PULS Wir haben alle einen Knacks! - Schwerpunkt: Brüche - Marienhaus-Gruppe

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PULS Wir haben alle einen Knacks! - Schwerpunkt: Brüche - Marienhaus-Gruppe
PULS
                         Wir haben alle
                         einen Knacks!
                         Schwerpunkt: Brüche
Ausgabe 2 | April 2022

                         Knochenbrüche         Herzbrüche        Durchbrüche
                         Über Heilung          Poesiealbum un-   Fortschritt bei
                         und Hindernisse       möglicher Paare   der Krebstherapie
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Wissen

                      Durchbrüche, Zusammenbrüche, Stimmbrüche und
                     Torbrüche: Hier gibt’s jede Menge Wissenswertes und
                                   Kurioses zum Heftthema.
                                TEXT: Sonja Hausmanns | ILLUSTRATION: Caro Kather

ZEIG’S MIR!
Bruchzeichen, also abgebrochene
Äste, sind die Zeichensprache der
Jäger. Als „letzter Bissen“ wird der                                            TEURER KNACKS
Bruch einem erlegten Tier ins Maul
                                                                                In Deutschland wurden 2017
gelegt. Damit zeigt der Jäger an, dass er
                                                                                etwa 765.000 Knochenbrüche
das Wild rechtmäßig erlegt hat, und be-
                                                                                behandelt. Dadurch entstanden
zeugt zudem seinen Respekt vor dem Tier.
                                                                                Kosten von knapp 11 Milliarden
Brüche dienen auch als Wegweiser oder –
                                                                                Euro – Tendenz steigend.
am Hut getragen – als Glücksbringer.

                                                      DER HAT ABGEGUCKT!
                                                      Der Bruchstrich in der Mathe-
     LÖCHRIGE KNOCHEN                                 matik geht zurück auf Leonardo
                                                      von Pisa, Fibonacci genannt. Der
     Laut der Weltgesundheitsorganisa-                Italiener zählt zu den berühm-
     tion (WHO) gehört Osteoporose zu                 testen Mathematikern des
     den zehn häufigsten Erkrankungen                 Mittelalters und führte die neue
     weltweit. In Deutschland leiden                  Schreibweise 1228 ein – über-
     rund sechs Millionen Menschen an                 nommen hatte er den Bruch-
     Osteoporose.                                     strich aus der islamischen
                                                      Mathematik.

SOLLBRUCHSTELLE IM UNIVERSUM?
Amerikanische Forscher haben 2021
einen „Bruch“ in der Milchstraße
                                                                   SCHNELLE MÄDCHEN
entdeckt. „Ein Kontingent junger
Sterne und sternbildender Gaswolken                                Auch Mädchen kommen in den Stimmbruch!
ragt aus einem der Spiralarme der                                  Allerdings ist er bei ihnen schon nach wenigen
Milchstraße heraus wie ein Splitter                                Wochen abgeschlossen, während der Umbau
aus einem Holzbrett“, heißt es auf der                             von der kindlichen zur erwachsenen Stimme
Website der NASA.                                                  bei Jungen Monate oder sogar Jahre dauert.

2                                                                                                    PulsM | Brüche
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                                                                WIE BEI HARRY POTTER
                                                                Bis ins Ende des 18. Jahrhun-
                                                                derts hatte der Kölner Dom
                                                                eine Hausnummer mit einem
                                                                Bruch: 2583 ½ lautete die
                                                                ungewöhnliche Adresse. Der
                                                                Zusatz verwies darauf, dass                                   KLEBT WIE …
                                                                der Dom keine Steuern zu
                                                                zahlen hatte. Heute ist das                                   1956 bringt Henkel den
                                                                Kirchenmonument am                                            ersten Pattex-Kleber auf den
                                                                „Domkloster 4“ zu finden.                                     Markt. Diesen Kontaktkle-
                                                                                                                              ber hatte das Unternehmen
                                                                                                                              ursprünglich für Schuster
                                                                                                                              erdacht.

                                                                                                          VORSICHT, ER
    KUPFER-KESSEL XXL                                                                                     FÄLLT!

    In Chile befindet sich der                                                                            Isaac Newton
    größte Kupfererzbruch                                                                                 entdeckte die
    der Welt. Die Chuquica-                                                                               Schwerkraft – ein
    mata Mine liegt in den                                                                                nüchterner Wissen-
    Anden, 2.840 Meter über                                                                               schaftler war er
    dem Meeresspiegel. An                                                                                 jedoch nicht: Er galt
    seiner breitesten Stelle                                                                              als sehr emotional und
    misst der Krater 4,3 Kilometer.                                                                       nach einem Streit erlitt er 1678
    Seit 1915 wird dort Kupfererz abgebaut.                                                               sogar einen Nervenzusammenbruch. Darauf-
                                                                                                          hin zog er sich komplett aus der Öffentlichkeit
                                                                                                          zurück, bevor er 1684 seine bahnbrechenden
                                                                                                          Forschungen veröffentlichte.

DAS ECKIGE IST KAPUTT                                                                                                FRAUENPOWER
Weil der Holzpfosten eines Tores zusammen-                                                                           Sieben Jahre haben sich die beiden Tunnel-
brach, musste am 3. April 1971 das Fußball-                                                                          bohrmaschinen „Sissi“ und „Heidi“ durch
spiel zwischen Borussia Mönchengladbach                                                                              das Alpenmassiv gefräst. Am 15. Oktober
und Werder Bremen abgebrochen werden.                                                                                2010 gelang dann schließlich der Durch-
Lediglich unterbrochen wurde hingegen die                                                                            bruch am neuen Gotthard-Tunnel. Trotz
Partie zwischen Borussia Dortmund und Real                                                                           einer Länge von 57 Kilometern trafen sich
Madrid am 1. April 1998 – ebenfalls wegen                                                                            die Tunnelbohrmaschinen auf wenige
eines umgefallenen Tors.                                                                                             Millimeter genau.

Quelle: Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e. V., express.de, focus.de, futurezone.de, ingenieur.de, Kriminologisches
Forschungsinstitut Niedersachsen, orangesmile.com, statista.de, waidwerkstatt.de, wikipedia.de, wiwo.de, ingenieur.de

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Inhalt
Kantenphysik                                                                   2
Wissenswertes und Kurioses zum Thema Brüche

                                                                                    44
Gespräch im Gang                                                               6
Vorwort von Marienhaus-CEO Dr. Jochen Messemer

Achtung, Einsturzgefahr                                                        7
Osteoporose – und was dagegen hilft                                                 Gemeinsamer Nenner
                                                                                    Anna Breger vereint Mathematik und
Wie geht’s?                                                                    12   Medizin, um Diagnosen zu erleichtern.
So heilen Knochenbrüche

Eine Frage der Technik                                                         14
Knochenbrüche in der Medizingeschichte

Warten auf den großen Wurf                                                     19
Interview mit Prof. Benedikt Friemert

Der Schutzmann                                                                 20

                                                                                    50
Marienhaus-Mitarbeiter Dennis Graf im Porträt

Gastbeitrag                                                                    25
Der Heimbeirat des Josef-Ecker-Stiftes Neuwied
über Konfliktlösungen
                                                                                    Goldnarben
                                                                                    Aus Scherben
Stippvisite                                                                    26   entsteht Schönes.
Nachrichten aus der Marienhaus-Gruppe

                                                 7
                                                 Knochenretter
                                                 Wie es gelingt, Osteoporose
                                                 zu stoppen.

    4                                                                                                    PulsM | Brüche
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Alltagsfluchten                                                    30
                                          Geschichten von Mitarbeitenden

                                          Rosas Welt                                                         35
                                          Einblicke in das Leben von Ordensgründerin Margaretha Flesch

                                          Auf der Suche                                                      36
                                          Durchbrüche in der Krebsforschung

                                          Poesiealbum                                                        40
                                          Club der gebrochenen Herzen

                                          Mit ihr kann die Medizin rechnen                                   44
                                          Big Data für bessere Diagnosen

                                          Expertencheck                                                      48
                                          Was tun beim Bauchdeckenbruch?

                                          Schöne Scherben                                                    50
                                          Kintsugi: japanische Kunst der Reparatur

                      20
                                          Wieder Farbe ins Leben bringen                                     56
                                          Interview mit einer Burnout-Expertin

                                          In eigener Sache/Impressum                                         58
                  Auf Umwegen
   Dennis Graf war Bäcker, Soldat und
Personenschützer. Heute ist er Experte
                                          Zu guter Letzt                                                     59
      für IT-Sicherheit bei Marienhaus.   Die Marienhaus-Gruppe im Überblick

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PULS Wir haben alle einen Knacks! - Schwerpunkt: Brüche - Marienhaus-Gruppe
Vorwort

„Ich bin bewegt von
der Welle der
Hilfsbereitschaft“
Brüche – um das aktuelle Heftthema einzuordnen, traf sich Kommunikationschef
Dietmar Bochert mit Geschäftsführer Dr. Jochen Messemer. Dieses Mal ging’s zum
Waldbreitbacher Klosterberg, wo Mutter Rosa einst ihr Marienhaus gründete.

Bochert: Wenn Sie an „Brüche“ den-        Messemer: Ich bin unglaublich be-          schluss von St. Franziskus und Ma-
ken, was kommt Ihnen als Erstes in        wegt von der Welle der Hilfsbereit-        rienhaus …
den Sinn?                                 schaft. Wir sehen, dass viele Leute        Messemer: Für uns ist das ein strate-
Messemer: Natürlich der grausame          helfen, und es gibt tolle Initiativen in   gisch wichtiger Schritt. Unsere Idee
Krieg in der Ukraine. Da geht viel in     unseren Einrichtungen, die wir un-         ist es, die franziskanischen Werte, die
die Brüche: Leben werden zerstört,        terstützen – logistisch, finanziell und    beide Stiftungen antreiben, in den
die Hoffnungen junger Menschen            durch Freistellung von der Arbeit.         Mittelpunkt zu stellen. Wir wollen
und Lebensplanungen. Die unglaub-         Außerdem sind wir dabei, Möglich-          einen starken franziskanischen Trä-
liche Brutalität dieses Angriffskrieges   keiten für die Unterbringung auszu-        ger in Deutschland bauen. Damit er-
hat auch bei uns Auswirkungen,            gestalten. Wir sind als Franziskane-       innern wir an tolle Frauen, die den
denn er verändert die Art und Weise,      rinnen seit 160 Jahren für die             Orden einst weiterentwickelt haben.
wie gerade junge Menschen auf das         Menschen da und das versuchen wir          Aus ihrem Vorbild ziehen wir Kraft
Leben schauen.                            auch jetzt als Gruppe zu tun.              und Stärke, um für die Zukunft neue
                                                                                     Dinge anzugehen. Insofern gibt es
Bochert: Was bedeutet dieser Krieg        Bochert: Die Unternehmensgruppe            viele Umbrüche, die dafür sorgen,
für Marienhaus?                           verändert sich durch den Zusammen-         dass wir ein anderer – ein moderne-
                                                                                     rer und innovativerer – Gesundheits-
                                                                                     dienstleister werden. (Mehr zur ge-
                                                                                     planten Fusion lesen Sie auf Seite 26.)

                                                                                       https://www.marienhaus.de/pulsm
FOTO: Lucas Merschbächer

                                                                                       VIDEO
                                                                                       Dies ist ein Auszug aus dem
                                                                                       Interview mit Jochen Messemer.
                                                                                       Das komplette „Gespräch im Gang“
                                                                                       können Sie sich im Video ansehen.

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Osteoporose

                   Achtung,
                   Einsturzgefahr!
                   206 Knochen bilden das stabile
                   Gerüst unseres Körpers. Doch im
                   Alter verlieren sie an Substanz
                   und werden anfällig für Brüche.
                   Was viele nicht wissen: Osteo-
                   porose lässt sich stoppen und
                   sogar umkehren. Für die erfolg-
                   reiche Therapie braucht es vor
                   allem ein belastbares Gesund-
                   heits-Netzwerk.
                   TEXT: Sonja Hausmanns | FOTOS: Joachim Gies
FOTO: iStock.com

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Osteoporose

    Wir sehen hier bis zu fünfmal
    am Tag Patienten, mit einem
    Niedrigenergietrauma.“
    Prof. Andreas Kurth

    Osteoporose ist eine Volkskrankheit:     dann auch bei ihnen die Produktion          neue Knochensubstanz aufzubauen
    Allein in Deutschland leiden etwa        des Sexualhormons nachlässt, was            (siehe Kasten). Zweitens wurde bereits
    sechs Millionen Menschen daran;          eine Osteoporose begünstigt. Doch           vor zwei Jahren ein Gesetz verabschie-
    Jahr für Jahr kommt es infolgedessen     häufig wird bei diesen Patientinnen         det, das die Osteoporose-Therapie nach
    zu rund 350.000 Knochenbrüchen.          und Patienten ausschließlich der            aktuellen medizinischen Erkenntnis-
    „Konservativ gerechnet könnten wir       Bruch behandelt – nicht aber die Ursa-      sen fördern soll. „Umgesetzt wurde das
    30 Prozent davon verhindern“, sagt       che. Laut einer Studie der Internatio-      aber bislang nirgendwo in Deutsch-
    Prof. Andreas Kurth. Er zählt seit       nalen Osteoporose Stiftung (IOF) wer-       land“, sagt Kurth, der den Gesetzesent-
    mehr als zwei Jahrzehnten zu den         den in Deutschland 60 Prozent der           wurf gemeinsam mit weiteren Exper-
    führenden Experten für Knochen-          Osteoporose-Patienten, die bereits          ten für das Gesundheitsministerium
    erkrankungen und Osteoporose in          eine Fraktur hatten, nicht richtig ver-     vorbereitet hatte. Für den Mediziner
    Deutschland und ist seit Januar Chef-    sorgt. Bei den Patientinnen ohne Frak-      liegt es vor allem an strukturellen Ursa-
    arzt für Orthopädie und Unfallchirur-    tur liegt die Quote noch niedriger.         chen, dass es so langsam vorangeht: Die
    gie am Marienhaus Klinikum Mainz.        „Das ist für ein zivilisiertes und rei-     Systemgrenzen zwischen ambulanten
    „Wir sehen hier bis zu fünfmal am Tag    ches Land wie Deutschland ein Ar-           und stationären Einrichtungen sind in
    Patienten mit einem Niedrigenergie-      mutszeugnis“, konstatiert Kurth.            Deutschland sehr undurchlässig und
    trauma“, erläutert Kurth. Gemeint                                                    jeder Bereich hat seine eigenen Finanz-
    sind Knochenbrüche, die schon bei        GESETZ OHNE FOLGEN                          töpfe. Das erschwere eine fachübergrei-
    leichten Stürzen entstehen – wenn        Dabei ist die Basis für eine bessere Ver-   fende Therapie, wie sie gerade für Men-
    jüngere Menschen vielleicht gerade       sorgung von Patientinnen und Patien-        schen mit Osteoporose wichtig ist. „In
    einmal einen blauen Fleck davontra-      ten mit Osteoporose längst da: Erstens      der Folge haben wir hier Patientinnen
    gen. In etwa 80 Prozent der Fälle sind   gibt es inzwischen verlässliche Medika-     und Patienten, die zum zweiten oder
    Frauen betroffen, doch für Männer ab     mente, die den weiteren Knochenabbau        dritten Mal mit einem Bruch kommen“,
    70 steigt das Risiko ebenfalls, weil     verhindern oder sogar helfen können,        schildert Prof. Kurth aus der Praxis.

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Osteoporose

                                                                  FOTO: iStock.com/Altayb

STRUKTUR BEI FRAKTUR
Die neue Bundesregierung will nun
Tempo machen bei der Umsetzung des
neuen Gesetzes – inzwischen treibt
Andreas Kurth die Dinge bei Marien-
haus selbst voran. Dazu orientiert er
sich an den Empfehlungen der Initia-
tive „Struktur bei Fraktur“, die er als
Vorsitzender des Dachverbandes Os-
teologie mit ins Leben gerufen hat.
„Zunächst geht es darum, mein ge-
                                          Medikamente gegen den Bruch
samtes Team auf den neuesten Stand        Um eine Osteoporose zu behan-                     weit fortgeschrittenen Erkran-
zu bringen und sicherzustellen, dass      deln, stehen Medizinern derzeit                   kung sinnvoll. Medikamente der
ihre Behandlungen und Therapieemp-        zwei wirksame Substanzgruppen                     zweiten Substanzgruppe sind
fehlungen leitlinienkonform sind“,        zur Verfügung. Erstens Medika-                    zwar teuer, könnten das Gesund-
erläutert Kurth seine dringlichste Auf-   mente, die die bestehenden Kno-                   heitssystem aber erheblich entlas-
gabe. Denn anders als etwa bei einem      chen stärken und zudem den Kno-                   ten: Es ist nachgewiesen, dass das
lebensbedrohlichen Herzinfarkt wür-       chenabbau stoppen. Die zweite                     Risiko für einen Bruch um 70 Pro-
den die medizinischen Leitlinien bei      Gruppe der Medikamente hilft                      zent sinkt, wenn Patientinnen
der Osteoporose noch zu wenig be-         dem Körper dabei, neue Knochen-                   oder Patienten über ein Jahr hin-
rücksichtigt. Im nächsten Schritt will    substanz aufzubauen. Damit sind                   weg ein knochenaufbauendes Prä-
Kurth ein lokales Netzwerk mit nie-       diese Präparate vor allem bei einer               parat einnehmen.
dergelassenen Allgemeinmedizinern,
Rheumatologen, Unfallchirurgen

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Osteoporose

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              Starke Knochen: So geht’s!
              • Wer einer Osteoporose vorbeugen                            • Dritter Baustein der Osteoporose-
                 will, sollte viel Kalzium zu sich                            Vorbeugung ist Bewegung, denn
                 nehmen – gute Quellen sind Käse,                             durch die Beanspruchung wird
                 Joghurt oder Quark. Auch grünes                              der Knochenaufbau angeregt.
                 Gemüse und kalziumhaltiges Mi-
                 neralwasser sind zu empfehlen.                             • Abhängig von Alter, Geschlecht
                                                                               und Vorerkrankungen kann es
              • Damit der Körper das Kalzium in                               zudem sinnvoll sein, eine Kno-
                den Knochen einbauen kann,                                     chendichtemessung durchzufüh-
                braucht er Vitamin D. Da es in                                 ren. Sprechen Sie dazu am besten
                Deutschland eine Unterversor-                                  mit Ihrer Hausärztin oder Ihrem
                gung mit diesem „Sonnenvita-                                   Hausarzt.
                min“ gibt, raten Ärzte zu entspre-
                chenden Tabletten.

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Osteoporose

      Wir brauchen fähige Leute, die die
      verschiedenen Partner im Netzwerk
      koordinieren und die Therapie im
      Sinne der Patienten vorantreiben.“
       Prof. Andreas Kurth

sowie Physiotherapeuten und Alten-
pflegeeinrichtungen aufbauen. Solche
Fracture Liaison Services – eine Art
Komplett-Betreuung bei Knochenbrü-
chen – gibt es in den Niederlanden
oder den skandinavischen Ländern           Die Babyboomer kommen
bereits seit Jahren. Dies hat den Vor-     Viel Zeit bleibt nicht mehr, um die Ab-
teil, dass alle Beteiligten Hand in        läufe im Gesundheitssystem an den
Hand arbeiten. In den USA und Kana-        steigenden Bedarf anzupassen: Die
da geht man noch weiter und beschäf-       Alterung der Gesellschaft schreitet
tigt an vielen Kliniken sogenannte         voran und in den nächsten Jahren
Ortho-Geriater, also Altersmediziner,      kommen die geburtenstarken Jahr-
die ausschließlich in der Unfallchir-      gänge der 1960er Jahre ins „Osteopo-
urgie und Orthopädie arbeiten und          rose“-Alter. „Wir müssen die Versor-
dort eine altersgerechte Behandlung        gung dringend verbessern. Und zwar
sicherstellen. „Die schauen beispiels-     jetzt“, appelliert Kurth, der die Marien-
weise, ob die Patienten Medikamente        haus-Gruppe in einer Vorreiterrolle
zu sich nehmen, die Stürze begünsti-       sieht. „Durch die bestehende Verzah-
gen, das kann ich als Orthopäde gar        nung von Krankenhäusern Medizini-
nicht beurteilen“, schildert Kurth, der    schen Versorgungszentren und Alten-
schon jetzt eng mit der geriatrischen      pflegeeinrichtungen sind wir schon
Abteilung des Mainzer Marienhaus-          jetzt im Vorteil.“ Nun gehe es darum,
Klinikums zusammenarbeitet. Künf-          an allen Standorten Osteoporose-
tig sieht er eine Schlüsselposition auch   Kompetenz nach neuestem Wissen
bei speziell geschulten Pflegenden.        aufzubauen – der Anfang ist gemacht:
„Wir brauchen fähige Leute, die die        „Gerade hat eine meiner ehemaligen
verschiedenen Partner im Netzwerk          Oberärztinnen bei Marienhaus in Neu-
koordinieren und die Therapie im Sin-      wied angefangen“, freut sich Kurth.
ne der Patienten vorantreiben.“            Noch eine, die weiß, wie es geht!

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Infografik

    Wie geht’s?
    Das passiert bei
    Knochenbruch- und heilung.
    KURATIERT VON Dr. Reinhard Schneider | ILLUSTRATION: halbautomaten

                                                                         QUERFRAKTUR
SPIRALFRAKTUR                                                            Sozusagen die einfachste 
                                                                         Form des Knochenbruchs,
Hier wird der Knochen um
                                                                         bei der die Fraktur quer zur
seine eigene Achse verdreht.
                                                                         Längsachse verläuft. Sind
                                                                         die beiden Knochenenden
                                                                         verschoben, sprechen Ärzte
                                                                         von einer Dislokation.

GRÜNHOLZFRAKTUR
Bei Kindern bricht der noch
biegsame Knochen nicht
ganz, sondern wird nur ein-
seitig angebrochen – wie bei
einem grünen Ast.
                                                                         ABRISSFRAKTUR
                                                                         Sie entsteht, wenn Bänder
                                                                         oder Sehnen an den Kno-
                                                                         chen reißen.

                                                                         BIEGUNGSFRAKTUR
                                                                         Gemeint ist ein Knochen-
TRÜMMERFRAKTUR                                                           bruch, bei dem auf der
                                                                         Gegenseite ein keilförmiges
Der Knochen ist in mehrere                                               Fragment herausgesprengt
Fragmente zersplittert                                                  wird – beispiels­weise bei
und zudem sind die umge-                                                 einem direkten Stoß gegen
benden Weichteile verletzt.                                              das Schienbein.

    12                                                                                 PulsM
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Infografik

                   Primäre                                         Frakturspalt
                   Frakturheilung
 Knochenabbauende Zellen, die Osteoklasten,
 fressen kleine „Bohrlöcher“ in den Kno-                                               Osteoblasten
 chen. Ausgehend vom anderen Bruch-
 stück beginnen dann knochenaufbauen-
 de Osteo­blasten damit, diese Löcher
                                                                                                                   Blutgefäß
 aufzufüllen – mit Osteoid, einem noch
                                                  Bohrkanal mit
 weichen Knochen­gewebe. Nach und                 Osteoklasten                             Gefäß-
 nach entsteht eine Art Dübel.                                                             Einsprossung

                                                        Osteoid (noch weiches
                                                        Knochengewebe)

                                                                    neugebildete
                                                                    Knochenlamelle

 Die primä-
 re Knochen­
 heilung setzt
 voraus, dass beide
 Knochenenden fest
 miteinander verbunden
 sind – etwa durch eine
 Metallplatte.

                                                                        Hämatom

                   Sekundäre                                                                                          Kallus

                   Frakturheilung
 Bei einem Bruch mit offenem Spalt bildet sich
 zunächst ein Bluterguss. Aus diesem Hämatom
 entwickelt sich ein Kallus – ein Narbengewebe,
 das die Bruchstelle überbrückt und stabilisiert. 1 Woche                               2–3 Wochen

 An den Bruchenden wird abgestorbe-
 nes Knochen­gewebe durch Osteo-
 klasten abgebaut, und der Bruch
 quasi „glattgehobelt“. Zunächst                              verknöcherter
 sprießen Blutgefäße in den                                   Kallus
 Spalt ein. Osteoblasten ersetzen
 dann das verlorengegangene
 Knochengewebe durch neues.                                                                           verheilte
 Der verhärtete Kallus bleibt zu-                                                                      Fraktur
 nächst deutlich verdickt und
 bildet sich erst über Monate bis
 Jahre zurück.
                                     1–4 Monate                          4–12 Monate
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Medizingeschichte

Eine Frage der Technik
Im Laufe der Jahrtausende haben die Menschen zahlreiche
Methoden entwickelt, um Knochenbrüche zu heilen. Einiges war
kreativ, manches innovativ – und vieles schmerzhaft. Eine kleine
Zeitreise durch die Medizingeschichte.
TEXT: Sonja Hausmanns | ILLUSTRATIONEN: Danuta Laude

                                               Beinwell macht das Bein well
                                               Funde aus frühzeitlichen Gräbern be-
                                               legen, dass unsere Vorfahren recht
                                               geschickt darin waren, gebrochene
                                               Knochen zu richten. Zweifellos ver-
                                               wendeten schon die frühen Heiler
                                               Schienen, die sie aus Zweigen anfer-
                                               tigten. Aus Moos machten sie Verbän-
                                               de und gaben Heilpflanzen hinzu, wie
                                               die Beinwellwurzel.

                                                                      Man nehme …
                                                                      Im 12. Jahrhundert entwickelte der
                                                                      italienische Wundarzt Roger Frugar-
                                                                      di eine neue Technik, um gebrochene
                                                                      Knochen zu fixieren: Er legte den Pa-
                                                                      tienten Verbände aus Mehl und Ei-
                                                                      weiß an, die anschließend aushärte-
                                                                      ten – ähnlich einem modernen
                                                                      Gipsverband.

                                                                      Im Buch „Chirurgia“ von 1300 be-
QUELLE: EBX0GH history docu photo
Alamy Stock Foto; iStock.com                                          schreibt Roger Frugardi die Knochen-
                                                                      heilung, eingebettet in christliche
                                                                      Erzählungen.

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Medizingeschichte

 QUELLE: 2BW2AWP SmithArchiv Alamy Stock Foto,
 https://www.biusante.parisdescartes.fr/histoire/images/
 ?do=informations-iconographiques&refphot=00259; iStock.com

                                                                                       Folter oder Therapie?
                                                                                       Die Mediziner des Mittelalters setzen
                                                                                       auf kompliziert konstruierte Zug- und
                                                                                       Streckapparate: Darin wurden die
                                                                                       Gliedmaßen auseinandergezogen, um
                                                                                       die gebrochenen Knochen in die rich-
                                                                                       tige Heilungsposition zu bringen. Für
                                                                                       die Patienten eine Tortur, denn eine
                                                                                       Narkose gab es nicht. Auch noch im
                                                                                       20. Jahrhundert wurden teils abenteu-
                                                                                       erlich anmutende Konstruktionen
                                                                                       verwendet, um die Knochenheilung
                                                                                       zu unterstützen.

                                                              QUELLE: R505F0 Album
                                                              British Library Alamy
                                                              Stock Foto; iStock.com

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Medizingeschichte

                                                               QUELLE: 2C8NMEC
                                                               M&N Alamy Stock Foto;
                                                               iStock.com

                    Endlich Durchblick!
                    Erst ab der Mitte des 19. Jahrhunderts
                    sorgten verschiedene medizinische
                    Entdeckungen für eine bessere Versor-
                    gung und Heilung von Knochenbrü-
                    chen. 1852 erfand der Niederländer
                    Antonius Matthijsen den Gipsverband
                    und ein gutes Jahrzehnt später führte
                    der Chirurg Joseph Listers erstmals eine
                    Operation durch, bei der er die Wunde
                    mit Karbolsäure desinfizierte – der
                    Startschuss für die antiseptische Chir-
                    urgie. In dieser Zeit beginnt auch die
                    Narkose- und Schmerztherapie mit
                    Äther und Chloroform. Die wohl wich-
                    tigste Erfindung für die Heilung von
                    Knochenbrüchen ist das Röntgen: Ab
                    1895 wird es möglich, genaue Diagno-
                    sen zu treffen und den Erfolg chirurgi-
                    scher Eingriffe zu überprüfen.

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Medizingeschichte

           Neues aus der Knochen-Werkstatt
           Auch bei den Behandlungstechniken
           kommt es zu zahlreichen Fortschritten.
           Der deutsche Chirurg Carl Hansmann
           stellt 1886 erstmals die Möglichkeit
           vor, Knochen mittels Metallplatten zu
           verbinden. Die erste Knochen-Klemme
           für die externe Fixierung von Fraktu-
           ren erfindet 1898 der amerikanische
           Anatom und Chirurg Clayton Parkhill.

           Als Pionier der Unfallchirurgie gilt der
           belgische Arzt Albin Lambotte: 1902
           begann er in seiner heimischen Werk-
           statt damit, Implantate für die opera-
           tive Behandlung von Knochenbrü-
           chen zu entwickeln.

           1920 entwickelte der deutsche Chirurg
           Martin Kirschner einen rotierenden
           Bohrdraht, der direkt in den Knochen
           eingedreht wird und die Fragmente
                                                                               QUELLE: G15BYB Science History Images
           fixiert. Der K-Draht kommt bis heute                                Alamy Stock Foto, EGPWR1 Prakaymas

           zum Einsatz und gilt als minimal-                                   vitchitchalao Alamy Stock Foto

           invasive Methode.

                                                      Bis ins Mark getroffen
                                                      Gerhard Küntscher, ebenfalls ein Chi-
                                                      rurg aus Deutschland, präsentiert
                                                      1939 den sogenannten „Marknagel“
                                                      für große Knochen. Dieser wird in das
                                                      Innere des Knochens geschlagen und
                                                      stabilisiert den Bruch dauerhaft. Die
                                                      Erfindung Küntschers war ein Tabu-
                                                      bruch: Bis zu dieser Zeit galt das Kno-
                                                      chenmark als das Herz des Knochens
                                                      und durfte vom Chirurgen nicht an-
                                                      getastet werden.

                                                      QUELLE: https://de.wikipedia.org/wiki/
                                                      Gerhard_K%C3%BCntscher#/media/Da-
                                                      tei:K%C3%BCntschers_Femurnagel_von_1940_(1987).JPG,
                                                      Von Orthopädische Universitätsklinik Kiel - Archiv
                                                      Universitätsklinikum Kiel, CC BY-SA 3.0 de, https://
                                                      commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=25508517

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Medizingeschichte

                                         QUELLE: J5PAW3 Panther Media GmbH
                                         Alamy Stock Foto, iStock.com

Heilender Ring
Eine im Westen lange unbekannte
Methode entwickelte der russische
Orthopäde Gawriil Abramowitsch Ili-
zarov bereits Anfang der 1950er Jahre:
Der Ilizarov-Ringfixateur wird wie
eine Art Röhre über den Bruch gescho-
ben und mithilfe von Drähten mit
dem Knochen verbunden. Auf diese
Weise ist der Knochen von allen Sei-
ten stabilisiert, dennoch bleibt der
Patient beweglich. In den USA und
Europa setzte sich dieses Verfahren
erst ab den 1980er Jahren allmählich
durch.

18                                                         PulsM | Brüche
Interview

Warten auf
den großen Wurf
Wie sieht die moderne Therapie von Knochenbrüchen aus? Ein Interview mit
Professor Benedikt Friemert, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und
Unfallchirurgie (DGOU) und Klinischer Direktor am Bundeswehrkrankenhaus Ulm.

Prof. Friemert, was war die letzte große
Neuerung in Ihrem Fachgebiet?
Friemert: Die letzte echte Revolution
war die Arthroskopie, also die Gelenk-
spiegelung, vor etwa 100 Jahren. Seit-
dem müssen wir Gelenke nicht mehr
aufschneiden, sondern können mit
kleinen Geräten reinschauen. Bei den
Knochenbrüchen müssen wir noch

                                                                                                                        FOTO: intercongress
weiter zurückschauen: Letztlich war es
die Asepsis, die uns befähigt hat, Ma-
terial in den Körper zu stecken und
dauerhaft dort zu belassen. Schon vor
200 Jahren haben Eskimos gebrochene
Röhrenknochen von innen mit Elfen-
beinstiften stabilisiert. Der Marknagel    grundlegenden Möglichkeiten hat sich      bislang nur experimentelle Forschung
war im Prinzip also keine neue Erfin-      nichts verändert. Denn der Knochen        und den großen Wurf kann ich für die
dung. Neu war lediglich, dass die Men-     ist, wie er eben ist.                     nächsten zehn Jahre nicht erkennen.
schen nach einer solchen Behandlung
nicht mehr an einer Infektion gestor-      Wobei es durchaus innovative Ansätze      Hat sich denn die Art der Brüche in den
ben sind.                                  gibt: Das Helmholtz Institut etwa ar-     letzten Jahrzehnten verändert?
                                           beitet an einem Schaum, in den der        Friemert: Es gibt Brüche, die wir über-
Also beruht die moderne Therapie von       Knochen hineinwachsen soll …              haupt nicht mehr sehen. In den 70er
Knochenbrüchen auf den immer glei-         Friemert: Es gibt viele solcher Versu-    und 80er Jahren hatten wir viele Ver-
chen Verfahren?                            che – funktioniert hat es noch nie. Wir   kehrsverletzte mit völlig zerstörten
Friemert: Im Grunde ja. Lediglich die      sind bis heute nicht in der Lage, Kno-    Füßen oder Knien. Heute hat jedes
Materialien haben sich verändert. Plat-    chendefekte durch Fremdmaterial           Auto einen Gurt und die Fußpedale
ten und Nägel sind heute aus Titan         dauerhaft zu überbrücken. Wenn wir        werden bei einem Aufprall nicht mehr
statt aus Stahl. Zudem sind die Platten    einen Knochendefekt ersetzen wollen,      ins Innere des Wagens geschossen. Auf
besser an die Anatomie angepasst, wir      geschieht das mit Segmenttransport:       der anderen Seite haben wir öfter Ver-
müssen sie also nicht mehr zurecht-        Wir sägen vom Restknochen ein Stück       letzungen aus dem Freizeitbereich.
biegen, wodurch sich die Operations-       heraus und schieben es jeden Tag einen    Schnelle Carving-Ski oder auch E-Bikes
zeit verkürzt. Röntgendurchlässiges        Millimeter weiter in den Defekt, um       sind zwei der Gründe. Knochenbrüche
Material ist eine weitere Neuerung, die    ihn zu schließen und das Knochen-         sind also nicht weniger geworden, aber
unsere Arbeit erleichtert. Aber an den     wachstum anzuregen. Alles andere ist      die Ursachen sind heute andere.

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Lebensbrüche

               Der Schutzmann
               Die Ent-Täuschung, im Japanischen ist sie ein positiver Begriff.
               Wir sind zufriedener, wenn wir von alten Hoffnungen und
               Vorstellungen ablassen: Diesen Eindruck vermittelt Dennis
               Graf, dessen Leben nicht den geraden Weg genommen hat –
               und der dennoch angekommen ist: bei sich.
               TEXT: Sonja Hausmanns | FOTOS: Joachim Gies

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Lebensbrüche

Dennis Graf wirkt zurückhaltend, als
wir ihn am Marienhaus Klinikum in
Mainz treffen. Ein ruhiger Mittfünf-
ziger, nicht sehr groß, silbernes Haar
über weißem Hemd. Bei der Begrü-
ßung fällt der weiche hessische Zun-

                                                                                                                            FOTO: iStock.com/SeanPavonePhoto
genschlag auf. Das ist also der Mann,
der gleich von Kampfsport, Bundes-
wehreinsätzen und RAF-Attentaten
erzählen wird. Dass Graf so gar nicht
dem James-Bond-Image entspricht,
das ihm manch einer schon andich-
tete, es mag eine Ent-Täuschung sein.
Aber sie gibt den Blick frei auf den
Menschen jenseits des Klischees.

                                                                                       Dennis Graf hat nach der Schule in
Aufgewachsen ist Graf im hessischen                                                    Kyoto gelebt und ist in Japan zum
Dieburg nahe Darmstadt. Er besucht                                                     Buddhisten geworden.
die örtliche Realschule, will eine Bä-
ckerlehre machen – womit er seine
Lehrer enttäuscht. Dachten sie doch,
der Einserschüler in Physik und Che-
mie würde in die Fußstapfen seines
Großvaters treten, der beim Pharma-
Riesen Merck einen Direktorenposten
hat. Doch Dennis Graf, dessen Eltern      KAMPFSPORT ODER SANFTSPORT?              dann hängt er nicht hier rum“, gibt
beide Handwerker sind, hat andere         „Ich war damals 17 Jahre alt und         der Vater sein Einverständnis. Also
Pläne: Erst die Bäckerlehre und darauf    wusste, die Bundeswehr würde sich        steigt Graf in den Flieger – und kommt
aufbauend eine Ausbildung zum Le-         vermutlich erst in knapp zwei Jahren     in einer völlig neuen Welt an. In Kyo-
bensmitteltechniker. Schon zwei Jah-      bei mir melden. Also musste ich mir      to ist er offiziell Praktikant in der Fir-
re später absolviert er die vorgezogene   was anderes überlegen“, schildert        ma des Onkels, lebt aber in einer Art
Gesellenprüfung und auch gleich die       Graf seine damalige Situation lapidar.   Klosterschule, wo er seine Aikido-
ersten Bewerbungsgespräche bei In-        Er spricht mit seinem Patenonkel,        Techniken verfeinert, aber vor allem
dustrieunternehmen, die Lebensmit-        denn der hatte ihn schon immer auf       viel über das Leben lernt. „Kampf-
teltechniker ausbilden. Bei einer Fir-    neue Ideen gebracht. Zum Beispiel auf    sport, diesen Begriff finde ich total
ma in Darmstadt läuft alles glatt, Graf   die, im Alter von sechs Jahren mit der   nebendran. Für mich ist das eine Le-
hat bereits die obligatorische Werks-     japanischen Kampfsportart Aikido zu      bensphilosophie“, sagt Dennis Graf.
führung bekommen, da fragt der Chef       beginnen. Nun ist der Patenonkel da-     „Aikido, das ist weich, sanft und rund.
plötzlich: „Waren Sie denn schon bei      mals nicht nur im Vorstand des deut-     Es geht zwar darum, den anderen in
der Bundeswehr?“ Graf war nicht.          schen Aikido-Verbandes, sondern          eine Niederlage zu führen, dennoch
Und die Firma fürchtet eine zu lange      außerdem zuständig für das Asien-        zollen wir dem Unterlegenen Res-
Ausbildungspause, wenn er für den         geschäft eines deutschen Technik-        pekt.“ Die Fähigkeit, sich in den ande-
15-monatigen Wehrdienst einberufen        konzerns. Er schlägt vor, sein Neffe     ren hineinzuversetzen, sie wird für
wird, der damals noch Pflicht ist. Das    könne ihn für ein Dreivierteljahr nach   Grafs weiteren Weg prägend sein.
war’s mit dem Ausbildungsplatz.           Japan begleiten. „Nimm den Bub mit,

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Lebensbrüche

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          In Gefahrensituationen war ich                               Nach der erweiterten Offiziersausbil-
          fähig, aufkommende Panik                                     dung inklusive Kriminaltechnik und
                                                                       Rechtsunterricht startet Dennis Graf
          auszublenden und mich komplett                               schließlich bei den Feldjägern in Mar-
          auf den nächsten Schritt zu                                  burg. Seine Aufgabe ist es, Soldaten
          konzentrieren“                                               aufzuspüren, die nicht zum Dienst er-
                                                                       schienen sind. Doch den fahnenflüch-
          Dennis Graf
                                                                       tigen Kameraden Handschellen anzu-
                                                                       legen und sie abzuführen, ist nicht
                          Im Flugzeug zurück nach Deutschland          seine Sache. „Ich wollte immer ihre
                          sitzt neun Monate später ein anderer         Gründe verstehen.“ Vor allem bei je-
                          Dennis Graf als auf dem Hinweg: „Ich         nem jungen Mann, den der Feldjäger
                          war Buddhist geworden“, fasst Graf           dreimal zurück zur Truppe bringen
                          zusammen, an dessen Armgelenk                muss. Erst spät verrät er Graf, dass ihn
                          auch heute ein Buddhabändchen bau-           sein Feldwebel immer wieder zu
                          melt. Ausgestattet mit der neu gewon-        nächtlichen Gewaltmärschen zwingt.
                          nenen Spiritualität macht er sich auf        Dennis Graf fackelt nicht lange und
                          den Weg zur Musterung. Der sanft-            fährt mit dem Kameraden zu seiner
                          mütige Buddhist und die Bundeswehr,          Einheit, lässt Feldwebel, Kompanie-
                          kann das passen? „Ich war schon ver-         chef und Standortpfarrer antreten.
                          wundert, als ich kurz darauf die Ein-        Das Ganze endet mit einer Disziplinar-
                          ladung zu einer erweiterten dreitägi-        strafe für den Feldwebel; der junge
                          gen Musterung nach Düsseldorf                Soldat darf die Bundeswehr verlassen.
                          bekam“, erinnert sich Dennis Graf.           „Ich hatte die Freiheit zu entscheiden,
                          Dort findet er sich mit 24 anderen jun-      was gut für den anderen ist“, sagt Graf,
                          gen Männern wieder, die ausführliche         der wenig später noch die Ausbildung
                          Tests zu Stress, Intelligenz und Fitness     zum Personenschützer bei der Bundes-
                          absolvieren – inklusive Verhör durch         wehr absolviert.
                          den Militärischen Abschirmdienst.
                          Der Hesse ist einer von zwei Kamera-         Es ist die Zeit, in der die Terrorgruppe
                          den, die schließlich ein Angebot er-         RAF immer wieder Anschläge auf
                          halten: Er kann sich zum Hubschrau-          hochrangige Politiker verübt, und
                          ber-Piloten ausbilden lassen oder der        Graf kommt Mitte der 80er Jahre in
                          Feldjägertruppe, der Militärpolizei der      das Team, das für die Sicherheit von
                          Bundeswehr, beitreten. „Klimmzüge            Ex-Verteidigungsminister und Nato-
                          können viele, ich hab wohl vor allem         Generalsekretär Manfred Wörner
                          durch meine mentale Stärke über-             verantwortlich ist. Wieder hilft ihm
                          zeugt“, vermutet Graf. Er entscheidet        seine mentale Stärke. „In Gefahren-
                          sich für die Feldjäger – und lässt sich      situationen war ich fähig, aufkom-
                          außerdem zusichern, dass er später bei       mende Panik auszublenden und mich
                          der Bundeswehr die Ausbildung zum            komplett auf den nächsten Schritt zu
                          Lebensmitteltechniker absolvieren            konzentrieren.“ Graf setzt alles daran,
                          kann. „Ich dachte, das ist jetzt ein klei-   die Terroristen zu verstehen und ihre
                          ner Umweg, mehr nicht.“                      Handlungen vorauszusehen, getreu

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Lebensbrüche

dem Aikido-Leitsatz: „Einen Feind,      der Personenschützer. Bei Einsätzen
den du nicht kennst, kannst du nicht    überall auf der Welt sorgen Graf und
besiegen.“                              seine Kollegen dafür, dass dem VIP
                                        nichts geschieht – bis zu jenem No-
Den Gedanken an die Lebensmittel-       vembertag 1989 in Bad Homburg: Das
technik hat Dennis Graf auch damals     gepanzerte Fahrzeug wird von einer
nicht aufgegeben. Doch dann stirbt      Präzisionsbombe getroffen, für den
der Vater und Graf, der inzwischen      Bankenchef kommt jede Hilfe zu spät.
verheiratet ist, bittet um Versetzung   Später wird sich die RAF zu dem An-
nach Mainz, um näher bei seiner Fa-     schlag bekennen. Graf, der im Begleit-
milie zu sein. Vergebens. Da kommt      fahrzeug saß, bleibt unverletzt, doch
das Angebot eines alten Freundes ge-    ein Gedankenprozess kommt in Gang:
rade recht, der im Personenschutz der   „Ich hatte sehr viel Achtung vor der
Deutschen Bank in Frankfurt arbeitet    Person, die gestorben war. Bist du be-
und Verstärkung sucht. Graf wird dem    reit, dasselbe Risiko für jemand ande-
damaligen Vorstandsvorsitzenden der     ren einzugehen?“ Grafs Antwort an
Bank zugeteilt, dessen Namen er auch    sich selbst lautet „nein“. Was wohl
heute noch nicht nennen will, „VIP-     auch an seiner damals anderthalbjäh-
Person“ sagt er stattdessen im Jargon   rigen Tochter liegt.

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Lebensbrüche

PAPA MUSS INS BÜRO                          nun nicht mehr.“ Was für die meisten      Fast schon spartanisch wirkt der
„Können Sie sich vorstellen, sich mit       Männer seiner Generation völlig nor-      Raum unter dem Dach, nur der kleine
Computern zu beschäftigen?“ Der An-         mal ist, Graf muss sich erst daran ge-    feuerrote Desinfektionsspender fällt
schlag ist sechs Monate her, als Den-       wöhnen.                                   ins Auge, der auf Kopfhöhe über dem
nis Grafs Chef bei der Deutschen Bank                                                 Schreibtisch baumelt. Zu Marien-
ihm diese Frage stellt. Damals stehen       Es ist das Jahr 2005, Josef Ackermann     haus hat es Graf Anfang 2021 ver-
in dem Finanzhaus nur wenige Rech-          nimmt gerade die Deutsche Bank            schlagen, als er wieder einmal auf der
ner, die gehütet werden wie ein             auseinander, und die Abteilung von        Suche nach neuen Herausforderun-
Schatz. Graf gräbt sich tief ein ins The-   Graf wird ausgegliedert. Wieder ist       gen war. Jetzt leitet er die Stabsstelle
ma, lernt Programmieren und entwi-          er auf der Suche nach Neuem und           für Informationssicherheit, „eine
ckelt eine Sicherheitssoftware für die      findet es bei der Niederländischen        grüne Wiese“, nennt er es. Dieses Feld
Bank. Spätestens jetzt geht Graf auf,       Direktbank ING. Online-Banking            will Graf bespielen, indem er den
was der rote Faden seines Berufs-           steckt damals noch in den Kinder-         Mitarbeitenden beibringt, in den
lebens sein könnte: „Sicherheit, ob von     schuhen und Graf wird zuständig für       richtigen Momenten zu zweifeln.
Personen oder Daten, das ist mein           Informationssicherheit und Daten-         „Dafür brauchen wir eine andere
Thema!“ Von der Lebensmitteltechnik         schutz bei dem jungen Unterneh-           Kultur, eine veränderte Denkweise“,
hat er sich inzwischen verabschiedet        men, das gerade in den deutschen          erläutert Graf, für den Vorschriften
und auch den Zeiten als Personen-           Markt eintritt. Später bildet er sich     höchstens Mittel zum Zweck sind.
schützer trauert er nicht nach. Nicht       noch zur Fachkraft für Arbeitssicher-     Viel wichtiger ist ihm, seinen Kolle-
ganz so leicht fällt es ihm, seine neue     heit weiter – mit Zertifikat, „weil ich   ginnen und Kollegen die Vorteile der
Rolle als Abend- und Wochenendvater         einen Beleg dafür haben will, dass        Veränderung vor Augen zu führen.
anzunehmen. „Im Personenschutz              ich etwas auch wirklich kann“. Noch       Auch das hat er in seiner Zeit in Kyo-
gab es während der Woche oft freie          hängen keine seiner vielen Urkun-         to gelernt: Der japanische Begriff für
Tage, dadurch konnte ich den Alltag         den, Zeugnisse und Auszeichnungen         Krise setzt sich zusammen aus zwei
mit meiner Tochter erleben. Das ging        in seinem derzeitigen Büro in Mainz.      Wörtern – Gefahr und Chance.

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Gastbeitrag

„Wir halten Augen und
Ohren offen“
Wo immer Menschen zusammenleben, können Konflikte entstehen, das gilt natürlich
auch für Senioreneinrichtungen. Heinz-Günter Laux, Renée Holstegge und Maria
Löcher engagieren sich im Heimbeirat des Josef-Ecker-Stiftes Neuwied für eine gute
Hausgemeinschaft. Hier beschreiben sie ihre Erfahrungen.

Jeder Mensch hat seine Eigenheiten          Bedürfnisse der Bewohnerinnen und          unter den Bewohnerinnen und Bewoh-
und da geht man sich auch mal auf die       Bewohner zur Sprache. Dafür ist es na-     nern zwei Gruppen, die sich nicht ver-
Nerven, wenn man sich jeden Tag be-         türlich wichtig, dass wir ihre Wünsche     trugen. Als Heimbeirat haben wir die
gegnet. Die Corona-Pandemie sorgte          und Anliegen kennen. Deshalb gehen         zu diesem Zeitpunkt noch ahnungs-
für zusätzliches Konfliktpotential. In      wir auf sie zu und sind jederzeit an-      lose Einrichtungsleitung informiert.
der Cafeteria beispielsweise stieß es       sprechbar: auf dem Flur, im Wohnbe-        Gemeinsam konnte dann das Problem
auf Ärger und Unverständnis, dass           reich oder ganz offiziell in den monat-    behoben werden.
Mitbewohner ihre Maske nicht tragen         lichen Sprechstunden in der Cafeteria.
wollten. In diesem Fall wurden wir als      So haben wir einen guten Kontakt zu        Wir erinnern uns auch an eine Situa-
Mitglieder des Heimbeirates ange-           allen im Haus.                             tion, in der sich zwei Bewohner heftig
sprochen und haben gemeinsam mit                                                       stritten. Es ging dabei um Liebesge-
der Einrichtungsleitung zur Klärung         Es ist uns ein Anliegen, für eine harmo-   rüchte, enttäuschte Gefühle und Eifer-
des Konflikts beigetragen.                  nische Atmosphäre im Haus zu sorgen.       sucht. Gemeinsam mit den Beteiligten,
                                            Wir halten Augen und Ohren offen, um       den Mitgliedern des Heimbeirates und
Die Bewohnerinnen und Bewohner des          alles mitzubekommen, was im Haus           der Einrichtungsleitung wurde eine
Josef-Ecker-Stifts haben uns demokra-       gesprochen wird. Wir achten auf die        Lösung gefunden, dass sich die beiden
tisch in den Heimbeirat gewählt. Wir        Mitbewohnerinnen und -bewohner.            gut aus dem Weg gehen konnten. Der
sind das Bindeglied zwischen ihnen          Wenn wir zum Beispiel wahrnehmen,          Streit ist seitdem nicht mehr aufge-
und der Einrichtungsleitung. Zusätz-        dass jemand niedergeschlagen ist, ge-      flammt.
lich haben wir ein Mitwirkungsrecht         hen wir auf ihn zu und fragen, was ihn
bei vielen Entscheidungen: Gestaltung       bedrückt. Wir hören zu und schauen,        Es ist immer wieder eine Herausforde-
der Hausordnung, Maßnahmen zur              ob wir helfen können. Wir haben das        rung, zwischen den Menschen zu ver-
Unfallverhütung, Änderung der Ent-          Vertrauen der meisten Mitbewohner          mitteln und einen guten, friedlichen
gelte, Planung der Alltags- und Freizeit-   und sind regelmäßig im Gespräch mit        Weg zu finden. Aber dafür werden wir
gestaltung oder Durchführung von            der Einrichtungsleitung. So lassen sich    mit einer Hausgemeinschaft belohnt,
Veranstaltungen – bei all dem werden        auch Konflikte bewältigen. Zum Bei-        in der es sich wunderbar leben lässt.
wir einbezogen. Dabei bringen wir die       spiel gab es vor einigen Jahren im Haus

                                    Renée Holstegge,
                                    Heinz-Günter Laux
                                    und Maria Löcher.
                                    Fotos: Joachim Gies

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News

                                   Stippvisite
                            Nachrichten aus der Marienhaus-Gruppe

TEXT: Andrea Schulze

MÜNSTER/WALDBREITBACH

Starke Partnerschaft für
den deutschen Gesundheitsmarkt
Die Franziskus Stiftung in Münster       Dach werden zukünftig über 27.000
und die Marienhaus Stiftung in           Mitarbeitende in über 100 sozialen
Waldbreitbach haben Anfang März          Einrichtungen tätig sein. Die gemein-
eine Absichtserklärung unterzeich-       samen franziskanischen Wurzeln bei-
net: Künftig wollen sie das operative    der Unternehmen bilden die christliche
Geschäft beider Gruppen zusammen-        Wertebasis, um alle Anforderungen
führen und damit ein führendes           mit Professionalität, Nächstenliebe
christliches Unternehmen im deut-        und Begeisterung anzunehmen und
schen Gesundheitsmarkt schaffen.         den Menschen dabei stets im Blick zu
Unter dem geplanten gemeinsamen          behalten.

NEUWIED

Ein Zimmer wie eine Waldlichtung
Auf der Intensivstation des Marien-
haus Klinikums St. Elisabeth Neuwied
gibt es erstmals ein spezielles Zimmer
für Palliativpatienten. Der Raum ist
behaglich gestaltet und vermittelt das
Gefühl, auf einer Waldlichtung zu lie-
gen. Dazu trägt nicht zuletzt ein
Leuchtkasten über dem Bett bei, auf
dem ein blauer Himmel zu sehen ist.
Zu den Neuerungen gehören auch ein
gemütlicher Vorraum mit zwei Ses-
seln sowie ein Fernseher, auf dem sich
die Kranken digitale Fotos anschauen
können. Das Palliativzimmer soll da-
bei helfen, Menschen an ihrem Le-        Freuen sich über das neue Palliativzimmer auf der Intensivstation: Annika Zühlke, stellv.
bensende ein kleines bisschen Glück      pflegerische Leiterin, Chefarzt Dr. Michael Fresenius, Oberärztin Elisabeth Bergmann, Chefarzt
zu schenken.                             Dr. Christian-René de Mas sowie Bauingenieur Sascha Bintz (von links). Foto: Andrea Schulze

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News
NEUWIED

10 Jahre MTRA-Schule:
Eine Erfolgsgeschichte
In diesem Jahr feiert die MTRA-Schule
im Rheinischen Bildungszentrum in
Neuwied ihr zehnjähriges Jubiläum.
Seit 2011 haben 142 junge Frauen und
Männer dort ihre dreijährige Ausbil-
dung zu Medizinisch-Technischen
Radiologie-Assistenten abgeschlossen.
Den praktischen Teil absolvieren die
Schülerinnen und Schüler in Einrich-
tungen der Marienhaus-Gruppe sowie
bei den rund 30 Kooperationspartnern
der MTRA-Schule. Inzwischen ist die
Schule die größte ihrer Art in Rhein-
land-Pfalz. Dennoch ist der Bedarf an
MTRA auch zehn Jahre nach der Grün-
dung so groß, dass viele der Auszubil-
                                          Das Team der MTRA-Schule feiert den runden Geburtstag. Mit dabei sind Schulleiterin
denden schon lange vor ihrem Ab-
                                          Elisabeth Becker-Kalapis (2. von links) sowie Dr. Götz Lutterbey (hinten), Chefarzt für Radio-
schluss einen Arbeitsvertrag in der       logie am Marienhaus Klinikum St. Elisabeth Neuwied. Er hatte die Gründung der Schule
Tasche haben.                             vorangetrieben und ist seitdem ihr Ärztlicher Leiter. Foto: Andrea Schulze

BAD BREISIG

Extra Service für Senioren
Das Marienhaus Seniorenzentrum
St. Josef Bad Breisig ist seit November
2021 Projekthaus der Initiative „Ser-
viceQualität Deutschland“. Dieses
Qualitätsmanagementsystem kommt
eigentlich aus der Tourismus-Bran-
che – nun wird es erstmals in einem
Altenheim angewendet. Dafür wer-
den im Seniorenzentrum sämtliche
Bereiche unter die Lupe genommen,
die im weitesten Sinne Hotelleistun-
gen entsprechen, etwa Speisenversor-
gung und Wäscheservice. „In der Re-
gel steht die gute medizinische und
pflegerische Versorgung an erster
Stelle“, sagt Einrichtungsleiter Jörg
Warnke. „Das ist natürlich elementar,
weckt aber bei den älteren Menschen
keine Freude.“ Ein Highlight sei es
aber beispielsweise, wenn ein Menü        Stolz auf ihr Pilothaus: Einrichtungsleiter Jörg Warnke (Mitte), Greta Tarasov, Service, und
ansprechend serviert wird.                Jürgen Höfer, Küchen- und Hauswirtschaftsleitung. Foto: Svenja Pees

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News

MORBACH

Jetzt spenden für mehr Zeit im Hospiz!
Seit einem Jahr gibt es das Projekt        und Mitarbeiter des Ambulanten Hos-
„Zeitintensive Betreuung“ am Marien-       pizes Morbach sind Teil des Projektes.
haus Seniorenzentrum St. Anna: Über        „Immer wieder erhalten wir Post, in
Spenden werden zusätzliche Stunden         der sich Angehörige ausdrücklich für       Spendenkonto zur Unterstützung
finanziert, in denen eine Mitarbeiterin    die liebevolle, wertschätzende Beglei-     des Projekts Zeitintensive Betreuung:
den Sterbenden vorliest, ihnen zuhört      tung ihres Verstorbenen bedanken“,         Christlicher Hospizverein
oder einfach nur ihre Hand hält. Zu-       freut sich Einrichtungsleiter Wolfgang     Morbach e.V.
dem nutzt sie die Zeit für Aromathera-     Berg. Um das Projekt fortzusetzen,         IBAN: DE17 5706 9806 0000 1011 00
pie oder spezielle Mundpflege. Auch        sind die Initiatoren weiterhin auf         BIC: GENODED1MBA
die ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen        Spenden angewiesen.

BAD NEUENAHR

Bessere Diagnose bei Prostatakrebs
Als eine der ersten Kliniken in            ner einen Tumor erkennen und zu-           deckt wird, umso besser sind die Hei-
Deutschland hat das Krankenhaus            dem direkt beurteilen können. So           lungschancen“, erläutert Chefarzt Dr.
Maria Hilf in Bad Neuenahr ein hoch-       lassen sich auch Krebswucherungen          Christian Fisang. Jährlich erkranken
modernes Ultraschallgerät zur Diag-        aufspüren, die im MRT verborgen            in Deutschland etwa 62.000 Männer
nose von Prostatakrebs angeschafft.        bleiben. „Für die Patienten bietet das     an Prostatakrebs.
Dieses Gerät liefert besonders hoch-       eine zusätzliche Sicherheit, denn je
auflösende Bilder, sodass die Medizi-      früher ein Prostatakarzinom ent-

NEUWIED

Hospiz ist umweltfreundlich unterwegs
                                                                                      Die Mitarbeiterinnen des ambulan-
                                                                                      ten Hospizes Neuwied freuen sich
                                                                                      über ein nagelneues Elektroauto, ge-
                                                                                      spendet von der VR Bank Rhein-
                                                                                      Mosel. Auch die Kosten für die Lade-
                                                                                      station hat die Bank übernommen.
                                                                                      Ihr E-Mobil wollen die Mitarbeiterin-
                                                                                      nen nutzen, um schwerstkranke
                                                                                      Menschen zu besuchen, die vom Hos-
                                                                                      piz begleitet werden. „Es ist großartig,
                                                                                      jetzt so ein nachhaltiges, umwelt-
                                                                                      freundliches Auto fahren zu können“,
                                                                                      freut sich Hospiz-Leiterin Anita Lud-
                                                                                      wig. Das bisherige Fahrzeug des am-
                                                                                      bulanten Hospizes ist inzwischen
Großzügige Spende: Vertreter der VR Bank Rhein-Mosel übergaben im November 2021 das   neun Jahre alt und musste dringend
E-Auto an das Team vom Ambulanten Hospiz Neuwied. Foto: privat                        ausgetauscht werden.

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BAD NEUENAHR-AHRWEILER                                                                   NEUWIED

Neue Trikots für                                                                         Eine weltweit
die Jugend-Kicker!                                                                       einmalige
Im November 2021 hat die Marien-        für die Jungs richtig schlimm, dass die          Operation
haus-Gruppe gemeinsam mit dem           Trikots der Flutkatastrophe zum Opfer
Unternehmen Schneidereit drei kom-      gefallen sind“, sagt Werner Theisen,             Innovation aus Neuwied: „Wir sind
plette Trikotsätze und je sieben Fuß-   Junioren-Trainer beim SG Landskrone              das erste Krankenhaus weltweit, in
bälle an drei Jugend-Fußballmann-       Heimersheim. Umso größer war die                 dem ein Operateur allein eine bi-
schaften im Ahrtal gespendet. „Es war   Freude über die neue Ausstattung.                polare Ablation zur Behandlung von
                                                                                         Herzrhythmusstörungen durch-
                                                                                         führt“, sagt Dr. Burkhard Hügl, Chef-
                                                                                         arzt am Marienhaus Klinikum St.
                                                                                         Elisabeth. Der erste Patient, bei dem
                                                              So sieht Teamgeist         das neue Verfahren angewendet
                                                              aus: Uwe Schneider         wurde, war bereits dreimal in ver-
                                                              (3.v.r.) von der Marien-
                                                              haus-Gruppe übergab        schiedenen Kliniken operiert wor-
                                                              die Trikots gemein-        den – jedoch erfolglos. „Bei ihm lag
                                                              sam mit Steffen Zan-       die Stelle, an der die elektrischen
                                                              der (2.v.r.) und Björn
                                                                                         Impulse entstanden, in der Tiefe der
                                                              Knauf (rechts) von der
                                                              Schneidereit GmbH.         muskulösen Herz-Scheidewand, die
                                                              Foto: Andrea Schulze       mit einer einfachen Ablation nicht
                                                                                         erreicht werden konnte“, erläutert
                                                                                         Hügl.

BITBURG
                                                                                         Deshalb hat Hügl bei ihm eine bi-

Innovation für eine                                                                      polare Ablation durchgeführt. Dafür
                                                                                         fertigte er zunächst ein dreidimen-

stabile Wirbelsäule
                                                                                         sionales Röntgenbild an und unter-
                                                                                         suchte das Organ dann mithilfe ei-
                                                                                         nes speziellen Diagnostik-Katheters,
Für Menschen, deren Wirbelsäule in-                                                      mit dem die elektrischen Nervenim-
stabil geworden ist – etwa durch ei-                                                     pulse sichtbar werden. Das Röntgen-
nen Bruch, einen Tumor oder Osteo-                                                       bild und die Darstellung der Nerven-
porose – bietet das Marienhaus                                                           impulse wurden übereinandergelegt
Klinikum Eifel eine neue Möglichkeit,                                                    – so konnte der Kardiologe während
um das Rückgrat dauerhaft zu stabi-                                                      der Operation präzise die Region des
lisieren. Dafür nutzt das Team um                                                        Herzens lokalisieren, die er behan-
Chefärztin Dr. Susanne Atug ein in-                                                      deln muss. Dabei hat Burkhard Hügl
novatives Schrauben-Stab-System,                                                         mit zwei Kathetern gearbeitet und
das minimalinvasiv über vier kleine                                                      die betreffende Stelle parallel von
Hautschnitte platziert wird. Mittels                                                     der linken und rechten Herzkammer
einer speziellen Software werden die                                                     aus angesteuert, um auch Muskel-
Stäbe dabei optimal an die Wirbelsäu-                                                    zellen tief im Gewebe zu veröden.
le der Patienten angepasst. Durch die                                                    „Dadurch ist es möglich, dass ein
Stabilisierung haben die Erkrankten                                                      einziger Operateur diesen Eingriff
deutlich weniger Schmerzen und ei-                                                       vornimmt“, berichtet Hügl. Dem Pa-
                                        Das Modell zeigt, wie die Schrauben zur Sta-
ner drohenden Querschnittslähmung       bilisierung der Wirbelsäule eingesetzt werden.   tienten geht es nach der erfolgrei-
wird vorgebeugt.                        Foto: Andrea Schulze                             chen Operation wieder gut.

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Mein Marienhaus

FOTO: iStock.com/ Anton Vierietin

      Alltagsfluchten
      Ob als Ärztin, Pfleger oder in der Verwaltung: Die Kolleginnen und Kollegen in der
      Marienhaus-Gruppe geben jeden Tag ihr Bestes. Wir wollten wissen: Was tun Sie,
      um Ihren Akku wieder aufzuladen? Wann und wie brechen Sie aus dem Alltag aus?

      30                                                                          PulsM | Brüche
Mein Marienhaus

                                                 „Ich genieße es, mit meinen Nichten
                                                 und Neffen Zeit zu verbringen. Sie
                                                 sind zwischen einem und vier Jahren
                                                 alt und es ist toll zu sehen, wie sie sich
                                                 für die Welt begeistern können. Ich
                                                 weiß noch genau, als meine älteste
                                                 Schwester bei Familientreffen Ostern
                                                 2018 erzählte, dass sie schwanger sei.
                                                Ich dachte: Bald werde ich ein Baby
                                                auf dem Arm halten! Inzwischen ist
                                                jede meiner drei Schwestern Mutter
                                                geworden und es berührt mich, dabei
                                                zu sein, wenn die Kleinen aufwach-
                                                sen. Ich versuche, sie mindestens alle
                                                zwei Wochen zu sehen, und bin
                                                immer wieder erstaunt, welche Ent-
                                                wicklungssprünge sie selbst in dieser
                                                kurzen Zeit machen. Es fällt mir dann
                                                immer schwer, wieder zu gehen, aber
                                                ich fühle mich danach auch be-
                                                schenkt. Bald werde ich selber Vater
                                                und ich freue mich riesig darauf!“

                                                Franziskus Heinrichs, Management Trainee
                                                in der Sparte Kliniken, Neuwied

                        t mein Tipp, um
    „Indoor-Cycling is
                         igen Arbeitstag
    nach einem stress
                        lten. Eine Stunde
    perfekt abzuscha                        e
                          al ob in der Grupp
     ‚Party on Bike‘ – eg
                           zu Hause: Ich
     oder auf dem Bike
                          nter und bin nach
      komme immer ru
                           inuten gut drauf.“
      spätestens fünf M
                        , Referentin
      Ca roline Hensiek
                      n & Marketing,
      Kom mun ikatio
      Waldbreitbach

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Mein Marienhaus

                        Fs, mit denen ich
 „Bei mir gibt es vier
                    derauflade: Meine
 meinen Akku wie                          eit
                     alt und Geborgenh
 Familie gibt mir H
                      , mit meinen Lieben
  und ich genieße es
                     . Das zweite F sind
  unterwegs zu sein
                     e für mich da sind
  meine Freunde, di
                        ‚Pferde stehlen‘
  und mit denen ich
                         hre ich sehr gerne
   kann. Außerdem fa
                         t zu vergessen F
   Fahrrad – und nich                       ich
                        ßball! Dabei kann
   Nummer 4: der Fu                       ner
                       owern und in mei
    mich richtig ausp
        Her ren-M an ns  ch aft echte Gemein-
    Alt-
    schaft erleben.“
                                         t,
                    Qua   litätsmanagemen
     Uwe Schneider,
     Waldbreitbac h

                                                    „Frei nach dem Motto: ‚Entw
                                                                                   eder auf
                                                    zwei Beinen oder auf zwei Rä
                                                                                    dern!‘,
                                                   wandere ich vom Taunus über
                                                                                     Huns-
                                                   rück bis ins Saarland. Und gen
                                                                                     au dort
                                                   lässt es sich auch mit dem Mo
                                                                                    torrad
                                                  sehr gut fahren … Wandern
                                                                                  und
                                                  Motorradfahren machen de
                                                                                  n Kopf
                                                  frei für alles, was dienstlich un
                                                                                   d privat
                                                  zu bewältigen ist.“
                                                  Björn Spieler, Geschäftsfü
                                                                             hrer,
                                                  Neunkirchen

32                                                                                   PulsM | Brüche
Mein Marienhaus

                           rbringe ich
„Meinen Jahresurlaub ve
                          r ‚einsamen‘
fast ausschließlich auf de
                             rdsee.
Insel Pellworm an der No
                          – und genau
Kaum jemand kennt sie
                         hin. Auf
 deshalb fahre ich dort
                          mich zusam-
 Pellworm kümmere ich
                              eine kleine
 men mit meiner Frau um
                            ntnerinnen‘.
 Schafherde, allesamt ‚Re
                             t kommen,
 Wenn die Tiere angesaus
                              ein paar
  um sich ein Leckerli oder
                           holen, dann
  Streicheleinheiten abzu
  vergesse ich den Alltag.“
                         Personalentwick-
   Jürgen Lichtenthäler,
   lung, Neuwied

                                              „Ich kann immer gut abschalten,
                                              indem ich etwas Verrücktes mache.
                                              Zuletzt bin ich in Frankfurt eine
                                              Hochhausfassade runtergelaufen –
                                              100 Meter ging es bergab. Der kribbe-
                                              ligste Moment war der Schritt über
                                              die Dachkante; dann geht man
                                              waagerecht in der Luft hängend los
                                              und genießt dabei die Aussicht auf
                                              die Frankfurter Skyline. Ich hab auch
                                             schon Bungeejumping und Paragli-
                                             ding ausprobiert und bin in einem
                                             Sportwagen, einer Dodge Viper, über
                                             die Nordschleife auf dem Nürburg-
                                             ring gefahren. Solche Erfahrungen
                                             lassen mich das Leben anders fühlen
                                             und zeigen mir, welche Vielfalt in mir
                                            steckt. Ein unvergessliches Erlebnis
                                            für mich war es, die Wildspitze, den
                                            zweithöchsten Berg Österreichs, zu
                                            besteigen. Bei schönstem Wetter am
                                            Gipfelkreuz auf 3.770 Metern habe
                                            ich mich dem lieben Gott ganz nah
                                            gefühlt. Das hört sich schwülstig an,
                                            war aber genau so.“
                                            Susanne Donecker, Krankenschwester,
                                            Neuwied

PulsM | Brüche                                                                         33
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