Rote Karte Aktionäre bremsen Bayer und UBS aus - GoingPublic.de

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                                                                             hv-magazin.de
                                                                             14,– EUR
                                                                      2019

Rote Karte
Aktionäre bremsen Bayer und UBS aus

RECHTLICH BETRACHTET           ARUG II                  DIGITALE HV
Nicht-Entlastungen bei Bayer   Stand bei Gesetzgebung   Aktionärstreffen hinken
und UBS zeigen Parallelen      und Governance-Kodex     Entwicklung hinterher
Rote Karte Aktionäre bremsen Bayer und UBS aus - GoingPublic.de
weil die Prozesse der Versammlungsvorbereitungen
ZERTIFIZIERT
                   und -durchführungen stimmen – bei Haupt-, Gläubiger-
                   und Gesellschafterversammlungen

                   für die Organisation, Terminplanung und -überwachung,
                   das Einladungsmanagement, die Registration und
                   Abstimmungen von Versammlungen

                   weil das Qualitätsmanagement der internen
                   Softwareentwicklung spitze ist

                   weil die Prozesse der Softwareentwicklung mit
                   Anforderungsmanagement, Projektierung, Entwicklung
                   und Testing vorbildlich sind

                   weil die Systeme den Anforderungen der Kunden
                   angepasst werden

                   weil die Prozesse sich über Jahre etabliert und
                   bewährt haben

                   weil es stetige Weiterentwicklungen gab und gibt

   ISO 9001:2015
   =XNşQIWLJXQWHU]LHKWVLFK/LQN0DUNHW6HUYLFHVHLQHPMÃKUOLFKHQ=HUWLð]LHUXQJV$XGLW

                                                    www.linkmarketservices.de
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                                                                                                                                          EDITORIAL
Maßstäbe für Manager
                        THORSTEN SCHÜLLER
                       Redaktionsleitung HV Magazin
                       schueller@goingpublic.de

Es bewegt sich etwas in der deutschen Hauptversammlungsland-          abgestraft, weil sie unzufrieden sind mit dem Kurs der politisch
schaft. Die Misstrauensvoten der Investoren gegen die Vorstände       Herrschenden und sie die Sorge um den Fortbestand unseres
von Bayer und der Schweizer Großbank UBS zeigen, dass Abstim-         Planeten umtreibt. Wer meint, diese Personengruppen nicht ernst
mungsergebnisse nahe der 100% keine Garantie mehr sind: Haben         nehmen zu müssen, wird derzeit eines Besseren belehrt.
Vorstand beziehungsweise Aufsichtsrat aus Sicht der Aktionäre
den falschen Kurs eingeschlagen, erteilen die Anteilseigner eine      Viele haben erkannt, was wichtig und nötig ist. Das gilt auch für
schmerzhafte Abmahnung.                                               Aktionäre. Die wahre Bedeutung des Begriffes Corporate Gover-
                                                                      nance, der guten Unternehmensführung, kommt damit immer
Unternehmenslenker agieren nicht im luftleeren Raum. Sie sind         mehr zum Vorschein. Er meint, aufrichtig, ehrlich und nachhaltig
zwar in erster Linie ihrer Firma verpflichtet, aber eben nicht nur.   im Sinne von Unternehmen und Umwelt zu handeln. Bayer, UBS
Unternehmen sind auch Teil unserer Gesellschaft. Sie haben Ein-       und auch die Deutsche Bank zeigen deutlich, welche Maßstäbe
fluss auf die Allgemeinheit, wie auch umgekehrt. Daran müssen         heute für Manager gelten.
sich Manager orientieren. Daran müssen sie sich messen lassen.
                                                                      Ihr
Natürlich geht es für Unternehmen um Umsatz, Gewinn, Aktien-
kurs und Dividende. Es geht heutzutage aber auch um Aufrichtig-
keit, Transparenz und Nachhaltigkeit. Es geht, wie der Fall Bayer
zeigt, auch um Image. Vorstände, die das nicht verstehen, werden
es auf Hauptversammlungen künftig schwer haben.
                                                                      P.S.: Wir würden uns freuen, Sie auch persönlich bei unserem
Tausende junger Menschen gehen seit Monaten in vielen Ländern         Eventformat „HV DIALOG“ zu treffen.
der Welt freitags auf die Straßen, um für ihre Zukunft zu kämpfen.    12.6. in Düsseldorf, 8.10. in Berlin und am 10.12. in München!
Millionen haben die etablierten Parteien bei der jüngsten EU-Wahl     Info auf Seite 25.

                                                                                                                    HV MAGAZIN 02/2019
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INHALT

         INHALT
                                 MATTHIAS                                       GUDRUN                                         MARCUS
                                 SCHÜPPEN                                       MOLL                                           LIPPERT
                                 Graf Kanitz,                                   Pinsent Masons                                 Adeus
                                 Schüppen &                                     Germany
                                 Partner

         In zeitlicher Nähe und mit bemerkens-          Parallel zum laufenden Gesetzgebungsver-      Die Hauptversammlung wird oft als Pflicht-
         wert ähnlichen Ergebnissen verweigerten        fahren zu ARUG II hat die Regierungskom-      veranstaltung und formalisiertes Aufein-
         die Hauptversammlungen von Bayer und           mission Deutscher Corporate Governance        andertreffen der Organe einer Gesellschaft
         der UBS dem Vorstand beziehungsweise           Kodex eine Neufassung des Kodex verab-        wahrgenommen. Viele Faktoren sind für die
         dem Verwaltungsrat und der Konzernlei-         schiedet. Börsennotierte Unternehmen soll-    sinkenden Teilnehmerzahlen verantwort-
         tung die Entlastung. In beiden Fällen waren    ten einen Blick darauf werfen, ob sich ins-   lich. Das liegt unter anderem daran, dass die
         Rechtsstreitigkeiten ausschlaggebend. Eine     besondere bei der Vergütung des Vorstands     Aktionärstreffen den technischen Entwick-
         Betrachtung der Abstimmungsergebnisse          wie auch bei der Einladung zur Hauptver-      lungen zehn Jahre hinterherhinken. Muss
         unter rechtlichen Gesichtspunkten.             sammlung wichtige Änderungen ergeben.         das sein? Ein Blick auf die digitalen Mög-
                                      Seiten 16–17                                   Seiten 18–19     lichkeiten.                   Seiten 22–23

                                                                                                                                              !
         03 Editorial                                   HV-Praxis                                     Austria Corner                    NEU
         06 Daten & Fakten
         08 HV-Max – Die Kolumne                        18 Regierungsentwurf und                      28 Unternehmen dürfen sich über
            Rote Karte für die Verwaltung                  Kodex im Duett                                maßvolle Umsetzung freuen
                                                           „Say on Pay“ im Licht von ARUG II             Neue EU-Aktionärsrechterichtlinie
         Titelthema                                        Gudrun Moll,                                  in Österreich
                                                            Pinsent Masons Germany                       RA Mag. Gernot Wilfling,
         10 Aufstand der Aktionäre                      20 Der deutsche Markt hat                        Müller Partner Rechtsanwälte
         14 Die Fragen werden unbequemer                   Nachholbedarf
            Interview                                      Vergütungssysteme in Europa                Legal
            Daniel Bauer,                                  Matthias Nau,
            SdK Schutzgemeinschaft                         Georgeson                                  30 Aktuelle HV-Urteile
            der Kapitalanleger                             Christof Schwab,                              Kommentiert von Dr. Thomas Zwissler,
         16 Die Nicht-Entlastungen aus                     Computershare                                 Zirngibl Rechtsanwälte Partnerschaft
            rechtlicher Perspektive                     22 Die Hauptversammlung sucht den
            Bayer und UBS                                  digitalen Anschluss                        HV-Splitter
            Matthias Schüppen,                             Technologischer Wandel
            Graf Kanitz,                                   Marcus Lippert,                            32 Ausgewählte Hauptversammlungen
            Schüppen & Partner                             ADEUS Aktienregister-Service                  Rückblick, Ausblick,
                                                        24 Der Touch der Technik                         Tipps & Spezialitäten
                                                           Conference Center im Haus der
                                                           Bayerischen Wirtschaft                     Standpunkt
                                                        26 Die Organisation
                                                           Prime-Standard-fähig machen                34 Wann kommt die Revolution?
                                                           Interview                                     Hauptversammlungsanmeldung 2030
                                                           Fabian Brügmann,                              Bernhard Orlik,
         HV DIALOG – Das HV Magazin Netzwerktreffen        Creditshelf                                   Link Market Services
         Mit unserer Eventreihe „HV DIALOG“ wollen                                                    33 HV-Kalender
         wir ab sofort 4x jährlich eine persönliche                                                   33 Impressum
         Diskussionsplattform bieten.
         Unter dem Motto „Austausch. Netzwerk.
         Zukunft.“ laden wir Sie am 12. Juni um
         18 Uhr herzlich in die Börse Düsseldorf ein.          Liebe Leser, dieses Symbol weist                Das komplette Heft ist
         Anmeldung:                                            Sie auf zusätzlichen Inhalt im                  als E-Magazin online abrufbar:
         www.en.xing-events.com/HV_Dialog_2_2019               Internet hin.                                   www.goingpublic.de/emagazine-archiv

         HV MAGAZIN 02/2019
Rote Karte Aktionäre bremsen Bayer und UBS aus - GoingPublic.de
(E-)MAGAZIN – ONLINE – EVENT – NETZWERK

                                                                          02
                                                                          2019
                                                                                      hv-magazin.de
                                                                                      14,– EUR

Rote Karte
Aktionäre bremsen Bayer und UBS aus

RECHTLICH BETRACHTET           ARUG II                  DIGITALE HV
Nicht-Entlastungen bei Bayer   Stand bei Gesetzgebung   Aktionärst
                                                        Aktionärstreffen
                                                                 sttrreff
                                                                     reeef
                                                                        eff
                                                                         fffen hinken
                                                                                hiin
                                                                                hin
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                                                                                      eenn
und UBS zeigen Parallelen      und Governance-Kodex     Entwickl
                                                              klu
                                                              kl
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                                                        Entwicklung      hhinterher
                                                                            innte
                                                                               terrhher
                                                                               terh  er

                                                                                                                              Jahrespartner 2019
                                                                                                      Jahrespartner im Netz: www.goingpublic.de/jahrespartner-hvmagazin
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06
DATEN & FAKTEN

                 NEWS
                 Dividendenstudie: 2019 weiterer Rekordjahrgang                                    Anteilseigner weiter, im Vorjahr seien es noch 42% gewesen. Offenbar
                                                                                                   bauten die Unternehmen mit Sicht auf schlechtere Zeiten lieber ein
                 Der Dividendenjahrgang 2019 wird nach Angaben der Deutschen                       Finanzpolster auf, statt ihre Aktionäre angemessen am Gewinn
                 Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) als weiterer Rekord-                 zu beteiligen. Vor diesem Hintergrund könnte das Jahr 2019
                 jahrgang in die Geschichte eingehen: Insgesamt über 57 Mrd. EUR                   vorerst das letzte Dividendenrekordjahr gewesen sein, so die DSW.
                 werden deutsche Aktiengesellschaften an ihre Anteilseigner aus-
                 schütten. Damit werde die Rekordsumme des vergangenen Jahres                      Nachhaltigkeitsberichte: Verschwendung von
                 nochmals deutlich übertroffen.                                                    Ressourcen
                 Mit rund 3,8 Mrd. EUR habe die Allianz sich auf den ersten Rang                   Die bisherige Nachhaltigkeitsberichterstattung ist eine Verschwen-
                 der Dividendenzahler geschoben. Der Versicherungskonzern                          dung von Ressourcen – das ist nach einem Bericht von Frankfurt
                 schüttet 12,5% mehr aus als im Vorjahr. Um 11% nach unten, auf                    Main Finance, einer Initiative des Finanzplatzes Frankfurt und
                 knapp 3,5 Mrd. EUR, ging es dagegen für Vorjahresprimus Daimler.                  der Eurozone, das Ergebnis einer Konferenz zu Corporate Gover-
                 Rang drei belegt mit gut 3,3 Mrd. EUR, was einem Plus von 7,7%                    nance und Gesellschaftsrecht des Deutschen Aktieninstituts.
                 gegenüber dem Vorjahr entspricht, die Deutsche Telekom.                           Demnach werden die bisher üblichen Nachhaltigkeitsberichte,
                                                                                                   die seit zwei Jahren für bestimmte große Unternehmen zur
                 Die robuste Verfassung der deutschen Wirtschaft im vergangenen                    Pflichtberichterstattung gehören, als „nutzlos und Verschwendung
                 Jahr sei eindeutig eine gute Nachricht gewesen, so die DSW. Aller-                von Ressourcen“ betrachtet. Insbesondere dicke Reports böten
                 dings würden sich die wirtschaftlichen Rahmendaten zusehends                      zu viel Raum, die wirklich ausschlaggebenden Informationen darin
                 verschlechtern. Das zeige sich auch in einer Eintrübung der Erwar-                zu verstecken.
                 tungen für die Entwicklung der durchschnittlichen Ausschüttungs-
                 quote. Die in den Auswahlindizes notierten Aktiengesellschaften                   Investoren könnten oft nicht einschätzen, ob die Nachhaltig-
                 gäben durchschnittlich gerade einmal 40% ihres Gewinns an ihre                    keitsbemühungen von Unternehmen auf lange Sicht angelegt

                 MEHR ALS 57 MRD. EUR FÜR AKTIONÄRE
                 DIVIDENDENSUMME NACH MARKTSEGMENTEN 2003 – 2019

                    Das Ausschüttungsvolumen am deutschen Aktienmarkt stieg zuletzt auf über 57 Mrd. EUR – ein neuer Rekord. Das 6,6%ige Plus gegenüber 2018 ging
                    zwar zur Hälfte auf das Konto von Neuemissionen und Großfusionen. Dennoch erreichten DAX, MDAX und SDAX neue Bestmarken, anders als die Nebenwerte.

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                          2003       2004   2005    2006       2007   2008    2009     2010    2011     2012     2013    2014     2015     2016     2017    2018     2019
                               DAX          MDAX             SDAX       TecDAX           Nebenwerte

                          Dividendensumme nach Marktsegmenten 2003–2019

                 Quelle: Dividendenstudie Deutschland 2019

                 HV MAGAZIN 02/2019
Rote Karte Aktionäre bremsen Bayer und UBS aus - GoingPublic.de
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                                                                                                                                                        DATEN & FAKTEN
oder eher kurzfristiger Natur sind. Letztlich sollte die regelmäßige                Auch dem Thema Nachhaltigkeit will die SdK künftig einen hohen
sorgfältige Prüfung des wirtschaftlichen Handelns auf Menschen-                     Stellenwert einräumen. Zudem müsse sich das zu beurteilende
rechts- und Umweltaspekte ein integraler Bestandteil der Nach-                      Unternehmen an seinen wesentlichen Mitwettbewerbern messen
haltigkeitsstrategie sowie guter Corporate Governance und damit                     lassen. Die Qualität der Überwachungstätigkeit der einzelnen
selbstverständlich sein, so Frankfurt Main Finance. Zudem wünsch-                   Aufsichtsratsmitglieder soll künftig auch anhand der Sitzungs-
ten sich vielfach Aufsichtsratsmitglieder, die dem Vorstand auch in                 teilnahmequote gemessen werde. Zudem sollte ein Aufsichts-
puncto Nachhaltigkeit beratend zur Seite stehen, die Definition                     ratsmitglied nicht länger als 15 Jahre im Amt sein.
verlässlicher Kriterien, die die Entwicklung eines Unternehmens
innerhalb der Vergleichsgruppe, aber auch über die eigene Industrie                 Vanguard will „Overboarding“ vermeiden
hinweg vergleichbar machen.
                                                                                    Die Fondsgesellschaft Vanguard, die auch als Stimmrechtsvertreter
SdK passt Abstimmungsrichtlinien zur Haupt-                                         auftritt, hat ihre Abstimmungsrichtlinien ebenfalls angepasst.
versammlungssaison 2019 an                                                          Die Änderungen betreffen vor allem die Zusammensetzung und
                                                                                    Effektivität des Vorstands, Strategien und Risiken, Vergütung und
Zur Hauptversammlungssaison 2019 hat die SdK Schutzgemein-                          Führungsstrukturen. Einen verschärften Blick werfen die Vertreter
schaft der Kapitalanleger ihre Abstimmungsrichtlinien angepasst.                    des Unternehmens insbesondere auf Aufsichtsratsvorsitzende,
Nach Angaben der Organisation betrafen die Änderungen im                            die auch im Kontrollgremium anderer Unternehmen sitzen. Vanguard
Wesentlichen Vorgaben zu den Entlastungsbeschlüssen des                             will durch verschärfte Abstimmungsrichtlinien ein „Overboarding“
Vorstandes sowie des Aufsichtsrates. So würden Änderungen                           vermeiden.
bei der Börsennotierung (Downgrading/Delisting) dem Trans-
parenzgedanken diametral widersprechen. Daher würden zu-                            Party am M&A-Markt vorbei
künftig Vorstand und Aufsichtsrat „konsequent nicht entlastet“,
wenn im zugrunde liegenden Geschäftsjahr eine Änderung der                          Jahrelang jagte am deutschen Markt für Mergers & Acquisitions
Börsennotierung erfolgte.                                                           (M&A, Fusionen und Übernahmen) ein Mega-Deal den nächsten.

ZEW-ZEPHYR M&A-INDEX DEUTSCHLAND: ZAHL DER ÜBERNAHMEN LEICHT RÜCKLÄUFIG
 Nachdem der gleitende Zwölfmonatsdurchschnitt bis August 2018 leicht auf 116 Punkte angestiegen ist,
 gibt der Wert seither wieder nach und stand im Januar 2019 bei nur noch 109 Punkten.

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        2005       2006      2007      2008    2009       2010       2011        2012   2013    2014     2015    2016     2017    2018     2019

               M&A-Index Deutschland          gleitender Durchschnitt (Monate)

Quelle: ZEW

                                                                                                                                   HV MAGAZIN 02/2019
Rote Karte Aktionäre bremsen Bayer und UBS aus - GoingPublic.de
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DATEN & FAKTEN

                 NEWS
                 Aktuell sind die M&A-Chefs deutscher Unternehmen zwar weiter an            die Konkurrenz, sowohl um Ziele in Deutschland und Europa als
                 Akquisitionen interessiert, jedoch längst nicht mehr bereit, dafür jeden   auch im außereuropäischen Ausland. Eine Folge: Unterneh-
                 Preis zu zahlen. M&A-Berater würden sich daher auf eine Durststrecke       men müssten mehr Zeit auf die Suche nach attraktiven Targets
                 beim Dealflow einstellen. Das ist das Ergebnis des ersten M&A-Panels       verwenden.
                 in diesem Jahr, für das die Wirtschaftskanzlei CMS und das Magazin
                 FINANCE leitende Mitarbeiter aus M&A-Abteilungen befragt haben.            Das Mannheimer ZEW – Zentrum für Europäische Wirtschafts-
                                                                                            forschung hat seinerseits ermittelt, dass die Zahl der Übernah-
                 Der These, dass in vielen Branchen derzeit überhöhte Preise ge-            men und Fusionen mit deutscher Beteiligung im vergangenen
                 zahlt werden, stimmten die Befragten mit einem Wert von 8,38 zu            halben Jahr etwas zurückgegangen ist. Vor allem im vierten
                 (zehn = vollkommene Zustimmung). Außerdem würden derzeit                   Quartal 2018 seien nur geringe Werte verzeichnet worden.
                 unterschiedliche Bewertungen der Targets durch Käufer und Ver-
                 käufer sowie außergewöhnlich langwierige Verhandlungen Hemm-               Nachhaltige Investments zunehmend wichtig
                 nisse für Transaktionen darstellen.
                                                                                            Nachhaltige Investments sind für Anleger zunehmend wichtig.
                 Trotz weiterhin hoher Preise würden sich die M&A-Verantwortlichen          Das geht aus einem aktuellen Bericht des Investmenthauses
                 in den Unternehmen auf einer Skala von eins (eindeutig Verkäufer)          Neuberger Berman hervor. Demnach wollte ein Drittel der institutionel-
                 bis zehn (eindeutig Käufer) mit einem Wert von 8,05 klar auf der           len Investoren im vergangenen Jahr wissen, wie Umwelt-, Sozial-, und
                 Käuferseite positionieren. Außerdem gingen sie mehrheitlich davon          Governance-Faktoren in den Anlageprozess ihrer Portfolios integriert
                 aus, dass auch die Finanzierung großer Übernahmen für sie umsetz-          werden. Neuberger Berman nutze diese Faktoren bei knapp 60%
                 bar wäre. Die hohe Finanzkraft der Marktteilnehmer befeuere auch           des gesamten verwalteten Vermögens zur Risikoprüfung.

                  HV-MAX                                            wir ja zur Genüge, wenn man mit dem Ma-         werden auf ein „Wie dann?“. Und diese

                  DIE KOLUMNE                                       nagement nicht zufrieden ist. Siemens und
                                                                    die Deutsche Bank können ein Lied davon
                                                                    singen. Aber dass den Worten auch Taten
                                                                                                                    Antworten bleiben meine (kleinen und
                                                                                                                    großen) Mitaktionäre meist schuldig.

                  Rote Karte für die                                folgen, dazu musste erst einmal die Haupt-          Dennoch war es nötig, dass die Inves-
                  Verwaltung                                        versammlung der Bayer AG dieses                         toren mal einen Denkzettel
                                                                    Jahr stattfinden.                                             verpasst haben. Scheitern
                  Ja, was war denn das? Sie haben doch                                                                              gehört zu einer Unter-
                  bestimmt auch mitbekommen, was der-               Wie soll es jetzt                                               nehmerkultur ebenso
                  zeit auf den HVs abgeht, oder? Kommt              weitergehen?                                                  dazu wie große Erfolge.
                  jetzt die Zeit des kleinen Mannes, haben          Ich meine, nicht                                             Insofern sollte die Rote
                  jetzt auch endlich die Institutionellen           nur die Bayer-                                                Karte als Chance begrif-
                  mitbekommen, dass es so nicht weiter-             Vorstände hät-                                                  fen werden, auch in
                  gehen kann? Dass die da oben nur an               ten eine derartige Rote                                           Deutschland zu einer
                  sich selber, nicht aber an das Wohl unserer       Karte verdient. Mir fallen                                         Aktionärskultur zu
                  Aktiengesellschaften denken?                      unzählige weitere sogenann-                                        kommen, in der Ma-
                                                                    te Spitzenmanager großer und                                      nagement und Inves-
                  Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen ging, aber        kleiner AGs ein. Aber sollen wir                               toren miteinander das
                  ich bin jedenfalls umgefallen, als der            denen allen das Vertrauen ent-                               Beste aus der Gesell-
                  Bayer-Vorstand auf einmal keine Entlas-           ziehen? Nein, denn zu sagen „So                             schaft herausholen wollen.
                  tung bekommen hat. Unmutsäußerungen               nicht!“ ist einfach. Vielmehr                               Und das sind nicht immer
                  von institutionellen Investoren kennen            müssen Antworten gegeben                                    nur kurzfristige Gewinne.

                 HV MAGAZIN 02/2019
Rote Karte Aktionäre bremsen Bayer und UBS aus - GoingPublic.de
Praxisbuch
Aufsichtsratsarbeit
Aufsichtsräte von Banken sind in einer hochgradig regulierten
Branche tätig und müssen eine Vielzahl von rechtlichen Vorschriften
berücksichtigen. Insbesondere aufsichtsrechtliche und handelsrecht-
liche Anforderungen bestimmen neben den gesellschaftsrechtlichen
Rahmenbedingungen die Tätigkeit in den Aufsichtsorganen. Das Buch
beleuchtet die Herausforderungen, zeigt, welche Folgen die unzurei-
chende Wahrnehmung der Aufsichtsratsaufgaben haben können und
unterstützt mit praktischen Arbeitshilfen und Checklisten bei der
professionellen Aufsichtsratsarbeit.

                                                          • Unterstützung bei der Vor- und Nach-
                                                            bereitung von Aufsichtsratssitzungen
                                                          • Mit mehrjährigem Überwachungsplan
                                                            des Aufsichtsrats
                                                          • Mit Arbeitshilfen und Checklisten -
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                                                            Jahresplan Aufsichtsrat
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                                                            Genossenschaftsbanken, Sparkassen
                                                            und Privatbanken
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                                                            ISBN 978-3-7910-4430-9

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Rote Karte Aktionäre bremsen Bayer und UBS aus - GoingPublic.de
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TITELTHEMA

                                                                                               Aufstand
                                                                                               der Aktionäre

                                                                                                         Foto: © Africa Studio, archiwiz – stock.adobe.com

             Erst Bayer, dann die schweizerische UBS: Gleich zwei Führungsgremien großer Unternehmen
             wurde in der Hauptversammlungssaison 2019 von den Aktionären die Entlastung verweigert –
             wenn auch unter unterschiedlichen Vorzeichen. Die Ereignisse zeigen, dass Investoren den
             Unternehmenschefs zunehmend auf die Finger schauen. Die Aktionärstreffen entwickeln
             sich zu lebendigen Dialogforen mit aktiver Mitbestimmung.

             Aktionärsrevolte. Debakel. Ohrfeige für      deutsche Hauptversammlungslandschaft         gebracht: Gerade mal knapp 45% der Aktio-
             Vorstand und Aufsichtsrat. Beispielloser     ungewohnt.                                   näre entlasteten den von Werner Baumann
             Akt in der Geschichte der deutschen Wirt-                                                 angeführten Vorstand, 55,52% stimmten
             schaft: Die Wortwahl, mit der das Ergebnis   Was war passiert? Die Anteilseigner hatten   dagegen. Auch der Aufsichtsrat mit seinem
             der Hauptversammlung von Bayer am            am späten Abend ihr Missfallen an der        Vorsitzenden Werner Wenning erhielt eine
             26. April wiedergegeben wurde, war dras-     Politik von Vorstand und Aufsichtsrat mit    klare Abmahnung – lediglich 66% stimmten
             tisch und für die zustimmungsverwöhnte       einem glasklaren Votum zum Ausdruck          einer Entlastung zu.

             HV MAGAZIN 02/2019
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                                                                                                                                                                                   TITELTHEMA
Enthaltungen nicht mitgezählt                   dauerte Jahre, bis Bayer wieder im Klub         Indirekte Gefahr für Vorstand
                                                der Größeren mitreden konnte.
Je nach Lesart fällt das Ergebnis noch                                                          Auch wenn die Nicht-Entlastung des Manage-
desaströser aus, so das Beratungsunter-         Monsanto-Übernahme:                             ments in Deutschland keine rechtlichen
nehmen Peter Barkow. Bei der zugrunde           schmerzhafte Folgen                             Konsequenzen hat, kann kein Firmenboss
liegenden Abstimmungsarithmetik seien                                                           an einem solchen Votum vorbei. Klar ist:
nämlich nur die abgegebenen Ja- und             Für die Aktionäre waren die Folgen der          Hier läuft etwas gehörig schief. Im Übrigen
Nein-Stimmen gezählt worden, nicht aber         Übernahme schmerzhaft: Bayers Aktienkurs        droht indirekt Gefahr, denn die Hauptver-
die Enthaltungen. Diese Zählweise sei           war binnen eines Jahres um etwa 40%             sammlung stimmt über die Besetzung des
zwar legal, werde aber dann fragwürdig,         eingebrochen. Das ließ im Saal „New York“       Aufsichtsrates ab. Der wiederum bestimmt
wenn die Zahl der Enthaltungen mehr als         des World Conference Center Bonn kaum           den Vorstand. Dementsprechend können
nur eine Marginalie sei. Genau dies sei bei     einen Anteilseigner ruhig. Da half es auch      schnell auch die Stühle der Top-Manager
der Bayer-HV in auffällig großem Umfang         nicht, wenn Konzernchef Baumann von             wackeln. Aufsichtsratschef Wenning teilte
allein bei Tagesordnungspunkt (TOP) zwei        einer „übertriebenen Kursreaktion“ sprach,      nach einer eilig einberaumten Krisensit-
(Entlastung Vorstand) und drei (Entlastung      die nicht den wahren Wert des Unternehmens      zung zwar mit, dass die Kontrolleure das
Aufsichtsrat) der Fall gewesen.                 widerspiegele.                                  Abstimmungsergebnis der Hauptversamm-
                                                                                                lung „sehr ernst“ nähmen; am Ende sprach
Laut Barkow wird die Stimmenthaltung            Marc Tümmler, Geschäftsführer der Deut-         das Gremium dem Vorstand dennoch das
besonders von institutionellen Investoren       schen Schutzvereinigung für Wertpapier-         Vertrauen aus.
aus „taktischen“ Gründen häufig als verklau-    besitz, bezeichnete den Wertverlust als
sulierte Nein-Stimme eingesetzt. Wer wolle      „Albträume“. Die Eigentümer hätten              Kritischer äußerte sich die Verbraucher-
schon immer auf Konfrontation zumal zu          durch die Übernahme rund 40 Mrd. EUR            schutzorganisation SumOfUs. Die „Abstim-
seinesgleichen gehen, geschweige denn           verloren, weitere 15 Mrd. EUR drohten           mung zeigt, dass der Stern des Bayer-CEO
sein eigenes Investment schlechtreden?          durch die US-Klagen. Dazu kämen hohe            zu sinken beginnt“, erklärte Kampagnen-
Addiere man vor diesem Hintergrund die          Reputationsschäden für das Unterneh-            managerin Anne Isakowitsch. Baumanns
Enthaltungen den Nein-Stimmen hinzu,            men. Der üppige Bonus des Bayer-Chefs           „rücksichtsloses Streben nach Profit“ werde
falle die darin ausgedrückte Missbilligung      sei angesichts dieser Entwicklungen völlig      „immer mehr Aktionären unangenehm“.
der Performance von Vorstand und Aufsichts-     deplatziert.                                    Die Tageszeitung taz sprach sich in einem
rat mit (bereinigten) 61,58% und 42,83%                                                         Kommentar dafür aus, dass die Konzern-
nochmals deutlich höher aus als zuvor.          Die Investoren quittierten all dies mit einer   führung abdanken sollte.
                                                schmerzhaften und einmaligen Ohrfeige.
Es war die Entscheidung des Bayer-Manage-       Die Vorstände der deutschen DAX-Unter-          Druck auf die Deutsche Bank
ments, für 63 Mrd. USD den US-Glyphosat­        nehmen waren bislang Zustimmungs-
hersteller Monsanto zu kaufen, die das          quoten von weit über 90% gewohnt. Eine          Wenngleich kein Management eines DAX-
Fass zum Überlaufen gebracht hatte. Die         Quote unterhalb von 50% ist da ein unüber-      Unternehmens bislang so drastisch abge-
Reputation des Unternehmens ist mies,           hörbarer Warnschuss und reputations-            straft worden ist wie das von Bayer, haben
die möglicherweise krebserzeugende              schädigend.                                     Aktionäre auch in anderen Fällen bereits
Wirkung des Pflanzenvernichtungsmittels
Roundup könnte in den USA zu hohen
Schadenersatzforderungen führen, die den
Konzern in seinen Grundfesten erschüttern.

Eigentlich hätte der Leverkusener Industrie-
riese gewarnt sein sollen, denn vor 18 Jahren
                                                                                                                                              Foto: © AMZphoto – stock.adobe.com

erlebte der Konzern schon einmal, was es
bedeutet, in den Griff der US-Justiz zu ge-
raten. Damals musste Bayer den Choleste-
rinsenker Lipobay wegen gefährlicher
Nebenwirkungen vom Markt nehmen. Der
Konzern ist an den finanziellen Belastun-
gen fast zerbrochen, das Pharmageschäft
schrumpfte auf Regionalliganiveau. Es

                                                                                                                        HV MAGAZIN 02/2019
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TITELTHEMA

             ihren Unmut ausgedrückt. So votierten auf
             der Hauptversammlung der Deutschen
             Bank im Mai 2015 gut 39% der Stimmbe-        „Der Aufsichtsrat nimmt dieses
             rechtigten gegen die Entlastung des
             Vorstands unter Anshu Jain und Jürgen
             Fitschen. Wenig später kündigten beide
                                                            Votum sehr ernst.“
             ihren Rückzug an.                                                  (Werner Wenning, Aufsichtsratsvorsitzender von Bayer)
             Auch die jüngste Hauptversammlung des
             Geldinstitutes am 23. Mai verlief erneut
             turbulent. Der US-Stimmrechtsberater Glass
             Lewis hatte den Aktionären bereits im        behörden vorbei in der Schweiz zu verste-      einem späteren Zeitpunkt gegen Verant-
             Vorfeld empfohlen, gegen die Entlastung      cken. Die Bank bestreitet die Vorwürfe und     wortliche der Bank eine Klage einreichen
             von Vorstand und Aufsichtsrat zu stim-       hat Berufung eingelegt. Angesichts der         wollen.
             men. Die deutsche Glass-Lewis-Tochter Ivox   drohenden Milliardenstrafe musste UBS
             hatte den Anlegern geraten, die Entlastung   etwa 450 Mio. EUR für Prozessrisiken zu-       Ähnlich verhielt es sich bei der Hauptver-
             „mindestens kritisch“ zu hinterfragen; die   rückstellen.                                   sammlung des Mannheimer Industrie-
             Stimmrechtsberater kritisierten insbeson-                                                   dienstleisters Bilfinger im Jahr 2018. Damals
             dere den Aufsichtsrat wegen der Gehalts-     Wie in anderen Fällen auch spielten bei        empfahlen der amtierende Vorstand und
             politik und der Personalrochaden im Vor-     der UBS-Hauptversammlung einflussreiche        Aufsichtsrat, früheren Vorstandsmitglie-
             stand.                                       Aktionärsberater eine wichtige Rolle. Im       dern die Entlastung zu verweigern, um
                                                          Vorfeld hatte ISS ebenso wie der Schwei-       sich mögliche juristische Schritte offenzu-
             Ein klares Signal sendeten die Aktionäre     zer Berater Ethos seinen Kunden geraten,       halten. Hintergrund waren mögliche
             auch auf der Hauptversammlung des Soft-      die Führung nicht zu entlasten. Die Experten   Pflichtverletzungen der Vorstände zwi-
             warekonzerns SAP im Mai 2017. Damals         von Glass Lewis empfahlen den Eignern,         schen 2006 und 2016. Tatsächlich
             wurde der Aufsichtsrat nur hauchdünn mit     sich in diesem Punkt der Stimme zu ent-        stimmten die Anteilseigner mit jeweils
             etwas über 50% entlastet. Grund für die      halten. Fachleute weisen darauf hin, dass      mehr als 99% gegen die Entlastung der
             Verärgerung war die mangelnde Transparenz    der Hintergrund für die kritische Haltung      ehemaligen Manager.
             bei der Vergütung der Managerboni.           der Stimmrechtsberater, an deren Empfeh-
                                                          lungen sich viele Großinvestoren halten,       Aktionäre wollen mitreden
             UBS und Bilfinger: taktisches                ein rechtlicher gewesen sein dürfte: Wenn
             Vorgehen                                     Aktionäre dem Management die Entlas-           Die jüngsten Ereignisse machen deutlich,
                                                          tung verweigern, können sie damit ihre         dass die Aktionäre nicht mehr alles schlu-
             Einen Schuss vor den Bug erhielt im Früh-    juristischen Ansprüche wahren, falls sie zu    cken. Vorbei sind die Zeiten, in denen sich
             jahr 2019 auch das Management der
             Schweizer Großbank UBS. Auf der Haupt-
             versammlung stimmten die Aktionäre am
             2. Mai mit mehr als 58% gegen die Entlas-
             tung der gesamten Führungsmannschaft,
             geleitet von Vorstandschef Sergio Ermotti
             sowie dem Verwaltungsratspräsidenten
             und ehe­maligen Bundesbankpräsidenten
             Axel Weber.

             Der Hauptgrund für das angespannte Ver-
             hältnis von Bankführung und Aktionären
             ist ein französisches Gerichtsurteil vom
             Februar 2019: Die Richter hatten die Bank
                                                                                                                                                         Foto: © Bilfinger SE

             wegen Steuerhinterziehung zur Zahlung
             von 4,5 Mrd. EUR verurteilt. UBS soll vor
             Jahren ihren Kunden geholfen haben, deren
             Vermögen an den französischen Steuer­

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                                                                                                                                                                                          TITELTHEMA
                                                                                                                                            schaften jedoch an jene Unternehmen
                                                                                                                                            gebunden, die sich im Index befinden, ob
                                                                                                                                            ihnen das gefällt oder nicht. Bayer bei-
                                                                                                                                            spielsweise ist im DAX mit 5,7% gewichtet.
                                                                                                                                            Wer diesen Index abbildet, investiert damit
                                                                                                                                            unweigerlich auch 5,7% des Fondskapitals
                                                                                                                                            in Papiere der Leverkusener.

                                                                                                                                            Mit dem neuen Selbstbewusstsein der
                                                                                                                                            Aktionäre werden auch Stimmen laut, ihrem
                                                                                                                                            Votum mehr Nachdruck zu verleihen. „Europa
                                                                                                                                            will ja die Aktionärsrechte stärken, und da
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                                                                                                                                            muss vielleicht in Zukunft das Entlastungs-
                                                                                                                                            votum stärker gewichtet werden“, sagt
                                                                                                                                            ­Ingo Speich, ein Experte aus dem Hause
                                                                                                                                             Deka.

                                                                                                                                            Dass die Voten der Aktionäre tatsächlich
                                                                                                                                            etwas bewirken können, zeigt das Beispiel
                                                                                                                                            SAP: Nach der schwachen Zustimmung für
                                                                                                                                            den Aufsichtsrat wegen der Vergütungs-
                                                                                                                                            politik hat das Unternehmen diese mittler-
                                                                                                                                            weile überarbeitet. Es wird spannend sein
                                             Vorstände und Aufsichtsräte fast sicher        zerstörerischen Kraft der Chemiekeule           zu beobachten, welchen Veränderungspro-
                                             sein konnten, mit Quoten von 95% und           standhalten. Monsanto und Bayer sind            zess die Aktionärsschelte beim Bayer-
                                             mehr entlastet zu werden. Offensichtlich       überzeugt, dass das Produkt unschädlich         Management auslöst. Möglicherweise
                                             müssen sich die Chefetagen darauf ein-         für den Menschen ist. Zahlreiche Studien        steht am Ende die Hauptversammlung der
                                             stellen, dass die Anteilseigner stärker mit-   sollen das belegen. Doch es gibt auch die       Leverkusener nicht nur für ein „Debakel“
                                             reden – bei Fragen der Vergütung genauso       andere Seite: Menschen, die behaupten           und einen „beispiellosen Akt“, sondern
                                             wie bei der Strategie oder Personalthemen.     und glauben nachweisen zu können, dass          auch für den Beginn einer neuen Ära in der
                                                                                            Roundup Krebs verursacht. Sollte sich           deutschen Aktionärskultur.
                                             Die jährlichen Aktionärstreffen, vielfach      diese Einschätzung auch bei den höchsten
                                             als lästige Pflicht empfunden, könnten         Gerichten durchsetzen, hätte das negative
                                             damit deutlich aufgewertet werden und          Image von Monsanto auch eine massive            Glyphosat
                                             sich zu einem lebendigen Forum der Aktio-      wirtschaftliche Komponente, die die Grund-
                                             närsdemokratie entwickeln. Dabei geht es       festen des Bayer-Konzerns erschüttern           ist das meistverkaufte Unkrautver­
                                             vielen Investoren heute offenbar um mehr       könnte. Hinzu kommen jüngste Enthül-            nichtungsmittel der Welt und ein soge­
                                             als nur Gewinn, Aktienkurs und Dividende.      lungen, wonach Monsanto offensichtlich          nanntes „Totalherbizid“. Es tötet jede
                                             Corporate Governance, also eine gute Unter-    systematisch Listen und Bewertungen             Pflanze, die nicht gentechnisch so
                                             nehmensführung, wird zunehmend zu              seiner Kritiker geführt hat, gefüllt mit per-   ­verändert wurde, dass sie den
                                             einem wichtigen Kriterium, an dem sich         sönlichen Daten. Da könnte auf Bayer nun         ­Herbizideinsatz überlebt.
                                             Unternehmen orientieren und messen             auch noch ein massives Datenschutzthema           Bekannt ­ist es vor allem unter dem
                                             lassen müssen.                                 zukommen.                                         Markennamen „Roundup“ als Produkt
                                                                                                                                              von Bayer-Monsanto.
                                             Auch die Reputation eines Unternehmens         Über den Index gefangen
                                             spielt für viele Aktionäre mittlerweile eine
                                             Rolle bei ihrer Anlageentscheidung und der     Ein Grund für die veränderte Anlagekultur
                                             Bewertung des Managements. Das schlechte       liegt aber auch darin, dass Aktionäre früher
                                             Image Monsantos hat seine Ursache in           bei Missfallen einfach ihre Aktien verkaufen
                                             dem Vernichtungsmittel Roundup, das alle       konnten. Im Zeitalter der Indexfonds, die
                                             Pflanzen zerstört – mit Ausnahme jener,        ein bestimmtes Marktbarometer eins zu
                                             die genetisch verändert sind und der           eins abdecken, sind die Investmentgesell-

                                                                                                                                                                    HV MAGAZIN 02/2019
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TITELTHEMA

             Interview

             „Die Fragen werden
             unbequemer“
                                  DANIEL BAUER
                                  Vorstandsvorsitzender,
                                  SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger e.V.
                                  bauer@sdk.org

             Daniel Bauer, Vorstandsvorsitzender der SdK Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger, sieht
             in den jüngsten Hauptversammlungen von Bayer und UBS Anzeichen für einen steigenden
             Mitbestimmungsanspruch der Anleger. Zudem würden sich die großen Kapitalanlagegesell-
             schaften deutlich aktiver mit der Unternehmenspolitik auseinandersetzen.

             HV Magazin: Herr Bauer, ist das                Steigt der Anspruch zur Mitbestimmung         mittlerweile von nahezu allen institutio-
             Abstimmungsverhalten der Aktionäre             bei den Aktionären?                           nellen Investoren abgelehnt.
             auf der Bayer-Hauptversammlung ein
             Signal, dass sich die Aktionärskultur          Das kann man so sehen. Vor allem bei Unter-   Welche Rolle spielen die Stimmrechts-
             in Deutschland ändert?                         nehmen, deren operatives Geschäft sich        berater in diesem Zusammenhang?
                                                            im Vergleich zum Wettbewerb schlechter        Ändert sich auch deren Einstellung
             Daniel Bauer: Das Abstimmungsverhalten         entwickelt, werden die Fragen unbeque-        zur Politik von Vorständen und
             spricht weniger für eine sich ändernde         mer und die Aktionäre versuchen, mehr         Aufsichtsräten?
             Aktionärskultur in Deutschland, da ein         Einfluss zu nehmen.
             Großteil der Aktionäre der Bayer AG gar                                                      Die Stimmrechtsberater spielen eine ent-
             nicht aus Deutschland stammt, sondern          Werden den Aktionären neben                   scheidende Rolle, da die meisten institut-
             vielmehr dafür, dass weltweit die großen       Aktienkursentwicklung und                     ionellen Investoren entweder direkt deren
             Kapitalanlagegesellschaften sich ihrer         Dividende andere Faktoren                     Abstimmungsempfehlungen übernehmen
             Verantwortung bewusst werden und sich          zunehmend wichtig?                            oder die eigenen Abstimmungsrichtlinien
             deutlich aktiver mit der Unternehmens-                                                       sich an deren Maßstäben orientieren. In
             politik auseinandersetzen. Diesen Trend        Ja. Neben der operativen Entwicklung          den letzten Jahren konnte man auch
             konnte man bereits in den letzten Jahren       schauen auch mehr Aktionäre auf eine gute     feststellen: Wenn einer der großen
             erkennen, da die Zustimmungsquoten bei         Unternehmensführung und die Einhaltung        Stimmrechtsberater seine Richtlinien
             kritischen Beschlüssen wie Kapitalvor-         bestimmter Verhaltensregeln. Zum Beispiel     verschärft hat, taten es ihm andere In-
             ratsbeschlüssen oder dem Vorstandsver-         werden bei der Wahl zum Aufsichtsrat Kan-     vestoren und Berater zeitversetzt gleich.
             gütungssystem zuletzt immer geringer           didaten, die zu viele Mandate innehaben       Daher ist deren Einfluss als sehr groß zu
             wurden.                                        und bei denen ein Overboarding vorliegt,      bezeichnen.

             HV MAGAZIN 02/2019
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                                                                                                                                                                                                                                                                                  TITELTHEMA
        Sehen Sie Signale, dass die Hauptver-                 Wird das Instrument der Nicht-Entlas-          Auch bei UBS wurde dem der Konzern-
        sammlung als Ort der Mitbestimmung,                   tung Ihrer Einschätzung nach künftig           leitung die Entlastung verweigert.
        lebendiges Dialogforum und echte                      verstärkt eingesetzt werden?                   Sehen Sie Parallelen zum Fall Bayer?
        Mitsprachemöglichkeit für Aktionäre
        neu belebt wird?                                      Ich denke, es wird eher die Ausnahme blei-     Ja – beide Unternehmen haben mit großen
                                                              ben und nur bei groben Fehlentwicklungen       Problemen zu kämpfen, die zum Teil haus-
        Ich denke zwar, dass die Bedeutung der                als Möglichkeit genutzt werden, ein Zei-       gemacht sind. Während Bayer die poten-
        Hauptversammlung steigen wird, da die                 chen zu setzen. Denn rechtlich hat eine        ziellen Risiken bei der Monsanto-Übernah-
        Aktionäre ihre Rechte aktiver wahrneh-                Nicht-Entlastung keine große Bedeutung.        me völlig falsch eingeschätzt hat, hat der
        men. Jedoch steigt die Dialogfreude wohl                                                             UBS-Vorstand einen Vergleich in Frankreich
        eher nicht signifikant an, da die meisten In-         Sollte das Entlastungsvotum ein stärke-        bezüglich Vorwürfen der Geldwäsche und
        vestoren nicht persönlich vor Ort vertreten           res Gewicht bekommen, also mehr Kon-           Steuerhinterziehung abgelehnt und nun ei-
        sind, sondern Weisung an einen Stimm-                 sequenzen für Vorstand und Aufsichts-          ne deutlich höhere Geldstrafe über 4,5 Mrd.
        rechtsvertreter erteilen. Deren Abstim-               rat nach sich ziehen?                          EUR kassiert. Beide haben die Risiken völ-
        mungsverhalten steht daher schon vor Be-                                                             lig falsch eingeschätzt und dafür einen
        ginn fest und kann auch durch einen Aus-              Das ist nicht unbedingt nötig. Die Möglich-    Denkzettel kassiert.
        tausch auf der Hauptversammlung nicht                 keiten, einen Vorstand für grobe Pflichtver-
        mehr beeinflusst werden. Der Dialog findet            letzungen zur Rechenschaft zu ziehen, be-      Herr Bauer, vielen Dank für das Gespräch.
        also im Vorfeld statt, nicht auf der Haupt-           stehen ja heute bereits. Nur werden diese
        versammlung selbst.                                   nie genutzt.                                   Das Interview führte Thorsten Schüller.

                                                                                                                                   Anzeige

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                                                                                                                                                                                                                                                                                             9,80 Euro

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                                                                                                                                                             Giesecke+Devrient            Fuchs Petrolub                   Wildling Shoes

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                                                                                                                                                             Seite 18                     Seite 22                         Seite 48
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TITELTHEMA

             Bayer und UBS

             Die Nicht-Entlastungen aus
             rechtlicher Perspektive
                                    MATTHIAS SCHÜPPEN
                                    Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater,
                                    Graf Kanitz, Schüppen & Partner
                                    matthias.schueppen@grafkanitz.com

             In bemerkenswerter zeitlicher Nähe und mit bemerkenswert ähnlichen Ergebnissen ver-
             weigerten die Hauptversammlungen der Bayer AG am 26. April 2019 und der UBS AG am
             ­2. Mai 2019 dem Vorstand beziehungsweise dem Verwaltungsrat und der Konzernleitung
              die Entlastung. In beiden Fällen waren Rechtsstreitigkeiten der Unternehmen ausschlag-
              gebend. Es lohnt sich, diese Abstimmungsergebnisse vor allem unter rechtlichen Gesichts-
              punkten genauer anzuschauen und zu reflektieren.

             Bemerkenswert sind die Gemeinsamkeiten           gewesen, hätte es aufgrund des Abstim-         Gelebte Realität
             und die Unterschiede in den juristischen         mungsergebnisses noch knapp zur Entlas-
             Grundlagen der Entlastungsentscheidung           tung des Verwaltungsrates gereicht, weil       Bemerkenswert ist, wie weit bei der Beurtei-
             in Deutschland und in der Schweiz. Überein-      die Enthaltungen nicht berücksichtigt worden   lung einer Nicht-Entlastungs-Entscheidung
             stimmend handelt es sich um einen Pflicht-       wären. Umgekehrt wäre bei der Bayer AG         der Hauptversammlung einer deutschen
             tagesordnungspunkt der (ordentlichen)            bei Berücksichtigung der Enthaltungen die      Aktiengesellschaft die psychologische und
             Hauptversammlung beziehungsweise Gene-           „Zustimmungsquote“ zur Tätigkeit des Auf-      wirtschaftliche Realität von der juristischen
             ralversammlung, übereinstimmend ergeben          sichtsrats zwar von 66% auf 57% gesunken,      Beurteilung abweicht.
             sich aus dem Abstimmungsergebnis keine           zu einer Mehrheit hätte es aber trotzdem
             unmittelbaren juristischen Konsequenzen.         gereicht. Ein weiterer gewichtiger Unter-      In der Entlastung wird eine Vertrauenskund-
                                                              schied der beiden Rechtsordnungen liegt        gabe für die Verwaltung gesehen; sie stellt
             Ein interessanter Unterschied zwischen           darin, dass die Entlastungsentscheidung        allerdings keinen Verzicht auf Schadens­
             dem schweizerischen und dem deutschen            in Deutschland für die Frage der Geltendma-    ersatzansprüche dar, hat also – anders als
             Recht besteht in der Behandlung der Ent-         chung etwaiger Schadensersatzansprüche         noch im AktG 1937 – keine Präklusions-
             haltungen. Während nach deutschem Recht          wegen Pflichtverletzungen der Organmit-        wirkung. Gleichwohl ist eine Entlastungs-
             die Enthaltungen aus der Präsenz herausge-       glieder völlig unerheblich ist, während der    entscheidung anfechtbar, wenn die Haupt-
             rechnet werden (also nicht negativ ins           Entlastungsentscheidung in der Schweiz –       versammlungsmehrheit sie trotz einer
             Gewicht fallen), wirken diese nach schwei-       insofern der Rechtslage bei der deutschen      gravierenden Verletzung von Gesetz oder
             zerischem Recht wie Nein-Stimmen. Wäre die       GmbH vergleichbar – erhebliche Relevanz        Satzung durch das betroffene Verwal-
             UBS AG eine deutsche Aktiengesellschaft          zuerkannt wird.                                tungsmitglied ausspricht. Deshalb war die

             HV MAGAZIN 02/2019
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                                                                                                                                                           TITELTHEMA
Entlastung in der Vergangenheit häufig                  Grund abberuft, steht das betroffene Vor-          Entlastungsverweigerung (oder objektiv
Tummelplatz für unzufriedene Kleinaktionäre,            standsmitglied vor einem „uphill battle“:          nicht begründete Vertagung der Entlastungs-
die sie zum Vehikel von Fragerechten und                Es müsste das Gericht davon überzeugen,            entscheidung) für das Vorstandsmitglied
Auseinandersetzungen machten.                           dass die Nicht-Entlastung einem Vertrau-           nur, aus wichtigem Grund sein Amt nieder-
                                                        ensentzug nicht gleichstand oder dass sie          zulegen und zu kündigen.
In Deutschland ist nicht unumstritten und               jedenfalls aus offenbar unsachlichen
durch höchstrichterliche Rechtsprechung                 Gründen erfolgte. Und abgesehen von der            (Un-)Heimliche Mächte
ungeklärt, ob die Nicht-Entlastung durch                Problematik dieser Defensivposition wäre
die Hauptversammlung einem Entzug des                   die Wirksamkeit der Abberufung bis zur             Über die Entlastung der Vorstands- und
Vertrauens durch die Hauptversammlung                   Rechtskraft einer gegenteiligen Gerichts-          Aufsichtsratsmitglieder entscheidet die
im Sinne des § 84 Abs. 3 Satz 2, 3. Fall AktG           entscheidung zu unterstellen.                      Hauptversammlung, §§ 120, 175 AktG. Die
gleichzustellen ist. Verneint man dies, ist                                                                Bayer AG ist ein Präzedenzfall, weil erstmals
die Hauptversammlungsentscheidung                       Erhebliche Auswirkungen                            in der Nachkriegsgeschichte einem DAX-
formal bedeutungslos. Selbst wenn man                                                                      Vorstand die Entlastung verweigert wurde.
dies bejaht, würde die Nicht-Entlastung                 Doch auch dann, wenn es nicht zu einer             Offensichtlich sehen nicht nur Querulanten,
als Vertrauensentzug zwar einen wichtigen               Abberufung kommt und der Aufsichtsrat              sondern auch seriöse Aktionäre den Tages-
Grund zur Abberufung der betroffenen Vor-               dem betroffenen Vorstandsmitglied sogar            ordnungspunkt „Entlastung“ zunehmend
standsmitglieder darstellen, aber nur ein               „den Rücken stärkt“, sind die nicht unmittel-      als Möglichkeit der Artikulation von Unzu-
Ermessen des Aufsichtsrats („kann“) eröff-              bar juristisch fassbaren Auswirkungen einer        friedenheit und der Abrechnung mit einer
nen, diese Abberufung auch zu beschließen.              Nicht-Entlastung erheblich. Sie löst, wenn         als insuffizient empfundenen Verwaltung. In
Ganz in diesem Sinne ist der Aufsichtsrat               sie – wie zumeist – als willkürlich und unbe-      den Fokus der interessierten Öffentlichkeit
von Bayer im Anschluss an die Abstimmungs-              rechtigt empfunden wird, bei dem betrof-           und des Gesetzgebers gerät dabei auch
niederlage in der Hauptversammlung zu                   fenen Vorstandsmitglied erhebliche Frust-          die Rolle institutioneller Stimmrechtsbe-
einer außerordentlichen Sitzung zusam-                  ration aus. Und sie wird bei Dritten als ein       rater, die namentlich bei Bayer und UBS
mengetreten und hat „dem Vorstand den                   immenser „Makel“ empfunden, der die                entscheidenden Einfluss auf das Votum der
Rücken gestärkt“. Mit anderen Worten:                   Bemühungen des Betroffenen um eine                 Hauptversammlung genommen haben.
Vorsorglich, selbst wenn die Entscheidung               neue berufliche Verwendung zunichtema-             Angesichts der vorstehend skizzierten
der Hauptversammlung als Vertrauensent-                 chen kann („semper aliquid haeret“).               Bedeutung der scheinbar bedeutungslosen
zug im formellen aktienrechtlichen Sinne                                                                   Entlastungsentscheidungen ist es begrü-
zu interpretieren sein sollte, wollte der Auf-          Vor diesem Hintergrund stellt sich rechts-         ßenswert, dass das ARUG II sich auf die Fah-
sichtsrat von seiner hierdurch eröffneten               politisch die Frage, ob es nicht sachgerecht       nen geschrieben hat, der Rolle der Stimm-
Möglichkeit zur Abberufung aus wichtigem                wäre, dem einzelnen Vorstandsmitglied einen        rechtsberater mehr Transparenz zu ver-
Grund keinen Gebrauch machen.                           subjektiven Anspruch auf Entlastung ein-           schaffen. Die für das Unternehmen und die
                                                        zuräumen, was de lege lata nicht der Fall          individuellen Schicksale seiner Organmit-
Das vermeidet – aus der Sicht der betroffenen           ist. Dies würde ihm die Möglichkeit geben,         glieder höchst bedeutsamen Entscheidun-
Vorstandsmitglieder – den Super-GAU. Denn               gerichtlich zu klären, ob die Entlastung           gen der Hauptversammlung sollten nicht in
wenn der Aufsichtsrat dies anders beurteilt             aus guten Gründen oder zu Unrecht versagt          der Hand anonymer Institutionen, sondern
(also die Gleichstellung mit dem Vertrau-               wurde. Nach geltendem Recht bleibt als             in der Hand unternehmerisch engagierter
ensentzug annimmt) und aus wichtigem                    Reaktion auf eine objektiv nicht fundierte         Aktionäre liegen.

 ABSTIMMUNGSVERHALTEN AUF HAUPTVERSAMMLUNGEN VON BAYER UND UBS 2019
 (UNTER BERÜCKSICHTIGUNG VON ENTHALTUNGEN)
                                      BAYER AG                                                   UBS AG
                                      Ja                   Nein                  Enthaltung*     Ja                 Nein               Enthaltung
 Entlastung Vorstand                  38,48 %              48,03 %               13,49 %         –                  –                  –
 Entlastung Aufsichtsrat /
                                      57,25 %              29,0 %                13,74%          41,67 %            41,64 %            16,69 %
 Verwaltungsrat
 * geschätzt, Bayer gibt nur die abgegebenen Ja- und Nein-Stimmen an, nicht die Enthaltungen

Quelle: Unternehmensangaben, Graf Kanitz, Schüppen & Partner

                                                                                                                                    HV MAGAZIN 02/2019
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HV-PRAXIS

            „Say on Pay“ im Licht von ARUG II

            Regierungsentwurf und
            Kodex im Duett
                                    GUDRUN MOLL
                                    Fachanwältin für Bank- und Kapitalmarktrecht
                                    sowie Steuerberaterin; Legal Director,
                                    Pinsent Masons Germany LLP
                                    gudrun.Moll@pinsentmasons.com

            Parallel zum laufenden Gesetzgebungsverfahren zu ARUG II hat die Regierungskommission
            Deutscher Corporate Governance Kodex eine Neufassung des Kodex verabschiedet. Börsen­
            notierte Unternehmen sollten einen Blick darauf werfen, ob sich insbesondere bei der Vergütung
            des ­Vorstands wie auch bei der Einladung zur Hauptversammlung Änderungen ergeben.

            Am 20. März 2019 hat die Bundesregierung        derzeit gültigen Kodex vom 7. Februar         Beschluss möglich ist. Ebenfalls beibehalten
            ihren Regierungsentwurf des Gesetzes            2017 ablösen.                                 wurde der lediglich empfehlende Charakter
            zur Umsetzung der zweiten Aktionärsrechte-                                                    des Hauptversammlungsbeschlusses. Das
            richtlinie (ARUG II) verabschiedet. Nach Ver-   Vergütungssystem für den                      heißt: Der Beschluss begründet hinsichtlich
            öffentlichung des Referentenentwurfs vom        Vorstand                                      der Vorstandsvergütung weder Rechte noch
            11. Oktober 2018 waren zahlreiche Stellung-                                                   Pflichten. Im Rahmen der Beratungen im
            nahmen beim Bundesministerium der               Die Pflicht des Aufsichtsrats einer börsen-   Bundestag wurde jedoch von verschiedenen
            Justiz und für Verbraucherschutz eingegan-      notierten Gesellschaft, ein klares und ver-   Seiten ein verbindliches Votum der Aktionäre
            gen, die im Regierungsentwurf teilweise         ständliches Vergütungssystem für den          gefordert. Es bleibt daher abzuwarten, ob
            berücksichtigt wurden. Parallel zu dem          Vorstand zu beschließen und die Vergütung     ein solches im Verlauf des parlamentarischen
            nun laufenden Gesetzgebungsverfahren            der Vorstandsmitglieder in Übereinstimmung    Verfahrens noch Eingang in den Gesetzes-
            hat die Regierungskommission Deutscher          mit diesem System festzusetzen, wurde         text finden wird.
            Corporate Governance Kodex (DCGK) am            mit lediglich redaktionellen Änderungen
            9. Mai 2019 eine Neufassung des Kodex           in den Regierungsentwurf übernommen.          Vergütungssystem für den
            verabschiedet. Ein Schwerpunkt sind             Unverändert ist damit der Aufsichtsrat        Aufsichtsrat
            neue Empfehlungen zur Festlegung der            für die Festlegung der Vorstandsvergütung
            Vorstandsvergütung. Aufgrund des engen          zuständig. Das durch ihn zu beschließende     Im Hinblick auf die Beschlussfassung der
            Zusammenhangs mit den zu erwartenden            Vergütungssystem für den Vorstand ist der     Hauptversammlung über die Vergütung
            Änderungen des Aktiengesetzes durch             Hauptversammlung mindestens alle vier         der Aufsichtsratsmitglieder stellt der
            das ARUG II wird der DCGK 2019 allerdings       Jahre zur Beschlussfassung vorzulegen,        Regierungsentwurf nun klar, dass das
            erst nach Inkrafttreten des Gesetzes im         wobei – wie durch den Regierungsentwurf       Vergütungssystem selbst nicht in die
            Bundesgesetzblatt veröffentlicht und den        neu eingefügt – auch ein bestätigender        Satzung aufzunehmen ist, auch wenn die

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                                                                                                                                                                                                                                  HV-PRAXIS
                                                                                                                                              und des Vergütungsberichts auf der Tages-
                                                                                                                                              ordnung stehen. In der Praxis würde dies
                                                                                                                                              ausweislich der Gesetz­es­begründung zur
                                                                                                                                              Folge haben, dass die Bekanntmachung das
                                                                                                                                              vollständige Vergütungssystem des Vorstands
                                                                                                                                              und des Aufsichtsrats, den vollständigen
                                                                                                                                              Vergütungsbericht einschließlich Vermerk
                                                                                                                                              des Abschlussprüfers sowie alle in Bezug
                                                                                                                                              genommenen Dokumente zu enthalten hat.
                                                                                                                                              Dies soll auch in den Fällen gelten, in denen
                                                                                                                                              börsennotierte kleine und mittelgroße
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                                                                                                                                              Gesellschaften den Vergütungsbericht der
                                                                                                                                              Hauptversammlung lediglich als eigenen
                                                                                                                                              Tagesordnungspunkt vorlegen, aber keine
                                                                                                                                              Beschlussfassung erfolgt. Der Bundesrat
                                                                                                                                              hat in seiner Stellungnahme vom 17. Mai 2019
                                                                                                                                              dementsprechend angeregt, den Gesetzes-
                                                                                                                                              entwurf dahingehend zu überprüfen, ob es
                                                                                                                                              mit Blick auf das Informationsbedürfnis der
                                                                                                                                              Aktionäre nicht genügt, die Dokumente
                                                                                                                                              gemäß § 124a AktG auf der Internetseite
                                                                                                                                              zugänglich zu machen.
                                               Aufsichtsratsvergütung in der Satzung           nun klar, dass auch diese Beschlussfassung
                                               geregelt wird.                                  nicht anfechtbar sein soll. Hinsichtlich der   Ausblick
                                                                                               Beschlussfassung über die Vergütungs-
                                               Vergütungsbericht                               systeme war dies bereits im Referenten-        Es bleibt abzuwarten, ob sich im weiteren
                                                                                               entwurf enthalten.                             Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens
                                               Der durch Vorstand und Aufsichtsrat einer                                                      noch wesentliche Änderungen im Bereich
                                               börsennotierten Gesellschaft zukünftig zu       Bekanntmachung der                             des Say on Pay ergeben und sich insbeson-
                                               erstellende aktienrechtliche Vergütungs-        Hauptversammlung                               dere die Forderung nach einem verbind­
                                               bericht ersetzt die bisher für börsennotierte                                                  lichen Votum der Hauptversammlung über
                                               Gesellschaften gemäß Handelsgesetzbuch          Eine Neuerung im Regierungsentwurf             das Vergütungssystem des Vorstands zumin-
                                               im Lagebericht vorgeschriebenen Angaben         besteht darin, dass anlässlich der Einla-      dest noch teilweise durchsetzt. Bei formalen
                                               zum individualisierten Ausweis der Vor-         dung zu einer Hauptversammlung auch            Punkten, wie der Bekanntmachung der um-
                                               standsvergütung und der Darstellung des         der vollständige Inhalt der Unterlagen zu      fangreichen Unterlagen mit der Einberufung
                                               Vergütungssystems. Aufgrund des Um-             den jeweiligen Beschlussgegenständen           zur Hauptversammlung, wäre eine Anpas-
                                               stands, dass die Neufassung des Kodex           bekannt zu machen ist, sofern Beschlüsse       sung aus Sicht der Gesellschaften zu
                                               2019 auf die bisher empfohlenen Muster­         über die Billigung des Vergütungssystems       begrüßen.
                                               tabellen zur Vorstandsvergütung verzichtet,
                                               ist der Vergütungsbericht damit zukünftig
                                               das zentrale Informations- und Berichts­
                                               instrument im Hinblick auf die Vergütung
                                               der einzelnen Organmitglieder. Die entspre-
                                               chende Forderung, den Vergütungsbericht
                                                                                                                                                                                              Foto: © alfexe. – stock.adobe.com

                                               durch den Abschlussprüfer daher nicht nur
                                               formal, also hinsichtlich des „Ob“, sondern
                                               auch inhaltlich prüfen zu lassen, wurde im
                                               Regierungsentwurf jedoch nicht umgesetzt.

                                               Auch der Vergütungsbericht ist der Haupt-
                                               versammlung zur Billigung vorzulegen. Der
                                               Regierungsentwurf stellt diesbezüglich

                                                                                                                                                                       HV MAGAZIN 02/2019
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HV-PRAXIS

            Vergütungssysteme in Europa

            Der deutsche Markt
            hat Nachholbedarf
                                    MATTHIAS NAU                                                             CHRISTOF SCHWAB
                                    Senior Account Manager                                                   Director Business Development,
                                    Georgeson                                                                Computershare Deutschland GmbH & Co. KG
                                    matthias.nau@georgeson.com                                               christof.schwab@computershare.de

            Deutsche Gesellschaften bereiten sich auf die Einführung jährlicher Vergütungs­
            abstimmungen vor. Doch wie werden Investoren und Stimmrechtsberater die
            ­Vergütungssysteme und -berichte bewerten? In der Investoren-Community gilt
             der deutsche Markt klar als Nachzügler – sowohl hinsichtlich der Vorstandsvergütung
             als auch bezüglich der Reaktionsfreude der Aktionäre.

            In Deutschland wurden von 2010 bis 2019          Situation in Europa                              Keine Schonfrist für Neulinge
            im DAX30 weniger als 100 Vergütungsab-
            stimmungen durchgeführt. 2010 stellten           Deutschland ist gemeinsam mit den Nieder-        Es ist schwierig abzusehen, wie Investoren
            sich fast alle DAX-Unternehmen der Her-          landen einer der letzten großen Märkte in        und Stimmrechtsberater die deutschen
            ausforderung, im Jahr darauf war es schon        Europa, der die Vergütungsabstimmung im          Beschlüsse im kommenden Jahr bewerten
            weniger als ein Drittel. Einige DAX-Unter-       jährlichen Turnus einführen wird. Die großen     werden. Einen Hinweis könnten die Gescheh-
            nehmen ließen ihre Aktionäre jährlich            europäischen Märkte – gemessen an der            nisse im französischen Markt 2014 geben:
            abstimmen, andere das letzte Mal vor über        Marktkapitalisierung – haben mit Ausnahme
            neun Jahren.                                     Deutschlands und der Niederlande allesamt        Infolge einer Anpassung des französischen
                                                             bereits eine Form der jährlichen Vergütungs-     Corporate Governance Kodex im Jahr 2013
            In der laufenden HV-Saison 2019 haben            abstimmung eingeführt: 2002 geschah dies         stellten alle großen französischen Gesell-
            nur vier DAX-Werte ihren Aktionären ein          in UK, 2010 in Spanien, 2011 in Italien, 2013    schaften auf ihren Hauptversammlungen
            Vergütungssystem zur Abstimmung vorge-           in Frankreich und der Schweiz. Seitdem sind      die Vergütung zur Abstimmung. Die Unter-
            legt. Einige Investoren hatten argumentiert,     die Ansprüche der Stimmrechtsberater und         stützung der Aktionäre in diesem ersten
            dass mehr freiwillige Abstimmungen vor           Investoren kontinuierlich gestiegen, und zwar    Jahr war relativ hoch, mit einer durch-
            Einführung einer Pflicht dazu beigetragen        nicht nur hinsichtlich der geforderten           schnittlichen Zustimmungsrate von 92%.
            hätten, einen positiven Standard im Markt        Transparenz, sondern beispielsweise auch         Allerdings hatten einige institutionelle Inves-
            zu etablieren und den zu erwartenden             dahingehend, die Vergütung an der Wertent-       toren ebenso wie der Stimmrechtsberater
            Engpass im Jahr 2020 zu verringern.              wicklung des Unternehmens auszurichten.          ISS bereits im Vorfeld angekündigt, dass

            HV MAGAZIN 02/2019
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