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11 energie | wasser-praxis Versorgung | Wasser Forschung | Gas Spurenstoffe | Wasser Stadtwerke Duisburg setzen Projekt untersucht Rolle von NT-Analytik zur Überwachung Hochbehälter instand Gas bei der Energiewende von Trinkwasserressourcen 72. Jahrgang | November 2020 | ISSN 1436-6134 Klimaschutz mit grünen Gasen www.energie-wasser-praxis.de
TRGI macht sicher. NEU DVGW G 800-1 (M) DVGW G 800-2 (M) TRGE macht effizient. Die neuen DVGW-Regelwerke zu effizienter Nutzung von Gastechnologien sind erschienen. Jetzt bestellen unter shop.wvgw.de © wvgw, 11/2020 Wir beraten Sie gerne. Rufen Sie uns an! Telefon: 0228-9191-40 oder schreiben Sie eine Mail an info @wvgw.de. Mehr unter trge.de
EDITORIAL Initiative „Zukunft Leitungsbau“: Aufbruch in eine neue Zukunft Fritz Eckard Lang Die Leitungsbaubranche steht für zahlreiche, auf politi- taugliche P rioritätenpläne für alle im Leitungsbau zu erbrin- scher Bühne gestellte Weichen in der Verantwortung, mit genden Bauaufgaben, verbesserte Planungs- und Ausschrei- baulichen Mitteln zuallererst ein solides Fundament zu le- bungsmodalitäten beim Netzausbau und -erhalt und eine gen. Ob wir auf den sektorenübergreifenden Umbau des Verstetigung der Vergabeleistung an Bauunternehmen. Da- Energiesystems blicken oder auf die für eine Weiterentwick- rüber hinaus brauchen wir eine langfristige Terminplanung lung des Wirtschaftsstandorts Deutschland dringend erfor- und – das ist besonders entscheidend – einen klaren Fokus derliche Digitalisierung: Die Umsetzung dieser gesellschaft- auf Qualität. Dazu ein Beispiel: Aktuell dürfen wir es nicht lich definierten Zielgrößen wird niemals ohne die techni- akzeptieren, dass Glasfasernetze im Eiltempo in der Erde sche Basis einer leitungsgebundenen Infrastruktur funkti- verbuddelt werden. Denn dabei werden Regelwerke mit dem onieren. Ohne den in unserer Branche fest verwurzelten Anspruch auf höchste Qualität ignoriert, Bestandsnetze von technischen Sachverstand wird es außerdem nicht gelingen, Gas, Wasser, Fernwärme und Strom leichtfertig überbaut Power-to-Gas-Technologien wirtschaftlich einzusetzen und und enorme Langzeitschäden produziert. Aber wer unbe- Wasserstoff als grünen Energieträger der Zukunft nachhal- dacht handelt und billig einkauft, zahlt bekanntlich zwei- tig nutzbar zu machen. Auch über eine flächendeckende mal. Dieser unangemessene Geschwindigkeitsrausch wird digitale Infrastruktur von Weltklasse wird Deutschland die Allgemeinheit teuer zu stehen kommen. Dabei begegnet nicht zeitnah verfügen ohne die in unserer Branche vorhan- der Leitungsbau dieser fast beispiellosen Qualitätsverges- dene Expertise. senheit mit einer Reihe hervorragender Präqualifikations- systeme, deren Anwendung ein nachhaltiges und qualitäts- Zudem stellen wir Leitungsbauer uns jeden Tag mit Begeis- orientiertes Bauen befördert. All das kann aber niemand terung und Leidenschaft unserer Verantwortung für einen allein stemmen. Was wir brauchen, ist eine koordinierte generationenübergreifenden Ausbau und Erhalt der unter- Zusammenarbeit aller Akteure des Leitungsbaus. irdischen Ver- und Entsorgungsnetze. Und das im festen Bewusstsein, dass die reibungslose Funktionalität dieser Deshalb haben der DVGW, der rbv und die Bundesfachab- kritischen Infrastrukturen von entscheidender Bedeutung teilung Leitungsbau im HDB – im festen Glauben daran, dass im Sinne der Daseinsvorsorge ist – im Normalbetrieb und nur ein gutes Zusammenspiel aller beteiligten Partner im besonders in der aktuellen pandemiegeprägten Krisensitu- Bausektor dazu beitragen wird, diesen vielen Herausforde- ation. Damit steht unsere Branche vor einigen in dieser rungen unserer Branche angemessen zu begegnen – die Vielzahl und Komplexität selten zuvor gekannten baulichen Initiative „Zukunft Leitungsbau“ ins Leben gerufen. Mit ihr Herausforderungen, die wir zudem vor dem Hintergrund möchten Auftraggeber und Auftragnehmer partnerschaft- eines sich weiterentwickelnden Fachkräftemangels adres- lich und auf Augenhöhe die für sie wichtigsten Reibungs- sieren müssen. Diesem Umstand werden wir nur durch eine punkte der Branche gemeinschaftlich aufschlüsseln, um Fülle struktureller Veränderungen begegnen können, die es Verbesserungspotenziale zu identifizieren und Lösungsan- nun endlich auf den Weg zu bringen gilt. sätze zu erarbeiten. Dies ist eine historische Chance für den Leitungsbau in Deutschland und ein Aufbruch in eine neue Auftraggeber müssen weiterhin alles daransetzen, den In- Zukunft. W vestitionsstau aufzulösen, der unsere Netze wie auch unse- re Bauunternehmen über lange Jahre gefährdet hat. Wir benötigen klare politische Rahmenbedingungen, praxis Fritz Eckard Lang ist Präsident des Rohrleitungsbauverbandes e. V. energie | wasser-praxis 11/2020 3
I N H A LT 14 44 Klimaschutz mit grünen Gasen Ab Seite 38 64 84 Titel Quelle: hoo_arts/iStock.com, radoma/iStock.com, liquidplanet/iStock.com, Leontura/iStock.com, samuii/stock.adobe.com 14 Trinkwasser-Hochbehälter in Duisburg saniert 44 Wasserstoff-Forschung im Projekt „HYPOS:H2-Netz“ 64 Zukünftige Wasserstoffinfrastruktur aus Sicht des Leitungsbaus 84 Ich mach was mit ... 3| EDITORIAL 27 | Non-Target-Analytik für eine vorsorgliche Überwachung von Trinkwasserressourcen und -aufbereitungsprozessen • Dr. Vanessa Hinnenkamp, Dr. Peter Balsaa, Dr. Ulrich Borchers, Dr. David Schwesig 6| NACHRICHTEN NEUE SERIE INTERVIEW FORSCHUNG & ENTWICKLUNG 34 | Forschung zur Anpassung an den Klimawandel: Die 12 | „MARCOGAZ ist für uns deutlich wertvoller geworden!“ Redaktion der „DVGW energie | wasser-praxis“ im Gespräch •Die Redaktion der „DVGW energie | wasser-praxis“ im mit Dr. Tim aus der Beek (IWW Zentrum Wasser) und Gespräch mit Prof. Dr. Gerald Linke Dr. Andreas Korth (TZW: DVGW Technologiezentrum Wasser) 38 | Die Rolle von Gas bei der Energiewende – Vorstellung des DVGW-Leitprojektes „Roadmap Gas 2050“ • Dr. Frank Graf, TECHNIK Wolfgang Köppel, Katharina Bär, Jens Hüttenrauch, Dr. Frank 14 | Ertüchtigung nach 65 „Dienstjahren“: Instandsetzung des Burmeister, Dr. Stefanie Schwarz, Janosch Rommelfanger Hochbehälters Försterberg der Stadtwerke Duisburg • Thomas Oertel, Prof. Dr.-Ing. Manfred Breitbach, 44 | Fortschritte im Wasserstoff-Forschungsprojekt „HYPOS: Sebastian Hof H2-Netz“ • Patrick Becker, Martin Glas 48 | Modal-Switch in Wohnquartieren und -gebäuden: Perspektiven für KWK-Anlagen • Ronny Erler ORGANISATION & MANAGEMENT 22 | Das Verbundprojekt MikroModell: Verminderung von 56 | Wasserstoffanwendungen im Seehafen Emden: Erfolgrei- Mikroschadstoffeinträgen ins Gewässer – Teil 2 • cher Abschluss des Projektes „WASh2Emden“ • Dr. Andreas Dr. Mareike Braeckevelt, Dr. Stephan Beil, Dr. Dirk Jungmann, Hänel, Sören Berg, Adenike Bettinger, Marcel Frerichs, Manuel Prof. Dr. Peter Krebs, Gerold Fritsche, Gunda Röstel Gigli, Dr. Matthäus Wuczkowski 4 energie | wasser-praxis 11/2020
sweit Bunde bar! 64 | Gamechanger und Klimaschützer: Ist Wasserstoff der Energieträger der Zukunft? • Andreas Hüttemann e r r e i c h TECHNISCHE REGELN & NORMEN 68 | CNG-Tankstellen; Planung, Bau, Prüfung und Inbetriebnahme • Dr. Thomas Aumeier 69 | DVGW-TRGE Effizienz • Dennis Klein 70 | Anlagen für die Aufbereitung und Einspeisung von Biogas in Gasnetze – Teil 2: Fermentativ erzeugte Gase – Betrieb und Instandhaltung • Finn Grohmann 70 | Ankündigung zur Fortschreibung des DVGW-Regelwerks 70 | Fortschreibung des DVGW-Regelwerks DVGW AKTUELL 72 | Mit fachlichen und personellen Informationen und Nachrichten aus der Vereinsarbeit sowie Terminen und Veranstaltungen VERANSTALTUNGEN 82 | DVGW-Veranstaltungsvorschau für November und Dezember 2020 ARBEITS | welten 84 | Ich mach was mit Trinkwasser BILDUNGS | welten 86 | Relaunch abgeschlossen: Berufsweltenportal Energie & Wasser für die Zukunft gerüstet LIEBER EINMAL 88 | PRAXIS & PRODUKTE ANGEFRAGT ALS ner für die Mit Jahrespla aft 2021! EWIG GESUCHT! SERVICE Wasserwirtsch 93 | Grüne Gase Mit einer einzigen Online- 93 | Rohrleitungsbauunternehmen 94 | Bezugsquellen Anfrage über das Leitungs- 98 | Impressum auskunftsportal der infrest erreichen Sie bundesweit die angebundenen Versor- gungsunternehmen und Be- hörden, die für Ihr Baugebiet zuständig sind. Leitungsanfrage versenden unter www.infrest.de energie | wasser-praxis 11/2020 5
NACHRICHTEN KOLUMNE Der Aufbruch ins globale Wasserstoffzeitalter hat begonnen Jahren planen weitere Staaten, ihre H2- werden perspektivisch große Teile Strategien zu veröffentlichen. Diese ihres H 2 -Bedarfs über Importe de- Länder machen rund 80 Prozent des cken. Traditionelle Öl- und Gasexpor- weltweiten BIP aus, es sind also keine teure werden Wasserstoff ebenfalls in kleinen Staaten, die sich auf den Weg ihr Angebot mit aufnehmen, zu- ins H2-Zeitalter machen wollen. nächst aus Erdgas, anschließend aus erneuerbaren Energien – mancherorts Unsere neue Studie „International Hy- zudem aus Kernenergie. Dabei entste- drogen Strategies“ hat die verschiede- hen auch neue Gelegenheiten für in- Quelle: Weltenergierat nen H2-Stategien um den Globus mit- ternationale Kooperationen. einander verglichen. Die Motivation hinter diesen Strategien ist unter- Unsere Analyse schätzt, dass wir bis schiedlich, im Zentrum stehen Klima- 2050 ein Nachfragepotenzial von bis zu Nicole Kaim-Albers ist Büroleiterin der Geschäftsstelle schutz, die Integration von erneuerba- 9.000 Terawattstunden (TWh) haben Weltenergierat – Deutschland und berichtet an dieser ren Energien oder die Stärkung der ei- werden – dies entspricht etwa der Hälf- Stelle regelmäßig über dessen Arbeit. genen Wirtschaft über Einnahmen te der Primärenergie, die die EU28 der- durch den Export von H2-Erzeugnissen zeit im Jahr verbraucht. Wer heute im- Erst hatte Japan eine, dann Frank- oder -technologien. Auch der Fokus auf mer noch glaubt, der Hype geht vorbei, reich, dann Südkorea. Heute haben die Anwendungsbereiche divergiert der irrt. W über zehn Staaten und die Europäische zwischen Industrie, Transport, Gebäu- Union eine. Die Rede ist von Wasser- de und Energiesektor. Große Industrie- Kontakt: stoffstrategien. In den nächsten fünf nationen wie Deutschland oder Japan kaim@weltenergierat.de VERANSTALTUNGSTIPPS! 1. bis 2. Dezember 2020, Bonn & virtuell 14. bis 15. Dezember 2020 in Bonn 14. bis 15. Dezember 2020, Hamburg & virtuell Wasserstoff als Baustein der Armaturen in derWasser 25. Kolloquium Gas- und Wasser Sektorenkopplung versorgung messung 2020 Mit der nationalen Wasserstoffstrategie Wasser marsch! Absperrarmaturen Zum 25. Kolloquium Gas- und Wasser- hat die Bundesregierung die Weichen für und Anbohrarmaturen sichern den Be- messung 2020 treffen sich Prüfstellen- den Energieträger der Zukunft gestellt. trieb der Wasserversorgung. Erweitern leiter und Fachleute des Messwesens in Die Technologien für die H2-Anwen- Sie unabhängig und kompakt Ihr Wis- der Handwerkskammer in Hamburg. dung in den Bereichen Verkehr, Indus sen über Grundlagen, Anwendungspra- Hier tauschen sich Experten mit Behör- trie und Wärme stehen bereit – es gilt xis und Aspekte der Digitalisierung von denvertretern aus und diskutieren gas- jedoch, die neuen Rahmenbedingungen Armaturen in der Wasserversorgung. Es und wasserspezifische Themen der noch genau zu definieren. Gemeinsam erwarten Sie praxisnahe Anwender Mengenmessung. Die Präsenzplätze in möchten wir uns mit Ihnen über die Zu- berichte u. a. von GELSENWASSER, Hamburg sind bereits ausgebucht, mel- kunft einer funktionierenden Wasser- Siemens, Hawle Armaturen. An The- den Sie sich aber jetzt gerne noch für stoffwirtschaft im Westen Deutschlands mentischen werden darüber hinaus in die Online-Teilnahme an. austauschen und laden Sie dazu herzlich Kleingruppen aktuelle Fragestellungen zur Fachkonferenz ein. diskutiert. www.dvgw-kongress.de/wasserstoff www.dvgw-kongress.de/armaturen www.dvgw-kongress.digital/25-kolloquium 6 energie | wasser-praxis 11/2020
DVGW veröffentlicht zwei neue technische Regeln für Effizienz Parallel zum Inkrafttreten des neuen Die TRGE 2 gibt einen Über- Gebäudeenergiegesetzes (GEG) veröf- blick über die industrielle fentlicht der DVGW seine zwei neuen Gasnutzung in Deutschland DVGW -TR G E Effizienz technischen Regeln für Effizienz. Die und beschreibt die Optimie- DVGW-TRGE Effizienz Technisch e Teil 2 – Th Regel Technische Regel ermische sogenannte TRGE 1 beschäftigt sich rungspotenziale für thermi- Teil 1 – Wärmeversorgung Gebäu de DVGW G 800-1 (M) November 2020 Technical Rule Part 2 – The Industrie Gas Efficienc rmal industry y DVGW G 800- Technische Regel November 2 (M) mit dem effizienten Einsatz von Gas- sche Prozessanlagen im indus- 2020 Technical Rule Gas Efficiency – Merkblatt – Part 1 – Heat supply buildings Technische Regel – Merkblatt – technologien zur Wärmeversorgung triellen Maßstab. Zudem ver- in Gebäuden, sowohl für den Sanie- deutlichen beide Regelwerke rungsfall als auch bei Neubauten. Frei das Potenzial und den mögli- nach dem Motto „TRGI macht sicher. chen zukünftigen Einsatz von TRGE macht effizient“ ist sie das pas- grünen Gasen. Beide Regelwer- Quelle: DVGW sende Tool für den Installateur oder ke können unter www.shop. Energieberater. wvgw.de bestellt werden. W Shell eröffnet zwei neue LNG-Tankstellen Der Shell-Konzern hat am 19. Oktober land“, sagt Fabian Ziegler, Vorsitzender Das f lüssige Gas soll in einer 2020 zwei neue LNG-Tankstellen eröff- der Geschäftsführung von Shell in 100.000-t-Gasverflüssigungsanlage in net, eine an der A81 in Weinsberg/Ell- Deutschland. „Wir sind fest davon über- der Kölner Rheinland Raffinerie her- hofen und eine am Lohfeldener Rüssel zeugt, dass es uns gemeinsam mit Kun- gestellt werden. Die Anlage soll – vor- an der A7 nahe Kassel. Beide Stationen den und Gesellschaft gelingen kann, behaltlich der notwendigen Geneh- sind jeweils für täglich bis zu 150 LNG- Treibhausgas-Emissionen nachhaltig migungen – im Herbst 2022 in Betrieb Lkw ausgelegt. „Dem Transportsektor und wirtschaftlich zu reduzieren.“ gehen. Shells Ziel ist, dazu beizutra- bereits in absehbarer Zeit klimaneutra- gen, innerhalb weniger Jahre im deut- les LNG und die dazugehörige Infra- Zum Shell-Programm gehört neben schen Schwerlastverkehr jährlich bis struktur zur Verfügung zu stellen, ist dem Ausbau des LNG-Stationsnetzes zu 1 Mio t. CO2 einzusparen. Für die Teil unserer Transformation als Energie- auf 35 bis 40 Stationen auch der Auf- Rheinland Raffinerie ist die geplante unternehmen auf dem Weg zu Netto- bau einer vollständigen Lieferkette für LNG-Anlage Teil der Ausrichtung auf Null-Emissionen und einer unserer Bei- CO2 -neutrales LNG in Deutschland nachhaltige, kohlenstoffärmere Ener- träge zur Energiewende in Deutsch- auf Basis verflüssigten Biomethans. gielösungen. W ENERGIEWENDE MIT Germany H2-TECHNOLOGIE KLINGER GmbH KLINGER®-Dichtungen sind dabei Rich.-Klinger-Straße 37 D-65510 Idstein T + 49 61 26 4016 - 0 F + 49 61 26 4016 - 11 mail @ klinger.de www.klinger.de energie | wasser-praxis 11/2020 7
NACHRICHTEN 21. Innovationspreis der deutschen Gaswirtschaft 2020: Gasbranche zeichnet Klimaschutzideen aus wird am HZDR untersucht, wie man diese Gasblasen dazu bringen kann, sich früher abzulösen und aufzusteigen, um so den Wirkungsgrad bei der Elek trolyse zu erhöhen. Der regionalen Gaswende verschrieben hat sich die Energieversorgung Mittel- rhein. Mit ihrem Projekt „Gasnetz 2040“ fördert sie den Einsatz von Bio- methan und steigert so den Anteil grü- ner Gase im kommunalen Netz. Zudem nutzt sie effiziente KWK-Anlagen zur Energieversorgung. Und auch Wasser- Quelle: Zukunft ERDGAS stofftechnologien sind Teil des umfas- senden Konzepts – von der Erzeugung über die Speicherung bis hin zur Nut- zung. Unternehmen, Hochschulen und Bürger arbeiten Hand in Hand, um die Energiewende vor Ort voranzutrei- Die Preisträger stehen fest: Am 4. No- Um eine dezentrale Energieversor- ben. Dieses Engagement wurde mit vember 2020 wurden die Gewinner des gung geht es auch Graforce, dem Preis- dem Preis in der Kategorie „Klima- 21. Innovationspreises der deutschen träger der Kategorie „Effiziente Ener- schutz & Kommune“ gewürdigt. Gaswirtschaft gekürt. Zahlreiche Zu- giekonzepte“. Mit dem Projekt „MOA- schauer verfolgten das digitale Event H2eat“ kann eine Wärmeversorgung Neben der Wärme- und Stromversor- via Livestream aus Berlin. Vergeben mit negativer CO2 -Bilanz in die Praxis gung spielt auch der Mobilitätssektor wurde der Preis unter der Schirmherr- umgesetzt werden. Dabei wird Bio- für das Erreichen der Klimaziele eine schaft des Bundesministeriums für methan mithilfe des Plasmalysever- wichtige Rolle. CMFluids – Preisträger Wirtschaft und Energie von den vier fahrens in Wasserstoff (H 2) und Koh- in der Kategorie „Mobilität & Verkehr“ Branchenverbänden ASUE, BDEW, lenstoff (C) zerlegt. Den Wasserstoff – entwickelte einen Antrieb, der die Vor- DVGW und Zukunft ERDGAS und den nutzt das Mercure Hotel in Berlin- teile von Elektro- und Verbrennungs- Unternehmen Wintershall Dea, Uni- Moabit für eine emissionsfreie Energie- motor vereint. So können Bestandsfahr- per und VNG. versorgung in modifizierten Brenn- zeuge, wie z. B. die Busse am Flughafen wertkesseln und Blockheizkraftwer- München, einfach nachgerüstet wer- Den Sieg in der Kategorie „Innovative ken. Dank des Biomethans entzieht den. Das System – bestehend aus einem Produkte“ holte sich Bosch mit einer die Wärmeversorgung des Hotels der Gastank, einem Biogasmotor, einer Puf- Technologie, die vor Jahren noch Atmosphäre jährlich bis zu 1.700 Ton- ferbatterie und einer Elektroachse – spart fast ausschließlich bei Weltraummis- nen CO2 . gegenüber herkömmlichen Antrieben sionen zum Einsatz kam. Mit einer 30 Prozent Energie. Möglich macht dies Leistung von 10 kWel und einem In der Kategorie „Forschung & Entwick- die elektrische Antriebsachse, die für elektrischen Wirkungsgrad von über lung“ wurde das Institut für Fluiddyna- ein kraftvolles Anfahren und die Rück- 60 Prozent erschließen sich für die mik des Helmholtz-Zentrums Dresden- gewinnung von Bremsenergie sorgt. Die SOFC-Brennstoffzelle bezeichnete Rossendorf (HZDR) ausgezeichnet. Dort Pufferbatterie gleicht den schwanken- Technologie neue Einsatzbereiche, widmen sich die Forscherinnen und den Energiebedarf während des Be- zum Beispiel zur dezentralen emissi- Forscher der Weiterentwicklung des triebs aus und wird mithilfe des grünen onsarmen Energieversorgung von Elektrolyseverfahrens, also der Erzeu- Stroms, der durch den Biogasmotor er- Rechenzentren oder Fabriken. Min- gung von Wasserstoff und Sauerstoff zeugt wird, kontinuierlich nachgela- destens 40 Prozent CO2 spart ein sol- aus Wasser mithilfe von Strom. Bei die- den. Das Ergebnis: saubere Luft, leises ches Brennstoffzellensystem gegen- sem Verfahren können sich Blasen bil- Anfahren, kurze Tankzeiten, lange über dem Strombezug aus dem öf- den, die den Stromfluss behindern. Ge- Reichweiten und geringe Gesamtkosten fentlichen Netz ein. meinsam mit Forschern der TU Dresden für den Betreiber. W 8 energie | wasser-praxis 11/2020
DVGW Quelle: DVGW Kongress GmbH Neuer DVGW-Blog online l dvgw-kongress.de/veranstaltungen Der DVGW baut seine digitalen Kommunikations kanäle weiter aus und ergänzt die Website und Social- Media-Aktivitäten um einen Blog. Auf der Plattform www.dvgw.de/blog bieten kompakte und unterhalt- Wasserstoff – Energieträger der same Beiträge rund um die Themen Gas, Wasser und den Verein „Infotainment“ für eine möglichst breite Zielgruppe. Der Fokus liegt dabei auf Abwechslung, inhaltlicher Variation und einer allgemeinverständ- lichen Tonalität – von der Wasserstoff-Infografik bis zu Verbrauchertipps. So wird zum einen der veränder- Zukunft ten Nutzergewohnheit im Internet Rechnung getra- gen und zum anderen das Ziel verfolgt, die Themen und Botschaften des DVGW in der Öffentlichkeit VERANSTALTUNGEN ZU WASSERSTOFF noch bekannter und zugänglicher zu machen. l Wasserstoff als Baustein der Sektorenkopplung Geplant ist eine inhaltliche Erweiterung des Blogs 01. – 02. Dezember 2020, Online im Monatsrhythmus. Das DVGW-Webteam nimmt sehr gerne Themenvorschläge oder Gastbeiträge l H2 Sicherheit entgegen, z. B. Praxiseinblicke in Unternehmen. Bei 27. Januar 2021, Online Interesse kontaktieren Sie das Webteam gerne unter webteam@dvgw.de. W l 1×1 des Wasserstoffs 02. – 03. Februar 2021, Online l Gasinfrastruktur für Erdgas-H2-Gemische ZAHL DES MONATS 04. Februar 2021, Online 99,18 Prozent Sparen Sie bis zu 300,– € auf Ihre Anmeldung, wenn Sie der Wasserversorger … KOMBITICKET MIT PREISVORTEIL „1×1 des Wasserstoffs“ und „Gasinfrastruktur für Erdgas-H2- … werden vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) Gemische“ gemeinsam buchen! nicht als Kritische Infrastruktur eingestuft. Nur wenige Wasserversorgungs- unternehmen (WVU) überschreiten das vom BSI zugrunde gelegte Kriterium der 500.000 versorgten Einwohner. Angesichts der hohen Schwellenwerte © stock.adobe.com / malp müssen demnach nur 0,82 Prozent der WVU in Deutschland die Standards des IT-Sicherheitsgesetzes einhalten. Dies geht aus einer Antwort des Bun- desinnenministeriums auf eine kleine Anfrage der Grünen-Abgeordneten Irene Mihallic hervor. Mihalic sagte gegenüber dem HANDELSBLATT: „Die Trinkwasserversorgung ist einer der wichtigsten Bestandteile der öffentlichen Daseinsvorsorge und muss ganz besonders geschützt werden.“ Die Bundes- regierung müsse daher dringend die Schwellenwerte zur Bestimmung solcher Infrastrukturen überprüfen. „Wir müssen zu einem risikobasierten Ansatz kommen, der auch mittelgroße Versorger stärker berücksichtigt“, so Mihalic. Übereinstimmend fordert auch ein Großteil der IT-Sicherheits-Community eine Absenkung der Schwellenwerte, um auch kleineren Betriebe zu einem höheren Schutzniveau zu verhelfen. W energie | wasser-praxis 11/2020 9
NACHRICHTEN World Energy Outlook 2020: Klimaschutzbemühungen unterstreichen Rolle von grünen Gasen Die Internationale Energieagentur (IEA) hat wartet weltweit für 2020 zwar einen Rückgang in ihrem aktuellen Jahresbericht verschiedene bei Erdgas von drei Prozent. Die Prognose fällt Szenarien auf dem Weg zu einer weltweiten Kli- aber deutlich geringer aus als beispielsweise bei maneutralität untersucht. Dabei vergleicht der Öl (minus acht Prozent) oder Kohle (minus sie- World Energy Outlook (WEO) die aktuellen po- ben Prozent). Im Strombereich geht die IEA so- litischen Beschlüsse mit weiter verstärkten Kli- gar nur von einem leichten Rückgang von ei- maschutzbemühungen und unterstreicht die nem Prozent aus. Außerdem prognostiziert die Bedeutung von grünen Gasen, also Biogas und IEA in zwei Hauptszenarien einen erforderli- Wasserstoff, für das Gelingen der Dekarbonisie- chen Kapazitätszuwachs bei Gaskraftwerken rung. Die IEA sieht zudem ein großes Wachstums von acht Prozent bis zum Jahr 2030 in der EU. potenzial für Biogas und sagt für die EU einen Für Kehler ein klares Signal, auch in Deutsch- Anstieg sowohl in der Biogasverstromung als land weiter in Gaskraftwerke und -infrastruktur auch hinsichtlich der Kapazitäten voraus. zu investieren. „Gaskraftwerke und die Gasin- frastruktur müssen weiter ausgebaut werden – „Der World Energy Outlook zeigt, dass es auch für die Nutzung von Erdgas und später für grü- in der Krise eine stabile Nachfrage nach Erdgas ne Gase. Biogas muss weiter gefördert und der gibt”, sagt Dr. Timm Kehler, Vorstand der Bran- Aufbau einer Wasserstoffwirtschaft muss be- cheninitiative Zukunft ERDGAS. Die IEA er- schleunigt werden.” W Wasserstoff und Trinkwasser: zwei neue Zertifizierungs zeichen der DVGW CERT GmbH Der Energieträger Wasserstoff wird als zu- lich der Wasserstoff-Anwendungen in Prüf- kunftsfähige Lösung auf dem Weg in eine grundlagen des DVGW-Regelwerks. klimafreundliche Energieversorgung be- trachtet. Da ein verbindliches Wasserstoff- Darüber hinaus gibt es seit September 2020 Regelwerk derzeit noch erarbeitet wird, hat mit dem DVGW CERT-Hygienesiegel ein wei- die DVGW CERT GmbH mit dem H 2 -Readi- teres Zertifizierungszeichen, mit dem Pro- ness-Zertifizierungszeichen ein Zertifizie- dukte nach den vom Umweltbundesamt fest- rungsprogramm erarbeitet, um die prüftech- gelegten Regeln erstmals von der DVGW nischen Grundlagen abzubilden. Es ergänzt CERT GmbH zertifiziert werden können. die bestehenden Prüfgrundlagen für Gasge- A nhand des Siegels können Anwender und räte für Erdgas, so dass diese im Rahmen der Verbraucher erkennen, dass viele wasserfach- Konformitätsbewertung nach Gasgerätever- liche Produkte die gesetzlichen Vorgaben und ordnung EU/2016/429 auch mit einem Brenn- insbesondere strenge Sicherheitsanforderun- gasgemisch mit einer Zugabe von bis zu 20 gen hinsichtlich der hygienischen Eignung Volumenprozent Wasserstoff geprüft und zer- der Materialien erfüllen. Damit ist gewähr- tifiziert werden können. Mit diesem ersten leistet, dass die für die Produkte verwendeten Zertifizierungsprogramm trägt die DVGW Materialien weder Geruch noch Geschmack CERT GmbH dem Bedarf an Konformitätsbe- des Trinkwassers nachteilig verändern und wertungsverfahren für die „H 2 -Readiness“ den Schutz der menschlichen Gesundheit gasfachlicher Produkte Rechnung und nicht negativ beeinflussen, z. B. durch abge- schließt temporär eine erste Lücke hinsicht- gebene Inhaltsstoffe. W 10 energie | wasser-praxis 11/2020
Teilstück der römischen Eifelwasserleitung vor dem Uniklinikum Bonn eingeweiht Quelle: Frontinus-Gesellschaft Im Rahmen eines Festakts wurde am 8. Sep- hervor, „von den Römern bis zur aktuellen Pan- Prof. Dr. Klaus Grewe (l.) und Prof. Dr. Martin Exner tember 2020 auf dem Gelände des Universi- demie.“ Dabei stehe das technische Denkmal erläutern technische Details tätsklinikums Bonn ein Teilstück der römi- auch für den Transfer der Kenntnisse, Erfahrun- der römischen Eifelwasser schen Eifelwasserleitung eingeweiht. Das Teil- gen und Überzeugungen der Altvorderen in leitung. stück ist eines von 26 geborgenen und restau- unsere Zeit. rierten Teilen eines Abschnitts der Römischen Eifelwasserleitung, die zu den bedeutendsten Das Teilstück wurde bei der Vorbereitung einer antiken Bauwerken in Deutschland zählt. Straßenbaumaßnahme in Hürth-Hermülheim Prof. Dr. Hans Mehlhorn, Präsident der für das bei Köln entdeckt. Auf Initiative von Prof. Dr. Projekt verantwortlichen Frontinus-Gesell- Klaus Grewe, Mitglied des Vorstands und des schaft, betonte, dass es für die Aufstellung des wissenschaftlichen Beirats der Frontinus-Ge- Teilstücks keinen besseren Standort als vor sellschaft, konnte das Exponat geborgen, res- dem Institut für Hygiene und Öffentliche Ge- tauriert und konserviert werden. Grewe erläu- sundheit des Universitätsklinikums Bonn terte dann auch im Rahmen des Festaktes die gebe. Schon in der Antike war der enge Zusam- technischen „Highlights“ der Leitung – ein menhang zwischen einer Versorgung mit sau- Projekt, das um 80 bis 90 n. Chr. in nur fünf berem Trinkwasser und der Gesundheit der Jahren Bauzeit zur Versorgung der römischen Bevölkerung bekannt. So habe sich beispiels- Zivilstadt Köln fertiggestellt wurde. Bis zu weise Sextus Julius Frontinus, der Namensge- 20 Mio. l Wasser konnten so täglich transpor- ber der Frontinus-Gesellschaft, als Leiter der tiert werden. Den Menschen standen damals Wasserversorgung der antiken Stadt Rom mit pro Kopf etwa 1.200 l Wasser pro Tag zur Verfü- Nachdruck für eine einwandfreie Wasserver- gung – ungefähr die achtfache Menge des heu- sorgung eingesetzt, so Mehlhorn. tigen Gebrauchs. Prof. Dr. Martin Exner, Direktor des Instituts Ein ausführlicher Beitrag von Prof. Dr. Klaus für Hygiene und Öffentliche Gesundheit, hob Grewe über die Römische Eifelwasserleitung ebenfalls die Bedeutung der Wasserhygiene für erscheint in der Dezember-Ausgabe der DVGW die öffentliche Gesundheit der Bevölkerung energie | wasser-praxis. W energie | wasser-praxis 11/2020 11
INTERVIEW » MARCOGAZ ist für uns deutlich wertvoller geworden! « Die Redaktion der „DVGW energie | wasser-praxis“ im Gespräch mit Prof. Dr. Gerald Linke über die wesentlichen Errungenschaften seiner zweijährigen MARCOGAZ-Präsidentschaft, die Herausforderung, festgefahrene Strukturen aufzubrechen und die Synergien des Wissenstransfers innerhalb eines europäischen Verbandes. kunft positionieren wollen. Im Ergebnis sieht Quelle: Schramm/wvgw man sich zukünftig als Speerspitze für Themen wie grüne Gase und Sektorenkopplung, um so Sichtbarkeit und Wahrnehmung deutlich zu erhöhen. Das heißt nicht, dass MARCOGAZ zum Lobbyverband wird. Vielmehr ist es das Ziel, das erarbeitete Wissen der Politik vorzu- stellen, es in Debatten einzubringen und sich Gedanken darüber zu machen, wie man den Green Deal, also die Energiewende Europas, sinnvoll bewerkstelligen kann. Diesen progres- siven Schritt nach vorne zu erwirken, dieser „mindset change“, das war für mich das härtes- te Stück Arbeit. Ziel meiner Präsidentschaft war es auch, auf der Redaktion: Herr Linke, Ihre zweijährige Position des Generalsekretärs einen Personal- Amtsperiode als MARCOGAZ-Präsident ist wechsel einzuleiten. Tatsächlich haben wir mit turnusgemäß im September 2020 zu Ende Manuel Coxe auch einen hervorragenden neuen gegangen. Wie fällt das Resümee Ihrer Kollegen gefunden – der übrigens als erster Ge- Amtszeit aus? neralsekretär bei MARCOGAZ angestellt ist. Alle vorherigen Generalsekretäre waren von großen Gerald Linke: Im Rahmen meiner Präsident- europäischen Gasversorgern entliehen und hat- schaft war es mir besonders wichtig, dass sich ten damit auch immer ein Stück weit ihre nati- MARCOGAZ als technisch-wissenschaftlicher onale Agenda auf der Fahne. Manuel Coxe war Verband für die Zukunft personell und struk- in der Vergangenheit nicht nur Generalsekretär turell neu aufstellt. In der Vergangenheit wurde von Europex, also dem Verband für den europä- MARCOGAZ als traditioneller Verband gese- ischen Stromhandel, sondern auch Head of Unit hen, der zwar für Erdgas in Europa stand, aus Energy System bei IRENA, dem Weltverband für » meiner Sicht aber oft zu passiv agiert bzw. nur reagiert hat. Wir haben dann zu Be- Erneuerbare Energien mit Sitz in Bonn. Somit bringt er die Stromseite, erneuerbare Energien und nun auch Gas zusammen und steht für den Ähnlich wie der DVGW, muss ginn meines Amtes Wandel von MARCOGAZ, sowohl strukturell auch MARCOGAZ seine Interessen in Form eines Fra- als auch personell. gebogens versucht mit guten Argumenten und « herausz u f i nden, Für mich durchläuft MARCOGAZ eine ähnliche wie die Mitglieder Entwicklung wie der DVGW vor fünf oder sechs Studien untermauern. MARCOGAZ in Zu- Jahren. Wir wollten damals auch sichtbarer wer- 12 energie | wasser-praxis 11/2020
den und haben uns mit der Politik aus- » einandergesetzt. Gleichzeitig waren wir Kurzfristiges europäisches Ziel ist es, den immer bestrebt, unser Fundament, also Markthochlauf für Technologien, die grüne Gase « das technisch-wissenschaftliche Know- how, nicht zu verlassen. Wie beim DVGW, muss auch MARCOGAZ seine ermöglichen, zu beschleunigen. Interessen mit guten Argumenten und Studien untermauern. titute for Gas and Energy Innovation, auch deswegen schwierig, weil grünes Associate Member von MARCOGAZ Gas beim Wechsel über die Grenze geworden ist und nun Workshops zu nach aktueller Gesetzeslage plötzlich Redaktion: Inwieweit haben der DVGW forschungsnahen Themen zukünftig nicht mehr Grün ist. Nehmen wir Ös- und seine Mitglieder von Ihrer gemeinsam mit den MARCOGAZ-Ko- terreich als konkretes Beispiel: Wenn Präsidentschaft profitiert? mitees stattfinden werden. So gelingt es man dort Biogas aus Deutschland be- Linke: Wir sind sehr froh, dass wir in uns, den technischen Verband mit un- ziehen möchte, dann wird es juristisch den letzten beiden Jahren bestimmte serer europäischen Forschung zusam- an der Grenze zu Erdgas – und damit Schlüsselpositionen innerhalb der drei menzubringen. Und last but not least: wertlos in Bezug auf die Anrechenbar- MARCOGAZ-Komitees – also Trans- MARCOGAZ veranstaltet mit der EGA- keit, um eine bestimmte Quote zu er- port, Anwendungen und Nachhaltig- TEC alle zwei Jahre eine europäische füllen. Hier bedarf es also dringend keit – besetzen konnten. Im Transport- Gaskonferenz. Im Jahr 2022 wird der auch der interstaatlichen Anpassung sektor gibt es eine Arbeitsgruppe Was- DVGW die Ehre haben, diese Konferenz von Gesetzgebungen. serstoff, die von Gerd Müller-Syring, auszurichten. Mitglied der Geschäftsführung der Großes Treiberthema ist natürlich auch DBI-Gruppe, geführt wird. Und Frank der Wasserstoff und die Frage: Baut man Redaktion: Inwiefern beeinflusst der Dietzsch, Leiter Ordnungsrahmen Gas- tatsächlich ein europäisches Wasser- European Green Deal den Auf- und technologien und Energiesysteme in stoff-Rückgrat auf und muss dieses dann Ausbau einer europäischen Energie- der DVGW-Hauptgeschäftsstelle, leitet reguliert werden? Die ausschließliche strategie aus Sicht von MARCOGAZ? das Sekretariat des Nachhaltigkeitsko- Antwort auf diese Frage lautet: ja, natür- Und welche Aspekte stehen kurz- und mitees, dessen Co-Chair Eva Hennig lich! Nun kommt aber der schwierigere mittelfristig auf der Agenda? von der Thüga AG ist. Wir haben unse- Aspekt: Wie sieht es aus mit der Beimi- re Beteiligung bei MARCOGAZ also Linke: Kurzfristiges Ziel ist es, den schung? Eine zwanzigprozentige Beimi- signifikant erhöht – und das durchaus Markthochlauf für Technologien, die schung ist zwar bei uns in Deutschland zielgerichtet, weil MARCOGAZ nach heute grünen Wasserstoff bzw. grüne möglich, in anderen Ländern gesetzlich den Strukturanpassungen für uns Gase ermöglichen, zu beschleunigen. jedoch nicht. MARCOGAZ hat hier aber deutlich wertvoller geworden ist. Dabei geht es in Deutschland beispiels- mutig agiert und gesagt: „Es ist tech- weise um eine Senkung der EEG-Umla- nisch sinnvoll. Passt Eure Gesetze an.“ Darüber hinaus hat MARCOGAZ unter ge. In anderen Ländern stehen Fragen Das ist die Stimme, die wir auf europäi- deutscher Federführung eine Analyse wie „Sollte Power-to-Gas nach EU-Recht scher Eben brauchen. des europäischen Erdgasnetzes in Bezug gefördert werden, wenn es nachweislich auf die Wasserstoffkompatibilität durch- systemdienlich ist, also die Last vom Redaktion: Ihre Nachfolgerin ist die geführt. Im Ergebnis erachten wir Strom- in das Gasnetz verlagert?“ im Dänin Thea Larsen. Was wünschen 20 Prozent Wasserstoffbeimischung im Vordergrund. Dieses Marktdesign ist Sie ihr für ihre Amtsperiode? europäischen Netz als machbar. In die- gerade ein Topthema, für das man in- sem Zusammenhang war auch die Vor- nerhalb des nächsten Jahres eine Lö- Linke: Thea Larsen steht ebenfalls für arbeit des DVGW maßgeblich. Für uns sung anstrebt. In Deutschland sind wir einen Wandel der Energiewirtschaft. als DVGW ist es wichtig, dass andere Ak- übrigens schon einen Schritt weiter, Und Dänemark hat ebenso wie teure in Europa diesen Weg mitgehen, weil es noch in diesem Jahr eine Lösung Deutschland eine Grüngas-Strategie. denn Gas endet ja nicht an der Grenze. dazu geben wird. Sie wird den Kurs, die Gaswirtschaft Wir teilen also unser Wissen mit zu modernisieren und als Fürspreche- MARCOGAZ, um Handelshemmnisse Ich möchte noch einen weiteren As- rin für eine Energiewende und für den zu vermeiden und bestimmte Strategien pekt erwähnen: Zukünftig wird es ver- Green Deal aufzutreten, entsprechend entfalten zu können. Im Gegenzug teilt stärkt um die Zertifizierung und die fortsetzen. Dafür wünsche ich ihr viel MARCOGAZ sein Wissen auch mit uns, richtige Bilanzierung von grünen Ga- Erfolg! etwa beim Thema Methanemissionen. sen gehen. Es muss nachgewiesen wer- den, dass eine bestimmte Menge an Weiterhin freue ich mich darüber, dass grünem Gas auch nur einmal im Sys- Redaktion: Herr Linke, herzlichen ERIG, also das European Research Ins- tem geführt wird. In Europa ist das Dank für das Gespräch! energie | wasser-praxis 11/2020 13
TECHNIK Quelle: Gerd Walhorn Ertüchtigung nach 65 „Dienstjahren“: Instandsetzung des Hochbehälters Försterberg der Stadtwerke Duisburg Die Stadtwerke Duisburg AG betreibt auf dem Försterberg im Duisburger Stadtwald eine Trinkwasserhochbehälteranlage mit insgesamt fünf Kammern von je 12.500 m³ Füllvolumen. Die Anlage, die im Jahr 1952 mit zunächst zwei Kammern erbaut und 1964 dann durch drei weitere Kammern erweitert wurde, dient als Druckpuffer und Vorratsspeicher und ist zentraler Bestandteil der Duisburger Trinkwasserversorgung mit einer Tagesspitzenmenge von ca. 115.000 m³. Nach über 50 bzw. 60 Jahren Nutzungsdauer wurden im Rahmen von eingehenden Inspektionen Mängel festgestellt, die eine zeitnahe Sanierung der Anlage erforderlich machten. Der Beitrag berichtet von der Sanierung der beiden älteren Kammern, die in diesem Jahr wieder in Betrieb genommen werden konnten. von: Thomas Oertel (Stadtwerke Duisburg AG), Prof. Dr.-Ing. Manfred Breitbach (Ingenieurbüro CEM breitbach) & Sebastian Hof (Ingenieurgesellschaft Hof mbH) Alle Werkstoffe, die sich in ständigem Kontakt zesse beschränken sich hierbei nicht auf die mit Trinkwasser befinden, unterliegen einer trinkwasserberührten Oberflächen, sondern hydrolytischen Wechselwirkung, die die Werk- wirken auch auf die dahinter befindliche Be- stoffeigenschaften im Laufe des Betriebes plan- tonrandzone ein (Abb. 1). mäßig reduziert. Die Oberflächen bzw. die Aus- kleidungen der Wasserkammern stellen damit Solche Prozesse werden im Regelwerk mit den immer eine Opferschicht dar. Die Schadenspro- Begriffen „Hydrolyse“, „Auslaugung“ und „Al- 14 energie | wasser-praxis 11/2020
kalität“ beschrieben. Die dahinterstehenden Bau-Ist-Oberfläche Vorgänge reduzieren planmäßig im Lauf der nach Planungsvorgabe Zeit die Beständigkeit gegen das Trinkwasser. Hierbei erfolgt ein Substanzverlust an der Ober- fläche und eine Abnutzung der Werkstoffeigen- schaften (Verringerung der Alkalität und der Festigkeit, Erhöhung der Porosität). Aufgabe des Betreibers einer entsprechenden Anlage ist es, die Werkstoffveränderungen durch Inspektionen regelmäßig zu beobachten und den Zeitpunkt der Sanierung rechtzeitig Substanzverlust Abrasion Quelle: Prof. Dr.-Ing. Manfred Breitbach festzulegen, sodass eine Schädigung des Trag- Verschleiß Festigkeitsverlust werkes (z. B. durch Korrosion der Bewehrung) Absanden nicht eintreten kann. Die technische Regel TR-Instandhaltung [1] beschreibt die zu be- Abnutzung rücksichtigenden Zusammenhänge und die Abbau des Abnutzungsvorrates erforderliche Festlegung einer Restnutzungs- infolge Hydrolyse/Auslaugung dauer nach der Instandsetzung. Abbildung 2 verdeutlicht die Notwendigkeit von Inspekti- onen (Bauzustandsanalyse) zur Feststellung zungsgrenze der trinkwasserberührten Ober- Abb. 1: Schädigungsprozesse des Ist-Zustands und der vorhandenen Rest- flächen. Damit die Oberflächen reinig- und an der trinkwasserberührten Oberfläche nutzungsdauer. Durch den Planer müssen die desinfizierbar sind, stellt das Regelwerk Anfor- Abnutzungsgrenze (Mindest-Soll-Zustand), derungen an eine feste, glatte und porenfreie der richtige Zeitpunkt für eine Instandsetzung Oberfläche [2, 3]. Dies veranlasste die Stadt- und – in Abstimmung mit dem Bauherrn – die werke Duisburg AG – auch im Hinblick auf die weitere planmäßige Restnutzungsdauer fest- lange ununterbrochene Betriebsdauer von über gelegt werden. 60 Jahren – eine Bauzustandsanalyse und ein Instandsetzungskonzept von erfahrenen Pla- Die im ersten Bauabschnitt sanierten Wasser- nern und Sachverständigen durchführen zu kammern stammen aus dem Jahr 1952 und wa- lassen. Dabei wurde rasch deutlich, dass erheb- Abb. 2: Instandsetzungszyklus ren bis zur Instandsetzung damit über 60 Jahre licher Sanierungsbedarf bestand. und Lebensdauer ununterbrochen in Betrieb (Abb. 3). Eine für die Planung grundlegende Problematik bestand Bauteilzustand darin, dass die Ausführung der Behälterkam- Ende der geplanten mern nach der damaligen DIN 1045 in der Fas- Nutzungsdauer Inspektion sung von 1943 erfolgte und zu diesem Zeit- Bau-Ist Planungsvorgabe punkt auch keine Regelwerke, z. B. zur Bau- werksabdichtung oder zu Anforderungen an die Werkstoffe im Kontakt mit Trinkwasser, vorhanden waren. So musste bei der Planung Abnutzungsgrenze Mindest-Soll-Zustand und der Ausführung der Sanierung eine Viel- Quelle: Breitbach in Anlehnung an [1] zahl von früheren Details auf den heutigen Re- gelwerksstand überführt werden. Mit Überra- tN ti,1 ti,2 Standzeit schungen ist immer dann zu rechnen, wenn die Neubau Inspektion vorhandene Restnutzungsdauer Dtvorh Bausubstanz freigelegt und hygienisch bedenk- liche Materialien vorgefunden werden. planmäßige Restnutzungsdauer Dtplan Bauzustandsanalyse Abb. 3: Grundriss der beiden Betriebsdauer 64 Jahre Wasserkammern mit Quelle: Stadtwerke Duisburg AG Nach routinemäßigen Reinigungsarbeiten in Stützenraster und Leitwänden Baujahr 1952 den beiden älteren Wasserkammern 1 und 2 der Trinkwasserhochbehälteranlage Försterberg kam es im Jahr 2013 zu Problemen bei der Des- infektion und der Wiederinbetriebnahme – ein DIN 1045 (4/1943) deutliches Zeichen für das Erreichen der Abnut- energie | wasser-praxis 11/2020 15
TECHNIK den DVGW-Arbeitsblättern W 300-1 [2] und W 300-3 [4] genügen. Um die formulierten Sanierungsziele errei- Quelle: Sebastian Hof chen zu können, war zunächst eine umfas- sende Bauzustandsanalyse zur Ermittlung des Ist-Zustandes der jeweiligen Wasserkammern, der angeschlossenen Betriebsgebäude und des Abb. 4: Frühere Klemmflanschkonstruktion mit Elastomerbändern aus dem Jahr 1952 Behältergeländes erforderlich. Im Bereich der Gebäude und Kammern sind neben der Kon- struktion und der Bausubstanz auch die tech- nische Ausrüstung, die bauphysikalischen Bedingungen sowie die betrieblichen Belan- ge im Hinblick auf Arbeitssicherheit und In- spektionsmöglichkeit zu prüfen. Weiterhin ist auch die Prüfung der Außenanlage Be- standteil der Ist-Zustandsermittlung. Speziell werden hier Zuwegungen, Platzverhältnisse, Quelle: Prof. Dr.-Ing. Manfred Breitbach Gefährdungen von Bauwerksabdichtungen durch Bepflanzungen und der Objektschutz betrachtet. Die entsprechende Ermittlung des Ist-Zustan- des hat in allen Bereichen Defizite im Hinblick auf das Regelwerk in unterschiedlichen Aus- prägungen gezeigt. Vor allem die Wasserkam- Abb. 5: Klemmflansch Aufgrund der Komplexität der Behälteranlage mern einschließlich des Betriebsgebäudes aus fugenkreuz am Boden mit Sieken mit insgesamt fünf Wasserkammern aus un- dem Jahr 1952 wiesen deutliche bauliche wie terschiedlichen Bauzeiten mussten von Be- auch betriebliche Mängel auf: So entsprach ginn an alle Wasserkammern in die Betrach- z. B. das Betriebsgebäude in keiner Weise mehr tung einbezogen werden. Die Kunst bestand dem heutigen Standard. Aus betrieblicher und darin, unter Berücksichtigung der betriebli- aus bautechnischer Sicht wiederum waren chen Anforderungen (Versorgungssicherheit derart gravierende Mängel vorhanden, dass und logistische Situation des Betriebsgeländes) relativ früh ein Ersatzneubau beschlossen die technischen und wirtschaftlichen Abläufe wurde. Für eine Kammergröße von 12.500 m³ (Reihenfolge der Instandsetzungsmaßnah- war die Dimensionierung des Betriebsgebäu- men) so zu planen, dass eine schrittweise In- des deutlich zu klein ausgefallen, um hier eine standsetzung möglich war. Am Ende ergab sich einfache Bedienbarkeit und Zugänglichkeit aus diesen Erfordernissen eine Gesamtdauer der Armaturen und Bedieneinrichtungen zu der Sanierung der Behälteranlage von etwa ermöglichen. zehn Jahren. Infolge der langwierigen Sanie- rungsabläufe verlängerte sich für einzelne Die beiden Wasserkammern aus dem Jahr Wasserkammern die weitere Betriebsdauer, 1952 zeigten nach der langen Betriebszeit von sodass auch hierfür entsprechende Planungen über 60 Jahren entsprechende Abnutzungser- angestellt werden mussten. scheinungen. Die rein belassenen Stahlbeton oberflächen beispielsweise waren durch Die notwendige technische, wirtschaftliche hydrolytische Schädigungsprozesse deutlich und betriebliche Variantenbetrachtung er- und tiefgreifend angegriffen. Der an der Ober- gab, dass eine Neubaulösung bzw. Teilneu- fläche erfolgte Abtrag hatte großflächig zu bauten in diesem Fall nicht zielführend wa- einer „waschbetonartigen“ Struktur geführt, ren. Daher war das Ziel und die Planungsvor- aus der sich betriebliche und hygienische Be- gabe der Stadtwerke Duisburg AG die Wieder- einträchtigungen ergaben. Im Rahmen der herstellung aller Wasserkammern nach dem Bauzustandsanalyse sind in diesem Zusam- derzeitigen Stand des DVGW-Regelwerks. menhang Strahlversuche durchgeführt wor- Danach sollte nach der Instandsetzung eine den, um den Aufwand und den Erfolg für eine Wasserkammer allen Anforderungen nach folgende Sanierung abschätzen zu können. 16 energie | wasser-praxis 11/2020
Weiterhin war in den Kammern jeweils eine Bauwerks teilung in vier Teile durch eine aufwendige Fugenkon- struktion vorhanden (Abb. 4 & 5). Die Fugen bestanden in Kooperation mit den Stadtwerken Neumünster aus einer massiven, in regelmäßigen Abständen ver- schraubten Eisenlaschenkonstruktion mit einer finger- MODU-Standrohr dicken elastischen Dehneinlage. Neben hygienischen Beeinträchtigungen waren hier vor allem Undichtig- keiten zu verzeichnen. Eine Abdichtungsebene in der Konstruktion, wie sie in [2] gefordert wird, war hinge- gen nicht vorhanden. Die neue Standrohr-Lösung für Auch im Bereich der in den Kammern halbhoch ausge- führten Leitwände aus Ziegelmauerwerk war eine hy- mehr Hygiene mit wenig Aufwand gienische Beeinträchtigung durch die Ansammlung von stagnierendem Wasser in Hohlräumen der Verfu- � Spülen und Versorgen durch nur gung nicht auszuschließen. ein Standrohr � einfacher Wechsel der Spül- oder Zur Überprüfung der Außenabdichtung der Wasserkam- Versorgungsköpfe durch das mern führten die Projektverantwortlichen mehrere Schür- fe aus, um den Aufbau und den Zustand klären zu können. 1/2 Kamlock-System Auch hier zeigten sich Mängel, sodass schnell die Entschei- dung über eine komplette Erneuerung der Außenabdich- tung gefallen ist. Wilhelm Ewe GmbH Neben den optischen Bewertungen war im Rahmen der Untersuchung auch eine umfangreiche Ermittlung von Bauwerksdaten durchgeführt worden, um eine Einschät- zung über die Dauerhaftigkeit der Betonbauteile abgeben zu können. Hier erfolgte ein Vergleich der ermittelten Daten mit den jeweiligen Expositionen (siehe XTWB gemäß W 300-1), welche auf das Bauwerk einwirken. Die Anforderungen an die Dauerhaftigkeit waren bei dem festgestellten Ist-Zustand nicht mehr gegeben, wodurch eine umfangreiche Ertüchtigung der Stahlbetonbautei- le erforderlich wurde. An dem neueren Teil der Anlage aus dem Jahr 1964 konnten ähnliche Mängel in den Wasserkammern festgestellt wer- den. Da hier in einigen Fällen jedoch bereits Instandhal- tungsmaßnahmen durchgeführt worden waren, war die Schadensausprägung noch nicht so fortgeschritten wie in den älteren Wasserkammern. Auch hier besteht jedoch Sanierungsbedarf, welcher nach erfolgter Sanierung der älteren Wasserkammern abgearbeitet werden soll. Qualitätssichtungs- und I nstandsetzungskonzept nach dem Regelwerk Bei der Instandhaltung älterer Trinkwasserbehälter spielen auch der Normungsstand zum Erbauungszeit- raum für die Trinkwasserspeicherung, die Konstruk- tion sowie die Abdichtung (Fugen, Auskleidungen und äußere Bauwerksabdichtung) eine entscheidende Rolle. Der aktuelle Normungsstand wird durch das DVGW-Arbeitsblatt W 300-ff und die DIN EN 1992-1-1 (Eurocode) [5, 6] markiert. Im DVGW-Arbeitsblatt energie | wasser-praxis 11/2020 www.ewe-armaturen.de 17
TECHNIK Folgerichtig war zunächst eine Variantenbe- trachtung zwischen einer Neubaulösung und den im DVGW-Arbeitsblatt W 300-3 geregel- Anforderungen des Bauherrn/Betriebs ten Instandsetzungs- und Auskleidungsprin- zipien erforderlich. Aufgrund der Vorplanun- gen wurde hierbei sehr schnell deutlich, dass Rückschlüsse aus der eine Neubaulösung – neben den erhöhten Bauzustandsanalyse Kosten – auch aufgrund der schwierigen Lage Versorgungsunternehmen der Anlage (mitten im Wald ohne Lager- und Instandsetzungsplan auf der Grundlage Ausgleichsflächen), der begrenzten Zuwe- des Regelwerks gung (gering belastbare Brücke (Belastungs- klasse 30, zugelassen für 30 t) und der beeng- + Qualifikationsanforderungen ten Möglichkeiten auf dem Betriebsgelände Materialien/Verfahren nicht zielführend war. Die zum Erbauungszeitraum maßgebliche Norm Qualifikationsanforderungen sachkundiger Experte Fachplaner für die Stahlbetonkonstruktion DIN 1045 wurde im Jahr 1943 veröffentlicht, die weiterentwickel- Quelle: Stadtwerke Duisburg AG te Folgeversion erschien erst 1959. Dies bedeutet, Qualifikationsanforderungen dass die Wasserkammern von einem sehr weit Fachunternehmen zurückliegenden Stand der Bautechnik auf den heutigen Stand angepasst werden mussten. Die Entscheidungsfindungen und die optimalen Lö- sungswege sind nicht in einfachen Planungs- schritten zu generieren. Hierzu wurde durch den Abb. 6: QM-Team zur W 300-3 [4] wird aber in Kapitel 5 Folgendes Auftraggeber ein QM-Team installiert (Abb. 6), Steuerung von Planungs gefordert: „Mit einer Instandsetzung sollte das die verschiedenen Interessen des Betreibers anforderungen und Abläufen nicht der „Altzustand“ der Behälteranlage (Wasserspeicherung, Wasserverteilung, Einkauf) wiederhergestellt, sondern ein Zustand ge- zusammengeführt und insbesondere die erfor- schaffen werden, der den Anforderungen an derlichen Qualifikationsanforderungen an die das DVGW-Arbeitsblatt W 300-1 entspricht. Planung, die Bauausführung und die Werkstoffe Es ist daher nach Abwägung aller Kriterien zu präzisiert hat. Das QM-Team war auch für die prüfen, ob ein Neubau einer Instandsetzung/ Steuerung der notwendigen ausführungsbeglei- Verbesserung vorzuziehen ist.“ tenden Planungen und Ergänzungen während der gesamten Bauphase mit verantwortlich. Denn bei den meisten Instandsetzungsaufgaben in der Tabelle 1: Anforderungen des aktuellen Regelwerks an eine Wasserkammer treten unangenehme Überra- Wasserkammer schungen (wie z. B. Fehler in der Baukonstruktion Kriterium Verweis im Regelwerk oder kontaminierte Baustoffe) erst während der 1 Untergrundvorbereitung in voller Gänze zutage. wasserundurchlässiges Bauwerk; W 300-1, Abschnitt 8 allgemeine Anforderungen W 300-1, Abschnitt 10.2 DAfStb-Richtlinie wasserundurchlässige Damit der Abgleich zwischen der vorhande- Bauwerke aus Beton – Beanspruchungs nen Bausubstanz und den Anforderungen an klasse 1; Nutzungsklasse B das Regelwerk gelingen kann, müssen die zu 2 wasserundurchlässiges Bauwerk; W 300-1, Abschnitt 8 berücksichtigenden und im konkreten Fall Anforderungen an den Beton W 300-4, Abschnitt 6 zutreffenden Anforderungen ermittelt wer- (Expositionsklasse XTWB) den. Tabelle 1 gibt eine grobe Übersicht für 3 wasserundurchlässiges Bauwerk; W 300-1, Abschnitt 8 die dabei zu beachtenden Aspekte. Anforderungen an Bewehrung und Rissbreitenbeschränkung Ausführungsplanung nach dem Regelwerk 4 wasserundurchlässiges Bauwerk; W 300-1, Abschnitt 8 Anforderungen an Fugen Bereits im Rahmen der Bauzustandsanalyse wurde ein Instandsetzungskonzept erstellt, Quelle: die Autoren 5 Dichtigkeit der Wasserkammer W 300-1, Abschnitt 8 welches nach der Einbindung der QM-Teams von innen und von außen W 300-3, Tabelle 3 nochmals auf dem Prüfstand stand. Dabei wur- 6 trinkwasserberührte Oberfläche W 300-1, Abschnitt 8 den verschiedene Möglichkeiten diskutiert und 18 energie | wasser-praxis 11/2020
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