Magazin-e - Vom Postamt zum Supermarkt Zum Wandel der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst unter neoliberalen Vorzeichen.
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Nr. 6 | Dezember | Décembre | Dicembre 2016 Magazin-e Personalverband des Bundes | Association du personnel de la Confédération | Associazione del personale della Confederazione | www.pvb.ch Vom Postamt zum Supermarkt Zum Wandel der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst unter neoliberalen Vorzeichen. | Seite 10 ©Die Post l La Poste De l’office de poste au supermarché Changement des conditions de travail dans le service public sous des prémices néolibérales. | Page 21 Da ufficio postale a supermercato Riflessioni sulle condizioni di lavoro nel servizio pubblico alle luce di segnali neoliberali. | Pagina 27
2 | Inhaltsverzeichnis | Sommaire | Sommario | Inhalt Editorial: Amtsübergabe von René-Simon Meyer an Barbara Gysi | Seite 3 EAV: Stellenbesetzungsverfahren geklärt | Seite 4 Zweite Nullrunde fürs Personal: Falsch und schädlich! | Seite 5 Lohnverhandlungen für den ETH-Bereich: Ein wenig motivierender Entscheid für das Personal | Seite 5 Zweite Nullrunde fürs Personal: Falsch und schädlich! Veränderungen in der Edelmetallkontrolle: «Die EZV schaut zu Der PVB, im Rahmen der Verhandlungsgemeinschaft Bundespersonal (VGB), ihren Leuten!» | Seite 6 hat dem zuständigen Bundesrat Ueli Maurer die Forderungen für das kommende PVB Erfolg: Interview mit Felix Reinmann, ehemaliger Staatsanwalt | Jahr präsentiert: 1% generelle Lohnerhöhung für das Bundespersonal oder eine Seite 8 Einmalzulage von 1500 Franken bei einem Vollzeitpensum. Das Personal sollte am rekordhohen Überschuss, der auf 2,2 Mrd. Franken prognostiziert Dialog VBS: Weitere Personalkürzungen werden ohne Entlassungen wird, beteiligt werden. Schliesslich ist das voraussichtlich ausserordentlich gute nicht möglich sein | Seite 9 Jahresergebnis auch auf die motivierte Arbeit der Bundesangestellten zurück Dossier: Vom Postamt zum Supermarkt | Seite 10 zuführen. Seite 5 Interview … mit Barbara Gysi, neue Präsidentin des PVB | Seite 13 7 Fragen an … an Franziska Blaser | Seite 14 Delegiertenversammlung: Wahl der neuen Präsidentin des PVB | Seite 31 Sommaire Editorial: passage de témoins de René-Simon Meyer à Barbara Gysi | Page 15 Succès de l’APC: questions à Felix Reinmann, ancien procureur fédéral | Page 16 Gel des salaires pour la deuxième année consécutive: c’est faux De l’office de poste et néfaste! | Page 17 au supermarché Par le passé, travailler dans le service public était un gage de sécurité, de stabilité Négociations salariales pour le Domaine des EPF: une décision peu et de bonnes perspectives professionnelles, et le secteur public luimême était motivante pour le personnel | Page 17 perçu comme un employeur moderne, un modèle en termes de droit social et de Changements au Contrôle des métaux précieux: «l’AFD veille sur droit du travail pour la communauté des travailleurs. Depuis plusieurs années, on son personnel!» | Page 19 assiste à l’érosion de ce solide monument; dans un nombre croissant de domaines du secteur public, les rapports de travail précaires, incertains et «flexibles» Dossier: de l’office de poste au supermarché | Page 21 gagnent du terrain. Page 21 Interview … de Barbara Gysi, nouvelle présidente de l’APC | Page 24 7 questions à … Priska Grandjean | Page 25 Assemblée des délégué-e-s: élection de la nouvelle présidente de l’APC | Page 30 Sommario Editoriale: Passaggio del testimone da René-Simon Meyer a Barbara Gysi | Pagina 26 Dossier: Da ufficio postale a supermercato | Pagina 27 Interview … con Barbara Gysi, nuova presidente dell’APC | Pagina 30 Assemblea dei delegati: Barbara Gysi, nuova presidente dell’APC Sektionen – Sections – Sezioni | Seite 34 Le delegate e i delegati dell’APC, riuniti in assemblea il 3 novembre scorso a Berna, hanno esternato la loro esasperazione a proposito dei piani di risparmio della Confederazione. Per farsi sentire dal Parlamento hanno eletto una nuova presidente, la consigliera nazionale Barbara Gysi (PS/SG). Pagina 33 PVBMagazin-e APC | Dezember | Décembre | Dicembre 2016
| Editorial | 3 Amtsübergabe von René-Simon Meyer … Es war mein Wunsch und mein Wille, eine Parlamentarierin an die Spitze des PVB zu holen, um eine bessere Verteidigung der Interessen unserer Mitglieder gewährleisten zu können. Dies ist mir gelungen und ich trete nun meinen Sitz an die Nationalrätin Barbara Gysi ab. Ich wünsche ihr viel Befriedigung in diesem Amt. In den sechs Jahren als Präsident habe ich versucht, unseren gewerkschaftlichen Diskurs und unsere Aktionen kreativ zu gestalten. Mit Erfolg! Es lässt sich nicht von der Hand weisen, dass der PVB an Gewicht gewonnen hat. In einem Kontext, in dem ein populistischer, sich gegen Staats- angestellte richtender Diskurs den Service Public und sein Personal gefährdet, ist diese Stärkung auch unbedingt nötig. Getreu seinem Motto «Stärker Zusammen» hat der PVB auch verstärkt mit seinen Partnern der Verhandlungsgemeinschaft Bundespersonal (VGB) zusammengearbeitet. Eine Veränderung, die mir besonders am Herzen lag, war eine grössere Nähe zu unseren Mitgliedern. Auch dies ist mit gelungen, denn der PVB ist heute an den Arbeitsorten präsent und trifft mit seinen Mitgliedern und dem ganzen Personal des Bundes und seiner Betriebe zusammen. Er kämpft an ihrer Seite! Dank einer umfassenden Lobby-Arbeit ist es uns gelungen, den Entwurf des Meteo- rologiegesetzes zum Scheitern zu bringen – eine Reform, die zu einer Privatisierung geführt hätte. Bei der Zentralen Ausgleichsstelle in Genf führte unser Eingreifen dazu, dass unrechtmässig entlassene Angestellte wieder angestellt wurden. Unlängst haben wir uns gegen die Restruktu- rierungen bei Agroscope und der Edelmetallkontrolle gewehrt. Um diese Fortschritte zu erzielen, waren bedeutende Anstrengungen nötig und ich möchte ins- besondere meinen Kolleginnen und Kollegen der Geschäftsleitung für ihr Vertrauen sowie dem Personal des Sekretariats für seinen Einsatz danken. Und Ihr alle, liebe Milizlerinnen und Milizler, Ihr seid lebenswichtig für den PVB, auch Euch danke ich von ganzem Herzen! Ihr könnt auch künftig auf mich zählen … als Vizepräsident und als Kollege. > Rede von René-Simon Meyer: www.pvb.ch/news René-Simon Meyer … an Barbara Gysi Das Bundespersonal ist stark gefordert. Einerseits verlangen Wirtschaft, Politik und internationale Zusammenarbeit dauernde Leistungsanpassungen, andererseits werden die notwendigen Mittel dafür immer knapper. Steuersenkungen für die Firmen führen zu drastischen Mindereinnahmen und gefährden einen guten und leistungsfähigen Service Public für unsere Bevölkerung. Abbauprogramme, Budgetkürzungen und Reorganisationen führen zu einer grossen Belastung, unter Beschuss stehen auch die Anstellungsbedingungen und der Stellenetat. Mitten in der Debatte zum Stabilisierungsprogramm 2017-2019 kündigt der Finanzminister bereits ein nächstes Abbauprogramm an. Das bringt zusätzlichen Druck, aber auch grosse Verunsicherung, wie es mit laufenden Projekten weitergeht. Die Erfahrung zeigt, jede Neuerung hat eigentlich fast ausschliesslich Verschlechterungen gebracht. Umso wichtiger ist es, zu- sammenzustehen und gemeinsam für den Erhalt guter Arbeitsbedingungen und die notwendigen Ressourcen zu kämpfen. Dafür müssen wir stärker werden und mehr Mitglieder gewinnen. Dafür müssen wir in Allianzen mit Gleichgesinnten unsere Kräfte bündeln. Ich freue mich, gemeinsam mit Ihnen allen dazu beizutragen. > Rede von Barbara Gysi: www.pvb.ch/news Barbara Gysi Wir wünschen Ihnen ein neues Jahr mit Solidarität, Engagement, Begeisterung und Glück. PVB | APC © Fotolia
4 | PVB-Pinnwand | Eidg. Alkoholverwaltung Stellenbesetzungsverfahren geklärt Der PVB als führender Sozialpartner bei der Eidg. Alkoholver- waltung (EAV) ist wiederum zur letzten EAV-internen Personal- konferenz vom 20. Oktober 2016 eingeladen worden. Derjenige Teil der Konferenz, den die gen, freiwilligen Pensionierung oder anwesenden Mitarbeitenden der EAV einer Stellensuche beim Bund. am meisten interessierte, war zwei Der PVB wird seine Mitglieder im felsfrei die Integration der EAV in die Bedarfsfall gerne unterstützen und da Eidg. Zollverwaltung und die damit für sorgen, dass das Verfahren – wie verbundene Stellenbesetzung. von den Personalchefs EAV und Zoll «Die EZV braucht das Knowhow der erwähnt – im Rahmen des Bundesper heutigen Angestellten der EAV. Sie sind sonalgesetzes und den nachgelagerten willkommen und sie sollen nicht ab Verordnungen erfolgt. springen» erläuterte Martin Weiss Im Weiteren wurden die vier nomi leder, Abteilungschef Personal und nierten Sektionschefs der Abteilung Ausbildung der EZV. Weiter wurde klar Alkohol und Tabak (AAAT) vorgestellt. betont, dass es sich nicht um einen Erwähnt werden darf auch, dass der Stellenabbau handelt und die Stellen PVB vor einiger Zeit den Betriebsver nicht extern ausgeschrieben werden. trag Alcosuisse ausgehandelt hat und Das Stellenbesetzungsverfahren wurde bei der Pensionskassenlösung der Ak den Anwesenden erläutert. Anlässlich tiven und Rentner massgeblich mitge der ordentlichen Personalbeurtei arbeitet hat. Am 1. Januar 2017 erfolgt lungsgespräche (PEG) wird auch ein die Aktivierung der Alcosuisse AG. Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation Perspektivengespräch geführt bei dem Gegen Schluss der Konferenz folgten eine gegenseitige Absichtserklärung noch die aktuellen Infos aus dem Zoll. Keine Kündigungen erfolgen soll. Dabei gibt es die Optio nen einer Stelle in der Abteilung Alko Zudem wurde das Buch «Rausch und Ordnung», das die Geschichte der EAV Am 21. September 2016 traf sich der PVB mit dem stellvertreten- hol und Tabak (AAT), in der übrigen und die Alkoholpolitik widerspiegelt, den Staatssekretär des Staatssekretariats für Bildung, Forschung EZV, einer ordentlichen oder vorzeiti vorgestellt. Jürg Grunder und Innovation (SBFI), Josef Widmer. Widmer erläuterte den Schlussbericht der Organisationsentwicklung SBFI. Um ein ausgeglichenes Personal Es versteht sich von selbst, dass das budget zu erzielen wurden 14 Stellen gesamte Kader des SBFI angehalten ist, in verschiedenen Abteilungen abge durch sein tägliches Führungsverhal baut. Dieser Stellenabbau erfolgte ten wie Mitarbeitergespräche, Team auch aufgrund kritischen Hinterfra sitzungen, usw. dies auch beispielhaft gens der Wiederbesetzung bei Vakan umzusetzen. zen sowie durch ein strafferes Monito Der PVB hat diesen Prozess, der ein Martin Weissleder, Stefan Schmidt, ring bezüglich Ferien und Arbeitssaldi. gutes Jahr dauerte, aktiv begleitet und Vizedirektor EZV Leiter EAV a. i. Das Personal des SBFI ist auch über dankt den Betroffenen und Beteiligten die Auslagerungen von gewissen Auf für das regelmässige Feedback. Der gaben (beispielsweise zu National PVB ruft die Mitglieder auf, sich bei Der PVB wird sich weiterhin für Ihre Rechte fonds etc.) informiert worden. Dabei Fragen und Unklarheiten an das Ver kam es erfreulicherweise zu keinen bandssekretariat zu wenden. einsetzen! Kündigungen. Der Druck auf die An Der PVB hat mit der Geschäftsleitung der Alcosuisse einen Betriebs- gestellten wird aber zunehmen. Jürg Grunder vertrag ausgehandelt. Dieser ist für alle Alcosuisse-Mitarbeiterinnen Das neue Leitbild wurde erarbeitet, aber noch nicht vollständig umgesetzt. und Mitarbeiter gültig. Die Personen, die bereits PVB-Mitglied sind, bleiben es auch nach einer Privatisierung. Mitarbeitende, die noch nicht PVB-Mitglied sind, können jederzeit beitreten. Der PVB wird sich weiter- hin für die Rechte seiner Mitglieder einsetzen. Gerne weisen wir Sie darauf hin, dass unsere Mitglieder exklusiv von attraktiven Vergünstigungen und Rabatte profitieren. Der PVB hat den Mitarbeitenden das Resultat dieses Vertrages im Früh- ling 2016 präsentiert. PVBMagazin-e APC | Dezember 2016
| PVB-Pinnwand | 5 Zweite Nullrunde fürs Personal: Falsch und schädlich! Forderung an EFD Im Mai 2011 hat der Bundesrat zur Der PVB, im Rahmen der Verhandlungsgemeinschaft Bundes- Kenntnis genommen, dass die Publica im Zusammenhang mit den Renten personal (VGB), hat dem zuständigen Bundesrat Ueli Maurer beziehenden nicht ausfinanziert war. die Forderungen für das kommende Jahr präsentiert: 1% generelle Es fehlten 320 Mio. CHF und die sei Lohnerhöhung für das Bundespersonal oder eine Einmalzulage nerzeitige Zusicherung, dass unmittel von 1500 Franken bei einem Vollzeitpensum. Das Personal sollte bar nach der Umstellung der Pen sionskasse auf das Beitragsprimat am rekordhohen Überschuss, der auf 2,2 Mrd. Franken prognos- keine Fehldeckung vorhanden sein © Gaby Möhl Transfair tiziert wird, beteiligt werden. Schliesslich ist das voraussichtlich wird, blieb damals ohne Folgen für ausserordentlich gute Jahresergebnis auch auf die motivierte den Arbeitgeber Bund. Im Gegenzug hat der Bundesrat aber beschlossen, Arbeit der Bundesangestellten zurückzuführen. diese Fehldeckung ausfinanzieren zu Zudem forderte der PVB, dass der Das Treffen der Bundespersonalver worden. In der ganzen Diskussion wollen. Dies sobald die Publica (bzw. Bundesrat seine Verpflichtung als bände mit Bundesrat Ueli Maurer schob er wahlweise den Gesamtbun das Vorsorgewerk Bund) in Unterde Arbeitgeber bei der Pensionskasse Pu brachte jedoch kein Ergebnis. Er er desrat oder das Parlament vor; Hand ckung gerät. Dies war am 31. Dezem blica wahrnimmt, bei der eine weitere klärte gleich zu Beginn, dass ihm der lungsspielraum habe er keinen. ber 2015 der Fall, die Fehldeckung Senkung des technischen Zinses und Gesamtbundesrat ein «nogo» für ir Der PVB warnt vor den negativen belief sich auf rund 198 Mio. CHF. Umwandlungssatzes ansteht. Wenn gendwelche Lohnerhöhungen oder Folgen dieser plan und perspektivlo Die VGB hat dieses Thema in der Folge sich der Arbeitgeber nicht mit subs Einmalzulagen auf den Weg gegeben sen Personalpolitik. Es ist nicht so, ebenfalls in die Lohnverhandlungs tanziellen Beiträgen beteiligt, drohen habe. Aber auch zur schwierigen Situ dass mit der Nullrunde die Löhne ein runde mit eingebaut. Leider hat sich massive Leistungskürzungen oder hohe ation der zweiten Säule wollte sich der fach stagnieren würden. Seit 2015 – der Arbeitgeber nicht an die gemachten Lohnabzüge. Bundesrat nicht äussern. Er sei über und nochmals verschärft ab 2018 – Zusagen erinnert. Es wurde lediglich das Geschäft noch nicht informiert könnten die Lohnabzüge für die zweite entgegen gehalten, dass das Vorsorge Säule stets höher werden. Dies spüren werk Bund im Moment gar nicht in gerade Bundesangestellte mit Famili Unterdeckung sei. Dazu ist festzu enpflichten, für die ab 2017 auch halten: Eine Unterdeckung wird von noch massiv steigende Krankenkas den Versicherungsexperten jeweils per senprämien und anhaltend hohe Miet Jahresabschluss berechnet/bestätigt kosten dazukommen. und per Ende 2015 war die Kasse in Am Treffen wurde mit dem Bundes Unterdeckung. Paul Ackermann rat zudem der erneuerte Sozialplan Der PVB teilt im Grundsatz diese Mei- © Gaby Möhl Transfair unterschrieben, der die geltende Re gelung weitestgehend fortschreibt. nung, bedauert diese Situation und hofft, dass der Bundesrat in Zukunft Verhandlungsgemeinschaft der Rolle eines sozialen Arbeitgebers Luc Python, Verbandssekretär PVB und Heidi Rebsamen, Zentralsekretärin Garanto Bundespersonal VGB (wieder) gerecht wird. Lohnverhandlungen für den ETH-Bereich: Ein wenig motivierender Entscheid für das Personal Der PVB hat dem Präsidenten des ETH-Rats, Fritz Schiesser, seine Der PVB hat zudem bis spätestens fangreiche Lohnkürzungen hinneh gewerkschaftlichen Forderungen präsentiert: 1% generelle Lohn- Ende Juni des nächsten Jahres ein men müssen. Treffen zwischen den Sozialpartnern Der ETHRat hat zudem der Forde erhöhung für das Personal, das dem neuen Lohnsystem (NLS) unter- gefordert, um über die zu ergreifen rung des PVB und anderer Sozialpart steht, oder als Alternative eine Erhöhung der Anzahl Ferientage. den Massnahmen im Hinblick auf eine ner stattgegeben und verzichtet dar voraussichtliche Senkung des tech auf, für die Mitarbeitenden unter dem Der ETHRat hat jegliche Forderung tengünstiger arbeiten muss. Dieser nischen Zinssatzes und somit des Um NLS den Prozentsatz der Gesamtlohn abgelehnt, die eine Erhöhung der Per Einsatz sollte vom ETHRat monetär wandlungssatzes der Pensionskasse summe zur individuellen Lohnsteue sonalkosten zur Folge hätte. Laut dem anerkannt werden. Die Motivation Publica zu diskutieren. Dieser Forde rung auf 0,6% zu senken. Der Satz von Präsidenten des ETHRats rechtfer und die Bereitschaft, Verantwortung rung wurde stattgegeben. Der PVB for 1,2% wird beibehalten. Für den PVB tigen die vom Bund beschlossenen zu übernehmen, sind ebenfalls von dert den ETHRat auf, seinen Ver wäre mit einer Senkung dieses Pro Sparmassnahmen diesen Entscheid. diesem Faktor abhängig. Zudem pflichtungen als Arbeitgeber in Bezug zentsatzes jegliche Massnahme zur Der PVB ist enttäuscht vom Ergebnis konnten die vom Parlament im auf Publica auch weiterhin nachzu Verbesserung des derzeitigen Lohn dieser Gespräche. Die strategischen ETHBereich geplanten, massiven kommen. Ohne substantielle Arbeit systems hinfällig geworden. Ziele des ETHRats bedingen, dass das Kürzungen verhindert werden. geberbeiträge könnte das Personal Personal effizienter, rascher und kos massive Leistungseinbussen und um Luc Python PVBMagazin-e APC | Dezember 2016
6 | PVB-Pinnwand | Veränderungen in der Edelmetallkontrolle Oberzolldirektor Christian Bock soll erhöhung erfolgen. Deshalb fällte er PVB wurde sehr spät in den Prozess bei den unterschiedlichen Instanzen gemäss Auftrag des EFD bei der Edel den Entscheid, die Anzahl der Labor integriert, was er sehr bedauert. einbringen konnten. metallkontrolle (EMK) sparen. Dies standorte der EMK zu reduzieren. Der Der PVB hat sich bereits im Februar soll aber nicht durch eine Gebühren 2016 und auch verschiedene weitere Was will der PVB? Male an verschiedene Stellen der • Einhalten der personalrechtlichen Oberzolldirektion gewandt und wollte Bestimmungen des Bundesperso Rund 40 Spezialisten, die beeidigten Edelmetallprüfer, erfüllen beim von Anfang an in den Veränderungs nalgesetzes und der nachgelagerten Zentralamt in Bern und in fünf Kontrollämtern gewerbepolizeiliche Auf- prozess einbezogen werden. Der PVB Verordnungen. gaben. Sie kontrollieren die in der Schweiz hergestellten und die impor- kontaktierte den Oberzolldirektor • Interessante, vielseitige Arbeiten der tierten Edelmetallwaren auf Echtheit und schützen so den Konsumenten persönlich sowie die Fédération hor Mitarbeitenden der Edelmetallkont vor Fälschungen und den Fabrikanten vor unlauterem Wettbewerb. logère und stand in ständigem Kontakt rolle an den heutigen Standorten. Jährlich werden mehr als 1 Mio. Gegenstände amtlich gestempelt. Bei zu den Mitarbeitenden der Edelmetall • Kein Lohnabbau. den Kontrollen werden pro Jahr weit über 2000 Fälle von Fälschungen kontrolle, die den Dialog mit dem PVB • Keine Zerstörung eines Berufsbildes. oder falschen Angaben entdeckt. suchten und uns informierten, sodass • Intakte Sozialpartnerschaft. wir Ihre Anliegen in den Gesprächen jg Interview mit Christian Bock, Direktor der Eidgenössischen Zollverwaltung (Stand Oktober 2016) «Die EZV schaut zu ihren Leuten!» Welche Ziele haben Sie als sation und die Prozesse der EZV anstatt der Gebührenerhöhungen Direktor der Eidgenössischen Zoll- auf die Bedürfnisse der Zukunft auf der Kostenseite, durch Einspar- verwaltung (EZV)? zuzuschneiden. Einen zentralen und Effizienzsteigerungsmassnah- Wir wollen im Warenverkehr einfache Punkt nimmt hierbei die Erneuerung men die Kostendeckung zu errei- und effiziente Prozesse etablieren. der IT-Landschaft ein, welche Verein- chen. Mein Beweggrund war letztlich Die EZV soll künftig einheitliche und fachungen für alle Zollbeteiligten der Auftrag des Departementschefs einfache Verfahren in allen Ver- bringen wird und uns neue Möglich- des EFD. kehrsarten und -richtungen zur keit zur Aufgabenerfüllung geben Verfügung stellen. Diese Prozesse wird. Was kann mit der geplanten werden künftig digital abgewickelt. Schliessung der EMK-Labors in Sämtliche Zollverfahren und Prozes- Was sind die Beweggründe Zürich, Chiasso, Biel und Genf se werden mit einer frei zugänglichen betreffend die Einsparungen und der Verlagerung in ein neues und internetbasierten IT-Anwendung und Effizienzsteigerung? zentrales EMK-Labor in Brügg abgewickelt werden können. Ferner Die EMK muss grundsätzlich ihre bei Biel erreicht werden? wollen wir die Ressourcen im Waren- Leistungen an Dritte – beispiels- Die EMK braucht zur Erfüllung ihrer verkehr noch wirksamer einsetzen, weise die Punzierungen oder die Aufgaben eine Laborinfrastruktur. um die bestmögliche Auftragserfül- Edelmetallanalysen – kostende- Heute gibt es in der Tat in Zürich, Interview: lung mit einer mobilen Arbeitsweise ckend erbringen. Eine Erhebung der Chiasso, Genf und in der Oberzoll- Jürg Grunder und risikobasierten Kontrollen zu Kosten und Leistungen der EMK direktion in Bern je ein EMK-Labor. erreichen. Wichtig ist dabei, dass hatte 2013 ergeben, dass dies nicht Zur Erbringung des gesetzlichen die Prozesse möglichst geringe gegeben ist. Darum wurde 2013 die Auftrages reicht aber ein einziges, volkswirtschaftliche Kosten verur- Revision der Gebührenverordung modernes und gut ausgerüstetes sachen. Parallel dazu wollen wir, der EMK (GebV-EMK) an die Hand Labor. Die Lösung in Brügg wurde vorab mit dem Grenzwachtkorps genommen. Die Anhebung der gewählt, weil dadurch das Zentral- (GWK), aber auch mit dem Zoll, die Gebührenansätze hätte durch hö- amt mit dem Kontrollamt Biel örtlich sich stellenden Herausforderungen here Einnahmen die Kostendeckung zusammengelegt werden kann, in der Sicherheit meistern. erreichen sollen. In der Anhörung womit Synergien genutzt werden des Projektes hatten sich 2015 die können. Zudem ist Biel nahe zu Bern Wie wird die EZV in fünf Jahren Wirtschaftsverbände der Uhrenin- gelegen und nahe bei einem grossen aussehen? Was gedenken Sie dustrie,aufgrund der sich ver- Teil der Kunden. zu verändern? schlechterten Wirtschaftlage und Mit dem Projekt «DaziT» haben wir der Frankenstärke nach der Auf- Ist dieser Entscheid betriebs- eine Transformation eingeleitet, mit hebung des Mindestkurses der SNB, wirtschaftlich sinnvoll und ist welcher wir die EZV nicht nur über klar gegen jede Gebührenerhöhung dieser definitiv resp. was könnte fünf Jahre hinweg, sondern bis ins ausgesprochen. Die Revision der ihn umstossen? Jahr 2026 grundlegend umbauen GebV-EMK wurde daher anfangs Jahr Mit der Zusammenlegung der vier werden. Es geht darum, die Organi- sistiert und ich wurde beauftragt, Labore an einem Standort werden PVBMagazin-e APC | Dezember 2016
| PVB-Pinnwand | 7 Weiterbildung gewährt. Ergänzt wird dies durch eine bewusste Laufbahn- entwicklung durch entsprechende Ausbildungsangebote (zum Beispiel HF und HFP). Bei allen Reorganisa- tionen, aber auch bei individuellen Personalmassnahmen, ordnet die EZV der Sozialverträglichkeit einen hohen Stellenwert zu. Dies wurde durch die Gewerkschaften auch mehrfach anerkannt, etwa bei der Reorganisation der Oberzolldirek- tion. Die EZV schaut zu ihren Leuten! Die Arbeitsplatzsicherheit bei der EZV ist hoch. Wie wichtig ist Ihnen die Sozial- partnerschaft mit dem PVB? © EMK – CMP Die intensive und konstruktive Zusammenarbeit mit allen relevan- ten Sozialpartnern ist von hoher Bedeutung. Eine gelebte Sozialpart- Redundanzen abgebaut und Syner- Edelmetallkontrollgesetz vor- Wird es bei der EMK nerschaft unterstützt das Erreichen gien gewonnen. Das führt zu einer gezeichnet. zu Kündigungen kommen? der Ziele der EZV. Sie basiert auf Senkung der Betriebskosten. Das Es sind keine Kündigungen vor- gegenseitigem Vertrauen und Res- Zentralamt wird nach der geplanten Falls Sie keine freiwilligen Edel- gesehen. Diese könnten jedoch pekt und setzt gemeinsame und Sanierung aus baustrategischen metallprüfer für das neue Labor beispielsweise dann erfolgen, ganzheitliche Verantwortung voraus, Gründen nicht mehr in das Gebäude in Brügg bei Biel finden, werden wenn ein zumutbares Stellenangebot jedoch unter Beachtung des überge- an der Monbijoustrasse 40 zurück- Sie Edelmetallprüfer von anderen abgelehnt wird. ordneten Auftrags und der jeweiligen kehren können. Das BBL hat auf dem Standorten nach Brügg «zwangs- Verantwortlichkeiten. Basis dafür Platz Bern keinen passenden Stand- versetzen»? Was unternehmen Sie, um die sind eine gegenseitige und rechtzei- ort eruieren können, der bis Ende Das Labor muss über einen ausrei- Personalzufriedenheit zu heben? tige Information sowie der vertrau- 2017 bereitstehen würde. Lösungen chenden Personalbestand verfügen, Die EZV verfügt über ein umfassen- liche Umgang mit sensiblen Daten hätten sich erst 2020 ergeben, was um die geforderte Leistungsfähigkeit des Paket an kurzfristigen sowie und Informationen. eine zu teure Zwischenlösung nötig erbringen zu können. Wie gross der langfristigen Massnahmen zur gemacht hätte. Die Lösung in Brügg Personalbestand sein wird, hängt ständigen Verbesserung der Perso- Dem PVB ist aufgefallen, dass ist vor diesem Hintergrund sehr gut. nun noch von der Lösung in Genf ab. nalzufriedenheit. Die letzte Per- Sie kurz nach Ihrer Wahl resp. Das Teilprojekt Personal sucht aber sonalumfrage wurde differenziert Ihrem Amtsantritt bereits markan- Mit welchen Reaktionen seitens nach Möglichkeiten, für alle Mitar- auf Stufe Organisationseinheit (OE) te Entscheide mit einschneidenden der Wirtschaft, des Handels beitenden der EMK eine zumutbare ausgewertet und bei identifiziertem Konsequenzen für das Personal und der Politik rechnen Sie? Lösung zu finden. Es handelt sich bei Handlungsbedarf wurden indivi- gefällt haben. Ist dies nicht etwas Die EMK arbeitet stark zugunsten der diesem Projekt um eine Reorgani- duelle Massnahmen für jede OE voreilig? Was rechtfertigt eine Wirtschaft und ist dezentral organi- sation. Deshalb gelten die Vorgaben getroffen. Dies kann beispielsweise solche Aktion? siert. Bei derartigen Reorganisa- der Bundespersonalverordnung und den Dienstbetrieb, die Führung, die Die Entscheidungen rechtfertigen tionsprojekten ist natürlich mit Reak- des Sozialplans für die Bundesver- Wertschätzung oder die Organisation sich einerseits durch politische tionen zu rechnen, jedoch suchen waltung. Massnahmen sind sozial- betreffen. Die Lohnentwicklung wird, Vorgaben, an die wir gebunden sind, wir aktiv das Gespräch. verträglich und ökonomisch umzu- nach einem Einschnitt im Jahre 2016, und andererseits durch die betrieb- setzen. Angestrebt werden in erster für das Jahr 2017 wieder auf das lichen Notwendigkeiten, denen die Dem PVB ist bekannt, dass Linie die Weiterbeschäftigung der mögliche Maximum der Prozentsätze EZV aufgrund der heutigen und die Partner der Privat wirtschaft Mitarbeitenden auf zumutbaren erhöht. Für die Beurteilungsstufe 3 zukünftigen Veränderungen unter- reagiert haben. Sind Sie bereit, Stellen, eine berufliche Umorientie- bedeutet dies zum Beispiel eine worfen ist. Eine fitte und gut aufge- mit diesen zu sprechen? rung sowie die berufliche Weiter- Erhöhung von einem auf zwei Pro- stellte Verwaltung sichert Arbeits- Ich bin sehr gerne bereit, über konst- bildung. Zumutbar ist eine Stelle, zent. Moderne Arbeitszeitformen plätze und trägt auch zu einer hohen ruktive Lösungen zu sprechen, die wenn sie höchstens drei Lohnklas- wie Teilzeitarbeit, Home Office oder Personalzufriedenheit bei. Bei allen es erlauben, unsere Vorgaben noch sen tiefer eingereiht ist, der Hin- Gleitzeitmodelle sind in der Ver- Entscheidungen wurden und werden besser zu erreichen. Es haben und Rückweg zwischen Wohn- und waltung breit abgestützt und ermög- den Konsequenzen für das Personal auch entsprechende Gespräche mit Arbeitsort maximal vier Stunden lichen den Mitarbeitenden, unter ein hoher Stellenwert zugeordnet. Im Vertretern der Industrie stattge- beträgt und die Leistungsziele in Berücksichtigung der betrieblichen Rahmen der Umsetzung werden die funden. Wir arbeiten hier konkret der Funktion nach einer Einführung Verhältnisse, eine individuelle Sozialpartner eng einbezogen und an einer Lösungsanpassung in Genf, weitgehend erreichbar sind. Gestaltung des Verhältnisses von sind wichtige Akteure im Rahmen wobei die EZV eine Kostenbetei- Arbeit- und Privatleben. Weiter wird einer sozialverträglichen Gestaltung ligung von Seiten der Industrie eine grosszügige Unterstützung bei der Reformen. voraussetzt. Dieser Weg wird im internen und externen Fort- und PVBMagazin-e APC | Dezember 2016
8 | PVB-Pinnwand | Fragen an Félix Reinmann, ein Staatsanwalt, der von der Bundesanwaltschaft nicht mehr im Amt bestätigt worden war, Mitglied des PVB ➽ Erfolg des PVB Wann haben Sie begonnen, für die Bundesanwalt- Haben Sie Recht bekommen? Aus welchen Gründen? schaft (BA) zu arbeiten? Ja, wie auch alle meine Kollegen. Das Bundesverwal- Im Oktober 1995 als juristischer Mitarbeiter, nach einem tungsgericht (BVGer) war der Meinung, dass Bundes- Praktikum beim Bundesamt für Justiz. In der Folge bin anwalt Lauber unrechtmässige Kündigungen ausge- ich kontinuierlich aufgestiegen und schliesslich Staats- sprochen hat, indem er es unterliess, uns vorgängig zu anwalt geworden. verwarnen – dies hätte uns die Möglichkeit gegeben, die angeblichen Mängel zu beheben. In meinem Fall hat Woraus bestand Ihre Arbeit und welches waren das BVGer festgehalten, dass der Bundesanwalt zudem Ihre wichtigsten Dossiers? das Recht auf Anhörung verletzt hat, indem er den im Als Staatsanwalt war ich für Strafverfahren, die der März 2015 verfassten Bericht des stellvertretenden Bun- Gerichtsbarkeit des Bundes unterliegen bzw. interna- desanwalts, auf den sich die Beanstandungen stützten, tionale Interessen betreffende Themenbereiche verant- vor mir versteckte. Da der Ausgang des Verfahrens for- wortlich. Ich entschied basierend auf bestehenden mal gesehen eindeutig war, hat das BVGer nicht in der Verdachtsmomenten über die Eröffnung eines Verfahren, Sache geurteilt. Es hat jedoch festgehalten, dass meine über die zu verfolgende Strategie und die Zwangsmass- Fähigkeiten nicht in Frage gestellt werden konnten und nahmen (Überwachung, Hausdurchsuchung, Verhaftung, die vorgebrachten Beanstandungen auf die subjektive Vernehmung), die zur Klärung des Sachverhalts notwen- Einschätzung des Bundesanwalts Lauber und seines Interview: dig waren. Ich verfasste die Anklageschrift und hielt Stellvertreters zurückzuführen seien. Maria Bernasconi das Plädoyer vor dem Bundesstrafgericht in Bellinzona. Im meiner zwanzigjährigen Laufbahn habe ich meh- Wie hoch war die Entschädigung, die Sie erhalten haben? rere heikle Dossiers bearbeitet, die von Spionagetätig- Wie haben alle bekommen, was wir gefordert hatten. keiten verschiedener Nationen auf helvetischem Boden Ich persönlich habe 12 Monatslöhne erhalten. Dies ist bis hin zu finanziellen Unregelmässigkeiten gewisser der gesetzlich vorgesehene Höchstbetrag. Machthaber reichten. Zuletzt kümmerte ich mich um das Dossier der georgischen kriminellen Organisation Was raten Sie den PVB-Mitgliedern, die sich «Diebe im Gesetz», die sich ab 2008 in der Schweiz nie- in einer ähnlichen Situation befinden? dergelassen hatte und die zerschlagen werden konnte. Die durch eine solche Situation ausgelösten Emotionen erlauben nicht immer eine objektive Argumentation. Wie kam es, dass Ihr Arbeitsverhältnis Es ist demnach wichtig, auf seine innere Stimme zu mit der Bundesanwaltschaft beendet wurde? hören und sich von erfahrenen Leuten beraten zu lassen. Anfang Mai 2015 hat mich der Bundesanwalt Lauber – Der Entschluss, in Berufung zu gehen, muss sorgfältig wie auch drei meiner Kollegen – informiert, dass ich abgewogen werden, insbesondere aufgrund der Länge für die nächste Amtsperiode (2016–2019) nicht mehr eines solchen Verfahrens vor dem BVGer und der da- bestätigt würde. Die vorgebrachten Beanstandungen durch verursachten Publizität. Schlussendlich geht es waren zuvor nie erwähnt worden und standen im völligen darum, mit sich selber im Reinen zu sein, um beruflich Wiederspruch mit der jährlichen Mitarbeiterbeurteilung. wieder durchstarten zu können. Um ein langwieriges Gerichtsverfahren zu vermeiden, habe ich zweimal vorgeschlagen, eine Austrittsverein- Was denken Sie über den Abgang eines weiteren, barung auszuhandeln – vergebens. Der Bundesanwalt seit vielen Jahren anerkannten und geschätzten hat unsere Stellungnahmen ignoriert und wir alle Staatsanwalts? wurden per 1. Juli 2015 freigestellt. Die Reorganisation der BA im 2016 mit Lohnkürzungen begründet Bundesanwalt Lauber damit, dass künftig das Wie konnte Ihnen der PVB helfen? Budget von 60 Millionen eingehalten werden müsse. Der Seine Generalsekretärin hat mich moralisch unterstützt, Staatsanwalt betonte, dass sein Abgang nicht aus finan- was unerlässlich ist, um einen solchen Schock zu ver- ziellen Gründen erfolge, da sein Lohn bis zu seiner Pen- arbeiten. Dafür möchte ich ihr herzlich danken. Zudem sionierung garantiert gewesen wäre, sondern aufgrund wurde ich bei der Wahl meines Anwalts für das Beru- fehlender Wertschätzung und der innerhalb der BA herr- fungsverfahren fundiert beraten. Ich konnte von der schenden Vetternwirtschaft. Zusammen mit den weite- langjährigen Erfahrung des Anwalts Eric Maugué profi- ren, von der Presse in den letzten Monaten verbreiteten tieren, der regelmässig für den PVB tätig ist. Beschwerden wird die gesamte derzeitige Führung der Bundesanwaltschaft in Frage gestellt und damit auch die Leistungsfähigkeit der Strafverfolgung in Bezug auf Themenbereiche von nationalen Interesse. PVB Magazin-e APC | Dezember 2016
| PVB-Pinnwand | 9 Antrittsbesuche/ sozialpartnerschaft- liche Kontakte RUAG Sozialpartnerschaftliche Infos Personalumbau und -abbau Logistikbasis Am 26. September 2016 fand die jährlich wie der Pensionskasse RUAG an, sieht es eher der Armee (PUA LBA) derkehrende Information der RUAG mit den düster für die Mitarbeitenden aus. Ab 1. Janu «Wer einen guten Job macht, Sozialpartnern statt. Der CEO, Urs Breitmeier, ar 2017 tritt eine neue Regelung des Pensi hat in der LBA auch in Zukunft erläuterte die aktuelle Situation des Unterneh onskassenreglements in Kraft. Dabei werden eine Zukunft» dies erläuterte mens und hielt fest, dass sowohl die Anzahl der Umwandlungssatz bei den 65jährigen auf der Chef der Logistikbasis der der neuen Aufträge, der Umsatz und der EBIT 4,57% hinuntergeschraubt, die Sparbeiträge Armee (LBA) Div Thomas Kaiser im ersten Halbjahr des aktuellen Jahres ge für Arbeitnehmende und Arbeitgeber um je anlässlich der Information vom steigert werden konnten. 2% erhöht, und auch der Beitrag des Arbeit 13. September 2016 den vertretenen So Somit könnte man meinen, dass Freude auf gebers an die Überbrückungsrenten fällt weg. zialpartnern. kommen sollte und es keine Wolken am Hori Weiter führte er aus, dass er aus heutiger Sicht keine einzige zont gibt. Schaut man aber die Entwicklung Jürg Grunder Kündigung sieht. Momentan soll für 17 Personen (bezogen auf 3250 FTE) bis 31. Dezember 2021 noch keine Stelle ge funden sein. Die Betroffenen sind darüber informiert. Der PVB hat diese Aussagen gerne gehört, hofft aber auch, dass sich für die Mitarbeitenden, deren berufliche Zukunft noch nicht klar ist, Wege öffnen werden. Im Weiteren schätzt Kaiser den gegenseitigen Austausch sehr, um dadurch in einem fairen Dialog die unterschiedli chen Standpunkte besser zu verstehen. Standpunkte, die auch für den PVB wichtig sind um sich besser Gehör zu verschaffen und die Fakten aus erster Hand zu erfahren. Personalumbau und -abbau Verteidigung (PUA V) Der Personalchef Verteidigung, Daniel Gafner, hat mit dem Steuerungsausschuss Personalumbau und abbau Vertei digung (PUA V) ein Instrument der Information und des Ge © RUAG dankenaustausches mit den Sozialpartnern geschaffen. Es finden in der Regel alle zwei Monate Treffen statt aus denen, wie gegenseitig vereinbart, keine konkreten Aussagen nach aussen getragen werden. Dialog VBS Spesen und Zulagen Zoll In zwei Sitzungen wurde mit dem Leiter Personal und Ausbil Weitere Personalkürzungen werden ohne Entlassungen nicht möglich sein. dung EZV, Martin Weissleder, sozialpartnerschaftlich über zollspezifische Spesen und Zulagen diskutiert und verhan Am 30. September 2016 fand der zweimal im Das Wichtigste in Kürze delt. Ziel war es, die Vorschriften zu vereinfachen und den Jahr stattfindende Dialog VBS, eine Ausspra Der PVB hat erfahren, Aspekt der Gerechtigkeit zu berücksichtigen. Die Resultate che der VBSPersonalchefs mit dem PVB, statt. • dass sich der Chef VBS gegen Kürzungen in werden dem gesamten Zollpersonal mittels Weisungen kom Geleitet wurde er durch den HRLeiter VBS, den Personalkrediten bei einem Stabilisie muniziert. Marc Siegenthaler. Treffpunkt war die Arma rungspaket 2018–2020 wehren wird, da suisse in Thun, wo im Anschluss an die Aus sonst z. B. die aufgegleiste Weiterentwick Aussprache mit dem Generalsekretariat sprache eine Besichtigung des Kompetenz lung der Armee (WEA) nicht umsetzbar sein des Eidg. Finanzdepartements (GS-EFD) centers Wissenschaft und Technik der wird. Weitere Personalkürzungen werden Am 19. Oktober 2016 traf sich der PVB, vertreten durch Rahel Armasuisse stattfand. ohne Entlassungen nicht möglich sein. Imobersteg und Jürg Grunder, mit der neu gewählten General • dass der Chef VBS grossen Wert auf das kor sekretärin des EFD, Rahel von Känel, zu einem ersten Gedan rekte Handling der Themen Nebenbeschäf kenaustausch. Dabei ging es darum, die beiden Positionen zu tigungen, Interessenkonflikte und Befan erläutern sowie die aktuellen Ansichten und anstehenden He genheit legt. Die Verletzung der Meldepflicht rausforderungen auszutauschen. Wir stiessen bei ihr, wie kann einen Kündigungsgrund darstellen. auch bei ihrem Vorgänger, Jörg Gasser, auf offene Ohren. Der PVB schätzt den offenen, transparenten Aussprache mit dem Oberzolldirektor (OZDir) Dialog sehr und hat den anwesenden Perso Am 18. Oktober 2016 fand eine Aussprache mit dem neuen nalverantwortlichen sein Feedback zur aktu Oberzolldirektor, Christian Bock, statt. In einer offenen, ellen Situation, die schwergewichtig im Be transparenten Diskussion wurden die Ansichten zum Zoll ge reich des Personalumbaus und abbaus in der nerell sowie zur Edelmetallkontrolle diskutiert. Eine grosse Verteidigung liegen, dargelegt. Herausforderung für die Zukunft wird die IT des Zolls sein. © VBS DDPS Herr Bock ist zuversichtlich, dass auch weitere Veränderun Jürg Grunder gen ohne Entlassungen verlaufen werden. Ein Interview mit ihm finden Sie auf Seite 6 dieser Ausgabe. PVBMagazin-e APC | Dezember 2016
10 | Dossier | Zum Wandel der Arbeitsbedingungen im öffentlichen Dienst unter neoliberalen Vorzeichen Vom Postamt zum Supermarkt Prof. Franz Schultheis Liberalisierung, Privatisierung und Ökonomisierung öffentlicher Dienstleistungen haben die Universität St. Gallen Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, sei es bei Bund, Kanton oder Gemeinde, tiefgreifend und nachhaltig verändert. Im öffentlichen Dienst tätig zu sein, versprach früher Sicherheit und Auskommen sowie Chancen zur beruflichen Weiterentwicklung. Der öffentliche Sektor bildete den arbeits- und sozialrechtlich stilbildenden Kern der modernen Arbeitsgesellschaft. Unsere gegenwärtigen Vorstellungen von einem Normalarbeitsverhältnis und von einer gelungenen Erwerbslaufbahn sind immer noch in starkem Masse von den Beschäftigungsstan- dards im öffentlichen Sektor geprägt. In den letzten Jahren haben sich jedoch weite Bereiche der öffentlichen Dienstleistungen von einem Stabilitätszentrum der Arbeitswelt zu einem Ort entwickelt, an dem prekäre, unsichere und unverbindliche Beschäftigungsverhältnisse deutlich an Gewicht gewinnen. © Die Post PVB Magazin-e APC | Dezember 2016
| Dossier | 11 Erosion des Ethos des Service Public Auch wenn die tiefgreifenden Verän derungen in den öffentlichen Diensten oft erhebliche materielle Folgen für die Arbeitskräfte nach sich ziehen, ist für die Beschäftigten der symbolische Wandel ihres Arbeitsfeldes oft nicht minder wichtig. Mit den Umstruk turierungen sind einschneidende Ver schiebungen von Hierarchien und Positionen, aber auch von Arbeitspro zessen und Funktionen, verbunden, von denen sozialer Status und Wert schätzung abhängig sind. In der sub jektiven Wahrnehmung der Metamor phosen der Arbeit sind daher neben Verteilungsfragen die sich wandeln den Anerkennungsverhältnisse von zentraler Bedeutung. Werden symboli sche Ordnungen brüchig, entzieht der Wandel der Institutionen den damit verknüpften Anerkennungsformen die Grundlage. Diese Veränderungen be rühren die berufliche Identität und das Selbstverständnis der Beschäftig ten. Zudem haben die Beschäftigten © Die Post im öffentlichen Dienst in der Regel auch eine spezifische berufliche Sozi alisation durchlaufen. Neue Zweck setzungen der Organisationen und ge änderte berufliche Anforderungen an Institution wie ein Postamt heute ei Fairness und Gerechtigkeit eine be orientierung verloren, die für viele die Beschäftigten geraten in Wider nem Supermarkt oder Kiosk ähneln sondere Rolle spielen. Da sich unsere Arbeitende zu einem Teil ihrer beruf spruch zu internalisierten normativen kann. Somit kann der Wandel in den empirische Forschung auf Ebene kan lichen Identität geworden war. Orientierungen. öffentlichen Diensten auch als «De tonaler und kommunaler Dienstleister Kann man unter diesen Bedingungen Gerade der frühere Kern der öffent Institutionalisierung» von Status und situiert, können die hier angestellten überhaupt noch empirische Hinweise lichen Beschäftigung, nämlich der Be Anerkennung gelesen werden. Aber Überlegungen und präsentierten em für einen Fortbestand eines distinkti amtenstatus, wurde in den öffentli wir wirken sich diese Veränderungen pirischen Befunde nur indirekt auf die ven PublicServiceEthos finden und chen Debatten der Jahrtausendwende auf die Selbstverhältnisse, Rollen Ebene der BundesBediensteten über wenn ja, welche Ausdrucksformen fin primär als kollektive Bürde thema wahrnehmungen und den Berufsethos tragen werden, jedoch dürften die det dieser? tisiert und als überhöhter Kostenfak der Angestellten selbst aus? analysierten Entwicklungstendenzen Beginnen wir erst einmal mit Hin tor gedeutet, der zu reduzieren sei und erhobenen Einstellungen und Be weisen auf einen Niedergang der tra und dann in einer Volksabstimmung Befindlichkeiten und Selbst- findlichkeiten hier dennoch durchaus ditionellen Rolle und ihrer berufsethi im Jahr 2000 auf Bundesebene weit verständnisse im Service Public relevant und anschlussfähig sein. schen Dispositionen. Diese situieren gehend abgeschafft wird. Auch auf re Unser Beitrag ist aus einem Dreilän Die Post erweist sich in mehrfacher sich in der Regel im Kontext kritisch gionaler Ebene hat sich bislang rund derProjekt zu den Veränderungen Hinsicht als exemplarisches Feld für beleuchteter Veränderungen der Ar die Hälfte der Kantone für einen sol der Arbeitswirklichkeit öffentlicher die Untersuchung der Transformation beitswelt. chen Schritt ausgesprochen. Ausge Dienstleistungen hervorgegangen1. öffentlicher Dienstleistungen: Die He nommen sind nur wenige Personen Aus einem Fundus von rund 150 ge rauslösung aus der öffentlichen Ver Vom Postamt zum Supermarkt gruppen in hoheitlichen Funktionen, führten qualitativen Interviews in den waltung und Überführung in ein for Unterminiert wird das Berufsethos der etwa Richter, Finanzbeamte und auch Arbeitsfeldern der Postdienste, der mal oder auch materiell privatisiertes Befragten nicht zuletzt durch einen die Polizei. Wertschätzungskonflikte Gesundheitsversorgung und der Kom Unternehmen in einem teils vollstän grundlegenden Wandel der von ihnen betreffen aber auch die bisherigen munalverwaltung haben wir «Fälle» dig liberalisierten Markt geht mit um abverlangten Tätigkeiten, die sich vom Vertragsbediensteten. Denn nicht bzw. Fallkonstellationen ausgewählt. fassender Rationalisierung und Kom traditionellen Typus hoheitsstaatli mehr das Verwalten, Gewährleisten Anhand dieser Fälle verdeutlichen wir merzialisierung der Dienstleistung chen Verwaltens öffentlicher Güter hin und der Dienst am Bürger wird ge unterschiedliche Erfahrungen und einher. Und die neugestaltete Arbeit zum marktmässigen Dienstleisten würdigt, sondern mehr und mehr Wahrnehmungsmuster der jeweils ei macht es aufgrund des ständigen Zeit wandeln. So berichtet eine Schweizer durch Kommerzialisierung, New Pub genen Arbeitswelt, wobei Fragen nach drucks fast unmöglich, die bisherigen Poststellenleiterin: … «ja, der Job am lic Management und Privatisierung Ansprüche an befriedigende Bezie Schalter … und das ist natürlich treten Verkaufsorientierung, Kosten hungen zu den Bürger oder nun schon so, der Poststellenleiter, eben, 1 Schultheis, Franz; Mau, Kristina & Vogel, bewusstsein und Gewinnerzielung in mehrigen Kund/innen einzulösen. Mit er ist heute Verkäufer am Schalter. Es Berthold Hrsg. (2014). Im öffentlichen Dienst: den Vordergrund, was sich z. B. darin Kontrastive Stimmen aus einer Arbeitswelt einer Arbeitskultur geht damit gleich ist … er kümmert sich um Warenbe äussern kann, dass eine altehrwürdige im Wandel. Bielefeld: transcript. zeitig eine spezifische Gemeinwohl wirtschaftung, er muss schauen, dass PVBMagazin-e APC | Dezember 2016
12 | Dossier | man am Anfang schon sehr Mühe, weil es auch neu war und von uns verlangt wurde. Und wir sagten immer: Wir sind keine Verkäufer! Es war für uns Überwindung.» Über den eigenen Schatten springen müssen, gegen das eigene eingefleischte Berufsethos ver stossen: das scheint die Forderung der Zeit, wie sie bei der modernisierten Post zu schlagen scheint. Auch hier wieder klare Hinweise auf die kogni tivmoralische Leitdifferenz zwischen öffentlichen und marktmässigen Gü tern, an denen viele der Befragten Pöstler weiterhin festzuhalten schei nen, auch wenn diese angesichts zu nehmender, und oft als unfair angese hener Konkurrenz durch private © Die Post Anbieter solcher Dienstleistungen im mer mehr in Bedrängnis gerät: «Wir haben natürlich einen Auftrag vom Bund. Ganz klar. Wir haben eine ge setzliche Vorlage, dass wir zum Bei seine Produkte draussen im Schalter, männlichen Platzhalters assoziiert, so ren früheren Status zu übernehmen, spiel diese Briefe zustellen müssen. dass die da sind, dass die richtig sind, sind die Männer mittlerweile, und dies welcher im Zuge dieser Entwicklung Wir haben einen ganz klaren Auftrag. dass sie à jour sind, dass man es … innert weniger Jahre, zu einer deut ebenso radikalen Redefinitionen un Und was eben das Problem ist bei die und das ist natürlich ein Amt, das ist lichen Minderheit in dieser Berufs terzogen wurde. sen Privaten, sie picken natürlich nur eben Detailhandel. Und das ist das, sphäre geschrumpft und Frauen mehr Erfahren wird dies oft als Degradie die Rosinen, also die gehen Zürich dieser Platz, der jetzt halt eingenom und mehr an ihre Stellen getreten, rung: «Aber einfach das, was alles ver BernBasel. Und wir gehen … natür men wird, draussen bei der Poststelle, ohne jedoch schlicht und einfach de ändert wurde und so weiter. Da hatte lich in alle Ecken.» wo auch der Kunde mittlerweile sich dann schon noch daran gewöhnt, dass wir eben Verkäufer sind. Und das hat Der hohe Preis vermeintlicher Rationalisierung vielleicht einen Grund, dass Männer im Moment, dann ja, weniger das ma Die Veränderungen bei der Post führten aber auch dazu, dass sich die Beschäftigten in ihrem beruflichen Selbst- chen wollen.» Und ein männlicher verständnis auf eine eher instrumentelle Haltung zurückzogen. Jedenfalls dürfte dieser Beruf – von vornherein Kollege: «Früher als Poststellenleiter oder inzwischen – relativ wenige Identifikationsmöglichkeiten bieten. Der Berufsstolz scheint angesichts der habe ich nur Administration gehabt, hohen Belastungen darauf zusammengeschmolzen zu sein, dass man die tagtäglichen Anforderungen irgendwie Personalführung und Administration. schafft. Und Kundenkontakt einfach nur KMU, oder. Also ’nur’. Da hat man Zeit ge Identitäten, auch berufliche Identitäten, sind aber weder festgefügt und homogen noch einheitlich. Während bei habt für die. Und heute ist es einfach den einen Betroffenen eine Verletzung ihrer moralischen Werte und ihres Ehrgefühls zu erkennen ist («ich finde der Allrounder, wo primär Verkauf, achtzig Prozent, neunzig Prozent Ver das abstossend»), irritiert andere eher der Verlust an symbolischem Kapital an sich («wie ein Supermarktverkäu- kauf und nur ganz am Rande, in den fer», so ein Schalterangestellter; «wie ein ganz normaler Zusteller», so ein Briefträger, der sich auf den körperli- Randzeiten wird noch Administration chen Aspekt der Arbeit reduziert sieht). Manchen Beschäftigten kamen die Transformationen aber auch entge- gemacht. Ja.» gen, wenn beispielsweise die Anforderung «zu verkaufen» ihrem Habitus und Selbstverständnis eher entspricht Kurzum: man berichtet uns von als die Einordnung in ein bürokratisches Gefüge. Entsprechend zeigte sich, dass es bei den Umbrüchen in den grundlegenden Metamorphosen des Anforderungen und symbolischen Ordnungen nicht nur «Anerkennungsverlierer-», sondern auch «Anerken- Status und der Berufsrolle des Post nungsgewinner/innen», gibt. Aber nur wenige dürften zu den «Gewinner/innen» zählen und ihr Gewinn ist nur beamten vom Administrator zum Ver relativ in dem Sinne, dass sie insgesamt gesehen weniger verlieren und die ständig steigenden Anforderungen käufer. länger als Herausforderungen wahrnehmen können als andere. Wie aus den Erzählungen unserer beiden Protagonisten einhellig her Welche Prognosen für die Zukunft des Service Public lassen sich vor diesem Hintergrund skizzieren? Wie die vorgeht, hat sich mit der radikalen Reform der Post auch ein grundlegen jüngsten Reaktionen der Bevölkerung auf die Ankündigung einer massiven Reduktion der Poststellen exempla- der Wandel der Rekrutierung ihrer risch vor Augen führt, wird der Service Public weiterhin als zentrales Merkmal unserer demokratischen Teilhabe- Mitarbeiter eingestellt. War der Post rechte an öffentlichen Gütern der Daseinsvorsorge geschätzt. Deren Einschränkungen wurden politisch entschie- stellenleiter zuvor traditioneller Weise den – sie können auch politisch rückgängig gemacht werden! Dafür müssten die Adressaten – kurz: die männlich, ja wurde diese allseits be Bevölkerung- ihre berechtigten Bedürfnisse und Ansprüche geltend machen und nicht passiv ihre Beschneidun- kannte öffentliche Figur oft stereotyp gen erdulden. Ob das stille Bedauern eines allmählichen Verlustes in Widerständigkeit und politischen Protest mit den Attributen des verbeamteten umgesetzt werden kann, ist eine offene empirische Frage. PVB Magazin-e APC | Dezember 2016
| Interview | 13 Barbary Gysi, neue Präsidentin des PVB Die Nationalrätin Barbara Gysi wurde an der Delegiertenversammlung vom 3. November 2016 zur Präsidentin gewählt. Gespräch mit einer Politikerin am Puls der Zeit. Interview: Was hat Sie bewogen, sich politisch zu engagieren? Wie wollen Sie die Herausforderungen annehmen, Luc Python Ich bin zu Hause und in der Schule politisiert worden. die Sie an der Spitze des PVB erwarten? Persönlich standen mir viele Türen offen und ich hatte Konkret, informierend, gemeinsam. viele Freiheiten, doch ich erlebte rasch, dass das nicht Konkret: Die Forderungen sind klar: Es darf keinen für alle so ist und wir riesige Ungleichheiten haben. weiteren Abbau und Verschlechterungen der Arbeits- Während dem Studium war ich vor allem frauenpolitisch bedingungen geben. Es braucht genügend (Personal) aktiv. Später, nach der berufsbegleitenden Ausbildung Ressourcen für die verlangten Aufgaben. Die dauernden als Sozialpädagogin, bin ich in die SP eingetreten. Ich Reorganisationen schaden der Aufgabenerfüllung und wollte aktiv an den Rahmenbedingungen verändern und der Motivation. nicht nur als Sozialarbeiterin Menschen individuell un- Informierend: Wir müssen aufzeigen, was das Bundes- terstützen und stärken. Chancengleichheit und Gerech- personal leistet. tigkeit sind für mich zentral. Gemeinsam: Wir müssen Gleichgesinnte und Partner/ innen für unsere Anliegen finden und Allianzen schmie- Welches sind Ihre bevorzugten Themen in der Politik? den, um unsere Anliegen durchzubringen. Durch meinen Beruf geprägt sind es die Sozial- und Ge- sundheitspolitik sowie Jugend- und Altersfragen. Ich bin Was haben Sie für Hobbys? im Nationalrat auch in der Kommission für soziale Sicher- Kultur, Berge, Bewegun heit und Gesundheit. Ich habe mich aber immer auch in der Finanz- und Wirtschaftspolitik engagiert. Als linke Haben Sie einen Traum? Frau war und ist es mir wichtig aufzuzeigen, dass unsere Eine gerechtere Welt Politik finanzierbar ist und ich weiss nur zu gut, dass eine effektive Sozial- und Gesundheitspolitik nur mög- lich ist, wenn wir eine Finanz- und Wirtschaftspolitik betreiben, die dem Gemeinwohl verpflichtet ist. Ein kulinarischer Leckerbissen: Indisch – in allen Variationen, aber vegetarisch Welche Gründe sind dafür verantwortlich, Ein Land, das Sie zum Träumen bringt: dass Sie sich als Präsidentin des PVB zur Verfügung Himalaya – Region gestellt haben? Eine Musikrichtung: Worldmusic Ich war viele Jahre im öffentlich Bereich tätig und habe Jemanden, die oder den Sie bewundern: mich politisch immer für gute Arbeitsbedingungen ein- Simone de Beauvoir gesetzt. Als Exekutivpolitikerin (Stadträtin in Wil SG von Etwas, das Sie ärgert: Unehrlichkeit 2001 bis 2012) hatte ich eine gendergerechte Personal- Etwas, was Sie immer zum Lachen bringt: politik durchgesetzt und für gute Arbeitsbedingungen gute Cartoons gesorgt. Gleichzeitig bin ich eine Befürworterin eines Etwas, das Sie stolz macht: Gemeinsam mit starken und leistungsfähigen Staates und Service Public anderen etwas zu erreichen mit guten Leistungen. Das geht aber nur mit motiviertem Personal und genügend Ressourcen. Das ist mit den un- Über mich verantwortlichen Kürzungen und dem Abbau in Gefahr. • 52-jährig, wohnhaft in Wil SG Als Mitglied der Finanzkommission (von 2011–2015) habe • in langjähriger Partnerschaft ich vertieft mit dem PVB zusammengearbeitet und mich • dipl. Sozialpadägogin, MAS public management auch im Nationalrat für das Bundespersonal eingesetzt. • Nationalrätin seit 2011, Mitglied Kommission für Soziale Sicherheit und Gesundheit, Ersatz- mitglied Finanzkommission • www.barbara-gysi.ch PVBMagazin-e APC | Dezember 2016
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