PULS Wir haben alle einen Knacks! - Schwerpunkt: Brüche - Marienhaus-Gruppe
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PULS Wir haben alle einen Knacks! Schwerpunkt: Brüche Ausgabe 2 | April 2022 Knochenbrüche Herzbrüche Durchbrüche Über Heilung Poesiealbum un- Fortschritt bei und Hindernisse möglicher Paare der Krebstherapie
Wissen Durchbrüche, Zusammenbrüche, Stimmbrüche und Torbrüche: Hier gibt’s jede Menge Wissenswertes und Kurioses zum Heftthema. TEXT: Sonja Hausmanns | ILLUSTRATION: Caro Kather ZEIG’S MIR! Bruchzeichen, also abgebrochene Äste, sind die Zeichensprache der Jäger. Als „letzter Bissen“ wird der TEURER KNACKS Bruch einem erlegten Tier ins Maul In Deutschland wurden 2017 gelegt. Damit zeigt der Jäger an, dass er etwa 765.000 Knochenbrüche das Wild rechtmäßig erlegt hat, und be- behandelt. Dadurch entstanden zeugt zudem seinen Respekt vor dem Tier. Kosten von knapp 11 Milliarden Brüche dienen auch als Wegweiser oder – Euro – Tendenz steigend. am Hut getragen – als Glücksbringer. DER HAT ABGEGUCKT! Der Bruchstrich in der Mathe- LÖCHRIGE KNOCHEN matik geht zurück auf Leonardo von Pisa, Fibonacci genannt. Der Laut der Weltgesundheitsorganisa- Italiener zählt zu den berühm- tion (WHO) gehört Osteoporose zu testen Mathematikern des den zehn häufigsten Erkrankungen Mittelalters und führte die neue weltweit. In Deutschland leiden Schreibweise 1228 ein – über- rund sechs Millionen Menschen an nommen hatte er den Bruch- Osteoporose. strich aus der islamischen Mathematik. SOLLBRUCHSTELLE IM UNIVERSUM? Amerikanische Forscher haben 2021 einen „Bruch“ in der Milchstraße SCHNELLE MÄDCHEN entdeckt. „Ein Kontingent junger Sterne und sternbildender Gaswolken Auch Mädchen kommen in den Stimmbruch! ragt aus einem der Spiralarme der Allerdings ist er bei ihnen schon nach wenigen Milchstraße heraus wie ein Splitter Wochen abgeschlossen, während der Umbau aus einem Holzbrett“, heißt es auf der von der kindlichen zur erwachsenen Stimme Website der NASA. bei Jungen Monate oder sogar Jahre dauert. 2 PulsM | Brüche
Wissen WIE BEI HARRY POTTER Bis ins Ende des 18. Jahrhun- derts hatte der Kölner Dom eine Hausnummer mit einem Bruch: 2583 ½ lautete die ungewöhnliche Adresse. Der Zusatz verwies darauf, dass KLEBT WIE … der Dom keine Steuern zu zahlen hatte. Heute ist das 1956 bringt Henkel den Kirchenmonument am ersten Pattex-Kleber auf den „Domkloster 4“ zu finden. Markt. Diesen Kontaktkle- ber hatte das Unternehmen ursprünglich für Schuster erdacht. VORSICHT, ER KUPFER-KESSEL XXL FÄLLT! In Chile befindet sich der Isaac Newton größte Kupfererzbruch entdeckte die der Welt. Die Chuquica- Schwerkraft – ein mata Mine liegt in den nüchterner Wissen- Anden, 2.840 Meter über schaftler war er dem Meeresspiegel. An jedoch nicht: Er galt seiner breitesten Stelle als sehr emotional und misst der Krater 4,3 Kilometer. nach einem Streit erlitt er 1678 Seit 1915 wird dort Kupfererz abgebaut. sogar einen Nervenzusammenbruch. Darauf- hin zog er sich komplett aus der Öffentlichkeit zurück, bevor er 1684 seine bahnbrechenden Forschungen veröffentlichte. DAS ECKIGE IST KAPUTT FRAUENPOWER Weil der Holzpfosten eines Tores zusammen- Sieben Jahre haben sich die beiden Tunnel- brach, musste am 3. April 1971 das Fußball- bohrmaschinen „Sissi“ und „Heidi“ durch spiel zwischen Borussia Mönchengladbach das Alpenmassiv gefräst. Am 15. Oktober und Werder Bremen abgebrochen werden. 2010 gelang dann schließlich der Durch- Lediglich unterbrochen wurde hingegen die bruch am neuen Gotthard-Tunnel. Trotz Partie zwischen Borussia Dortmund und Real einer Länge von 57 Kilometern trafen sich Madrid am 1. April 1998 – ebenfalls wegen die Tunnelbohrmaschinen auf wenige eines umgefallenen Tors. Millimeter genau. Quelle: Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e. V., express.de, focus.de, futurezone.de, ingenieur.de, Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen, orangesmile.com, statista.de, waidwerkstatt.de, wikipedia.de, wiwo.de, ingenieur.de PulsM | Brüche 3
Inhalt Kantenphysik 2 Wissenswertes und Kurioses zum Thema Brüche 44 Gespräch im Gang 6 Vorwort von Marienhaus-CEO Dr. Jochen Messemer Achtung, Einsturzgefahr 7 Osteoporose – und was dagegen hilft Gemeinsamer Nenner Anna Breger vereint Mathematik und Wie geht’s? 12 Medizin, um Diagnosen zu erleichtern. So heilen Knochenbrüche Eine Frage der Technik 14 Knochenbrüche in der Medizingeschichte Warten auf den großen Wurf 19 Interview mit Prof. Benedikt Friemert Der Schutzmann 20 50 Marienhaus-Mitarbeiter Dennis Graf im Porträt Gastbeitrag 25 Der Heimbeirat des Josef-Ecker-Stiftes Neuwied über Konfliktlösungen Goldnarben Aus Scherben Stippvisite 26 entsteht Schönes. Nachrichten aus der Marienhaus-Gruppe 7 Knochenretter Wie es gelingt, Osteoporose zu stoppen. 4 PulsM | Brüche
Alltagsfluchten 30 Geschichten von Mitarbeitenden Rosas Welt 35 Einblicke in das Leben von Ordensgründerin Margaretha Flesch Auf der Suche 36 Durchbrüche in der Krebsforschung Poesiealbum 40 Club der gebrochenen Herzen Mit ihr kann die Medizin rechnen 44 Big Data für bessere Diagnosen Expertencheck 48 Was tun beim Bauchdeckenbruch? Schöne Scherben 50 Kintsugi: japanische Kunst der Reparatur 20 Wieder Farbe ins Leben bringen 56 Interview mit einer Burnout-Expertin In eigener Sache/Impressum 58 Auf Umwegen Dennis Graf war Bäcker, Soldat und Personenschützer. Heute ist er Experte Zu guter Letzt 59 für IT-Sicherheit bei Marienhaus. Die Marienhaus-Gruppe im Überblick PulsM | Brüche 5
Vorwort „Ich bin bewegt von der Welle der Hilfsbereitschaft“ Brüche – um das aktuelle Heftthema einzuordnen, traf sich Kommunikationschef Dietmar Bochert mit Geschäftsführer Dr. Jochen Messemer. Dieses Mal ging’s zum Waldbreitbacher Klosterberg, wo Mutter Rosa einst ihr Marienhaus gründete. Bochert: Wenn Sie an „Brüche“ den- Messemer: Ich bin unglaublich be- schluss von St. Franziskus und Ma- ken, was kommt Ihnen als Erstes in wegt von der Welle der Hilfsbereit- rienhaus … den Sinn? schaft. Wir sehen, dass viele Leute Messemer: Für uns ist das ein strate- Messemer: Natürlich der grausame helfen, und es gibt tolle Initiativen in gisch wichtiger Schritt. Unsere Idee Krieg in der Ukraine. Da geht viel in unseren Einrichtungen, die wir un- ist es, die franziskanischen Werte, die die Brüche: Leben werden zerstört, terstützen – logistisch, finanziell und beide Stiftungen antreiben, in den die Hoffnungen junger Menschen durch Freistellung von der Arbeit. Mittelpunkt zu stellen. Wir wollen und Lebensplanungen. Die unglaub- Außerdem sind wir dabei, Möglich- einen starken franziskanischen Trä- liche Brutalität dieses Angriffskrieges keiten für die Unterbringung auszu- ger in Deutschland bauen. Damit er- hat auch bei uns Auswirkungen, gestalten. Wir sind als Franziskane- innern wir an tolle Frauen, die den denn er verändert die Art und Weise, rinnen seit 160 Jahren für die Orden einst weiterentwickelt haben. wie gerade junge Menschen auf das Menschen da und das versuchen wir Aus ihrem Vorbild ziehen wir Kraft Leben schauen. auch jetzt als Gruppe zu tun. und Stärke, um für die Zukunft neue Dinge anzugehen. Insofern gibt es Bochert: Was bedeutet dieser Krieg Bochert: Die Unternehmensgruppe viele Umbrüche, die dafür sorgen, für Marienhaus? verändert sich durch den Zusammen- dass wir ein anderer – ein moderne- rer und innovativerer – Gesundheits- dienstleister werden. (Mehr zur ge- planten Fusion lesen Sie auf Seite 26.) https://www.marienhaus.de/pulsm FOTO: Lucas Merschbächer VIDEO Dies ist ein Auszug aus dem Interview mit Jochen Messemer. Das komplette „Gespräch im Gang“ können Sie sich im Video ansehen. 6 PulsM | Brüche
Osteoporose Achtung, Einsturzgefahr! 206 Knochen bilden das stabile Gerüst unseres Körpers. Doch im Alter verlieren sie an Substanz und werden anfällig für Brüche. Was viele nicht wissen: Osteo- porose lässt sich stoppen und sogar umkehren. Für die erfolg- reiche Therapie braucht es vor allem ein belastbares Gesund- heits-Netzwerk. TEXT: Sonja Hausmanns | FOTOS: Joachim Gies FOTO: iStock.com PulsM | Brüche 7
Osteoporose Wir sehen hier bis zu fünfmal am Tag Patienten, mit einem Niedrigenergietrauma.“ Prof. Andreas Kurth Osteoporose ist eine Volkskrankheit: dann auch bei ihnen die Produktion neue Knochensubstanz aufzubauen Allein in Deutschland leiden etwa des Sexualhormons nachlässt, was (siehe Kasten). Zweitens wurde bereits sechs Millionen Menschen daran; eine Osteoporose begünstigt. Doch vor zwei Jahren ein Gesetz verabschie- Jahr für Jahr kommt es infolgedessen häufig wird bei diesen Patientinnen det, das die Osteoporose-Therapie nach zu rund 350.000 Knochenbrüchen. und Patienten ausschließlich der aktuellen medizinischen Erkenntnis- „Konservativ gerechnet könnten wir Bruch behandelt – nicht aber die Ursa- sen fördern soll. „Umgesetzt wurde das 30 Prozent davon verhindern“, sagt che. Laut einer Studie der Internatio- aber bislang nirgendwo in Deutsch- Prof. Andreas Kurth. Er zählt seit nalen Osteoporose Stiftung (IOF) wer- land“, sagt Kurth, der den Gesetzesent- mehr als zwei Jahrzehnten zu den den in Deutschland 60 Prozent der wurf gemeinsam mit weiteren Exper- führenden Experten für Knochen- Osteoporose-Patienten, die bereits ten für das Gesundheitsministerium erkrankungen und Osteoporose in eine Fraktur hatten, nicht richtig ver- vorbereitet hatte. Für den Mediziner Deutschland und ist seit Januar Chef- sorgt. Bei den Patientinnen ohne Frak- liegt es vor allem an strukturellen Ursa- arzt für Orthopädie und Unfallchirur- tur liegt die Quote noch niedriger. chen, dass es so langsam vorangeht: Die gie am Marienhaus Klinikum Mainz. „Das ist für ein zivilisiertes und rei- Systemgrenzen zwischen ambulanten „Wir sehen hier bis zu fünfmal am Tag ches Land wie Deutschland ein Ar- und stationären Einrichtungen sind in Patienten mit einem Niedrigenergie- mutszeugnis“, konstatiert Kurth. Deutschland sehr undurchlässig und trauma“, erläutert Kurth. Gemeint jeder Bereich hat seine eigenen Finanz- sind Knochenbrüche, die schon bei GESETZ OHNE FOLGEN töpfe. Das erschwere eine fachübergrei- leichten Stürzen entstehen – wenn Dabei ist die Basis für eine bessere Ver- fende Therapie, wie sie gerade für Men- jüngere Menschen vielleicht gerade sorgung von Patientinnen und Patien- schen mit Osteoporose wichtig ist. „In einmal einen blauen Fleck davontra- ten mit Osteoporose längst da: Erstens der Folge haben wir hier Patientinnen gen. In etwa 80 Prozent der Fälle sind gibt es inzwischen verlässliche Medika- und Patienten, die zum zweiten oder Frauen betroffen, doch für Männer ab mente, die den weiteren Knochenabbau dritten Mal mit einem Bruch kommen“, 70 steigt das Risiko ebenfalls, weil verhindern oder sogar helfen können, schildert Prof. Kurth aus der Praxis. 8 PulsM | Brüche
Osteoporose FOTO: iStock.com/Altayb STRUKTUR BEI FRAKTUR Die neue Bundesregierung will nun Tempo machen bei der Umsetzung des neuen Gesetzes – inzwischen treibt Andreas Kurth die Dinge bei Marien- haus selbst voran. Dazu orientiert er sich an den Empfehlungen der Initia- tive „Struktur bei Fraktur“, die er als Vorsitzender des Dachverbandes Os- teologie mit ins Leben gerufen hat. „Zunächst geht es darum, mein ge- Medikamente gegen den Bruch samtes Team auf den neuesten Stand Um eine Osteoporose zu behan- weit fortgeschrittenen Erkran- zu bringen und sicherzustellen, dass deln, stehen Medizinern derzeit kung sinnvoll. Medikamente der ihre Behandlungen und Therapieemp- zwei wirksame Substanzgruppen zweiten Substanzgruppe sind fehlungen leitlinienkonform sind“, zur Verfügung. Erstens Medika- zwar teuer, könnten das Gesund- erläutert Kurth seine dringlichste Auf- mente, die die bestehenden Kno- heitssystem aber erheblich entlas- gabe. Denn anders als etwa bei einem chen stärken und zudem den Kno- ten: Es ist nachgewiesen, dass das lebensbedrohlichen Herzinfarkt wür- chenabbau stoppen. Die zweite Risiko für einen Bruch um 70 Pro- den die medizinischen Leitlinien bei Gruppe der Medikamente hilft zent sinkt, wenn Patientinnen der Osteoporose noch zu wenig be- dem Körper dabei, neue Knochen- oder Patienten über ein Jahr hin- rücksichtigt. Im nächsten Schritt will substanz aufzubauen. Damit sind weg ein knochenaufbauendes Prä- Kurth ein lokales Netzwerk mit nie- diese Präparate vor allem bei einer parat einnehmen. dergelassenen Allgemeinmedizinern, Rheumatologen, Unfallchirurgen PulsM | Brüche 9
Osteoporose FOTO: iStock.com/alvarez Starke Knochen: So geht’s! • Wer einer Osteoporose vorbeugen • Dritter Baustein der Osteoporose- will, sollte viel Kalzium zu sich Vorbeugung ist Bewegung, denn nehmen – gute Quellen sind Käse, durch die Beanspruchung wird Joghurt oder Quark. Auch grünes der Knochenaufbau angeregt. Gemüse und kalziumhaltiges Mi- neralwasser sind zu empfehlen. • Abhängig von Alter, Geschlecht und Vorerkrankungen kann es • Damit der Körper das Kalzium in zudem sinnvoll sein, eine Kno- den Knochen einbauen kann, chendichtemessung durchzufüh- braucht er Vitamin D. Da es in ren. Sprechen Sie dazu am besten Deutschland eine Unterversor- mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem gung mit diesem „Sonnenvita- Hausarzt. min“ gibt, raten Ärzte zu entspre- chenden Tabletten. 10 PulsM | Brüche
Osteoporose Wir brauchen fähige Leute, die die verschiedenen Partner im Netzwerk koordinieren und die Therapie im Sinne der Patienten vorantreiben.“ Prof. Andreas Kurth sowie Physiotherapeuten und Alten- pflegeeinrichtungen aufbauen. Solche Fracture Liaison Services – eine Art Komplett-Betreuung bei Knochenbrü- chen – gibt es in den Niederlanden oder den skandinavischen Ländern Die Babyboomer kommen bereits seit Jahren. Dies hat den Vor- Viel Zeit bleibt nicht mehr, um die Ab- teil, dass alle Beteiligten Hand in läufe im Gesundheitssystem an den Hand arbeiten. In den USA und Kana- steigenden Bedarf anzupassen: Die da geht man noch weiter und beschäf- Alterung der Gesellschaft schreitet tigt an vielen Kliniken sogenannte voran und in den nächsten Jahren Ortho-Geriater, also Altersmediziner, kommen die geburtenstarken Jahr- die ausschließlich in der Unfallchir- gänge der 1960er Jahre ins „Osteopo- urgie und Orthopädie arbeiten und rose“-Alter. „Wir müssen die Versor- dort eine altersgerechte Behandlung gung dringend verbessern. Und zwar sicherstellen. „Die schauen beispiels- jetzt“, appelliert Kurth, der die Marien- weise, ob die Patienten Medikamente haus-Gruppe in einer Vorreiterrolle zu sich nehmen, die Stürze begünsti- sieht. „Durch die bestehende Verzah- gen, das kann ich als Orthopäde gar nung von Krankenhäusern Medizini- nicht beurteilen“, schildert Kurth, der schen Versorgungszentren und Alten- schon jetzt eng mit der geriatrischen pflegeeinrichtungen sind wir schon Abteilung des Mainzer Marienhaus- jetzt im Vorteil.“ Nun gehe es darum, Klinikums zusammenarbeitet. Künf- an allen Standorten Osteoporose- tig sieht er eine Schlüsselposition auch Kompetenz nach neuestem Wissen bei speziell geschulten Pflegenden. aufzubauen – der Anfang ist gemacht: „Wir brauchen fähige Leute, die die „Gerade hat eine meiner ehemaligen verschiedenen Partner im Netzwerk Oberärztinnen bei Marienhaus in Neu- koordinieren und die Therapie im Sin- wied angefangen“, freut sich Kurth. ne der Patienten vorantreiben.“ Noch eine, die weiß, wie es geht! PulsM | Brüche 11
Infografik Wie geht’s? Das passiert bei Knochenbruch- und heilung. KURATIERT VON Dr. Reinhard Schneider | ILLUSTRATION: halbautomaten QUERFRAKTUR SPIRALFRAKTUR Sozusagen die einfachste Form des Knochenbruchs, Hier wird der Knochen um bei der die Fraktur quer zur seine eigene Achse verdreht. Längsachse verläuft. Sind die beiden Knochenenden verschoben, sprechen Ärzte von einer Dislokation. GRÜNHOLZFRAKTUR Bei Kindern bricht der noch biegsame Knochen nicht ganz, sondern wird nur ein- seitig angebrochen – wie bei einem grünen Ast. ABRISSFRAKTUR Sie entsteht, wenn Bänder oder Sehnen an den Kno- chen reißen. BIEGUNGSFRAKTUR Gemeint ist ein Knochen- TRÜMMERFRAKTUR bruch, bei dem auf der Gegenseite ein keilförmiges Der Knochen ist in mehrere Fragment herausgesprengt Fragmente zersplittert wird – beispielsweise bei und zudem sind die umge- einem direkten Stoß gegen benden Weichteile verletzt. das Schienbein. 12 PulsM PulsM| Brüche | Brüche
Infografik Primäre Frakturspalt Frakturheilung Knochenabbauende Zellen, die Osteoklasten, fressen kleine „Bohrlöcher“ in den Kno- Osteoblasten chen. Ausgehend vom anderen Bruch- stück beginnen dann knochenaufbauen- de Osteoblasten damit, diese Löcher Blutgefäß aufzufüllen – mit Osteoid, einem noch Bohrkanal mit weichen Knochengewebe. Nach und Osteoklasten Gefäß- nach entsteht eine Art Dübel. Einsprossung Osteoid (noch weiches Knochengewebe) neugebildete Knochenlamelle Die primä- re Knochen heilung setzt voraus, dass beide Knochenenden fest miteinander verbunden sind – etwa durch eine Metallplatte. Hämatom Sekundäre Kallus Frakturheilung Bei einem Bruch mit offenem Spalt bildet sich zunächst ein Bluterguss. Aus diesem Hämatom entwickelt sich ein Kallus – ein Narbengewebe, das die Bruchstelle überbrückt und stabilisiert. 1 Woche 2–3 Wochen An den Bruchenden wird abgestorbe- nes Knochengewebe durch Osteo- klasten abgebaut, und der Bruch quasi „glattgehobelt“. Zunächst verknöcherter sprießen Blutgefäße in den Kallus Spalt ein. Osteoblasten ersetzen dann das verlorengegangene Knochengewebe durch neues. verheilte Der verhärtete Kallus bleibt zu- Fraktur nächst deutlich verdickt und bildet sich erst über Monate bis Jahre zurück. 1–4 Monate 4–12 Monate PulsM PulsM| Brüche | Brüche 13
Medizingeschichte Eine Frage der Technik Im Laufe der Jahrtausende haben die Menschen zahlreiche Methoden entwickelt, um Knochenbrüche zu heilen. Einiges war kreativ, manches innovativ – und vieles schmerzhaft. Eine kleine Zeitreise durch die Medizingeschichte. TEXT: Sonja Hausmanns | ILLUSTRATIONEN: Danuta Laude Beinwell macht das Bein well Funde aus frühzeitlichen Gräbern be- legen, dass unsere Vorfahren recht geschickt darin waren, gebrochene Knochen zu richten. Zweifellos ver- wendeten schon die frühen Heiler Schienen, die sie aus Zweigen anfer- tigten. Aus Moos machten sie Verbän- de und gaben Heilpflanzen hinzu, wie die Beinwellwurzel. Man nehme … Im 12. Jahrhundert entwickelte der italienische Wundarzt Roger Frugar- di eine neue Technik, um gebrochene Knochen zu fixieren: Er legte den Pa- tienten Verbände aus Mehl und Ei- weiß an, die anschließend aushärte- ten – ähnlich einem modernen Gipsverband. Im Buch „Chirurgia“ von 1300 be- QUELLE: EBX0GH history docu photo Alamy Stock Foto; iStock.com schreibt Roger Frugardi die Knochen- heilung, eingebettet in christliche Erzählungen. 14 PulsM | Brüche
Medizingeschichte QUELLE: 2BW2AWP SmithArchiv Alamy Stock Foto, https://www.biusante.parisdescartes.fr/histoire/images/ ?do=informations-iconographiques&refphot=00259; iStock.com Folter oder Therapie? Die Mediziner des Mittelalters setzen auf kompliziert konstruierte Zug- und Streckapparate: Darin wurden die Gliedmaßen auseinandergezogen, um die gebrochenen Knochen in die rich- tige Heilungsposition zu bringen. Für die Patienten eine Tortur, denn eine Narkose gab es nicht. Auch noch im 20. Jahrhundert wurden teils abenteu- erlich anmutende Konstruktionen verwendet, um die Knochenheilung zu unterstützen. QUELLE: R505F0 Album British Library Alamy Stock Foto; iStock.com PulsM | Brüche 15
Medizingeschichte QUELLE: 2C8NMEC M&N Alamy Stock Foto; iStock.com Endlich Durchblick! Erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts sorgten verschiedene medizinische Entdeckungen für eine bessere Versor- gung und Heilung von Knochenbrü- chen. 1852 erfand der Niederländer Antonius Matthijsen den Gipsverband und ein gutes Jahrzehnt später führte der Chirurg Joseph Listers erstmals eine Operation durch, bei der er die Wunde mit Karbolsäure desinfizierte – der Startschuss für die antiseptische Chir- urgie. In dieser Zeit beginnt auch die Narkose- und Schmerztherapie mit Äther und Chloroform. Die wohl wich- tigste Erfindung für die Heilung von Knochenbrüchen ist das Röntgen: Ab 1895 wird es möglich, genaue Diagno- sen zu treffen und den Erfolg chirurgi- scher Eingriffe zu überprüfen. 16 PulsM | Brüche
Medizingeschichte Neues aus der Knochen-Werkstatt Auch bei den Behandlungstechniken kommt es zu zahlreichen Fortschritten. Der deutsche Chirurg Carl Hansmann stellt 1886 erstmals die Möglichkeit vor, Knochen mittels Metallplatten zu verbinden. Die erste Knochen-Klemme für die externe Fixierung von Fraktu- ren erfindet 1898 der amerikanische Anatom und Chirurg Clayton Parkhill. Als Pionier der Unfallchirurgie gilt der belgische Arzt Albin Lambotte: 1902 begann er in seiner heimischen Werk- statt damit, Implantate für die opera- tive Behandlung von Knochenbrü- chen zu entwickeln. 1920 entwickelte der deutsche Chirurg Martin Kirschner einen rotierenden Bohrdraht, der direkt in den Knochen eingedreht wird und die Fragmente QUELLE: G15BYB Science History Images fixiert. Der K-Draht kommt bis heute Alamy Stock Foto, EGPWR1 Prakaymas zum Einsatz und gilt als minimal- vitchitchalao Alamy Stock Foto invasive Methode. Bis ins Mark getroffen Gerhard Küntscher, ebenfalls ein Chi- rurg aus Deutschland, präsentiert 1939 den sogenannten „Marknagel“ für große Knochen. Dieser wird in das Innere des Knochens geschlagen und stabilisiert den Bruch dauerhaft. Die Erfindung Küntschers war ein Tabu- bruch: Bis zu dieser Zeit galt das Kno- chenmark als das Herz des Knochens und durfte vom Chirurgen nicht an- getastet werden. QUELLE: https://de.wikipedia.org/wiki/ Gerhard_K%C3%BCntscher#/media/Da- tei:K%C3%BCntschers_Femurnagel_von_1940_(1987).JPG, Von Orthopädische Universitätsklinik Kiel - Archiv Universitätsklinikum Kiel, CC BY-SA 3.0 de, https:// commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25508517 PulsM | Brüche 17
Medizingeschichte QUELLE: J5PAW3 Panther Media GmbH Alamy Stock Foto, iStock.com Heilender Ring Eine im Westen lange unbekannte Methode entwickelte der russische Orthopäde Gawriil Abramowitsch Ili- zarov bereits Anfang der 1950er Jahre: Der Ilizarov-Ringfixateur wird wie eine Art Röhre über den Bruch gescho- ben und mithilfe von Drähten mit dem Knochen verbunden. Auf diese Weise ist der Knochen von allen Sei- ten stabilisiert, dennoch bleibt der Patient beweglich. In den USA und Europa setzte sich dieses Verfahren erst ab den 1980er Jahren allmählich durch. 18 PulsM | Brüche
Interview Warten auf den großen Wurf Wie sieht die moderne Therapie von Knochenbrüchen aus? Ein Interview mit Professor Benedikt Friemert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie (DGOU) und Klinischer Direktor am Bundeswehrkrankenhaus Ulm. Prof. Friemert, was war die letzte große Neuerung in Ihrem Fachgebiet? Friemert: Die letzte echte Revolution war die Arthroskopie, also die Gelenk- spiegelung, vor etwa 100 Jahren. Seit- dem müssen wir Gelenke nicht mehr aufschneiden, sondern können mit kleinen Geräten reinschauen. Bei den Knochenbrüchen müssen wir noch FOTO: intercongress weiter zurückschauen: Letztlich war es die Asepsis, die uns befähigt hat, Ma- terial in den Körper zu stecken und dauerhaft dort zu belassen. Schon vor 200 Jahren haben Eskimos gebrochene Röhrenknochen von innen mit Elfen- beinstiften stabilisiert. Der Marknagel grundlegenden Möglichkeiten hat sich bislang nur experimentelle Forschung war im Prinzip also keine neue Erfin- nichts verändert. Denn der Knochen und den großen Wurf kann ich für die dung. Neu war lediglich, dass die Men- ist, wie er eben ist. nächsten zehn Jahre nicht erkennen. schen nach einer solchen Behandlung nicht mehr an einer Infektion gestor- Wobei es durchaus innovative Ansätze Hat sich denn die Art der Brüche in den ben sind. gibt: Das Helmholtz Institut etwa ar- letzten Jahrzehnten verändert? beitet an einem Schaum, in den der Friemert: Es gibt Brüche, die wir über- Also beruht die moderne Therapie von Knochen hineinwachsen soll … haupt nicht mehr sehen. In den 70er Knochenbrüchen auf den immer glei- Friemert: Es gibt viele solcher Versu- und 80er Jahren hatten wir viele Ver- chen Verfahren? che – funktioniert hat es noch nie. Wir kehrsverletzte mit völlig zerstörten Friemert: Im Grunde ja. Lediglich die sind bis heute nicht in der Lage, Kno- Füßen oder Knien. Heute hat jedes Materialien haben sich verändert. Plat- chendefekte durch Fremdmaterial Auto einen Gurt und die Fußpedale ten und Nägel sind heute aus Titan dauerhaft zu überbrücken. Wenn wir werden bei einem Aufprall nicht mehr statt aus Stahl. Zudem sind die Platten einen Knochendefekt ersetzen wollen, ins Innere des Wagens geschossen. Auf besser an die Anatomie angepasst, wir geschieht das mit Segmenttransport: der anderen Seite haben wir öfter Ver- müssen sie also nicht mehr zurecht- Wir sägen vom Restknochen ein Stück letzungen aus dem Freizeitbereich. biegen, wodurch sich die Operations- heraus und schieben es jeden Tag einen Schnelle Carving-Ski oder auch E-Bikes zeit verkürzt. Röntgendurchlässiges Millimeter weiter in den Defekt, um sind zwei der Gründe. Knochenbrüche Material ist eine weitere Neuerung, die ihn zu schließen und das Knochen- sind also nicht weniger geworden, aber unsere Arbeit erleichtert. Aber an den wachstum anzuregen. Alles andere ist die Ursachen sind heute andere. PulsM | Brüche 19
Lebensbrüche Der Schutzmann Die Ent-Täuschung, im Japanischen ist sie ein positiver Begriff. Wir sind zufriedener, wenn wir von alten Hoffnungen und Vorstellungen ablassen: Diesen Eindruck vermittelt Dennis Graf, dessen Leben nicht den geraden Weg genommen hat – und der dennoch angekommen ist: bei sich. TEXT: Sonja Hausmanns | FOTOS: Joachim Gies 20 PulsM PulsM| Brüche | Brüche
Lebensbrüche Dennis Graf wirkt zurückhaltend, als wir ihn am Marienhaus Klinikum in Mainz treffen. Ein ruhiger Mittfünf- ziger, nicht sehr groß, silbernes Haar über weißem Hemd. Bei der Begrü- ßung fällt der weiche hessische Zun- FOTO: iStock.com/SeanPavonePhoto genschlag auf. Das ist also der Mann, der gleich von Kampfsport, Bundes- wehreinsätzen und RAF-Attentaten erzählen wird. Dass Graf so gar nicht dem James-Bond-Image entspricht, das ihm manch einer schon andich- tete, es mag eine Ent-Täuschung sein. Aber sie gibt den Blick frei auf den Menschen jenseits des Klischees. Dennis Graf hat nach der Schule in Aufgewachsen ist Graf im hessischen Kyoto gelebt und ist in Japan zum Dieburg nahe Darmstadt. Er besucht Buddhisten geworden. die örtliche Realschule, will eine Bä- ckerlehre machen – womit er seine Lehrer enttäuscht. Dachten sie doch, der Einserschüler in Physik und Che- mie würde in die Fußstapfen seines Großvaters treten, der beim Pharma- Riesen Merck einen Direktorenposten hat. Doch Dennis Graf, dessen Eltern KAMPFSPORT ODER SANFTSPORT? dann hängt er nicht hier rum“, gibt beide Handwerker sind, hat andere „Ich war damals 17 Jahre alt und der Vater sein Einverständnis. Also Pläne: Erst die Bäckerlehre und darauf wusste, die Bundeswehr würde sich steigt Graf in den Flieger – und kommt aufbauend eine Ausbildung zum Le- vermutlich erst in knapp zwei Jahren in einer völlig neuen Welt an. In Kyo- bensmitteltechniker. Schon zwei Jah- bei mir melden. Also musste ich mir to ist er offiziell Praktikant in der Fir- re später absolviert er die vorgezogene was anderes überlegen“, schildert ma des Onkels, lebt aber in einer Art Gesellenprüfung und auch gleich die Graf seine damalige Situation lapidar. Klosterschule, wo er seine Aikido- ersten Bewerbungsgespräche bei In- Er spricht mit seinem Patenonkel, Techniken verfeinert, aber vor allem dustrieunternehmen, die Lebensmit- denn der hatte ihn schon immer auf viel über das Leben lernt. „Kampf- teltechniker ausbilden. Bei einer Fir- neue Ideen gebracht. Zum Beispiel auf sport, diesen Begriff finde ich total ma in Darmstadt läuft alles glatt, Graf die, im Alter von sechs Jahren mit der nebendran. Für mich ist das eine Le- hat bereits die obligatorische Werks- japanischen Kampfsportart Aikido zu bensphilosophie“, sagt Dennis Graf. führung bekommen, da fragt der Chef beginnen. Nun ist der Patenonkel da- „Aikido, das ist weich, sanft und rund. plötzlich: „Waren Sie denn schon bei mals nicht nur im Vorstand des deut- Es geht zwar darum, den anderen in der Bundeswehr?“ Graf war nicht. schen Aikido-Verbandes, sondern eine Niederlage zu führen, dennoch Und die Firma fürchtet eine zu lange außerdem zuständig für das Asien- zollen wir dem Unterlegenen Res- Ausbildungspause, wenn er für den geschäft eines deutschen Technik- pekt.“ Die Fähigkeit, sich in den ande- 15-monatigen Wehrdienst einberufen konzerns. Er schlägt vor, sein Neffe ren hineinzuversetzen, sie wird für wird, der damals noch Pflicht ist. Das könne ihn für ein Dreivierteljahr nach Grafs weiteren Weg prägend sein. war’s mit dem Ausbildungsplatz. Japan begleiten. „Nimm den Bub mit, PulsM | Brüche 21
Lebensbrüche DIE RAF VERSTEHEN In Gefahrensituationen war ich Nach der erweiterten Offiziersausbil- fähig, aufkommende Panik dung inklusive Kriminaltechnik und Rechtsunterricht startet Dennis Graf auszublenden und mich komplett schließlich bei den Feldjägern in Mar- auf den nächsten Schritt zu burg. Seine Aufgabe ist es, Soldaten konzentrieren“ aufzuspüren, die nicht zum Dienst er- schienen sind. Doch den fahnenflüch- Dennis Graf tigen Kameraden Handschellen anzu- legen und sie abzuführen, ist nicht Im Flugzeug zurück nach Deutschland seine Sache. „Ich wollte immer ihre sitzt neun Monate später ein anderer Gründe verstehen.“ Vor allem bei je- Dennis Graf als auf dem Hinweg: „Ich nem jungen Mann, den der Feldjäger war Buddhist geworden“, fasst Graf dreimal zurück zur Truppe bringen zusammen, an dessen Armgelenk muss. Erst spät verrät er Graf, dass ihn auch heute ein Buddhabändchen bau- sein Feldwebel immer wieder zu melt. Ausgestattet mit der neu gewon- nächtlichen Gewaltmärschen zwingt. nenen Spiritualität macht er sich auf Dennis Graf fackelt nicht lange und den Weg zur Musterung. Der sanft- fährt mit dem Kameraden zu seiner mütige Buddhist und die Bundeswehr, Einheit, lässt Feldwebel, Kompanie- kann das passen? „Ich war schon ver- chef und Standortpfarrer antreten. wundert, als ich kurz darauf die Ein- Das Ganze endet mit einer Disziplinar- ladung zu einer erweiterten dreitägi- strafe für den Feldwebel; der junge gen Musterung nach Düsseldorf Soldat darf die Bundeswehr verlassen. bekam“, erinnert sich Dennis Graf. „Ich hatte die Freiheit zu entscheiden, Dort findet er sich mit 24 anderen jun- was gut für den anderen ist“, sagt Graf, gen Männern wieder, die ausführliche der wenig später noch die Ausbildung Tests zu Stress, Intelligenz und Fitness zum Personenschützer bei der Bundes- absolvieren – inklusive Verhör durch wehr absolviert. den Militärischen Abschirmdienst. Der Hesse ist einer von zwei Kamera- Es ist die Zeit, in der die Terrorgruppe den, die schließlich ein Angebot er- RAF immer wieder Anschläge auf halten: Er kann sich zum Hubschrau- hochrangige Politiker verübt, und ber-Piloten ausbilden lassen oder der Graf kommt Mitte der 80er Jahre in Feldjägertruppe, der Militärpolizei der das Team, das für die Sicherheit von Bundeswehr, beitreten. „Klimmzüge Ex-Verteidigungsminister und Nato- können viele, ich hab wohl vor allem Generalsekretär Manfred Wörner durch meine mentale Stärke über- verantwortlich ist. Wieder hilft ihm zeugt“, vermutet Graf. Er entscheidet seine mentale Stärke. „In Gefahren- sich für die Feldjäger – und lässt sich situationen war ich fähig, aufkom- außerdem zusichern, dass er später bei mende Panik auszublenden und mich der Bundeswehr die Ausbildung zum komplett auf den nächsten Schritt zu Lebensmitteltechniker absolvieren konzentrieren.“ Graf setzt alles daran, kann. „Ich dachte, das ist jetzt ein klei- die Terroristen zu verstehen und ihre ner Umweg, mehr nicht.“ Handlungen vorauszusehen, getreu 22 PulsM | Brüche
Lebensbrüche dem Aikido-Leitsatz: „Einen Feind, der Personenschützer. Bei Einsätzen den du nicht kennst, kannst du nicht überall auf der Welt sorgen Graf und besiegen.“ seine Kollegen dafür, dass dem VIP nichts geschieht – bis zu jenem No- Den Gedanken an die Lebensmittel- vembertag 1989 in Bad Homburg: Das technik hat Dennis Graf auch damals gepanzerte Fahrzeug wird von einer nicht aufgegeben. Doch dann stirbt Präzisionsbombe getroffen, für den der Vater und Graf, der inzwischen Bankenchef kommt jede Hilfe zu spät. verheiratet ist, bittet um Versetzung Später wird sich die RAF zu dem An- nach Mainz, um näher bei seiner Fa- schlag bekennen. Graf, der im Begleit- milie zu sein. Vergebens. Da kommt fahrzeug saß, bleibt unverletzt, doch das Angebot eines alten Freundes ge- ein Gedankenprozess kommt in Gang: rade recht, der im Personenschutz der „Ich hatte sehr viel Achtung vor der Deutschen Bank in Frankfurt arbeitet Person, die gestorben war. Bist du be- und Verstärkung sucht. Graf wird dem reit, dasselbe Risiko für jemand ande- damaligen Vorstandsvorsitzenden der ren einzugehen?“ Grafs Antwort an Bank zugeteilt, dessen Namen er auch sich selbst lautet „nein“. Was wohl heute noch nicht nennen will, „VIP- auch an seiner damals anderthalbjäh- Person“ sagt er stattdessen im Jargon rigen Tochter liegt. PulsM | Brüche 23
Lebensbrüche PAPA MUSS INS BÜRO nun nicht mehr.“ Was für die meisten Fast schon spartanisch wirkt der „Können Sie sich vorstellen, sich mit Männer seiner Generation völlig nor- Raum unter dem Dach, nur der kleine Computern zu beschäftigen?“ Der An- mal ist, Graf muss sich erst daran ge- feuerrote Desinfektionsspender fällt schlag ist sechs Monate her, als Den- wöhnen. ins Auge, der auf Kopfhöhe über dem nis Grafs Chef bei der Deutschen Bank Schreibtisch baumelt. Zu Marien- ihm diese Frage stellt. Damals stehen Es ist das Jahr 2005, Josef Ackermann haus hat es Graf Anfang 2021 ver- in dem Finanzhaus nur wenige Rech- nimmt gerade die Deutsche Bank schlagen, als er wieder einmal auf der ner, die gehütet werden wie ein auseinander, und die Abteilung von Suche nach neuen Herausforderun- Schatz. Graf gräbt sich tief ein ins The- Graf wird ausgegliedert. Wieder ist gen war. Jetzt leitet er die Stabsstelle ma, lernt Programmieren und entwi- er auf der Suche nach Neuem und für Informationssicherheit, „eine ckelt eine Sicherheitssoftware für die findet es bei der Niederländischen grüne Wiese“, nennt er es. Dieses Feld Bank. Spätestens jetzt geht Graf auf, Direktbank ING. Online-Banking will Graf bespielen, indem er den was der rote Faden seines Berufs- steckt damals noch in den Kinder- Mitarbeitenden beibringt, in den lebens sein könnte: „Sicherheit, ob von schuhen und Graf wird zuständig für richtigen Momenten zu zweifeln. Personen oder Daten, das ist mein Informationssicherheit und Daten- „Dafür brauchen wir eine andere Thema!“ Von der Lebensmitteltechnik schutz bei dem jungen Unterneh- Kultur, eine veränderte Denkweise“, hat er sich inzwischen verabschiedet men, das gerade in den deutschen erläutert Graf, für den Vorschriften und auch den Zeiten als Personen- Markt eintritt. Später bildet er sich höchstens Mittel zum Zweck sind. schützer trauert er nicht nach. Nicht noch zur Fachkraft für Arbeitssicher- Viel wichtiger ist ihm, seinen Kolle- ganz so leicht fällt es ihm, seine neue heit weiter – mit Zertifikat, „weil ich ginnen und Kollegen die Vorteile der Rolle als Abend- und Wochenendvater einen Beleg dafür haben will, dass Veränderung vor Augen zu führen. anzunehmen. „Im Personenschutz ich etwas auch wirklich kann“. Noch Auch das hat er in seiner Zeit in Kyo- gab es während der Woche oft freie hängen keine seiner vielen Urkun- to gelernt: Der japanische Begriff für Tage, dadurch konnte ich den Alltag den, Zeugnisse und Auszeichnungen Krise setzt sich zusammen aus zwei mit meiner Tochter erleben. Das ging in seinem derzeitigen Büro in Mainz. Wörtern – Gefahr und Chance. 24 PulsM | Brüche
Gastbeitrag „Wir halten Augen und Ohren offen“ Wo immer Menschen zusammenleben, können Konflikte entstehen, das gilt natürlich auch für Senioreneinrichtungen. Heinz-Günter Laux, Renée Holstegge und Maria Löcher engagieren sich im Heimbeirat des Josef-Ecker-Stiftes Neuwied für eine gute Hausgemeinschaft. Hier beschreiben sie ihre Erfahrungen. Jeder Mensch hat seine Eigenheiten Bedürfnisse der Bewohnerinnen und unter den Bewohnerinnen und Bewoh- und da geht man sich auch mal auf die Bewohner zur Sprache. Dafür ist es na- nern zwei Gruppen, die sich nicht ver- Nerven, wenn man sich jeden Tag be- türlich wichtig, dass wir ihre Wünsche trugen. Als Heimbeirat haben wir die gegnet. Die Corona-Pandemie sorgte und Anliegen kennen. Deshalb gehen zu diesem Zeitpunkt noch ahnungs- für zusätzliches Konfliktpotential. In wir auf sie zu und sind jederzeit an- lose Einrichtungsleitung informiert. der Cafeteria beispielsweise stieß es sprechbar: auf dem Flur, im Wohnbe- Gemeinsam konnte dann das Problem auf Ärger und Unverständnis, dass reich oder ganz offiziell in den monat- behoben werden. Mitbewohner ihre Maske nicht tragen lichen Sprechstunden in der Cafeteria. wollten. In diesem Fall wurden wir als So haben wir einen guten Kontakt zu Wir erinnern uns auch an eine Situa- Mitglieder des Heimbeirates ange- allen im Haus. tion, in der sich zwei Bewohner heftig sprochen und haben gemeinsam mit stritten. Es ging dabei um Liebesge- der Einrichtungsleitung zur Klärung Es ist uns ein Anliegen, für eine harmo- rüchte, enttäuschte Gefühle und Eifer- des Konflikts beigetragen. nische Atmosphäre im Haus zu sorgen. sucht. Gemeinsam mit den Beteiligten, Wir halten Augen und Ohren offen, um den Mitgliedern des Heimbeirates und Die Bewohnerinnen und Bewohner des alles mitzubekommen, was im Haus der Einrichtungsleitung wurde eine Josef-Ecker-Stifts haben uns demokra- gesprochen wird. Wir achten auf die Lösung gefunden, dass sich die beiden tisch in den Heimbeirat gewählt. Wir Mitbewohnerinnen und -bewohner. gut aus dem Weg gehen konnten. Der sind das Bindeglied zwischen ihnen Wenn wir zum Beispiel wahrnehmen, Streit ist seitdem nicht mehr aufge- und der Einrichtungsleitung. Zusätz- dass jemand niedergeschlagen ist, ge- flammt. lich haben wir ein Mitwirkungsrecht hen wir auf ihn zu und fragen, was ihn bei vielen Entscheidungen: Gestaltung bedrückt. Wir hören zu und schauen, Es ist immer wieder eine Herausforde- der Hausordnung, Maßnahmen zur ob wir helfen können. Wir haben das rung, zwischen den Menschen zu ver- Unfallverhütung, Änderung der Ent- Vertrauen der meisten Mitbewohner mitteln und einen guten, friedlichen gelte, Planung der Alltags- und Freizeit- und sind regelmäßig im Gespräch mit Weg zu finden. Aber dafür werden wir gestaltung oder Durchführung von der Einrichtungsleitung. So lassen sich mit einer Hausgemeinschaft belohnt, Veranstaltungen – bei all dem werden auch Konflikte bewältigen. Zum Bei- in der es sich wunderbar leben lässt. wir einbezogen. Dabei bringen wir die spiel gab es vor einigen Jahren im Haus Renée Holstegge, Heinz-Günter Laux und Maria Löcher. Fotos: Joachim Gies PulsM | Brüche 25
News Stippvisite Nachrichten aus der Marienhaus-Gruppe TEXT: Andrea Schulze MÜNSTER/WALDBREITBACH Starke Partnerschaft für den deutschen Gesundheitsmarkt Die Franziskus Stiftung in Münster Dach werden zukünftig über 27.000 und die Marienhaus Stiftung in Mitarbeitende in über 100 sozialen Waldbreitbach haben Anfang März Einrichtungen tätig sein. Die gemein- eine Absichtserklärung unterzeich- samen franziskanischen Wurzeln bei- net: Künftig wollen sie das operative der Unternehmen bilden die christliche Geschäft beider Gruppen zusammen- Wertebasis, um alle Anforderungen führen und damit ein führendes mit Professionalität, Nächstenliebe christliches Unternehmen im deut- und Begeisterung anzunehmen und schen Gesundheitsmarkt schaffen. den Menschen dabei stets im Blick zu Unter dem geplanten gemeinsamen behalten. NEUWIED Ein Zimmer wie eine Waldlichtung Auf der Intensivstation des Marien- haus Klinikums St. Elisabeth Neuwied gibt es erstmals ein spezielles Zimmer für Palliativpatienten. Der Raum ist behaglich gestaltet und vermittelt das Gefühl, auf einer Waldlichtung zu lie- gen. Dazu trägt nicht zuletzt ein Leuchtkasten über dem Bett bei, auf dem ein blauer Himmel zu sehen ist. Zu den Neuerungen gehören auch ein gemütlicher Vorraum mit zwei Ses- seln sowie ein Fernseher, auf dem sich die Kranken digitale Fotos anschauen können. Das Palliativzimmer soll da- bei helfen, Menschen an ihrem Le- Freuen sich über das neue Palliativzimmer auf der Intensivstation: Annika Zühlke, stellv. bensende ein kleines bisschen Glück pflegerische Leiterin, Chefarzt Dr. Michael Fresenius, Oberärztin Elisabeth Bergmann, Chefarzt zu schenken. Dr. Christian-René de Mas sowie Bauingenieur Sascha Bintz (von links). Foto: Andrea Schulze 26 PulsM | Brüche
News NEUWIED 10 Jahre MTRA-Schule: Eine Erfolgsgeschichte In diesem Jahr feiert die MTRA-Schule im Rheinischen Bildungszentrum in Neuwied ihr zehnjähriges Jubiläum. Seit 2011 haben 142 junge Frauen und Männer dort ihre dreijährige Ausbil- dung zu Medizinisch-Technischen Radiologie-Assistenten abgeschlossen. Den praktischen Teil absolvieren die Schülerinnen und Schüler in Einrich- tungen der Marienhaus-Gruppe sowie bei den rund 30 Kooperationspartnern der MTRA-Schule. Inzwischen ist die Schule die größte ihrer Art in Rhein- land-Pfalz. Dennoch ist der Bedarf an MTRA auch zehn Jahre nach der Grün- dung so groß, dass viele der Auszubil- Das Team der MTRA-Schule feiert den runden Geburtstag. Mit dabei sind Schulleiterin denden schon lange vor ihrem Ab- Elisabeth Becker-Kalapis (2. von links) sowie Dr. Götz Lutterbey (hinten), Chefarzt für Radio- schluss einen Arbeitsvertrag in der logie am Marienhaus Klinikum St. Elisabeth Neuwied. Er hatte die Gründung der Schule Tasche haben. vorangetrieben und ist seitdem ihr Ärztlicher Leiter. Foto: Andrea Schulze BAD BREISIG Extra Service für Senioren Das Marienhaus Seniorenzentrum St. Josef Bad Breisig ist seit November 2021 Projekthaus der Initiative „Ser- viceQualität Deutschland“. Dieses Qualitätsmanagementsystem kommt eigentlich aus der Tourismus-Bran- che – nun wird es erstmals in einem Altenheim angewendet. Dafür wer- den im Seniorenzentrum sämtliche Bereiche unter die Lupe genommen, die im weitesten Sinne Hotelleistun- gen entsprechen, etwa Speisenversor- gung und Wäscheservice. „In der Re- gel steht die gute medizinische und pflegerische Versorgung an erster Stelle“, sagt Einrichtungsleiter Jörg Warnke. „Das ist natürlich elementar, weckt aber bei den älteren Menschen keine Freude.“ Ein Highlight sei es aber beispielsweise, wenn ein Menü Stolz auf ihr Pilothaus: Einrichtungsleiter Jörg Warnke (Mitte), Greta Tarasov, Service, und ansprechend serviert wird. Jürgen Höfer, Küchen- und Hauswirtschaftsleitung. Foto: Svenja Pees PulsM | Brüche 27
News MORBACH Jetzt spenden für mehr Zeit im Hospiz! Seit einem Jahr gibt es das Projekt und Mitarbeiter des Ambulanten Hos- „Zeitintensive Betreuung“ am Marien- pizes Morbach sind Teil des Projektes. haus Seniorenzentrum St. Anna: Über „Immer wieder erhalten wir Post, in Spenden werden zusätzliche Stunden der sich Angehörige ausdrücklich für Spendenkonto zur Unterstützung finanziert, in denen eine Mitarbeiterin die liebevolle, wertschätzende Beglei- des Projekts Zeitintensive Betreuung: den Sterbenden vorliest, ihnen zuhört tung ihres Verstorbenen bedanken“, Christlicher Hospizverein oder einfach nur ihre Hand hält. Zu- freut sich Einrichtungsleiter Wolfgang Morbach e.V. dem nutzt sie die Zeit für Aromathera- Berg. Um das Projekt fortzusetzen, IBAN: DE17 5706 9806 0000 1011 00 pie oder spezielle Mundpflege. Auch sind die Initiatoren weiterhin auf BIC: GENODED1MBA die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen Spenden angewiesen. BAD NEUENAHR Bessere Diagnose bei Prostatakrebs Als eine der ersten Kliniken in ner einen Tumor erkennen und zu- deckt wird, umso besser sind die Hei- Deutschland hat das Krankenhaus dem direkt beurteilen können. So lungschancen“, erläutert Chefarzt Dr. Maria Hilf in Bad Neuenahr ein hoch- lassen sich auch Krebswucherungen Christian Fisang. Jährlich erkranken modernes Ultraschallgerät zur Diag- aufspüren, die im MRT verborgen in Deutschland etwa 62.000 Männer nose von Prostatakrebs angeschafft. bleiben. „Für die Patienten bietet das an Prostatakrebs. Dieses Gerät liefert besonders hoch- eine zusätzliche Sicherheit, denn je auflösende Bilder, sodass die Medizi- früher ein Prostatakarzinom ent- NEUWIED Hospiz ist umweltfreundlich unterwegs Die Mitarbeiterinnen des ambulan- ten Hospizes Neuwied freuen sich über ein nagelneues Elektroauto, ge- spendet von der VR Bank Rhein- Mosel. Auch die Kosten für die Lade- station hat die Bank übernommen. Ihr E-Mobil wollen die Mitarbeiterin- nen nutzen, um schwerstkranke Menschen zu besuchen, die vom Hos- piz begleitet werden. „Es ist großartig, jetzt so ein nachhaltiges, umwelt- freundliches Auto fahren zu können“, freut sich Hospiz-Leiterin Anita Lud- wig. Das bisherige Fahrzeug des am- bulanten Hospizes ist inzwischen Großzügige Spende: Vertreter der VR Bank Rhein-Mosel übergaben im November 2021 das neun Jahre alt und musste dringend E-Auto an das Team vom Ambulanten Hospiz Neuwied. Foto: privat ausgetauscht werden. 28 PulsM | Brüche
News BAD NEUENAHR-AHRWEILER NEUWIED Neue Trikots für Eine weltweit die Jugend-Kicker! einmalige Im November 2021 hat die Marien- für die Jungs richtig schlimm, dass die Operation haus-Gruppe gemeinsam mit dem Trikots der Flutkatastrophe zum Opfer Unternehmen Schneidereit drei kom- gefallen sind“, sagt Werner Theisen, Innovation aus Neuwied: „Wir sind plette Trikotsätze und je sieben Fuß- Junioren-Trainer beim SG Landskrone das erste Krankenhaus weltweit, in bälle an drei Jugend-Fußballmann- Heimersheim. Umso größer war die dem ein Operateur allein eine bi- schaften im Ahrtal gespendet. „Es war Freude über die neue Ausstattung. polare Ablation zur Behandlung von Herzrhythmusstörungen durch- führt“, sagt Dr. Burkhard Hügl, Chef- arzt am Marienhaus Klinikum St. Elisabeth. Der erste Patient, bei dem So sieht Teamgeist das neue Verfahren angewendet aus: Uwe Schneider wurde, war bereits dreimal in ver- (3.v.r.) von der Marien- haus-Gruppe übergab schiedenen Kliniken operiert wor- die Trikots gemein- den – jedoch erfolglos. „Bei ihm lag sam mit Steffen Zan- die Stelle, an der die elektrischen der (2.v.r.) und Björn Impulse entstanden, in der Tiefe der Knauf (rechts) von der Schneidereit GmbH. muskulösen Herz-Scheidewand, die Foto: Andrea Schulze mit einer einfachen Ablation nicht erreicht werden konnte“, erläutert Hügl. BITBURG Deshalb hat Hügl bei ihm eine bi- Innovation für eine polare Ablation durchgeführt. Dafür fertigte er zunächst ein dreidimen- stabile Wirbelsäule sionales Röntgenbild an und unter- suchte das Organ dann mithilfe ei- nes speziellen Diagnostik-Katheters, Für Menschen, deren Wirbelsäule in- mit dem die elektrischen Nervenim- stabil geworden ist – etwa durch ei- pulse sichtbar werden. Das Röntgen- nen Bruch, einen Tumor oder Osteo- bild und die Darstellung der Nerven- porose – bietet das Marienhaus impulse wurden übereinandergelegt Klinikum Eifel eine neue Möglichkeit, – so konnte der Kardiologe während um das Rückgrat dauerhaft zu stabi- der Operation präzise die Region des lisieren. Dafür nutzt das Team um Herzens lokalisieren, die er behan- Chefärztin Dr. Susanne Atug ein in- deln muss. Dabei hat Burkhard Hügl novatives Schrauben-Stab-System, mit zwei Kathetern gearbeitet und das minimalinvasiv über vier kleine die betreffende Stelle parallel von Hautschnitte platziert wird. Mittels der linken und rechten Herzkammer einer speziellen Software werden die aus angesteuert, um auch Muskel- Stäbe dabei optimal an die Wirbelsäu- zellen tief im Gewebe zu veröden. le der Patienten angepasst. Durch die „Dadurch ist es möglich, dass ein Stabilisierung haben die Erkrankten einziger Operateur diesen Eingriff deutlich weniger Schmerzen und ei- vornimmt“, berichtet Hügl. Dem Pa- Das Modell zeigt, wie die Schrauben zur Sta- ner drohenden Querschnittslähmung bilisierung der Wirbelsäule eingesetzt werden. tienten geht es nach der erfolgrei- wird vorgebeugt. Foto: Andrea Schulze chen Operation wieder gut. PulsM | Brüche 29
Mein Marienhaus FOTO: iStock.com/ Anton Vierietin Alltagsfluchten Ob als Ärztin, Pfleger oder in der Verwaltung: Die Kolleginnen und Kollegen in der Marienhaus-Gruppe geben jeden Tag ihr Bestes. Wir wollten wissen: Was tun Sie, um Ihren Akku wieder aufzuladen? Wann und wie brechen Sie aus dem Alltag aus? 30 PulsM | Brüche
Mein Marienhaus „Ich genieße es, mit meinen Nichten und Neffen Zeit zu verbringen. Sie sind zwischen einem und vier Jahren alt und es ist toll zu sehen, wie sie sich für die Welt begeistern können. Ich weiß noch genau, als meine älteste Schwester bei Familientreffen Ostern 2018 erzählte, dass sie schwanger sei. Ich dachte: Bald werde ich ein Baby auf dem Arm halten! Inzwischen ist jede meiner drei Schwestern Mutter geworden und es berührt mich, dabei zu sein, wenn die Kleinen aufwach- sen. Ich versuche, sie mindestens alle zwei Wochen zu sehen, und bin immer wieder erstaunt, welche Ent- wicklungssprünge sie selbst in dieser kurzen Zeit machen. Es fällt mir dann immer schwer, wieder zu gehen, aber ich fühle mich danach auch be- schenkt. Bald werde ich selber Vater und ich freue mich riesig darauf!“ Franziskus Heinrichs, Management Trainee in der Sparte Kliniken, Neuwied t mein Tipp, um „Indoor-Cycling is igen Arbeitstag nach einem stress lten. Eine Stunde perfekt abzuscha e al ob in der Grupp ‚Party on Bike‘ – eg zu Hause: Ich oder auf dem Bike nter und bin nach komme immer ru inuten gut drauf.“ spätestens fünf M , Referentin Ca roline Hensiek n & Marketing, Kom mun ikatio Waldbreitbach PulsM | Brüche 31
Mein Marienhaus Fs, mit denen ich „Bei mir gibt es vier derauflade: Meine meinen Akku wie eit alt und Geborgenh Familie gibt mir H , mit meinen Lieben und ich genieße es . Das zweite F sind unterwegs zu sein e für mich da sind meine Freunde, di ‚Pferde stehlen‘ und mit denen ich hre ich sehr gerne kann. Außerdem fa t zu vergessen F Fahrrad – und nich ich ßball! Dabei kann Nummer 4: der Fu ner owern und in mei mich richtig ausp Her ren-M an ns ch aft echte Gemein- Alt- schaft erleben.“ t, Qua litätsmanagemen Uwe Schneider, Waldbreitbac h „Frei nach dem Motto: ‚Entw eder auf zwei Beinen oder auf zwei Rä dern!‘, wandere ich vom Taunus über Huns- rück bis ins Saarland. Und gen au dort lässt es sich auch mit dem Mo torrad sehr gut fahren … Wandern und Motorradfahren machen de n Kopf frei für alles, was dienstlich un d privat zu bewältigen ist.“ Björn Spieler, Geschäftsfü hrer, Neunkirchen 32 PulsM | Brüche
Mein Marienhaus rbringe ich „Meinen Jahresurlaub ve r ‚einsamen‘ fast ausschließlich auf de rdsee. Insel Pellworm an der No – und genau Kaum jemand kennt sie hin. Auf deshalb fahre ich dort mich zusam- Pellworm kümmere ich eine kleine men mit meiner Frau um ntnerinnen‘. Schafherde, allesamt ‚Re t kommen, Wenn die Tiere angesaus ein paar um sich ein Leckerli oder holen, dann Streicheleinheiten abzu vergesse ich den Alltag.“ Personalentwick- Jürgen Lichtenthäler, lung, Neuwied „Ich kann immer gut abschalten, indem ich etwas Verrücktes mache. Zuletzt bin ich in Frankfurt eine Hochhausfassade runtergelaufen – 100 Meter ging es bergab. Der kribbe- ligste Moment war der Schritt über die Dachkante; dann geht man waagerecht in der Luft hängend los und genießt dabei die Aussicht auf die Frankfurter Skyline. Ich hab auch schon Bungeejumping und Paragli- ding ausprobiert und bin in einem Sportwagen, einer Dodge Viper, über die Nordschleife auf dem Nürburg- ring gefahren. Solche Erfahrungen lassen mich das Leben anders fühlen und zeigen mir, welche Vielfalt in mir steckt. Ein unvergessliches Erlebnis für mich war es, die Wildspitze, den zweithöchsten Berg Österreichs, zu besteigen. Bei schönstem Wetter am Gipfelkreuz auf 3.770 Metern habe ich mich dem lieben Gott ganz nah gefühlt. Das hört sich schwülstig an, war aber genau so.“ Susanne Donecker, Krankenschwester, Neuwied PulsM | Brüche 33
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