragsproduktionen wei-       erfolgt entsprechend sogenannter Realkosten, was
ter dem erheblichen finanziellen Risiko eines Corona-    bedeutet, dass bei Corona-bedingten Drehunterbre-
bedingten Drehausfalls ausgesetzt. Ein Bereich, der      chungen die Produzent*innen die zu erwartenden
immerhin drei Viertel der gesamten Branche aus-          zusätzlichen Aufwendungen gegenüber dem Sender
macht und für eine Mehrheit der Produktionsfirmen        geltend machen. Die Ausgleichszahlungen erfolgen,
in Deutschland das zentrale finanzielle Standbein ist.   so wie auch beim Ausfallfonds I, über die Filmförde-
Die Produzentenallianz setzte sich daher mit Nach-       rungsanstalt FFA.
druck auf Länderebene und bei den Sendern für eine
Ausfallsicherung für Fernsehproduktionen ein.            Noch nicht zufriedenstellend ist, dass es einzelne
                                                         Bundesländer gibt, die sich bislang nicht am Aus-
Ausfallfonds II für Fernsehproduktionen                  fallfonds II beteiligen. Das ist insofern problematisch,
                                                         da nur Produzent*innen, die ihren Hauptsitz in ei-
Nach weiteren abstimmungsintensiven Gesprächen           nem Bundesland haben, das sich am Ausfallfonds II
der Produzentenallianz mit den Bundesländern und         beteiligt, mit Hilfsgeldern rechnen können. Zu den
den Sendern ARD, ZDF, ProSiebenSat.1 und RTL             teilnehmenden Bundesländern des Ausfallfonds II
konnte schließlich im Dezember 2020 eine Verständi-      zählen inzwischen Baden-Württemberg, Bayern,
gung über einen Ausfallfonds II für Fernsehprodukti-     Berlin, Brandenburg, Bremen, Hamburg, Hessen,
onen erzielt werden. Zwar zogen sich die Gespräche       Nordrhein-Westfalen, Sachsen, Sachsen-Anhalt,
bis zum Zustandekommen des Fonds länger hin als          Schleswig-Holstein und Thüringen (Stand März /
erwartet, umso erfreulicher ist es, dass erreicht wer-   April 2021). Die Produzentenallianz wird sich weiter
den konnte, dass dieser Ausfallfonds rückwirkend         mit Nachdruck dafür einsetzen, dass sich auch noch
zum 1. November 2020 greift und somit auch Fern-         die fehlenden Bundesländer dem Ausfallfonds zügig
sehproduktionen, die schon zu diesem Zeitpunkt in        anschließen. Bis dahin konnte die Produzentenallianz
der Vorproduktion oder im Dreh waren, gegen das          in den vergangenen Monaten erreichen, dass ARD
Risiko pandemiebedingter Ausfallschäden abgesi-          und ZDF sowie ProSiebenSat.1 bzw. nunmehr Seven.
chert werden.                                            One Entertainment Group und die Mediengruppe
                                                         RTL ihre Schutzschirme für Produzent*innen verlän-
Beim Ausfallfonds II übernehmen die beteiligten          gern, die aus diesem Grund (noch) nicht unter einem
Bundesländer dabei bis zu 57,5 Prozent des aner-         Ausfallfonds abgesichert werden können.

                                                                                                              11
Staatssekretär Nathanael Liminski
in einer Wortmeldung zum Ausfallfonds II
Nordrhein-Westfalen ist Film- und Fernsehstandort         brachte für viele Produktionsunternehmen erst einmal
Nummer 1 in Deutschland. Die beispiellose Dichte          einen Einbruch der Dreharbeiten mit sich. Viele Fir-
an Sendern hat dazu geführt, dass sich eine vielfältige   men und Selbstständige waren in dieser Anfangszeit
Produzentenlandschaft in Nordrhein-Westfalen ange-        ohne Aufträge, was diese teilweise vor existentielle
siedelt hat, die mit dafür sorgt, dass ca. jede dritte    Nöte stellte. Die Sorge dabei betraf auch die Sender.
Fernsehminute bei uns produziert wird. Das liegt auch     Denn generell gilt: Wenn nicht gedreht werden kann,
daran, dass die Landesregierung den Medienstandort        können Fernsehsender keine neuen Produktionen zei-
Nordrhein-Westfalen nachhaltig unterstützt. So bei-       gen und werden somit an Attraktivität verlieren.
spielsweise über die Fördermittel für die Film- und
Medienstiftung NRW: In den letzten fünf Jahren wur-       Die Produktionsfirmen standen vor der Herausforde-
den diese um über 7 Millionen Euro aufgestockt und        rung, dass Film- Ausfallversicherungen in ihren Policen
damit auf insgesamt 17,2 Millionen Euro erhöht.           eine Pandemie als nicht versicherbares Risiko meist
                                                          ausgeschlossen haben. Wir brauchten folglich eine
Die Film- und Fernsehbranche gehört inzwischen zu         zuverlässige Lösung, um die Handlungsfähigkeit der
Nordrhein-Westfalen wie Rhein, Ruhr und Lippe. Sie        Produktionsunternehmen zu sichern.
ist elementarer Bestandteil unserer Kultur, unserer
Wirtschaft und unseres Alltags. Und das kann man          Es waren viele und lange Verhandlungen notwen-
wörtlich nehmen: In Nordrhein-Westfalen sind mehr         dig, das möchte ich nicht verschweigen, um eine
als 470.000 Menschen in der Medien- und Kommu-            Absicherung auf Länder- und Senderebene für die
nikationsbranche beschäftigt.                             Produktionswirtschaft in Deutschland zu realisieren.
                                                          In möglichst kurzer Zeit musste über Mittel in Millio-
Diese Arbeitsplätze und die damit verbundene Wert-        nenhöhe, die Rahmenbedingungen und Verwaltung
schöpfung gilt es zu erhalten und der gesamten Bran-      gleich zweier Ausfallfonds entschieden werden. Aber
che zu signalisieren: Wir können die Corona-Pandemie      letztendlich verfolgten Bund, Länder, Sender, Produk-
zusammen überstehen. Das ist natürlich alles andere       tionsunternehmen und Filmförderungsanstalt alle das-
als leicht, denn die Ausbreitung des Covid-19-Virus       selbe Ziel: Das Risiko für die Produktionsunternehmen

12
„Es waren
                                                       viele und lange
                                                       Verhandlungen
                                                        notwendig, um
                                                     eine Absicherung
                                                       auf Länder- und
                                                       Sendereben für
                                                      die Produktions-
                                                           wirtschaft in
                                                       Deutschland zu
                                                           realisieren.“

aufzufangen. Dabei mussten völlig neue Instrumente          jüngst die Anerkennung der Aufstockung des Kurz-
entwickelt und finanziert werden, um der Film- und TV-      arbeitergeldes als ersatzfähigen Schaden umgesetzt.
Branche das Produzieren nach dem Ausfall der Film-          Und wir sind auf dem besten Weg, baldmöglichst die
versicherungen zu ermöglichen. Das war unser ge-            Verlängerung des abgesicherten Drehzeitraums auf
meinsamer Nenner und das machte eine Einigung am            den 30. September 2021 beschließen zu können. Das
Ende möglich. Nun stehen von den Ländern knapp              würde weitere drei Monate Produktionssicherheit in
50 Mio. Euro zur Absicherung der TV-Produktionen            der unverändert schwierigen Pandemielage garan-
im Ausfallfonds II zur Verfügung. Nordrhein-Westfalen       tieren.
hat dabei sehr gerne die Federführung übernommen.
                                                            Ohne die Ausfallfonds wäre der Produktionsmotor
Besonders hervorzuheben ist hier, dass sich Länder,         wohl nicht so schnell wieder in Gang geraten und es
Sender und Produktionsunternehmen auf eine faire            ist erfreulich und Zeugnis einer professionellen Bran-
Aufteilung der pandemiebedingten Ausfallkosten von          che, dass derzeit so wenig große Schäden auftreten.
TV- und Streaming-Produktionen im Rahmen des Aus-           Vor diesem Hintergrund bin ich sehr froh, inzwischen
fallfonds II geeinigt haben. Das war für alle Beteiligten   auf fünf erfolgreiche Monate mit unseren beiden Aus-
ein gutes Stück Arbeit und zeigt den betroffenen Pro-       fallfonds zurückblicken zu können – und genauso froh,
duzenten: TV- und Streamingproduktionen haben die           wenn wir die Ausfallfonds mit Pandemieende wieder
gleiche Bedeutung bei der Absicherung wie Kinofilme         auflösen können.
und High-End-Serien. Wir geben damit den Produk-
tionsunternehmen die notwendige Sicherheit und              Seit dem 1. Januar 2021 engagiert sich Nordrhein-
tragen gleichzeitig dazu bei, dass die Sender auch          Westfalen mit insgesamt 21 Millionen Euro wie kein
weiterhin im gewohnten Umfang Programminhalte bei           anderes Bundesland bei den beiden Fonds. Das ist
den Produktionsunternehmen beauftragen können.              ein starkes Signal für den Film- und Fernsehstandort
Inzwischen konnte die Beteiligung auf zwölf Bundes-         Nordrhein-Westfalen und es ist ein starkes Signal für
länder im Ausfallfonds II und elf Bundesländer im           die erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen so vielen
Ausfallfonds I ausgeweitet werden. Wir haben zudem          unterschiedlichen Akteuren.

                                                                                                               13
„Eine gemeinschaftliche Pionierleistung“
Im Portrait: Der Vorsitzende des Gesamtvorstands, Alexander Thies
Alexander Thies wurde in Frankfurt am Main geboren und ist seit der Gründung
am 3. März 2008 Vorsitzender des Gesamtvorstands der Allianz Deutscher Produ-
zenten – Film und Fernsehen e.V., der „Produzentenallianz“. Es ist ein Ehrenamt, in
dem sich der Diplom-Kaufmann Thies bis heute für die Verbesserung der Rahmen-
bedingungen deutscher Produzenten einsetzt - seit 13 Jahren. Zeit für ein Portrait
des Mannes, der gemeinsam mit den jeweiligen Vorstandsmitgliedern und dem
Kollegialorgan der Geschäftsführung die Verantwortung für unseren Verband ent-
scheidend mitgeprägt hat und trägt.
   14
Produzenten MAGAZIN No 31

                       15
Alexander Thies: Beruf(ung) und Oeuvre                 Schaut man genau hin, erkennt man in der Filmogra-
                                                                              phie von Alexander Thies und der NFP* eine Parallele
                   Seit 1989 ist Alexander Thies für die NFP* Mitglied        zur Produzentenallianz und ihren sechs Sektionen:
                   der Geschäftsführung und vermarktender Produzent.          er hat seine ersten prägenden Erfahrungen an der
                   Sein Bruder Stefan Thies ist von Beginn an sein wich-      Seite seines Vaters Franz Thies in der Werbefilmpro-
                   tigster Wegbegleiter - auch in seinem vielfältigen         duktion und bei dessen frühem und langjährigem
                   filmpolitischen Engagement. Heute leitet Alexander         Engagement als Vorsitzender im Verband der Werbe-
                   Thies den NFP* Markenverbund zusammen mit ihm,             filmproduzenten (Vorläufer der Sektion Werbung der
                   Henriette Gotaut und Clemens Schaeffer. Seine El-          Produzentenallianz) für deren Belange gesammelt, es
                   tern brachten den „Mainzelmännchen“ das Laufen             folgte der Animationsfilm als Betätigungsfeld des Un-
                   bei, und wenn man ihn kennen- und schätzen lernt,          ternehmens, sodann die Fernsehproduktion mit der
                   stellt man schnell fest, dass ihm diese kleinen Kerle      Herstellung erfolgreicher Serien und der Kinofilm.
                   mit ihren Geschichten sehr am Herzen liegen. Am 2.         Aktuell widmet sich Alexander Thies auch dem Doku-
                   April 1963 waren Anton, Berti, Det & Co. zum ersten        mentarfilm. Thies bringt Erfahrungen und Knowhow
                   Mal im ZDF zu sehen. Die kurzen Animationsfilme            in allen diesen Produktionsfeldern für sein Ehrenamt
                   waren von Beginn an verbunden mit der NFP*, die            mit. Mit der Comedy-Show kookaburra 26*13 (2007)
                   bereits 1956 gegründet wurde und heute an den              hat er sich in der ebenso spannend entwickelnden
                   Standorten Wiesbaden, Berlin und Halle (Saale) tätig       Entertainmentbranche engagiert. All dies zusammen-
                   ist. Für Thies sind der Dialog und die Kooperation         zubringen in einer sektionsübergreifenden Zusam-
                   mit dem Osten und dem Westen Deutschlands ei-              menarbeit: dafür hat er die Kenntnisse und nötige
                   ne Selbstverständlichkeit. Die NFP* steht vor allem        Professionalität.
                   für TV-Erfolge der Serienklassiker „Drei Damen vom
                   Grill“ (ab 1976) und „Praxis Bülowbogen“ (1986-                                  **********
                   1996), der Mehrteiler „Havelkaiser“ (1993-2000)
                   „Klemperer – Ein Leben in Deutschland“ (1999), aber        1992 fragte ihn die renommierte Berliner Filmprodu-
                   auch der „Erzgebirgskrimis“ (ab 2019).                     zentin Prof. Regina Ziegler, ob er nicht in den Vorstand
                                                                              des Bundesverband Deutscher Fernsehproduzenten
                   Thies realisierte darüber hinaus die deutsch-kanadi-       kommen wolle, einem der Vorläuferverbände der
                   sche TV-Koproduktion „Bonhoeffer - Die letzte Stufe“       Produzentenallianz. Thies wollte – seitdem ist er ein
                   (2000), die deutsch-US-amerikanische Kino-Eigenpro-        Ehrenamtlicher der Filmwirtschaft und folgt damit ei-
                                                                              nem wichtigen Motto seines Lebens: „Mach nicht nur
                                                                              deinen Job, sondern gib auch etwas darüber hinaus
                                                                              zurück.“

                                                                                 Filmpolitisches Engagement: 29 Jahre lang
                                                                                              - gemeinschaftlich

                                                                              Anfang der 90erJahre wurden mit dem Berliner Senat
                                                                              unter Eberhard Diepgen (1991 bis 2001 Regierender
                                                                              Bürgermeister von Berlin) unter besonderer Mitwir-
                                                                              kung des Bundesverbandes Deutscher Fernsehpro-
                                                                              duzenten erste „Runde Tische“ für die Filmwirtschaft
                                                                              geschaffen, die regelmäßig zweimal jährlich stattfan-
                                                                              den und in der Politik erstmals ein Bewusstsein für die
                                                                              Belange dieser Branche schafften. Dort wurden nicht
                                                                              zuletzt auch durch Dietrich Reupke u.a. die Grundla-
                                                                              gen für die Vereinfachung von Drehgenehmigungen
                                                                              in der Region geschaffen. Alexander Thies verhan-
                                                                              delte hier bereits als vom Bundesverband Deutscher
                                                                              Fernsehproduzenten Beauftragter für Ostdeutschland
                                                                              mit.
Alexander Thies      duktion „Luther“ (2003), die deutsch-südafrikanische
mit seinem Vater     Kino-Koproduktion „Albert Schweitzer – Ein Leben für     Eine große einheitliche und breit aufgestellte Produ-
Franz Thies          Afrika“ (2009) sowie zusammen mit Clemens Schaef-        zentenorganisation gab es in Deutschland vor März
                     fer die filmische Adaption von Michel Houellebecqs       2008 nicht. Seit 2006 hatten sich über ein Jahr lang
                     Roman „Unterwerfung“ (2017/2018). Im Dokumentar-         der Vorgängerverband film20 – Interessengemein-
                     filmbereich schafft er mit der NFP* die Reihe „Schätze   schaft Filmproduktion (Gründung zur Berlinale 2001
                     der Menschheit - Erbe der Welt “ (1995-1997), aber       bis zur Auflösung am 29.1.2008) unter der Führung
                     auch Terra X Produktionen wie „F wie Fälschung“          durch die Generalsekretärin Georgia Tornow, der Bun-
                     (2015) oder „Tabu. Verbotene Orte“ (2018-2019).          desverband Deutscher Fernsehproduzenten und als

                   16
Produzenten MAGAZIN No 31

                                              Der erste Vorstand
                                              im Jahr 2008
                                              (v.l.n.r.): Alexander Thies, Stefan
                                              Arndt, Bernd Burgemeister, Norbert
                                              Sauer, Uli Aselmann, Max Wiede-
                                              mann, Jutta Müller, Martin Moszkowi-
                                              cz, Wolf Bauer, Ulrich Lenze, Nicolas
Gründungsversammlung 2008:                    Paalzow, Christian Franckenstein, Hol-
                                              ger Roost-Macias, Andreas Scheuer-
(v.l.n.r.): Dr. Christoph Palmer, Alexander   mann, Friedrich Wildfeuer
Thies, Prof. Dr. Oliver Castendyk,
Prof. Dr. Mathias Schwarz

                                              Unterzeichnung ZDF
                                              Rahmenvereinbarungen 2010

                                              (v.l.n.r.): Prof. Dr. Johannes Kreile,
                                              Peter Weber, Dr. Thomas Bellut, Alexan-
                                              der Thies, Dr. Christoph Palmer

                                                                                           17
Charta der Vielfalt 2010

                                                      Eröffnung der Geschäftsstelle
                                                                           Berlin im März 2009
                           (v.l.n.r.) Alexander Thies, Prof. Dr. h.c. Bernd Neumann, Dr. Christoph Palmer

                                                    Arbeitstreffen im Juli 2014
                                                    im Bundeskanzleramt:
                                                    (im Uhrzeigersinn): Kulturstaatsministerin Prof.
                                                    Monika Grütters, Ministerialrat Dr. Jan Ole Püschel,
                                                    Ministerialrätin Ulrike Schauz, Dr. Christoph Palmer,
                                                    Alexander Thies, Uli Aselmann und Prof. Dr. Mathias
                                                    Schwarz

     18
Produzenten MAGAZIN No 31

interessierte Unterstützer die Association of German        neue Terms of Trade für die Film- und Fernsehpro-
Entertainment Producers (AGEP) zu Sondierungsrun-           duktion forderte. Auf der politischen Ebene ist es
den getroffen, um die inhaltliche Basis für eine einheit-   Kulturstaatsminister a.D. Bernd Neumann (von 2005
liche und durchsetzungsstarke Interessenvertretung          bis 2013 Staatsminister bei der Bundeskanzlerin und
der Produzent*innen in Deutschland auszuloten. Auch         Beauftragter der Bundesregierung für Kultur und
erste Überlegungen für ein Organisationsmodell, das         Medien, seit 2014 Präsident der FFA), der als großer
den Produzent*innen EINE Stimme gibt, den ande-             Filmfan und guter Zuhörer häufig zum Brückenbauer
ren Playern in der neuen digitalen Medienlandschaft         für die Branche wurde, und die Produzenten immer
endlich auf Augenhöhe begegnen kann und effektive           wieder unermüdlich anregte, politisch mit „einer“
Lobbyarbeit sicherstellt, wurden in den intensiven Be-      Stimme zu sprechen, wohingegen die Film- und Fern-
ratungen erörtert. Stefan Arndt, Vorstand von X-Filme,      sehproduzenten sich selbst eher als vielfältig, bunt
betonte bereits 2006 in der Vor-Gründungszeit der           und verschieden betrachteten und dies auch immer
Produzentenallianz: „In einer Zeit, in der jedes Produk-    wieder betonten. DIE WELT begrüßte zur Gründung
tionsunternehmen versucht, für sich neue Geschäfts-         des Verbands, dass „dem jahrzehntelangen Nebenei-
felder zu entwickeln und im Interesse von Projekten         nander-Wursteln von Berlinern und Münchnern, Kino-
und Mitarbeitenden neue Verwertungen zu erschlie-           und TV-Produzenten ein Ende gesetzt“ worden sei.
ßen, können wir uns wirklich keine Schere im Kopf           Ein vermeintlicher Gegensatz, der gelegentlich heute
mehr leisten, die uns auf der Organisationsebene in         noch die Verbandsarbeit beschäftigt, aber tatsächlich
Kino- und TV-Leute unterteilt – das ist einfach gest-       als überwunden angesehen werden kann: ein nun
rig.“ Vor diesem Hintergrund hatten die Mitglieder-         schon seit Jahrzehnten bestehender kontinuierlicher
versammlungen von film20 am 30. Juni 2006 und die           intensiver Dialog hat positive Auswirkungen gezeigt:
Mitgliederversammlung des Bundesverbandes Deut-             Man kennt sich und ruft sich an. Man bespricht offen
scher Fernsehproduzenten am 13. September 2006              einen Dissens, aber vor allem kommt es zu Koopera-
beschlossen, die gemeinsame Arbeit der Gründung             tionen von Mitgliedern untereinander, die man noch
einer neuen Allianz von Produzent*innen sofort anzu-        vor ein paar Jahren nicht für möglich gehalten hätte.
gehen und spätestens bis zum Ende des Jahres 2007
erfolgreich abzuschließen. Bei diesen Gründungsver-         Seit dem Zusammenschluss der Verbände in der
handlungen spielte der Bundesverband Deutscher              Produzentenallianz gibt es ein zentrales Ziel des Ver-
Fernsehproduzenten (mit seinen damaligen Vorsit-            bands: die Modernisierung der Terms of Trade mit
zenden Bernd Burgemeister (seit 1992 Mitglied, seit         den Auftraggebern der Produzenten. Die Berücksich-
1998 Vorsitzender des Vorstands, † 21.6.2008) und           tigung nicht nur der Herstellungskosten eines Film-
Alexander Thies (seit 1992 Vorstandsmitglied und Be-        werks, sondern auch dessen wirtschaftlichen Werts,
auftragter der Region Ost) eine entscheidende Rolle.        bestimmt nach dessen Nutzungsmöglichkeiten, bei
Begleitet und beraten wurde dieser gesamte Prozess          der Vergütung der Produzenten*innen zu etablieren,
von Prof. Dr. Johannes Kreile, Geschäftsführer des          sind ein immerwährendes Betätigungsfeld aller Sek-
Bundesverbands, den Alexander Thies als einen seiner        tionen. Dazu gehört das nach Innen gerichtete Son-
wichtigsten Wegbegleiter und steten Unterstützer der        dieren der Interessen unserer kleinen, mittleren und
Schaffung einer professionellen Interessenvertretung        großen Mitgliedsfirmen (die naturgemäß nicht immer
sieht, neben Prof. Dr. Mathias Schwarz und Prof. Dr.        die gleichen Ziele haben können, da sich diese De-
Oliver Castendyk. Alexander Thies hat zur Gründung          terminierung im Wesentlichen über die unterschied-
ohne einen Moment zu Zögern zugestimmt, die Ver-            liche Finanzierungskraft ergibt) sowie das Austarie-
antwortung für den Vorsitz zu übernehmen, um diese          ren eines vernünftigen gemeinsamen Interesses und
„bunte Truppe“ in die neue Zeit zu führen - Chapeau!        der Durchsetzung dieses gegenüber den jeweiligen
                                                            Verhandlungspartner*innen.
Bei den Sendern wurde die Schaffung einer solchen
Vereinigung nicht nur unterstützt, man kann sagen,          Bereits im März 2009 hatte der Verband einen Forde-
dass in den Anfangsjahren heftig darum gestritten wur-      rungskatalog „Terms of Trade“ ausgearbeitet, auf des-
de. Aber es gab auch in den Sendergruppen aufge-            sen Basis man künftig in die Verhandlungen mit den
schlossene Führungspersonen, denen vertrauensvol-           Fernsehsendern gehen konnte. Im April 2009 starte-
le verlässliche Beziehungen zu den Produzent*innen          ten die Gespräche mit der ARD. Flankiert wurden die
wichtig waren. Fritz Raff (SR-Intendant und ARD- Vorsit-    Sendergespräche durch regelmäßige Gespräche mit
zender) und Carl-Eugen Eberle (ZDF-Justiziar) brach-        politischen Entscheidern aus Bund und Ländern. Kurz:
ten der neuen Formation zu Beginn das Vertrauen für         In den ersten Jahren der Produzentenallianz wurde in
die Eröffnung von Gesprächen entgegen.                      vielen Bereichen Pionierarbeit und vor allem eben viel
                                                            (Überzeugungs-)Arbeit geleistet: nach innen musste
Als weitere wichtige Stufe in der Gründungsgeschich-        ein starker, arbeitsfähiger Verband aufgebaut werden
te des Verbandes sieht Alexander Thies die Rede des         und nach außen Flughöhe gegenüber der Politik auf
langjährigen UFA-Geschäftsführers Wolf Bauer, die           Bundes- und Landesebene, gegenüber den Verwer-
sogenannte „Potsdamer Rede“ (2006, https://beta.            tern und Auftraggebern, erreicht werden. Für diesen
blickpunktfilm.de/details/201821), mit der dieser           Auf- und Ausbau eines Netzwerks mit wichtigen Ge-

                                                                                                               19
sprächspartner war das persönliche Kennenlernen un-       seh-Gemeinschaftsproduktionen und vergleichbare
erlässlich. Alexander Thies war in den ersten Jahren      Kinoproduktionen (2013). Weiterhin veränderte Film-
viel unterwegs, seiner langjährigen Assistentin warf er   fördergesetze (bspw. 2010 Abgabepflicht der Sender),
augenzwinkernd vor: „Sie treiben mich durch das gan-      diverse Tarifverträge, ein Verhaltenskodex zu Produkt-
ze Land! Da bekomme ich noch einen Herzinfarkt!“.         platzierungen im Privatfernsehen (2012), Kampagnen
                                                          für eine Programmoffensive bei ARD und ZDF (2014),
Für solche Gespräche sind eine professionelle Höflich-    die Schaffung eines GMPF (2015), die „Limburger Lö-
keit und fleißige Vorbereitungen notwendig, aber sie      sung“ (2016) für die Pensionskasse Rundfunk, mehrere
reichen für dieses Ehrenamt nicht aus: Beharrlichkeit     Vereinbarungen zu gemeinsamen Vergütungsrege-
ist ebenso erforderlich. Und Beharrlichkeit erfordert     lungen, die Ausfallfonds I und II (2020) in der uns im-
noch mehr: Geduld, Durchhaltevermögen und auch            mer noch einschränkenden Pandemie . Ein wichtiger
Verständnis. Das zeichnet Alexander Thies immer wie-      weiterer Baustein der filmpolitischen Arbeit war die
der aus: Gerade durch den geduldigen Blick auf die        Forderung nach mehr Transparenz im Fernsehen, die
Situation des Gegenübers und das beharrliche Nach-        die Produzentenallianz bereits 2011 verlautbart hat.
fragen eröffnet er in Gesprächen und Verhandlungen        „Fakten statt Eindrücke“ wünschte sich Thies stellver-
neue Spielräume.                                          tretend für die Mitglieder. Als unmittelbares Ergebnis
                                                          kann man die seit dem Jahr 2015 veröffentlichten Pro-
Die unzähligen Schreiben, Gespräche und Verhand-          duzentenberichte der ARD sehen.
lungen waren aber alle Mühe wert, was man am zwi-
schenzeitlich vorhandenen politischen Gewicht des         Weitere Themen des Verbands sind die Gemeinsamen
Verbands deutlich erkennen kann. Aktive Filmpolitik       Vergütungsregeln, die Bekämpfung der Internetpira-
zeigt sich in Appellen, Stellungnahmen (bspw. rund        terie und das Urheberrecht im Internetzeitalter. Die
um das Territorialitätsprinzip 2017-2019) zum Urhe-       Bedeutung der europäischen Rechtssetzung für die
berrecht oder anderen Forderungen, vor allem auch         nationalen Rahmenbedingungen von Filmproduktion-
in Vereinbarungen und „Papieren“, und davon hat es        und Filmverwertung war dem Verband von Anbeginn
in den vergangenen Jahren sehr viele gegeben, die         an bewusst. Daher förderte und forderte der Vorstand
die Rahmenbedingungen unserer Branche verän-              von Anbeginn an auch europäisches filmpolitisches
dert haben. Der erste große Auftritt zu den Terms of      Lobbying. Diese Aufgabe ist heute noch wichtiger
Trade Vereinbarungen gelang Alexander Thies bei           geworden, daher hat der Verband 2019 ein eigenes
der Anhörung der Rundfunkkommission der Län-              Büro in Brüssel eröffnet.
der 2008 in Erfurt: mit einem flammenden Plädoyer
für eine rechtlich verbindliche Verpflichtung für Auf-    Dass Thies sich für die Belange der Produzentinnen
tragsproduktionen und damit einer Verbesserung der        und Produzenten in den vergangenen Jahren sehr ins
Rechtesituation der Produzenten*innen im Rundfunk-        Zeug gelegt hat, zeigt die Vielfalt der Themen, die
staatsvertrag. Sein Statement empörte Rundfunk- und       der Verband bearbeitet. Dabei sah Thies anfangs als
Verfassungsrechtler*innen, was Thies charmant mit         sein „politisches Lieblingsthema“ die jeweiligen Än-
dem Hinweis konterkarierte, dass er Produzent sei         derungsrunden des Rundfunkstaatsvertrages an. Die
und nicht Jurist. Das Ergebnis dieser Runde war die       Regulierung der Online-Aktivitäten sowie die Legali-
berühmte Protokollerklärung zum 12. RÄStV, mit der        sierung und Regulierung von Werbeunterbrechungen
die Ministerpräsident*innen der Länder den Wert der       und Produktplatzierungen der öffentlich-rechtlichen
Auftragsproduktion für den Rundfunk hervorgehoben         Sender standen dabei im Mittelpunkt der Debatten -
und damit anerkannt haben.                                und bis heute befasst sich der Verband unermüdlich
                                                          mit diesem Thema. Das Diskontinuitätsprinzip der
Nur eine kleine Auswahl lässt sich hier skizzieren: die   Politik trifft dabei für die Forderungen der Produzen-
Protokollerklärungen zum 12. RÄStV (2008, später          tenallianz nicht zu: Kontinuierlich mit jeder Reform des
noch 2015 und 2018), die Vereinbarung über VoD-           Rundfunkstaatsvertrags überarbeitet und formuliert
Rechte bei FFA-geförderten Spielfilmen (2008), der        der Verband seine Forderungen und bringt diese im-
Produzentenallianz-Forderungskatalog Terms of Trade       mer wieder ein, denn: Die öffentlich-rechtlichen Sen-
(2009), die als Meilenstein der Terms of Trade zu be-     der sind immer noch die wichtigsten Auftraggeber
zeichnenden ARD-Eckpunkte (2010, 2013 Erweiterung         der deutschen Fernsehproduzent*innen.
auf Dokumentationen, 2014 Erweiterung auf Enter-
tainmentformate, 2016 Aktualisierung auf Eckpunkte        Als Vorsitzender repräsentiert und vertritt Alexander
2.0., 2018 Erweiterungen der Rechteteilung, 2021          Thies den Verband darüber hinaus bei Symposien, auf
Aktualisierung) und die Eckpunkte der vertraglichen       Podien von Fachtagungen, bei Anhörungen im Bun-
Zusammenarbeit bei Auftragsproduktionen mit dem           destag, aber auch bei eigenen Veranstaltungen, so bei
ZDF (2010, 2012 Erweiterung auf Dokumentationen,          den Eröffnungen der Geschäftsstellen des Verbands in
2013 Erweiterung auf Entertainmentformate, 2013           Berlin (2009 und 2012), bei internen Schulungen und
Ergänzungsvereinbarung Erlösbeteiligung aus der           Workshops oder beim jährlichen Fachkongress der
VoD-Verwertung, 2016 Aktualisierung der Rahmen-           Produzentenallianz zur Eröffnung der Berlinale, dem
bedingungen) sowie die Eckpunkte über Film-Fern-          „Deutschen Produzententag“ oder dem anschließen-

20
ARD Programmprämien 2017

                                                                        Empfang zum Deutschen
                                                                         Produzententag 2018
                                                                           (v.l.n.r.) Alexander Thies, Holger Werner,
                                                                                    Iris Berben, Prof. Monika Grütters,
                                                                                                  Dr. Christoph Palmer

den Berlinale-Empfang. Auch bei dem in der Pande-               Als Vorsitzender ist man Sprecher und Teil der
miezeit schmerzlich vermissten Sommerevent, dem                                Mitgliedschaft
„Produzentenfest“, dem „Gipfeltreffen des Films“ hat er
als Vorsitzender humorvoll besondere politische Gäste         Eine der Aufgaben unseres Vorsitzenden ist aber noch
begrüßt: Bundeskanzlerin Angela Merkel (2009 und              nicht benannt: Der stete Dialog und die Abstimmung
2013),Bundestagspräsident Prof. Dr. Norbert Lammert           mit den Mitgliedern und mit Vertreter*innen wichtiger
(2010), Hannelore Kraft, Ministerpräsidentin von NRW          Institutionen und von Partnerverbänden. „Rund um die
und amtierende Präsidentin des Bundesrats (2011),             Uhr“ wenden sich Mitglieder mit ihren Anliegen und
Prof. Monika Grütters, Beauftragte der Bundesregie-           Fragen an den Vorsitzenden. Einschätzungen und
rung für Kultur und Medien (2014 und 2019), den Re-           Tipps geben, Netzwerkverbindungen herstellen, Zu-
gierenden Bürgermeister Michael Müller (2017) und             hören - all das gehört zu seinem Alltag. Dieser Bereich
Ramona Pop (2019), Bürgermeisterin von Berlin im              liegt Alexander Thies besonders am Herzen, denn er
Senat Müller II sowie Senatorin für Wirtschaft, Energie       sieht sich, trotz seines Amtes als Vorsitzender, nicht
und Betriebe. Hier fällt auf, dass die Kulturstaatsministe-   als Einzelkämpfer, sondern als Teil der Mitgliedschaft,
rin Monika Grütters der häufigste Ehrengast war, denn         der besonderen und wachsenden Gemeinschaft, und
man muss konstatieren: Kaum jemand hat finanziell so          er sieht es als ein Privileg an, für „diese professionel-
viel für die Filmwirtschaft und für die Filmkultur getan!     le und kreative Truppe“ sprechen zu dürfen. Immer
Auch in der Pandemie hat die BKM die Filmwirtschaft           voller Neugierde, Offenheit und Optimismus geht er
engagiert begleitet, und wenn Geld ein Bedeutungs-            in Gespräche, um zu sondieren, wo Interessen und
maßstab ist, dann hat sie hier ein neues Niveau für           Probleme liegen.
die Branche etabliert. Thies betonte auch, dass er ihre
persönliche Erreichbarkeit für die Nöte der Film- und         Zum Amt des Vorsitzes gehört es auch, besonders en-
Fernsehproduzent*innen schätze. Insbesondere zeigte           gagierte Menschen zu ehren: So hat Alexander Thies
sich dies 2014, als der DFFF um fast 30 Prozent gekürzt       im Laufe der letzten Jahre nicht nur verstorbener
werden sollte und einige Firmen erhebliche Probleme           Produzentinnen und Produzenten gedacht, sondern
bekamen: Sie war ansprechbar, und im Dialog fand              auch unsere Ehrenmitglieder in Anerkennung ihrer Ver-
sich eine konkrete zeitgerechte Lösung.                       dienste für die deutsche Produktionswirtschaft ernannt.

                                                                                                                     21
50 Jahre
                                                                                         Werbefilm-
                                                                                         produzenten
                                                                                         im Jahr 2016

                                                                                         Martin Wolff und
                                                                                         Alexander Thies

Dass dieses zeitaufwändige Engagement gesehen             Fernseh-Fiktion-Sektion ist. Thies arbeitet ebenfalls
und gewürdigt wird, machten die Wiederwahlen deut-        seit 2010 engagiert im Beirat der Produzentenallianz
lich: In den Jahren seit 2008 wurde Alexander Thies       Services GmbH, ein 100%-Tochterunternehmen der
stets in seinem Amt als Vorsitzender bestätigt. Nach      Produzentenallianz und setzt sich über dieses Gremi-
seiner erneuten Wiederwahl als Vorsitzender 2018 be-      um für serviceorientierte und wirtschaftliche Interes-
tonte er, dass er sich dafür einsetzen werde, „dass die   sen der Mitglieder ein. Darüber hinaus ist er seit Jah-
durch die Digitalisierung sich bildendenden neuen         ren in der VFF Verwertungsgesellschaft der Film- und
Möglichkeiten in einem nationalen, wie internationa-      Fernsehproduzenten mbH tätig, als stellvertretender
len Wettbewerb noch besser für die deutsche audio-        Beiratsvorsitzender und aktuell als Aufsichtsratsvorsit-
visuelle Produktionswirtschaft ausgestaltet werden“.      zender. Der gebürtige Hesse Alexander Thies enga-
Thies weiter: „Gerne nehme ich die Herausforderung        giert sich bis heute auch in der Spitzenorganisation
an, unsere Produktionsbranche für die kommenden           der Filmwirtschaft, der SPIO, hier jahrelang im Präsi-
zwei Jahre voll mitzugestalten und bedanke mich für       dium. Weiterhin war er in der Filmförderanstalt des
das Vertrauen meiner Kolleginnen und Kollegen. In         Bundes, der FFA, stellvertretender Vorsitzender des
erster Linie sehe ich, dass die Nachfrage nach attrak-    Verwaltungsrats und Mitglied desselben. Thies saß
tiven audiovisuellen Inhalten ständig steigt. Unsere      weiterhin im Beirat des Deutschen Filmförderfonds
Programme, Filme und Formate werden dabei immer           (DFFF). In der FIAPF-International Federation of Film
wichtiger für Sender, Kinos, Verleiher, Video-Vertriebe   Producers Associations, der Vereinigung nationaler
und Streaming-Anbieter. Es ist mir eine Freude dabei      Produzentenverbände, vertritt er die Produzenten-
mithelfen zu können, dass die durch die Digitalisie-      allianz im Executive Committee, hier besonders un-
rung sich bildenden neuen Möglichkeiten in einem          terstützt von ursprünglich Margarete Evers und dann
nationalen, wie internationalen Wettbewerb noch           Prof. Dr. Mathias Schwarz. Als Vorstandsvorsitzender
besser für die deutsche audiovisuelle Produktions-        der International Academy of Media and Arts e.V.
wirtschaft ausgestaltet werden“                           ist er zudem ehrenamtlich in Halle (Saale) tätig. Der
                                                          gemeinnützige Verein organisiert unter der Schirm-
Neben dem Amt des Vorsitzenden ist Thies seit 2008        herrschaft von Staatsminister Rainer Robra jährlich die
und bis auf weiteres der Vorsitzende der Sektion          Filmmusiktage Sachsen-Anhalt und KlangART Vision,
Fernsehen der Produzentenallianz, einem Kollegi-          das Festival für zeitgenössische Musik.
algremium, welches die Interessen der im Verband
in kontinuierlich großer Zahl vertretenen Fernseh-                              **********
Fiktion-Mitglieder bündelt. An dieser Stelle arbeitet
er ebenfalls eng mit Prof. Dr. Johannes Kreile zusam-     An der Spitze eines solchen Verbandes zu stehen,
men, der seit 2008 Sektionsleiter, heute Justiziar der    bedeutet immer auch die Verantwortung zu tragen –

22
Sie können auch lesen