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# 11 — NOVEMBER 2019 — 86. Jahrgang / Erscheint monatlich / CHF 7.– / www.svit.ch SC HW E IZ IMMOBILIA FOKUS STÄNDERAT MARTIN SCHMID 04 IMMOBILIEN- WIRTSCHAFT «BUY TO LET»: RENDITE MIT RISIKO 20 ZEITENWENDE BAU & HAUS SCHUPPEN WIRD SZENE-TREFF IN DER 40 KLIMAPOLITIK?
EDITORIAL VON—ANDREAS INGOLD Software-Gesamtlösung für das Immobilien- GEMISCHTE BILANZ management DER VERGANGENEN VIER JAHRE Mit der Herbstsession ist die 50. Legislatur der eidgenössischen Räte zu Ende gegangen. Die Bi- lanz der vergangenen vier Jahre fällt gemischt aus. Nach objektiven Kriterien hat das Parlament weniger zustande gebracht. Die Zahl der verab- schiedeten Bundesgesetze und parlamentari- schen Initiativen ging zurück – 133 wurden ange- nommen, gegenüber 152 bzw. 156 in den beiden Vorperioden. Das kann durchaus als gute Nach- richt gewertet werden. Denn neue und revidierte Gesetze bedeuten in der Regel mehr staatliche Eingriffe und Regulierung. Eine andere Lesart ist, dass in vielen Bereichen Stillstand herrscht. WIR WERDEN UNSER AUGENMERK VER- STÄRKT AUF DIE VERTEIDIGUNG RICHTEN MÜSSEN. ANDREAS INGOLD Wir erinnern uns an die Unkenrufe der Linken nach den Wahlen 2015. Die rechnerische Domi- nanz der bürgerlichen Parteien wurde als Bedro- hung für den Sozialstaat und als Freipass für • Verwaltung von Mietliegenschaften, wirtschaftsfreundliche Kreise eingestuft. Und Stockwerkeigentümergemeinschaften wer sich gefreut hatte, dass nun bürgerliche An- und Wohnbaugenossenschaften liegen durchdringen könnten, hat falsche Vorstel- lungen von den politischen Prozessen. Was die • Prozessorientierte Programmassistenten immobilienrelevanten Geschäfte betrifft, so fand • Individuell gestaltbare Masken die Diskussion häufiger in der «gegnerischen • Elektronische Ablage sämtlicher Dokumente Platzhälfte» statt. Die entscheidenden Abschlüs- • Mobile Wohnungsübergabe inkl. Abnahme- se blieben aber aus – oder lassen noch auf sich protokoll auf iPad warten. Mit den Wahlen 2019 haben sich die Kräfte- verhältnisse verändert. Die Immobilienwirt- www.abacus.ch schaft und ihre Interessenvertreter im Parlament werden ihr Augenmerk auf eine gut aufgestellte Verteidigung richten müssen. Eine erste gegneri- sche Offensive erfolgt bereits im Februar 2020. Die Volksinitiative «Mehr bezahlbare Wohnun- gen» stellt die ohnehin stark eingeschränkte Wirtschaftsfreiheit am Wohnungsmarkt auf eine harte Probe. Wir werden mit allen Kräften das Argument ins Spiel bringen müssen, dass ein flä- chendeckender, mit Steuermitteln finanzierter staatlicher Wohnungsbau keine Lösung für punk- Ecknauer+Schoch ASW tuelle Unterversorgung sein kann. 2
INHALT IMMOBILIA —INHALT NR. 11 NOVEMBER 2019 FOKUS 04 «DAS IST KLIMASCHUTZ DURCH UMVERTEILUNG» Mit Verboten und Geboten im revidierten CO2-Gesetz habe der Ständerat dem Druck der Strasse nachgegeben, findet Ständerat Martin Schmid. IMMOBILIENWIRTSCHAFT 14 STEIGENDER BEDARF NACH LADESTATIONEN Die Installation von Ladestationen für Elektrofahrzeuge in gemeinschaftli- chen Einstellhallen wird als «nützliche» bauliche Massnahme betrachtet. 16 FESTBRAUCH ODER STÖRENDES «BLING-BLING»? Weihnachtsbeleuchtung wird als störend empfunden oder als festlicher 10 Brauch geschätzt. Dies führt in Stockwerkeigentümergemeinschaften oft zu Diskussionen. 18 ERNEUERUNGEN BEIM STOCKWERKEIGENTUM POLITIK Über die Hälfte der Stockwerkeigentümer haben zu wenig Geld im Erneue- «GRÜNE WELLE» ROLLT rungsfonds. Eine frühzeitige Finanzplanung kann verhindern, dass die Ge- meinschaft in finanzielle Schwierigkeiten gerät. DURCHS PARLAMENT 20 EIGENINITIATIVE DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT DIE PARLAMENTARIER MIT VERBINDUNG ZUR IMMO- Die Branche will das Heft in Sachen Immobilienmarktplätzen selbst in die BILIENWIRTSCHAFT WERDEN SICH IN DEN NÄCHS- Hand nehmen. Derzeit touren die Kooperationspartner Next Property und TEN VIER JAHREN INS ZEUG LEGEN MÜSSEN. Newhome auf einer Roadshow durchs Land. 22 ZUERST ABSTIMMEN, DANN SANIEREN Stockwerkeigentum erfreut sich grosser Beliebtheit. Angesichts des Alters vieler Liegenschaften müssen sich Eigentümer aber vermehrt mit Gesamtsanierungen auseinandersetzen. 24 DER MONAT IN DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT IMMOBILIENRECHT 30 MIETVERBOT FÜR AIRBNB Das Bundesgericht hat bei einem Mehrfamilienhaus im Stockwerkeigentum verboten, einzelne Wohnungen jeweils kurzzeitig über Airbnb zu vermieten. 32 KOMMENTAR ZUM STOCKWERKEIGENTUM Der Zürcher Kommentar zum Stockwerkeigentum ist in 2. Auflage erschie- nen und umfasst die Rechtssprechung der letzten 55 Jahre. 12 34 SCHWEIN ODER HUHN – TIERE IN DER WOHNZONE Jaulende Hunde oder grunzende Schweine – Grundstückseigentümer müs- IMMOBILIENWIRTSCHAFT sen Einwirkungen ihrer Nachbarn in einem gewissen Umfang tolerieren. BUY TO LET: BAU & HAUS RENDITE MIT RISIKO EGWEISENDE ERNEUERUNG 36 W Das Ingenieurunternehmen Basler & Hofmann hat ein Geschäftshaus in RUND JEDE FÜNFTE EIGENTUMSWOHNUNG GEHT Kriens saniert und für 100 Mitarbeiter ein neues Zuhause geschaffen. HEUTE AN PRIVATPERSONEN, DIE SIE ALS ANLAGE- RATIS KÜHLEN KANN INS GELD GEHEN 42 G OBJEKT ERWERBEN UND AN DRITTE VERMIETEN. Wann lohnt sich Free-Cooling in Gebäuden? Eine aktuelle Studie der ZHAW DIE GEFAHREN DIESER ATTRAKTIV SCHEINENDEN gibt Antworten, ein Merkblatt des BFE fasst die Erkenntnisse zusammen. INVESTITIONSWEISE WERDEN DABEI HÄUFIG AUS- LTE SUBSTANZ, HOHE ENERGIEEFFIZIENZ 45 A GEBLENDET. Mit Fingerspitzengefühl wurde ein Riegelhaus umgebaut und energetisch erneuert. Es erfüllt den Minergie-Standard bei hohem Wohnkomfort. 47 BESSERES WOHNGEFÜHL DANK KOMFORTLÜFTUNG Das Ehepaar Holzner liess ihr Haus nach Minergie-Standard modernisieren und eine Komfortlüftung einbauen. IMMOBILIENBERUF ANDELN AUF KASACHISCHEN PFADEN 48 W Der SVIT Schweiz lud zur Reise in die Hauptstadt Kasachstans, nach Nur- Sultan, ein. Ein Bericht über Steppenland und Immobilienprojekte. EMINARE UND TAGUNGEN 40 50 S 52 KURSE DER SVIT-MITGLIEDERORGANISATIONEN BAU & HAUS VERBAND ERJÜNGT IN DIE ZUKUNFT GÜTERSCHUPPEN 56 V Der SVIT Aargau verjüngt sein Präsidium durch die Wahl von David Zum- WIRD SZENE-TREFF steg. Adrian Ackermann wird einstimmig zum Ehrenmitglied gekürt. EIN VERWAISTER GÜTERSCHUPPEN DER RHÄTI- AMMER REGELT GESCHÄFTSJAHR NEU 61 K SCHEN BAHN WIRD ZUM IN-LOKAL UND DEMONS- Die SVIT FM Kammer bereinigte ihre Statuten und regelt den Jahresab- TRIERT DAMIT, WIE BAULICHER BESTAND IDENTI- schluss neu. TÄTSSTIFTEND UMGENUTZT WERDEN KANN. LTER CHARME IN NEUEM GLANZ 62 A IM ZENTRUM – DER SPEKTAKULÄRE AUSBLICK Anlässlich des 8. SVIT-Days erklommen die Mitglieder den Solothurner AUF DIE AROSER BERGE. Hausberg und erkundeten das neu eröffnete Hotel Weissenstein. STANDARDS: STELLENMARKT 54 / MARKTPLATZ & PRODUKTE-NEWS 66 / BEZUGSQUELLENREGISTER 74 / ADRESSEN & TERMINE 77 / ZUGUTERLETZT & IMPRESSUM 78
FOKUS INTERVIEW KLIMAPOLITIK Ja zum Klimaschutz mit markt- wirtschaftlichen Elementen, aber nicht mit Verboten und Geboten wie im revidierten CO2-Gesetz vorgesehen – das ist die Auffas- sung von Ständerat Martin Schmid. Angesichts des ange- schlagenen Tempos ist die Ge- fahr gross, dass wir die Weichen in der Klima- und Energiepolitik falsch stellen und wichtige ande- re Politikziele ausser Acht lassen. INTERVIEW—IVO CATHOMEN* FOTOS—URS BIGLER Was ging Ihnen am Abend des Wahlsonntags durch den Kopf? Persönlich war ich sehr zufrieden, die Wiederwahl im ersten Wahlgang geschafft zu haben. In Bezug auf das Gesamtergebnis hat mich das Ausmass der Ver- änderung überrascht – nicht nur hinsichtlich der Kräfteverschiebung zwischen den Lagern, sondern auch innerhalb der Linken, von den Sozialdemokra- ten zu den Grünen. Welche Auswirkungen hat der Ausgang der Wahlen auf die Klimapolitik des Bundes? Eine strengere Klimapolitik ist bis weit hinein ins bürgerliche Lager mehrheitsfähig geworden. Das wird sich auf den Klimakurs des Bundes auswirken, wie die Debatte zur Revision des CO2-Gesetzes zeigt. Im Zentrum steht nicht so sehr die Frage nach den Zielen, sondern jene nach den Instrumenten, wie diese Ziele erreicht werden sollen. ANZEIGE IMMOBILIA / November 2019 5
FOKUS INTERVIEW KLIMAPOLITIK Hat der Ständerat – auch im Hinblick Wäre das ein Ausgang, den Sie begrüssen auf die Wahlen – dem Druck der Strasse würden? nachgegeben? Sagen wir es so: Ich hätte mir ein anderes CO2-Ge- Der Ständerat sah sich in der Pflicht, nachdem setz gewünscht. Aus meiner Sicht ist es keine Kata- Links und Rechts im Nationalrat einen Scherben- strophe, eine missratene Vorlage nochmals an den haufen angerichtet haben. Insofern stimmt der Absender zurückzuschicken. Es geht um ein lang- Eindruck. Der Ständerat setzt nun zu meinem fristiges Ziel, und dabei darf die soziale und wirt- Leidwesen auf Verbote, Gebote und Steuern. BIOGRAPHIE schaftliche Komponente nebst dem Klimaschutz MARTIN Marktwirtschaftliche Konzepte bleiben weitest SCHMID nicht auf der Strecke bleiben. gehend auf der Strecke. (*1969), FDP GR, Dr. Im Gebäudesektor beschneidet der Welche Instrumente hätten Sie bevorzugt? iur. HSG, ist Rechtsan- Bund mit der Revision den Spielraum der Ich möchte vorausschicken, dass ich der Überzeu- walt und Partner der Kantone. Die Reaktion fiel entsprechend gung bin, dass es einen verbesserten Klimaschutz Kanzlei Kunz Schmid, harsch aus. Haben Sie Verständnis für Chur. Von 2003 bis braucht. Einerseits habe ich mich dafür stark ge- 2011 war er Mitglied diese Haltung? macht, den Deckel auf den CO2-Abgaben aber nicht der Bündner Regierung, Ich hätte den Kantonen mehr Kompetenzen bei der zu hoch anzusetzen, nämlich beim international bis 2007 als Vorsteher Umsetzung im Gebäudesektor eingeräumt. Statt- des Departements für anerkannten Satz von maximal 120 Franken pro Justiz, Sicherheit und dessen wird ihnen die Kompetenz im Gebäudebe- Tonne CO2 und nicht bei den jetzt beschlossenen Gesundheit, danach als reich nun praktisch entzogen. Der Ansatz der Kan- 210 Franken. Anderseits bevorzugen wir als Partei Vorsteher des Departe- tone, die Themen Energie und Klima aufeinander die Förderung von Innovation, die wir als wichtigen ments für Finanzen abzustimmen, ist richtig. Sonst werden Ölheizun- und Gemeinden. 2011 Schlüssel für die Lösung des Klimaproblems be- wurde Martin Schmid gen durch Wärmepumpen ersetzt, ohne dass die Ge- trachten, und setzen auf Lenkungsabgaben statt in den Ständerat ge- bäudehülle saniert wird. Das kann aus übergeord- Umverteilung. wählt und seither zwei- neter Sicht nicht das Ziel sein. Bei den Kantonen mal wiedergewählt. Er Wie wird sich der Nationalrat in seiner neu- ist unter anderem Mit- entsteht der Eindruck, der Bund ordne nun alles en Zusammensetzung zur Vorlage stellen? glied der Kommission dem Klimaziel unter. Ich gehe davon aus, dass der Nationalrat die Vorla- für Rechtsfragen und Aber die Kantone haben auch nicht in ge weder weiter verschärft noch massgeblich ent- der Kommission für jeder Hinsicht erfüllt. Die Förderprogramme Wirtschaft und Abga- schärfen wird. Die Signale aus der zuständigen ben sowie Vizepräsi- kommen nicht vom Fleck, die Mustervor- Kommission deuten darauf hin. Linke und Grüne dent der Kommission schriften werden halbherzig eingeführt. müssen sich bewusst sein, dass sie den Bogen mit für Umwelt, Raumpla- Müsste sich die Kritik der Kantone nicht nung und Energie. Im Blick auf eine Volksabstimmung nicht überspan- Weiteren präsidiert er auch gegen sich selbst richten? nen dürfen. Sonst erleidet das Gesetz an der Urne den Verband «Entwick- Die Kantone können die Rechnung nicht ohne die Schiffbruch. lung Schweiz». Stimmbürger machen. Mit der Konkretisierung in 6 IMMOBILIA / November 2019
den kantonalen Energiegesetzen wird der Bevölke- In diesen Gebieten ist der Zielkonflikt offensicht- rung bewusst, was die Umsetzung konkret für sie lich. Wir wollen die ländlichen und peripheren Ge- bedeutet. Darum ist der Kanton Solothurn mit dem biete aus regionalpolitischen Überlegungen unter- Energiegesetz durchgefallen. Die Kritik an den För- stützen, legen ihnen aber mit dem CO2-Gesetz neue derprogrammen und den «Mustervorschriften der Steine in den Weg. Hier wohnen besonders viele Kantone im Energiebereich» ist teilweise berech- Wegpendler, die auf das Auto angewiesen sind. Sie tigt. Die jetzigen Förderprogramme erzeugen Mit- mit hohen CO2-Abgaben zu belasten, läuft der Re- nahmeeffekte, es werden also Erneuerungen sub- gionalpolitik zuwider. ventioniert, die ohnehin unternommen worden Ab 2023 wird der maximale CO2-Ausstoss wären. Auch gibt es kaum wirtschaftliche Anreize pro Quadratmeter Wohnfläche im Fall einer für Ersatzneubauten. Die Mustervorschriften re- Heizungssanierung begrenzt. Angesichts geln wiederum technische Aspekte bis ins Detail der Lebenszyklen im Immobilienbereich ist und haben zum Beispiel früher Biogaslösungen das ziemlich bald … nicht akzeptiert. Das ist kein zielführender Weg. Hier will der Ständerat das Ziel mit der Brechstan- Kurze Fristen, hohe CO2-Abgaben und ein ge erreichen. Darum auch der Eingriff in die Hoheit faktisches Verbot von Ölheizungen setzen der Kantone. Eigentlich müsste man reinen Wein Gebäudeeigentümer unter Druck. Schlägt einschenken und ein absolutes Ölheizungsverbot der Ständerat ein zu hohes Tempo an? erlassen und gleichzeitig offen sagen, dass die Kan- Nicht nur Gebäudeeigentümer, sondern auch alle tone entmachtet werden. Mieter müssen sich die Frage stellen, was das neue In der Diskussion über ein Klima- und CO2-Gesetz finanziell für sie bedeutet. Die erfor- Energielenkungssystem wurde eine Ablö- MIT BLICK AUF derlichen Erneuerungen bei sanierungsbedürfti- sung der Förderpolitik durch eine reine DIE MIETZINSE gen und damit vielfach günstigen Wohnungen wer- Lenkungsabgabe in Aussicht gestellt. WIRD DIESE den sich in höheren Mieten niederschlagen. Anders Ist das jetzt vom Tisch? VORLAGE NOCH geht das nicht. Ja, mit dem jetzt eingeschlagenen Weg haben wir VIEL ZU REDEN Welchen Einfluss hat die aktuelle Leer- den Grundsatz der Lenkungsabgabe beerdigt. Der GEBEN. standsproblematik und der hohe Anteil an Glaube an die Notwendigkeit von Regulierung privatem Eigentum von Mietliegenschaften? überwiegt und wird sich mit der Stärkung des links- Ohne Zweifel wird der Spielraum für energetische grünen Flügels noch verstärken. Was jetzt vorge- Erneuerungen durch Leerstände verringert. In schlagen wird, hat wenig mit Lenkungsabgaben zu städtischen Gebieten wird man eine sanierte Woh- tun, es sind vielmehr verkappte Steuern, insbeson- nung auch mit der zulässigen Umlage der Wertver- dere dort, wo die Rückerstattung nur noch 51% be- mehrung auf die Mietzinse wieder vermieten kön- trägt. Eine Lenkungsabgabe würde vollumfänglich nen. Im ländlichen Raum sieht es anders aus. an die Bürgerinnen und Bürger zurückfliessen. Private Vermieter dürften in der Tendenz einen en- Mit den Abgaben auf Brenn- und Treibstof- geren finanziellen Spielraum haben als institutio- fen sowie Flugtickets will der Bund Redukti- nelle Investoren, was Private angesichts des vorge- onsmassnahmen fördern. Was ist – abgese- schlagenen Zeitplans in Bedrängnis bringen könnte. hen von der Höhe – dagegen einzuwenden? Sie haben auch den Einfluss auf periphere Es ist so, dass die Hälfte der Ticketabgaben und ein Regionen angesprochen. Stösst das CO2- Drittel der CO2-Abgaben auf Brennstoffen nicht an Gesetz dort auf besonderen Widerstand? die Bevölkerung, sondern in Subventionstöpfe IMMOBILIA / November 2019 7
FOKUS INTERVIEW KLIMAPOLITIK DIE PERSÖNLICHE FINANZIELLE BELASTUNG SETZT DER ZUSTIMMUNG IN EINER VOLKS- ABSTIMMUNG GRENZEN. fliessen. Das ist grundsätzlich in Frage zu stellen. ten Nullenergie-Mehrfamilienhäuser entstehen. Denn damit entscheidet der Staat bis ins Detail über Das wäre sinnvoller als eine Sanierung des Beste- die Technologiefrage und nicht der Markt bzw. der henden. Denn damit ist die Entwicklung wieder Eigentümer. Der Staat sollte sich darauf beschrän- über Jahrzehnte zementiert. ken, die Ziele festzulegen und die Umsetzung den 2017 haben wir über die Energiestrategie Bürgerinnen und Bürgern überlassen. abgestimmt. Passen das Energiegesetz und Wie könnte die FDP ihre Ablehnung das revidierte CO2-Gesetz nun überhaupt des CO2-Gesetzes in einer zusammen? Volksabstimmung angesichts ihres Im komplexen Themenkreis Energie, Klima, Mo- neuen Klimakurses vertreten? bilität und Raumplanung widmen wir uns sequen- Das wäre sogar einfacher als für mehr Verbote und ziell einem Thema nach dem andern, ohne eine ge- Steuern einzustehen. Ich bin mit dem eingeschla- samtheitliche Strategie zu entwickeln. Das ist genen Weg einverstanden und nehme den Klima- teilweise unserem politischen System geschuldet. schutz ernst, habe aber erhebliche Zweifel an den Ich stelle mir aber schon die Frage, woher im Win- Massnahmen in ihrer Art und ihrem Umfang. ter die elektrische Energie für alle Anwendungen Mit einem Scheitern an der Urne würde sich kommen soll, die wir von der fossilen Energie weg die Revision um Jahre verzögern. verlagern wollen. Ich habe Verständnis, dass das Dieses Risikos muss sich Links-Grün bewusst sein. Parlament eine solche Gesamtschau nicht vor- Aber die Klimadiskussion ist in der Mitte unserer nehmen kann. Aber in den zuständigen Departe- Gesellschaft angekommen und führt dazu, dass menten wäre die Expertise vorhanden. Ich sehe Konsumenten ihr Verhalten schon heute überden- darum vor allem den Bundesrat in der Pflicht. ken und Investoren den Klimaschutz stärker ge- Genügt die Energiestrategie 2050 diesem wichten. Heute wird kein Bauprojekt mehr reali- Anspruch nicht? siert, das nicht hohen energetischen Anforderungen Die Energiestrategie 2050 ist eine Atomausstiegs- genügt. strategie. Die Klimaproblematik wird überhaupt Sie haben von fehlenden Anreizen nicht thematisiert. Macht es Sinn, in Zukunft den für Ersatzneubauten gesprochen. Strom zu importieren und von wo und aus welchen Was wäre zu tun? Produktionsanlagen kommt dieser Importstrom? Mit der ersten Etappe der Revision des Raumpla- Alles in allem fällt Ihre Bilanz zur Vorlage nungsgesetzes haben wir den Auftrag zur Verdich- also ernüchternd aus. tung im besiedelten Gebiet erhalten. Das würde Wenn das Parlament das Reduktionsziel mit dieser aber bedingen, dass für den Eigentümer attraktive Vehemenz und in diesem Tempo umsetzen will, Voraussetzungen geschaffen würden, ein Gebäude kommt es um Verbote und Gebote nicht herum. Als *IVO CATHOMEN abzureissen, statt zu sanieren und so mehr und liberaler Politiker hätte ich mich lieber auf Ziel vor- Dr. oec. HSG, ist energetisch besseren Wohnraum zu schaffen. Wo gaben beschränkt und den Weg dorthin den Bürge- Herausgeber der heute in der Stadt ein Einfamilienhaus steht, soll- rinnen und Bürgern überlassen. Zeitschrift Immobilia. 8 IMMOBILIA / November 2019
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IMMOBILIENPOLITIK WAHLEN 2019 Die Parlamentarier mit Verbindung zur «GRÜNE WELLE» Immobilienwirtschaft werden sich in den nächsten vier Jahren ins Zeug ROLLT DURCHS legen müssen. Es sieht nach Verteidi- PARLAMENT gung des Status-quo aus. TEXT—IVO CATHOMEN* ERFREULICHE NEUZUGÄNGE rbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer des A ERGEBNIS DER VERTRETERINNEN Je nach Ausgang des zweiten Wahlgangs Immobiliensektors, Eigentümer, Investo- UND VERTRETER DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT für den Ständerat werden in der bevorste- ren, SVIT-Mitglieder usw. – zu mobilisie- henden Legislatur zwischen 30 und 33 Par- ren. Die Mobilisierung war für die bürger- Bildlegende Aargau lamentarierinnen und Parlamentarier mit lichen Parteien diesmal eine besondere (BILD: NAME). Thierry Burkart, FDP, NR / SR* einer Verbindung zur Immobilienwirt- Herausforderung, da die klassischen bür- Hansjörg Knecht, SVP, NR / SR* schaft im National- oder Ständerat sitzen. gerlichen Themen wie Arbeits- und Wirt- Matthias Jauslin, FDP, NR Das sind weniger als erhofft, aber mehr als schaftsplatz, EU, Zuwanderung, Steuern Jean-Pierre Gallati, SVP, NR + befürchtet. Der Rückgang der Stimmenan- und Finanzen nicht zogen. Dieser Umstand (Maja Riniker, FDP, NR +) teile und die entsprechenden Sitzverluste dürfte vor allem für die Sitzverluste der Basellandschaft von SVP, FDP, BDP und CVP treffen auch SVP hauptverantwortlich sein, bei BDP Daniela Schneeberger, FDP, NR / SR* einige engagierte Interessenvertreter des und FDP kommen Wechselwähler hin zur Freiburg Sektors: So fallen die Bisherigen Peter GLP hinzu. Christine Bulliard-Marbach, CVP, NR Schilliger (FDP, LU, und Mitglied des Poli- Genf MIETRECHT BLEIBT AUF DER Christian Lüscher, FDP, NR AGENDA Hugues Hiltpold, FDP, SR* Vincent Maître, CVP, NR + Was die Immobilienwirtschaft in den Graubünden kommenden vier Jahren erwarten dürfte, Martin Schmid, FDP, SR deutete die weit links politisierende Partei- Luzern präsidentin der Grünen, Regula Rytz, am Damian Müller, FDP, SR Wahlsonntag gegenüber den Medien bereits Albert Vitali, FDP, NR an: So soll die Aushöhlung des Mietrechts Neuenburg während der letzten Legislatur wieder kor- Philippe Bauer, FDP, SR + rigiert werden. Worauf sie sich konkret be- Nidwalden zog, führte sie nicht aus. Während der letz- Hans Wicki, FDP, SR ten vier Jahre beschloss das Parlament Peter Keller, SVP, NR keine einzige entsprechende Gesetzesrevi- Obwalden sion, schon gar keine Liberalisierung. Mit Erich Ettlin, CVP, SR Schwyz verschiedenen Vorstössen versuchten die Pirmin Schwander, SVP, NR / SR* Bürgerlichen, die einseitige Rechtspre- Bis zu 64 Neugewählte werden hier in der Win- chung des obersten Gerichts zu korrigieren Tessin tersession Platz nehmen (BILD: PARLAMENT.CH). – insgesamt mit bescheidenem Erfolg. Nun Alex Farinelli, FDP, NR + Giovanni Merlini, FDP, SR* sieht es eher nach Verteidigung aus. Man Rocco Cattaneo, FDP, NR tischen Beirats des SVIT Schweiz), Hans- wähnt sich im endlosen Grabenkrieg. Fabio Regazzi, CVP, NR Ulrich Bigler (FDP, ZH), Sebastian Frehner Im neu zusammengesetzten Nationalrat Thurgau (SVP, BS), Roberta Pantani (Lega, TI) und werden die wiedererstarkten Grünen nebst Brigitte Häberli, CVP, SR Laurent Wehrli (FDP, VD) aus den Rängen. ihrer linken Politik in Steuer-, Finanz- und Waadt Aufgrund des Wahlerfolgs schicken die Sozialfragen vor allem dem CO2-Gesetz ih- Olivier Feller, FDP, NR Grünen und Grünliberalen besonders viele ren Stempel aufdrücken wollen. Hier ist es Olivier Français, FDP, NR + / SR* Neugewählte nach Bern. Es gibt aber auch in an den Kantonen, sich die Autonomie im Isabelle Moret, FDP, NR den Bundesratsparteien Neuzugänge mit Be- Energiebereich möglichst zu erhalten. Jacqueline de Quattro, FDP, NR + (Laurent Wehrli, FDP, NR ) zug zur Immobilienwirtschaft: Jean-Pierre Grenzwerte und Fristen im Gebäudebe- Wallis Gallati (SVP, AG), Vincent Maître (CVP, GE), reich dürften aber eher verschärft werden. Philippe Nantermod, FDP, NR Alex Farinelli (FDP, TI), Jacqueline de Quat- Ob die «progressiven Kräfte» mit ihrer Beat Rieder, CVP, SR* tro (FDP, VD), Sidney Kamerzin (CVP, VS) «Links-Mitte-Dominanz» im Parlament Sidney Kamerzin, CVP, NR + und Andri Silberschmidt (FDP, ZH). Unter tatsächlich so viel bewegen, wie SP-Präsi- Zürich den Mietervertretern muss Mieterverbands- dent Christian Levrat – notabene mit seiner Regine Sauter, FDP, NR präsident Carlo Sommaruga (SP, GE) für den Partei ebenfalls ein Verlierer der Wahlen – Gregor Rutz, SVP, NR angestrebten Ständeratssitz in den in Aussicht stellte, wird sich weisen. Andri Silberschmidt, FDP, NR + zweiten Wahlgang, ebenso Vizepräsidentin Zug Marina Carobbio (SP, TI). Ihr Nationalrats- Heinz Tännler, SVP, SR* mandat wurde bestätigt. Gerhard Pfister, CVP, NR Der SVIT unterstützte insgesamt 86 Kandidatinnen und Kandidaten mit einer bestätigt, + neu, * 2. Wahlgang, in Klammern: mögliche Nachrückende intensiven Social-Media- und Online- *IVO CATHOMEN Kampagne. Ziel war es, die Wählerinnen Dr. oec. HSG, ist Herausgeber der und Wähler aus den eigenen Reihen – Zeitschrift Immobilia. 10 IMMOBILIA / November 2019
KURZMELDUNGEN CO2-GESETZ IN DER GROSSEN KAMMER SCHWEIZ Die Umweltkommission des Nationalrats ist Ende Oktober REVISION auf die vom Ständerat in der ERBRECHT AUF Herbstsession verabschiedete DER ZIELGERADEN Vorlage zur Revision des CO2- Die Kommission für Rechts- Gesetzes eingetreten und hat fragen des Nationalrats hat diese ein erstes Mal beraten. Mitte Oktober die Revision des Die Kommission folgt dabei in Erbrechts beraten und ist dem den wesentlichen Zügen den Ständerat gefolgt. Die Verfü- Entscheiden des Ständerats. gungsfreiheit der Erblasserin Mit einigen Abweichungen be- oder des Erblassers soll ver- stätigt sie zentrale Entscheide grössert werden, indem der bei den Reduktionszielen und Pflichtteil für die Nachkom- der Kompensation im Ver- men verkleinert, der Pflichtteil kehrsbereich. für die Eltern ganz gestrichen und mit der Einführung eines JA ZUM SCHUTZ Unterstützungsanspruchs fak- VOR STRASSEN tische Lebenspartnerschaften LÄRM berücksichtigt werden können. Die Kommission für Ver- Wie der Ständerat hat sich auch die Kommission dafür kehr und Fernmeldewesen des Nationalrats (KVF-N) will die OB BIM- ausgesprochen, den vom Bun- desrat vorgeschlagenen Unter- Bevölkerung unverändert vor Strassenlärm schützen. Aus MANAGER stützungsanspruch des fakti- schen Lebenspartners aus dem Entwurf zu streichen. diesem Grund soll der Bund die Kantone und Gemeinden wei- terhin finanziell unterstützen. ODER REVISION DES Die KVF-N schliesst sich des- halb Bundesrat und Ständerat BAU- RECHTS ZUM STOCKWERK an und beantragt ihrem Rat ei- ne entsprechende Motion zur MEISTER: EIGENTUM Annahme. Erfahren Sie alles zur Die Rechtskommission des Nationalrats beantragt ihrem WARTEZEITEN FÜR Digitalisierung im Rat die Annahme der Motion EINMALVERGÜ Swissbau Innovation Lab «55 Jahre Stockwerkeigentum. TUNG VERKÜRZEN an der führenden Fach- Zeit für ein Update». Diese be- Im laufenden Jahr können messe der Bau- und auftragt den Bundesrat, die ge- nach Angabe des Bundes insge- setzlichen Bestimmungen zum samt rund 15 700 Anlagen zur Immobilienwirtschaft. Stockwerkeigentum so anzu- Stromproduktion aus erneuer- passen, dass den Empfehlun- baren Energien neu gefördert gen aus dem Bericht zum werden. Mit den 2020 verfüg- Postulat «Fünfzig Jahre Stock- baren Mitteln werden nun die werkeigentum. Zeit für eine Wartelisten für die Einmalver- Gesamtschau» von Andrea gütungen für kleine Photovol- Main Partner Swissbau Innovation Lab: Caroni, FDP AR, Rechnung taikanlagen auf unter ein Jahr getragen wird. Mit dieser An- verkürzt. Anfang 2019 befan- passung sollen Lücken ge- den sich 15 500 Anlagen auf der schlossen und Anwendungs- Warteliste. Bis Ende des Jah- probleme gelöst werden. res werden 115 Mio. CHF an Namentlich soll eine klare Re- rund 13 500 Anlagenbetreiber Themenpartner: gelung der Begründung des ausbezahlt. Bis Ende 2020 wird Stockwerkeigentums vor Fer- die Einmalvergütung voraus- tigstellung des Gebäudes und sichtlich für alle Anlagenbe- der besonderen Nutzungsrech- treiber ausbezahlt, die ihr voll- te an gemeinschaftlichen Tei- ständiges Gesuch bis zum Medienpartner: len eingeführt werden. 31. Januar 2020 einreichen. IMMOBILIA / November 2019
IMMOBILIENWIRTSCHAFT STOCKWERKEIGENTUM Rund jede fünfte Eigentumswohnung «BUY TO LET»: geht heute an Privatpersonen, die sie als Anlageobjekt erwerben und an Dritte vermieten. Die Gefahren dieser RENDITE MIT RISIKO attraktiv scheinenden Investitionswei- se werden dabei häufig ausgeblendet. TEXT—DANIEL BARBEN* NEUE AKTEURE AUF DEM MARKT Die Migros Bank schätzt, dass heute Früher kaufte man sich eine Eigentums- zwischen 15 und 20% der STWE-Neubau- wohnungen an Käufer gehen, die gar nie wohnung und zog selbst ein. In einzelnen selbst einziehen wollen. Fällen erfolgte der Kauf im Hinblick auf BILD: 123RF.COM den Lebensabend. Bis es soweit war, wurde die Wohnung vermietet. Alles in allem: e ine überschaubare Situation für Vermarkter und Bewirtschafter von Stockwerkeigen- tum (STWE). Doch diese Zeiten sind vor- bei: Das aktuelle Niedrigzinsumfeld und der Mangel an Alternativen haben neue Ak- teure auf den Immobilienmarkt gebracht. Die Migros Bank schätzt, dass heute zwi- schen 15 und 20% der STWE-Neubauwoh- nungen an Käufer gehen, die gar nie selbst einziehen wollen. Ihr Ziel ist ein anderes: Sie investieren, um ihr Geld gewinnbrin- gend anzulegen. Buy-to-let nennt sich dieses Modell, das landesweit im Trend ist. Und es scheint tat- sächlich attraktiv: Bei einem Kaufpreis von 1 Mio. CHF und realistischen Mieteinnah- men von 30 000 CHF pro Jahr errechnet sich eine Bruttorendite von 3% – wesent- lich mehr als mit anderen Anlagekatego- rien ausser Aktien, die aber ein grösseres Schwankungsrisiko mit sich bringen. Als Zuckerguss kommt die erwartete Wert- steigerung hinzu. Und so erstaunt es nicht, dass sich immer mehr Privatpersonen als Mini-Immobilieninvestoren versuchen. Gleichzeitig werden sie zum Feierabend- gehen ebenso vergessen wie Reparaturen, Hinzu kommt, dass solche Privatinves- vermieter, in den allermeisten Fällen ohne Einlagen in den Erneuerungsfonds, Gebäu- toren auch ein Marktrisiko eingehen. Sie entsprechende Fachkenntnisse. deversicherung und die Verwaltungskosten bringen ihre preislich meistens im oberen für das STWE. Je nach Ausformulierung Segment liegende Neubauwohnung heute RENDITEN WERDEN SCHÖNGE- der Nebenkosten im Mietvertrag kann dem auf einen Mietmarkt mit einer Leerstands- RECHNET Mieter allenfalls nur ein Teil der Neben- ziffer von 1,66. Die Vorstellungen bezüglich Wie der Alltag zeigt, malen sich vieleder kosten überwälzt werden – der Rest bleibt des zu erzielenden Mietpreises sind deshalb Buy-to-let-Investoren im Kaufzeitpunkt am Eigentümer hängen. Überrascht war oft überzogen – insbesondere für Wohnun- ihre Rendite viel zu rosig aus und berück- auch jener Privatinvestor, der aufgrund der gen, die nicht an Toplagen sind. Nach einem sichtigen oft nur ihre Kapitalkosten und Mietzinseinnahmen plötzlich in eine höhe- Leerstand kann es zudem Monate dauern, vielleicht noch die Transaktionskosten. In- re Steuerprogression geriet und seine Ziel- bis wieder ein Mieter gefunden ist. Ent- standstellungskosten nach Mieterwechseln rendite verhagelt sah. scheidet man sich vor diesem Hintergrund für eine Wohnung an attraktiver Lage, ist der Kaufpreis heute so hoch, dass nur schon SPEZIALFALL AIRBNB die Bruttorendite kümmerlich ausfällt. Vie- Höhere Renditen als die langfristige Vermietung einer als Investition erworbenen Wohnung verspricht le der neuen Privatinvestoren kaufen sich die Vermietung über digitale Plattformen für Kurzzeitaufenthalte. Paradebeispiel dafür ist Airbnb. Doch zudem nur eine einzige Wohnung und han- wer diesen Weg wählt, geht verschiedene Risiken ein. Da ständig wechselnde Wohnungsnutzer und deln sich ein Klumpenrisiko ein. hotelähnliche Zustände Unruhe in eine STWE-Gemeinschaft bringen, schliessen heute viele STWE-Re- glemente in Neubauten Kurzzeitvermietungen aus. Juristisch noch nicht gefestigt ist der Umgang mit VERMARKTER UND BEWIRTSCHAF- nachträglichen Nutzungsbeschränkungen in bereits bestehenden Reglementen. Womit «Buy to let»-In- TER SIND EBENFALLS BETROFFEN vestoren jedoch auf jeden Fall rechnen müssen, sind regulatorische Einschränkungen durch die Be hörden. Einzelne Schweizer Städte sind bereits aktiv geworden. Der enorme zeitliche Aufwand für Doch was gehen diese Probleme und Risi- Reinigung, Waschen, Gästebetreuung und Administration relativiert die Attraktivität des Kurzzeitver- ken der privaten Investoren die Vermarkter mietungsmodells weiter. und Bewirtschafter von STWE an? Die Ant- wort lautet: sehr viel. Seriöse Vermarkter 12 IMMOBILIA / November 2019
6 Tauchen mit ihren Mietern Probleme auf, sind sie für den STWE-Bewirtschafter und können kaum Interesse daran haben, insta- die anderen Eigentümer der Ansprechpart- bile und von Anfang an problembehaftete ner – und nicht etwa der Mieter. STWE-Gemeinschaften zusammenzustel- Ein klassisches Beispiel für das Kon- len. Dies ist jedoch der Fall, wenn Privatin- fliktpotenzial der neuen Konstellation mit Die anhaltende Niedrigzinssituation vestoren rasch wiederverkaufen oder zur Buy-to-let-Investoren und ihren Mietern lässt vermuten, dass das Buy-to-let-Modell Renditesicherung auf kurzfristige Vermie- ist die Kommunikation innerhalb einer noch länger attraktiv bleibt. Vermarkter tungsmodelle wie Airbnb setzen (siehe Box). STWE-Gemeinschaft. Der Informations- und Bewirtschafter tun gut daran, sich auf Noch stärker betroffen als Vermarkter fluss geht vom Bewirtschafter zu den diese Situation einzustellen und sowohl in sind STWE-Bewirtschafter, weil für die Eigentümern – zum Beispiel, wenn es um der Beratung von Kaufinteressenten als Mietparteien in einer STWE-Gemeinschaft die anstehende Garagenreinigung geht, für auch im Bewirtschaftungsalltag neue Lö- auch das Mietrecht gilt. Dieses kann ihnen die alle Fahrzeuge aus der Garage gefahren sungsansätze zu entwickeln. unter Umständen mehr Rechte zusprechen, werden müssen. Vergisst der Privatinves- als sie die anderen Stockwerkeigentümer tor, dies an seine Mieter weiterzuleiten, haben. Hinzu kommt das nicht zu unter- kann das Reinigungsunternehmen seinen *DANIEL BARBEN schätzende Konfliktpotenzial zwischen Job nicht oder nur unter erschwerten Um- Der Autor ist Stv. CEO der Eigentümern und Mietern im selben Gebäu- ständen ausführen – allseitiger Ärger und Immobiliendienstleisterin CSL de. Was viele Kleininvestoren vergessen: Mehrkosten inklusive. Immobilien AG in Zürich. ANZEIGE Die Immobilien-Software von heute. Für heute und morgen und übermorgen. Unsere beiden innovativen Software-Lösungen sind exakt auf die Bedürfnisse unserer Kunden ausgerichtet – die heutigen und die künftigen. So passt «Hausdata» perfekt für Privat- und Kleinverwaltungen, «Rimo» für Mittel- und Grossverwaltungen. Und damit das auch in Zukunft so bleibt, investieren wir laufend in die Weiterentwicklung unserer Produkte und Dienstleistungen. Urs Rüdlinger, Geschäftsführer eXtenso IT-Services AG eXtenso IT-Services AG Schaffhauserstrasse 110, 8152 Glattbrugg www.extenso.ch Tel. 044 808 71 11, info@extenso.ch
IMMOBILIENWIRTSCHAFT 10 EIGENTÜMERGEMEINSCHAFT Die Installation von Ladestationen für STEIGENDER Elektrofahrzeuge in gemeinschaftli- chen Einstellhallen wird als «nützliche» bauliche Massnahme betrachtet. Da- BEDARF NACH bei sollte die Gemeinschaft einen weit- blickenden Ansatz verfolgen und ein LADESTATIONEN Ladesystem errichten, das einen wachsenden Bedarf abdecken kann. TEXT—NOÉMI BIRO & MICHEL DE ROCHE* TECHNISCHE VORAUSSETZUNGEN In der Schweiz ist Elektromobilität ge- fragter als je zuvor. Gleichzeitig steigt das Bedürfnis nach geeigneten Lademöglichkei- ten. Obwohl das Angebot an öffentlichen La- destationen stetig wächst, sind Benützer von E-Fahrzeugen langfristig darauf angewie- sen, zuhause eine eigene Ladestation zu ha- E-Fahrzeuge – Handlungs- ben. Steht das Fahrzeug dort in einer gemein- wege im schaftlichen Einstellhalle, wie das bei den Stockwerk- meisten Stockwerkeigentümern der Fall ist, eigentum. stellen sich schnell komplexe Rechtsfragen. BILD: 123RF.COM Für das dauerhafte Laden eines Elek trofahrzeuges ist eine gewöhnliche Haus- haltssteckdose ungeeignet. Soll in einer kleinen Gemeinschaft mit nur wenigen Fahrzeugen keine eigenständige Ladestati- on errichtet werden, ist zumindest eine sog. CEE-Industriesteckdose notwendig. Meis- tens müssen solche in Einstellhallen erst noch von einem Elektroinstallateur einge- baut werden. Zudem lässt sich die Überlas- tung des Stromkreises mit einem rudimen- tären Lastmanagementsystem verhindern, das die verfügbare Ladeleistung gleichmäs- sig verteilt. Trotz der damit verbundenen Kosten ist aber nur eine sehr beschränkte Ladeleistung verfügbar, d. h. die Ladezeit ist relativ lange und der Hausanschluss derweil – gerade bei zeitgleicher Ladung die vom Basismodell zu sehr ausgeklügel- nämlich damit zu rechnen, dass immer mehr von mehreren Fahrzeugen – stark belastet. ten Infrastrukturen reicht. Deren Installa- Stockwerkeigentümer eine Ladestation in tion und Benutzung ist mit ebenso variie- Anspruch nehmen werden. NEUE LADEINFRASTRUKTUR renden Einrichtungs- und Betriebskosten Bedarf es einer schnelleren Lademög- verbunden. Dabei sind auch hierzulande in- RECHTSLAGE BEI lichkeit, oder handelt es sich ohnehin um novative Ladesysteme erhältlich, die mit ei- GEMEINSCHAFTLICHEN eine grössere Stockwerkeigentümerge- ner externen Grundinstallation funktionie- EINSTELLHALLEN meinschaft, ist die Installation einer ei- ren. Solche Systeme erlauben die zeitgleiche Tiefgaragen bilden meist eigenständige genständigen Ladestation mit erhöhter Ladung von bis zu 30 Autos, ohne dass die be- Stockwerkeinheiten, die im Miteigentum Stromleistung unabdingbar. Der erwähnte stehenden Hausanschlüsse ausgebaut wer- der jeweiligen Stockwerkeigentümer ste- Überlastungsschutz sowie weitere Siche- den müssen. Je grösser die Stockwerkeigen- hen. Den Stockwerkeigentümern (bzw. den rungsmassnahmen sind darin integriert. tumsgemeinschaft, desto eher ist jedenfalls Stockwerkanteilen) werden im Reglement Die Stromabrechnung zwischen den Benut- ein System zu wählen, welches möglichst lediglich Sondernutzungsrechte an den ein- zern erfolgt mittels einer integrierten Soft- viele Abstellplätze mit Strom versorgen und zelnen Parkplätzen zugeteilt; die Einstell- ware. Mit dieser kann auch der Zugang zur die zeitgleiche Ladung von mehreren Fahr- halle – und damit auch die elektrische Infra- Ladestation auf einen einzelnen oder meh- zeugen sichern kann. Zudem soll es ein Sys- struktur – bleibt stets ein gemeinschaftlicher rere Stockwerkeigentümer beschränkt wer- tem sein, das sich später – bei Bedarf – mit Teil. Sofern reglementarisch nicht anders den. Es besteht inzwischen eine erhebliche relativ geringem Aufwand ausweiten lässt. geregelt, bedürfen bauliche Massnahmen Bandbreite an verfügbaren Ladesystemen, Angesichts der derzeitigen Entwicklung ist daran – sei es für die Installation einer In- dustriesteckdose oder für den Ausbau ei- ANZEIGE ner gesamten Ladeinfrastruktur – der Zu- stimmung der Miteigentümergemeinschaft (MEG). Wird diese nicht eingeholt und das www.visualisierung.ch benötigte Ladesystem eigenständig instal- liert, kann die Gemeinschaft deren sofortige Beseitigung auf Kosten des entsprechenden Eigentümers verlangen. 14 IMMOBILIA / November 2019
Anschlüsse von weiteren Parkfeldern zu ermöglichen. Der Ausbau der elektrotech- POSITION DER FACHKAMMER nischen Gebäudeinfrastruktur bzw. das STOCKWERKEIGENTUM SVIT Einrichten einer ausbaufähigen Grundins- Die Fachkammer Stockwerkeigentum vertritt tallation sind gegenüber einer beantragten klar die Auffassung, dass der Einbau von E-La- destationen in Autoeinstellhallen eine nützliche Einzelerschliessung zumindest langfristig bauliche Massnahme darstellt, welche gemäss vorteilhafter (es sei denn, es werde nur ei- Art. 647d ZGB mit dem qualifzierten Mehr nach ne Übergangslösung mit Blick auf eine oh- Köpfen und Wertquote beschlossen werden nehin anstehende Sanierung gesucht). muss. UMSETZUNGSVARIANTEN Je nach Beschluss der MEG sind bei und können die installierte Ladestation der Umsetzung verschiedene Vorgehens- entweder mieten oder kaufen. Unabhän- weisen denkbar: Ist der antragsstellende gig von der gewählten Variante bleibt je- Miteigentümer bereit, die Kosten für ein denfalls klar, dass der Stromverbrauch der Ladesystem (und nicht nur für einen Ein- Ladestation(en) auf die jeweiligen Strom- zelanschluss) zu übernehmen, kann ihn bezüger zu verteilen ist. die Gemeinschaft zu dessen Installation ermächtigen. Gleichzeitig können sich die SCHLUSSWORT übrigen Miteigentümer das Recht einräu- Bei der Beschlussfassung über die Er- men lassen, das System – unter anteiliger richtung eines Ladesystems muss klar Übernahme der Anschaffungs- bzw. Er- sein, wer, was, wieweit installiert und wer schliessungskosten – später zu benützen, für den Unterhalt verantwortlich ist. Heut- um auch ihr eigenes Parkfeld zu erschlies- zutage gibt es diverse Anbieter, die es auch sen. Alternativ dazu und mit Blick auf die Liegenschaftsverwaltungen ermöglichen, zu erwartende Entwicklung kann die MEG eine Ladeinfrastruktur mit nur minima- beschliessen, dass sie die für ein funkti- lem Aufwand zu betreiben. Alternativ da- onierendes Ladesystem erforderlichen zu kann das Einrichten und der Betrieb der Massnahmen selbst trifft. Hierbei kann Ladeinfrastruktur ausgelagert werden. Auf sie zunächst eine Grundinfrastruktur er- lange Sicht werden Miteigentümer ihre In- BESCHLUSSFASSUNG stellen und den antragstellenden (oder frastruktur wohl nicht nur aus Solidarität Der Einbau einer Ladestation für E- später interessierten) Miteigentümer be- zur Gemeinschaft für die Bedürfnisse der Fahrzeuge muss anlässlich einer Ver- rechtigen, den Endausbau der Ladestati- Elektromobilität anpassen müssen. Viel- sammlung der MEG beantragt werden. on zu seinem Parkplatz auf eigene Kosten mehr ist in diesem Bereich vermehrt mit Sinnvollerweise sind hierzu vorab die vorzunehmen. Möglich ist auch, dass die privat- und öffentlich-rechtlichen Aufla- elektrotechnische Infrastruktur der Gara- MEG jeweils den Endausbau zum Park- gen zu rechnen. So müssen neu erstellte ge sowie mögliche Auswirkungen auf die- feld bei Bedarf selbst vornimmt und diese Autoeinstellhallen in Frankreich seit dem se abzuklären. Obwohl diesbezüglich Ge- Zusatzkosten dann auf den damit begüns- 1. Januar 2017 zwingend mit Ladestationen richtsentscheide noch ausstehen, darf tigten Miteigentümer überwälzt. Gleiches ausgerüstet werden. man davon ausgehen, dass die Installati- gilt für die Unterhalts- und Betriebskosten: on einer Ladestation zwar keine notwen- Entweder sie werden gesamthaft als Ge- dige, aber immerhin eine nützliche bau- meinschaftskosten getragen (und teilwei- liche Massnahme darstellt, die – andere se auf den Endverbraucher überwälzt) oder reglementarische Bestimmungen vorbe- die Gemeinschaft übernimmt diese nur für halten – gemäss Art. 647d ZGB das qualifi- den Grundausbau und der jeweilige Strom- zierte Mehr nach Köpfen und Wertquoten bezüger dann direkt für den Endausbau. *DR. NOÉMI BIRO erfordert. Aufgrund der vielfältigen tech- Schliesslich gibt es die Möglichkeit, eine Die Autorin ist Advokatin bei nischen Möglichkeiten ist mit diesem Be- externe Partnerschaft einzugehen. Diver- Moser de Roche & Partner AG schluss, gleichzeitig die Art des Ladesys- se private wie auch öffentliche Unterneh- in Basel und betreut unter anderem tems sowie die Verantwortung für dessen mungen bieten in diesem Zusammenhang Immobilienkunden. Errichtung und Betrieb möglichst detail- Allround-Pakete an: Die Grundinstallati- liert zu regeln. Auch wenn nur eine Einzel- on sowie die benötigten Einzelanschlüs- *MICHEL DE ROCHE falllösung mit gewöhnlichem Anschluss se werden dabei kostenlos eingerichtet. Der Autor ist Advokat bei Moser de an der Hausverteilungsanlage beantragt Die einzelnen Stockwerkeigentümer be- Roche & Partner AG in Basel und betreut vornehmlich Immobilien- wird, tut eine MEG gut daran, die Einrich- zahlen dem Partner sodann einen einma- kunden. Er ist zudem Präsident der tung eines ganzheitlichen, sog. smarten ligen Anschlusspreis sowie die – allen- Fachkammer Stockwerkeigentum Ladesystems zu prüfen, um später auch falls pauschal erhöhten – Betriebskosten des SVIT. IMMOBILIA / November 2019 15
IMMOBILIENWIRTSCHAFT STOCKWERKEIGENTUM Weihnachtsbeleuchtung wird als FESTBRAUCH störend empfunden oder als festlicher Brauch geschätzt. Dies führt in Stock- ODER STÖRENDES werkeigentümergemeinschaften oft zu Diskussionen. Doch wie hat sich der «BLING-BLING»? Verwalter in diesem Spannungsfeld zu verhalten? TEXT—STEFANIE HAUSMANN* EINLEITUNG Alljährlich schmücken diverse Stockwerkeigentü- mer etwa die gemeinschaftliche Aussenfassade eines Gebäudes und die zu ausschliesslichem Sondernut- zungsrechten ausgewiesenen Gärten mit Weihnachts- beleuchtungen (u. a. beleuchtete Sterne und Lichter- girlanden). Es scheint, als ob die Ideen grenzenlos sind und sich kreative Stockwerkeigentümer ein gegenseiti- ges Wettrüsten liefern. Die rechtlichen Grundlagen zum Stockwerkeigen- tumsrecht lassen auch im Umgang mit festlicher Um- gebungsgestaltung einen erheblichen Handlungsspiel- raum zu. Um das Zusammenleben in der Gemeinschaft gerade in der Advents- und Weihnachtszeit friedlich zu gestalten, dürften aber ohnehin pragmatische Lösungs- ansätze als das sture Einhalten gesetzlicher Vorgaben zielführend sein. Der Verwalter wird automatisch zum Berater, Mediator und Schlichter. Die psychologische und soziale Dimension seiner Tätigkeit nimmt in sol- chen Belangen zu. Doch wie kann er derartige Tätigkei- ten, welche über seine klassischen Aufgaben als Ver- walter hinausgehen, überhaupt erfolgreich bestreiten? RECHTLICHE EINORDNUNG VON WEIH- NACHTSBELEUCHTUNG Der einzelne Stockwerkeigentümer ist grundsätz- lich in der Verwaltung, Benutzung und der baulichen Der Verwalter wird Ausgestaltung seiner eigenen Räume frei, wobei er automatisch zum ROLLE DES VERWALTERS etwa gemeinschaftliche Teile weder beschädigen Berater, Mediator Die rechtliche Beziehung zwischen dem Verwal- noch in ihrer Funktion und äusseren Erscheinung und Schlichter. Die ter und der Stockwerkeigentümergemeinschaft ge- beeinträchtigen darf (Art. 712a Abs. 2 ZGB). psychologische und staltet sich als Dienstleistungsvertrag, wobei sich in Weihnachtsbeleuchtungen bezwecken die Gestal- soziale Dimension der Praxis v. a. der Auftrag sehr gut für die Vertrags seiner Tätigkeit tung eines Gebäudes. Damit beeinträchtigen sie auto- nimmt in solchen beziehung eignet. Dabei legt bereits das Gesetz die matisch das äussere Erscheinungsbild einer Liegen- Belangen zu. Aufgaben des Verwalters in den Grundzügen fest schaft und stellen – je nach Art und Umfang – eine BILD: 123RF.COM (Art. 712s und Art. 712t ZGB). Er ist namentlich für vorübergehende Änderung oder eine bauliche Mass- die Einberufung und Leitung der Stockwerkeigentü- nahme an gemeinschaftlichen Bauteilen dar. Oder merversammlung und für die Umsetzung/Kontrol- anders: Die Stockwerkeigentümerversammlung hat le der gefassten Beschlüsse sowie die Einhaltung des grundsätzlich darüber Beschluss zu fassen. Reglements und der Gesetze verantwortlich. Weiter sind auch die Bestimmungen des öffentli- Beschlüsse werden somit einzig von der Stock- chen Baurechts und des privat-/nachbarschaftsrechtli- werkeigentümerversammlung gefasst. Dem Verwal- chen Immissionsschutzes (Art. 684 ZGB) zu beachten. ter kommt eine rein beratende Funktion zu. Diese be- Das Bundesgericht hat bis anhin einzig die Weihnachts- GIBT DER VER- ratende Funktion setzt aber zwingend eine gewisse beleuchtung unter dem Aspekt der Umweltgesetz WALTER EINE Unabhängigkeit/Neutralität des Verwalters voraus. gebung beurteilt. Gemäss Bundesgericht handelt es WOHLÜBER- Verliert der Verwalter seine Unabhängigkeit, kann er sich dabei um Immissionen, die nicht als unerwünsch- LEGTE EMP- nämlich seine Kontrollfunktion nicht wahrnehmen FEHLUNG AB, te Nebenwirkung einer bestimmten Tätigkeit auftreten (Art. 712s Abs. 3 ZGB) und sich gegenüber den Stock- KANN ER SEI- (bspw. Geruchsimmissionen zufolge Grillieren mit ei- NER FUNKTION werkeigentümern nicht neutral verhalten. Gleichzei- nem Holzkohlegrill), sondern zur Weihnachtstraditi- DENNOCH tig sollte der Verwalter loyal sein, andernfalls er das on gehören. Solche Immissionen als unnötig oder gar VOLLUMFÄNG- Vertrauen der Stockwerkeigentümer nicht wahren als unzulässig zu qualifizieren, würde implizieren, dass LICH GERECHT kann. Gewünscht wäre eine beratende Funktion – die entsprechende Tätigkeit/Tradition generell als un- WERDEN. das ist ein weiter Begriff. Darf und sollte der Verwal- nötig betrachtet wird. Unter Berücksichtigung des öf- ter nun den Stockwerkeigentümern anlässlich einer fentlichen und privaten Interesses ist sie daher nicht Stockwerkeigentümerversammlung am Beispiel der gänzlich zu verbieten, sondern mit einschränkenden Weihnachtsbeleuchtung über den zu fassenden Be- Massnahmen (bspw. durch Einschränkung der Be- schluss eine Empfehlung abgeben, oder tut er gut da- triebszeiten) zu versehen (vgl. BGE 140 II 33, E. 6.2). ran, wenn er sich zurückhaltend verhält? 16 IMMOBILIA / November 2019
22 HANDLUNGSEMPFEHLUNG Der Verwalter sollte darauf achten, dass er die Am Beispiel der Weihnachtsbeleuchtung kann Stockwerkeigentümer in ihrer Willensbildung und er den Stockwerkeigentümern etwa mittels eines in ihrem zu fällenden Beschluss nicht beeinflusst. Vergleichs aufzeigen, dass die Weihnachtsbeleuch- Tut er dies, geht der Stockwerkeigentümerversamm- tung für viele Personen gleichermassen zur Traditi- lung die Vorbereitung der Beschlüsse als offizielles on gehört wie Feuerwerkskörper zum 1. August und Diskussions- und Verhandlungsforum und somit der zum Silvester und dass an deren Erhaltung ein ge- institutionalisierte Austausch zwischen den Stock- wisses öffentliches Interesse besteht und ein gänzli- werkeigentümern verloren. Gleichzeitig verunmög- ches Verbot nicht zielführend ist. Damit werden die licht er den einzelnen Stockwerkeigentümern die befürwortenden Stockwerkeigentümer in ihrer An- individuelle Willensbildung im Hinblick auf den zu sicht bestärkt. Gleichzeitig kann er empfehlen, die fassenden Beschluss. Im Weiteren – und das ist für Verwendung von Weihnachtsbeleuchtung an zeitli- seine weitere Verwaltungstätigkeit entscheidend – che und/oder räumliche Einschränkungen zu binden schwindet dadurch seine Neutralität und Loyalität und diese auf gewisse Zeiten und Orte zu konzentrie- gegenüber den einzelnen Stockwerkeigentümern als ren (bspw. Zulässigkeit von Beleuchtungen ab dem seinem Auftraggeber. Es ist aber auch nicht zielfüh- 1. Advent bis am 26. Dezember jedes Kalenderjahres rend, wenn der Verwalter gerade bei solch von Tra- und nur ab dem Eindunkeln bis um 22 Uhr [Nacht dition geprägten Themen schweigt und sich gänzlich ruhe] sowie im Wohnbereich). So wahrt er seine Neu- der Diskussion unter den Stockwerkeigentümern tralität und Loyalität auch gegenüber Stockwerk entzieht. Dadurch gibt er automatisch die Versamm- eigentümern mit einer ablehnenden Haltung. lungsleitung an dominante Stockwerkeigentümer ab Gibt der Verwalter somit eine wohlüberleg- und zurückhaltende Mitglieder der Gemeinschaft ge- te Empfehlung ab, kann er seiner Funktion den- hen in der Meinungsbildung (vollständig) unter. noch vollumfänglich gerecht werden: Er liefert den Um diesen Aspekten gerecht zu werden, kann nach Stockwerkeigentümern eine Diskussions- und Ver- vorliegender Ansicht der Verwalter trotz seiner rein handlungsbasis und eröffnet einen institutionali- beratenden Funktion eine Empfehlung über den zu fas- sierten Austausch, ohne dabei die individuelle Wil- senden Beschluss abgeben. Dabei hängt aber der Erfolg lensbildung der einzelnen Stockwerkeigentümer zu und die konkrete Wirkung dieser Empfehlung auf die verunmöglichen und/oder die Versammlungsleitung einzelnen Stockwerkeigentümer stark von seinem dip- an Dritte abzugeben. *STEFANIE lomatischen Geschick ab. Das sollte sich der Verwalter HAUSMANN im Voraus unbedingt bewusst sein und ihn zur Vorsicht Die Autorin ist Juris- ermahnen. Wählt er seine Wortwahl aber gezielt, kann LITERATURVERZEICHNIS tin, Immobilienbewirt- er allen Stockwerkeigentümern das Gefühl vermitteln, – WERMELINGER AMÉDÉO, DAS STOCKWERKEIGENTUM, SVIT KOMMENTARE, schafterin mit eidg. FA und Vorstandsmitglied verstanden zu werden, ohne dabei ihre jeweiligen An- 2. AUFL., ZÜRICH/BASEL/GENF 2014 – GROGNUZ PETRA/MARDER KAROLA, IN: WERMELINGER AMÉDÉO, WEITERBILDUNG der Fachkammer sichten und Entscheidungen zu teilen oder sie in ihrer RECHT, LUZERNER TAG DES STOCKWERKEIGENTUMS 2016, 22. NOVEMBER 2016, Stockwerkeigentum Entscheidungsfindung zu manipulieren. BERN 2016 beim SVIT. ANZEIGE VIS U A L I SI ERUN G E N & A N IM A T IONEN VIRTUAL & AUGMENTED REALITY VIS U EL L E K O M M UN IK A T ION & W E BDESIGN Wir sind Ihr Visualisierer für Architektur, Immobilien, Ingenieurwesen und Design. WWW . SW I SSI N T E R A C T IV E .C H INS_SIAG_SVIT_Immobilia_April_2018_188x64_01_210318.indd IMMOBILIA / November 2019 1 21.03.2018 08:53:50 17
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