EILDIENST 11/2019 - Landkreistag NRW

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EILDIENST 11/2019 - Landkreistag NRW
EILDIENST
                                                                   11/2019

Aus dem Inhalt:
●    esetz zur Regelung der Zuweisungen des Landes NRW an die Gemeinden und
    G
    Gemeindeverbände (GFG 2020) und zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes
●    wanzig Jahre Direktwahl der Verwaltungsspitze in Nordrhein-Westfalen –
    Z
    eine historische und funktionale Rekonstruktion
●   Schwerpunkt: Digitalisierung in der Kreisverwaltung
EILDIENST 11/2019 - Landkreistag NRW
EILDIENST 11/2019                                                                                            Auf ein Wort

                                        Grundsteuerreform –
                                        der Föderalismus funktioniert doch
                                        Nach einem monatelangen politischen Ringen hat der Bundesrat am 8. November
                                        2019 – sogar mit den Stimmen aller Bundesländer – einer vom Deutschen Bundes-
                                        tag mit Zwei-Drittel-Mehrheit beschlossenen Grundgesetzänderung zugestimmt,
                                        mit der die Grundsteuer grundlegend reformiert wird. Das für die Grundsteuer
                                        maßgebliche Bewertungsrecht wird dementsprechend neu ausgerichtet – auch
                                        dies erhielt eine Zwei-Drittel-Mehrheit.
                                        Dieser Reform lag ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 10. April 2018
                                        zugrunde, das festgestellt hatte, die Regelungen des Bewertungsgesetzes zur Ein-
                                        heitsbewertung von Grundvermögen in den „alten“ Bundesländern seien jedenfalls
                                        seit dem Beginn des Jahres 2002 mit dem allgemeinen Gleichheitssatz unvereinbar
                                        und damit verfassungswidrig. Daher bedurfte es einer grundlegenden Überarbei-
                                        tung des bisherigen Verfahrens zur Erhebung der Grundsteuer, die derzeit bundes-
                                        weit einen Ertrag von jährlich rund 14 Milliarden Euro aufweist. Dem Gesetzgeber
                                        hatten die Verfassungsrichter eine Frist zur Neuregelung bis spätestens Ende 2019
                                        gesetzt. Nach langen, zähen und mitunter auch sehr kontroversen Verhandlun-
gen unter den Ländern, die ihrerseits unterschiedliche Vorstellungen hatten sowie mit dem Bund ist nun ein Kompromiss
zustande gekommen, der sich durchaus sehen lassen kann.
Auch künftig soll die Grundsteuer in den bisherigen drei Schritten berechnet werden, beginnend mit der Bewertung des
Grundvermögens, deren Multiplikation mit der Steuermesszahl und wiederum deren Multiplikation mit dem jeweiligen
Hebesatz der Kommunen. Um den Grundbesitzwert zu berechnen, werden zukünftig verschiedene Faktoren herangezogen,
und zwar zunächst der Wert des Bodens (Bodenrichtwert) und eine statistisch ermittelte Nettokaltmiete (Mietniveaustufe).
Zudem spielen die Fläche des Grundstücks, die Immobilienart und das Alter des Gebäudes eine Rolle. Die Steuermesszahl
soll reduziert werden, um Wertsteigerungen auszugleichen; die Reform insgesamt soll aufkommensneutral ausfallen. Inso-
fern sind die Gemeinden hinsichtlich der Hebesätze gehalten, diese gegebenenfalls anpassen, um eine höhere Belastung
der Steuerzahler zu vermeiden. Die geplante Reform sieht – und das ist der Kern des Kompromisses – eine Länderöffnungs-
klausel vor, die eigene Gestaltungsmöglichkeiten schafft. Es kann auch eine wertunabhängige Variante realisiert werden,
die die Fläche der Grundstücke und der Wohnräume berücksichtigt. Mit dieser Option wurde es möglich, auch Bundes­
länder mitzunehmen, die dieses Modell befürworten.
Überdies wurde festgehalten, dass die Entscheidung eines Landes für eine wertunabhängige Variante keine Auswirkung auf
den Länderfinanzausgleich haben darf: Denn für die Bestimmung der Finanzkraft der Länder untereinander ist die kommu-
nale Finanzkraft von erheblicher Bedeutung, die sich wiederum wesentlich auf den Grundsteuerertrag stützt. Maßgeblich
für den Länderfinanzausgleich bleibt also weiterhin der prinzipiell bundesweit geltende wertabhängige Ansatz.
Die Gemeinden erhalten zudem die Möglichkeit, für unbebaute, baureife Grundstücke einen erhöhten Hebesatz festzu­
legen. Diese sog. „Grundsteuer C“ soll dabei helfen, Wohnraumbedarf künftig schneller zu decken.
Gesetzgebungstechnisch bedurfte es einer Änderung des Grundgesetzes sowie entsprechender einfacher gesetzlicher
Regelungen, wobei mit Blick auf die für Verfassungsänderungen notwendigen Zwei-Drittel-Mehrheiten im Bundestag
und im Bundesrat neben der CDU/CSU und der SPD auch die Grünen und die FDP zu gewinnen waren. Die Bewertung
von Grundstücken nach neuem Recht wird dann erstmals zum 01.01.2022 erfolgen. Das gesamte neue Recht wird ab
01.01.2025 gelten, so dass die neu berechnete Grundsteuer ab diesem Datum zu zahlen ist. Am Beispiel der Grundsteuer­
reform wird deutlich: Es kann nach wie vor gelingen, sich im Föderalstaat Bundesrepublik Deutschland unter mehreren
Parteien auf gemeinsame Positionen zu verständigen und praktikable Lösungen zu finden, mit denen die verschiedenen
Interessen zum Ausgleich gebracht werden können. Dies sollte ein Vorbild auch für andere Politikfelder sein.
Und was macht Nordrhein-Westfalen? Auch hier wird vereinzelt erwogen, die Länderöffnungsklausel zu nutzen und wert­
unabhängige Verfahren zu realisieren. Aus Sicht der Kreise ist das abzulehnen. Die Einnahmen der Gemeinden aus der
Grundsteuer fließen in die Umlagegrundlagen für die Berechnung der Kreisumlage ein. Es ist daher auch für die Kreise
wichtig, dass diese Steuerquelle mit den zu beachtenden Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts stabil und verlässlich
erhalten bleibt. In Erinnerung zu rufen ist folgendes jahrzehntelang bewährtes Prinzip: An der Refinanzierung von Investi-
tionen in kommunale Infrastrukturen, die ihrerseits maßgeblich zur Steigerung von Grundstückswerten beitragen, sollten
auch die Eigentümer der insofern begünstigten Immobilien beteiligt werden.

                                                                            Dr. Martin Klein
                                                                            Hauptgeschäftsführer
                                                                            des Landkreistages Nordrhein-Westfalen

                                                                                                                       553
EILDIENST 11/2019 - Landkreistag NRW
Inhalt                                                                                                           EILDIENST 11/2019

  Kavalleriestraße 8
                                                      AUF EIN WORT                                                          553
  40213 Düsseldorf
                                                      ______________________________________________________________
  Telefon 0211/ 300 491-0
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                                                      AUS DEM LANDKREISTAG

  IMPRESSUM                                           Schul-, Kultur- und Sportausschuss berät zur kommunalen
                                                      Schulpsychologie und zum kommunalen Bildungsmanagement   557
  EILDIENST – Monatszeitschrift                       ______________________________________________________________
  des Landkreistages
  Nordrhein-Westfalen                                 Kreiskämmererkonferenzen am 1. und 8. Oktober 2019                    557
  Herausgeber:                                        ______________________________________________________________
  Hauptgeschäftsführer
  Dr. Martin Klein

  Redaktion:                                          THEMA AKTUELL
  Erster Beigeordneter Dr. Marco Kuhn
  Beigeordneter Martin Schenkelberg
  Hauptreferent Dr. Markus Faber                      Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Zuweisungen des Landes
  Referentin Dr. Andrea Garrelmann                    Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und Gemeindeverbände
  Referentin Dorothée Heimann                         im Haushaltsjahr 2020 (GFG 2020) und zur Änderung des
  Pressereferentin Rosa Moya
  Referent Christian Müller
                                                      Stärkungspaktgesetzes                                                 559
  Hauptreferent Dr. Kai Zentara                       ______________________________________________________________
  Quelle Titelbild:
  Kreis Paderborn

  Redaktionsassistenz:
                                                      SCHWERPUNKT:
  Gaby Drommershausen                                 Digitalisierung in der Kreisverwaltung
  Astrid Hälker
  Heike Schützmann
                                                      Auf dem Digitalisierungspfad –
  Herstellung:                                        Digitalisierung in der Kreisverwaltung Wesel                          567
  ALBERSDRUCK GMBH & CO KG
  Leichlinger Straße 11
                                                      ______________________________________________________________
  40591 Düsseldorf
  www.albersdruck.de                                  Rhein-Erft-Kreis –
                                                      amtliche Katasterkarten online kaufen und bezahlen                    569
  ISSN 1860-3319                                      ______________________________________________________________

                                                      Digitalisierung beim Kreis Soest – wie gehen wir es an?               571
                                                      ______________________________________________________________

                                                      „Digitale Modellregion OWL“ – Der Kreis Paderborn
                                                      geht bei der digitalen Transformation voran                           575
                                                      ______________________________________________________________

                                                      Digitalisierung als Gemeinschaftsaufgabe –
                                                      Kommunen und Kreis Hand in Hand                                       577
                      Kreise in Nordrhein-Westfalen
                                                      ______________________________________________________________

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EILDIENST 11/2019 - Landkreistag NRW
EILDIENST 11/2019                                                        Inhalt

Ein beschäftigtenorientiertes Schulungskonzept
im Rahmen der Digitalisierung beim Kreis Höxter          579
______________________________________________________________

Digitalstrategie – Lippes Weg in die digitale Zukunft    580
______________________________________________________________

Digital durchs Museum, zielgenau ins Kreishaus –
Handy-basierte Services im Kreis Viersen                 584
______________________________________________________________

Kommunale Dienstleistungen mit wenigen Klicks erreichbar –
Serviceportale werden weiter ausgebaut                    585
______________________________________________________________

Digitale Transformation beim LWL nach einem
ganzheitlichen Digitalisierungsleitbild                  587
______________________________________________________________

Wo ist die Fee? – Drei Wünsche zu Internet-Seiten für alle 589
______________________________________________________________

THEMEN

Zwanzig Jahre Direktwahl der Verwaltungsspitze in Nordrhein-
Westfalen – eine historische und funktionale Rekonstruktion  591
______________________________________________________________

Step by „STEP“ zum Betreuungsplatz für Kinder: Neues Online-
Vormerkungsverfahren im Kreisjugendamtsbezirk Steinfurt     594
______________________________________________________________

Afrikanische Schweinepest – Unter der Regie des
Rhein-Sieg-Kreises üben sieben Kreise gemeinsam den Ernstfall  596
______________________________________________________________

Klimaschutz im Kreis Paderborn – Fuhrpark komplett
auf Elektro- und Hybridautos umgestellt                  599
______________________________________________________________

DAS PORTRÄT

Landrat Stephan Santelmann, Rheinisch-Bergischer Kreis: „Es sind
die Menschen, die unseren Kreis lebendig und vielfältig machen!“   600
______________________________________________________________

                                                                           555
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Inhalt                                                        EILDIENST 11/2019

          IM FOKUS

          „August Macke – ganz nah“ –
          Neubau des Sauerland-Museums in Arnsberg eröffnet              603
          ______________________________________________________________

          MEDIENSPEKTRUM                                                 604
          ______________________________________________________________

          KURZNACHRICHTEN                                                606
          ______________________________________________________________

          PERSÖNLICHES

          Der Kreis Unna trauert
          um ehemaligen Oberkreisdirektor Landwehr                 613
          ______________________________________________________________

          HINWEISE AUF VERÖFFENTLICHUNGEN                                614
          ______________________________________________________________

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Schul-, Kultur- und Sportausschuss berät zur
kommunalen Schulpsychologie und zum kommunalen
Bildungsmanagement

Ausschuss für Schule, Kultur und Sport des LKT NRW.                                                                   Quelle: LKT NRW

D    er Schul-, Kultur- und Sportaus-
     schuss hat sich in seiner Sitzung am
08.10.2019 in der Geschäftsstelle neben
                                              Kreises, standen den Ausschussmitgliedern
                                              Rede und Antwort zu den Herausforderun-
                                              gen der Schulpsychologie.
                                                                                           künftig enger über Fragen des Bildungsma-
                                                                                           nagements im kreisangehörigen Raum aus-
                                                                                           zutauschen.Weitere Themen waren unter
aktuellen Fragen wie dem Start des Digital-                                                anderem die Stärkung der Berufskollegs,
Pakts Schule auch mit den Aufgabenfeldern     Die Ausschussmitglieder forderten hierbei    die Weiter­entwicklung der Schulaufsicht,
der Schulpsychologie und dem kommu-           insbesondere eine Gleichbehandlung der       die Novellierung des Landesarchivgesetzes
nalen Bildungsmanagement befasst. Anja        kommunalen und Landesbeschäftigten           sowie des Weiterbildungsgesetzes und der
Niebuhr, die Vorsitzende des AK Kom-          durch das Land ein. Weitere Gäste waren      zu erarbeitende neue Kulturförderplan des
munale Schulpsychologie beim Städte­   tag    der Leiter der Transferagentur NRW,          Landes.
NRW, und ihr Stellvertreter, Hansjürgen       Johannes Schnurr, und sein Stellvertreter,
Kunigkeit, der Leiter der Schulpsycholo-      Dr. Mario Roland. Mit den Vertretern der               EILDIENST LKT NRW
gischen Beratungsstelle des Rhein-Erft-       Transferinitiative wurde vereinbart, sich       Nr. 11/November 2019   00.11.02

Kreiskämmererkonferenzen am 1. und 8. Oktober 2019

D    ie Vereinigung Westfälisch-Lippischer
     Kreiskämmerer des LKT NRW und
die Rheinische Arbeitsgemeinschaft der
                                              bilden sie wichtige Organe der verbands­
                                              internen Meinungsbildung. Neben aktuel-
                                              len Fragestellungen der Finanzpolitik und
                                                                                           für die Aufstellung der Kreishaushalte und
                                                                                           die kurzfristige kollegiale Abstimmung
                                                                                           und gegenseitige Unterstützung bei allen
Kreiskämmerer des LKT NRW können              des Kommunalhaushaltswesens sind auch        Fragen des Finanzwesens der Kreise. Mit-
jeweils auf eine lange Sitzungstradition      immer wieder die Finanzbeziehungen zu        glieder sind im Landesteil Westfalen die
zurückblicken. Auch wenn es sich nicht        den beiden Landschaftsverbänden Gegen-       dortigen Kreiskämmerer sowie ein Ver-
um formelle Beratungsgremien des Land-        stand der Beratungen. Darüber hinaus         treter des Finanz-Dezernates des Land-
kreistages Nordrhein-Westfalen handelt,       geht es um einen fachlichen Austausch        schaftsverbandes Westfalen-Lippe und im

                                                                                                                                557
EILDIENST 11/2019 - Landkreistag NRW
Aus dem Landkreistag                                                                                                EILDIENST 11/2019

Sitzung der westfälisch-lippischen Kreiskämmerer am 1.10.2019 im Kreis Siegen-Wittgenstein.                           Quelle: Kreis Düren

Landesteil Rheinland neben den Kreiskäm-     Gäste haben Vertreter der Kommunal-            lastungsgesetz Pflege“ Gegenstand der
merern, dem Städteregionskämmerer, der       aufsicht der Bezirksregierungen Köln und       Beratungen. Dieser muss leider als Muster-
Landschaftsverbandskämmerin auch die         Düsseldorf inne. Den Vorsitz führt bei den     beispiel dafür gelten, dass andere politi-
Kämmereileiter. Einen Status als ständige    Westfälisch-Lippischen Kreiskämmerer der       sche Ebenen (in diesem Fall der Bund) ver-
                                                                   Kreisdirektor    und     suchen, unter Missachtung bzw. Umge-
                                                                   Kreiskämmerer des        hung des Konnexitätsgrundsatzes („Wer
                                                                   Kreises Warendorf,       bestellt, bezahlt“) Politik zum Nachteil
                                                                   Dr. Stefan Funke,        kommunaler Kassen zu machen.
                                                                   und im Rheinland
                                                                   der Kämmerer des         Der Entwurf der Bundesregierung sieht
                                                                   Kreises Euskirchen,      vor, dass die Entlastung von Angehörigen
                                                                   Ingo Hessenius.          durch die Kommunen finanziert wird. Das
                                                                                            Ziel, Pflegebedürftige und ihre Angehöri-
                                                                   In ihren jüngsten Sit-   ge stärker zu entlasten, wurde zwar aus-
                                                                   zungen am 1. und         drücklich unterstützt, die damit verbunde-
                                                                   8. Oktober 2019          ne Kostenüberwälzung auf die Kommunen
                                                                   stand einmal mehr        sei aber nicht hinnehmbar. Nach Berech-
                                                                   der Umgang mit           nungen der kommunalen Spitzenverbände
                                                                   dem 2. NKF-Weiter-       steht zu erwarten, dass das Angehörigen-
                                                                   entwicklungsgesetz       Entlastungsgesetz die kommunalen Haus-
                                                                   und der neu gestal-      halte bundesweit mit bis zu einer Milliarde
                                                                   teten     Kommunal-      Euro jährlich belastet. Die nordrhein-west-
                                                                   hauhaltsverordnung,      fälischen Kreise sind als Sozialhilfeträger
                                                                   die Weiterentwick-       angesichts der im Bundesvergleich hohen
                                                                   lung des Gemein-         Heimentgelte besonders betroffen. Wenn
                                                                   definanzierungsge-       der Bund aber den Aufwand für die nicht
                                                                   setzes, der künftige     von der Pflegeversicherung gedeckten
                                                                   Belastungsausgleich      Leistungen noch stärker den Kommunen
                                                                   für die flüchtlings-     zuordnet, habe er auch die entstehenden
                                                                   bedingten      Kosten    Kosten zu ersetzen, war das Fazit der Bera-
                                                                   sowie die Umset-         tungen. Zumindest müsse aber eine Revi-
                                                                   zung des § 2b UStG       sionsklausel in das Gesetz aufgenommen
                                                                   auf dem Programm.        werden, die gewährleistet, dass die Kosten
                                                                   Neben          diesen    erhoben und dann vom Bund ausgeglichen
                                                                   „finanzpolitischen       werden.
                                                                   Dauerbrennern“ war
                                                                   dieses Mal auch der                EILDIENST LKT NRW
Sitzung der rheinischen Kreiskämmerer am 8.10.2019 im Kreis        Entwurf für ein sog.              Nr. 11/November 2019
Düren.                                      Quelle: Kreis Düren   „Angehörigenent-                    20.08.12/20.08.13

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EILDIENST 11/2019                                                                                                        Thema aktuell

Entwurf eines Gesetzes zur Regelung der Zuweisungen
des Landes Nordrhein-Westfalen an die Gemeinden und
Gemeindeverbände im Haushaltsjahr 2020 (GFG 2020)
und zur Änderung des Stärkungspaktgesetzes

   Der Landtag NRW hat mit Drucksache 17/7202 die kommunalen Spitzenverbände aufgefordert, als Sachverständige
   in der Sitzung des Ausschusses für Heimat, Kommunales, Bauen und Wohnen und des Integrationsausschusses am
   27. September 2019 ein Votum zum Gesetzentwurf abzugeben. Gemeinsam mit dem Städte- und Gemeindebund NRW
   wurde die im Folgenden abgedruckte Stellungnahme formuliert:

A. Zu Artikel 1 –                             Unabhängig davon halten wir – wie bereits     vertrag aufgeworfenen Frage einer Über-
Entwurf eines GFG 2020                        in unserer letztjährigen Stellungnahme        prüfung eines wesentlichen Bausteins der
                                              zum Entwurf eines GFG 2019 ausgeführt         Bedarfsermittlung, nämlich der Hauptan-
                                              (Stellungnahme Nr. 17/838) – die Emp-         satzstaffel (Einwohnerveredelung), verfah-
I. Zum aktuellen Stand wissenschaftlicher     fehlung der Gutachter für nachvollziehbar     ren wird. Das vollziehen wir nach.
Überprüfung des kommunalen Finanz-            und für nach aktuellem Sachstand alter-
ausgleichs                                    nativlos, im Interesse einer Stabilisierung   Denn in der Tat liegen grundsätzlich unter-
                                              der in Form von Gewichtungsfaktoren zu        schiedliche Bewertungen der im Frühjahr
Bereits im Rahmen der anfänglichen Pro-       ermittelnden Ergebnisse einen Wechsel         vorgelegten „Studie“ des ifo-Instituts
blembeschreibung in dem Gesetzent-            der Regressionsmethodik vom bisherigen        München zur „Überprüfung der Einwoh-
wurf (S. 2; s. auch S. 51 f.)1 wird darauf    pooled OLS-Verfahren zu einer sog. robu-      nergewichtung im System des kommunalen
hingewiesen, dass der fiktiven Bedarfser-     sten Regression unter Beibehaltung des        Finanzausgleichs in Nordrhein-Westfalen“
mittlung im GFG 2019 methodisch das           Zusammenfassens mehrerer Grunddaten-          (i.F. „ifo-Studie“) vor. So sehr wir die im
Gutachten der Sonderforschungsgruppe          jahrgänge (pooling) vorzunehmen.              Koalitionsvertrag zum Ausdruck kommen-
Institutionen­
             analyse e.V. der Hochschule                                                    de Absicht, das Instrument der Einwoh-
Darmstadt (sofia) zu ausgewählten Fragen      Im Interesse der von der Systemumstellung     nerveredelung im jährlichen Gemeinde­
und Bestandteilen des Systems des Kom-        besonders betroffenen Gemeinden – ins-        finanzierungsgesetz wissenschaftlich über­-
munalen Finanzausgleichs vom August           besondere derer, die sich in anspruchs-       prüfen zu lassen, weiterhin begrüßen und
2017 zugrunde liegt – selbstverständlich      vollen Konsolidierungsprozessen befin-        unterstützen, so ernüchtert waren wir vom
neben einer Vielzahl anderer Gutachten,       den – haben wir im letzten Jahr auch eine     methodischen und materiellen Gehalt der
deren Ergebnisse in der Vergangenheit in      gestufte Umsetzung der neuen Methodik         ifo-Studie. Wir sind überzeugt davon,
das heutige System eingeflossen sind.         mitgetragen, wonach die Differenzen           dass sie das im Koalitionsvertrag zu Aus-
                                              bei den Regressionsergebnissen für die        druck kommende ehrliche Interesse an
Wichtig bleibt insoweit die Feststellung,     Gewichtungsfaktoren der Nebenansätze          einer nachvollziehbaren und überzeugen-
dass das sog. sofia-Gutachten in vielfacher   gegenüber den Vorjahresergebnissen            den Begründung des Instruments jenseits
Hinsicht grundlegend zu kritisieren ist und   zunächst mit einem Abschlag von 50 %          finanzwissenschaftlicher Axiome und Ver-
seine Verwendbarkeit für eine verfassungs-    versehen und nur insoweit der fiktiven        mutungen nicht im Ansatz befriedigen und
konforme Weiterentwicklung des GFG            Bedarfsermittlung für das GFG 2019 zu         der Auftrag des Koalitionsvertrags damit
schon deswegen in Frage steht, weil es        Grunde gelegt wurden.                         noch nicht erledigt sein kann.
die in NRW vorzufindende verfassungs-
rechtliche und kommunalverfassungs-           Laut Begründung des vorliegenden Gesetz-      Unsere Gründe dafür, die sich auf ein brei-
rechtliche Ausgangslage inkl. der vom         entwurfs (S. 52 f.) sollen die Regelungen     tes wissenschaftliches Schrifttum abstützen
Verfassungsgerichtshof in seinem Urteil       des GFG 2019 hinsichtlich der aus den         können, haben wir in unserer Stellungnah-
vom 10. Mai 2016 festgestellten „Verzer-      Grunddaten zu entwickelnden Parameter         me (Anlage zu Vorlage 17/1975 vom 18.
rungen“ und „Verwerfungen“ nicht zur          (Gewichtungsfaktoren der Nebenansätze,        April 2019) ausführlich dargelegt. Die ifo-
Grundlage nimmt, sondern stattdessen          Hauptansatzstaffel, fiktive Realsteuerhe-     Studie geht einem echten wissenschaft­
ein finanzwissenschaftliches Idealmodell      besätze) nun auch im Rahmen des GFG           lichen Diskurs an den entscheidenden Stel-
postuliert.                                   2020 beibehalten werden – mithin auch         len schlicht aus dem Weg, woran keinem
                                              der 50-%-Abschlag sowie die Verwendung        der beteiligten Akteure wirklich gelegen
Unsere grundsätzlichen Einwände gegen         der Datenjahrgänge 2011-2015. Begrün-         sein kann. Ohne einen fairen Diskurs unter
das Gutachten erhalten wir daher weiter-      det wird dies damit, dass eine Aktualisie-    Einschluss aller vertretenen wissenschaft-
hin ausdrücklich aufrecht und verweisen       rung der für die Bedarfs- und Steuerkraft­    lichen Auffassungen steht die interkom-
insofern auf unsere umfassende Stellung-      ermittlung zu verwendenden Grunddaten
nahme vom 6. Oktober 2017 (Anlage 1 zu        und die daraus resultierenden Verteilungs-    1
                                                                                                Seitenverweise beziehen sich, sofern nicht
Stellungnahme Nr. 17/838 vom 27. Sep-         effekte nicht angezeigt erscheint, bevor          anders angegeben, auf den Gesetzentwurf
tember 2018).                                 geklärt ist, wie mit der vom Koalitions-          (Drs. 17/7202).

                                                                                                                                       559
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Thema aktuell                                                                                                             EILDIENST 11/2019

munale Verteilungsgerechtigkeit weiterhin       finanzwissenschaftlichen Expertisen umset-       usw.) und weiter geplanten (etwa „Gesetz
massiv in Frage. Wir bekräftigen daher          zen. Denn die notwendige und überfällige         zur Entlastung unterhaltsverpflichteter
unsere Forderung, das Instrument der            Korrektur in Form einer Einführung gestaf-       Angehöriger in der Sozialhilfe und in der
Einwohnerveredelung unter gleichberech-         felter fiktiver Hebesätze (dazu ausführlich      Eingliederungshilfe“) Leistungsausweitung
tigtem Einschluss aller vertretenen wissen-     unter II. 5.) lässt sich bereits jetzt mit dem   durch den Sozialgesetzgeber weiter deutli-
schaftlichen Auffassungen überprüfen zu         finanzwissenschaftlichen Forschungsstand         che Steigerungsraten anzunehmen. Zudem
lassen.                                         ohne weiteres in Einklang bringen.               werden die Kommunen neben dem Auf-
                                                                                                 wand für die Unterbringung und gesund-
Unterdessen bleibt unsere seit Jahren                                                            heitliche Versorgung von Asylbewerbern
geäußerte Feststellung aufrecht zu erhal-       II. Zum Steuerverbund eines GFG 2020             zusätzlich mit dem Aufwand für eine
ten, dass auch das vorliegend skizzierte                                                         Integration der Bleibeberechtigten in die
GFG 2020 das Ziel interkommunaler Ver-          1. Zur Dotierung und zum Verbundsatz             Gesellschaft konfrontiert. Allein mit Blick
teilungsgerechtigkeit im kommunalen                                                              auf diejenigen Flüchtlinge, die sich aktuell
Finanzausgleich verfehlen wird.                 Die kommunale Haushaltssituation bleibt          bereits in NRW-Kommunen befinden, und
                                                trotz des Stärkungspaktes Stadtfinanzen          einen möglichen Familiennachzug sind mit
Die Ergebnisse des FiFo-Gutachtens der          und aller weiteren Maßnahmen des Bun-            den entsprechenden Finanzierungslasten
Landesregierung       (Goerl/Rauch/Thöne,       des und des Landes sowie einer guten             nach wie vor erhebliche Herausforderun-
„Weiterentwicklung des kommunalen               Konjunktur mit hohem Steueraufkommen             gen für die kommunalen Haushalte ver-
Finanzausgleichs in Nordrhein-Westfalen“,       – auch mittelfristig betrachtet – Besorgnis      bunden.
Finanzwissenschaftliches        Forschungsin-   erregend. So hat die neuste Haushaltsum-
stitut an der Universität zu Köln [FiFo-        frage des Städte- und Gemeindebundes             Umso erschreckender ist, dass nach der
Institut], Köln 2013 – i.F.: FiFo-Gutachten)    NRW unter seinen 360 Mitgliedskommu-             Verständigung von Bund und Ländern
mögen zwar in die Gemeindefinanzie-             nen zwar leichte Verbesserungen beim             beim Treffen der Ministerpräsidentenkon-
rungsgesetze seit dem GFG 2015 einge-           Indikator „struktureller Haushaltsaus-           ferenz mit der Bundeskanzlerin am 6. Juni
flossen sein. Zu betonen bleibt aber, dass      gleich“ ergeben; dennoch erreichen immer         2019 über die Fortführung der Beteiligung
die FiFo-Ergebnisse weiterhin nur teilwei-      noch – trotz historisch guter konjunktu-         des Bundes an den flüchtlingsbezogenen
se, nämlich hinsichtlich der Datenbasis zur     reller Rahmenbedingungen und diverser            Kosten von Ländern und Kommunen die
Berechnung der Verteilungsparameter der         staatlicher Finanzhilfen – mit 129 nur rund      bisherige Integrationspauschale (im Refe-
Gemeindeschlüsselmasse, umgesetzt wer-          ein Drittel der Mitgliedskommunen einen          rentenentwurf des Bundesministeriums
den. So werden Parameter für die Vertei-        strukturell ausgeglichenen Haushalt und          der Finanzen für ein „Gesetz zur Beteili-
lung der Mittel von Teilschlüsselmassen         damit den eigentlich von der Gemeinde­-          gung des Bundes an den Integrationsko-
genutzt, die nach den wissenschaftlichen        ordnung als Normalfall geforderten               sten der Länder und Kommunen in den
Maßgaben ein deutlich anderes Gewicht           Zustand.                                         Jahren 2020 und 2021“ vom 29.08.2019
hätten. Diese Teilumsetzung der wissen-                                                          nun als „Pauschale für flüchtlingsbezogene
schaftlichen Erkenntnisse führt zu einer        Insgesamt bleibt für Nordrhein-Westfalen         Zwecke“ tituliert) im Jahr 2020 nur noch
Schieflage im kommunalen Finanzaus-             festzuhalten, dass fast 40 Jahre struktu-        700 Mio. Euro und im Jahr 2021 sogar nur
gleich.                                         reller Unterfinanzierung zu einem erheb-         noch 500 Mio. Euro betragen soll. Damit
                                                lichen finanziellen Aufholbedarf in vielen       würden auf NRW in 2020 nicht mehr wie
Die Schieflage wird insbesondere dadurch        Kommunen geführt haben, der nur mithil-          für 2019 430 Mio. Euro entfallen, sondern
besonders ausgeprägt, dass das System           fe langjähriger Überschüsse in Zukunft zu        nur noch ca. 140 Mio. Euro – also weniger
der Einwohnerveredelung einwohnerstar-          bewältigen wäre. Angesichts der jüngsten         als ein 1/3 des Vorjahres! Für 2021 wären
ke Städte durch die Anerkennung (realer)        Steuerschätzung sind derartige Überschüs-        es sogar nur noch ca. 100 Mio. Euro! Es
Ausgaben als Bedarf nach wie vor favo-          se allerdings nicht zu erwarten. Auch die        bedarf keiner weiteren Erläuterung, dass
risiert, während bei der Berechnung der         Meldungen zu bundes- bzw. landesweiten           unter diesen Umständen eine Fortsetzung
Steuerkraft erhebliche Einnahmevorteile         Überschüssen im Rahmen der kommuna-              der Integrationsarbeit auf dem bisherigen
der größeren Städte durch die Wirkung           len Kassenstatistik dürfen nicht darüber         Niveau unmöglich wäre. Landesregie-
einheitlicher fiktiver Realsteuerhebesätze      hinwegtäuschen, dass gerade in Nord­             rung und Landtag sind nun gefordert zu
„weggerechnet“ werden. Dies führt dazu,         rhein-Westfalen noch viele Städte und            klären, ob Nachverhandlungen mit dem
dass die für einen Einwohner im kreisfreien     Gemeinden mit erheblichen Finanzproble-          Bund in Betracht kommen, eine ergänzen-
Bereich und im kreisangehörigen Bereich         men zu kämpfen haben und von einem               de Finanzierung aus dem Landeshaushalt
zur Verfügung stehenden Ressourcen              strukturellen Haushaltsausgleich noch weit       möglich ist oder die Kommunen darauf
immer weiter auseinanderklaffen. Über           entfernt sind.                                   verwiesen werden sollen, die gerade (erst-
den kommunalen Finanzausgleich erfolgt                                                           mals im Jahr 2019) halbwegs auskömm-
eine sich verstärkende Umverteilung von         In diesem Zusammenhang ist insbesonde-           lich gegenfinanzierte Integrationsarbeit
Mitteln in den kreisfreien Bereich, die dort    re auf die Sozialausgaben der Gemeinden          zurückzufahren. Wir halten es weiterhin
verausgabt und nach der Logik des Ver-          und Gemeindeverbände in NRW hinzu-               für zwingend notwendig und angemes-
teilungssystems wiederum als Indikatoren        weisen. Die jährlichen Aufwendungen für          sen, dass die Kommunen, die den Großteil
für einen höheren Bedarf gewertet werden        soziale Leistungen in Form von Sozialtrans-      der Integrationsaufgaben stellvertretend
(vgl. zu unserer Kritik am Instrument der       ferauszahlungen steigen seit Jahren an und       für den Gesamtstaat zu schultern haben,
Einwohnerveredelung ausführlich unsere          stagnierten für die NRW-Kommunen im              eine adäquate und nachhaltige Förderung
gemeinsame Stellungnahme zur Studie des         Jahre 2018 mit gut 19,4 Mrd. Euro auf sehr       durch Land und Bund erhalten. Vor allem
ifo-Instituts, Anlage zu Vorlage 17/1975).      hohem Niveau. Für die Zukunft sind insbe-        das für die Kommunalfinanzierung zustän-
Eine Beseitigung der Schieflage bei der         sondere angesichts der jüngst verabschie-        dige Land muss die Kommunen in die Lage
Steuerkraftermittlung schließlich ließe sich    deten (Unterhaltsvorschussgesetz, Bun-           versetzen, geeignete Rahmenbedingungen
schon heute auf Basis der vorliegenden          desteilhabegesetz, Pflegestärkungsgesetze        für die erfolgreiche Integration vor Ort zu

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EILDIENST 11/2019 - Landkreistag NRW
EILDIENST 11/2019                                                                                                    Thema aktuell

schaffen. Dabei sind Entlastungsmittel bei    Belastung der Kommunen durch Sozial-          Daher muss endlich auch das Land seiner
den Kommunen auch am wirksamsten              leistungen nicht allein auf die Transfer-     aus Art. 28 Abs. 2 und 3 GG i. V. m. 79
eingesetzt. Von einer erfolgreichen kom-      ausgaben beschränke, sondern zudem            Satz 1 Verf. NRW folgenden Verantwor-
munalen Integrationsarbeit profitieren        mit zusätzlichen Ausgaben im Bereich der      tung für die angemessene Finanzaus-
schließlich auch die Länder und der Bund      Sozialverwaltung verbunden sei, für die       stattung der Kommunen nachkommen
über Mehreinnahmen bei der Einkommen-         es jedoch keine Bundeshilfen gebe. Dem        und den Verbundsatz mittelfristig wieder
und Umsatzsteuer sowie über Einsparun-        ist ausdrücklich zuzustimmen. Anzeichen       deutlich anheben. Wir begrüßen daher
gen bei den Kosten der Unterkunft nach        dafür, dass sich an dieser Situation seit     ausdrücklich, dass der Verbundsatz wegen
dem SGB II.                                   2015 etwas grundlegend geändert haben         des Wegfalls eines sog. „pauschalen Bela-
                                              könnten, liegen nicht vor. Wie bereits        stungsausgleichs“ für etwaige Überzahlun-
Auch unter Zugrundelegung sonstiger           angedeutet, wuchsen die Sozialausgaben        gen im Rahmen der kommunalen Beteili-
beschlossener und in Aussicht gestellter      der Kommunen – trotz der Hochkonjunk-         gung an den sog. Einheitslasten des Landes
Entlastungen können die zur Verfügung         turphase – weiterhin stärker als ihre Ein-    „echte“ 23 Prozent erreicht. Gleichwohl
stehenden Erträge den finanziellen Bela-      nahmen. Beispielhaft für die Kreise ver-      kann diese Verbesserung nur ein erster
stungsaufwuchs keinesfalls abdecken.          deutlicht dies die folgende Grafik (1).       Schritt hin zu einer signifikanten Anhebung
Die strukturelle Unterfinanzierung bleibt                                                   und mittelfristigen Rückkehr zu den Ver-
bestehen. Dies bestätigt nicht zuletzt auch   Darüber hinaus bereiten vielen Kommunen       bundsätzen von Anfang der 1980er-Jahre
das zu Beginn erwähnte sofia-Gutachten        auch die künftigen Erträge der Gewerbe-       sein. Die Absenkung des Verbundsat-
(dort S. 28). Danach konnten bis 2015         steuer erhebliche Sorgen, da es vielerorts    zes von ursprünglich 28,5 Prozent in den
die bisherigen Bundeshilfen den Anstieg       konkrete Hinweise darauf gibt, dass mit       GFG der Jahre 1982, 1983 und 1986, die
der kommunalen Sozialausgaben lediglich       signifikanten Ertragsrückgängen oder gar      zeitlich auch den Beginn des Aufwuchses
dämpfen, bewirkten jedoch keinen Rück-        -einbrüchen zu rechnen ist, insbesondere      der Kommunalverschuldung in Nordrhein-
gang auf das Niveau früherer Jahre. Dies      mit Blick auf die Automobil(zulieferer)-      Westfalen markiert, entzieht seither den
gelte umso mehr, als sich die finanzielle     Industrie.                                    Kommunen jährlich – gemessen an der
                                                                                            dem aktuellen GFG zugrundeliegenden
                                                                                            verteilbaren Finanzausgleichsmasse – rund
                                                                                            3 Mrd. Euro. Sie ist die Hauptursache der
                                                                                            strukturellen kommunalen Unterfinanzie-
                                                                                            rung in Nordrhein-Westfalen. Trotz der
                                                                                            zuletzt eingetrübten Aussichten beste-
                                                                                            hen für das Land weiterhin haushaltspo-
                                                                                            litische Spielräume, die genutzt werden
                                                                                            müssen, um die Generationenaufgabe der
                                                                                            Rückführung der (Alt-)Schulden des Lan-
                                                                                            des NRW und seiner Kommunen anzu-
                                                                                            packen. Zu einer Lösung des Altschulden-
                                                                                            problems gehört dabei auch immer und in
                                                                                            erster Linie die Verhinderung neuer Schul-
                                                                                            den. Dafür wäre die Wiedererhöhung des
                                                                                            Verbundsatzes ein ganz wesentlicher Bau-
                                                                                            stein.

                                                                                            Insofern ist auch dem Eindruck zu wider-
                                                                                            sprechen, den die Begründung des vor-
                                                                                            liegenden Gesetzentwurfs stellenweise zu
                                                                                            vermitteln versucht, wenn es etwa auf S. 49
                                                                                            im letzten Absatz heißt, in Anbetracht der
                                                                                            Programme, die aktuell sowohl auf Landes-
                                                                                            ebene wie auch auf Bundesebene für die
                                                                                            Entlastung und Unterstützung der Kom-
                                                                                            munen aufgelegt worden seien bzw. die
                                                                                            als Ergebnis der Kommission „Gleichwer-
                                                                                            tige Lebensverhältnisse“ auf Bundesebene
                                                                                            ggf. erwartet werden dürften, sei künftig
                                                                                            eine weitere Verbesserung der finanziellen
                                                                                            Situation der Kommunen zu erwarten. Da
                                                                                            aber die bisherigen Entlastungen gerade
                                                                                            noch nicht ausreichen und die Ergebnisse
                                                                                            der Kommission „Gleichwertige Lebens-
                                                                                            verhältnisse“ auf Bundesebene bislang
                                                                                            ebenso wenig konkret sind wie Maßnah-
                                                                                            men des Landes Nordrhein-Westfalen
                                                                                            selbst zur Lösung der Altschuldenfrage,
                                                                                            kann tatsächlich noch lange keine Entwar-
Grafik 1: Entwicklung der Sozialaufwendungen der Kreise.                 Quelle: LKT NRW   nung gegeben werden.

                                                                                                                                  561
Thema aktuell                                                                                                           EILDIENST 11/2019

Neben die sachliche Notwendigkeit einer        3. Zu § 6 –                                   4. Zur Hauptansatzstaffel
Erhöhung des Verbundsatzes tritt im            Aufteilung der Schlüsselmasse                 (§ 8 Abs. 3; Anlage 2)
Übrigen auch eine rechtliche. Die Arbeits-
gemeinschaft der kommunalen Spitzen-           Unabhängig von den finanzwissenschaft-        Die Einwohnerveredelung in Form der
verbände in NRW hat Anfang 2016 ein            lich zu begutachtenden Fragestellungen        Hauptansatzstaffel ist abzuschaffen. Vor
Rechtsgutachten des ehemaligen Präsi-          und den Ergebnissen des sofia-Gutach-         dem Hintergrund des interkommunalen
denten des Staatsgerichtshofes des Landes      tens muss ein Einstieg in die vom FiFo-       Gleichbehandlungsgebotes sollten alle Ein-
Hessen, Herrn Prof. em. Dipl.-Volkswirt        Gutachten der Landesregierung (Goerl/         wohner aller Gemeinden stattdessen mit
Dr. jur. Klaus Lange, vorgelegt, das sich      Rauch/Thöne, a.a.O., S. 115 und 149 f.)       einheitlichem Gewicht in die Bemessung
differenziert mit der Frage eines verfas-      vorgeschlagene Anpassung der Teilschlüs-      des Hauptansatzes eingehen. Soweit signi-
sungsrechtlichen Anspruchs der Kommu-          selmassen für die Kreise/Städteregion und     fikante Spezialbedarfe einzelner Gemein-
nen auf finanzielle Mindestausstattung         Landschaftsverbände auf Grundlage einer       den nachweisbar sein sollten, haben diese
auseinandersetzt.                              Relation der Auszahlungen aaD der drei        nichts mit der Gemeindegröße (Einwohne-
                                               Gebietskörperschaftsgruppen erfolgen.         ranzahl) an sich zu tun, sondern mit einer
Das Gutachten kommt unter anderem zu                                                         näher zu bestimmenden Sondersituation.
dem Ergebnis, dass – unabhängig von der        Die herausgestellte Erforderlichkeit einer    Sie wären ggf. – wie beim Soziallastenan-
jeweiligen Landesverfassung – bereits nach     Anpassung der seit 1980 nicht mehr            satz, Zentralitätsansatz und Flächenansatz
Art. 28 Abs. 2 Grundgesetz ein Anspruch        grundjustierten     Teilschlüsselmassenauf-   – transparent durch entsprechende Neben-
der Kommunen gegen ihr jeweiliges Bun-         teilung auf die einzelnen Schlüsselmassen     ansätze zu berücksichtigen.
desland auf finanzielle Mindestausstat-        für Gemeinden, Kreise und Landschafts-
tung besteht, die unabhängig von der           verbände bestätigt sowohl die einstimmi-      Die Auswirkungen der Einwohnerverede-
Leistungsfähigkeit des jeweiligen Bundes-      ge Empfehlung 16 der ifo-Kommission aus       lung zeigen sich bei einem Blick auf die
landes zu gewähren ist (anders hingegen        dem Jahr 2010, die Aufteilung der Schlüs-     Verteilung der Schlüsselzuweisungen in
der Gesetzentwurf, S. 50) und die es den       selmasse auf Grundlage von Daten der Jah-     den letzten zwölf GFG-Jahrgängen (siehe
Kommunen erlauben muss, nicht nur ihre         resabschlussstatistik nach der Relation der   Grafik 2).
Pflichtaufgaben, sondern darüber hinaus        Zuschussbedarfe von Gemeinden, Kreisen
auch freiwillige Selbstverwaltungsaufga-       und Landschaftsverbänden im GFG jeweils       Nimmt man das Jahr 2008 als aus Aus-
ben wahrzunehmen. Trotz des guten Jah-         im Rahmen der Grunddatenanpassung zu          gangspunkt für die Entwicklung der
resergebnisses für die Kommunalhaushalte       aktualisieren, als auch die wissenschaft-     Schlüsselzuweisungen, so stellt man insge-
in 2017 zeigt eine langfristige Betrachtung,   lichen Ergebnisse von Junkernheinrich/        samt ein deutliches Wachstum fest, wel-
dass die Kommunen pflichtige und freiwil-      Micosatt aus dem Jahr 2011.                   ches sich allerdings sehr ungleich verteilt
lige Aufgaben nicht ohne Substanzverzehr                                                     (siehe Grafik 3).
finanzieren konnten. Dies hat zu einer         Die damit verbundene Anhebung der
Gesamtschuldenlast der NRW-Kommu-              Teilschlüsselmassen für die Kreise und die    Bei der Einordnung dieser Zahlen muss
nen von über 61 Mrd. Euro Ende 2017            Landschaftsverbände wird den Gemeinden        berücksichtigt werden, dass rd. 59 Pro-
geführt. Insofern bleibt trotz der Recht-      nach dem gesetzlich in § 56 Abs. 1 Satz 1     zent der Gesamtbevölkerung des Landes in
sprechung des VerfGH NRW (zuletzt              KrO NRW und § 22 Abs. 1 Satz 1 LVer-          kreisangehörigen Städten und Gemeinden
Urteile vom 10.05.2016, Az. VerfGH             bO NRW bestimmten Mechanismus über            leben. Nach dem Entwurf des GFG 2019
19/13 und 24/13) offen, ob die finanzielle     die Umlageeffekte zugutekommen und die        würde auf Einwohner des kreisangehöri-
Ausstattung der NRW-Kommunen den               mit niedrigeren Schlüsselzuweisungen der      gen Raums eine durchschnittliche Schlüs-
grundgesetzlichen Maßstäben aus Art. 28        kreisangehörigen Gemeinden einherge-          selzuweisung von 386 Euro entfallen,
Abs. 2 GG genügt.                              henden Verluste überkompensieren.             verglichen mit 691 Euro für die Bewohner
                                                                                             kreisfreier Städte.
                                               Das dagegen teilweise angeführte Argu-
2. Zu § 3 –                                    ment, dem Gesetzgeber stehe es frei, zu       Dass gegen die Hauptansatzstaffel erheb-
Vorwegabzug, Voraberhöhung                     entscheiden, ob er die Kreise und Land-       liche und wissenschaftlich vielfach begrün-
                                               schaftsverbände eher über Schlüsselzuwei-     dete Bedenken bestehen, haben wir zuletzt
Die gegenüber der bisherigen Planung           sungen oder über Umlagen als „alternati-      in unserer bereits erwähnten Stellungnah-
vorzeitige und nunmehr vollständige            ven Finanzierungskanal“ finanzieren wolle,    me zur ifo-Studie (Anlage zur Landtags-
Streichung des Vorwegabzugs nach § 2           ist nicht zu Ende gedacht: Denn über          Vorlage Nr. 17/1975) skizziert, auf die
Abs. 3 Stärkungspaktgesetz, mit der eine       Umlagen kann zwischen den Beteiligten         wir grundsätzlich verweisen. Bekräftigt sei
spürbare Entlastung der Kommunen ver-          nur umverteilt werden, was ihnen zunächst     hier noch einmal, dass die These, in ein-
bunden ist, erkennen wir ausdrücklich          zugewiesen wurde.                             wohnerreicheren Städten und Gemeinden
als Leistung der Landesregierung an. Wir                                                     seien für die Erbringung öffentlicher Lei-
begrüßen sehr, dass damit unserer in den       Die einseitige Anpassung allein der Daten-    stungen Pro-Kopf per se mehr Finanzmittel
letzten Jahren aufgestellten Forderungen       basis zur Berechnung der Verteilungspa-       notwendig, um die notwendigen Ausga-
entsprochen wird und den Kommunen              rameter in der Gemeindeschlüsselmasse         ben tätigen zu können, wissenschaftlich
dringend benötigte Finanzmittel zur Ver-       führt jedoch dazu, dass die entsprechenden    eindeutig nicht abgesichert, sondern viel-
fügung gestellt werden. Die in § 3 Abs. 2      Mittel den kreisangehörigen Gemeinden         mehr grundlegend in Frage zu stellen ist.
vorgesehene Voraberhöhung in Höhe von          entzogen werden, ohne dass die Kreise/        Besonders fragwürdig ist der – lediglich als
rund 216 Millionen Euro leitet folgerichtig    Städteregion und Landschaftsverbände          „Hilfskonstruktion“ etablierte – Verweis
für die Kommunen bestimmte und über            zusätzliche Mittel erhalten. Was aber eine    auf das tatsächliche Ausgabeverhalten und
den Länderanteil an der Umsatzsteuer flie-     kreisangehörige Gemeinde im GFG nicht         der dadurch praktizierte Rückschluss von
ßende Mittel aus dem 5-Milliarden-Entla-       erhält, kann auch nicht im Wege der Erhe-     Ausgabewille auf den Bedarf, wie es der
stungspaket des Bundes weiter.                 bung der Kreisumlage geschaffen werden        im GFG seit Jahren praktizierten Methode

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EILDIENST 11/2019                                                                                                       Thema aktuell

                                                                                             Aufgabenspektrum im Bereich pflichtiger
                                                                                             Aufgaben gestützt werden.

                                                                                             Wir verleihen daher auch an dieser Stelle
                                                                                             noch einmal unserer Forderung Nach-
                                                                                             druck, das System der Einwohnerverede-
                                                                                             lung – wie im Koalitionsvertrag vorgesehen
                                                                                             – einer grundlegenden und umfassenden
                                                                                             wissenschaftlichen Überprüfung zu unter-
                                                                                             ziehen, die auch alternative Grundvertei-
                                                                                             lungsmechanismen einbezieht und damit
                                                                                             den aktuellen Stand des wissenschaftlichen
                                                                                             Diskurses fair und vollständig darstellt.

                                                                                             Außerdem erhalten wir unsere im Rah-
                                                                                             men der letztjährigen Stellungnahme zum
                                                                                             Entwurf eines GFG 2019 geäußerte Kritik
                                                                                             an der aktuell linearen Ausgestaltung der
                                                                                             Hauptansatzstaffel und daran ausdrück-
                                                                                             lich aufrecht, dass sich der 50-prozentige
                                                                                             Abschlag im Rahmen der (Teil-)Umstellung
                                                                                             auf die robuste Regression nach dem sofia-
                                                                                             Gutachten nicht auch auf die Hauptansatz-
Grafik 2: Anteil an der Summe der Schlüsselzuweisungen.                   Quelle: LKT NRW   staffel bezieht (zu beiden vgl. ausführlich
                                                                                             Stellungnahme Nr. 17/838, dort unter 2.
                                                                                             c) bb) (2) und (3)).

                                                                                             5. Zu § 9 – Ermittlung der
                                                                                             Steuerkraftmesszahl für die Gemeinden

                                                                                             a) Zum derzeitigen System der
                                                                                             Einnahmekraftermittlung
                                                                                             Die gemeindliche Einnahmekraft sollte
                                                                                             dringend unter Nutzung fiktiver Hebe-
                                                                                             sätze ermittelt werden, die nach Gemein-
                                                                                             degrößenklassen gestaffelt sind. Nach
                                                                                             Gemeindegrößenklassen gestaffelte fiktive
                                                                                             Hebesätze bildeten die tatsächliche Hebe-
                                                                                             satzlandschaft in Nordrhein-Westfalen
                                                                                             deutlich realitätsgerechter ab als die aktuell
                                                                                             zum Einsatz kommenden einheitlichen fik-
                                                                                             tiven Hebesätze.

                                                                                             Die Ausführungen des FiFo-Gutachtens
                                                                                             bestätigen den Befund, dass es einen signi-
                                                                                             fikanten Zusammenhang zwischen der
                                                                                             tatsächlichen Hebesatzhöhe und der Ein-
Grafik 3: Entwicklung der Schlüsselzuweisungen.                           Quelle: LKT NRW   wohnerzahl gibt. Dem tritt auch das sofia-
                                                                                             Gutachten in keiner Weise entgegen. Nach
letztlich zugrunde liegt. Ein solcher Ansatz   nern gleichwertig zu versorgen (vgl. hierzu   entsprechenden Aussagen aus der Recht-
bietet nicht nur keinen Anreiz für wirt-       den Nachweis entsprechender Positionie-       sprechung des Verfassungsgerichtshofs
schaftlich sinnvolles Verhalten, sondern im    rungen in Literatur und Rechtsprechung        NRW ist es eindeutig Aufgabe der Steuer-
Gegenteil Anreize zur Erhöhung der Ausga-      in unserer Stellungnahme zur ifo-Studie,      kraftberechnung im kommunalen Finanz-
ben. Dabei liegt es nahe zu vermuten, dass     S. 37f., Landtags-Vorlage Nr. 17/1975,        ausgleich, die Steuerkraft zwar einerseits
durch einen höheren Agglomera­tionsgrad        S. 117f.). Die Aufgaben der Kommunen          fiktiv (und damit gestaltungsunabhängig),
(etwa Unternehmensansiedlungs- und             nach nordrhein-westfälischer Rechtslage       auf der anderen Seite aber auch möglichst
Arbeitskräftepotential) und Skaleneffekte      im kreisangehörigen Raum (Kreise,             realitätsnah zu erfassen.
bzw. die Fixkostendegression die Bereit-       kreisangehörige Gemeinden und Land-
stellung öffentlicher Leistungen im städ-      schaftsverbände) entsprechen jedenfalls       Das mit zunehmender Gemeindegrößen-
tischen Bereich kostengünstiger ist als        in vollem Umfang denen des kreisfreien        klasse steigende Niveau der tatsächlichen
in eher ländlich geprägten Regionen, in        Raums (kreisfreie Städte und Landschafts-     Hebesätze bei der Grundsteuer B und v.
denen weitere Wege zurückgelegt werden         verbände). Eine Differenzierung bei der       a. bei der Gewerbesteuer ist keine Beson-
müssen und mehr Standorte erforderlich         pauschalierten Abgeltung kann daher auch      derheit Nordrhein-Westfalens und damit
sind, um die gleiche Anzahl von Einwoh-        nicht auf ein angeblich unterschiedliches     kein Reflex einer mit der Einwohnerzahl

                                                                                                                                     563
Thema aktuell                                                                           EILDIENST 11/2019

quasi automatisch größeren Finanznot
der Gemeinden hierzulande, sondern ein
bundesweites Phänomen, und zwar unab-
hängig vom finanzwirtschaftlichen Status
der jeweiligen Kommune. Die häufig von
interessierter Seite vorgebrachten Argu-
mente,

−	die Haushalts- und Finanzlage der klei-
   neren und mittleren Gemeinden in
   Nord­rhein-Westfalen sei aufgaben- und
   strukturbedingt per se günstiger,

−	sie könnten sich daher im Vergleich zu
   den größeren, insbesondere kreisfreien
   Städten deutlich geringere Hebesätze
   leisten und würden also freiwillig auf
   Einnahmepotentiale verzichten (kön-
   nen),

−	
  eine solche Strategie dürfe systembe-
  dingt nicht auch noch durch höhere
  Schlüsselzuweisungen belohnt werden,

sind falsch. Dies belegt schon die hohe
Zahl kreisangehöriger Gemeinden im Stär-
kungspakt. Tatsächlich müssen gerade
Kommunen im kreisangehörigen Raum
den Anreiz niedrigerer Hebesätze bieten,
damit sie im landesweiten Standortwettbe-
werb um Unternehmen, Arbeitskräfte und
Wertschöpfungspotentiale, also im Bemü-
hen um eine positive Entwicklung ihres
Gemeinwesens, mit Aussicht auf Erfolg
bestehen und größen- und/oder lageab-
hängige Nachteile wenigstens zum Teil
kompensieren können.

Dass mit der Größe einer Gemeinde auch
die Hebesätze steigen, ist also nicht über-
raschend, sondern geradezu zwingend.
Dass dies auch tatsächlich so ist, ist seit
langem nachgewiesen. Die Daten sind in
den meisten deutschen Flächenländern
eindeutig, wie die Beispiele aus den Län-
dern Baden-Württemberg, Bayern und
Rheinland-Pfalz, in denen die Staffelklas-
sen ähnlich wie in NRW strukturiert sind,
belegen (siehe nebenstehende Grafiken).

Für den Referenzzeitraum des GFG 2018
(01.07.2016 bis 30.06.2017) lagen die
tatsächlichen Realsteuereinnahmen der
Kommunen bei einem Gesamtbetrag von
15,764 Milliarden Euro. Als Finanzkraft
angerechnet wurden tatsächlich 13,957
Milliarden Euro. Dieser Umstand wäre für
sich genommen noch unkritisch, wenn
die Unterzeichnung des tatsächlichen
Aufkommens sich gleichmäßig auf die
Gebietskörperschaften verteilen würde.
Dies ist allerdings nicht der Fall. Tatsäch-
lich liegt der nicht berücksichtigte Teil der
realen Steuereinnahmen bei den kreisfrei-
en Städten um rund 560 Millionen Euro           Gewerbesteuerhebesätze im Vergleich.       Quelle: LKT NRW

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EILDIENST 11/2019                                                                                                         Thema aktuell

höher als beim kreisangehörigen Raum!          Hebesätze nicht der Fall – denn an ihrer         zen vorgenommen – für die Grundsteuer
Dies ist auch keineswegs ein Sondereffekt      Größe kann die Gemeinde nichts ändern.           A und B in Höhe von 10%, für die Gewer-
des Jahres 2018, sondern wiederholt sich                                                        besteuer in Höhe von 6%. Da die Ergeb-
von Jahr zu Jahr, wie die nachfolgende         Mit einer solchen Staffelung der Hebesätze       nisse des GFG 2019 insoweit auch für
Grafik belegt (die farbigen Flächen stellen    gehen sogar Vorteile einher. Im Landtag          den Gesetzentwurf eines GFG 2020 über-
jeweils die Differenz zwischen fiktiver und    ist wiederholt über die (angeblich) steuer­      nommen werden (S. 64), setzt sich diese
tatsächlicher Steuerkraft dar):                treibende Wirkung des fiktiven Hebe-             Mechanik fort, die seitens der Landesre-
                                                                                                gierung mit einer Bremsung bzw. Reduzie-
                                                                                                rung des Anstiegs der fiktiven Hebesätze
                                                                                                begründet wird.

                                                                                                Wir halten derartige – im Übrigen sehr eng
                                                                                                begrenzte – Anreizregelungen für frucht-
                                                                                                los und daher verfehlt, weil solche Maß-
                                                                                                nahmen aus kommunaler Sicht kaum zu
                                                                                                einer Entspannung werden beitragen kön-
                                                                                                nen. Schon mit Blick auf eigene Standort-
                                                                                                nachteile ist generell jede Kommune nach
                                                                                                Kräften bemüht, ihre Hebesätze auf einem
                                                                                                möglichst geringen Niveau zu halten. Die
                                                                                                aktuellen Hebesätze der NRW-Kommunen
                                                                                                sind daher nicht als Resultat einer finanzi-
                                                                                                ellen Anreizwirkung der fiktiven Hebesätze
                                                                                                des GFG, sondern als unausweichliches
Unterschiede zwischen tatsächlicher Realsteuerkraft und fiktiver Steuerkraft.                   Symptom der bereits beschriebenen struk-
                                                                         Quelle: LKT NRW       turellen Unterfinanzierung der kommuna-
                                                                                                len Familie zu deuten.
Die Tatsache, dass mit der Größe der           satzes im GFG diskutiert worden. Dieser
Gemeinde auch die Hebesätze steigen,           müsse – so die Argumentation – gesenkt           Ein nachhaltiger Abbau der realsteuerlichen
heißt auch: Diese Gemeinden nehmen             werden, um eine vermeintliche Steuer­            Belastung für die Kommunen und ihre Ein-
mehr Steuern ein. Diese Mehreinnahmen          erhöhungsspirale in NRW zu stoppen.              wohner wie auch für das Land insgesamt
werden aktuell aber ignoriert, soweit die      Auch wenn wir die Argumente an dieser            kann nur gelingen, wenn sich die Haus-
Hebesätze über dem fiktiven Einheitshebe-      Stelle ausdrücklich nicht teilen: Eine Ermitt-   haltssituation der Städte und Gemeinden
satz liegen!                                   lung der Finanzkraft anhand nach Größen-         dauerhaft normalisiert. Die aktuell man-
                                               klassen gestaffelter fiktiver Hebesätze führt    cherorts zu beobachtende starke Anspan-
Die Notwendigkeit gestaffelter fiktiver        dazu, dass sich eine Gemeinde nur noch           nung der Hebesätze ist eine erzwungene
Hebesätze ergibt sich nicht zuletzt auch       an dem für ihre Größenklasse maßgebli-           Folge kommunaler Finanznot und wird im
aufgrund einer Gesamtbetrachtung des           chen fiktiven Hebesatz orientieren müsste.       selben Maße verschwinden, in dem sich
heutigen Systems der Bedarfs- und Steuer­      Wenn Gemeinden sich überhaupt an dem             die finanzielle Situation der betroffenen
kraftermittlung. Aktuell werden kleinere       momentanen Hebesatz orientieren – dann           Kommunen und der Kommunen in NRW
Städte und Gemeinden nicht nur durch           nach oben. Dieser Schritt nach oben wäre         insgesamt verbessert.
die Hauptansatzstaffel, sondern zusätzlich     bei gestaffelten Hebesätzen deutlich „kür-
auch noch durch einheitliche fiktive Hebe-     zer“ als bei Beibehaltung des momentanen         Würde es die Landesregierung dagegen
sätze benachteiligt. Stattdessen könnte        Durchschnittshebesatzes aller Gemeinden.         ernst mit einer stärkeren Anreizwirkung fik-
sofort und in Einklang mit den vorliegen-                                                       tiver Hebesätze nehmen, müsste sie umge-
den wissenschaftlichen Gutachten auf der       Einer Umsetzung dieses Instruments,              hend die Einführung von nach Gemein-
Steuerkraftseite ein Gegengewicht zum          das zum Austarieren beider Seiten des            degröße gestaffelten fiktiven Hebesätzen
Hauptansatz geschaffen werden. Der             Ausgleichssystems geradezu zwingend              vornehmen. Dies würde nicht nur die
Hauptansatz stellt nach wie vor mit stei-      erscheinen muss, steht nach dem Vorste-          Verteilungsgerechtigkeit innerhalb des
gender Einwohnerzahl einen steigenden          henden also nichts entgegen. Wir fordern         kommunalen Finanzausgleichs drastisch
„Bedarf“ fest. Spiegelbildlich hieße das für   Landesregierung und Landtag daher auf,           erhöhen, sondern zugleich auch – soweit
die Ermittlung der Finanzkraft, dass mit       bereits im Rahmen der Vorbereitung eines         derartige Anreizwirkungen überhaupt zur
steigendem Hebesatz auch eine steigende        GFG 2020 in konkrete Gespräche zur Ein-          Steuerung taugen können – eine tatsäch-
Finanzkraft festgestellt werden muss. Das      führung gestaffelter fiktiver Hebesätze          lich wirkungsvolle und sachgerechte Form
wäre nicht mehr als gerecht!                   einzusteigen und diese erstmalig im GFG          einer Anreizwirkung schaffen.
                                               2020 vorzusehen. Über die genaue Ausge-
Mit einer solchen Staffelung der Hebesätze     staltung des Instruments – etwa die Anzahl
gehen auch keine Nachteile einher. Richtig     und Einteilung der Größenklassen – kann          6. Zu § 16 – Investitionspauschalen,
ist, dass im kommunalen Finanzausgleich        und sollte im Rahmen dieser Gespräche            Tilgung Sondervermögen, Aufwands-/
fiktive Hebesätze zur Anwendung kom-           diskutiert werden.                               Unterhaltungspauschale
men müssen, damit einzelne Gemeinden
ihre Finanzkraft nicht durch Änderung          b) Zu den vorgesehenen fiktiven                  Wir begrüßen ausdrücklich, dass die pau-
ihrer Hebesätze „steuern“ können. Dies         Hebesätzen (§ 9 Abs. 2 Nr. 1-3)                  schalierten Zweckzuweisungen weiter-
ist aber auch bei einer Ermittlung anhand      Im GFG 2019 wurde erstmalig ein differen-        hin bis zum 31.12.2020 für gegenseitig
nach Größenklassen gestaffelter fiktiver       zierter Abschlag bei den fiktiven Hebesät-       deckungsfähig erklärt werden und damit

                                                                                                                                       565
Thema aktuell                                                                                                              EILDIENST 11/2019

verbesserte Rahmenbedingungen zur Ver-         ihrer Ergänzungs- und Ausgleichsfunktion         Finanzierungsstrukturen für die Digitalisie-
wendung der Investitionsmittel geschaffen      unterhaltenen Einrichtungen und Infra-           rung der Schulen aufrecht.
und gleichzeitig die pauschalen Zweckzu-       strukturen haben.
weisungen erhalten werden sollen. Dies
entspricht einer Forderung aus der kom-                                                         8. Zu § 19 Abs. 2 Nr. 2 –
munalen Familie und folgt dem Programm         7. Zu §§ 17 und 18 – Schulpauschale/             Abwassergebührenhilfe
des Koalitionsvertrages, die kommunale         Bildungspauschale, Sportpauschale
Selbstverwaltung zu achten und wo mög-                                                          Das Verfahren im Rahmen der Abwasser-
lich zu stärken. Durch die gegenseitige        Wir begrüßen ausdrücklich die Dynami-            gebührenhilfe, wegen einer grundlegen-
Deckungsfähigkeit ist es jeder Kommu-          sierung der Schulpauschale/Bildungspau-          den Evaluierung den fiktiven Gebührensatz
ne eigenständig möglich, die Pauschalen        schale und der Sportpauschale.                   für das Jahr 2020 erstmalig nicht zu erhö-
flexibel und genau dort einzusetzen, wo                                                         hen, sondern fortzuschreiben, können wir
die Mittel jeweils gebraucht werden. Das       Außerdem begrüßen wir die geplante               – verbunden mit der bekundeten Absicht,
Bedürfnis dazu kann von Kommune zu             Erweiterung der Verwendungsmöglichkei-           keine anspruchsberechtigte Gemeinde
Kommune und von Jahr zu Jahr sehr unter-       ten der Schulpauschale/Bildungspauscha-          schlechter als im Vorjahr zu stellen – nach-
schiedlich sein. Die nicht naturgegebene       le, die sich einerseits in einer begrifflichen   vollziehen. Für die zu erwartende Einbin-
und bislang starre Gewichtung der Pau-         Öffnung („Schulen“) und andererseits             dung in das Evaluierungsverfahren stehen
schalen öffnet sich so der Einzigartigkeit     in einer Anpassung des sog. „Schulpau-           wir gern zur Verfügung.
der lokalen Verhältnisse.                      schalenerlasses“ der Landesregierung
                                               niederschlagen soll. Dieses Anliegen der
Mit Blick auf eine mögliche Verlängerung       Landesregierung werden wir in künftigen          III. Zu Teil 5 des Gesetzentwurfs –
der gegenseitigen Deckungsfähigkeit dür-       Gesprächen zur Anpassung des Erlasses            hier: Ermittlung der maßgeblichen
fen wir bereits jetzt dafür werben, den        gern konstruktiv unterstützen. Es bestärkt       Einwohnerzahl (§ 27 Abs. 3)
Kommunen insoweit auch künftig das not-        uns ganz allgemein in unserer Forderung,
wendige Vertrauen für die sachangemesse-       die vorhandenen Pauschalen weiter zu             Mit dem GFG 2019 wurde in § 27 Abs. 3
ne und ausgewogene Lösung ihrer Belange        flexibilisieren und beispielsweise sonstige      Satz 1 wieder zu Regelungen der Vorjahre
vor Ort zu schenken und die kommunale          (konsumtive) Unterhaltungsaufwendun-             zurückgekehrt und der 31. Dezember des
Selbstverwaltung damit sowohl ernst zu         gen in die Förderzwecke einzubeziehen.           jeweiligen Vorvorjahres (also 2017) zum
nehmen als auch effektiv zu stärken. Eini-     Dies gilt momentan insbesondere für die          Stichtag für die Einwohnerzahl bestimmt.
gen Kommunen, die etwa im Bereich ihrer        Verwendungsmöglichkeiten der Schulpau-           Im GFG 2018 war angesichts massiver Pro-
(wenigen) Schulen bereits viel erreichen       schale/Bildungspauschale, deren Einzelhei-       bleme bei der Bevölkerungsstatistik, die
konnten, werden so dringend notwendi-          ten im Erlasswege festgelegt werden. Im          möglicherweise auf den Flüchtlingszuzug
ge Spielräume für Investitionen an anderer     aktuellen Erlass vom 23. Mai 2013 werden         ab dem Herbst 2015 zurückzuführen sind,
Stelle eröffnet. Und viele weitere Kommu-      die Verwendungszwecke u. a. dahinge-             der Stichtag 30.06.2016 gesetzt worden.
nen, deren Mittelbedarf im Schulbereich        hend beschränkt, dass die Schulpauschale/
auch durch zusätzliche Förderprogramme         Bildungspauschale nicht zur Deckung von          Dem Vernehmen nach konnte IT.NRW als
von Bund und Land nicht auskömmlich            Aufwendungen und Auszahlungen für                zuständige Landesbehörde die erforder-
gedeckt werden kann, wären auch weiter-        Personal, für Schülerfahrkosten, für Lern-       lichen Korrekturen allerdings immer noch
hin nicht daran gehindert, über die Schul-/    mittel und für die Beschaffung von nicht         nicht abschließen; es existieren immer noch
Bildungspauschale hinaus auf weitere Mit-      zum Anlagevermögen zählenden beweg-              Abweichungen zwischen den örtlichen Ein-
tel zuzugreifen, d. h. die Ausstattung ihrer   lichen Gegenständen oder sonstigen               wohnermeldedaten und den IT.NRW vor-
Schulen über das aktuell mögliche Maß          Unterhaltungsaufwendungen verwendet              liegenden Angaben. Unabhängig von der
hinaus zu verbessern.                          werden darf, die keine Bauunterhaltungs-         Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs
                                               aufwendungen sind. Diese Beschränkung            NRW vom 09.07.2019 (Az. VerfGH 37/14
Die Beibehaltung und Erhöhung der Auf-         verhindert vielerorts die Lösung drängen-        – zum GFG 2014) sind Melde- und Stati-
wands-/Unterhaltungspauschale im GFG           der Probleme der Ausfinanzierung laufen-         stikbehörden weiterhin aufgerufen, ggf.
2020 ist ebenfalls sehr zu begrüßen. Die       den Aufwands – gerade im Bereich einer           bestehende Abweichungen aufzuklären
Feststellung, dass ein Investitions- und       Unterhaltung digitaler Infrastruktur, die        und zu korrigieren.
Sanierungsstau besteht, der abgebaut           erhebliche Dimensionen annehmen kann
werden muss, ist richtig. Der Verzicht auf     und bei dem Aufbau entsprechender Infra-
eine Zweckbindung zugunsten flexibler          struktur stets mitgedacht werden muss.
Einsatzmöglichkeiten ist ein gutes Zeichen,                                                     B. Zu Artikel 2 – Entwurf zur
dass die Landesregierung die kommunale         Durch die momentane Mittelkumulation             Änderung des Stärkungspakt-
Handlungsfreiheit und die Eigenverant-         aus verschiedenen Quellen im Schulbereich        gesetzes
wortung der Gemeinden achtet. Auch die         – neben der Schulpauschale/Bildungspau-
hälftige Verteilung nach den Maßstäben         schale stehen Mittel aus dem Kommunalin-         Mit der vollständigen Streichung des GFG-
Einwohner und Fläche ist beispielgebend.       vestitionsförderungsgesetz, aus dem Lan-         Vorwegabzugs zur Mitfinanzierung des
Das Instrument sollte weiter ausgebaut         desprogramm „Gute Schule 2020“ sowie             Stärkungspakts korrespondiert auch eine
werden.                                        aus dem Digitalpakt zur Verfügung – ver-         entsprechende Änderung des Stärkungs-
                                               liert der investive Schwerpunkt der Schul-       paktgesetzes selbst. Wir dürfen insoweit
Der Landkreistag weist darauf hin, dass        pauschale/Bildungspauschale zunehmend            auf unsere Ausführungen unter A. II. 2.
auch die Kreise einen beträchtlichen Sanie-    an Bedeutung, sodass eine Öffnung der            verweisen.
rungs-/Modernisierungsbedarf bei den           Verwendungsbreite angemessen erscheint.
von ihnen im Rahmen ihrer Allzuständig-        Unabhängig davon halten wir aber unsere                    EILDIENST LKT NRW
keit für alle überörtlichen Aufgaben und       Forderung nach dauerhaft tragfähigen                Nr. 11/November 2019   20.30.00

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