Weichenstellung: Fünf Digitalisierungsprofessuren für die Hochschule Osnabrück Zukunftslabore im Land: Forschende der Hochschule in vier von sechs ...
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Journal Ausgabe 17 | Dezember 2019 Weichenstellung: Fünf Digitalisierungsprofessuren für die Hochschule Osnabrück Zukunftslabore im Land: Forschende der Hochschule in vier von sechs Laboren beteiligt Brief aus Estland: Von der singenden Revolution
INHALT
MITTEN IM BLICK
04 „Applied Sciences go digital“: Fünf Digitalisierungsprofessuren
für die Hochschule | 04
06 „Gleichstellung: ausgezeichnet“
07 Nachgefragt: Warum wird 2020 für Euer Start-up ein Erfolg? DIGITALISIERUNGSSTANDORT
OSNABRÜCK
08 Digitalisierungsforschung: Professorinnen und Professoren
Fünf Digitalisierungsprofes-
der Hochschule forschen in vier von sechs Zukunftslaboren suren kann die Hochschule
10 WIR für das Engagement: das Projekt ALTERnativ-Tandem Osnabrück dank der Förderung
11 Karriereforschung: Wie Selbstführung beflügelt durch das Land besetzen.
12 Institut für Musik: 100 Jahre Konservatorium
MITTEN IN STUDIUM, FORSCHUNG UND LEHRE
14 Start-up: Rhetorik-Training mithilfe Virtueller Realität | 14
16 Grünkohl aus der hochschuleigenen Indoorfarm
17 Das Experimentierfeld Agro-Nordwest RHETORIKTRAINING MITHILFE
VIRTUELLER REALITÄT
18 Studiengänge: Wie angehende Berufsschullehrkräfte von der
Die Idee eines VR-Rhetorik-
Zusammenarbeit von Hochschule und Universität profitieren trainers, entwickelt von einem
21 Hört, hört: Neue CDs mit Wurzeln am IfM Hochschul-Start-up, soll Rede-
22 #Farmersroadtrip: Ein Landwirtschaftsstudent entdeckt angst lindern.
die unterschiedliche Agrarwirtschaft in zwölf Ländern
24 Von Aliens und Raumschiffen: eine faszinierende Projektarbeit
von Industrial Design-Studierenden
26 Neues Wissen Schwarz auf Weiß: Bücher aus der Hochschule
28 Im Interview: Prof. Dr. Winfried Zapp geht nach 26 Jahren
in den Ruhestand – ein Rückblick und ein Ausblick | 38
NEUES RECHENZENTRUM
Im November wurde das neue
MITTEN IN DER REGION UND IN DER WELT Rechenzentrum der Universität
30 Brief aus Tallinn: „Singende Selbstverständlichkeit“ eingeweiht. Die Hochschule
32 Neue Impulse für die Energiewirtschaft im Emsland zieht als Mieterin ein.
33 Summer Academy Landschaftsarchitektur:
Niederlausitz bunter als New York
MITTEN UNTER UNS
34 Mein Arbeitsplatz: Maja Laumann aus der Personalentwicklung
35 Ortstermin mit Dr. Patricia Gozalbez Canto vom LearningCenter
ZUM TITELBILD:
36 Neue Professorinnen und Professoren
Jana Koßenjans studiert Indus-
38 Das neue Rechenzentrum trial Design. In einer Semester-
40 Personalia: Willkommen den neuen Mitarbeitenden arbeit im Bereich Science-
41 Dank an die Mitarbeitenden im Ruhestand Fiction entwarf sie mit ihren
43 So oder so, Sebastian Dorenkamp? Mitstudierenden eine stim-
mungsvolle, futuristische Welt
43 Wildpflanzen auf 10.000 Quadratmetern Dachfläche
mit Raumanzügen, Fahrzeugen,
44 Quiz: Karrierestufen an der Hochschule Osnabrück
Gebäuden, Städten und Land-
46 Terminkalender des Präsidenten, Veranstaltungen, Impressum schaften. Mehr dazu auf den
Seiten 24 und 25.
02
EDITORIAL
Liebe Leserin, lieber Leser,
auch in dieser Ausgabe unseres
Hochschul-Journals finden Sie
zahlreiche Belege dafür, wie breit
die Hochschule Osnabrück in For-
schungsfragen zur Digitalisierung
aufgestellt ist – sei es in der Land-
wirtschaft, im Gesundheitswesen
oder ganz grundsätzlich in der
Arbeitswelt von morgen. An erster
Stelle ist sicher unser großer Er-
folg bei den Digitalisierungspro-
fessuren zu nennen (ab Seite 4).
Fünf unbefristete Vollzeitprofes-
suren werden wir in den kom-
menden Jahren auf der Grundlage
unseres Antrags „Applied Sciences
go digital – Chancen für digitale
Regionen“ besetzen.
Zugleich – das betonen wir im-
IM KONFETTIREGEN
mer wieder – ist es uns ein großes
Anliegen, unseren Studierenden „Start-up mit Stallgeruch“: Unter dieser „German Agri Startup“ und „German Food
auch überfachliche Kompetenzen Überschrift stellten wir im Jahresbericht Startup“ ausgezeichnet.
zu vermitteln. Wir möchten sie in 2018/2019 der Hochschule Osnabrück das Aus mehr als 70 Bewerbungen aus ganz
ihrer Persönlichkeitsentwicklung Start-up Farmerscent von Hochschulstu- Deutschland wählte die Jury die sechs besten
und in ihren Selbstkompetenzen dent Victor große Macke (Bild oben, Mitte) Projekte aus, die im Finale antreten durften.
stärken, damit sie unter anderem vor. Durch den Einsatz von Duftstoffen in Pro Award traten sich zwei Start-ups ge-
F OTOS : (L ) O. P R ACHT . RH E TO RIK T RAINE R VR . B . ME CK E L . A.R OG G E . (R ) INN OVAT E G MB H | S. REUKAUF
den vielen Fragestellungen rund Ställen will Farmerscent die Umgebung der genüber. Diese hatten je sieben Minuten
um die Digitalisierung mit Ge- Tiere verbessern und so nicht nur die Leis- Bühnenzeit, um mit ihrer Idee zu überzeu-
staltungswillen und Augenmaß tung, sondern auch das Tierwohl fördern. gen. Per Smartphone-Live-Abstimmung
begegnen können. Mit dieser Idee bewarb sich das Start-up wählte das Publikum dann das aus seiner
Auch dafür, wie persönlich prä- bei der innovate!2019 um den „German Sicht beste Produkt.
gend ein Hochschulstudium sein Agri Startup Award“ – und überzeugte Mehr dazu: www.innovate-os.de
kann, bietet die aktuelle Ausgabe Jury und Publikum. Der Lohn: ein Bad im
zahlreiche Beispiele: Auf Seite 10 Konfettiregen und ein 5.000-Euro-Scheck.
lesen Sie von einer Studierenden- Mehr als 1.000 Teilnehmende und mehr als
gruppe, die sich für einsame alte 35 Rednerinnen und Redner zeigen Mitte
Menschen engagiert, und auf Oktober die Bedeutung, die die innovate! als
Seite 30 berichtet Musik-Studen- Treffpunkt der Start-up-Szene inzwischen
tin Samira Strakerjahn über die erlangt hat. Aus dem kleinen Barcamp ist
bahnbrechende Kraft des Gesangs. mittlerweile eine weithin beachtete Veran-
staltung geworden, die sich auf die Themen
Besinnliche Tage und ein gutes Food, Agrar und Digitalisierung konzen-
neues Jahr wünscht triert. Innovative Gründungsideen wer-
den hier mit den innovate!Awards in den
Ihr Präsidium Kategorien „Digital Innovation Challenge“,
03
Wie sieht die Arbeitswelt der Zukunft aus? Smarte Brillen beispielsweise werden unter anderem in der Logistikbranche eine zunehmend größere Rolle einnehmen.
Hier testet Studentin Jule Haverkamp vom Campus Lingen die Möglichkeiten der Digitalisierung.
DIE HOCHSCHULE ALS AGENTIN
DES DIGITALEN WANDELS
Die Digitalisierungsprofessuren in Niedersachsen sollen ein zentraler Hebel für die Zukunftsfähigkeit des
Landes sein. Im November wurde offiziell, welche Hochschulen sich erfolgreich um die Professuren
beworben haben. Die Hochschule Osnabrück ist stark vertreten – und wird nun wichtige Weichen stellen.
„Mit den Personen, die wir berufen, wird praktisch die Zukunft Gutachter der Wissenschaftlichen Kommission Niedersachsens
der Hochschule festgelegt.“ Dieses Zitat stammt aus einem und bescherte der Hochschule fünf unbefristete Vollzeitprofes-
Experteninterview für die Studie „Bewerberlage bei Fach- suren. „Durch die konsequente Vernetzung von Lehre und For-
hochschulprofessuren“ von 2017. Das Deutsche Zentrum für schung mit Wirtschaft und Gesellschaft verfügen Hochschulen
Hochschul- und Wissenschaftsforschung hat die Studie erstellt. für angewandte Wissenschaften über einen starken Hebel, um
Die Arbeit der Professorinnen und Professoren prägt eine Hoch- die digitale Transformation in ihrer Hochschulregion voranzu-
schule. Und sie wirkt darüber hinaus. Das machte Niedersachsens bringen“, heißt es im Antrag. Die Absolventinnen und Absol-
Wissenschaftsminister Björn Thümler deutlich, als er in diesem venten der Hochschule sollen in die Lage versetzt werden, als
November die ersten sogenannten Digitalisierungsprofessuren Agentinnen und Agenten „des digitalen Wandels die Potenziale
im Land auf den Weg brachte: „Die Einrichtung der Digitalisie- aus der Forschung frühzeitig für Entwicklungsaufgaben und
rungsprofessuren ist eine der wichtigsten Weichenstellungen für Innovationsprozesse in der Praxis zu nutzen“.
die Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit des Landes.“ Ein Blick auf die Zahlen veranschaulicht, wie stark die Hoch-
Warum das so ist, wird bei einem genaueren Blick auf den er- schule in die Region hineinwirkt: Mit ihren etwa 14.300 Studie-
folgreichen Antrag der Hochschule Osnabrück deutlich. Er trägt renden im Wintersemester 2018/2019 und einem Drittmittel-
den Titel „Applied Sciences go digital – Chancen für digitale volumen von mehr als 14 Millionen Euro im Jahr 2017 ist die
Regionen“. Der Antrag überzeugte die Gutachterinnen und Hochschule Osnabrück die größte und forschungsstärkste
04
Fachhochschule in Niedersachsen. Das Studienangebot ist mit Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sowie den engen
91 Studiengängen (davon 64 Bachelor und 27 Master) umfassend Austausch mit der Praxis einen exzellenten Ruf erarbeitet. Zum
und fachlich breit aufgestellt. Von den 4.342 Studienanfänge- Tragen kam dies auch bei den Zukunftslaboren zur Digitalisie-
rinnen und -anfängern im Studienjahr 2018 stammten 53 Pro- rungsforschung im Land. Die Förderbescheide für die Labore
zent aus Niedersachsen und 35 Prozent aus dem angrenzenden wurden wenige Tage vor Verkündung der Digitalisierungspro-
Nordrhein-Westfalen. Jährlich verlassen etwa 3.000 Absol- fessuren vergeben (siehe Seiten 8 und 9). „Wir nehmen nicht
ventinnen und Absolventen die Hochschule, nachdem sie ein nur innerhalb der Fachhochschulen, sondern insgesamt eine
Studium abgeschlossen haben, in dem der enge Austausch mit Vorreiterposition in den Zukunftslaboren Digitalisierung des
der Praxis die Regel ist. Eine Studie von Ende 2016, in der fast Landes Niedersachsen ein“, betont Prof. Dr. Ingmar Ickerott,
2.300 Osnabrücker Studierende befragt wurden, kam zu dem Vizepräsident für Digitalisierung der Hochschule Osnabrück.
Ergebnis, das nahezu 80 Prozent der Studierenden an der „Unsere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sind an
Fachhochschule sich vorstellen können, nach dem Studium in insgesamt vier Digitalisierungslaboren beteiligt: zum einen an
der Region zu bleiben. den drei antragsrelevanten Zukunftslaboren Agrar, Gesund-
heit und Gesellschaft und Arbeit sowie darüber hinaus am
Intelligente Landtechnik und digitale Arbeitswelt Zukunftslabor Mobilität.“
Hinzu kommt auch in Forschungsfragen die gewachsene regio- Studierende sollen digitale Mündigkeit erwerben
nale Vernetzung: „Über Jahrzehnte hat sich eine enge, inno-
vationsgetriebene und entsprechend intensive Verzahnung von Trotz dieser Schwerpunktsetzung durchzieht das Konzept der
Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern der Hochschule Hochschule eine verbindende Leitlinie: Die Digitalisierung als
mit regionalen Akteuren in ihrem wirtschaftlichen und gesell- Querschnittsaufgabe soll möglichst breit in Lehre und For-
schaftlichen Umfeld für gemeinsame Forschungs- und Trans- schung verankert werden. „Ein übergreifendes Ziel des Antrags-
feraufgaben etabliert“, schildert Prof. Dr. Bernd Lehmann, Vize- konzeptes besteht darin, Digitalisierungsbrüche (digital divides)
präsident für Forschung, Transfer und Nachwuchsförderung. in der Wirtschaft und Gesellschaft zu vermeiden und Brücken
Der im Antrag formulierte „starke Hebel“, um die digitale für digitale Regionen zu bauen“, heißt es im Antrag. Hierzu
Transformation in der Hochschulregion voranzubringen, wird müssten die dafür notwendigen technischen und sozialen Kom-
angesichts dieser Bestandsaufnahme deutlich. Bei Hochschul- petenzen identifiziert, gezielt weiterentwickelt und breit in die
präsident Prof. Dr. Andreas Bertram ist die Freude groß: „Mit Studiengänge implementiert werden. „Über den Erwerb einer
der bald hinzugewonnen fachlichen Expertise der Professuren digitalen Mündigkeit (digital literacy) sollen die Studierenden
können wir die wichtige Rolle der Hochschule Osnabrück im befähigt werden, digitale Fach- und Handlungskompetenzen
Digitalisierungsprozess der Hoch-
schulregion Osnabrück und Lingen
und natürlich darüber hinaus for-
cieren.“
Durch die thematische Ausrichtung
DIGITALISIERUNGSPROFESSUREN
der Digitalisierungsprofessuren Das Niedersächsische Ministerium für Wissenschaft und Kultur fördert die Ein-
richtung der Digitalisierungsprofessuren an den Hochschulen in staatlicher Ver-
schärft die Hochschule Osnabrück
antwortung. Mit den Digitalisierungsprofessuren sollen vorrangig Themenfelder
zudem ihr Profil. Drei „Digitali-
der Informatik (etwa Künstliche Intelligenz, IT-Sicherheit, Data Science etc.) und
sierungscluster“ liegen dem Kon-
verwandter und angrenzender Disziplinen in Lehre und Forschung gestärkt werden.
zept zugrunde, die jeweils einem
Insgesamt stehen bis zu 50 Planstellen für die Digitalisierungsprofessuren zur
profilierten Forschungsfeld der Verfügung, aufwachsend über drei Jahre ab 2019. An acht Hochschulen in Nieder-
Hochschule entsprechen. Bereich sachsen werden jetzt bis zu 40 Digitalisierungsprofessuren eingerichtet.
eins: Digitale Agrarwirtschaft und
intelligente Landtechnik. Bereich Zehn weitere Professuren werden innerhalb der kommenden zwei Jahre in einer
zwei: Digitale Arbeitswelt und weiteren Antragsrunde ausgeschrieben. Aufgrund der strategischen Bedeutung
Wertschöpfungsketten zwischen der Professuren sollen aus dem „Niedersächsischen Vorab“ zusätzliche Mittel für
Stadt und Land. Der dritte Bereich: sechs Jahre bereitgestellt werden. Mit diesen Geldern können weitere Stellen für
Digitale Versorgungsketten in der wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und zusätzlich erforderliche
Infrastruktur gefördert werden. Welche Hochschule im Land wie viele Professuren
Gesundheitswirtschaft.
F OTO: O.P R ACHT
besetzen kann, finden Sie unter https://bit.ly/2O7fZgd.
Über Jahre hat sich die Hoch-
schule Osnabrück in diesen For-
schungsfeldern durch die Arbeit der
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zu entwickeln und so das akademische Fach- und Führungs- professuren: „Die Hochschule Osnabrück liegt an der Naht-
kräfteangebot quantitativ und qualitativ auszubauen.“ stelle zwischen urbanen und ländlichen Räumen des Landes
Diese Passage spiegelt auch wider, was Hochschulpräsident Niedersachsen. Um ihre Standorte in Osnabrück und Lingen
Bertram bereits zu Beginn des Jahres gegenüber der „WIR“- spannt sich ein Kerneinzugsgebiet auf, in dem die digitale Kluft
Redaktion formulierte: „Dieser umwälzende Prozess, der durch zwischen Stadt und Land, einkommensstarken und -schwachen
die Digitalisierung eingeleitet wird, der wird nicht aufhören. Es Bevölkerungsschichten, Menschen mit unterschiedlichem
wird permanente Veränderung geben. Die Frage ist: Wie kann Bildungsgrad, Älteren und Jüngeren bereits heute spürbar ist.“
man Menschen neugierig auf Veränderungen machen, sodass Aus dieser Feststellung leiten sich mehrere Kernfragestellungen
sie neue Techniken nicht erdulden, sondern vielmehr mit- ab, unter anderem diese: „Wie kann die Angleichung der
gestalten? Das stellt hohe Anforderungen an die Persönlich- Lebensverhältnisse von ruralen und urbanen Räumen durch
keitsentwicklung und an die Selbstkompetenz.“ Auch diesen Digitalisierung gestaltet werden?“ Und: „Welche individuellen
überfachlichen Themen wird sich die Hochschule in den kom- Digitalkompetenzen sind erforderlich, um digitale Diskrepanzen
menden Jahren verstärkt widmen. zu überwinden?“
Dass sie sich der Region verpflichtet fühlt, zeigt darüber hi- Die Menschen an der Hochschule Osnabrück werden in den
naus dieser Abschnitt im Konzept zu den Digitalisierungs- kommenden Jahren Antworten auf diese Fragen suchen. >> hs
GLEICHSTELLUNG: AUSGEZEICHNET!
Zum dritten Mal mit dem Gleichstellungskonzept über- Rekrutierung insbesondere von Professorinnen zusätz-
zeugt: Die Hochschule Osnabrück ist erneut beim Profes- lich erschwert.“ Hier brauche es innovative Konzepte,
sorinnenprogramm von Bund und Ländern erfolgreich. um Nachwuchswissenschaftlerinnen zu gewinnen und
Ein externes wissenschaftliches Fach-Gremium hat die zu stärken, um den Professorinnenanteil auch an Fach-
eingereichten Konzepte von insgesamt 70 Hochschu- hochschulen langfristig zu erhöhen. An der Hochschule
len begutachtet und unter anderem das Konzept aus Os- Osnabrück beträgt er 22,7 Prozent (2018). Er liegt knapp
nabrück positiv bewertet. Damit erhält die Hochschule unter dem Bundesschnitt des Professorinnenanteils an
eine Anschubfinanzierung für Fachhochschulen von 23,5 Pro-
drei Erstberufungen von Frauen zent (2018). „Ich freue mich
auf unbefristete Professuren. sehr, dass wir als Hochschule
Darüber hinaus gehört die für ein Gleichstellungszukunfts-
Hochschule Osnabrück in dieser konzept ausgezeichnet wurden,
Antragsrunde zu einer von zehn welches besonders auf qualita-
Hochschulen, deren Ideen für tive Prozesse zur nachhaltigen
die Personalentwicklung und Verankerung von Gleichstel-
-gewinnung auf dem Weg zur lung statt auf rein quantitative
Professur als hervorragend be- Zielzahlen setzt.“
wertet wurden. Damit erhält sie Hochschulpräsident Prof. Dr.
zusätzlich das Prädikat „Gleich- Andreas Bertram blickt vor-
stellung: ausgezeichnet!“. Es aus: „Die Hochschule ist sich
geht mit der Förderung einer vierten Erstberufung bewusst, dass die Verwirklichung von Gleichstellung in
einer Wissenschaftlerin einher. Lehre und Forschung ein großes Potenzial für die Ge-
„Wir haben in der Vergangenheit festgestellt, dass der sellschaft birgt. Hier hat sie sich ehrgeizige Ziele ge-
wissenschaftliche Karriereweg an Fachhochschulen setzt. Umso mehr freut es mich als Präsident, dass das
stärker als an Universitäten durch Brüche und Intrans- wissenschaftliche Gremium den Antrag der Hochschule
parenz sowie fehlende Planungssicherheit gekennzeich- als eine von insgesamt nur zwei Fachhochschulen mit
net ist“, erläutert die Zentrale Gleichstellungsbeauf- dem Prädikat ‚Gleichstellung: ausgezeichnet!‘ belohnt
tragte der Hochschule, Bettina Charlotte Belker. „Hinzu hat. Das ist auch für die Region Osnabrück / Lingen ein
kommt ein Fachkräftemangel in einigen Fächern, der die sehr großer Erfolg.“ >> jl
06
WARUM WIRD 2020
FÜR EUER START-UP
EIN ERFOLG?
Das Osnabrücker Seedhouse (www.seedhouse.de),
Zentrum für Start-ups mit Agrar-, Ernährungs- und
Digitalisierungsideen, zieht Gründerinnen und Gründer
aus der Region an. Die WIR-Redaktion hat sich in den
Räumlichkeiten, die wenige Meter entfernt vom Campus
Westerberg liegen, umgehört. Was bringt das kommende
Jahr für die jungen Menschen, die oft zugleich
studieren oder Absolventinnen und Absolventen der
Osnabrücker Hochschulen sind?
Anja Niehoff
Lambus GmbH, www.lambus.io
„Lambus ist als App seit März dieses Jahres verfügbar für iOS und
Android. Die Reise war bisher schon ziemlich aufregend - vor
Kurzem waren wir unter anderem ,App of the day‛ in 140 Ländern.
Das Seedhouse, das uns immer mit Rat und Tat zur Seite steht,
hat uns jetzt auch zu unserem ersten größeren Investment verholfen,
mit dem wir 2020 dann richtig durchstarten können.“
Paul Ohm Tim Niekamp Maximilian Marowsky
PearProgramming, www.pearprogramming.eu VisioLab PearProgramming
F OTOS : (L ) O.P R ACHT . (R) J .SCH U LT E
„Im kommenden Jahr können wir dank „2020 werden wir mit unserem ersten „Wir möchten Schüler für das Fach Infor-
Fördergeldern das erste Mal 100 Prozent System live gehen und es bis zum Jahres- matik begeistern. Dafür gehen wir 2020
unserer Zeit in das Projekt stecken. ende zur Serienreife bringen. So stellen mit unserer digitalen Lernplattform Pear-
Der Fokus auf das Projekt gibt uns einen wir unser Produkt dem breiten Markt zur Up an den Start. Sie ermöglicht es allen
großartigen Planungsrahmen.“ Verfügung und Warteschlangen waren Schulen in Deutschland, innovativen
gestern.“ Informatikunterricht anbieten zu können.“
07
DIGITALISIERUNGSFORSCHUNG:
UMFASSEND VERNETZT
Sechs Zukunftslabore zur Digitalisierung hat die Landesregierung in diesem Jahr initiiert. Gleich viermal ist
die Hochschule Osnabrück dabei: in den Bereichen Agrar, Gesellschaft und Arbeit, Gesundheit sowie Mobilität.
Diese drei Statements sind nur auf den ersten Blick ohne Zu- und die Förderbescheide von insgesamt rund 22 Millionen
sammenhang: „Ein Schwerpunkt unserer Arbeitsgruppe wird es Euro übergab. Die Mittel für die fünf Jahre laufenden Vorhaben
sein, das verbreitete Bauchgefühl zur Tiergesundheit oder zum stammen aus dem Niedersächsischen Vorab der Volkswagen-
Tierwohl in Nutztierbeständen durch messbare Informationen stiftung. An die Hochschule Osnabrück fließen mehr als
beziehungsweise Daten und Bewertungssysteme zu ersetzen.“ 1,6 Millionen Euro.
„Ich freue mich, einen Beitrag leisten zu können, der hilft, das Die zunächst sechs Zukunftslabore widmen sich den Themen
Lernende Gesundheitssystem mitaufzubauen: von den Daten Agrar, Gesellschaft und Arbeit, Gesundheit, Mobilität, Energie
zum Wissen und von dem Wissen zum Handeln zum Wohle des sowie Produktion. Die Netzwerke aus niedersächsischen
Patienten.“ Und drittens: „Wir haben Wissenschaftlerinnen und Wissen-
die Zusammenhänge zwischen digi- schaftlern sowie Beteiligten aus der
taler Technik und der Gestaltung von „Ein Schwerpunkt unserer Praxis tauschen sich über aktuelle For-
Arbeit bisher zu wenig aus einer kom- schungsfragen aus, entwickeln Ideen
Arbeitsgruppe wird es sein,
munikativen Perspektive betrachtet.“ für Forschungsprojekte und bearbeiten
Es sind Aussagen von Wissenschaft-
das verbreitete Bauchgefühl diese gemeinsam. „Dass unsere For-
lerinnen und Wissenschaftlern der zur Tiergesundheit oder zum scherinnen und Forscher ihre Expertise
Hochschule Osnabrück, die an drei Tierwohl in Nutztierbeständen in vier Themenfeldern einbringen,
Fakultäten in völlig unterschied- zeigt, wie breit unsere Hochschule
durch messbare Informatio-
lichen Forschungsfeldern arbeiten. aufgestellt ist, wenn es um praxisnahe
nen beziehungsweise Daten
Und doch gibt es Leitfragen, die für Forschungsfragen zur Digitalisie-
alle gemeinsam eine große Rolle spie- und Bewertungssysteme zu rung geht“, betonen unisono Prof. Dr.
len: Welche Möglichkeiten eröffnet ersetzen.“ Ingmar Ickerott, Vizepräsident für
die Digitalisierung? Und wie lässt Digitalisierung der Hochschule Osna-
Prof. Dr. Robby Andersson,
sich die digitale Transformation zum brück, und Prof. Dr. Bernd Lehmann,
Professor für Tierhaltung und Produkte
Wohle der Gesellschaft gestalten? Vizepräsident für Forschung, Transfer
Was die Statements darüber hinaus und Nachwuchsförderung.
verdeutlichen: Die Digitalisierung hat viele Gesichter. Sie erfasst In welchen Laboren bringt die Hochschule Osnabrück ihr
im Grunde jeden gesellschaftlichen Bereich. Umso wichtiger Know-how ein? Und wer ist vonseiten der Hochschule beteiligt?
ist es, Kompetenzen zu bündeln und Menschen zusammen- Ein Überblick:
zubringen, die aus verschiedenen Blickwinkeln Antworten auf Zukunftslabor Gesundheit: Sprecher dieses Labors ist Prof.
ähnliche Fragen suchen. Genau diese Grundgedanken liegen den Dr. Ramin Yahyapour von der Universitätsmedizin Göttingen.
Zukunftslaboren Digitalisierung in Niedersachsen zugrunde. Zentrale Aspekte sind der Einsatz neuer digitaler Methoden
Sie bilden den Kern des Zentrums für digitale Innovationen in Medizin, Pflege und Gesundheit sowie eine evidenz- und
Niedersachsen (ZDIN), das von der Landesregierung initiiert datenbasierte Praxis. Hinzu kommt die Gestaltung gesund-
wurde. Zu Beginn des Jahres hat es seine Arbeit aufgenommen. heitsfördernder Lebenswelten, etwa durch Big Data-Analysen
Das ZDIN „ist unsere Antwort auf die Notwendigkeit, die Digi- in der Gesundheitsforschung mithilfe elektronischer Patienten-
talisierungsforschung in Niedersachsen besser zu bündeln, akten oder durch smarte Lösungen für ein selbstbestimmtes
den Wissens- und Technologietransfer in Richtung Wirtschaft Leben. Dazu zählen beispielsweise telemedizinische Angebote
und den praktischen Anwendern zu befördern und den offenen wie Videosprechstunden. Auch der Förderung der sogenannten
Dialog mit der Gesellschaft zu intensivieren“. Das sagte Björn eHealth Literacy bei Patientinnen und Patienten sowie Beschäf-
Thümler, Niedersachsens Minister für Wissenschaft und Kultur, tigten im Gesundheitsbereich widmen sich die Forschenden.
als er im Oktober den Startschuss für die Zukunftslabore gab Gemeint ist damit die Fähigkeit, Gesundheitsinformationen zu
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finden, zu verstehen, zu beurteilen und auch anwenden zu kön- mit der Wirtschaft erhebliche Potenziale für eine nachhaltigere
nen, um angemessene Entscheidungen zur Gesundheit zu treffen. Landwirtschaft.“
Die Forschungsgruppe Informatik im Gesundheitswesen der Zukunftslabor Gesellschaft und Arbeit: Sprecher dieses Labors
Hochschule Osnabrück um Prof. Dr. Ursula Hübner bringt ihre ist Prof. Dr. Wolfgang Nejdl von der Leibniz Universität
Expertise im Zukunftslabor Gesundheit ein. Es biete den nie- Hannover. Prof. Dr. Sabine Kirchhoff vom Campus Lingen wird
dersächsischen Akteuren in der Medizinischen und Gesund- gemeinsam mit ihrer wissenschaftlichen Mitarbeiterin Melanie
heitsinformatik eine hervorragende Plattform der Zusammen- Malczok in diesem Labor forschen. Die Zukunft der Arbeit wird
arbeit, ist Hübner überzeugt. „In keinem Bundesland gibt es so digital sein – so viel scheint festzustehen. Doch wie diese Zu-
viele Forscher und Forscherinnen in diesem Feld. Hier wird For- kunft genau aussehen wird ist noch offen – und gestaltbar.
schung an der internationalen Spitze betrieben, die patienten- Die Bereiche Informatik, Arbeits- und Organisationssoziologie,
zentriert und der Schaffung von neuem Wissen verpflichtet ist.“ Organisationsforschung, Mittelstandsforschung, Wirtschafts-
Zukunftslabor Agrar: Sprecher dieses Labors ist Prof. Dr. geografie, Kultur- und Kommunikationswissenschaft sowie
Joachim Hertzberg von der Universität Osnabrück. Das „Zu- Recht arbeiten hier Hand in Hand. „Den Forscherenden wird es
kunftslabor Agrar“ gliedert seine Arbeit in drei Teilprojekte: insbesondere um die Fragen gehen, wie sich digitale Technologien
„Analyse der Datenaufzeich- menschenzentriert gestalten
nungen und Datenflüsse in und Wandlungsprozesse in
der Landwirtschaft“, „Praxis- Organisationen bewältigen
orientierte Autonomisierung lassen“, erläutert Kirchhoff.
landwirtschaftlicher Prozesse“ Damit Mitarbeitende sowohl
und „Nachhaltigkeit der Digi- motiviert als auch bestmög-
talisierung in der niedersäch- lich qualifiziert den Arbeits-
sischen Landwirtschaft“. Dem platz der Zukunft mitgestalten
Forschungsverbund gehören könnten, „soll erforscht wer-
von der Hochschule Osnabrück den, welche Voraussetzun-
Prof. Dr. Arno Ruckelshausen, gen dafür in Organisationen
Professor für Physik und Sen- geschaffen werden müssen“.
sorsysteme, sowie Prof. Dr. Zukunftslabor Mobilität:
Robby Andersson, Professor Sprecher dieses Labors ist
für Tierhaltung und Produkte, Prof. Dr.-Ing. Thomas Vietor
an. „Die Digitalisierung er- von der TU Braunschweig.
fährt aktuell im Bereich Agrar „Die Mobilität steht vor einem
eine rasante Entwicklung, die Umbruch. Das betrifft nicht
aber auch von einer gewissen nur die Einführung alternati-
Skepsis begleitet wird. Daher Diese Symbole stehen für die Zukunftslabore in den Bereichen Gesundheit, ver Antriebskonzepte, sondern
hat der interdisziplinäre An- Gesellschaft und Arbeit, Agrar sowie Mobilität. Weitere Informationen gibt es auch die Geschäftsmodelle für
auf der Internetseite des Zentrums für digitale Innovationen Niedersachsen:
satz ,Geschützte Transparenz‘ Personen- und Gütermobili-
www.zdin.de.
unmittelbar ein sehr großes tät“, erläutert Prof. Dr.-Ing.
G R AF IK E N: ZE NT RU M F ÜR DIG ITAL E IN NOVAT ION E N NIE DE R SACH SE N | Z DIN.D E
positives Echo seitens der Marcus Seifert vom Campus
Wirtschaft erfahren“, berichtet Andersson. In der Vorhaben- Lingen, Professor für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Lo-
beschreibung des Zukunftslabors heißt es zur „Geschützten gistik, der vonseiten der Hochschule Osnabrück im Zukunftslabor
Transparenz“: „Transparenz von Daten über die Knoten des mitwirkt. Das Forschungsteam aus Wissenschaft und Praxis ar-
Wertschöpfungsnetzes hinweg ist technisch in dem Sinne erfor- beite an integrativen Konzepten für Fahrzeugtechnologien, Infor-
derlich, dass das Netz durchlässig für Daten sein muss – an- mationstechnologien und Geschäftsmodellen für die Mobilität der
dernfalls ist kein Austausch möglich." Transparenz werde in Zukunft. „Die Hochschule Osnabrück bringt hierbei ihre Experti-
der Praxis aber nur angenommen, wenn die Akteure im Rahmen se im Bereich Logistik ein und engagiert sich bei der Entwicklung
rechtlicher Vorgaben ihre Datenhoheit behielten und uner- neuer Geschäftsmodelle sowie deren Erprobung durch Planspiele.“
wünschter Datenzugriff effektiv technisch und/oder rechtlich In Hannover nahm Hochschulpräsident Prof. Dr. Andreas
verhindert und/oder sanktioniert werden könne. Ruckelshausen Bertram die Förderbescheide entgegen. „Fachhochschulen, Uni-
ergänzt: „Das Spannungsfeld zwischen Datentransparenz im versitäten, Forschungseinrichtungen sowie die Praxis bündeln
Wertschöpfungsnetz und der Forderung nach Datenhoheit der ihre Kompetenzen, um den Standort Niedersachsen zu stärken:
Akteure steht im Fokus des Zukunftslabors Agrar und bietet durch Das begrüßen wir sehr. Er verdeutlicht, wie wichtig Wissen-
die institutsübergreifende Zusammenarbeit in Kooperation schaft und Forschung als Motoren der Innovation sind.“ >> hs
09
ZEIT SCHENKEN „ALTERnativ-Tandem“ ist eines von insgesamt 14 Projekten,
die die Hochschule im vergangenen Jahr durch den neu einge-
Zahlreiche Studierende und Lehrende engagieren richteten Finanzierungspool „Gesellschaftliches Engagement“
unterstützt hat. Christian Müller und Marek Löhr beraten die
sich neben Studium, Lehre und Forschung ehren-
Initiativen und sind für die Antragstellung und Bewilligung zu-
amtlich. Die Hochschule fördert diesen Einsatz und ständig. „Wir wollen an der Hochschule das Bewusstsein für
hat dazu den Finanzierungspool „Gesellschaftliches gesellschaftliche Verantwortung und die Sustainable Develop-
Engagement“ ins Leben gerufen. Bereits 14 Projekte ment Goals, die 17 Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen,
fördern“, erläutert Müller die Idee dahinter. Seit 2016 gibt es
wurden damit im ersten Jahr unterstützt.
bereits das Projekt „Gesellschaftliches Engagement“ an der
Hochschule. „Wir haben in den letzten Jahren erfahren, dass es
„Mit wenig Aufwand kann man das Leben von jemandem so viel sehr viele gute Ideen in diesem Bereich gibt, die oft nur einen
besser machen“, ist Leonie Böhnke überzeugt. Die 25-Jährige kleinen Schubs und etwas Geld benötigen“, ergänzt Löhr.
studiert International Management am Caprivi-Campus und Studierende, Lehrende und Mitarbeitende können seit dem
ist Teil der HelpAge Hochschulgruppe. Der Verein hilft älteren Wintersemester 2018/19 eine Förderung bei Löhr und Müller
Menschen in Ländern des globalen beantragen. Unterstützt werden neben
Südens. „Wir wollten aber vor Ort aktiv Projekten auch Vorträge und andere
werden, denn auch in Deutschland gibt „Wir haben in den letzten Lehr-Lernformen mit dem Fokus Nach-
es Bedarf. Hier geht es zum Beispiel um Jahren erfahren, dass haltigkeit oder mit Bezug zur gesell-
Altersvereinsamung.“ Gemeinsam mit schaftlichen Verantwortung. 50.000 Euro
es sehr viele gute Ideen
dem Senioren- und Pflegestützpunkt können pro Jahr verteilt werden. „Meist
(SPN) Osnabrück haben die Studieren-
in diesem Bereich gibt, geht es um eine kurzfristige Unter-
den daraufhin das Projekt „ALTER- die oft nur einen kleinen stützung von 300 bis 2.000 Euro“, führt
nativ-Tandem“ initiiert. „Wir wollen Schubs und etwas Geld Müller aus.
Studierende mit Senioren zusammen- Fördermittel konnten zum Beispiel für
benötigen.“
bringen, die zu Hause viel alleine sind. eine Veranstaltungsreihe zur EU-Wahl
Es geht darum, Zeit zu schenken – sei mit einer Referentin der EU-Kommission
es bei einem Spaziergang, einem Kaffee oder einem kleinen oder für die Fotoausstellung über die Müllinsel der Malediven
Ausflug.“ Anfang kommenden Jahres sollen mit dem SPN die in der Bibliothek am Campus Westerberg bereitgestellt werden.
ersten Begegnungen zwischen Studierenden und älteren Men- Böhnke und ihre Kommilitonen können dank des Pools die
schen stattfinden. „Ich glaube, für uns Studierende kann es Kosten für Flyer und Plakate decken und haben ein Budget für
auch sehr bereichernd sein, sich mit einer anderen Generation kleine Ausflüge der Tandems. „Das wäre ohne die finanzielle
auszutauschen“, so Böhnke weiter. Hilfe der Hochschule schwierig geworden.“
Es sind Ideen wie diese, die die Hochschule noch stärker in den
Fokus rücken will. Dazu soll es am 25. März 2020 unter dem
Titel „WIR für das Engagement“ eine hochschulweite Veran-
staltung mit vielfältigen Initiativen und Projekten der Hoch-
schule in der Aula am Westerberg geben. Mit der Hochschulför-
derung ist dazu ein Gallery Walk, eine Podiumsdiskussion zum
Thema „Engagement“ und die Vergabe der Landesstipendien
geplant. „Mit motivierten Studierenden, Lehrenden und Mit-
arbeitenden Projekte zu spinnen und nachher zu sehen, was
dabei rumkommt, das ist unheimlich toll. Und daran wollen wir
die Hochschule, aber auch alle interessierten Bürgerinnen und
Bürger an diesem Tag teilhaben lassen“, fasst Löhr zusammen.
Müller ergänzt: „Wir möchten zeigen, dass Studieren nicht nur
heißt, Vorlesungen zu besuchen, sondern darüber hinaus ein
Stück dazu beitragen, dass noch mehr Menschen ein Bewusst-
sein für gesellschaftliche Verantwortung bekommen.“ >> jl
„Wir wollen Studierende mit Senioren zusammenbringen, die zu Hause viel
alleine sind. Es geht darum, Zeit zu schenken.“ So beschreiben die
Initiatorinnen und Initiatoren des Projektes „ALTERnativ-Tandem“ aufseiten Weitere Informationen zum Projekt ALTERnativ-Tandem und zum Pool
der Hochschule Osnabrück ihr Anliegen. „Gesellschaftliches Engagement“: www.hs-osnabrueck.de/wir-in-der-gesellschaft/
10„Im Grunde spiegelt sich in jeder
Generation der gesellschaft- Spaß am Arbeitsplatz, viele Entwicklungsmöglichkeiten und
liche Wandel wider.“ Prof. Dr.
Nicole Böhmer gibt während der
seien tendenziell optimistisch.
von der Hochschulförderung Die Generation „Z“, geboren zwischen 1995 und 2010 und
organisierten Veranstaltung damit die Gruppe der Berufseinsteiger, gilt als mehrheitlich
„Wissensvorsprung“ Einblicke
pragmatisch, sicherheitsorientiert und wünscht sich eine klare
in die Karriereforschung.
Trennung von Berufs- und Privatleben, klare Planungs-
horizonte und bringe – wie die Generation Y – eine Neigung zu
technischen und digitalen Themen mit.
„Nun sieht es erstmal so aus, als seien in einem Unternehmen
unglaublich unterschiedliche Erwartungen unter einen Hut
zu bringen, wenn mindestens drei Generationen zusammen-
kommen“, so Böhmer. Diese Sichtweise würde aber außer Acht
lassen, wie die jeweilige Lebensphase die Werte und Einstel-
WARUM DIE ANLEITUNG ZUR lungen der Mitarbeitenden beeinflusse. Hier zeige die Karriere-
forschung, dass drei Themen für alle Arbeitnehmenden ganz
SELBSTFÜHRUNG BEFLÜGELT wesentlich seien: Zu Beginn der Berufslaufbahn dominiere die
Frage, „welche Herausforderungen bietet mir mein Arbeits-
platz?“ Später liege der Fokus besonders bei den Frauen auf
Ergebnisse aus der Karriereforschung belegen, der Frage, „wie kann ich mein Berufs- und Privatleben aus-
dass Mitarbeitende, die zur Selbstführung befähigt balancieren?“ Und münde schließlich verstärkt in der Frage, „wie
werden, motivierter, zufriedener und erfolgreicher authentisch kann ich eigentlich an meinem Arbeitsplatz sein?“
Die Karriereforschung spricht hier vom „Kaleidoskop-Modell“
im Beruf sind. Während der Veranstaltung „Wissens-
aus Herausforderung, Balance und Authentizität, „weil, wie
vorsprung“ an der Hochschule Osnabrück gibt sich das Leben so dreht und wendet, diese drei Themen stets
Prof. Dr. Nicole Böhmer detaillierte Einblicke. neue Muster bilden“.
X, Y, Z: Hinter diesen Buchstaben verbergen sich drei Generati- Wer am Arbeitsplatz authentisch sein könne, kämpfe
onen, die aktuell im Arbeitsleben stehen. Deren unterschiedli- zum Beispiel seltener mit psychischen Erkrankungen
chen Prägungen und Erwartungen zu kennen, kann Unterneh-
men helfen, ihre Mitarbeitenden erfolgreich zu führen. Aus ihren Befragungen weiß Böhmer, dass internationale
Wie das gelingen kann, was die Generationen voneinander un- Managerinnen und Manager zum Berufseinsteig vor allem
terscheidet und was sie verbindet, darüber sprach Karriere- dazu raten, eine aktive Haltung zum Beruf einzunehmen
forscherin Prof. Dr. Nicole Böhmer auf dem diesjährigen „Wis- und eine eigene berufliche Identität aufzubauen, um auch
sensvorsprung“, einer gemeinsamen, praxisorientierten Vor- am Arbeitsplatz authentisch sein zu können. „Den eigenen
tragsveranstaltung der Hochschule und der Industrie- und Überzeugungen entsprechen“, dieses Zitat unterstreiche die
Handelskammer Osnabrück – Emsland – Grafschaft Bentheim. bisherigen Forschungsergebnisse. Wichtiger, als die Unter-
„Wir stoßen in den Medien zuhauf auf Studien, die sich mit schiede der Generationen zu betonen, sei deshalb die Frage,
den unterschiedlichen Einstellungen und Überzeugungen von wie diese Menschen, die den Wunsch nach Authentizität
Generationen befassen. Diese fußen auf den jeweiligen Er- haben, gemeinsam und doch individuell geführt werden könnten.
fahrungen, die typisch für Menschen bestimmter Geburtsjahr- Ein Ansatz sei die Unterstützung bei der Selbstführung.
gänge sind. Das können dominierende Erziehungsstile, politi- Führungskräfte, die es schafften, zur Selbstführung anzu-
F OTOS : (L ) S HUT T ER STOC K | H AL F P OINT . (R ) A. RO GG E
sche oder wirtschaftliche Ereignisse sein und anderes mehr. Im leiten und die wüssten, welche Bedeutung unterschiedliche
Grunde spiegelt sich in jeder Generation der gesellschaftliche Lebensphasen über Generationengrenzen im Berufsleben
Wandel wider“, erläutert Böhmer. hätten, „können in ihren Mitarbeitenden unglaublich viel
So gelte die Generation X, die Jahrgänge 1965 bis 1979, als Motivation wecken“.
skeptisch, zynisch, wenig respektvoll gegenüber Autoritäten Hinzu komme ein weiterer positiver Effekt: Wer am Arbeits-
und sei wenig geneigt, Führungsverantwortung zu überneh- platz authentisch sein könne, sich nicht andauernd verbiegen
men. Anders agiere hingegen die Nachfolgegeneration „Y“, müsse, kämpfe zum Beispiel seltener mit psychischen Er-
die Geburtenjahrgänge 1980 bis 1994, der von Kindesbeinen an krankungen und profitiere von einem gesünderen Berufsleben.
unglaublich viele Optionen, allein schon beim Konsum, offen „Bei einer Lebenserwartung von mittlerweile fast 100 Jahren ist
gestanden haben. Diese „Young Professionals“ wünschten sich das ganz besonders wichtig“, gibt Böhmer zu bedenken. >> id
11EIN REISETAGEBUCH VON 1941
Vor 100 Jahren wurde das Städtische Konservatorium in Osnabrück gegründet.
Die „Ausbildung von Musikliebhabern und Berufsmusikern“ war laut erster Schulordnung das Ziel.
Heute stehen die Musik- und Kunstschule Osnabrück und das Institut für Musik (IfM) der Hochschule in
der Nachfolge. Anlässlich des Jubiläums ist eine außergewöhnliche zweibändige Festschrift erschienen.
Der erste Band bietet einen Überblick zur Entwicklung und zum Im Herbst 2018 lag der Umschlag auf Sascha Wienhausens
Stand der Instrumental- und Vokalpädagogik am IfM und der Schreibtisch. Seine Stimme verrät auch ein Jahr später, dass das
Musik- und Kunstschule. Der zweite beinhaltet Geschichte, die ein besonderer Moment war: „Wir hatten gerade unser Projekt
darauf gewartet hat, erzählt zu werden und unter dem Titel ‚Musik im Ghetto Theresienstadt‘ beendet, das im Felix-Nuss-
„Spielschar Osnabrück auf Frontfahrt ins besetzte Frankreich baum-Haus aufgeführt wurde. Bei der Recherche zu dem Projekt
[1941]. Reisetagebuch“ veröffentlicht wurde. hatte ich mich mit der NS-Zeit in Osnabrück, mit dem in Os-
„Ich war beeindruckt und wusste, dass ich etwas Tolles aus einer nabrück geborenen und in Auschwitz ermordeten Künstler Felix
fernen Zeit in der Hand habe“, erzählt der emeritierte Germa- Nussbaum und vor allem mit dem Umgang mit Musik in der NS-
nistik-Professor und Literaturwissenschaftler Eckehard Czucka. Zeit beschäftig. Gerade als dieses fesselnde Projekt zu Ende war,
Er hat das transkribiert vorliegende Reisetagebuch kommentiert lag plötzlich völlig unkommentiert dieses Album bei mir auf dem
und mit IfM-Leiter Professor Sascha Wienhausen herausgeben. Tisch mit dem Brief von Frau Knuth. Ich war wie elektrisiert. Das
Gertrud Knuth, die Verfasserin, ist mittlerweile 95 Jahre alt. Mit- Reisetagebuch war eine unglaubliche Chance, die damalige Zeit
ten im Zweiten Weltkrieg zählte sie als 17-jährige Blockflöten- für nachfolgende Generationen aufzuarbeiten und eine Lücke in
und Violinstudentin zu einer 30-köpfigen Reisegruppe junger der Geschichtsschreibung des Konservatoriums zu schließen.“
Musikerinnen und Musiker, die zu einer Fahrt Richtung Frank-
reich aufbrach. Als Älteste bekam sie von ihrer Lehrerin den Auf- Volkstumsarbeit an der Front
trag, einen Reisebericht zu verfassen. Fast acht Jahrzehnte hatte
sie ihre Erinnerungen an die Fahrt aufbewahrt, dann steckte sie Als Gertrud Knuth, damals noch Gertrud Siebel, ihren ers-
das 48-seitige, mit zahlreichen Fotos versehene Album in einen ten Eintrag schrieb, war im Osten der Russlandfeldzug bereits
Umschlag – zusammen mit einem Brief: „Sehr geehrte Leitung gestartet, im Westen waren weite Teile Frankreichs von den
des Instituts für Musik in Osnabrück! Bitte wundern Sie sich nicht Deutschen besetzt: „Hurra, heute ist es endlich so weit! Unser
zu sehr über diese Sendung. Ich möchte eine Erklärung versu- Wunschtraum wird nun Wirklichkeit. Wir, das heißt die Bann-
chen: Ich bin 94 Jahre alt und dieses Album gehört zu den Erin- und Untergauspielschar zu Osnabrück, stehen am Hauptbahnhof
nerungsstücken in meinem Leben. Ich kann es nicht einfach dem und sind abmarschbereit für eine Fahrt in das besetzte Gebiet.
Müll übergeben bei der Verkleinerung meines Haushalts.“ Wohin geht es? Nach Brüssel? Nach Paris? Oder noch weiter? Wir
wissen noch nichts Bestimmtes. Am 4.8.1941 dampfen wir um
7:28 Uhr in Richtung Köln ab. Dort erfahren wir dann: es geht
nach Paris.“ An diesem Tag startete die Gruppe von 16 Mädchen
und 12 Jungen, überwiegend im Schüleralter, mit dem Leiter
der Musikschule für Jugend und Volk (wie das Konservatorium
damals genannt wurde) Franz Dost und den Lehrerinnen
Anneliese Friedrich und Clara Hermann zunächst in die fran-
zösische Hauptstadt. Von dort ging es nach kurzem Aufenthalt
weiter an die Westfront.
Den sogenannten Spielscharen kam innerhalb der gleichgeschal-
teten Musikerausbildung des Dritten Reichs eine besondere Be-
deutung zu, erklärt Eckehard Czucka: „Die Spielscharen wurden
1937 als die jüngsten Sonderformationen der Hitlerjugend durch
Reichsjugendführer Baldur von Schirach gegründet. Teils waren
„Ich war beeindruckt und wusste, dass ich etwas Tolles aus einer fernen
sie den Musikschulen für Jugend und Volk, teils den Reichssen-
Zeit in der Hand habe“: Der emeritierte Germanistik-Professor und Literatur-
wissenschaftler Eckehard Czucka (links) und IfM-Leiter Professor Sascha dern zugeordnet. Die Reise der Spielschar von Osnabrück nach
Wienhausen im Gespräch. Nordfrankreich war zwar für die Beteiligten etwas ganz und gar
12Außergewöhnliches, aber keine Einzelaktion, denn sie gehörte Inhalte auf emotionale Weise zu vermitteln – über die Musik.
in die Propagandastrategie des NS-Staates.“ Das Ziel war die In diesen Momenten wurde Musik politisiert.“
Truppenbetreuung an der Front, um dort sogenannte „Volks- Knuths Reisebericht erreichte Wienhausen genau im richtigen
tumsarbeit“ zu leisten: Orchester-, Chorauftritte, Volkstanz- Moment. Ein Jahr vor den Feierlichkeiten zum 100-jährigen Be-
Vorführungen, aber auch Kasperltheater konnten dazu gehören. stehen des Konservatoriums hatte er sich bereits erste Gedanken
Gertrud Knuth berichtet in ihrem Reisetagebuch von den Auf- über das anstehende Fest gemacht. Bei der Sichtung alter Fest-
tritten, die von den Soldaten meist begeistert aufgenommen schriften und von Material über das Konservatorium aus dem
wurden. In der Bretagne schreibt sie über einen ihrer Besuche Staatsarchiv hatte sich für ihn schnell abgezeichnet, dass die
in einer Offiziersbaracke: „Hier in dieser Einsamkeit ist es eine Zeit zwischen 1933 und 1945 überhaupt nicht darin auftaucht:
wunderschöne Aufgabe für uns, den Soldaten mit unserem Spiel, „Es gab bisher einfach keinen Umgang mit dieser Zeit, weder
Gesang und Volkstanz eine kleine Abwechslung in die Eintönig- im Positiven noch im Negativen. Dann kam plötzlich das Reise-
keit ihres Lebens zu bringen. Wie strahlen die Augen, wie freuen tagebuch, und ich habe schnell gemerkt, dass wir mithilfe die-
sich diese Feldgrauen auf vorgeschobenem Posten, daß sie deut- ses Tatsachenberichts eine Lücke füllen können. Er wurde nicht
sche Jungen und Mädel zu Gast haben.“ erst im Nachhinein als reflexive Betrachtung verfasst, sondern
Bereits bei seiner Recherche für das Projekt „Musik im Ghetto ist tatsächlich in dem Moment, als alles passierte, geschrieben
Theresienstadt“ las Sascha Wienhausen immer wieder davon, worden. Dadurch hat das Buch eine bestechende Authenti-
wie Musik im Sinne der Nazi-Propaganda missbraucht wurde. zität. Plötzlich ergab sich ein vollständiger Zeitstrahl für die
Auch bei seinen Nachforschungen zu dem von Knuth in ihrem Geschichte des Konservatoriums: Man konnte Bezüge ziehen –
Reisebericht detailliert verzeichneten musikalischen Programm zu dem, was vor 1933 war und zu dem, wie es später weiter-
konnte er feststellen, wie musikalische Quellen im Sinne der gegangen ist.“ >> ke
kulturellen Gleichschaltung umgedeutet wurden: „Der Reichs-
musikkammer gelang es, zahlreiche Liederbücher in ihre Propa- 100 Jahre Instrumental- und Vokalpädagogik in Osnabrück 1919–2019 ist in
Osnabrück bei der „Buchhandlung zur Heide“ erhältlich oder online beim Rasch-
ganda einzubinden und sie im Sinne der nationalsozialistischen
Verlag unter https://rasch-verlag.de mit Angabe der ISBN als Gesamtausgabe
Ideologie zu nutzen. Harmlose Volkslieder wurden in Soldaten- bestellbar. Band II ist dort auch einzeln erhältlich. Band I + II im Schuber: ISBN
oder Marschlieder umgedichtet. Man versuchte, ideologische 978-3-89946-290-6, 38 Euro; Band II: ISBN 978-3-89946-289-0, Preis: 19 Euro
THEATER IN DER PFLEGE
VON MENSCHEN MIT DEMENZ
Laut Weltgesundheitsorganisation sind aktuell weltweit „Die theaterpädagogi-
50 Millionen Menschen an Demenz erkrankt. Die Zahl schen Methoden hatten
werde sich bis 2050 fast verdreifachen. „Die Prognose einen messbar positiven
erfordert ein Umdenken in der Pflege und Betreuung von Effekt auf die Lebens-
Menschen mit Demenz in stationären Einrichtungen“, qualität von Menschen
sagt Prof. Dr. Stefanie Seeling vom Campus Lingen. mit Demenz“, stellt See-
Die Professorin für Pflegewissenschaft hat über drei Jahre ling heraus. Anfang De-
das interdisziplinäre Forschungsprojekt Theater in der zember fand ein Abschlusssymposium auf dem Campus
Pflege von Menschen mit Demenz, kurz „TiP.De“ geleitet. Lingen statt. Dabei konnten Interessierte in vier Work-
Ausgangspunkt war es, mit Theater, speziell mit Methoden shops die Ergebnisse und Methoden des innovativen
der Theaterpädagogik, neue Wege zu erschließen, um die Behandlungskonzepts kennenlernen und in einen gemein-
Versorgung dementiell erkrankter Menschen zu individu- samen Dialog zu Theater und Pflege im Versorgungsalltag
alisieren und die Lebensqualität zu verbessern. dementiell erkrankter Menschen treten. >> mk
F OTO: (L ) A. R OG G E . (R) R .STAR K E
Dabei wurden theaterpädagogische Beschäftigungsan-
gebote für Menschen mit Demenz in Altenpflegeeinrich-
Als Ergebnis des Projektes erscheint im Frühjahr 2020 im Beltz Juventa-
tungen entwickelt und in der Seniorenresidenz in Meppen Verlag das „Praxishandbuch – Theater in der Pflege von Menschen mit
sowie im Wohnpark Meppen-Esterfeld (DRK) angeboten. Demenz“ von Prof. Dr. Stefanie Seeling, Franziska Cordes und Jessica Höhn.
13RHETORIK-TRAINING MITHILFE
VIRTUELLER REALITÄT
Das Start-up Rhetoriktrainer VR ermöglicht es, Vorträge in einer realitätsnahen, geschützten virtuellen
Umgebung zu üben. Die drei Gründer sind Medieninformatik-Absolventen der Hochschule Osnabrück.
Sie wollen die innovative Software 2020 zur Marktreife bringen.
Die Angst, vor Publikum aufzutreten, liegt in Untersuchungen die Technologie der Virtuellen Realität (VR). Sie haben eine
oft ganz weit vorne: Davor fürchten sich mehr Menschen als neuartige Software entwickelt, mit der sich Vorträge in einer
vor dem Fliegen, vor Zahnarztbesuchen, Entführungen, Spinnen geschützten virtuellen Umgebung trainieren lassen.
oder engen Räumen. In verschiedenen Studien bekennen sich Mit einem VR-Headset ausgestattet, findet man sich in einem
75 bis 90 Prozent der Befragten dazu. Zugleich sind öffent- imaginären Raum vor Publikum wieder. Die Situation wirkt fast
liche Auftritte in vielen Berufen ein Muss – und das nicht nur erschreckend realistisch, weil man nicht nur eigene Handbe-
in (Hoch-)Schulen, Unternehmensberatungen, Agenturen, in wegungen, sondern auch seine Präsentation auf einem Bild-
der Politik oder der Unterhaltungsbran- schirm oder einer Leinwand in Echtzeit
che. Kaum jemand kommt in seinem sehen kann. Bei Bedarf lassen sich die Folien
Leben an Bewerbungsgesprächen vor- „Das menschliche sogar während des Trainings anpassen.
bei. Für viele gehören auch Präsen- Gehirn ist eine Das virtuelle Publikum wird indes von ei-
tationen, Meetings oder Kundenge- großartige Sache. nem Rhetoriktrainer gesteuert: Je nach
spräche zum Berufsalltag. Fühlt man Bedarf kann er verschiedene Situationen
Es funktioniert bis zu
sich dabei unsicher, bieten unzählige auswählen – von einem Vorstellungs-
Rhetorikseminare, Präsentationskurse dem Zeitpunkt, wo du gespräch über Besprechungen bis hin zu
oder auch psychologische Beratungen aufstehst, um eine Rede einem Vortrag vor größerem Publikum.
Unterstützung an. zu halten.“ Der Trainer hat dabei Einfluss auf das Ge-
Ein Start-up der Hochschule Osnabrück schlecht der Zuhörerschaft, ihren „Dress-
schickt sich nun an, das Problem mit Mark Twain code“ und auch den Gesichtsausdruck
der Redeangst mithilfe der moderns- einzelner Personen. Die sieben Grund-
ten Technik zu lösen – ortsunabhängig emotionen – Angst, Freude, Traurigkeit,
und maßgeschneidert. Die Absolventen der Medieninformatik Wut, Ekel, Überraschung und Scham – lassen das Publikum
Michael Kroll, Tobias Plock und Christoph Pott nutzen dafür realistisch wirken und vermitteln dem Trainingsteilnehmen-
den sofort einen Eindruck darüber, wie der Auftritt ankommt.
Und das ist bei Weitem nicht alles: Wirkt der Vortrag auf den
Trainer zu monoton, reagiert auch das – von ihm gelenkte –
Publikum entsprechend: Da schaut jemand verstohlen auf
die Uhr, dort wird das Handy gecheckt, in den hinteren Rei-
hen schläft gar jemand ein. Läuft es besser, zeigt das virtuelle
Publikum Interesse, Zustimmung oder Begeisterung: durch
Fragen, Nicken oder – im Idealfall – Standing Ovations. Der
Trainer kann die Position und den Blickwinkel des Vortra-
genden überwachen, bei Bedarf auch den Vortrag über eine
Webcam aufzeichnen und an interessanten Stellen Schnapp-
schüsse für die Nachbereitung machen.
Die Idee, ein VR-Trainingsprogramm zu entwickeln und zu
vermarkten, entstand bereits im Studium. „In meiner Bache-
Tobias Plock, Michael Kroll und Christoph Pott (von links) entwickeln in
ihrem Start-up einen innovativen VR-Rhetoriktrainer. Die Absolventen der lorarbeit habe ich mich mit einem VR-System zur Steuerung
Medieninformatik setzen dabei auf die Vorteile der Virtuellen Realität. und Messung von Präsentationssituationen befasst“, erzählt
14Sie können auch lesen
