Neue Chance Wie Unternehmen aus der Region Flüchtlinge integrieren - IHK24
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IHK-VOLLVERSAMMLUNG Heinz-Herbert Dustmann ist neuer IHK-Präsident FAMILIENUNTERNEHMEN MIT TRADITION Tief verwurzelt, hochmodern: Tanzschule Thiele MITTAGSPAUSE IN PARIS Thalys-Verbindung ab Dortmund gestartet April 2016 Neue Chance Wie Unternehmen aus der Region Flüchtlinge integrieren
in W eg. st auche ist, i on Aud i. Wo ein Die Q - Modelle v 4XHUGHQNHU VHLQ 8QNRQYHQWLRQHOO KDQGHOQ %HJHLVWHUXQJVIlKLJ EOHLEHQ $QGHUH PLWUHLHQ 'HU $XGL 4 VRUJW XQWHUZHJV IU DXVGUXFNV VWDUNH $XIWULWWH ² MHW]W ]X EHVRQGHUV JQVWLJHQ .RQGLWLRQHQ XQG PLW DWWUDNWLYHU 4 3UlPLH YRQ ô ² 'DV $XGL 4 /HDVLQJDQJHERW ]% $XGL 4 7', TXDWWUR *DQJ $OX*XVVUlGHU $UP'HVLJQ =ROO (LQSDUNKLOIH .RPIRUWSDNHW 00, 1DYLJDWLRQ 6 OLQH ([WHULHXUSDNHW 6 OLQH VHOHFWLRQ ;HQRQ 3OXV 6LW] KHL]XQJ .OLPD XYP /HLVWXQJ N: 36 0RQDWOLFKH /HDVLQJUDWH 6RQGHU]DKOXQJ ô LQNO hEHUIKUXQJV ô XQG =XODVVXQJVNRVWHQ DOOH :HUWH ]]JO 0HKUZHUWVWHXHU -lKUOLFKH )DKUOHLVWXQJ NP (LQ $QJHERW GHU $XGL /HDVLQJ =ZHLJQLHGHUODVVXQJ GHU 9RONVZDJHQ /HDVLQJ *PE+ *LIKRU 9HUWUDJVODXI]HLW 0RQDWH QHU 6WUDH %UDXQVFKZHLJ %RQLWlW YRUDXVJHVHW]W $EJHELOGHWH 6RQGHUDXVVWDWWXQJHQ VLQG LP $QJHERW QLFKW XQEHGLQJW EHUFNVLFKWLJW $OOH $QJDEHQ EDVLHUHQ DXI GHQ 0HUNPDOHQ GHV GHXW VFKHQ 0DUNWHV $QJHERW XQG 3UlPLH JHOWHQ ELV ]XP QXU IU .XQGHQ GLH ]XP =HLWSXQNW GHU %HVWHOOXQJ EHUHLWV VHFKV 0RQDWH DOV *HZHUEHWUHL EHQGHU RKQH JOWLJHQ .RQ]HUQ*URNXQGHQYHUWUDJ E]Z QLFKW IU HLQHQ JOWLJHQ *URNXQGHQYHUWUDJ EHVWHOOEHUHFKWLJW VHOEVWVWlQGLJHU )UHLEHUXIOHU VHOEVWVWlQGLJHU /DQG XQG )RUVWZLUW RGHU LQ HLQHU *HQRVVHQVFKDIW DNWLY VLQG %HL GHU YRP .XQGHQ DXVJHIKUWHQ 7lWLJNHLW PXVV HV VLFK XP VHLQH +DXSWHLQQDKPHTXHOOH KDQGHOQ 1XU VRODQJH GHU 9RUUDW UHLFKW =XODVVXQJ ELV 'LH 3UlPLH LVW LP $QJHERW EHUHLWV EHUFNVLFKWLJW .UDIWVWRIIYHUEUDXFK O NP LQQHURUWV DXHURUWV NRPELQLHUW &2(PLVVLRQHQ JNP NRPELQLHUW (IIL]LHQ]NODVVH % $QJDEHQ ]X GHQ .UDIWVWRIIYHUEUlXFKHQ XQG &2(PLVVLRQHQ VRZLH (IIL]LHQ]NODVVHQ EHL 6SDQQEUHLWHQ LQ $EKlQJLJNHLW YRP YHUZHQGHWHQ 5HLIHQ5lGHUVDW] *HVFKlIWVNXQGHQ XQG 3277+2)) HLQ VWDUNHV 7HDP IU GLH 5HJLRQ : 3277+2)) *PE+ +DPPHU 6WU (FNH +VHUVWU +DPP 7HO LQIR#SRWWKRIIGH ZZZDXGLSRWWKRIIGH
EDITORIAL Ich sage Danke! L iebe Leserinnen und Leser, an dieser Stelle habe ich mich in den letzten zehn Jahren gemeinsam mit dem Hauptgeschäftsführer der IHK mit vielen wirtschaftsrelevanten Themen an Sie gewandt. Wir haben Sachverhalte aufgeklärt. Wir haben Kritik geübt, wenn wir es für not- wendig hielten. Wir haben aber auch gelobt – und dazu gab es in den letzten Jahren in der IHK-Region viele gute Gründe. Am 7. April habe ich nun das höchste IHK-Ehrenamt als Präsident der Industrie- und Handelskammer zu Dortmund an mei- nen Nachfolger, den erfolgreichen Dortmun- der Unternehmer Heinz-Herbert Dustmann, übergeben. Die IHK-Vollversammlung ist meinem Vorschlag für die Nachfolge mit ei- nem einmütigen Wahlergebnis gefolgt. Ich danke allen, die uns in den letzten Jah- In den nächsten Jahren werde ich mich ren bei unserer Arbeit unterstützt haben; sei diesem Editorial der Ruhr-Wirtschaft nun al- es aus Wirtschaft, Politik, Wissenschaft oder so als interessierter Leser widmen und nicht Verwaltung. Wir haben in der Sache hart mit- mehr als Autor. einander diskutiert, aber letztendlich haben Ich freue mich auf neue gute Ideen mei- wir an einem Strang gezogen – und das in die nes Nachfolgers und seiner Mitstreiter. Ich gleiche Richtung. Und in den meisten Fällen freue mich aber auch, wenn ich auf die letz- waren wir gemeinsam erfolgreich. ten zehn Jahre zurückblicke: Die IHK hat ge- Ich bin mir sicher, dass dies auch in Zu- meinsam mit ihren zahlreichen Verbündeten kunft so sein wird. Dafür sorgt zweifellos das vieles erreicht, für die Wirtschaft und für die Engagement der vielen Tausend Ehrenamtli- Menschen in Dortmund, Hamm und im Kreis chen, die in unserer IHK mitarbeiten. Mit Un- Unna. Die Unternehmenslandschaft ist ra- terstützung des Hauptamtes werden sie wei- sant gewachsen und vielfältiger geworden. ter für den wirtschaftlichen Erfolg unserer Mehr Arbeits- und Ausbildungsplätze sind Heimat mit den Städten Dortmund, Hamm entstanden und die von der IHK initiierte Zu- und dem Kreis Unna kämpfen. sammenarbeit von Wissenschaft und Wirt- Die zehn Jahre meiner Amtszeit als Prä- schaft hat Innovationen bewirkt, die unsere sident dieser IHK sind wie im Fluge vorbei- Region europaweit zu einem begehrten Wirt- gezogen. Ich bin dankbar, dass ich über eine schaftspartner gemacht haben. so lange Zeit in diesem erfolgreichen Räder- „Die Besten im Westen“ heißt eine Ver- werk mitarbeiten durfte. Es war für mich per- öffentlichung, die wir nun schon in zweiter sönlich eine sehr intensive und schöne Zeit. Auflage auf den Markt gebracht haben. Hier Ich würde mich freuen, liebe Leserinnen kann man sehen, wie viele Unternehmen un- und Leser, wenn ich Sie mit meiner Begeiste- serer Region in ihrer Branche europaweit rung für die ehrenamtliche Arbeit in der IHK oder sogar weltweit an der Spitze liegen. Da- vielleicht auch dazu motivieren könnte, mit- rauf können wir schon sehr stolz sein. zumachen. Es lohnt sich für alle! Mit herzlichem Gruß – Ihr Udo Dolezych Ruhr Wirtschaft April 2016 3
INHALT BLICKPUNKT FLÜCHTLINGE 8 Firmen integrieren Flüchtlinge Unternehmen in der IHK-Region setzen sich in vielfältiger Weise dafür ein, dass die Menschen nicht nur beruflich, sondern auch gesellschaftlich Fuß fassen. Das zeigt sich an den dargestellten Beispielen aus dem Kammerbezirk, die einen Ausschnitt aus dem umfangreichen Engagement wiedergeben. 10 „Es gibt nichts, was meine Eltern nicht geschafft hätten“ Fußballprofi Neven Subotic erzählt von seinen Anfängen in Deutschland und über die Motivation von Flüchtlingen. INTERVIEW 16 „Netzwerke sind wichtig!“ Im Gespräch mit der Ruhr Wirtschaft spricht Marx & Marx- Geschäftsführer Michael Becker über Risikoanalyse, wertvolle Netzwerke und auch darüber, wie man sich gegen zu viel Erfolg versichert. RUBRIKEN 70 Impressum 23 Wilo auf Expansionskurs 3 Editorial 71 IHK-Veranstaltungskalender 24 Die ökologische „Visitenkarte“ 6 Bild des Monats 73 Messekalender 25 KHS: Bester Arbeitgeber 2015 7 Wirtschaft in Zahlen 73 Bekanntmachungen Focus Spezial-Auszeichnung 22 Die Seite der BLICKPUNKT FLÜCHTLINGE 26 „Frischer geht’s nicht“ Wirtschaftsjunioren Serie Gastronomie: 8 Firmen integrieren Treffpunkt Bio 29 Glückwunsch Flüchtlinge 28 Die Arbeitskraft erhalten 31, 36, 39, 40, 50 Kompakt IHK-VOLLVERSAMMLUNG Experten diskutieren 32 Was sonst geschah 14 Heinz-Herbert Dustmann 29 adesso zählt zu den Besten ist neuer IHK-Präsident 41 Literatur 30 Preise für Murtfeldt und INTERVIEW Nicola Weller-Burmann 44 Essen & Trinken 16 „Netzwerke sind wichtig!“ 31 Lastenrad hat Potenzial 64 Tipps zum Thema Recht Michael Becker, Marx & Marx Portal „CargoBike Dortmund“ 65 Wirtschaft im TV WIRTSCHAFT REGIONAL 33 Geteiltes Echo auf neuen Bundesverkehrswegeplan 66 IHK-Weiterbildungs- 18 Tief verwurzelt, hochmodern programm Serie „Familienunternehmen 34 Mittagspause in Paris mit Tradition“: Tanzschule Thalys-Verbindung 69 Kulturkalender Thiele, Schwerte ab Dortmund gestartet 4 Ruhr Wirtschaft April 2016
WIRTSCHAFT REGIONAL 18 Tief verwurzelt, hochmodern Dass Tanzen jung hält, beweist die Tanzschule Thiele in Schwerte seit fast 100 Jahren – auch mit Blick auf sich selbst. WIRTSCHAFT REGIONAL 26 „Frischer geht’s nicht“ Serie Gastronomie: Im „Treffpunkt Bio“ wird nicht nur gesund und gut gekocht, hier gibt’s auch Tipps vom Küchenchef höchstpersönlich. WIRTSCHAFT REGIONAL 48 Günther Oettinger Der EU-Kommissar spricht auf Einladung st la pp im Auch als A ystore Google P ore unter oder App ortmund IHK zu D der Industrie-und Handelskammer zu Dortmund über digitale Heraus- forderungen für die Wirtschaft. 36 Stipendiatentreffen 47 IHK informiert zum SERVICE BILDUNG Studenten der TU Dortmund Thema Onlinehandel treffen Joachim und Axel Nill 67 Studieren an der 48 „Brauchen eine digitale VWA Dortmund 36 Flüchtlinge, TTIP Strategie für Europa“ Neue Verwaltungs- und und Industrie 4.0 EU-Kommissar Günther Wirtschaftsakademie startet IHKs erklären Zusammenhänge Oettinger zu Gast bei der IHK SERVICE KULTUR 37 Regierung hält an 50 Palmblattgeschirr ihrem Ziel fest und Holzbesteck 68 Die Emscher in Wolken Förderung der Elektromobilität food|sensation Auftakt zu einem heißen war voller Erfolg Kultursommer 38 Fliegende S-Klasse German Private Jet Group MEINUNG 70 Berliner Philharmoniker kommen ins Konzertaus 39 Erwerbspotenzial 51 „Mehrheit der Deutschen will für Frauen steigern nationale Grenzen zurück“ SERVICE TERMINE Competentia: Neue Förderphase SONDERTHEMA 71 IHK-Finanzierungs- 40 Stadt und IHK im Dialog sprechtage 2016 Spitzengespräch mit der 52 Personalwesen: Arbeitsrecht · Schwerter Wirtschaft Zeitarbeit · Sicherheit 71 Tipps zu Tschechien und der Slowakei 42 Albert Speer und die Dortmunder Union-Brauerei SERVICE MESSE Serie „Archivschätze“ 72 Umsatzrekord 46 Caravans statt Kohle auf der Creativa Dürrwang-Mörlein baut neu Rund 80.000 Besucher Ruhr Wirtschaft April 2016 5
BILD DES MONATS Falscher Jubel Rückkehr Fast ein Jahr nach seinem letzten Heimspiel als Trai- ner von Borussia Dort- mund ist Jürgen Klopp in den Signal-Iduna-Park zu- rückgekehrt. Als Coach des englischen Traditionsclubs FC Liverpool zum Viertelfi- nale der Europa League. Hymne Die Fans beider Vereine stimmen traditionell zu Beginn ihrer Heimspiele das mittlerweile zur Fuß- ball-Hymne gewordene „You’ll never walk alone“ an. Beim Song haben sich die Dortmunder ein Bei- spiel am FC Liverpool ge- nommen, beim Trainer die „Reds“ am BVB. Kloppo Gut eine halbe Saison ist „Kloppo“ bereits beim FCL und er macht seine Sache gut. Auch oder ge- rade an alter Wirkungs- stätte. So hatte er zumin- dest einmal Grund zum Ju- beln, auch wenn es ange- sichts der Farben seines Trainingsanzuges falsch aussah. Süd und Kop „Lieber Jürgen Klopp, zuhause auf’m Platz sind Auswärtsniederlagen am besten zu ertragen“. So „falsch“ hatte der BVB seinen alten Trainer auf Transparenten entlang der B1 daher begrüßt. Ob vor der Südtribüne oder vor der „Kop“ – Klopp macht eine gute Figur. Text: Tobias Schucht Foto: Stephan Schütze 6 Ruhr Wirtschaft April 2016
Wirtschaft in Zahlen Im Kreis Unna werden die Arbeitskräfte knapp 1. Erwerbspersonen 2014 und 2040 nach Geschlecht • 2014 • 2040 Dortmund 143.867 + 12,2 161.400 Männer 133.099 - 6,8 124.000 Frauen Hamm 45.106 + 1,1 45.600 Männer 36.110 - 8,6 33.000 Frauen Kreis Unna 106.292 - 19,3 85.800 Männer 88.513 - 22,4 68.700 Frauen Nordrhein-Westfalen 4.739.031 - 5,2 4.491.400 Männer 4.013.584 -11,1 3.568.200 Frauen Laut einer Modellrechnung wird in den nächsten Jahren die Erwerbspersonenzahl steigen: NRW-weit rechnen die Statistiker bis 2020 mit einem Anstieg um 5,1 Prozent, bis 2040 geht die Zahl der Erwerbspersonen landesweit gegenüber 2014 um 7,9 Prozent zurück. In Dortmund steigt sie um drei Prozent, in Hamm sinkt sie um 3,2 Prozent und im Kreis Un- na sogar um 20,7 Prozent. Bis zum Jahr 2060 wird landesweit sogar von einem Rückgang der Erwerbspersonenzahl um 14,3 Prozent ausgegangen. Text: Tobias Schucht, Quellen: Westfalen heute und IT.NRW Niederlande sind weiterhin wichtigster Partner Export in Mrd. Euro Import in Mrd. Euro - 4,4 18,3 - 0,6 37,1 Niederlande Niederlande - 2,7 15,5 + 9,5 25,3 Frankreich Volksrepublik China + 14,1 13,9 - 2,0 12,7 Vereinigtes Königreich Frankreich Die NRW-Wirtschaft exportierte 2015 Waren im Wert von knapp 18,3 Milliarden Euro in die Niederlande, die damit das wichtigste Abnehmerland NRWs bleiben. Es folgten Frank- reich und das Vereinigte Königreich. Alle EU-Länder zusammen nahmen Waren im Wert von 118 Milliarden Euro ab, nahezu zwei Drittel der gesamten NRW-Exporte. Die Nieder- lande führten auch die Rangliste der Importe an. Mit einem Wert von 126,3 Milliarden Eu- ro kamen nahezu zwei Drittel des gesamten Einfuhrwerts aus EU-Ländern. Text: Tobias Schucht, Quelle: IT.NRW Ruhr Wirtschaft April 2016 7
Firmen integrieren Flüchtlinge Die Aufnahme von Flüchtlingen stellt die Wirtschaft vor große Herausforderungen. Unternehmen in der IHK-Region setzen sich in vielfältiger Weise dafür ein, dass die Menschen nicht nur beruflich, sondern auch gesellschaftlich Fuß fassen. Das zeigt sich an den dargestellten Beispielen aus dem Kammerbezirk, die einen Ausschnitt aus dem umfangreichen Engagement wiedergeben. Freischütz-Geschäftsführer Jörg Prüser mit seinem Azubi Albi Dulla. Foto: IHK/Oliver Schaper 8 Ruhr Wirtschaft April 2016
BLICKPUNKT FLÜCHTLINGE VON THEO KÖRNER D er Iran ist seine Heimat, Familie und Freunde sind hier zu Hause. Doch seine christlichen und politischen Überzeugungen brachten den jungen Mann in Lebensgefahr. Nach einer Odyssee durch den Vorderen Orient und halb Europa fand er Zuflucht in Deutschland, genauer ge- sagt in Dortmund. Im August beginnt der heu- te 32-Jährige eine Ausbildung als Fachinfor- matiker/Systemintegration bei Ikea IT. „Wir haben eine zusätzliche Stelle geschaffen, weil er uns vor allem auch menschlich besonders beeindruckt“, sagt Barbara Neumann, zustän- dig für Human Resources in dem 200 Mitar- beiter zählenden Unternehmen. Da sich der inzwischen als Asylbewerber anerkannte Ira- ner schon etwas länger in Deutschland auf- Im Deutschkurs hält, „beherrscht er die deutsche Sprache äu- genommen, sagt der Personalchef. Der junge Die Firma proLogistik hat (v. l) ßerst gut und hat hervorragende Englisch- Mann ergreife immer wieder selbst die Initia- Sala Aldeen Fittahi, Muhamed kenntnisse, ein großer Vorteil in unserer Bran- tive und habe inzwischen auch schon seinen Ali Abdulaziz, Alpha Ousmane che“. Der Kontakt kam über die IHK zustande, Schulabschluss nachgeholt. „Viele Menschen Conde und Bernardo Muanha erzählt die Personalmanagerin. Dort hatte der glauben, so welche wie wir kommen nur, um aus Syrien, Guinea und Ango- studierte Geologe nachgefragt, wo und wie er Sozialhilfe zu kassieren“, sagt Barry, „aber la eingestellt. denn die erforderlichen Qualifikationen für ich möchte auf meinen eigenen Beinen ste- Foto: IHK/Oliver Schaper einen Beruf im IT-Bereich erwerben kann, um hen“. Er fühlt sich äußerst wohl in der Firma, in seiner neuen Heimat Fuß zu fassen. die Kollegen schätzen ihn – und er sie. Wenn Die Industrie- und Handelskammer zu es doch mal sprachliche Probleme gibt, bei- Dortmund unterstützt die Wirtschaft des spielsweise beim Ausfüllen von Anträgen, Westfälischen Ruhrgebiets in dem Bemühen, dann sind die Mitarbeiter sofort zu Stelle. Flüchtlingen eine berufliche Perspektive zu Als Bangli Cissé Mitte vorigen Jahres ein ermöglichen (siehe auch Seite 12). „Wir sind Praktikum bei LFD-Wälzlager absolvierte, als Wirtschaft gefordert, das Potenzial der sprach er kaum ein Wort Deutsch, erinnert zum Teil schon gut ausgebildeten Flüchtlinge sich Ausbilderin Jennifer Rinke. Seine Bereit- für unsere Unternehmen zu nutzen und diese schaft, überall mit anzupacken, ließ keinen Menschen über Arbeit in die Gesellschaft zu Zweifel aufkommen, dass der gebürtige Afri- integrieren“, hat der frühere IHK-Präsident kaner ein Gewinn für das Unternehmen ist. Udo Dolezych (siehe Seite 14) betont. Allein Die Firma schuf eine zusätzliche Lehrstelle, im vergangenen Jahr wurden laut Bezirksre- der junge Mann von der Elfenbeinküste ab- gierung Arnsberg den Städten Dortmund und solviert derzeit eine dreijährige Ausbildung Hamm sowie den zehn Kommunen des Krei- zum Fachlageristen. Als Behörden ihm zu- ses Unna insgesamt 9.638 Flüchtlinge zuge- nächst einmal einen Deutschkurs versagten, wiesen. Um den Firmen zur Seite zu stehen, berichtet die Ausbilderin, habe die Firma ent- gab es im Herbst 2015 eine Informationsver- schieden, selbst einen Nachhilfeunterricht zu anstaltung, die 120 Betriebe besuchten. Ab organisieren und zu finanzieren. „Denn wir Sommer 2016 ist ein Sprachkurs für Flücht- sind absolut überzeugt von ihm und wollen linge geplant. Zudem informiert die IHK die ihm jede nur erdenkliche Unterstützung zu- Unternehmen über Möglichkeiten der Ar- kommen lassen.“ beitsmarktintegration, berät in betriebsin- Zur Unternehmensphilosophie von pro- ternen Abläufen oder auch bei der Anerken- Logistik gehört es, sich als kompetenter Be- nung von Berufsabschlüssen und kümmert gleiter zu verstehen. Dass dabei nicht nur sich ferner um die konkrete Vermittlung von technische Lösungen für die Intralogis- Zufluchtsuchenden. tik gemeint sein müssen, zeigt sich im En- gagement für Flüchtlinge aus anderen Tei- „Eine Chance verdient“ len der Welt. „Wir haben zunächst ein Kon- Über die IHK fand auch Mammadou Bar- zept entwickelt, wie wir uns aufstellen wol- ry den Weg zu dem Unternehmen, das ihn len“, berichtet Heidi Kühnert, Geschäftsfüh- schließlich einstellte. „So jemand hat eine rerin des 150 Mitarbeiter zählenden Unter- Chance verdient“, sagt Hans Swertz, Perso- nehmens. Inzwischen sind nach intensivem nalleiter von Röco, Spezialist für Antriebs- Kontakt mit Behörden, Bildungsstätten, Leh- technik und Hydraulik. Der 22-jährige aus rern und Sozialarbeitern vier Flüchtlinge Guinea habe sein Schicksal selbst in die Hand > Ruhr Wirtschaft April 2016 9
BLICKPUNKT FLÜCHTLINGE > samtsozialversicherungsbeitrag der oder eingestellt worden. Sie stammen aus Sy- des Auszubildenden gefördert“, erläutert rien, Guinea sowie Angola und werden Monika Kotzur, Projektleiterin des Inte- derzeit in einem von proLogistik eigenfi- gration Points in Hamm. Unternehmen nanzierten Integrationskurs geschult. Pä- steht es selbstverständlich offen, die Ent- dagogen vermitteln nicht nur die deut- gelte für die Praktikanten freiwillig zu er- sche Sprache, sondern auch kulturel- höhen. le und gesellschaftliche Inhalte. Im An- schluss an den Lehrgang soll die reguläre Integration Points finden Wege Ausbildung zum Fachinformatiker oder Integration Points sind Einrichtungen, Systemelektroniker beginnen. die Flüchtlinge den Weg in den Arbeits- Wenn Firmen ausloten wollen, wel- markt ebnen. Die Arbeitsagentur als ei- che Talente und Fähigkeiten ein Flücht- ner von zwei Trägern ist für Asylsuchen- ling mitbringt und ihm zugleich erste de mit positiver Bleibeperspektive zu- Kenntnisse vermitteln wollen, greifen sie ständig. meist auf ein Modell zurück, das im Ar- Dabei handelt es sich überwiegend beitsmarkt sehr häufig Anwendung fin- um Menschen aus Ländern wie Syrien, det: die betriebliche Einstiegsqualifizie- Irak, Iran und Eritrea, die zudem Bil- rung (EQ). Betriebe stellen im Zuge eines dungsabschlüsse mitbringen, die arbeits- sechs- bis zwölfmonatigen Praktikums und ausbildungsmarktnah sind. Schon insbesondere junge Menschen ein, um ih- während des Asylverfahrens erhalten nen den Weg ins Berufsleben zu ebnen. Flüchtlinge Hilfe bei der Perspektivsu- Die Plätze werden von der Arbeits- che. Das Jobcenter als zweiter Träger ist agentur „bis zu einer Höhe von 216 Euro für die Asylbewerber zuständig, deren monatlich zuzüglich eines pauschalier- Antrag bereits genehmigt wurde und die ten Anteils am durchschnittlichen Ge- nun einen Arbeitsplatz finden sollen. „Es gibt nichts, was meine Eltern nicht geschafft hätten“ Im Interview mit der Ruhr Wirtschaft erzählt Fußballprofi Neven Subotic von seinen Anfängen in Deutschland und über die hohe Motivation von Flüchtlingen, sich im Beruf zu engagieren. Herr Subotic, wissen Sie aus Er- cherheit, die meine Mutter, gelernte die vertraut waren mit dem deutschen zählungen, wie es damals für Ihre Architektin, und Vater, gelernter Lo- System. Dieses Wissen war vonnöten Familie war, in Deutschland Fuß zu komotiven-Lotse, in Angriff genom- für den Erfolg. Eine komplette Integ- fassen? men haben. Leider wurden ihre Ak- ration dauert Generationen, daran ar- Erstmal waren wir auf sicherem Bo- kreditierungen nicht übernommen, beite ich noch. den und wussten, dass wir hier ein also arbeitete meine Mutter als Putz- richtiges Leben anstreben konnten. frau und Krankenpflegerin und mein Warum sollten Unternehmen aus Da meine Familie aus einem kleinen Vater u. a. auf der Baustelle. Essen, unserer Region Flüchtlingen und Dorf im serbischen Teil von Bosni- Trinken, Strom, Wasser, Arztbesu- Migranten eine Chance geben? en stammt, wo der Krieg später sei- che, Kleidung und Schulmaterialien Fragen Sie beim nächsten Jobinter- ne Spuren hinterlassen hat, waren Si- waren damit gesichert und bald hat- view, ob der Kandidat oder die Kan- cherheit und Perspektive der Antrei- ten wir auch schon eine kleine Woh- didatin ihr Leben riskieren würde. ber für die Flucht. Diese Sicherheit nung. Doch meine Eltern gingen dar- Ob sie Tausende von Kilometern in hatten wir natürlich mit Ankunft in über hinaus und arbeiteten mehr und mehreren Wochen und Monaten lau- Schömberg im Schwarzwald. Unsere mehr Stunden, um ihre Familien in fen würden. Ob sie ihr altes Leben erste Wohnung war ein Dachgeschoss den Kriegsgebieten mit lebenswichti- im Kreis ihrer Familie, ob sie Freun- im Vereinsheim. Mein Vater war ein gen Hilfsgütern zu unterstützen. de, Nachbarn und den Ort, an dem sehr guter Fußballer und auf dem Weg Da wir in Schömberg (ca. 4.000 sie aufgewachsen sind, aufgeben wür- zum Profi. Den ganzen Traum musste Einwohner) mit allen anderen Bewoh- den. Falls sie diese Motivation haben, er leider aufgeben. Durch seine Qua- nern in Laufweite aufwuchsen, verlief um einen Job bei Ihnen anzunehmen, litäten als Fußballer war er ein wich- die Integration gut. Man kannte sich, dann nehmen Sie sie sofort. tiger Spieler für den kleinen Dorfver- ob durch die Arbeit, durch Freundes- Meine Eltern nahmen harte Jobs ein und deshalb durften wir auch dort freunde, durch den Kindergarten/ an. Ich wähle bewusst den Plural, al- wohnen. Schule oder durch den Sportverein. so Jobs. Für sie waren diese Jobs der Der schnellste Weg zur Sicherheit Es war eine erfolgreiche Integrati- Weg zur Sicherheit unserer Familie. ist natürlich der, den man selber geht. on, vor allem weil die wichtigste Un- Die Arbeit musste gemacht werden, Das betrifft auch die finanzielle Si- terstützung von den Deutschen kam, und von meinen Eltern habe ich auch 10 Ruhr Wirtschaft April 2016
Aufgrund geltender Vereinbarungen erhalte jeder neue Kunde möglichst zeit- nicht mit den Arbeitszeiten zu vereinba- erhält der Integration Point im Fall der nah einen Termin. Seit Einrichtung des ren waren, hat die Stiftung einen eige- Stadt Hamm Namenslisten vom Auslän- Integration Points in Dortmund, Hamm nen Lehrgang organisiert, den sie selbst deramt und kann dann mit den Betrof- und für den Kreis Unna ist es schon ge- finanziert. Sollte Kritik aufkommen, fenen in Kontakt treten. Beim Kreis Un- lungen, zahlreiche Plätze der betriebli- die Rohrmeisterei bevorzuge Flüchtlin- na erfolgt die Kontaktaufnahme über chen Einstiegsqualifizierung für Zuwan- ge, die schließlich anderen jungen Men- die Einstiegs- bzw. Integrationskurse, derer zu schaffen. Allein sieben sind es in schen den Arbeitsplatz wegnehmen, das gilt ebenso für das Stadtgebiet Dort- der Schwerter Bürgerstiftung Rohrmeis- stellt der Bäcker deutlich heraus: „Wir mund, für das ein eigener Integration terei. Gemeinsam mit dem am Ort ansäs- haben seit Jahren Schwierigkeiten, über- Point besteht. Seit dem Start Mitte Ok- sigen Arbeitskreis Asyl sowie der Agentur haupt Auszubildende für die Gastrono- tober 2015 bis Mitte Februar 2016 ha- für Arbeit habe man bei den in der Ruhr- mie zu finden. Würde es keine Flüchtlin- ben die Mitarbeiter dort bereits rund 580 stadt untergebrachten Flüchtlinge geeig- ge geben, blieben die Stellen unbesetzt.“ Flüchtlinge beraten. Zudem besteht in nete Kräfte für den Küchen- und Service- Falls sich aber doch Auszubildende fin- Dortmund eine intensive Zusammenar- bereich sowie Veranstaltungstechnik ge- den ließen, „würden wir die Flüchtlinge beit mit den Erstaufnahmeeinrichtungen sucht, berichtet Vorstand Tobias Bäcker. zusätzlich aufnehmen.“ „Wir freuen uns sowie Übergangswohnheimen. „Bei den Bei der Auswahl spielten Wünsche und sehr, dass wir geflüchteten Menschen be- meisten Menschen steht zunächst einmal Vorkenntnisse eine entscheidende Rol- rufliche Chancen bieten können.“ sagt das Erlernen der deutschen Sprache im le. Ziel der Einstiegsqualifizierung ist es, Michèle Demant, Vorstandsbevollmäch- Mittelpunkt, sodass sie in entsprechen- dass die jungen Menschen (sechs Män- tigte der Stiftung. de Kurse vermittelt werden“, erläutert ner und eine Frau) zum 1. August 2016 Christoph Schwarz, Sprecher der Dort- reguläre Berufsausbildungen beginnen. Vorbildliches Engagement munder Arbeitsagentur. Monika Kotzur Bis dahin geht es zum einen darum, ers- Eine Perspektive im Bereich der Gastro- betont, dass das Engagement der Integra- tes fachliches Know-how zu vermitteln. nomie wird derzeit zwei jungen Män- tion Points keineswegs bedeute, Flücht- Zum anderen ist das Erlernen der deut- nern aus Guinea geboten, die den Beruf linge zu bevorzugen. Denn auch bei der schen Sprache von großer Bedeutung. des Koch erlernen, der eine im Casino Agentur für Arbeit und beim JobCenter Da die in Schwerte angebotenen Kurse > den Fleiß gelernt, der nötig ist, um die Es ist wichtig, die Barrieren zwischen sche Ansätze umzusetzen, und weni- akribischen Deutschen zu überzeu- Arbeitnehmern und Arbeitgebern zu ger auf den Händen sitzen, können gen. Es gibt gefühlt nichts, was meine entfernen. Ein Freund von mir ist her- wir uns auf ein richtiges Zusammenle- Eltern nicht geschafft hätten. Mit Zeit, vorragender Programmierer, ist ge- ben freuen. Zudem finde ich, dass die Geduld und harter Arbeit würden sie nau so alt wie ich und momentan lei- bisherigen Methoden nicht so erfolg- sich alles anlernen und es durchzie- der chancenlos. Vor wenigen Mona- reich waren. Wir müssen nicht nur die hen, als wäre es der wichtigste Job. ten ist er aus dem Norden Iraks nach ersten ein bis zwei Jahre bei der Inte- In einem stark umkämpften Ar- Deutschlang vor der Vernichtung ge- gration unter die Lupe nehmen, son- beitsmarkt, besonders bei den nicht- flohen, nicht alle seine Freunde hatten dern es als Ganzes sehen und Verbes- spezialisierten Positionen, ist der An- so viel Glück wie er. Er war Klassen- serungsvorschläge einbauen. drang groß. Meist sind das auch lei- bester in der Schule und bekam ein Das Interview führte Sandra Schröder. der die einzigen Posten, die relevant Stipendium, um in der USA zu lernen, sind für Menschen, die mit der deut- schloss als Klassenbester ab und hat- schen Sprache nicht vertraut sind. Die te sich ein Leben arbeitet. Beim Fami- Arbeit ist aber für diese Personen be- lienbesuch im Irak übernahm der IS sonders wichtig, um Fuß zu fassen. seine Stadt und zerstörte Haus, Autos Ein Beispiel: Beim Toilettenputzen hat und Freunde. Gerne würde ich ihn bei sich meine Mutter genau so viel Mü- der Stiftung anstellen. Leider geht das he gegeben, als wäre es unser Zuhau- nicht. Ich will es, er will es auch. Doch se. Mittlerweile hat sie in Amerika ihr er hat täglich zu kämpfen mit den Be- Studium nachgeholt und arbeitet als hörden. Dass die Politik dazwischen LEED (Leadership in Energy and Envi- kommt, ist weder für die Integration ronmental Design) Projekt Ingenieur. noch für die Wirtschaft förderlich. Das war nicht leicht, und hat Jahr- Durch die Arbeit erlangt man Sou- zehnte gedauert, doch es war mög- veränität, das ist auch der Wunsch lich. Genau solche Menschen reisen der Menschen, die nach Deutschland auch heute nach Deutschland. kommen. Sie wünschen sich Sicher- Zur Person heit, Gesundheit und eine Zukunft. › Neven Subotic, serbischer Profifußballer An welchen Stellschrauben soll- Geben wir ihnen die Möglichkeit, beim BVB und Gründer der Neven Subotic te die Politik besonders mit Blick wird es Erfolgsgeschichten geben. Je- Stiftung, ist mit seiner Familie 1991 vor ei- auf die Arbeitsmarktintegration der hat auch Angst vor dem Neuen, nem drohenden Krieg im damaligen Jugosla- drehen? doch sobald wir anfangen pragmati- wien geflohen. Ruhr Wirtschaft April 2016 11
BLICKPUNKT FLÜCHTLINGE > Beruf Fuß zu fassen. Diese Regelung sei er an einem Kurs zur berufsbezogenen Hohensyburg, der andere im Hotel mer- politisch auch endlich auf den Weg ge- Sprachförderung teil. Auf der Suche nach cure. Jörg Prüser, Geschäftsführer des bracht worden. Bei der Suche nach Per- einer Firma, die ihm Einblicke in seinen Schwerter Freischütz hat die Flüchtlinge, sonal verstärkt Flüchtlinge in den Blick Traumberuf als Groß- und Außenhan- die er aufgenommen hat oder bald auf- zu nehmen, werde auch in Bereichen wie delskaufmann bietet, kam das weltweit nehmen wird, über Bedarf eingestellt. Ei- der Lebensmittelbranche über kurz oder agierende Traditionsunternehmen in ne junge Frau absolviert eine Ausbildung lang zum festen Bestandteil, sagt Jürgen Betracht. „Wir sehen ohnehin in der Be- als Restaurantfachfrau. Den Weg, über Billerbeck, Geschäftsbereichsleiter Hu- schäftigung von Flüchtlingen einen Weg, die Einstiegsqualifizierung eine Lehrstel- man Resources bei der REWE Dortmund. deren vorhandene Qualifikationen weiter le anzutreten, hat ein junger Albaner ge- Vor allem im Bereich Service werde es zu fördern und für den hiesigen Arbeits- wählt, der Koch als Berufsziel hat. Zu- immer schwieriger, geeignete Mitarbei- markt zu nutzen“, hebt Vertriebsdirektor dem wird ein weiterer Flüchtling aus Eri- terinnen und Mitarbeiter zu finden. Für Kay-Achim Ziemann hervor. trea im April seinen Dienst in der Küche den Herbst sei beispielsweise geplant, Schnelle und praktische Hilfe zu leis- antreten. Das Engagement aller Migran- 30 junge Leute im Bereich Servicetheke ten war nach Worten von Reinhold Se- ten sei vorbildlich, betont Jörg Prüser, zu schulen. Da werde man verstärkt auf mer, Gesellschafter der Hellweg-Gruppe, sie kommen sowohl mit den Aufgaben Flüchtlinge zugehen, betont Billerbeck. der Leitgedanke, als das Unternehmen gut klar als auch mit den Kolleginnen Vor wenigen Wochen hat ein junger gemeinsam mit dem Medienhaus Len- und Kollegen. Die mangelnden Deutsch- Mann aus Tadschikistan über das Diako- sing ein ehemaliges Hotel im Dortmun- kenntnisse stellen indes eine Herausfor- nische Werk Kontakt zum Rewe-Markt der Süden übernahm und es für junge derung für den Arbeitsalltag dar, und je in Marten geknüpft. Inzwischen hat er Flüchtlinge zur Verfügung stellte. Bis zu nach Herkunftsland ist fraglich, wie lan- längst eine Einstiegsqualifizierung be- 40 unbegleitete Kinder können hier eine ge die Menschen in Deutschland bleiben gonnen, die in eine Ausbildung münden Bleibe finden. Die Stadt Dortmund zeigte können. Die IHK bemängelt ohnehin, soll. „Uns ist daran sehr gelegen, auf die- sich von dem Angebot äußerst angetan. dass unklare Zuständigkeiten bei Behör- sem Wege einen Beitrag zur Integration Die Mieteinnahmen werden der Dort- den und Ämtern sowie schnelle Geset- von Flüchtlingen zu leisten, unterstreicht munder Jugendhilfe komplett für Pro- zesänderungen und Förderlücken viele Rewe-Kaufmann Reinhard Amshove. jekte bereitgestellt, um junge Flüchtlinge Unternehmen verunsichern. zu integrieren. Darüber hinaus hatte der Geht es um die Frage, wie lange ein Qualifikationen fördern Hellweg Bau- und Gartenmarkt in Dort- Flüchtling mindestens in Deutschland Genau darin liegt auch das Motiv für die mund-Hacheney eine Flüchtlingsklas- bleiben soll, hat IHK-Geschäftsführer Zeppelin Maschinenbau GmbH in Hamm, se des Berufskollegs Christophorusschu- Michael Ifland hierzu eine klare Positi- einem 28-jährigen Syrer ein Praktikum le zu einem Besuch eingeladen. Informa- on: Fünf Jahre müssten es auf jeden Fall zu ermöglichen, mit dem er im Mai be- tionen über den Arbeitsalltag und Aus- sein, drei für die Zeit der Ausbildung und ginnt. Beim Multikulturellen Forum, das bildungsperspektiven standen auf dem noch einmal zwei, um in dem erlernten seinen Hauptsitz in Lünen hat, nimmt Stundenplan. Fahrplan zur Arbeitsmarktintegration Wie die IHK Unternehmen und Flüchtlinge unterstützt. I hre Angebote zur Arbeitsmarktin- tegration von Flüchtlingen hat die IHK in einem Fahrplan zusammen- gefasst. Im Einzelnen gliedert sich der IHK-Fahrplan in vier Stationen: Infor- auch bei der Suche nach geeigneten Kandidaten und hilft, betriebsinterne Abläufe zur Integration von Flücht- lingen in den betrieblichen Alltag zu organisieren. Unter anderem über Be- Pilotprojektes selbst ab Ende Mai ei- nen kostenlosen Sprachkurs „Berufs- bezogenes Deutsch“ für junge Flücht- linge an. Der IHK-Fahrplan zur Ar- beitsmarktintegration ist abrufbar un- mation, Beratung, Recruiting und Ver- rufskollegs, Bildungsträger und die ter www.dortmund.ihk24.de/Fluecht- mittlung. Dazu gehört, die Unterneh- Integration Points gewinnt die IHK linge. Gedruckte Exemplare können men über Veranstaltungen, Internet Flüchtlinge, die geeignet scheinen, ein über das IHK-Servicecenter, Tel. 0231 (www.dortmund.ihk24.de/Fluecht- Praktikum, eine Einstiegsqualifizie- 5417-0, Mail: info@dortmund.ihk.de, linge) und die Ruhr Wirtschaft zu in- rung oder eine Ausbildung zu begin- angefordert werden. Ihre Ansprech- formieren. Ebenso unterstützt die IHK nen. Die IHK bietet im Rahmen eines partner bei der IHK zu Dortmund: Michael Ifland Sandra Dirk Jens Nordmann Geschäftsführer Schröder Vohwinkel Ausbildungsbera- Berufliche Referentin Referent ter und Berater Bildung Demografie Ausbildungs- zur Anerkennung und Fachkräfte- beratung ausländischer sicherung Berufsabschlüsse Tel. 0231 5417-260 Tel. 0231 5417-190 Tel. 0231 5417-282 Tel. 0231 5417-285 m.ifland@dortmund.ihk.de s.schroeder@dortmund.ihk.de d.vohwinkel@dortmund.ihk.de j.nordmann@dortmund.ihk.de 12 Ruhr Wirtschaft April 2016
Wilo engagiert sich men immer wieder Praktikumsplätze be- in vielfältiger Weise. reit: im vergangenen Winter für zwei Schü- lerinnen aus Bangladesh und Guinea, im D ie Wilo SE ist Gründungsmitglied des bundesweiten Netzwerks „Unterneh- men integrieren Flüchtlinge“ und en- gagiert sich in vielfältiger Weise. Das Un- ternehmen hat einen heute 22-Jährigen aus April für einen jungen Syrer und Iraker. In den Sommerferien bietet die Ausbildung ein Integrationscamp für Flüchtlinge an. Hier erhalten jugendlichen Migranten ers- te Einblicke in eine duale Ausbildung und dem afrikanischen Benin für eine Ausbil- tauschen sich mit Azubis aus. Darüber hi- dung zum Industriemechaniker eingestellt. naus hat Wilo einen Fonds für das Engage- Rund 60 Schüler aus einer Flüchtlingsklas- ment von Mitarbeitern eingerichtet, die eh- se des Robert-Schuman-Berufskollegs wa- renamtlich im Bereich der Flüchtlingshilfe ren zu Betriebsbesuchen in dem Dortmun- tätig sind. Die Beschäftigten können Geld der Betrieb und sprachen mit Auszubilden- beantragen, das dann in konkrete Integrati- Hasan Alshamari, (19 Jahre, aus dem Irak, den über berufliche Chancen. Einer dieser onsprojekte fließt. Bieten Mitarbeiter in ih- beginnt im Mai ein Praktikum bei Wilo, ab Migranten wird jetzt sogar zum 1. August rer freien Zeit Sprachkurse für Flüchtlinge August soll eine Einstiegsqualifizierung 2016 eine Ausbildung im technischen Be- an, stellt Wilo kostenlos Unterrichtsräume folgen) und Stephan-Florian Cremer, Aus- reich beginnen. Ferner stellt das Unterneh- zur Verfügung. bildungsleiter Metalltechnik. audalis unterstützt Regionalkreises Dortmund des Verbands das Projekt „angekommen“. Die Familienunternehmer – ASU. Auf die- se Weise sollen Flüchtlinge Unternehmer D ortmund zeichne sich bei der Auf- nahme von Flüchtlingen durch seine besondere Willkommenskultur aus, sagt Olaf Becker (Foto), Partner der Wirt- schaftskanzlei audalis. Um die Kommune und Unternehmen der Region kennenler- nen und ggf. Praktikums- oder Lehrstel- len erhalten. Die Jugendlichen absolvie- ren ein Bildungsprogramm, bei dem nicht nur die deutsche Sprache vermittelt wird. zu unterstützen, engagiert sich die Kanz- Kirsten Sowinski (Foto) sowie ihre Kolle- lei für das Projekt „angekommen in deiner ginnen und Kollegen sprechen über wirt- Stadt Dortmund“. Die Initiative wird vom schaftliche und rechtliche Themen, Bewer- Land, der Stadt sowie der Walter-Blüchert- bungsschreiben oder Praxiswissen für den Stiftung getragen und betreut minderjäh- Berufsalltag. Die Partner von audalis hatten rige, unbegleitete Flüchtlinge. Zum einen bereits vor gut zwei Jahren eine eigene au- übernehmen Fachleute von audalis, wie dalis Stiftung ins Leben gerufen, über die Personalreferentin Kirsten Sowinski, Un- die Kanzlei sich vielfältig gemeinnützig en- terrichtsstunden, zum anderen stellt die gagiert. Das Engagement für die Flüchtlinge Kanzlei Verbindungen zu Unternehmern erfolgt über diese Stiftung. her, wie beispielsweise den Mitgliedern des GrünBau bereitet junge und auf die Arbeitswelt vorbereitet zu wer- Flüchtlinge auf den Arbeitsmarkt vor. den, betont Florian Eichenmüller, der das Coachingprojekt leitet. Vorrangiges Ziel von W enn junge Menschen allein den langen Weg der Flucht nach Deutschland auf sich genommen haben, „sind sie meist überaus motiviert, hier eine Ausbildung zu beginnen oder ei- Grünbau ist es, den jungen Menschen am Ende auch eine Stelle oder ein Praktikum zu vermitteln. Manfred Hagedorn, Bereichslei- ter Regionales Bildungsbüro bei der Stadt Dortmund, lobt die Arbeit von GrünBau als nen Beruf zu erlernen“, sagt Andreas Koch, „ein wichtiges und erfolgreiches Modell“, Geschäftsführer der GrünBau gGmbH. Die das einen besonderen Stellenwert habe. gemeinnützige Gesellschaft wird unter an- Über die Suche nach einem Job hinaus hel- derem von der Stiftung Soziale Stadt in fen die Grünbau-Mitarbeiter den Flüchtlin- Dortmund gefördert, an der wiederum auch gen auch, eine geeignete Wohnung in der die IHK beteiligt ist. Allein im vergangenen näheren Umgebung zu finden. Das Unter- Jahr haben die Mitarbeiter insgesamt 125 nehmen mit seinen 185 Mitarbeitern küm- junge Flüchtlinge betreut. Sie haben an um- mert sich um Jugendhilfe, Jugendberufshil- fangreichen Schulungskursen teilgenom- fe und die Qualifizierung von Jugendlichen men, um die deutsche Sprache zu erlernen für den Arbeitsmarkt. Ruhr Wirtschaft April 2016 13
IHK-VOLLVERSAMMLUNG Heinz-Herbert Dustmann ist neuer IHK-Präsident Vollversammlung wählt Dortmunder Unternehmer zum Nachfolger von Udo Dolezych. D ie Vollversammlung der Industrie- sident will der bekennende „Teamplayer“ und Handelskammer (IHK) zu Dort- Dustmann die erfolgreiche Arbeit seiner Vor- mund hat den Dortmunder Unter- gänger fortsetzen und den intensiven Gedan- nehmer Heinz-Herbert Dustmann kenaustausch mit Verbänden, Verwaltung, zum neuen Präsidenten gewählt. In der Früh- Politik, Wissenschaft und Kultur pflegen: jahrssitzung votierten die Vertreter des regio- „Kooperationen auf den unterschiedlichen »Kooperationen nalen Parlaments der Wirtschaft einstimmig Gebieten können uns nur stärker machen.“ auf den unter- für den 63-jährigen geschäftsführenden Ge- sellschafter der Dula-Werke Dustmann & Co. Positive Werte bewusst machen schiedlichen Ge- GmbH. Dustmann ist damit Nachfolger von Dustmann kündigte an, das Bild des ehrba- bietern können Udo Dolezych, der das höchste Ehrenamt der ren Kaufmanns wieder stärker ins Bewusst- IHK seit 2006 ausgeübt hatte. sein der Menschen zu rücken und der Öffent- uns nur stärker Dustmann dankte der Vollversammlung lichkeit zu zeigen, welche positiven Werte machen.« für das Vertrauen. „Ich verspreche, dass ich das Unternehmertum prägen. mich mit ganzer Kraft, Engagement und Lei- Als Herausforderungen, aber auch Chan- Heinz-Herbert Dustmann denschaft für unsere Region und die Unter- cen für die regionale Wirtschaft sieht er nehmen in Dortmund, Hamm und dem Kreis die Digitalisierung (Industrie 4.0) und die Unna einsetzen werde“, sagte er. Als IHK-Prä- Flüchtlingspolitik. Der neue IHK-Präsident Heinz-Herbert Dustmann mit seinem Vorgänger Udo Dolezych (l.) und IHK-Geschäftsführer Stefan Schreiber. Foto: IHK/Stephan Schütze 14 Ruhr Wirtschaft April 2016
Planen und Bauen für Ihren Erfolg Foto: IHK/Bussenius Zur Person › Heinz-Herbert Dustmann ist seit 2006 Mitglied der Vollversammlung, 2011 wurde er zum Vizepräsidenten ge- wählt. Darüber hinaus ist er Mitglied in den IHK-Ausschüssen Außenwirt- schaft (Vorsitzender), Einzelhandel, Umwelt und Industrie. › Bevor er bei Dula, 1953 von seinem Vater Heinrich als Designbüro gegrün- det, einstieg, absolvierte Heinz-Her- bert Dustmann nach dem Abitur eine Projekt: Neubau eines Umspannwerkes, Stalldorf Unsere Leistungen: Tief- und Straßenbau, Stahlbetonarbeiten sowie ein schlüsselfertiges Betriebsgebäude Schreinerlehre und eine Ausbildung W. Hundhausen Bauunternehmung GmbH · Bäckerstraße 4 · 57076 Siegen · Tel.: (0271) 408-0 · www.hundhausen.de zum Industriekaufmann, danach folg- ten ein Studium in Spanien und das Tiefbau · Straßenbau · Gleisbau · Hochbau · Ingenieurbau · Schlüsselfertigbau BWL-Studium in St. Gallen. Bodenbeschichtungen · Wasserbau · Stahlbeton-Fertigteile · Beton-Fertiggaragen Hier knüpfen Sie Kontakte. Mit Fachkräften. Foto: Dula Zum Unternehmen › Die Dula-Gruppe hat sich zu einem en auf: der weltweit führenden Unternehmen Jetzt mehr erfahr .de om21 im Bereich Ladengestaltung entwi- www.glasfaser.dok ckelt. Zu den Kunden zählen Top-Mar- ken wie Apple, Estée Lauder, BMW Wir graben Ihr Unternehmen an: und auch Zara. › Dula beschäftigt aktuell mehr als Glasfaser bis ins Gebäude 1.000 Mitarbeiterinnen und Mitar- zukunftssichere Internetanbindung beiter und hat neben der Zentra- und Unternehmensvernetzung le in Dortmund-Hombruch weitere stabile Bandbreite mit bis zu Standorte und Produktionsstätten in 10 Gbit/s im Up- und Download Deutschland, Spanien, Großbritanni- Anbindung mittels bekannter en, Russland, Litauen und Dubai. Im Ethernet-Schnittstellen spanischen Saragossa produziert das zuverlässig und schnell Unternehmen bereits seit 1966. individuelle Beratung › Als Geschäftsführer der Niederlas- persönlicher Ansprechpartner sung lernte Heinz-Herbert Dustmann seine spanische Ehefrau Marisa ken- nen. Mit ihr arbeitet er im Tagesge- schäft eng zusammen. Auch die zwei Kinder sind im Unternehmen aktiv. Ruhr Wirtschaft April 2016 15
INTERVIEW „Netzwerke sind wichtig!“ Geschäftsführer Michael Becker empfängt seine Gäs- te in einer stilvollen Vil- la am Westfalendamm in Dortmund. In den schönen Räumlichkei- ten lässt es sich nicht nur angenehm, sondern auch sehr erfolgreich arbeiten. Die Marx & Marx GmbH wur- de 2015 als Versiche- rungsmakler des Jah- res ausgezeichnet. Im Gespräch mit der Ruhr Wirtschaft spricht Be- cker über Risikoanalyse, wertvolle Netzwerke und auch darüber, wie man sich gegen zu viel Erfolg versichert. »Mein Team ist super, aber wir sind nur gut 20 Leute. Deshalb setzen wir auf Spezialisten, die sich in Ni- schen bestens auskennen.« Michael Becker 16 Ruhr Wirtschaft April 2016
Herr Becker, womit genau beschäftigt ligisten, die in die 3. Liga absteigen, auch sich ein Versicherungsmakler? der finanziellen GAU. Die Chancen für den Ein klassischer Versicherungsmakler be- Wiederaufstieg sind gering, die TV-Gelder schäftigt sich zumeist mit dem Indust- werden deutlich weniger, viele Fixkosten rie- und Gewerbegeschäft. Mit Unterneh- bleiben jedoch. Es klingt vielleicht kurios, men, die neue Produkte haben oder neue aber als Verein sollte man sich auch gegen Märkte erschließen wollen, besprechen Erfolg versichern … und analysieren wir mögliche Risiken. Ein Beispiel: Ein Unternehmen aus Dortmund Wie meinen Sie das? baut große Maschinen für China. Diese Stellen Sie sich vor, eine Mannschaft steigt Maschinen haben einen Wert von 20 bis 30 völlig überraschend auf oder holt einen Ti- Millionen Euro und werden zwischengela- tel. Dann werden Prämien und Bonuszah- gert. Wir ermitteln, welchen Risiken die- lungen fällig, die der Verein nicht unbe- se Maschinen ausgesetzt sind, was wären dingt refinanzieren kann. Es wäre also bes- Michael Becker mögliche Schäden? All dies kalkulieren ser, man ist abgesichert. Schließlich will 1966 geboren in Arnsberg wir, definieren das Risiko und schreiben es man als Verantwortlicher jubeln können 1984 Fachabitur auf dem Versicherungsmarkt aus. Mit un- und nicht Angst wegen der finanziellen Be- 19861991 Ausbildung und serer Erfahrung aus über 50 Geschäftsjah- lastungen haben. Beschäftigung bei der Signal ren wissen wir natürlich, welche Versiche- Versicherung mit Einsatz in rer als Risikoträger infrage kommen. Wir Sie haben gerade schon Lloyd’s in den neuen Bundesländern schreiben also nicht 400 Versicherer an, London angesprochen. Wie wichtig 1991 Eintritt bei Marx & sondern nur ganz konkret die, die solche sind Partner und Netzwerke für Sie? Marx Risiken tragen, und klären, ob und zu wel- Extrem wichtig. Mein Team ist super, aber 1993 Abschluss des berufs- chem Preis diese Versicherer das Risiko wir sind eben auch nur gut 20 Leute. Des- begleitenden Studiums zum abdecken. halb setzen wir auf Netzwerke mit Spezi- Versicherungsfachwirt alisten, die sich in einzelnen Nischen bes- 1994 Mitglied der Ge- Und, sind die Versicherer in tens auskennen. Bei Transportversiche- schäftsleitung Marx & Marx so einem Fall dazu bereit? rungen gibt es etwa Fachleute in Hamburg, 1996 Geschäftsführender Bei dem von mir beschriebenen Risiko wird die haben schon vor 250 Jahren die Schif- Gesellschafter sicherlich nicht jeder Versicherer „Hurra!“ fe hanseatischer Kaufleute auf ihrem Weg 1997 Abschluss Qualitäts- schreien. Es ist möglich, dass ein Versiche- nach Indien versichert. Es wäre töricht, manager ISO 9001 rer aufgrund des hohen Risikos nur 30 Pro- nicht auf diese Expertise zurückzugrei- 2007 Alleingesellschafter zent davon zeichnen möchte. Dann stellen fen. Unsere Kunden und wir profitieren Marx & Marx wir nach und nach den bestmöglichen Ver- davon. Deshalb haben wir uns bereits vor 2013 Versicherungsmakler sicherungsschutz zusammen. Das kann über 20 Jahren mit anderen mittelständi- des Jahres Silber Gewinner dazu führen, dass z. B. Spitzendeckungen schen Maklern in Deutschland zur Guaran- 2015 Deutscher Versiche- zur Haftpflicht und Ausfallrisiken von bis tee Advisor Group zusammengeschlossen. rungsmakler des Jahres zu 16 Versicherern weltweit getragen wer- So sind wir schon 300 Mitarbeiter. Das gibt den. Wie Sie sich vorstellen können, ist das uns eine herausragende Marktstellung und ein recht komplexer Vorgang. Diese Exper- wir haben Spezialisten für alle Fälle. Au- tise gibt es in den meisten Unternehmen ßerdem sind wir, und das macht mich sehr nicht. Deshalb kommen wir ins Spiel. stolz, Partner bei Howden Insurance Bro- kers. Howden ist weltweit aktiv und hat als Ihr Unternehmen bietet auch Spezial- Makler des englischen Königshauses einen produkte für Profisportvereine an. hervorragenden Ruf. Welche sind das? Das Interview führte Gero Brandenburg Über unseren Zugang zu Lloyd’s of Lon- don, dem wohl renommiertesten interna- Das Unternehmen tionalen Versicherungsmarktplatz, kön- › Der Versicherungsmakler Marx & Marx, der nen wir besondere Versicherungen anbie- seit 35 Jahren am Westfalendamm sitzt, ten. Etwa die Absicherung von Transfer- wurde 1964 von den Brüdern Franz Ferdi- summen für den Fall, dass ein Spieler stirbt nand und Axel Marx gegründet. Seit 1996 oder Sportinvalide wird. In der Bilanz ei- ist Michael Becker Geschäftsführer, seit nes Profisportvereins sind Transfersum- 2007 alleiniger Gesellschafter. Das Unter- men ausgewiesen wie Anlagevermögen. nehmen beschäftigt 19 Mitarbeiter, zwei Es ist verständlich, dass man dieses Anla- Mitarbeiter haben sogenannte Underwri- gevermögen schützen möchte. Versichern ting-Kompetenzen. Marx & Marx betreut lässt sich auch, wenn ein Club ein be- 2.000 hochwertige Privatmandate und stimmtes Ziel verpasst und dadurch finan- über 1.000 Gewerbekunden. Im Firmen- zielle Einbußen hat. Dass sich Vereine ge- kundensektor zielt man auf Unternehmen gen den Abstieg versichern wollen, ist fast mit mehr als 50 Mitarbeitern bzw. normal. So ist es z. B. für Fußball-Zweit- mit mehr als 50.000 Euro Prämienumsatz. Ruhr Wirtschaft April 2016 17
Tief verwurzelt, hochmodern Dass Tanzen jung hält, beweist die Tanzschule Thiele in Schwerte seit fast 100 Jahren – auch mit Blick auf sich selbst. Sandra und Björn Thiele: Tanzlehrer in dritter Generation. Foto: Leonie Lauer 18 Ruhr Wirtschaft April 2016
WIRTSCHAFT REGIONAL TEXT UND FOTOS: LEONIE LAUER, TANZSCHULE THIELE T ente – und anzhaltung einnehmen und dann damit das zwei, drei, vier, los!“ Sandra Thieles genaue Ge- Stimme schallt durch den Saal. Sie genteil zu steht hinter dem DJ-Pult und zählt den Tanz- übers Mikrofon die Tanzschritte mit. „Nor- schulen dieser Zeit. malerweise machen wir das heute gar nicht Als Jürgen Thiele 1970 die Tanzschule mehr“, sagt die 45-jährige Tanzlehrerin und von seinem Onkel Heinz Brinkmann über- Geschäftsführerin der traditionsreichen nimmt, fängt die Revolution erst richtig an. Meilensteine Tanzschule Thiele in Schwerte. „Aber das Mit seinen 25 Jahren ist Thiele nicht nur der 1919 hier ist einer unserer Tanzclubs, die tanzen jüngste Tanzschulinhaber in Deutschland Heinz Brinkmann gründet die schon seit 30 Jahren bei uns und sind es ge- – er ist auch genau im richtigen Alter, um „Tanzschule Brinkmann“ in wöhnt, dass wir mitzählen.“ Die Pärchen ver- zu verstehen, was sich junge Leute von ei- Schwerte-Westhofen. teilen sich auf der Tanzfläche und die Her- ner Tanzschule wünschen: coole Partys und ren wirbeln ihre Tanzpartnerinnen im Takt Rockmusik statt Schlager. Er schafft die Klei- 1937 um ihre eigene Achse. Viele von ihnen haben derordnung ab, Frauen und Männer lernen Die Tanzschule zieht um in sich hier in der Tanzschule Thiele kennenge- die Schritte zusammen statt getrennt, und die ersten eigenen Räume in lernt. Denn in den 1970er- und 1980er-Jah- es wird mehr Wert auf Spaß und weniger auf der Straße „Auf der Gunst“. ren war die sonntägliche Disco der Ort, wo Etikette gelegt. 1967 man sich in Schwerte getroffen hat. Und weil Aus einer Tanzlehrer-Familie kommend, 1967 beginnt der Bau der die Tanzschule nach wie vor so beliebt ist bei war für Jürgen Thiele immer klar, später heutigen Tanzschule in der den Schwertern, haben die Ruhr Nachrichten selbst eine Tanzschule leiten zu wollen. Als Straße „Im Bohlgarten“. Sandra und Björn Thiele als „Unternehmer sich die erste Gelegenheit dafür bietet, müs- des Jahres“ ausgezeichnet. Denn seit 1919 er- sen Jürgen und Ehefrau Ingrid Thiele nicht 1970 findet sich die Tanzschule immer wieder neu lange überlegen: Aus der Tanzschule Brink- Jürgen und Ingrid Thiele – zuletzt als moderner Dienstleister. mann wird „Brinkmann-Thiele“, denn Jürgen übernehmen die Tanzschule. Thieles Eltern wollen noch lange nicht die 1994 Revolution der Tanzschule Geschäfte ihrer eigenen Tanzschule in Arns- Die Tanzschule Thiele wird 75 Als die Tanzschule Thiele ein Jahr nach dem berg abgeben. So bleibt die 1919 gegründete, Jahre alt. Das Gebäude wird Ersten Weltkrieg als „Tanzschule Brinkmann“ erfolgreiche Tanzschule in Schwerte-West- kernsaniert, ein weiterer Saal gegründet wird, finden die Kurse noch in ei- hofen über Umwege in der Familie – und wird gebaut und es entsteht ein nem Kellerraum in Schwerte-Westhofen gehörig umgekrempelt. Aber das kommt gut Gastronomiebereich. statt. Dort haben Heinz und Elfriede Brink- an: Als Jürgen und Ingrid Thiele 1991 den mann gerade genügend Platz, um ein Klavier Namen „Brinkmann“ ganz ablegen, haben 1998 unterzubringen und einigen wenigen Tanz- sie alle Konkurrenten überdauert, die in den Sandra Thiele übernimmt schülern Walzer und Foxtrott beizubringen. achtziger Jahren in Schwerte eröffnet und den elterlichen Betrieb. Die gelernten Tanzlehrer machen das so gut, wieder geschlossen haben. Geblieben ist nur 2000 dass sie schon bald in größere Räume umzie- die „Tanzschule Thiele“. Ehemann Björn Thiele steigt hen können. In der Straße „Auf der Gunst“ in die Geschäftsführung ein. passen nun viel mehr Paare gleichzeitig in Schwungvoll ins 21. Jahrhundert den Tanzsaal. Die jungen Frauen und Män- Das 75-jährige Bestehen im Jahr 1994 neh- 2005 ner lernen erst einzeln die Schritte – nach men die Thieles zum Anlass, das Gebäude Gründung der „Dancer‘s Geschlechtern getrennt versteht sich – bevor umfassend zu modernisieren. Unter anderem Bar&Lounge“. sie dann Tanzhaltung einnehmen dürfen. „So wird ein zweiter Saal gebaut, damit der gro- 2009 wenig Körperkontakt wie möglich“ lautet die ßen Nachfrage nach Tanzkursen Rechnung Die Tanzschule feiert ihr Devise in den prüden fünziger Jahren. getragen werden kann. Außerdem entstehen 90-jähriges Bestehen mit ei- Von diesem Stil ist die Tanzschule immer eine Bar und ein Cafébereich am Eingang. ner großen Gala und Stargäs- noch geprägt, als Neffe Jürgen Thiele in den Kernsaniert und modern übernimmt Sandra ten wie der mehrfachen Deut- Sechzigerjahren als Tanzlehrer mit ins Team Thiele somit die Tanzschule 1998 von ihren schen Tanzmeisterin Isabel kommt. 1967 hat er endgültig genug von den Eltern. „Eigentlich wollte ich gar nicht Tanz- Edvardsson. staubig-steifen „Tanztees“ und startet zusam- lehrerin werden“, sagt sie, „sondern einen 2010 men mit seinem Freund und DJ Klaus Sche- Bürojob lernen.“ Nach der Schule bewirbt Die Tanzschule gründet die ei- ro die legendäre „New Sound Party“. Jeden sie sich deshalb bei mehreren Firmen in der gene Hip-Hop-Marke „Jam- Sonntag von 20 bis 22 Uhr legen die beiden Umgebung für eine Ausbildung als Industrie- Stylez“. Sandra und Björn mit „Thieles Hitparade“ die Beatles, Status kauffrau. Trotzdem ist sie unentschlossen. Thiele heben, in Kooperati- Quo, AC/DC und Deep Purple auf. Und da- „Ich habe schon immer wahnsinnig gerne ge- on mit der Rohrmeisterei, das zu wird nicht mehr sittsam und förmlich ge- tanzt, aber Tanzlehrerin werden, das war ir- Tanzfestival „Schwerte tanzt“ tanzt, sondern „geschwoft“. Zu den kostenlo- gendwie zu naheliegend“, erinnert sich San- aus der Taufe. sen Partys kommen junge Leute aus Schwer- dra Thiele. Also lässt sie den Zufall entschei- te, Dortmund, Unna, Hagen und dem weite- den: Sie bewirbt sich bei nur einer einzigen ren Umfeld. Zum Tanzen, Musik hören aber Tanzschule und wenn die sie nimmt, dann auch zum Flirten ist es das perfekte Ambi- wird sie Tanzlehrerin. Ruhr Wirtschaft April 2016 19
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