AMTLICHES BULLETIN - BULLETIN OFFICIEL - Parlament.ch

 
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AMTLICHES BULLETIN – BULLETIN OFFICIEL
                   Ständerat • Herbstsession 2005 • Zehnte Sitzung • 06.10.05 • 08h00 • 02.436
             Conseil des Etats • Session d’automne 2005 • Dixième séance • 06.10.05 • 08h00 • 02.436

 02.436

Parlamentarische Initiative
Hofmann Hans.
Vereinfachung
der Umweltverträglichkeitsprüfung
sowie Verhinderung von Missbräuchen
durch eine Präzisierung
des Verbandsbeschwerderechtes

Initiative parlementaire
Hofmann Hans.
Simplification de l'examen
d'impact sur l'environnement
et prévention d'abus grâce
à une définition plus précise du
droit de recours des organisations
Erstrat – Premier Conseil

CHRONOLOGIE

STÄNDERAT/CONSEIL DES ETATS 18.06.03 (ERSTE PHASE - PREMIÈRE ÉTAPE)
STÄNDERAT/CONSEIL DES ETATS 06.10.05 (ERSTRAT - PREMIER CONSEIL)
STÄNDERAT/CONSEIL DES ETATS 07.10.05 (FORTSETZUNG - SUITE)
NATIONALRAT/CONSEIL NATIONAL 04.10.06 (ZWEITRAT - DEUXIÈME CONSEIL)
STÄNDERAT/CONSEIL DES ETATS 06.12.06 (DIFFERENZEN - DIVERGENCES)
NATIONALRAT/CONSEIL NATIONAL 13.12.06 (DIFFERENZEN - DIVERGENCES)
STÄNDERAT/CONSEIL DES ETATS 14.12.06 (DIFFERENZEN - DIVERGENCES)
STÄNDERAT/CONSEIL DES ETATS 20.12.06 (SCHLUSSABSTIMMUNG - VOTE FINAL)
NATIONALRAT/CONSEIL NATIONAL 20.12.06 (SCHLUSSABSTIMMUNG - VOTE FINAL)

Wicki Franz (C, LU), für die Kommission: Das Verbandsbeschwerderecht ist für die einen der Retter der Natur,
das unentbehrliche Mittel für die Arbeit im Dienst der Gesellschaft oder das Instrument, das es braucht, damit
die Umweltorganisationen ernst genommen werden. Für andere ist das Verbandsbeschwerderecht ein rotes
Tuch, ein Bauverhinderungsinstrument, ein Wirtschaftskiller, eine Finanzquelle für gewisse Verbände, kurz: ein
unnötiges Rechtsmittel.
Was ist das Verbandsbeschwerderecht nach Gesetz? Das Verbandsbeschwerderecht verschafft bestimmten
Organisationen Zugang zum Verfahren. Es wurde 1966 im Natur- und Heimatschutzgesetz und 1985 im Um-
weltschutzgesetz geregelt. Das Verbandsbeschwerderecht dient dazu, mögliche Verletzungen des geltenden
Umweltrechtes durch die zuständige Rechtsmittelbehörde beurteilen zu lassen. Unser Verbandsbeschwerde-
recht ist also 39 Jahre alt. Nach bald 40 Jahren ist es wohl angezeigt, zu überprüfen, ob dieses Instrument
noch das richtige ist. Also: Sanierung, Restauration oder Liquidation? Sie kennen die Diskussion.
Das Verbandsbeschwerderecht für Umweltschutzorganisationen gab seit den Neunzigerjahren Anlass zu meh-
reren parlamentarischen Vorstössen; es wurde im Parlament schon verschiedentlich diskutiert. Im Juni 2000
beschloss der Nationalrat mit 102 zu 69 Stimmen, einer parlamentarischen Initiative zur Abschaffung des
Verbandsbeschwerderechtes keine Folge zu geben. Der Nationalrat lehnte mit 64 zu 61 Stimmen auch eine
Motion ab, die in die gleiche Richtung ging. Hingegen überwies er ein Postulat, das den Bundesrat ersuchte, zu
prüfen, wie eine Verhandlungscharta als Ehrenkodex für die Gesuchsteller und für die beschwerdeberechtigten
Organisationen geschaffen werden kann. Am 11. September 2003 sprach sich der Nationalrat mit 80 zu 69

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             Conseil des Etats • Session d’automne 2005 • Dixième séance • 06.10.05 • 08h00 • 02.436

Stimmen erneut gegen die Abschaffung des Verbandsbeschwerderechtes aus, indem er einer entsprechenden
Initiative aus dem Rat keine Folge gab.
Als im Frühjahr 2004 gegen verschiedene Grossprojekte Einsprachen und Beschwerden erhoben wurden,
hatte dies mehrere parlamentarische Vorstösse und Initiativen zur Folge, die in den Räten heute noch hängig
sind.
In unserem Rat reichte Hans Hofmann am 19. Juni 2002 eine parlamentarische Initiative ein, welche die Verein-
fachung der Umweltverträglichkeitsprüfung im Umweltschutzgesetz sowie die Verhinderung von Missbräuchen
durch die Präzisierung des Verbandsbeschwerderechtes verlangt. Am 15. Mai 2003 prüfte die Kommission für
Rechtsfragen Ihres Rates die parlamentarische Initiative vor. Mit 7 zu 0 Stimmen bei 4 Enthaltungen beantrag-
te sie, der Initiative Folge zu geben. In ihren Erwägungen stellte sie damals klar, dass sie weder die Umwelt-
verträglichkeitsprüfung noch das Beschwerderecht der Umweltschutzorganisationen abschaffen wolle. Doch
wurde betont, dass es an der Zeit sei, die ganze Problematik, insbesondere die Verfahrensabläufe sowie den
Anwendungsbereich der Umweltverträglichkeitsprüfungen und des Verbandsbeschwerderechtes, eingehend
zu prüfen.
Der Ständerat hat dann der Initiative ohne Gegenstimme Folge gegeben und damit Ihre Kommission beauf-
tragt, eine Vorlage auszuarbeiten. Die Kommission für Rechtsfragen hat die Initiative eingehend an mehreren
Sitzungen behandelt und sich intensiv mit der Materie auseinander gesetzt. Sie hörte Vertreter der kantonalen
Bau-, Raumplanungs- und Umweltschutzbehörden, der Wirtschaftskreise sowie der Umweltschutzorganisatio-
nen an. Ihre Kommission gelangte auch an die 30 Organisationen, welche gemäss USG und NHG beschwer-
deberechtigt sind, und fragte sie an, ob sie in den letzten fünf Jahren hinsichtlich UVP-pflichtiger Projekte
und im Zusammenhang mit Einsprache- und Beschwerdeverfahren finanzielle Vereinbarungen mit Bauherren
abgeschlossen hatten. Wir stellten diesen Organisationen diesbezüglich einen detaillierten Fragebogen zu.
Von den sechsundzwanzig Organisationen, die Stellung nahmen, antworteten acht, dass sie in diesem Zeit-
raum von ihrem Beschwerderecht keinen Gebrauch gemacht hätten, und neun gaben an, dass sie keine fi-
nanziellen Vereinbarungen getroffen hätten. Sieben Organisationen erklärten, finanzielle Vereinbarungen ab-
geschlossen zu haben. Bei fünf von diesen ging es um Vereinbarungen über die Übernahme von Anwalts-,
Gerichts- und/oder Expertisekosten. Gemäss den Angaben dieser Organisationen überstiegen diese Zahlun-
gen den üblichen Rahmen im Grunde nicht. Vier Organisationen bestätigten, Vereinbarungen über die Rea-
lisierung oder Bezahlung von gesetzlich vorgesehenen Kompensationsmassnahmen geschlossen zu haben.
Zwei Organisationen räumten ein, in einem Fall bzw. drei Fällen Vereinbarungen über die Realisierung oder
Bezahlung von solchen Kompensationsmassnahmen getroffen zu haben, die über das gesetzlich Geforderte
hinausgehen.
Sämtliche Organisationen, die Stellung genommen haben, erklärten, nie eine Zahlung als Gegenleistung für
die Nichterhebung oder den Rückzug von Einsprachen oder Beschwerden erhalten zu haben. Vereinbarungen
über Konventionalstrafen werden gemäss dieser Umfrage einzig vom Verkehrs-Club der Schweiz regelmäs-
sig abgeschlossen. Gemäss dessen Angaben wurden in 22 von 41 Fällen, die zu einer aussergerichtlichen
Einigung führten, Konventionalstrafen zum Teil zugunsten von einzelnen VCS-Sektionen vereinbart. Dabei
handelte es sich entweder um einen festen Betrag zwischen 10 000 und 50 000 Franken oder um 50 Franken
pro Tag für jeden erstellten Parkplatz, der die vereinbarte Anzahl überschreitet. Es wurde betont, dass bisher
keine Konventionalstrafen eingefordert werden mussten. Im Übrigen haben zwei weitere Organisationen, und
das im gleichen Einzelfall, eine Konventionalstrafe vereinbart, welche gegebenenfalls den betroffenen Kanto-
nen abzuliefern wäre. Dies zur Umfrage.
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Unsere Kommission musste feststellen, dass das geltende Recht verschiedene Lücken aufweist. Das Gesetz
ermöglicht Missbräuche, was nicht der Wille des Gesetzgebers sein kann. So können bedeutende Bauvor-
haben, die sich positiv auf die Wirtschaft auswirken, verzögert werden. Es zeigte sich auch, dass bei den
beschwerdeberechtigten Organisationen heute ein Mangel an Transparenz besteht. Oft ist nicht bekannt, wie
diese Organisationen aufgebaut sind, und so ist es nicht leicht zu beurteilen, inwiefern die Entscheide betref-
fend Ausübung des Verbandsbeschwerderechtes von den zuständigen Organen unter Einhaltung der demo-
kratischen Grundsätze getroffen werden.
Es gibt auch keine zuverlässige Information zu den eingelegten Beschwerden. Es kommt vor, dass Bauherren,
welche das Ziel haben, eine Baute möglichst bald realisieren zu können, in kurzer Zeit im Einvernehmen mit
dem Beschwerdeführer bereit sind, Leistungen zu erbringen, die keinen direkten Zusammenhang mit dem
betreffenden Projekt haben, oder dass sie sogenannte Konventionalstrafen akzeptieren.
Ihre Kommission beantragt Ihnen nun verschiedene Massnahmen zur Verbesserung des geltenden Rechtes.

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Die Vorlage nimmt das Grundanliegen des Initianten auf, die Realisierung der UVP-pflichtigen Bauvorhaben
zu beschleunigen, ohne dass bei den hohen Umweltstandards in unserem Land Abstriche gemacht werden
müssen. Ihre Kommission beantragt vor allem Änderungen im Umweltschutzgesetz und im Natur- und Hei-
matschutzgesetz. Die Kommission ist sich der relativ beschränkten Tragweite ihrer Anträge bewusst. Wir müs-
sen uns darüber im Klaren sein; die jeweiligen Verfahren werden nämlich grösstenteils im kantonalen Recht
geregelt. Ausserdem wird am Beschwerderecht für Einzelpersonen nichts geändert, und Einzelpersonen kön-
nen mit ihren Einsprachen und Beschwerden gegen grosse Bauvorhaben genauso wie die Organisationen
mit ihren Beschwerden die wirtschaftliche Entwicklung lähmen und den Verlust grosser Investitionen mit sich
bringen. In einem Satz zusammengefasst kann gesagt werden, dass diese Vorlage den Zweck verfolgt, die
Umweltverträglichkeitsprüfungen zu entlasten, Missbräuche bei der Ausübung des Beschwerderechtes von
Umweltschutzorganisationen zu verhindern und die Bauverfahren zu beschleunigen.
Der erste Teil unserer Anträge betrifft das Kapitel Umweltverträglichkeitsprüfung. Verschiedene konkrete Massnah-
men werden vorgeschlagen:
1. Um unnötigen Aufwand und hohe Kosten zu vermeiden, soll sich die Berichterstattung im Rahmen der UVP
auch für Vorhaben mit erheblichen Umweltauswirkungen auf die Voruntersuchungen beschränken können,
wenn sie den Behörden bereits alle für den Entscheid massgebenden Fakten zur Verfügung stellt.
2. Der Bundesrat soll die Liste der UVP-pflichtigen Anlagen und deren Schwellenwerte periodisch überprüfen
und gegebenenfalls auch anpassen.
3. Die Kriterien für die UVP-Pflicht müssen auf Gesetzesstufe verankert sein. Bei öffentlichen und konzessio-
nierten privaten Anlagen soll die Begründung des Bauvorhabens nicht mehr im Umweltverträglichkeitsbericht
enthalten sein.
4. Heute muss der Umweltverträglichkeitsbericht zusätzlich zu den für den Umweltschutz vorgesehenen Massnah-
men auch Massnahmen enthalten, die eine weitere Verminderung der Umweltbelastung ermöglichen. Das
steht in Artikel 9 Absatz 2 Buchstabe d USG. Diese Bestimmung kann Missbräuche mit sich bringen und soll
daher aufgehoben werden.
Schwerpunkt und zweiter Teil der Vorlage sind die Verbesserungen betreffend das Verbandsbeschwerderecht.
Diese werden wie folgt präzisiert:
1. Zunächst werden Änderungen beantragt, welche die Organisationen selbst betreffen. Um beschwerdebe-
rechtigt zu sein, muss eine Organisation gesamtschweizerisch tätig sein und rein ideelle Zwecke verfolgen. Ihr
Beschwerderecht beschränkt sich auf Rechtsbereiche, die seit mindestens zehn Jahren den Gegenstand des
statutarischen Zwecks dieser Organisation bilden. Für die Beschwerdeerhebung ist in der Regel das oberste
Exekutivorgan der Organisation zuständig.
2. Nach Auffassung unserer Kommission soll die umweltrechtliche Beurteilung von Bauvorhaben bereits in der
Raumplanungsphase erfolgen. Hat es eine Organisation versäumt, gegen einen Nutzungsplan mit Verfügungs-
charakter zulässige Rügen zu erheben, oder sind die Rügen rechtskräftig abgelehnt worden, soll sie diese in
einem nachfolgenden Verfahren nicht mehr vorbringen können.
3. Um zu vermeiden, dass Bauvorhaben aufgrund von Einsprachen oder Beschwerden übermässig behindert
werden, soll vor Abschluss des Verfahrens mit den Bauarbeiten begonnen werden können, soweit der Ausgang
des Verfahrens die Arbeiten nicht beeinflussen kann.
4. Schliesslich wird in der Vorlage festgelegt, welche privaten Vereinbarungen zwischen Gesuchstellern und
Organisationen zulässig bzw. unzulässig sind. Damit soll vermieden werden, dass Umweltschutzorganisatio-
nen eine behördenähnliche Stellung erlangen. Wir wollen keinen Staat im Staat! Denn das Verbandsbeschwer-
derecht überträgt den Organisationen keine behördenähnliche Funktion. Das Verbandsbeschwerderecht er-
möglicht den Zugang zum Verfahren; es dient einzig und allein dazu, mögliche Verletzungen des geltenden
Umweltrechtes zur Beurteilung durch die zuständige Rechtsmittelbehörde zu bringen. Unzulässig nach der
Vorlage sind Vereinbarungen über finanzielle oder andere Leistungen, die bestimmt sind für die Durchsetzung
von Verpflichtungen des öffentlichen Rechtes, für Massnahmen, die das öffentliche Recht nicht vorsieht oder
die in keinem Zusammenhang mit dem Vorhaben stehen. Unzulässig sind auch Vereinbarungen, die dazu
dienen sollen, einen Rechtsmittelverzicht oder ein anderes prozessuales Verhalten abzugelten.
Gemäss Kommissionsmehrheit soll die Behörde nicht auf eine Beschwerde eintreten, wenn diese rechts-
missbräuchlich ist oder wenn die Organisation unzulässige Leistungen gefordert hat. Eine Minderheit will die
Bedingungen für das Nichteintreten auf missbräuchliche Beschwerden einschränken. In der Detailberatung
werde ich auf Einzelheiten näher eingehen.
Noch ein Wort zur Vernehmlassung: In der Vernehmlassung wurde die Vorlage als angemessen und aus-
reichend beurteilt. Verschiedene Verbände erachteten jedoch die Vorlage als zu wenig weitgehend. Für den
Kanton Uri, die CSP, Travail Suisse sowie für 20 Prozent der Umweltverbände geht die Vorlage zu weit. Der

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Bundesrat hat in seiner Stellungnahme die Vorlage weitgehend positiv gewürdigt. Er unterstützt die Stossrich-
tung und stimmt den vorgeschlagenen Rechtsänderungen zu. Seine Änderungsanträge hat die Kommission
aufgenommen.
Abschliessend darf ich feststellen, dass die Beratungen in der Kommission und die Information der Öffentlich-
keit über unsere Vorlage die Diskussion um das Verbandsbeschwerderecht versachlicht haben – eine Feststel-
lung, die von den Organisationen bestätigt wird, von Organisationen, die zum Teil entgegengesetzte Interessen
vertreten.
Namens der Kommission bitte ich Sie, den Kommissionsanträgen zuzustimmen und auf die Vorlage einzutre-
ten, wie dies die Kommission ohne Gegenstimme bei 4 Enthaltungen entschieden hat.

Hofmann Hans (V, ZH): Ich durfte ja an den Kommissionssitzungen manchmal auch einen meiner Kollegen
vertreten, sodass ich auch als Kommissionsmitglied gelten könnte.
Aufgrund meiner Erfahrungen als kantonaler Baudirektor hatte ich mir nach meiner Wahl in den Ständerat zum
Ziel gesetzt, etwas zu unternehmen, um die komplizierten und langwierigen UVP-Verfahren zu vereinfachen
und zu beschleunigen sowie um die leider vorhandenen Missbräuche des Verbandsbeschwerderechtes mög-
lichst zu verhindern. Wie Sie wissen, reichte ich den Vorstoss bereits in der Herbstsession 2000 – Sie hören
richtig – als Motion ein. Unser Ratssekretär hat mich damals belehrt, dass es der ordentliche Weg sei, es
zuerst mit einer Motion zu versuchen.
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Eine parlamentarische Initiative sei insbesondere dann angezeigt, wenn man mit einer Motion nicht zum Ziel
komme oder wenn Bundesrat und Verwaltung einfach nicht wollten. So ist es dann auch gekommen: Der Bun-
desrat wollte nicht, der Ständerat überwies die Motion aber trotzdem mit deutlicher Mehrheit, sie scheiterte
dann aber im Nationalrat ganz knapp mit einem Unterschied von gerade zwei Stimmen. Weil mir das Anliegen
nach wie vor sehr wichtig erschien, reichte ich den Vorstoss dann nach einer gebührenden Anstandspause in
der Sommersession 2002 in der Form einer parlamentarischen Initiative erneut ein. Meine beiden Versuche –
und das möchte ich betonen – erfolgten, lange bevor das Verbandsbeschwerderecht wegen gewisser Einspra-
chen des VCS Zürich gegen das Stadion Hardturm, die Ikea, die Migros und andere Schlagzeilen machte und
zu einem beherrschenden öffentlichen Thema wurde.
Zu den einzelnen Punkten meines Vorstosses habe ich mich in unserem Rat schon zweimal, nämlich bei der
Behandlung der Motion sowie bei der ersten Behandlung der parlamentarischen Initiative, geäussert, sodass
ich dies heute nicht ein drittes Mal tun möchte, sondern darauf verweisen kann. Über alles gesehen ging es
mir vor allem darum, die Wettbewerbsfähigkeit und die Standortattraktivität unseres Landes zu verbessern;
denn sie haben unter dem im Laufe der Zeit entstandenen, fast unglaublichen Verfahrensperfektionismus stark
gelitten. Bei jedem grösseren Bauvorhaben sind es die Verfahren – und nicht etwa Planung und Bau –, die
heute den grössten Teil der gesamten Realisierungszeit in Anspruch nehmen. Das können wir uns im harten
europäischen Standortwettbewerb schlichtweg nicht mehr leisten.
Mit den Verbandsbeschwerden werden häufig lediglich Verfahrensfragen gerügt, oder es werden Begehren
gestellt, die mit dem eigentlichen Bauvorhaben gar nichts zu tun haben. Dies führt zu völlig unnötigen Ver-
zögerungen und damit auch Verteuerungen. Nur ein Beispiel unter vielen: Die Westumfahrung von Zürich –
N20 und N4 – mit dem Üetlibergtunnel wurde durch eine Verbandsbeschwerde unter Federführung des VCS
volle drei Jahre verzögert. Mit der Beschwerde wurden – als Projektbestandteil – flankierende Massnahmen
in der Stadt Zürich gefordert, was mit dem Bau eigentlich nichts zu tun hatte und eigentlich auch unbestritten
war. Die Beschwerde wurde vom Bundesgericht letztlich abgewiesen, und das dringende Bauvorhaben ist jetzt
endlich im Bau – und zwar genau so, wie es damals geplant war. Bei gesamten Baukosten von 3 Milliarden
Franken schätze ich die durch diese Verzögerung entstandenen, rein teuerungsbedingten und völlig unnötigen
Mehrkosten auf über 50 Millionen Franken. Gar nicht daran zu denken, dass ohne diese Beschwerde diese
Lücke in unserem Autobahnnetz heute geschlossen wäre und die wichtige Strecke in Betrieb stehen würde!
In der Sommersession 2003 hat der Ständerat, haben Sie, meiner parlamentarischen Initiative ohne Gegen-
stimme Folge gegeben und damit Handlungsbedarf anerkannt. Die Kommission für Rechtsfragen konnte sich
an die Arbeit machen. Sie ist in fast allen Punkten meiner ausformulierten Initiative gefolgt und hat sie, zur
juristischen Klarheit, noch da und dort umformuliert und umstrukturiert, das heisst verbessert.
In der Zwischenzeit war vor allem das Verbandsbeschwerderecht zum öffentlichen Thema geworden. Entschä-
digungsforderungen oder Vereinbarungen mit Konventionalstrafen wurden publik, sodass die Kommission in
einigen sachlich klar begründeten Punkten auch noch zusätzliche Regelungen getroffen hat. Insbesondere
muss vermieden werden, dass die Umweltverbände quasi eine behördenähnliche Stellung erlangen können.

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Ich möchte hier dem Kommissionssprecher Franz Wicki nicht vorgreifen. Er wird uns, wie wir das von ihm
gewohnt sind, kompetent und gründlich durch die Detailberatung führen.
Die vorliegenden Anträge der Kommission sind zweifellos ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Umfas-
send kann das Problem aber nur gelöst werden – darauf weist uns Kollege Thomas Pfisterer immer wieder
hin –, wenn es uns gelingt, Umweltschutz und Raumplanung zu koordinieren oder, noch besser, unter einen
Hut zu bringen; das ist dann der nächste Schritt. Die Kommission für Rechtsfragen hat diese Frage sehr ein-
lässlich diskutiert. Diese grundlegende und wegweisende Aufgabe liess sich aber nicht so schnell am Rande
einer parlamentarischen Initiative auch noch erledigen.
Zudem gehört dieser Fragenkomplex ganz klar zum Aufgabenbereich der Kommission für Umwelt, Raumpla-
nung und Energie. Die Kommission für Rechtsfragen hat daher unter dem Titel "Bessere Koordination von
Umweltschutz und Raumplanung" die Motion 04.3664 eingereicht, welche unser Rat in der vergangenen Som-
mersession angenommen hat. Unsere UREK, aber auch das UVEK sind also gefordert, es wartet hier eine
wichtige und interessante Aufgabe auf uns.
Als Urheber der parlamentarischen Initiative genoss ich Gastrecht in der vorberatenden Kommission, welches
ich, wann immer es mir möglich war, auch benutzte. So kann ich als Quasi-Aussenstehender festhalten oder
bestätigen, dass sich die Kommission sehr gründlich und vor allem sachlich mit dieser Materie befasste und
auch stets bemüht war, gute und konsensorientierte Lösungen zu finden. Der klare Wille, in dieser gerade in
der Öffentlichkeit sehr umstrittenen Sache einen Schritt vorwärts zu kommen, war in der Kommission einhellig
vorhanden und immer spürbar.
Ich möchte deshalb dem Kommissionspräsidenten, auch dem heutigen Sprecher und den Kommissionsmitglie-
dern, aber auch dem Kommissionssekretariat für die grosse und, meine ich, sehr gute und gründliche Arbeit
herzlich danken. Aber auch das Buwal hat loyal mitgeholfen, gute und tragbare Lösungen zu finden und zu
erarbeiten. Es ist mir daher ein Anliegen, den involvierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die kompetente
und sicher nicht immer einfache Mitarbeit zu danken. Dass nun auch der Bundesrat, der die Motion damals
noch abgelehnt hat, die heute vorliegende Arbeit begrüsst und unterstützt, freut mich ganz besonders. Ich
möchte ihn daher gerne in meinen Dank einschliessen.
Über die Minderheits- und Einzelanträge werden wir noch in der Detailberatung entscheiden können. Wir
sollten es vermeiden, der Vorlage unnötigerweise noch den einen oder anderen Zahn zu ziehen. Ebenso
klar bin ich der Auffassung, dass wir sehr aufpassen müssen, das Boot nicht zu überladen, sonst könnte
die Vorlage bei einem möglichen Referendum Schiffbruch erleiden. Dann hätten wir gar nichts erreicht. Es
wäre der Sache wohl am meisten gedient, wenn dem Gesetzentwurf, den wir heute beraten, möglichst rasch
Rechtskraft erwachsen könnte.
Ich bitte Sie, auf die Vorlage einzutreten und in der Detailberatung – wie soll ich sagen? – die richtigen Entschei-
de zu treffen. Denken Sie daran, das Verbandsbeschwerderecht, der Name sagt es, ist ein Beschwerderecht
und eben nicht ein Mitgestaltungsrecht.

Bürgi Hermann (V, TG): Heute beschäftigen wir uns in diesem Rat mit einem parlamentarischen Dauerbrenner
oder mit einem Dauerthema. Wenn man etwas zurückblickt, stellt man nämlich fest, dass zu diesem Thema
– je nachdem, welchen Zeitraum man wählt – sieben parlamentarische Vorstösse vorliegen oder, wenn man
den Zeitraum etwas weiter fasst, sogar fünfzehn Vorstösse. Heute sprechen wir aber nicht über sieben oder
fünfzehn Vorstösse, sondern über einen parlamentarischen Vorstoss, nämlich die parlamentarische Initiative
Hofmann Hans. Sie hat zwei klare Zielsetzungen, nämlich einerseits die Vereinfachung der Umweltverträglich-
keitsprüfung und andererseits die Verhinderung von Missbräuchen im Zusammenhang mit dem Verbandsbe-
schwerderecht.
Im Rahmen des Eintretens geht es für mich nun darum, zu würdigen, zu beurteilen oder zu hinterfragen, ob
diese Zielsetzung erreicht worden ist. Aus meiner Sicht ist vorweg Folgendes zu bemerken: Ich bin der Auf-
fassung, dass sowohl die Umweltverträglichkeitsprüfung als auch das Verbandsbeschwerderecht Instrumente
sind, die es im Grundsatz zu erhalten gilt. Ebenso klar scheint mir aber, dass aufgrund der
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nun langjährigen Erfahrungen mit diesen Instrumenten Korrekturen, Modifikationen unabdingbar geworden
sind.
Was nun die Revisionsvorlage als solche beschlägt, so steht als erster Schwerpunkt die Änderung der Umwelt-
verträglichkeitsprüfung im Umweltschutzgesetz (USG) im Rampenlicht. Wie ist nun der Vorschlag, den unsere
Kommission ausgearbeitet hat, zu beurteilen? Messlatte oder Massstab für diese Beurteilung scheint mir der
Sinn und Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung zu sein. Also, um sich daran zu erinnern: Was ist eigentlich

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Sinn und Zweck dieser Umweltverträglichkeitsprüfung?
Nach meiner Auffassung und wenn man in die Zeit der Schaffung des USG zurückblickt, kommt man zu folgen-
der Feststellung: Es geht darum, dass die voraussehbaren Auswirkungen eines umweltbelastenden Vorhabens
im Voraus abgeklärt und beurteilt werden sollen, und die mit der Sache befasste Behörde soll "en connais-
sance de cause" entscheiden können. Das ist der Sinn und Zweck der Umweltverträglichkeitsprüfung: von
vornherein Klarheit zu schaffen.
Wenn wir nun die Vorschläge der Kommission vor diesem Ausgangspunkt beurteilen, dann können wir ohne
Wenn und Aber feststellen, dass der Kerngehalt der Umweltverträglichkeitsprüfung vollumfänglich bestehen
bleibt. Aber wir schaffen eine Vereinfachung, wir straffen den Bericht, und wir sorgen für Aktualisierung. Dem-
zufolge komme ich zum Schluss, dass das mit der Initiative anvisierte Ziel der Vereinfachung erreicht wird. Die
Umweltverträglichkeitsprüfung, so, wie sie jetzt vorgeschlagen wird, sichert nämlich nach wie vor gute Ent-
scheidungsgrundlagen, und damit bleibt sie ein wirksames Instrument unserer Umweltpolitik, wie sie im USG
vorgesehen ist.
Ich komme zum zweiten Schwerpunkt: das Verbandsbeschwerderecht, wie wir es im USG und im Natur- und
Heimatschutzgesetz (NHG) finden. Gestatten Sie mir, dass ich auch hier – vor der eigentlichen Beurteilung –
die Idee und das Ziel des Verbandsbeschwerderechtes in den Mittelpunkt stelle.
Der Schaffung und der Einführung dieses Instrumentes lag nämlich folgende Absicht zugrunde: für ein struk-
turelles Vollzugsdefizit hinsichtlich der Vollzugsvorschriften einen Ausgleich zu schaffen. Es ging im Weiteren
darum, dass die öffentlichen Interessen nicht mehr ausschliesslich durch Behörden wahrgenommen werden
sollen. Bei dieser Ausgangslage hat der Gesetzgeber dann einen Auftrag erteilt, und das bitte ich immer wie-
der zur Kenntnis zu nehmen seitens der Organisationen. Sie haben einen Auftrag, und der Auftrag lautet nicht
anders, als bei der Rechtsverwirklichung – nicht mehr und nicht weniger – mitzuwirken.
Tatsache ist nun aber, das wissen wir, dass dieses Instrument seit eh und je umstritten war, seit eh und je. Ich
habe zur Kenntnis genommen, dass bei der Schaffung des USG der Ständerat sich bis zuletzt geweigert hat,
dieses Instrument einzuführen. Erst in der Einigungskonferenz ist ein Durchbruch erzielt worden. Wenn man
die Revisionen des NHG betrachtet, stellt man fest, dass diese kontroversen Diskussionen sich dort fortgesetzt
haben.
Der Kommissionssprecher hat auch darauf hingewiesen, dass es heute nicht darum gehen kann, das Kind mit
dem Bade auszuschütten, das heisst, das Verbandsbeschwerderecht abzuschaffen. Die sehr eingehenden
Befragungen, auf die hingewiesen worden ist, haben uns auch gezeigt, dass die Mehrheit der Organisationen
sehr verantwortungsbewusst damit umgeht.
Nun zu den Anträgen der Kommission, gemessen an dem, was eben Sinn und Zweck des Verbandsbeschwer-
derechtes ist: Sie sind geeignet, die in der Praxis georteten Mängel und Missbräuche zu beheben. Sie finden
verschiedene Vorschläge im Bereich der Legitimation, auch im Bereich des Ausschlusses von Rügen. Ich
denke auch an die neue Regelung bezüglich der Wirkung und des Inhaltes von Vereinbarungen im Bereich
der aufschiebenden Wirkung und der Kostenpflicht. Ich komme deshalb zum Schluss, dass auch das mit der
parlamentarischen Initiative anvisierte Ziel bezüglich des Verbandsbeschwerderechtes erreicht wird. Die Min-
derheits- und Einzelanträge zeigen, dass man durchaus bei der Ausgestaltung im Einzelnen verschiedener
Meinung sein kann.
Ich komme zum Schluss. Es ist darauf hingewiesen worden, und das scheint mir ganz wichtig zu sein: Wir
haben nicht alles geregelt und nicht alles erreicht. Ganz dringend ist, dass der Vorschlag, der mit der genannten
Motion 04.3664 erheblich erklärt worden ist, nämlich die Koordination von Umweltschutz und Raumplanung,
möglichst rasch an die Hand genommen wird.
Im Sinne einer abschliessenden Würdigung stelle ich fest, dass die in weiten Kreisen geforderte Revision nun
innert nützlicher Frist bewerkstelligt werden konnte und dass eine Lösung vorliegt, die zweifellos in breiten
Kreisen akzeptiert werden kann. In diesem Sinne bin ich selbstverständlich für Eintreten und ersuche Sie, die
Anträge der Kommission gutzuheissen.

Hess Hans (RL, OW): Wir sind uns bewusst, dass wir mit der Vereinfachung der UVP und der Präzisierung
des Verbandsbeschwerderechtes lediglich systeminterne Korrekturen vornehmen. Genügt dieser Schritt, oder
handelt es sich lediglich um einen ersten Schritt? Oder anders gefragt: Ist letztlich die Verbandsbeschwerde
Teil der Lösung oder etwa Teil des Problems? Auf diese grundsätzliche Fragestellung gehen wir in der Vorlage
nicht ein. Eine Diskussion darüber ist aber nötig.
Ein Bedürfnis nach einer Auslegeordnung zeigt der Blick auf die Stimmung in der Wirtschaft. Wir stellen fest,
dass in einer Umfrage der Universität St. Gallen 90 Prozent der befragten KMU eine Reform des Verbands-
beschwerderechtes fordern, 62 Prozent fordern dessen Abschaffung. Eine solch schlechte Akzeptanz ist als

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erheblich zu bezeichnen, denn es geht um Investitionen, um das Investitionsverhalten der Unternehmer, um
das Wachstum der Wirtschaft und damit um unsere Arbeitsplätze.
Es ist die Debatte darüber zu führen, ob wir es als richtig erachten, dass die Realisierung von privaten und öf-
fentlichen Investitionsvorhaben, welche den demokratischen Entscheidprozess durchlaufen haben, über Jahre
hinweg auf dem Rechtsweg blockiert, verzögert und allenfalls sogar verhindert werden kann. Welche Bedeu-
tung kommt im Falle eines demokratisch abgesegneten Vorhabens der zeitgerechten baulichen Erstellung und
den damit verbundenen volkswirtschaftlichen Effekten zu? Auch wenn wir den Missbrauch des Rechtsmittels
Verbandsbeschwerde unterbinden, bleibt diese Frage heute ungeklärt. Schlimmer noch: Die faktischen Priori-
täten werden unangetastet bleiben.
Wir müssen klären, in wessen Interesse lange, sehr lange und ausserdem komplizierte und schwer überschau-
bare Verfahrensprozesse sind und welche Rolle das Verbandsbeschwerderecht und die Verbände in den Ver-
fahren spielen. Wir wollen auch die Debatte darüber führen, ob in der Raumplanungs- und Umweltpolitik die
Prioritäten wirklich noch richtig gesetzt sind.
Erhalten die hier vorliegenden Korrekturen die notwendige Unterstützung, so wird wenigstens das Missbrauch-
spotenzial ein wenig eingeschränkt. Wir verbinden damit die Hoffnung, dass den schlimmsten Auswüchsen ein
Riegel vorgeschoben werden kann. Voraussetzung für die Berechtigung dieser Hoffnung ist allerdings, dass
die Vorlage nicht nur bei uns, sondern auch im Nationalrat die Beratung unbeschädigt übersteht.
Mein Anliegen ist es, dass der Nationalrat dieses Zuspiel aufnimmt und die Fragestellung über die parlamen-
tarische Initiative Hofmann Hans hinaus ausweitet. Wenn Sie mich fragen, ob der Ständerat mit der heute zu
beratenden Vorlage die Aufgabe hinreichend erledigt hat, muss ich das klar verneinen. Wir haben lediglich
einen ersten notwendigen Schritt gemacht. Das ist der Grund, weshalb ich mich bei der Abstimmung in der
Kommission der Stimme enthalten habe.
Ich sage das, weil ich weiss, wovon ich rede. Als Präsident einer Innerschweizer Bergbahn – womit ich auch
meine Interessenbindung offen gelegt habe – erlebe ich die Verbandsbeschwerde hautnah. Es gibt heute kein
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Bauvorhaben, das wir realisieren können, ohne dass ein Verband dagegen Beschwerde einreicht. In der Regel
ist es heute sogar so, dass wir mit den einschlägigen Verbänden Kontakt aufnehmen müssen, bevor wir das
Baubewilligungsverfahren anstreben, um sie anzufragen, ob ihnen das Bauvorhaben genehm sei. Das haben
wir bei einer geplanten, für uns unter dem Gesichtspunkt des Umweltschutzes absolut unbedeutenden Pisten-
korrektur unterlassen – was zur Folge hatte, dass wir seit drei Jahren um diese Korrektur kämpfen. Für unser
Unternehmen ist diese Korrektur aber wichtig, da wir eine alternative Abfahrt benötigen für den Fall, dass die
Hauptpiste, die sich in einem Rutschgebiet befindet, nicht mehr benutzt werden kann.
Ich erlaube mir, noch ein anderes Beispiel anzuführen. Unsere Anlagen erstrecken sich über drei Kantons-
gebiete. Für die Beschneiungsanlage im Jochpass-Skigebiet, die sich zu 90 Prozent auf Gebiet des Kantons
Nidwalden befindet, konnten wir mit der Vereinigung Pro Natura Unterwalden eine Lösung finden, die von ihr
akzeptiert wurde und die dazu führte, dass Pro Natura Unterwalden auf die Beschwerdeführung verzichtete.
Wir unterliessen es aber, das Projekt, das zu 10 Prozent auf Berner Boden liegt, mit der Pro Natura Haslital
zu besprechen – und prompt reichte diese Vereinigung gegen das Projekt Beschwerde ein. Am 13. Oktober
dieses Jahres findet mit den Behörden und den Einsprechern eine Begehung statt. Selbst wenn wir dort eine
Einigung erzielen, werden wir die Beschneiungsanlage auf diesem Pistenabschnitt in Anbetracht des bevor-
stehenden Winters dieses Jahr sicher nicht mehr bauen können.
Das sind nur die aktuellsten Beispiele. Ich verzichte darauf, weitere Beispiele aus der Vergangenheit zu nen-
nen. Was den geplanten Zusammenschluss des Skigebietes Melchsee-Frutt/Hasliberg/Engelberg betrifft, wis-
sen wir aber mit Sicherheit, dass schon jetzt alle Umweltschutzverbände bereit sind, diesen Zusammenschluss
mit Einsprachen und Beschwerden zu verhindern oder mindestens um Jahre zu verzögern.
Das sind die Gründe, weshalb ich mich mit dem Verbandsbeschwerderecht schwer tue und auch der vorgese-
henen Regelung sehr skeptisch gegenüberstehe.

Stadler Hansruedi (C, UR): Der Kommissionssprecher hat die Vorlage eigentlich sehr umfassend vorgestellt.
Ich erlaube mir, im Sinne des Votums von Kollege Hess einen Diskussionsbeitrag zum Verbandsbeschwerde-
recht zu leisten.
Der Streit um das Verbandsbeschwerderecht lässt ab und zu die Emotionen hochgehen. Es ist das Verdienst
der parlamentarischen Initiative Hofmann Hans, dass sich unsere Kommission für Rechtsfragen sorgfältig und
differenziert mit der Umweltverträglichkeitsprüfung und dem Verbandsbeschwerderecht auseinander setzen
konnte. Die Umweltverträglichkeitsprüfung und das Verbandsbeschwerderecht haben sich grundsätzlich be-

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währt. Dies heisst aber noch lange nicht, dass es keine Verbesserungsmöglichkeiten gibt. Hier verweise ich
auch auf die Ausführungen des Kommissionssprechers.
Vor rund vierzig Jahren wurde die Verbandsbeschwerde ins Natur- und Heimatschutzgesetz aufgenommen. Es
war damals eigentlich ein bürgerlich-konservativer Geist, der zu diesem Schritt geführt hat. Im Jahr 1985 wur-
de das Verbandsbeschwerderecht ins Umweltschutzgesetz aufgenommen. Dabei rückte immer mehr auch der
Schutz der Ressourcen ins Blickfeld. Hinter dem Verbandsbeschwerderecht steht die Erkenntnis, dass es bei
besonders sensiblen Bauprojekten neben den privaten Interessen anscheinend auch besonders schützens-
werte öffentliche Interessen gibt. Mit dem Verbandsbeschwerderecht gab man den ideellen und gemeinnützi-
gen Verbänden ein Instrument in die Hand, mit welchem diesen öffentlichen Interessen besonders Rechnung
getragen werden kann. Es ging somit schon immer um einen Ausgleich der Interessen, wie es Kollege Bürgi
bezüglich der Realisierung von Grossbauvorhaben eigentlich gesagt hat.
Das Verbandsbeschwerderecht stand somit schon immer im Spannungsfeld zwischen den wirtschaftlichen In-
teressen und jenen des Natur-, Heimat- und Umweltschutzes. Natürlich bestreitet kein Mensch, dass unser
Wohlstand Wirtschaftswachstum erfordert. Ebenso dürfte aber auch allgemein anerkannt sein, dass ökologi-
sche Interessen zu sichern sind.
Wenn ich den Streit um das Stadion in Zürich betrachte, so stelle ich fest, dass dort Exponenten des Zür-
cher VCS schlichtweg das Augenmass verloren haben, und zwar mit einem erheblichen Schaden für all jene
Verbände, die vom Beschwerderecht mit Zurückhaltung und in grosser Verantwortung Gebrauch machen. Mit
einer Lex VCS würden wir diesen Verbänden nicht gerecht. Wenn wir den Esel meinen, sollten wir auch den
Esel schlagen und nicht den Sack.
Fakt ist auch, dass von den gut tausend Fällen, die das Bundesgericht jährlich bearbeiten muss, weniger
als zehn von Umweltverbänden stammen, und auch die Erfolgsquote dieser Beschwerden darf sich sehen
lassen. Der grosse Teil der Beschwerden stammt aber von Privatpersonen. Auch dies müssen wir zur Kenntnis
nehmen. Es sind vor allem unsere lieben Nachbarn, welche diese Beschwerden erheben. Damit möchte ich
den Finger auf ein anderes Problem legen, das wir heute nicht lösen. Ich meine die Fälle, die bei den Gerichten
z. T. über Jahre hinweg herumliegen. Dies ist unhaltbar: Dieser Umstand löst die grossen Kosten aus. Es
braucht Behandlungsfristen bei den Gerichten. Wir dürfen uns hier von den Gerichten nicht immer mit der
Bemerkung abwimmeln lassen, dass bei knappen Fristen die Qualität der Rechtsprechung leiden würde. Gutes
Recht besteht für mich darin, dass ich auch schnell zu diesem Recht kommen kann, denn es nützt mir nichts,
wenn ich in zehn Jahren Recht bekomme.
Die Verbandsbeschwerde steht, Herr Kollege Hess, nicht im Gegensatz zur demokratischen Legitimation von
Volksentscheiden auf Gemeinde- und Kantonsebene. In unserem Rechtsstaat müssen sich auch die Parla-
mente und das Volk bei Entscheiden über Bauvorhaben an die von ihnen selber beschlossenen Gesetze hal-
ten. Nach Artikel 5 Absatz 1 der Bundesverfassung ist Grundlage und Schranke staatlichen Handelns immer
das Recht. Artikel 49 der Bundesverfassung handelt vom Vorrang und von der Einhaltung des Bundesrechtes.
Es darf somit nicht sein, dass durch irgendeinen kantonalen oder kommunalen Volksentscheid Bundesrecht
ausgehebelt werden kann. Auch wenn ich in wenigen Punkten Minderheitsanträge durchaus unterstützen wer-
de, glaube ich, dass wir auf der Basis der Kommissionsmehrheit grundsätzlich eine kohärente Vorlage haben.
Noch drei kurze Bemerkungen zu Bereichen, die sich heute vermutlich nicht im "Pulverdampf" befinden:
1. Wichtig war für uns auch die schon erwähnte Motion 04.3664, mit der wir eine bessere Koordination zwi-
schen Raumplanung und Umweltschutz anstreben. Ein möglichst früher Einbezug der Umweltanliegen ist im
Interesse aller. Auf diesen Punkt hat auch Kollege Hofmann speziell hingewiesen. Hier besteht Handlungsbe-
darf.
2. Wenn wir fordern, dass die Verbände die Öffentlichkeit über ihre Einsprache- und Beschwerdetätigkeit zu
informieren haben, so meinen wir, dass diese Transparenz gerade auch im Interesse der Verbände ist. Dadurch
wird ihre Glaubwürdigkeit gestärkt.
3. Es wird schlussendlich auch geregelt, welche Organe innerhalb eines Verbandes zur Beschwerde befugt
sind. Damit wird verhindert, dass eine Organisation durch eine Einzelperson beherrscht werden kann, was
etwas mit der verbandsinternen Demokratie und dem Demokratieverständnis zu tun hat.
Ich ersuche Sie, auf die Vorlage einzutreten.

Germann Hannes (V, SH): Ich stehe hinter dem Instrument der Verbandsbeschwerde, aber grundsätzlich nur,
wenn es eben so korrigiert wird, wie wir das heute hoffentlich tun werden, indem wir der Vorlage zustimmen,
die auf der parlamentarischen Initiative Hofmann Hans basiert. Es ist
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allerdings nicht unmöglich, in dieser guten und austarierten Vorlage noch einige Verbesserungen anzubringen.
Ich werde das bei der Beratung eines Minderheitsantrages dann näher begründen.
Für mich ist jener Teil, in dem es um die Verhinderung von Missbräuchen beim Verbandsbeschwerderecht
geht, absolut prioritär. Es ist bereits angetönt worden, wie das in den letzten Jahren gelaufen ist. Man hat von
den Umweltverbänden immer wieder als Rechtfertigung gehört, dass die Erfolgsquote dieser Beschwerden
statistisch erwiesenermassen hoch liege. Aber ich muss Ihnen auch sagen: Ich glaube nur jener Statistik, die
ich selber gefälscht habe, und man kann die Verhinderung des Ausbaus einer Alphütte oder einen Teilerfolg
nicht gleichermassen verbuchen, wie wenn man ein riesiges Investitionsprojekt verhindert hat. Im Übrigen gibt
es natürlich nicht nur die Verhinderung auf dem Rechtsweg oder aus gerechtfertigten Umweltschutzgründen,
es gibt auch die Verhinderung, indem man einen Investor abschrecken kann: wenn man das Projekt einfach so
weit hinauszögert, dass die Investition nicht mehr lohnend sein kann. Um diese Entwicklung müssen wir auch
in Sorge sein; natürlich können wir das in dieser Vorlage nicht alles voll aufnehmen.
Am sauersten aufgestossen sind mir wirklich diese Vereinbarungen, die da immer wieder von Umweltverbän-
den getroffen werden, namentlich vom VCS. Ich möchte keine andere Organisation anschwärzen, denn viele
dieser Organisationen, selbst einzelne VCS-Sektionen, wenden das vorhandene Beschwerderecht mit Augen-
mass und zum Nutzen der Umwelt an. Für diese sollten wir die Beschwerdemöglichkeit offen halten, aber für
die anderen sollten wir klare Pflöcke einschlagen.
Ich möchte da zum Beispiel ein paar Dinge aus einer Vereinbarung zitieren bezüglich des Fachmarktes Spital-
weid in Oftringen. Man hat das in den Medien wahrgenommen. Es gibt eine Vereinbarung zwischen der Tivona
009 AG aus Basel und dem VCS, dieses Mal nicht der vielbeschimpften Sektion Zürich, sondern der Aargauer
Sektion. Es handelt sich um ein Projekt mit 621 Parkplätzen, das zu Recht der UVP-Pflicht untersteht. Was
jetzt in dieser Vereinbarung folgt, ist eigentlich das, was man normalerweise in einer Baubewilligung der Be-
hörden vorfindet. Hier tritt also eine Umweltorganisation offenbar an die Stelle unserer Vollzugsorgane. Kann
denn das sein?
Ich möchte Ihnen ein paar Beispiele nicht vorenthalten. Die Parkplatzzahl wird auf 400 beschränkt. Dann sagt
man auch gleich noch, wie viele davon Kunden- und Besucherparkplätze sein müssen, wie viele Beschäftig-
tenparkplätze usw., als hätte das letztlich etwas mit der Umwelt zu tun. Denn wenn 400 Parkplätze da sind,
kommen theoretisch 400 Autos, also kann es nicht Sache einer Umweltorganisation sein, vorzuschreiben, wie
viele davon noch für das Personal reserviert werden müssen. Damit nicht genug: Es wird auch vorgeschrieben,
dass eine Gebühr von 1 Franken pro Stunde zu erheben ist, bei den Beschäftigtenparkplätzen sind es dann 5
Franken pro Kalendertag; so etwa geht das weiter.
Es wird auch umfassend beschrieben, welche Auflagen man zur Förderung des öffentlichen Verkehrs erfüllen
muss. Ich habe nichts dagegen, wenn man Verbesserungen macht in einem Baubewilligungsverfahren. Ich
habe aber bis jetzt immer noch gemeint, es sei in einem Rechtsstaat die Vollzugsbehörde, die da die entspre-
chenden Auflagen machen würde. Dann wird weiter vorgeschrieben, dass ein Hauslieferdienst einzurichten ist.
Dagegen ist nichts einzuwenden, aber er darf natürlich keinen Gewinn bringen. Das ist ja schon klar. Als Folge
davon hören wir immer die Beschwerden, bei uns in der Schweiz sei alles zu teuer. Und wir wissen auch, dass
momentan ganze Kolonien sich im benachbarten Ausland eindecken, wo es genügend Parkplätze hat.
Jetzt kommt der Hammer: Zur rechtlichen Absicherung dieses umfassenden Vertrags- und Regelwerkes steht
wörtlich unter Ziffer 7.4, Konventionalstrafe: "Im Falle einer Verletzung von Ziffer 2" – das geht dann bis 5.2.1 –
"schuldet die Bauherrschaft dem VCS eine Konventionalstrafe von 50 Franken pro Parkplatz und Tag, an dem
der vereinbarungswidrige Zustand besteht." Eine Wiederherstellung des Zustandes gemäss Vereinbarung ent-
bindet aber nicht etwa von der Konventionalstrafe; damit das auch klar ist. Dazu verlangt der VCS jederzeit das
vollumfängliche Akteneinsichtsrecht, inklusive des Rechtes auf Einsicht in und auf Fotokopien aller behördli-
chen Akten, die im Zusammenhang mit dem Bauvorhaben und auch mit künftigen Vorhaben stehen.
Rein von diesem Detaillierungsgrad her stehen einem da die Haare zu Berge. Ich bin neben dem Stände-
ratsmandat auch noch in einer kommunalen Exekutive tätig und habe immer gemeint, wir seien für diese
Bewilligungen zuständig, natürlich in Zusammenarbeit mit dem Kanton, wenn es um Betriebsbewilligungen
geht.
Sie spüren es: Wir nähern uns in diesem Bereich einer Bankrotterklärung des Rechtsstaates, wenn wir solche
Zustände zulassen. Darum bin ich froh, dass wir mit dieser parlamentarischen Initiative einen Weg gefun-
den haben, diese Missbräuche abzustellen. Mir persönlich geht allerdings die reine Missbrauchsbekämpfung
ein bisschen zu wenig weit. Darum habe ich bei Artikel 55 Absatz 2bis des Umweltschutzgesetzes mit der
Minderheit noch einen Ergänzungsantrag eingereicht. Diesen gedenke ich dort zu begründen.
Ich wäre froh, wenn wir hier klare Signale setzen könnten. Schluss mit dem Missbrauch eines an sich sinnvollen
Instrumentes!

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Inderkum Hansheiri (C, UR): Auch wenn die Kommission, wie Sie gehört haben, Ihnen nicht beantragt, das
Verbandsbeschwerderecht sei abzuschaffen, und wenn kein entsprechender Einzelantrag vorliegt, erscheint
es aus meiner Sicht doch gerechtfertigt, im Rahmen dieser Diskussion auch einige grundsätzliche Fragen des
Verbandsbeschwerderechtes aufzuzeigen. Dies, zumal ja einige Votanten ihrer Meinung bereits dahin gehend
Ausdruck gegeben haben, das, was die Kommission vorschlage, sei zwar ein Schritt in die richtige Richtung,
aber eben noch zu wenig.
Im Unterschied zu privaten Beschwerdeführern, welche – wie beispielsweise ein Nachbar – aufgrund einer
persönlichen Betroffenheit gegen ein Bauvorhaben Beschwerde führen, gründet bei der Verbandsbeschwerde
die Befugnis einer Organisation, Einsprache bzw. Beschwerde zu erheben, auf dem ideellen Zweck, den diese
Organisation verfolgt.
Nun ist klar, dass durch Bauten und Anlagen nicht nur private Interessen betroffen, sondern damit immer auch
öffentliche Interessen verbunden sind, wie etwa allgemein bei Immissionen, bei Auswirkungen auf das Ver-
kehrsaufkommen, bezüglich des Anschlusses an den öffentlichen Verkehr, bezüglich Wahl des Energieträgers
oder bei Fragen der Denkmalpflege. Diese öffentlichen Interessen müssen selbstverständlich auch gewahrt
werden; die Frage ist nur: durch wen? Durch die Behörden, durch Verbände oder durch beide? Die Antwort
kann nur lauten: Es sind die staatlichen Behörden – und sie alleine –, welche letztlich diese öffentlichen Inter-
essen zu wahren haben.
Die zuständigen Verwaltungs- und Gerichtsbehörden sind es, welche die verschiedenen von einem Bauvorha-
ben berührten öffentlichen Interessen auszumachen, zu gewichten, zu ordnen und schliesslich dem privaten
Interesse des Bauherrn gegenüberzustellen haben. Dies eingedenk der Tatsache, dass die Funktion des öf-
fentlichen Baurechtes darin besteht, ordnend auf die verschiedenen öffentlichen Interessen einzuwirken, dies
alles aber letztlich mit dem Ziel, potenziellen Bauherren die Realisierung eines Bauvorhabens zu ermöglichen.
Denn das Baurecht – dies ist mit aller Klarheit festzuhalten – gründet letztlich auf der verfassungsmässig
garantierten Eigentumsfreiheit.
Dieser Umstand allerdings, wonach eben die staatlichen Behörden die öffentlichen Interessen zu wahren ha-
ben, vermag zumindest für sich alleine die Legitimation des Verbandsbeschwerderechtes nicht zu entkräften.
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Es kommen allerdings noch weitere kritische Überlegungen dazu. So stellt sich beispielsweise die Frage, ob
es rechtspolitisch gesehen angezeigt sei, dass öffentliche Interessen, welche mit Blick auf ein Bauvorhaben
relevant sind oder relevant sein können, gewissermassen sektoriell aufgegliedert werden – also nur für die
Bereiche Umweltschutz sowie Naturschutz, Heimatschutz und Denkmalpflege – und dann zum Gegenstand
eines Verwaltungs- oder Gerichtsverfahrens gemacht werden können. Weshalb, so stellt sich die Frage, sollen
denn nicht auch Verbände als beschwerdebefugt erklärt werden, die in anderen baurechtsrelevanten Berei-
chen öffentliche Interessen vertreten? Ich denke z. B. an Verbände, die sich mit Energiefragen befassen.
Oder eine andere Frage, ein anderer kritischer Einwand: Weshalb werden denn in denjenigen Bereichen, in
denen das Verbandsbeschwerderecht zulässig ist, nicht auch Verbände in das Verfahren einbezogen, wel-
che in diesen Bereichen entgegengesetzte oder zumindest etwas anders gerichtete Auffassungen vertreten?
Stichwort TCS versus VCS.
Es stellt sich auch die Frage, ob es angezeigt sei, dass im Rahmen einer Verbandsbeschwerde gemäss USG
generell alle Rügen erhoben werden können, welche im Interesse des Schutzes der Umwelt liegen. Oder wäre
es nicht auch eine Überlegung wert, die Beschwerdegründe nur für qualifizierte Gesetzesverletzungen zuzu-
lassen. Es ist nämlich in diesem Zusammenhang nicht zu verkennen, dass gerade im Bereiche der Umwelt-
schutz- sowie der Natur- und Heimatschutzgesetzgebung die einschlägigen Gesetze sehr viele unbestimmte
Rechtsbegriffe enthalten, was mit entsprechenden Ermessensspielräumen der rechtsanwendenden Behörden
verbunden ist.
Wenn ich trotz dieser bewusst kritischen Überlegungen – es gäbe natürlich noch andere – klar die Meinung
vertrete, es solle am Institut der Verbandsbeschwerde als solchem festgehalten werden, so erfolgt dies vor
allem aus zwei Gründen: Erstens wäre es zurzeit politisch schlicht nicht machbar, das Verbandsbeschwerde-
recht abschaffen zu wollen, und zweitens – und vor allem – wäre dies, nach meiner Überzeugung, von der
Sache her auch nicht gerechtfertigt.
Wir haben in der Bundesverfassung das Prinzip der Nachhaltigkeit verankert. Dieses Prinzip ist in Artikel 73
so umschrieben, dass Bund und Kantone "ein auf Dauer ausgewogenes Verhältnis zwischen der Natur und
ihrer Erneuerungsfähigkeit einerseits und ihrer Beanspruchung durch den Menschen anderseits" anstreben.
Dieses Nachhaltigkeitsprinzip wird an Bedeutung stets zunehmen und auch zunehmen müssen. Aus diesem
Grund ist es meines Erachtens eben schon richtig, wenn bei grösseren Bauvorhaben – und es geht ja nur um

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solche – deren Auswirkungen auf die Umwelt einer besonderen Prüfung unterzogen werden.
Wichtig, ja erforderlich ist es aber auch, dass das Verbandsbeschwerderecht so ausgestaltet wird, dass es
erstens nach Möglichkeit zu keinen Missbräuchen führt, dass es zweitens nicht zu einer schleichenden Än-
derung im Sinne einer Verschärfung von Gesetzen führt, dass drittens garantiert ist, dass letztlich eben nur
die zuständigen staatlichen Behörden entscheiden, und dass viertens die Verfahren in einem vernünftigen
Zeitrahmen abgewickelt werden. Ich glaube, dass das Konzept, das Ihnen Ihre Kommission vorschlägt, diese
Probleme zu lösen versucht.
Daher beantrage ich Ihnen ebenfalls, den Anträgen der Kommission zuzustimmen.

Pfisterer Thomas (RL, AG): Ich hatte an den meisten dieser Sitzungen als Stellvertreter teilzunehmen; darum
ist es richtig, dass ich am Schluss der Liste der Kommissionsmitglieder drankomme.
"Konferieren statt prozessieren": Ohne das Verbandsbeschwerderecht wäre der Bareggtunnel heute wahr-
scheinlich immer noch im Bau, jedenfalls wäre er jahrelang verzögert worden. Ich erlebte dieses Verfahren
hautnah mit. Wir standen damals vor der Wahl, aus dem Kreis der vielen Hundert Opponenten, die sich im Mit-
wirkungsverfahren mit eigenen Eingaben auch gemeldet hatten, Masseneingaben zu erhalten oder im Auftrag
der vielen Hundert Nachbarn, die opponierten, dann Vereinsbeschwerden oder private Stellvertreterbeschwer-
den zu bekommen. Wir mussten mit weiteren Demonstrationen und Volksinitiativen rechnen. Stattdessen ge-
lang es, aus der grossen Zahl von Umweltschutzverbänden, die sich an Gesprächen interessiert zeigten, eine
kleine Auswahl zu treffen und mit ihnen in intensiven und schwierigen, aber konstruktiven Verhandlungen eine
Lösung zu finden. Dieses Verfahren hat zu einem besseren Ergebnis geführt – rascher, viel rascher –, und
damit haben wir erst noch Geld gespart. Es gibt viele andere derartige konstruktive Beispiele landauf, landab;
ich habe auch selber viele erlebt.
Was ist das Verbandsbeschwerderecht eigentlich? Ich will die Problematik nicht noch einmal ausleuchten, vor
allem Herr Inderkum hat das eindrücklich getan. Wir sind zum Ergebnis gekommen, dass es eine sinnvolle
verfahrensmässige Hilfe im Dienste einer konstruktiven Zusammenarbeit zum Vollzug des Umweltschutzge-
setzes und des Natur- und Heimatschutzgesetzes ist. Man kann es positiv oder negativ umschreiben. Negativ:
Es gibt keine Befugnis der Verbände, irgendeine eigene Politik zu betreiben; sie stehen nur im Dienste des
Gesetzes. Die positive Seite, die in der bisherigen Diskussion eher noch etwas zu kurz gekommen ist, ist die
konstruktive Zusammenarbeit zum Vollzug des Gesetzes.
Dem Buchstaben nach gewährt das Verbandsbeschwerderecht ein Recht zu streiten, notfalls bis vor Bundes-
gericht. Langfristig wird sich das Verbandsbeschwerderecht nur halten, wenn es nicht bloss zum Prozessieren
dient, sondern zum Konferieren, zum Verhandeln und zu gemeinsamer Lösungssuche, aber dies unter der
letztlichen Verantwortung der Behörde und im Rahmen des Gesetzes. Seinen Sinn erfüllt es nur durch Betei-
ligung an konstruktiven Problemlösungen, durch Konsens und allenfalls Mediation. Das Verbandsbeschwer-
derecht soll präventiv wirken, und das tut es auch in der Praxis. Es soll präventiv wirken, dass eben von
vornherein die rechtlichen Anforderungen erfüllt werden und es gar nicht zum Streit kommen muss. Wenn
Konflikte aufbrechen, dann soll man sich an den Verhandlungstisch setzen, gemeinsam Lösungen suchen und
den Streit vor dem Richter vermeiden. Kluge Verbände nutzen die Rechtsmittel meist, um Fristen offen zu
halten, um unerlässliche Informationen zu beschaffen und zum Gespräch zu kommen. Das ist alles. Kluge
Bauherren bieten ebenso Hand, aber nur zu Verhandlungen, bei denen sie nicht befürchten müssen, dass am
Verhandlungstisch Missbrauch getrieben wird.
Diese Vorlage versucht, solchen Missbrauch abzustellen. Was geschieht mit dem Verbandsbeschwerderecht
praktisch? Verhandlungen, nicht Gerichtsfälle; konferieren statt prozessieren! Es ist doch dasselbe mit den
Nachbarn. Ich habe als Richter x-mal die beteiligten streitenden Nachbarn gefragt: Haben Sie vor dem Ein-
spracheverfahren miteinander über das Projekt gesprochen? Haben Sie versucht, Lösungen zu finden? Wenn
man eben mit dem Kopf durch die Wand zunächst in die Einspracheverfahren hineingeht, dann muss man sich
nicht beklagen, dass gestritten wird. Ein vernünftiger Bauherr spricht vorher mit den potenziell Legitimierten.
Das gilt auch bei den Verbänden.
"Man sitzt zusammen und sucht bessere Lösungen." Das ist ein Zitat aus den eidgenössischen Räten aus
dem Jahre 1966, als man damals im Natur- und Heimatschutzgesetz dieses Instrument eingeführt hat. Auch
damals ist gesagt worden, es werde nur gestritten. Die Leute, die die Praxis kennen, haben gesagt, das stimme
nicht, sondern in der Regel sitze man zusammen und finde Lösungen.
Im Natur- und Heimatschutzgesetz und im Umweltschutzgesetz hat der Gesetzgeber schon vor Jahren nach-
geholfen, indem er vorgesehen hat, dass die Verbände zuerst in die Einspracheverfahren einsteigen müssen.
Warum hat er das gemacht? Weil man im Einspracheverfahren zunächst miteinander den Dialog pflegt und
versucht, sich irgendwo zu finden. Auch die neue Vorlage versucht das wieder: Sie sieht

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