Weihnachtsmärkte lassen Bilanzen glänzen - November 2015 - IHK zu Dortmund

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Weihnachtsmärkte lassen Bilanzen glänzen - November 2015 - IHK zu Dortmund
FAMILIENUNTERNEHMEN MIT TRADITION
             Klavierkultur – Pianohaus van Bremen
             SERIE „MEIN GUTES RECHT“
             Fragen rund um Advent und Weihnachten
             SONDERTHEMA
             Energieeffizienz · Umweltschutz · Recycling

                                                    November 2015

Weihnachtsmärkte
   lassen Bilanzen glänzen
Weihnachtsmärkte lassen Bilanzen glänzen - November 2015 - IHK zu Dortmund
Unsere Mitarbeiter
sind das Herz
der Firma – und
das muss topfit sein.
Verantwortung neu denken:
allianz.de/einstellungssache

                               Eine bKV ist Einstellungssache.
                               Denn mit der betrieblichen Kranken-
                               versicherung der Allianz zeigen
                               Sie, dass Ihnen die Gesundheit Ihrer
                               Mitarbeiter am Herzen liegt.
                               Gleichzeitig machen Sie Ihr Unter-
                               nehmen attraktiver für qualifizierte
                               Fachkräfte.

H. Wilms, Geschäftsführerin
SSM Rhein-Ruhr GmbH
Weihnachtsmärkte lassen Bilanzen glänzen - November 2015 - IHK zu Dortmund
EDITORIAL

Tourismus treibt
die Wirtschaftskraft

     D
               ie Zahl der Übernachtungen in        attraktiver wird. Angebo-
               Dortmund und der Region steigt       te wie der Phoenix-See,
               jedes Mal im Dezember rasant         das Dortmunder U, die Rö-
               an. Der Grund: Mit Erscheinen        mer-Lippe-Route in Hamm
      dieser Ausgabe der Ruhr Wirtschaft wird       und der Ruhrtal-Radweg
      auch der bekannteste Weihnachtsmarkt in       in Schwerte sind einige
      der Region, der Dortmunder Weihnachts-        Beispiele der touristischen
      markt, eröffnet, auf den wir zu Recht stolz   Attraktionen. Zudem spie-
      sein können. Er zählt zu den größten in       len Kongresse und Tagun-
      Deutschland und wird mit seinen rund          gen sowie Großveranstal-
      300 Ständen und dem größten Weih-             tungen für die Tourismus-
      nachtsbaum der Welt wieder Menschen-          branche eine bedeutende
      mengen in die Westfalenmetropole lo-          Rolle. Davon profitieren                   Udo Dolezych und Stefan Schreiber
      cken. Die Gäste kommen aus allen Teilen       dann auch Gastronomie
      des Landes, viele aus dem Ausland – und       und Handel.
      hier spielt der Flughafen Dortmund eine           Die Bedeutung des Tourismus als
      gewichtige Rolle. Mehr über die Bedeu-        Wirtschaftsfaktor nimmt immer mehr
      tung der großen und kleinen Weihnachts-       zu. Rund 5,5 Milliarden Euro Gesamt-
      märkte im Westfälischen Ruhrgebiet als        bruttoumsatz erzielt der Tourismus im           »Fünf Rekordjahre
      Wirtschaftsfaktor lesen Sie ab Seite 8.       gesamten Ruhrgebiet inzwischen pro              in Folge haben uns
          Geradezu fabelhaft läuft es derzeit       Jahr. Fast 9.000 sozialversicherungs-
                                                                                                    seit 2010 einen
      auch für „unseren“ BVB, der mit neu-          pflichtig Beschäftigte arbeiten in unserer
      em Trainer und neuem Schwung die Zu-          IHK-Region im Gastgewerbe. Vor allem            Zuwachs von mehr
      schauer der Region begeistert. Neben sei-     der Übernachtungstourismus ist in NRW           als 18 Prozentpunk-
      nem Fußballtempel hat der Fußball nun         weitaus schneller gewachsen als in allen        ten beschert. Damit
      auch eine Art Denkmal in Dortmund be-         anderen Flächenländern. Fünf Rekord-
      kommen: Das Deutsche Fußballmuseum            jahre in Folge haben uns seit 2010 einen        liegen wir deutlich
      hat bereits kurz nach Eröffnung mehr als      Zuwachs von mehr als 18 Prozentpunk-            über dem Bundes-
      10.000 Karten abgesetzt. Dies würdigen        ten beschert. Damit liegen wir deutlich         durchschnitt.«
      wir mit dem „Bild des Monats“ auf Seite       über dem Bundesdurchschnitt.
      6. Die Besucher werden bei dieser Gele-           Und dennoch dürfen wir uns da nicht
      genheit auch in Dortmund einkaufen, es-       ausruhen. Die Tourismusbranche und
      sen gehen oder zum Teil übernachten. Zu       insbesondere der Aktivtourismus müs-
      so viel touristischem Umsatz dürfte der       sen sich auch in Zukunft zu einem rele-
      Fußball wohl in keiner anderen Region         vanten Wirtschaftsfaktor im Westfäli-
      Deutschlands beitragen.                       schen Ruhrgebiet etablieren. Beispiels-
          Jedes Jahr übernachten in unserer         weise werden allein im Rad- und Wan-
      Region mehr als eine Million Menschen.        dertourismus deutschlandweit jährlich
      Die durchschnittliche Bettenauslastung        20 Milliarden Euro Umsatz erzielt – mit
      lag im August 2015 zum Beispiel in Dort-      steigender Tendenz. Da ist es richtig und
      mund bei 47,9 Prozent und damit vor Bo-       wichtig, dass wir den Radschnellweg
      chum, Gelsenkirchen und Essen. Die Ho-        Ruhr bekommen. Sowohl der Industrie-
      telb ranche ist optimistisch und setzt        und Kulturtourismus als auch der Ak-
      weiter auf die Konsumlaune, weil der          tivtourismus werden Dortmund, Hamm
      Städteurlaub in unserer Region immer          und dem Kreis Unna guttun.

                   Udo Dolezych, IHK-Präsident      Stefan Schreiber, IHK-Hauptgeschäftsführer

                                                                                                       Ruhr Wirtschaft November 2015   3
Weihnachtsmärkte lassen Bilanzen glänzen - November 2015 - IHK zu Dortmund
INHALT

    BLICKPUNKT WEIHNACHTSMÄRKTE

    8             Weihnachtsmärkte
                  lassen Bilanzen glänzen
                  Die großen Weihnachtsmärkte haben sich zu Touristenmagneten
                  mit großer Bühne und Liveübertragungen im Radio gemausert,
                  die kleineren locken mit lokalen Besonderheiten Besucher an. Ge
                  meinsam ist ihnen die wirtschaftliche Bedeutung für ihre Städte
                  und somit für die Region.

    ERNST-SCHNEIDER-PREIS

    14            Löwen und andere Preisträger
                  44. Ernst-Schneider-Preis der IHKs in Hamburg verliehen

    AZUBI-SPEED-DATING

    22 Mit „Speed“ in die Ausbildung
                  Mehr als 1.000 Jugendliche informierten sich beim diesjährigen
                  Azubi-Speed-Dating der IHK in Unna, Dortmund und Hamm.

              RUBRIKEN                                78 IHK-Veranstaltungskalender     21 Chancengleichheit
                                                                                            Total E-Quality-Prädikat
              3     Editorial                         80 Impressum
                                                                                        22 Mit „Speed“ in die Ausbildung
              6     Bild des Monats                   81 Messekalender                      Azubi-Speed-Dating

              7     Wirtschaft in Zahlen              BLICKPUNKT                        24 Von Aplerbeck nach Wickede
                                                      WEIHNACHTSMÄRKTE                      Seeger e. K. im Gewerbegebiet
              20 Kompakt                                                                    Wickede-Süd
                                                      8    Weihnachtsmärkte lassen
              25, 45, 48 Glückwunsch                       Bilanzen glänzen             25 Elektromobilität
                                                                                            zu Ende gedacht
              30 Was sonst geschah                    ERNST-SCHNEIDER-PREIS                 2nd-Use-Batteriespeicher

              34 Jubiläen                             14 Löwen und andere Preisträger   26 Gib mir Craft!
                                                                                            Serie Gastronomie: Lokalmanu-
              36 Meinung                              WIRTSCHAFT REGIONAL                   faktur im Dortmunder Rathaus

              39 Literatur                            16 Klavierkultur                  28 Konjunktur auf
                                                           Serie „Familienunternehmen       stabilem Niveau
              50 Unternehmen bilden aus                    mit Tradition“: Pianohaus        IHK-Herbstumfrage
                                                           van Bremen
              73 Recht kompakt                                                          29 Erfolgsfaktor gesunde Arbeit
                                                      20 „Lichtwandeln im Park“             5. Demografieforum
              75 IHK-Weiterbildungsprogramm                Winterleuchten in Dortmund
                                                                                        32 Investition in die Zukunft –
              77 Kulturkalender                       20 Gewusst wie                        so funktioniert’s
                                                           Studierendenprojekt zur          Nachwuchsförderung
              78 Wirtschaft im TV                          Wissensbilanz                    mit KITZ.do

4   Ruhr Wirtschaft November 2015
Weihnachtsmärkte lassen Bilanzen glänzen - November 2015 - IHK zu Dortmund
SERIE „FAMILIENUNTERNEHMEN MIT TRADITION“

                                       16      Klavierkultur
                                               Mit seinen Klavieren, Flügeln und Konzerten bereichert
                                               das Pianohaus van Bremen in Dortmund seit fast
                                               110 Jahren die Musikkultur in der Region.

                                       SERIE „GASTRONOMIE“

                                       26 Gib mir Craft!
                                               Die Lokalmanufaktur im Dortmunder
                                               Rathaus überzeugt mit delikaten Gerichten
                                               aus der Region – und besinnt sich
                                               mit Craft Beer auf alte Brautradition.

                                       SERIE „DAMALS“

                                       40 Schlagende Wetter
                                               Vor 90 Jahren erschütterte die Nachricht
                                                                                                                    pp im
                                                                                                        Auch als A ystore
                                                                                                                  la
                                                                                                        Google P ore unter
                                                                                                                st
                                                                                                       oder App ortmund
                                                                                                         IHK zu D
                                               von einem schweren Grubenunglück auf der
                                               Dortmunder Zeche Minister Stein weit über
                                               das Ruhrgebiet hinaus die breite Öffentlichkeit.

34 Voller Sound im Park                46 Früher Orte der Maloche –         71 Was Exporteure
    Juicy Beats Festival 2016              heute Stätten der Kunst               wissen sollten
                                           Kunst in der IHK:                     Market Access Database
34 Investieren lohnt sich                  Ulrike Harbach
    1. Immoforum der                                                        SERVICE RECHT
    Dortmunder Volksbank               48 Weltweit wirken –
                                           gewusst wie                      72 Mein gutes Recht
35 Vertrieb und digitale                   Neuer IHK-Leitfaden                   Fragen rund um Advent
    Wirtschaft                                                                   und Weihnachten
    Gastbeitrag von Ralf J. Bodczian   49 IT aus Hamm hat Nase vorn
                                           Systemhaus Cramer                SERVICE BILDUNG
38 Integration braucht
    Information                        49 Digitale Transformation           74 Matsch, Maschinen,
                                           und Industrie 4.0                     Männerträume
40 Schlagende Wetter                       Neue IHK-Broschüre                    Serie „Seltene Berufe“:
    Serie „damals“: Grubenunglück                                                Land- und Baumaschinen-
    Zeche Minister Stein               49 Bundeskongress                         mechatroniker
                                           Schulsozialarbeit
42 Ideen brauchen Freiräume                Expertentreff in Dortmund        SERVICE KULTUR
    IHK-InnoMonitor
                                       SONDERTHEMA                          76 Theater statt Rummel
43 Aus „mm Promotion“                                                            Weihnachtsprogramm
    wird „mm Group Sales               54 Energieeffizienz · Umwelt-             im Theater Fletch Bizzel
    & Marketing“                           schutz · Recycling
                                                                            SERVICE MESSE
44 Gute wirtschaftliche                SERVICE INTERNATIONAL
    Entwicklung                                                             80 Viel Neues auf der vivanti
    IHK-Wirtschaftsgespräch            70 Chinas Wachstum kühlt ab               Größte Branchenplattform
    Holzwickede                            Bedeutung für die Region              für NRW

                                                                                          Ruhr Wirtschaft November 2015   5
Weihnachtsmärkte lassen Bilanzen glänzen - November 2015 - IHK zu Dortmund
BILD DES MONATS

    Fußballheimat Dortmund
    Museum
    Das Deutsche Fußballmu-
    seum ist eröffnet. Zu den
    prominenten ersten Gäs-
    ten gehörten am 25. Okto-
    ber Ligaverbandspräsident
    Dr. Reinhard Rauball, Dort-
    munds Oberbürgermeis-
    ter Ullrich Sierau, Bundes-
    trainer Joachim Löw und
    Teammanager Oliver Bier-
    hoff.

    Ballfahrtsort
    Für den Eröffnungstag der
    Erlebniswelt des deutschen
    Fußballs war das Online-
    Kontingent fast komplett
    abgerufen worden, zudem
    strömten die Besucher an
    die Tageskasse. Bereits am
    ersten Tag haben mehr als
    1.500 Menschen die Aus-
    stellung besucht.

    Wir sind Fußball
    Das Fußballmuseum hat
    36 Millionen Euro gekos-
    tet. Das Land steuerte 18,5
    Millionen bei. 9,6 Millio-
    nen kamen von Partnern
    des DFB, 7,9 Millionen aus
    Gewinnen der Fußball-WM
    2006. Die Stadt stellte das
    Grundstück und stemmte
    fünf Millionen für den Au-
    ßenbereich.

    Marios
    Siegerschuh
    Auf 3.000 Quadratmetern
    werden nicht nur Expona-
    te hinter Glas wie der Ball
    vom „Wunder von Bern“
    gezeigt, sondern man kann
    Fußball auch interaktiv er-
    leben. Außerdem gibt es
    den WM-Bus von 2014 zu
    besichtigen und natürlich
    den Schuh, mit dem Mario
    Götze das Siegtor zum Ti-
    tel schoss.
    Text: Tobias Schucht
    Fotos: Stephan Schütze

6   Ruhr Wirtschaft November 2015
Weihnachtsmärkte lassen Bilanzen glänzen - November 2015 - IHK zu Dortmund
Wirtschaft in Zahlen
Doppelt so viele Kürbisse wie vor acht Jahren
Anbau und Ernte von Speisekürbissen in NRW

• Erntemenge in Tonnen • Anbaufläche in Hektar
                                       6.203
2006
               135

                                         6.599
2007
                 152

                                                   7.540
2008
                      168

                                                  7.204
2009
                 152

                                                   7.410
2010
                            202

                                        6.298
2011
                              230

                                                                                            13.229
2012
                                                     378

                                                                  9.939
2013
                                                      385

                                                                             11.061
2014
                                                                 466

Herbstzeit ist Kürbiszeit: Im Jahr 2014 wurden in Nordrhein-Westfalen 11.061 Tonnen
Speisekürbisse und damit die zweithöchste Kürbismenge seit der ersten Erhebung geern-
tet. Die Erntemenge war damit um 11,3 Prozent höher als 2013 und sogar um 78,3 Pro-
zent höher als im Jahr 2006. Ausschlaggebend für die überdurchschnittlich hohe Ernte-
menge im Jahr 2014 war eine Ausdehnung der Anbaufläche für Speisekürbisse gegenüber
2013 um 21 Prozent auf 466 Hektar. Die Anbaufläche war damit etwa dreieinhalb Mal so
groß wie im Jahr 2006. Der Anbau der Speisekürbisse konzentrierte sich mit 88,8 Prozent
zwar überwiegend auf die Regierungsbezirke Düsseldorf und Köln. Trotzdem dürften auch
im Westfälischen Ruhrgebiet genug Kürbisse vorhanden sein.

Gleich und gleich gesellt sich gern
Begründungen gleichgeschlechtlicher Lebenspartnerschaften in NRW im Jahr 2014

• Frauen in absoluten Zahlen • Männer in absoluten Zahlen
Nordrhein-Westfalen               Dortmund                   Hamm                          Kreis Unna

                                                                         5
                             26                                                                         13
 849          866
                                             38                                       20
                                                            12

Im Jahr 2014 wurden in den nordrhein-westfälischen Standesämtern 1.715 gleichge-
schlechtliche Lebenspartnerschaften beurkundet; 866 männliche und 849 weibliche Paa-
re gaben sich das Jawort. Das entsprach einer Lebenspartnerschaft pro 10.000 Einwohner.
Damit liegen erstmals Angaben zur Begründung von gleichgeschlechtlichen Lebenspart-
nerschaften in Nordrhein-Westfalen vor. Seit dem vergangenen Jahr werden entsprechen-
de Daten im Rahmen der Statistik der natürlichen Bevölkerungsbewegung bei den Stan-
desämtern erhoben. Während das Verhältnis in Dortmund fast ausgeglichen ist, gab es im
Kreis Unna mehr weibliche, in Hamm sogar deutlich mehr weibliche Paare als männliche.
                                                                       Texte: Tobias Schucht, Quellen: IT.NRW

                                                                             Ruhr Wirtschaft November 2015      7
Weihnachtsmärkte lassen Bilanzen glänzen - November 2015 - IHK zu Dortmund
Weihnachtsmärkte
    lassen Bilanzen glänzen
    Weihnachtsmärkte sind längst viel mehr als eine Ansammlung von Ständen, an denen Glühwein,
    süßes Naschwerk und Handwerkskunst feilgeboten werden. Die großen Märkte wie in Dortmund
    haben sich zu Events mit großer Bühne und Liveübertragungen im Radio gemausert, die kleineren
    locken mit lokalen Besonderheiten Besucher an. Gemeinsam ist ihnen die wirtschaftliche
    Bedeutung für ihre Städte und somit für die Region. VON THEO KÖRNER

                                                                                      Foto: Deutsche Messe

8   Ruhr Wirtschaft November 2015
Weihnachtsmärkte lassen Bilanzen glänzen - November 2015 - IHK zu Dortmund
BLICKPUNKT WEIHNACHTSMÄRKTE

D
          er Aufruf war gerade erst in der Welt,   dass „bei uns eine gute Mischung im Angebot
          da hatten sich auch schon weit über      vorhanden ist“, erläutert Hans-Peter Arens.
          120 Mannschaften aus Gruppen und         Er und sein Patrick sind die jeweiligen Vorsit-
          Vereinen gemeldet. Alle wollen bei       zenden der Veranstalterorganisationen, des
der Stadtmeisterschaft im Eisstockschießen         Dortmunder Schaustellervereins Rote Erde
dabei sein. Sie gehört zu den Hauptattrak-         und des Markthandel- und Schausteller-Ver-
tionen der Kamener Winterwelt, die in der          bands Westfalen, Bezirksstelle Dortmund.
bevorstehenden Saison ein kleines Jubilä-          Arens Senior ist zudem auch Präsident des
um feiert. „Vor                                                                   B u n d e s v e r-
fünf Jahren aus                                                                   bands Deut-
der Taufe ge-                                                                     scher Schau-
hoben,       löste                                                                steller       und
sie das Format                                                                    Marktkaufleu-
von glanzlosen                                                                    te.
We i h n a c h t s -                                                                  „Die Besu-
märkten ab, die                                                                   cher bekom-
nur noch vor                                                                      men nicht nur
sich hin düm-                                                                     Stände        mit
pelten“, blickt
Stadtsprecher
                                                                                  Glühwein oder
                                                                                  Grillschinken
                                                                                                       85 Millionen
Henno Pepp-                                                                       geboten, son-        Besucher
meier zurück.                                                                     dern sie fin-
                                                                                                       haben die Weihnachts-
Um den Nie-
                                                                               Cartoon: Holga Rosen
                                                                                  den hier auch
dergang aufzu-                                                                    K u n s t ge we r-
                                                                                                       märkte in Deutschland
halten und vor                                                                    be, Winterklei-      nach einer Studie, die der
allem die City                                                                    dung,       Holz-    Deutsche Schausteller-
in der für den                                                                    spielzeug, um        bund in Auftrag gegeben
Handel so wichtigen Adventszeit aufzuwer-          nur einige Beispiele zu nennen. Anziehungs-         hat.
ten, schlug die Stadt 2010 ein neues Kapitel       punkte sind auch stets die Stände von Hand-
in ihrer Weihnachtsgeschichte auf. Sie mietet      werksberufen aus alter Zeit“, betont Hans-
seither für die Zeit von Ende November bis         Peter Arens. Da man natürlich auch die Wün-         3 bis 5 Mrd.
Anfang Januar eine rund 400 Quadratmeter           sche der Kunden nach neuester Technik ken-          Euro
große Eislauffläche an, gleich nebenan steht        ne, „können die Gäste bei uns auch Handy-
eine Almhütte, die zum Feiern und Verweilen        zubehör erwerben“.
                                                                                                       Erlöse erwirtschaften die
einlädt. Ein bisschen Budenzauber darf es              Dortmund, ebenso wie viele andere Weih-         Märkte jedes Jahr nach
auch noch sein, vornehmlich sind es die Aus-       nachtsmärkte, widersprechen nach Aussa-             Angaben des Schaustel-
steller, die auch früher zu den eher schmuck-      ge des Vorsitzenden dem Image, die Veran-           lerverbundes.
loseren Zeiten der Stadt die Treue gehalten        staltungen bestünden nur aus Ess- und Trink-
haben. Auf dem Eis herrscht stets großer An-       buden. Eine Untersuchung des Bundesver-
drang, können doch die Besucher hier von           bands deckt seine Auffassung. Danach hat            2,64 Besuche
morgens bis abends zu kleinen Preisen ihre         der Imbiss nur einen Anteil von 22 Prozent,         in der Saison statten die
Runden drehen. Zum Publikumsmagneten               Geschenkartikel halten mit 37 Prozent den           Bürger dem zentralen
wird die Fläche erst recht beim Eisstockschie-     größten Anteil, das typische Weihnachtssor-         Weihnachtsmarkt in ihrer
ßen, wenn Fans ihre Mannschaften anfeuern,         timent kommt auf 20 Prozent. Textil- und
                                                                                                       Stadt durchschnittlich ab.
gilt es doch, den begehrten Pokal der örtli-       Süßwaren sowie Fahrgeschäfte liegen jeweils
chen Stadtwerke nach Hause zu holen.               unterhalb von zehn Prozent.
    Dass eine ungewöhnliche Idee einer alt-                                                            90 Prozent
bewährten Marke zu neuem Schwung ver-              Stammplätze für die
                                                   meisten Aussteller
                                                                                                       der Schaustellerunterneh-
helfen kann, zeigt sich auch am Beispiel des
Dortmunder Weihnachtsmarkts. Seitdem vor           Stammgäste des Dortmunder Budenzaubers
                                                                                                       men sind auf Weihnachts-
gut zehn Jahren erstmals der größte Weih-          wissen aber nicht nur, was sie erwartet, son-       märkten im Einsatz, rund
nachtsbaum der Welt dort aufgestellt wur-          dern auch, wo sie es finden. An welcher Stel-        66 Prozent sind davon
de, stieg die Zahl der Besucher sprunghaft         le der Besucher welchen Stand antrifft, wird        auf einer Veranstaltung
an. „Rund zwei Millionen Gäste sind es Jahr        nämlich nicht unbedingt jedes Jahr neu ver-         vertreten, 24 Prozent
für Jahr“, sagt Sprecher Thomas Winkler. Da        handelt. Viele Aussteller haben längst ihren        auf zwei.
es nach seinen Worten doch recht schwierig         festen Platz. „Die Erfahrung zeigt, welche Or-
sein dürfte, eine genaue Rangfolge der meist-      te sich für die unterschiedlichen Sortimente
besuchten Märkte in Deutschland aufzustel-         am besten eignen“, erklärt Arens. Sicherlich
len, spricht er „von einem der am stärksten        werden, wie er weiter ausführt, auch mal die
frequentierten Weihnachtsmärkte der Bun-           Plätze getauscht, doch der Schausteller be-
desrepublik“. Zu der Erfolgsgeschichte hat al-     tont zugleich: „Ein funktionierendes System
lerdings auch ganz maßgeblich beigetragen,         soll man bekanntlich nicht ändern.“         >

                                                                                                         Ruhr Wirtschaft November 2015   9
Weihnachtsmärkte lassen Bilanzen glänzen - November 2015 - IHK zu Dortmund
Dortmund

                                      Holzwickede
                                                        Der Ort des jeweiligen Weihnachtsstands
                                                    ist allerdings nicht nur rein organisatorisch
                                                    von Bedeutung, er spielt auch eine finanziel-
                                                    le Rolle. Ob nun ein Stand zentral auf dem
                                                    Hansaplatz zu finden ist oder ganz am Rand
                                                    des Marktes liegt: Der Stellplatz ist einer der
                                                    Faktoren, die über die Höhe der Standgebühr
                                                    entscheiden. Eine weitere Größe bildet das
                                                    Angebot. Der Händler, der hochwertige Bas-
                                                    teleien verkauft, hat oftmals nicht nur gerin-
                                                    ge Verdienstspannen, sondern auch erheb-
                                                    lich weniger Umsatz als ein Bratwurststand
                                                    oder die Glühweintheke. Das werde selbst-
                                                    verständlich bei der Gebührenfestlegung be-
                                                    rücksichtigt, erläutert der Vorsitzende.
                                                        Apropos Glühwein: Wie viel ein Standbe-
                                                    treiber an dem prozentigen Heißgetränk ver-
                                                    dient, ist Betriebsgeheimnis. Kein Schaustel-
                                                    ler will Zahlen nennen. So bleibt der Gewinn
                                                    ähnlich unter Verschluss wie das Coca-Cola-
                                                    Rezept. Dass die Stände doppelt oder auch
                                                    dreifach so viel Umsatz verzeichnen wie an-
                                                    dere Angebote, das gibt Hans-Peter Ahrens
                                                    durchaus zu verstehen, weist aber auch auf
                                                    die Ausgabenseite hin: Neben der Gebühren-
                                                    abgabe müsse man die Energieausgaben, die
                                                    kräftig zu Buche schlagen, beachten. Allen
     Unna                                           voran seien aber die Personalkosten zu nen-
                                                    nen. Eine Vielzahl von Helfern sei erforder-
                                                    lich, um den laufenden Betrieb aufrechtzuer-
                                                    halten. Der umfasse meist 14 oder 15 Stun-
                                                    den am Tag, neben den Öffnungszeiten müs-
                                                     se man auch die Vorbereitung und das Auf-
                                                     räumen bedenken.

                                                     Bunter Markt mit schwarzer Null
                                                     Jahr für Jahr verzeichnen die Veranstal-
                                                     ter des Dortmunder Weihnachtsmarkts ei-
                                                     nen Umsatz von rund einer Million Eu-
                                                      ro, ein Volumen, mit dem Einnahmen und
                                                      Ausgaben für Organisation und Ablauf

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BLICKPUNKT WEIHNACHTSMÄRKTE

abgedeckt werden: „Wir zahlen eine         lesungen und Musikevents, an denen                           Vier Fragen
Sondernutzungsgebühr in fünfstelli-        örtliche Bands und Interpreten ebenso                        an Gabriele Isken,
ger Höhe an die Stadt, der Baum kos-       mitwirken wie Künstler aus der Regi-                         seit über 45 Jah-
tet Geld, in diesem Jahr verteuert sich    on. Der Weihnachtsmarkt gehörte, wie                         ren Schaustellerin
der für ihn erforderliche Brandschutz,     Brautlecht unterstreicht, zu den wich-                       auf dem Weih-
die Müllabfuhr will wie die Beleuch-       tigen Bausteinen des städtischen Mar-                        nachtsmarkt
tung ebenfalls bezahlt sein.“ Finanziell   ketings. „Wir haben natürlich den hei-
flankiert werden nach seinen Worten         mischen Handel im Blick“, erklärt die      Was macht den besonderen Cha-
die Stände von Sozialverbänden oder        Wirtschaftsförderin. In Lünen gehörte,     rakter des Dortmunder Weih-
die alten Handwerksberufe, die ganz        wie der dortige Cheforganisator Uwe        nachtsmarkts aus? Er verbreitet
erheblich zur heimeligen Atmosphä-         Wortmann betont, der vierwöchige           eine sehr angenehme Atmosphäre,
re des Weihnachtsmarkts beitragen. In      Weihnachtsmarkt zum festen Bestand-        in dem er Tradition, Gemütlichkeit
diesem Jahr ist das unter anderem ei-      teil im Jahresprogramm. Auch wenn          und zeitgemäße Angebote miteinan-
ne Bäckerei wie zu Urgroßelterns Zei-      der Markt stets ein Minus von mehre-       der zu verbinden weiß.
ten. Darüber hinaus fallen Ausgaben        ren tausend Euro im Haushalt verur-
für die Werbung an, und es gilt auch,      sachte, halte die Stadt sehr bewusst       Worin liegt seine Bedeutung für
die beliebten Musikveranstaltungen zu      an dem Angebot fest. Damit erhöhe          Dortmund? Er gehört zu den wichti-
bezahlen. Das Programm auf dem Al-         sich nun mal die Kundenfrequenz ganz       gen Werbeträgern. Untersuchungen
ten Markt lockt viele Besucher an, die     deutlich. Was auf die Stadt an der Lip-    der Uni Witten/Herdecke haben
wiederum für höhere Umsätze sorgen,        pe zutrifft, hat erst recht in Dortmund    schon vor Jahren belegt, dass ein er-
sagt Uli Neidl, der mit seiner Event-      Gültigkeit. „Der Weihnachtsmarkt ist       heblicher Teil der Gäste den Besuch
agentur UN Promotion für eine mu-          ein echter Kracher“, sagt Dirk Ruten-      auf dem Weihnachtsmarkt mit dem
sikalische Spannbreite von Jazz über       hofer, Vorsitzender des City Rings und     Bummel in der Innenstadt verbindet
Oldies bis hin zum Schlager sorgt. Zu      Geschäftsführer des Sicherheitsdienst-     und sich zu Käufen inspirieren lässt,
den Höhepunkten dürfte auch in die-        leisters Weckbacher. Die Händler sei-      die eigentlich nicht geplant waren.
sem Jahr wieder die Musikshow „WDR         en sehr froh über die Attraktivität des    Der Erhebung zufolge wird der
4 Weihnacht“ zählen, die auf dem Han-      Marktes. Diese aufrechtzuerhalten, sei     Umsatz um zweistellige Millionen-
saplatz über die Bühne geht. Rote Zah-     eine wichtige Aufgabe für die Zukunft.     summen gesteigert.
len können die Veranstalter des Weih-          Dass so manche Kommunen eine
nachtsmarkts zwar am Ende vermei-          Art Fürsorge für die Weihnachtsmärk-       Was hat Sie veranlasst, vor 15
den, aber mehr als eine schwarze Null      te entwickelt haben, hängt eng mit den     Jahren das Kinderweihnachtsdorf
erreiche man in der Regel nicht, so        nachhaltigen Effekten für den Han-         ins Leben zu rufen? Es fehlte ein
Arens.                                     del in der Stadt zusammen. Nach Er-        spezielles Angebot für die jüngsten
    Um unter den Erstligisten seine Po-    hebungen des Bundesverbands Deut-          Gäste. Die Kinder können seither zu
sition zu sichern und beispielsweise       scher Schausteller und Marktkaufleu-        kleinen Preisen basteln und ba-
im Wettbewerb mit dem Oberhausener         te kommen – bundesweit betrachtet –        cken. Dazu fehlt in vielen Familien
Centro zu punkten, haben die Organi-       42 Prozent der Weihnachtsmarktbe-          heutzutage ohnehin die Zeit. Das
satoren im vergangenen Jahr erstmals       sucher ausschließlich aufgrund die-        gesamte Programm mit Weihnachts-
die Öffnungsdauer bis zum 30. Dezem-       ses Angebots in die jeweilige Stadt, su-   wald und Christkind-Telefon dient
ber ausgedehnt. Die Entscheidung soll-     chen dann aber auch Geschäfte, Res-        aber weniger kommerziellen Zielen,
te sich als voller Erfolg erweisen und     taurants und Kneipen auf. „Es handelt      vielmehr sollen insbesondere sozial
erlebt in diesem Winter eine Neuaufla-      sich demnach um Umsätze, die es ohne       benachteiligte Mädchen und Jun-
ge. „Gerade in den Tagen nach Weih-        den Weihnachtsmarkt nicht gegeben          gen Vorweihnachtsfreude erleben
nachten sind viele Menschen in der         hätte“, heißt es. Jeder Besucher setzt     können.
Stadt. Im vorigen Jahr hat sich gezeigt,   durchschnittlich knapp 13 Euro in den
dass sie auch gern noch einmal an den      Läden und Gastronomiebetrieben um.         Wie sieht eigentlich der Weih-
Ständen Halt machen“, berichtet Spre-          Neben Handel und Freizeiteinrich-      nachtsmarkt in zehn Jahren
cher Thomas Winkler.                       tungen wie Kino profitieren die Markt-      aus? Die Struktur wird sich nicht
                                           beschicker selbst von den Veranstaltun-    wesentlich ändern, allen sozialen
Mit den Märkten steigen die                gen. Für viele Schausteller und Markt-     Medien und Onlineshops zum Trotz.
Gästezahlen merklich                       kaufleute, die meistens aus heimischen      Die Menschen werden es auch
Während Dortmund in die Verlänge-          Gefilden stammen, seien die Weih-           dann oder gerade dann zu schätzen
rung gegangen ist, hat sich in Werne       nachtsmärkte, wie Hans-Peter Arens         wissen, dass man hier ungezwungen
ein zehntägiger Markt bewährt. „Die-       erläutert, die Haupteinnahmequelle         zusammenkommt und beispiels-
ser Zeitrahmen ist für unsere Stadt ge-    im Jahr. Berechnungen des Verbands         weise am Glühweinstand Besucher
nau passend“, sagt Wirtschaftsförderin     zufolge liegt der Durchschnittsumsatz      aus allen Bereichen der Gesellschaft
Carolin Brautlecht, „zumal wir in die-     der Aussteller bei einem vierwöchigen      vertreten sind. Die Werbung für die
sen Tagen mit vollem Programm auf-         Programm bei rund 25.400 Euro. Oder        Veranstaltung wird sich allerdings
warten.“ Vor historischer Kulisse der      aus Sicht des Kunden betrachtet: Für       noch stärker ins Internet verlagern,
Altstadt sorgen nicht nur 20 Hütten        Speisen, Getränke und weitere Käu-         den passenden Button gibt es ja
für eine stimmungsvolle Atmosphä-          fe gibt ein Besucher durchschnittlich      schon lange: „Gefällt mir“.
re, sondern auch zahlreiche Literatur-     11,66 Euro aus.                       >

                                                                                                  Ruhr Wirtschaft November 2015   11
Schwerte

                                                Weihnachtsmärkte als
                                                touristischer Geschäftszweig
                                                Stammt zwar laut der Untersuchung die Hälf-
                                                te der Besucher aus der Stadt selbst und je-
                                                weils knapp ein Viertel aus einem Umkreis
                                                von rund 50 Kilometern, gelten in Dortmund
                                                andere Verhältnisse. „Wir haben rund 30.000
                                                Busgäste, auch und vor allem aus dem Aus-
                                                land“, berichtet Thomas Winkler. Insbeson-
                                                dere englische, niederländische und belgi-
                                                sche Busunternehmen bieten die Touren nach
                                                Dortmund an, in jüngster Zeit zählen auch
                                                Schweizer Firmen dazu. Ausflüge zu Weih-
                                                nachtsmärkten sind längst ein lukratives Ge-
                                                schäft, in dem allerdings ein scharfer Wettbe-
                                                werb herrscht. Busgesellschafter auf der ei-
                                                nen und Dortmunder Schausteller sowie Ein-
                                                zelhändler auf der anderen Seite haben indes
                                                längst die Möglichkeiten der Zusammenarbeit
                                                erkannt. Die Reisenden erhalten bereits im
                                                Bus eine Begrüßungstüte von der Dortmun-
                                                der Tourismus-Gesellschaft mit einem Vorge-
                                                schmack auf den Besuch. Neben einer Süßig-
                                                keit finden sie eine 72-seitige Broschüre über
     Kamen                                      den Markt selbst und ein Couponheft, dessen
                                                Gutscheine/Rabatte die Besucher bei den teil-
                                                nehmenden Geschäften einlösen können.
                                                     „Dass der Weihnachtsmarkt zum touris-
                                                tischen Ziel geworden ist, hat auch einen Bei-
                                                trag zur Steigerung der Übernachtungszah-
                                                 len in Dortmund geleistet“, sagt Verena Bul-
                                                 ler von DortmundTourismus. Der Markt zäh-
                                                  le sicherlich zu den Faktoren, die ein Anwach-
                                                  sen von 40.000 Gästen im Dezember 2006
                                                   auf 57.000 im Vergleichsmonat 2014 mitbe-
                                                   gründet haben. „Wir merken durchaus, dass
                                                   die Veranstaltungen Gäste anlockt, oftmals
                                                    nutzen auch Tagungsteilnehmer die Gele-
                                                    genheit zu einem Abstecher“, sagt Monika

                                                                      Hamm

12   Ruhr Wirtschaft November 2015
BLICKPUNKT WEIHNACHTSMÄRKTE

Riepe, Mitinhaberin der Hotel Drees GmbH &
Co. KG. Das gesamte Programm einschließlich
des größten Weihnachtsbaumes trage doch da-
zu bei, „die Übernachtungszahlen nach oben zu
bringen“, ergänzt Andreas Vogt, General Mana-
ger der Steigenberg Hotel Group.
    Bei Touristen und Einheimischen gleicher-
maßen erfreuen sich auch Führungen über den
Weihnachtsmarkt großer Beliebtheit, bei de-
nen die Entwicklung des Weihnachtsmarkts so-
wie Geschichten aus Dortmunds Stadtgeschich-
te zur Sprache kommen. Ein solcher Geschäfts-
zweig trägt dazu bei, dass durch Weihnachts-
märkte zusätzliche Stellen geschaffen werden
– zumindest vorübergehend. Die Erhebung des
Bundesverbands der Schausteller und Markt-
kaufleute kommt auf eine Zahl von 188.000
Arbeitsplätzen, die „zumindest zeitweise für
die Dauer der Weihnachtsmarktveranstaltun-
gen“ entstehen. Der Dortmunder Hans-Peter
Arens macht folgende Rechnung auf: „Für jeden
der 300 Stände braucht man sicherlich drei bis
vier Helfer. Das kann ein Familienbetrieb allein
überhaupt nicht stemmen. Damit ist man doch
schon bei über 1.000 Jobs.“                                     Lünen
    Um Menschen zu den Märkten zu locken,
nutzen die Veranstalter die sozialen Netzwerke
– und das mit wachsender Tendenz. Darüber hi-
naus sind die Organisatoren bemüht, auf Inter-         Überblick
netplattformen mit Veranstaltungsübersichten           › Neben Internetplattformen wie www.weihnachtsmarkt-deutschland.de/nord-
zu Weihnachtsmärkten präsent zu sein. Denn es            rhein-westfalen.html oder http://www.weihnachtsmarkt.info/Weihnachtsmae-
gibt immer mehr Leute, die nicht nur den Markt           rkte/Deutschland/Nordrhein-Westfalen/index.html verschaffen auch verschie-
vor ihrer Haustür aufsuchen, sondern auch mal            dene Printprodukte einen Überblick. Der Kölner Ella-Verlag gibt ein eigenes
etwas Neues ausprobieren wollen. Die Auswahl             Magazin mit dem Titel „Weihnachtsmarkt“ (Auflage: 52.000) heraus, das auf
ist groß: Zwischen Flensburg und Garmisch-Pa-            die Spezialitäten der jeweiligen Märkte im deutschsprachigen Raum eingeht.
tenkirchen gibt es rund 2.500 Veranstaltungen,           Neben dem größten Baum mit seinen 45 Metern und 48.000 Lichtern werden
die vielen kleineren Märkte in Ortsteilen oder           in dem Heft der Jahresbecher mit den jährlich wechselnden Motiven, das Kin-
von karitativen Einrichtungen noch nicht mit-            derprogramm im Weihnachtsdorf und der herausnehmbare Standplan in der
gerechnet.                                               Weihnachtsmarktbroschüre besonders hervorgehoben.

Von den Märkten profitieren zahlreiche Branchen
Wirtschaftliche Strahlkraft haben Weihnachtsmärkte auch in andere Richtungen:

        › Zusätzliche Arbeit, aber auch erheb-       Einzelinterpreten zu einer wichtigen        munder Stadtwerke setzen zusätzliche
          lich mehr Umsätze können insbeson-         wie auch lukrativen Plattform.              Busse und Bahnen ein, um den An-
          dere Bäcker und Metzger verzeichnen,                                                   drang zu bewältigen.
          die die Weihnachtsmärkte beliefern.      › Durch das Gepäckdepot in Dortmund,
          Ob Hamm, Dortmund oder Lünen: Brot         das dank Sponsoring seit dem vergan-      › Mit der „Winterwelt“ und der Eis-
          und Brötchen, Fleisch und Wurstspe-        genen Jahr wieder vom City Ring den         fläche als Attraktion setzt die Stadt
          zialitäten stammen überwiegend von         Besuchern für kleines Geld angeboten        Kamen auf ein Modell, das auch in
          Handwerksbetrieben aus der Region.         wird, entstehen zusätzlich Jobs, wenn       Hamm die Besucherzahlen steigen
          Für viele von ihnen sind die Veran-        auch befristet.                             ließ. Doch beide Kommunen sind keine
          staltungen ein wichtige Einkommens-                                                    Einzelfälle. Thomas Hein, der mit In-
          quelle.                                  › Da ein erheblicher Teil der Besucher        terevent eine der Agenturen betreibt,
                                                     mit dem eigenen Pkw anreist, Umfra-         bei denen der Kunde Eisflächen an-
        › Indem Weihnachtsmärkte wie Werne           gen zufolge über 30 Prozent, klingeln       mieten kann, beobachtet eine wach-
          oder Dortmund auf ein ansprechendes        auch die Kassen der Parkhausbetrei-         sende Nachfrage. „Während der Sai-
          Musikprogramm setzen, werden die           ber. 29 Prozent der Gäste kommen mit        son müssen wir erheblich mehr Leute
          Veranstaltungen auch für Bands und         öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Dort-     einstellen“.

                                                                                                             Ruhr Wirtschaft November 2015   13
44. ERNST-SCHNEIDER-PREIS DER IHKS IN HAMBURG VERLIEHEN

     Löwen und andere Preisträger
                                     Z
                                            um ersten Mal standen bei der Ver-      schichte erzählt, die verhängnisvolle Kapital-
                                            leihung des Ernst-Schneider-Preises     und Recyclingströme offenbarte.
                                            Löwen auf der Bühne. Keine richti-          Die Industrie- und Handelskammern
                                            gen, sondern Löwen, die den Fern-       zeichneten in der festlich beleuchteten Han-
                                     sehzuschauern als Investoren der Show „Die     delskammer Hamburg Journalisten aus,
                                     Höhle der Löwen“ bekannt sind. Judith Wil-     die mit zum Teil sehr aufwendigen Recher-
                                     liams, Frank Thelen und Vural Öger waren       chen überzeugten. Die Autorinnen und Auto-
                                     nach Hamburg gekommen und drückten ih-         ren hatten sich gegen rund 1.000 Mitbewer-
                                     ren beiden Autorinnen die Daumen. Als dann     ber durchgesetzt. Ihre Artikel, Radiobeiträge
                                     die Wirtschaftschefin des ZDF, Susanne Bie-     und Filme thematisierten sehr verschiedene
                                     denkopf-Kürten, die Entscheidung verkünde-     Wirtschaftsthemen. Was sie verband, war ih-
     Impressionen                    te, jubelten die Autorinnen Christiane Bee-    re gesellschaftliche Relevanz und ihre span-
     (1) Halb Lupe, halb Fernseher   ker und Andrea Jajeh und nahmen mit ihren      nende Aufbereitung. Die 500 Gäste im Bör-
     ist der Ernst-Schneider-Preis   prominenten Gästen den Preis für das inno-     sensaal bekamen in den Einspielfilmen einen
     seit 1971 Symbol für journa-    vativste wirtschaftliche Unterhaltungsformat   exzellenten Eindruck von der Qualität der
     listische Sorgfalt.             entgegen.                                      Arbeiten und wurden bestens durch einen
     (2) Der festlich beleuchtete        Die Überraschung stand aber nicht nur      gewohnt schlagfertig moderierenden Jörg
     Börsensaal der Handelskam-      den Löwen im Gesicht, sondern auch dem         Thadeusz unterhalten. Prominente Chefre-
     mer Hamburg war Ort des         Team von „Follow the Money“, das in dieser     dakteure und Chefredakteurinnen wie Bir-
     Geschehens und bot den 500      Kategorie ebenfalls ausgezeichnet wurde:       git Wentzien vom Deutschlandfunk, Brigit-
     Gästen ein stimmungsvolles      „Ich dachte, gegen diese erfolgreiche Fern-    te Fehrle von der Berliner Zeitung und Sonja
     Ambiente.                       sehshow sind wir chancenlos“, sagte Christi-   Schwetje von n-tv begründeten die Entschei-
     (3) Moderator Joerg Tha-        an Salewski, dessen Team für ein anspruchs-    dungen. Sie hatten in den Jurys gearbeitet
     deusz, Dr. Walter Richtberg,    volles crossmediales Projekt ausgezeichnet     und freuten sich, die Gewinner des zum 44.
     Lutz Marmor, Michael West-      wurde. Die Journalisten hatten unter Ein-      Mal ausgeschriebenen Journalistenpreises
     hagemann und Olaf Scholz.       beziehung Sozialer Medien eine globale Ge-     der deutschen Wirtschaft kennenzulernen.
     Fotos: Nikolas Maack

14   Ruhr Wirtschaft November 2015
Sieger, Nominierte und
Die Preisträger des Jahres 2015                                                                            Laudatoren der 44. Ernst-
                                                                                                         Schneider-Preis-Verleihung.
› Wirtschaft in regionalen Printmedien: Miriam Opresnik: „Helden des Handels“,
  Hamburger Abendblatt

› Wirtschaft in überregionalen Printmedien: Kai Biermann, Klaus Brandt, Daniel Drepper,
  Philip Faigle, Christian Fuchs, Anne Kunze, Haluka Maier-Borst, Stephan Lebert, Daniel Müller,
  Karsten Polke-Majewski, Sascha Venohr, Fritz Zimmermann: „Tödliche Keime“,
  Die Zeit / Zeit Online / Correctiv / Funke-Mediengruppe

› Förderpreis für Nachwuchsjournalisten: Felix Brumm, enorm

› Wirtschaft online: Dana Heide: „Wie eine Katastrophe die Welt verbessert“, Handelsblatt Online

› Hörfunk Kurzbeitrag: Peter Knetsch, Sina Rosenkranz, Andreas Hain, Jan Seidel, Julia Rubin, Tamara
  Land, Torsten Buschmann, Lena Stadler: „Die Macht des Geldes - Was Geld mit uns macht, SWR

› Hörfunk Große Wirtschaftsendung: Dr. Sebastian Strube:                                               Ernst-Schneider-
  „Crowdwork. Vom Entstehen der digitalen Arbeiterklasse“, BR                                          Preis 2016
                                                                                                       Alle Autorinnen und Autoren,
› Innovation/Unterhaltungssendung: Preisteilung zwischen Christiane Beeker, Andrea Jajeh:              deren Beiträge wirtschaftliche
  „Die Höhle der Löwen“, Vox, und Carolyn Braun, Marcus Pfeil, Felix Rohrbeck, Christian Salewski:     Themen ideenreich und ver-
  „Auf der Jagd nach dem Schrott“, Die Zeit / ARTE / Follow the Money / ARD (NDR)                      ständlich darstellen, sind ab
                                                                                                       sofort herzlich zur Teilnahme
› Fernsehen Kurzbeitrag: Sabina Wolf: „Gefälschte Medikamentenverpackungen“, ARD (BR)
                                                                                                       am 45. Wettbewerb eingela-
› Fernsehen Große Wirtschaftssendung: Marc Bauder: „Master of the Universe“, Arte / hr /SWR            den. Einsendeschluss ist der
                                                                                                       22. Januar 2016.

                                                                                                         Ruhr Wirtschaft November 2015   15
Klavierkultur
     Mit seinen Klavieren, Flügeln und Konzerten bereichert
     das Pianohaus van Bremen in Dortmund seit fast
     110 Jahren die Musikkultur in der Region.

     Klavierhändler in der dritten und vierten Generation: Franz (l.) und Maximilian van Bremen leiten das 1906 gegründete
     Familienunternehmen Pianohaus van Bremen.

16   Ruhr Wirtschaft November 2015
WIRTSCHAFT REGIONAL

VON ROLAND KENTRUP
FOTOS: ROLAND KENTRUP UND VAN BREMEN              zum Ser-
                                                 vice. Hier

D
                                                 kooperiert
         ortmund zum Klingen bringen. Das        van Bre-
         gelingt dem Pianohaus van Bremen        men mit
         seit 109 Jahren immer wieder auf        qualifizierten Klavierbauern und Konzert-           Meilensteine
         interessante Weise. So auch zur Er-     stimmern, die zum Teil früher in der Klavier-
                                                                                                    1906
öffnung des Deutschen Fußballmuseums in          werkstatt des Unternehmens gearbeitet ha-
                                                                                                    Hugo van Bremen gründet ein
Dortmund, wo ein Leihflügel aus dem Hau-          ben.
                                                                                                    Pianohaus am Heiligen Weg
se van Bremen zu hören war. Aufgrund des             Rund 250 bis 300 Instrumente pro Jahr
                                                                                                    in Dortmund.
eng begrenzten Platzes auf der Bühne konnte      verkauft das Pianohaus. Neben dem Groß-
bei der Gala am 23. Oktober kein großer Kon-     raum Dortmund kommen die Kunden aus                1949
zertflügel eingesetzt werden. Dennoch sollte      dem Münsterland, dem Sauerland und dem             Sein Sohn Hugo van Bremen
ein voller Flügelklang zu hören sein. „Daher     gesamten Ruhrgebiet. Das Unternehmen er-           II. steigt in die Firma ein. Kla-
haben wir für die Eröffnungsgala einen mo-       wirtschaftet einen Jahresumsatz von über ei-       viergeschäft und Werkstatt
dernen Hybrid-Flügel in kurzer Bauweise ge-      ner Millionen Euro. Im Vergleich zu den ver-       werden in der Arndtstraße
stellt. Dieses Instrument erzeugt trotz seiner   gangenen Jahrzehnten ist die Stückzahl der         neu eröffnet.
geringeren Ausmaße elektronisch verstärkt        verkauften Instrumente insgesamt zurückge-
                                                                                                    1952
einen harmonischen Flügelklang in voller         gangen. „Der Rückgang betrifft hauptsäch-
                                                                                                    Umzug in das Westfalenhaus
Lautstärke“, erläutert Franz van Bremen, In-     lich das Geschäft mit Flügeln. Während die
                                                                                                    an der Hansastraße ein. Hugo
haber und Geschäftsführer des Pianohauses        Anzahl der verkauften Klaviere relativ kon-
                                                                                                    van Bremen II. baut das Un-
van Bremen in Dortmund. Gemeinsam mit            stant geblieben ist, werden höherwertige E-
                                                                                                    ternehmen aus.
seinem Sohn Maximilian van Bremen führt          Pianos verstärkt nachgefragt“, so Maximilian
er das 1906 gegründete Familienunterneh-         van Bremen. Eine neue Entwicklung sind so-         1966
men in dritter und vierter Generation.           genannte Hybrid-Klaviere: Sie besitzen eine        Van Bremen nimmt die Kla-
    Das in der Hansastraße 7-11 ansässige        konventionelle Klaviertastatur und -mecha-         viere und Flügel der Marke
Pianohaus ist ein inhabergeführtes Klavier-      nik, aber der Ton wird elektronisch über ei-       Yamaha in sein Sortiment auf.
fachgeschäft mit einem Außendienst für den       ne Lichtschranke erzeugt. „Der Onlinehan-          1977
Kundenservice. Zudem verleiht van Bremen         del mit Klavieren spielt für uns nicht zuletzt     Nach dem Tod seines Vaters
Flügel und Klaviere für Konzerte, Firmenfei-     aufgrund der hohen Transportkosten zur             übernimmt Franz van Bremen
ern und private Anlässe. Die eigene Klavier-     Zeit keine Rolle“, sagt der 33-jährige Einzel-     die Geschäftsführung.
werkstatt wurde vor zehn Jahren zugunsten        handelskaufmann und Diplom-Betriebswirt.
von Kooperationen geschlossen. Der Han-          Selbstverständlich ist das Unternehmen mit         1982
del mit überwiegend neuen Klavieren, Kon-        einer eigenen Website und in den sozialen          Die bis heute fortgeführte
zertflügeln und E-Pianos bestimmt heute das       Netzwerken präsent.                                Reihe der Montagskonzerte
Geschäft. „Wobei wir zunehmend auch jun-             Das Pianohaus van Bremen hat sich auf          im Pianohaus beginnt.
ge, gebrauchte Instrumente verkaufen“, er-       die Marken C. Bechstein, Bechstein und W.          1999
klärt Maximilian van Bremen, stellvertreten-     Hoffmann der Bechstein-Gruppe sowie Yama-          Das Klaviergeschäft zieht in-
der Geschäftsführer und Prokurist. „Famili-      ha spezialisiert. Als Preiseinstieg wird die Ei-   nerhalb des Westfalenhauses
en, die vor 10, 20 oder 30 Jahren Klaviere ge-   genmarke H. van Bremen angeboten. „Diese           in das Erdgeschoss um.
kauft haben und sie nicht an ihre erwachse-      Instrumente werden von Pearl River in Chi-
nen Kinder weitergeben können, bieten diese      na produziert und bieten ein sehr gutes Preis-     2002
Instrumente dem Pianohaus wieder an.“            Leistungsverhältnis“, sagt Franz van Bremen.       Mit Maximilian van Bremen
                                                 „Schon mein Opa und mein Vater hatten als          tritt die vierte Generation in
Über 70 Flügel und Klaviere vorrätig             Händler eine Hausmarke im Sortiment.“ Der          das Familienunternehmen ein.
Über 70 Flügel und Klaviere sind im Piano-       Preiseinstieg bei neuen Klavieren liegt bei        2003
haus van Bremen ständig vorrätig. Auf ei-        rund 3.000 Euro. Das Zehnfache dieser Sum-         Der 1. Westfälische van Bre-
ner Ausstellungsfläche von rund 500 Quad-         me schlägt bei neuen, großen Konzertklavie-        men Klavierwettbewerb star-
ratmetern werden sie großzügig präsentiert.      ren der Spitzenklasse zu Buche. Flügel begin-      tet und findet seitdem jedes
Neben einer kompetenten Fachberatung kön-        nen preislich bei rund 10.000 Euro und enden       Jahr statt.
nen die Instrumente in den hellen, freundli-     bei deutlich über 100.000 Euro.
                                                                                                    2010
chen Räumen besichtigt und angespielt wer-           „Mit unseren Marken können wir vom
                                                                                                    Van Bremen und City Ring
den. Beratung und Verkauf liegen in den Hän-     Einstieg bis zum Premiumsegment alle Be-
                                                                                                    Dortmund initiieren die erste
den von Franz und Maximilian van Bremen,         reiche abdecken“, erklärt der 64-jährige Ein-
                                                                                                    „Spiel Mich“-Klavier Aktion:
die beide selbst Klavier spielen. Eine Einzel-   zelhandelskaufmann und Klavierbauer. „Als
                                                                                                    30 Klaviere erklingen in der
handelskauffrau in Ausbildung und ebenfalls      ich vor gut 50 Jahren als Klavierbaulehrling
                                                                                                    Innenstadt.
begeisterte Pianistin sowie zwei Teilzeitkräf-   anfing, gab es noch eine Vielzahl deutscher
te ergänzen das Team. Als Kundenservice bie-     Hersteller. Wir führten damals unglaublich         2012
tet der Händler den professionellen Klavier-     viele verschiedene Marken wie Schimmel,            Der 10. Westfälische van Bre-
transport durch ausgewiesene Spezialis-          Grotrian Steinweg, Bösendorfer oder Stein-         men Klavierwettbewerb er-
ten an. Ebenso gehört die Klavierstimmung        way. Allerdings war die Instrumentenpalet-         zielt mit über 110 Anmeldun-
und die Reparatur wertvoller Instrumente         te der Hersteller damals wesentlich kleiner.       gen einen Teilnehmerrekord.

                                                                                                       Ruhr Wirtschaft November 2015    17
WIRTSCHAFT REGIONAL

      1                                 2                                   3

                                       Während heute Hersteller wie Bechstein oder      erste Dortmunder Hochhaus, das Westfalen-
                                       Yamaha den gesamten Bereich vom Einstiegs-       haus, an der Hansastraße ein. Konservatori-
                                       klavier bis zum Konzertflügel abdecken.“          um und Musikschule hatten dort ebenfalls ih-
                                       Die Bechstein-Gruppe mit ihrem Hauptwerk         re Räumlichkeiten. Wer in Dortmund Musik
                                       im sächsischen Seifhennersdorf und einer         studierte oder lehrte, kam automatisch in der
                                       Produktionsstätte in Tschechien ist Europas      ersten Etage bei van Bremen vorbei.
     »Jeder Mensch                     größter Hersteller von Klavieren und Flü-            1966 nahm van Bremen als einer der ers-
     möchte gerne                      geln. Das Angebot deutscher Marken ist in        ten deutschen Händler die Klaviere und Flü-
                                       den vergangenen Jahrzehnten stark zurück-        gel der Marke Yamaha in sein Sortiment auf.
     Klavier spielen
                                       gegangen. Viele kleinere Hersteller sind nicht   Franz van Bremen begann in der hauseige-
     können.«                          mehr am Markt oder produzieren nicht mehr        nen Werkstatt mit der Ausbildung zum Kla-
     Franz van Bremen                  in Deutschland.                                  vierbauer. Nach seiner Gesellenprüfung ab-
                                                                                        solvierte er noch eine kaufmännische Leh-
                                       Fast 110 Jahre Klaviertradition                  re. Nach dem Tod des Vaters 1977 übernahm
                                       Den stetigen Wandel in der Herstellung und       er 26-jährig die Geschäftsführung des Un-
                                       im Verkauf von Klavieren begleitet das Unter-    ternehmens mit damals 18 Mitarbeitern in
                                       nehmen seit fast 110 Jahren. Landvermesser       Verkauf, Werkstatt und Kundendienst. 1999
                                       Hugo van Bremen gründete das Pianohaus           zog das Pianohaus aus der „Belle Etage“ in-
                                       1906 am Heiligen Weg in Dortmund. Dabei          nerhalb des Westfalenhauses in das kom-
                                       wurde er durch seine Ehefrau Elisabeth un-       plett umgebaute Erdgeschoss um. Hohe, of-
                                       terstützt, die verwandtschaftlich mit der Kla-   fene Räume mit Tageslicht bringen nicht nur
                                       viermanufaktur Eduard Hilger in Aachen ver-      die Instrumente schön zur Geltung, sondern
                                       bunden war. 1949 stieg Hugo van Bremen II.,      besitzen auch eine wohlklingende Akustik.
                                       der Vater des heutigen Inhabers, in das Pia-     2002 trat mit Maximilian van Bremen die
                                       nohaus in ein, das in der Arndtstraße neu er-    vierte Generation in die Firma ein.
                                       öffnet worden war. Die wieder eingerichte-           „Klaviere werden in erster Linie von Fami-
                                       te Werkstatt wurde schnell zum voll beleg-       lien für die Kinder gekauft“, erläutert der In-
                                       ten „Sanatorium“ für Klaviere. 1952 zog das      haber. Über die Hälfte des Umsatzes macht
                                       Klavierfachgeschäft samt Werkstatt in das        van Bremen mit Kunden, die einen Migra-
                                                                                        tionshintergrund haben. Ärzte, Kaufleute,
                                                                                        Rechtsanwälte oder Unternehmer, die mit
                                                                                        ihrer Familie in Dortmund oder in der Regi-
                                                                                        on sesshaft geworden sind, kaufen Klaviere
                                                                                        und Flügel bei dem Fachhändler. „Bei diesen
                                                                                        Menschen ist eine hohe Wertschätzung von
                                                                                        Musik und Kultur vorhanden. Da gehört ein
                                                                                        Klavier einfach in einen bürgerlichen Haus-
                                                                                        halt, und die Kinder bekommen selbstver-
                                                                                        ständlich Klavierunterricht auf einem ver-
                                                                                        nünftigen Instrument“, berichtet Franz van
                                                                                        Bremen. „Das Schöne an meinem Beruf ist,
                                                                                        dass ich Produkte verkaufe, an denen jeder
                                                                                        Spaß hat. Denn jeder Mensch möchte gerne
                                                                                        Klavier spielen können.“
                                                                                            Markenklaviere klingen nicht nur gut,
                                                                                        sondern sie sind nach wie vor auch eine gu-
     Über 70 Flügel und Klaviere hat Franz van Bremen im Pianohaus in der               te Wertanlage. „Hochwertige, moderne Kla-
     Hansastraße 7-11 ständig vorrätig.                                                 viere werden normalerweise 80 bis 100 Jahre

18   Ruhr Wirtschaft November 2015
startete das Pianohaus zur Kulturhauptstadt
                                                 Ruhr 2010 die „Spiel Mich“-Aktion. Diese
                                                                                                    Klaviertradition
                                                 Klavier-Mitmachaktion lädt jeden Sommer             1 Hugo van Bremen I.
                                                 Passanten in der Innenstadt ein, an von Bür-       gründete das Pianohaus 1906
                                                 gern gespendeten Klavieren nach Lust und           in Dortmund.
                                                 Laune zu spielen. Im Anschluss werden die
                                                 Instrumente für einen guten Zweck verstei-          2 Hugo van Bremen II.
                                                 gert. In diesem Jahr erhielt die Wohnungs-         baute das Familienunterneh-
                                                 losen-Initiative Gast-Haus eine Spende über        men aus, das er bis zu seinem
                                                 3.000 Euro.                                        Tod 1977 leitete.

                                           4     Wettbewerb für Kinder und Jugendliche               3 1956 feierte das Traditi-
                                                 Eine lange Tradition hat der Westfälische van      onsunternehmen sein 50-jäh-
                                                 Bremen Klavierwettbewerb, der am 21. No-           riges Bestehen.
alt“, sagt Franz van Bremen, der auch Instru-    vember 2015 zum 13. Mal im Harenberg Ci-
mente bewertet. Aufgrund der aufwendigen         ty Center (HCC) stattfindet. Kinder und Ju-          4 Franz van Bremen über-
Herstellung in Handarbeit behalten die Inst-     gendliche im Alter von acht bis 20 Jahren          nahm 1977 in dritter Genera-
rumente ihren Wert. Gepflegte Instrumente         aus ganz Nordrhein-Westfalen messen sich           tion die Geschäftsführung des
ausgewählter Marken lassen sich auch nach        in vier Altersgruppen im Klavierspiel. Eine        Pianohauses, das 1981 sein
Jahrzehnten noch zu einem angemessenen           hochkarätig besetzte Jury vergibt Preisgel-        75-jähriges Bestehen feierte.
Preis verkaufen. Dabei steigen vor allem Flü-    der in Höhe von insgesamt 4.500 Euro. Die
gel langfristig deutlich im Wert.                Preisträger spielen am 28. November ein Ab-
                                                 schlusskonzert im HCC. „Viele Preisträger
Trendfarbe weiß und Chrombeschläge               haben diesen Wettbewerb als Stufe auf ihrer
Ähnlich wie bei Möbeln gibt es auch bei Kla-     Karriereleiter genutzt. Sie sind jetzt erfolg-
vieren Moden. „Vor 40 Jahren stand bei uns       reich im pädagogischen oder künstlerischen
überwiegend Nussbaum und Eiche rustikal.         Studium, bei internationalen Wettbewer-
Da gab es nur vereinzelt schwarze Klaviere“,     ben, Festivals oder Konzertreihen“, berichtet
erinnert sich Franz van Bremen. Dann hiel-       Franz van Bremen, der den Wettbewerb 2003
ten die klassischen, schwarz polierten Klavie-   ins Leben rief. „Dortmund war zu Zeiten der
re wieder Einzug, ergänzt durch Mahagoni         Musikhochschule immer eine Hochburg für
poliert. In den 1990er-Jahren waren Buche,       junge Talente. Nach Schließung der Musik-
Erle und andere helle Hölzer populär. „Heu-      hochschule in Dortmund wollte ich mit dem
te dominiert die Ausführung schwarz poliert      Wettbewerb neue positive Akzente für Nach-
zu 90 Prozent den Markt. Als aktuelle Trend-     wuchspianisten setzen.“ Seit 2006 richtet
farbe ist weiß gefragt“, berichtet Maximili-     van Bremen einmal im Jahr die Tage der Kla-
an van Bremen. „Und Chrom ist sehr popu-         viermusik aus. Jeweils am Karnevalswochen-
lär. Fast jedes zweite Klavier wird momentan     ende stellen erfahrene Musikpädagogen und
mit Chrombeschlägen ausgeliefert. Messing        Professoren von Musikhochschulen an Bei-
an den Füßen und Scharnieren sieht man im-       spielen ihre Arbeit vor. Zudem finden regel-
mer weniger. Dieser Chromtrend gilt welt-        mäßig Klavier- und Kammerkonzerte im Pia-
weit aber nur für Deutschland.“                  nohaus statt. Die Reihe der Montagskonzerte
    Neben seinen Instrumenten bietet der         mit jungen Talenten aus der Region begann
Händler in seinen Räumlichkeiten im West-        bereits 1982 und wird bis heute fortgesetzt.
falenhaus auch Übestudios zum Unterrichten
und Klavierspielen an. Interessierte können
diese Studios, ausgestattet mit einem Flü-
gel oder Klavier, stundenweise anmieten und
hier ungestört üben, Unterricht geben oder
Kammermusik proben.
    „Seit Jahrzehnten fördern wir aktiv das
Kulturleben in der Region“, betont Franz van
Bremen, der sich auch im Vorstand des City-
Rings und in der Qualitätsroute Dortmund
engagiert. „Der Austausch der Einzelhänd-
ler untereinander vor Ort ist sehr viel wert!“
Das Familienunternehmen unterstützt und
betreut eine Vielzahl von Veranstaltungen in
der Region, so unter anderem den Internati-
onalen Schubert Wettbewerb Dortmund, Ju-
gend Musiziert und das Klavierfestival Ruhr.       Klavierbauer und Konzertstimmer Guido Kophal sorgt bei Flügeln und
Zusammen mit dem City Ring Dortmund                Klavieren für die richtige Stimmung.

                                                                                                      Ruhr Wirtschaft November 2015   19
Kompakt
                                                                                                   „Goldene Victoria“
                                                                                                   Peter Bandermann
                                                                                                   ausgezeichnet
                                                                                                   Der Redakteur der Ruhr Nachrichten
                                                                                                   Dortmund ist vom Verband Deut-
                                                                                                   scher Zeitschriftenverleger (VDZ)
                                                                                                   mit der „Goldenen Victoria für Pres-
                                                                                                   sefreiheit“ ausgezeichnet worden.
                                                                                                   Bandermann berichtet trotz anhal-
                                                                                                   tender Bedrohungen und Nachstel-
                                                                                                   lungen seit vielen Jahren kritisch

     „Lichtwandeln“ im Park                                                                        über die rechtsextreme Szene in
                                                                                                   Dortmund. Neonazis setzten ihn un-
                                                                                                   ter anderem mit erfundenen Todes-
     Licht als echtes Erlebnis – das bietet „Winterleuchten“ sechs Wochen lang im                  anzeigen unter Druck. „Der Preis ist
     Westfalenpark. Ab dem 5. Dezember, täglich ab 17 Uhr, wird der Park wieder zum                ein Zeichen der Solidarität und soll
     Ort für lustvolles Lichtwandeln. Seit zehn Jahren veranstalten Reinhard Hartleif und          gleichzeitig eine Mahnung für jene
     Wolfgang Flammersfeld von world-of-lights das Winterleuchten. Das Geheimnis                   sein, die Journalisten bedrohen oder
     des anhaltenden Erfolges: Jedes Mal setzen Lichtprojektionen Bäume, Wiesen und                diese in ihrer Arbeit behindern – das
     Sträucher überraschend neu in Szene.                                          Foto: p:e:w     fängt oftmals im Kleinen an“, sag-
                                                                                                   te VDZ-Hauptgeschäftsführer Ste-
                                                                                                   phan Scherzer. Die „Goldene Victo-
                                                                                                   ria“ wurde in diesem Jahr zum ers-

     Gewusst wie                                                                                   ten Mal verliehen. Geehrt wurden
                                                                                                   neben Bandermann die mexikani-
                                                                                                   sche Journalistin Ana Lilia Perez und
                                                                                                   die afghanischen Medienaktivistin
     Fachhochschule Dortmund sucht Teilnehmer für ein                                              Farida Nekzad.
     Studierendenprojekt zur Wissensbilanz.
                                                                                                   Dortmunder U
                                                                                                   Ausstellung

             D       urch die steigende Flut von In-
                     formationen, unter anderem
                     aus dem Internet oder sozialen
               Netzwerken, nimmt die Bedeutung
               des Informationsmanagements in Un-
                                                          licht eine effizientere Steuerung der
                                                          Erfolgsfaktoren. Darüber hinaus kann
                                                          das erhobene Wissen gezielt in künfti-
                                                          ge Investitionen und Projekte einflie-
                                                          ßen, um durch weitere Betrachtungs-
                                                                                                   rund um Bier
                                                                                                   und Braukunst
                                                                                                   Das flüssige Gold wird im Dortmun-
                                                                                                   der U zum Kunstobjekt. Die Aus-
               ternehmen stetig zu. Informationen         weisen Fehlentscheidungen zu verrin-     stellung „Dortmunder Neu Gold –
               stellen jedoch nur dann einen Mehr-        gern.                                    Kunst, Bier & Alchemie“ präsentiert
               wert dar, wenn sie in nutzbares Wis-           Im Rahmen eines Studierenden-        passend zum 500-jährigen Jubiläum
               sen als Entscheidungsgrundlage um-         projekts des Masterstudiengangs          des deutschen Reinheitsgebots Wer-
               gesetzt werden können. Eine erprob-        Wirtschaftsinformatik der Fachhoch-      ke internationaler Künstler wie Ali-
               te Form, um Wissen zielorientiert und      schule Dortmund werden Unterneh-         cia Kwade und Michael Sailstorfer
               langfristig im Unternehmen zu halten       men gesucht, die an der Erstellung ei-   aus der Kulturgeschichte des Biers.
               und sinnvoll abrufbar zu machen, ist       ner Wissensbilanz interessiert sind.     Die Schau betrachtet die Braukunst
               die Wissensbilanz.                         Hierzu wird ein Studierendenteam         im Ruhrgebiet als Bild für Verwand-
                   Im Gegensatz zu den Inhalten ei-       gemeinsam mit dem Unternehmen            lungsprozesse: Malz, Hopfen und
               ner finanziellen Bilanz ist Wissen          die Wissenssituation erheben, doku-      Hefe werden zu Dortmunder Bier,
               flüchtig. Dies macht sich besonders         mentieren und Maßnahmen ableiten.        ein Grundnahrungsmittel entwickelt
               dann für Unternehmen bemerkbar,            Die Studierenden bekommen durch          sich zum Exportschlager, und aus
               wenn beispielsweise etablierte Mit-        die Anwendung von Wissensmanage-         einer Brauerei entsteht ein Muse-
               arbeiter das Unternehmen verlassen         ment wichtige Praxiserfahrungen.         um. Im Mittelpunkt stehen die Stadt
               oder krankheitsbedingt ausfallen.          Unternehmen erhalten neue Erkennt-       Dortmund und ihr Wahrzeichen, das
               Dadurch entsteht oftmals ein großer        nisse und Sichtweisen für ihren nach-    Dortmunder U. Zu sehen bis 23. Ap-
               Wissensverlust. Das Wissensmanage-         haltigen Geschäftserfolg.                ril 2016.
               ment und die Wissensbilanz befassen
               sich mit dieser Problematik und bie-       Ansprechpartner
               ten Lösungen. Durch die Erstellung         › Prof. Dr. Achim Schmidtmann, Fach-
               einer Wissensbilanz und die daraus           hochschule Dortmund, Fachbereich
               entstehenden Maßnahmen bleibt das            Informatik, Tel. 0231 755-6764,
               Wissen im Unternehmen und ermög-             achim.schmidtmann@fh-dortmund.de

20   Ruhr Wirtschaft November 2015
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