Berufliche Bildung stärken - BVMW

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Berufliche Bildung stärken - BVMW
                                                    05 / 2017 | Oktober / November 2017 | 4,90 Euro

   Berufliche Bildung stärken

                                                                                           e für
                                                                               Preisvorteil
                                                                                         glieder:
                                                                              BVMW-Mit

                                                                             bis zu 41,5%
                                                                               Nachfalharzseusgen
                                                                              bei Firmen
                                                                                    Seite 68/69

Versäumnisse der GroKo – Aufgaben   Berufliche        Rekrutieren
für die neue Bundesregierung        Bildung stärken   Sie mobil!
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Berufliche Bildung stärken - BVMW
DER Mittelstand. | 5 | 2017       EDITORIAL              3

                   Für einen                                                                                                    Mario Ohoven

                                                                                                                                Präsident Bundesverband
                   bildungspolitischen                                                                                          mittelständische Wirtschaft
                                                                                                                                (BVMW) und Europäischer

                   Kurswechsel                                                                                                  Mittelstandsdachverband
                                                                                                                                European Entrepreneurs
                                                                                                                                (CEA-PME), Herausgeber
                                                                                                                                „DER Mittelstand.“

                   B
                            ildung gehörte gerade im Wahlkampf zu        dritte Betrieb seine Lehrstellen nicht mehr
                            den Lieblingsthemen der Politiker. Der       besetzen, jeder zehnte Firmenchef bekommt
                            edle Wettstreit, welche Partei am meis-      nicht einmal mehr eine Bewerbung.
                            ten für die Schulen und Hochschulen tut,
                   reduziert sich in der Regel auf die simple Frage:     Vielen Azubis mangelt es zudem an Flexibi-
                   Wer bietet mehr? Verlangten beispielsweise die        lität. Ihr Interesse konzentriert sich auf eine
                   Grünen zehn Milliarden Euro zusätzlich für die        Handvoll Berufe. Ein Viertel aller in diesem
                   Sanierung der Schulen, legten die Liberalen noch      Jahr neu abgeschlossenen Verträge entfällt auf
                   eine Milliarde drauf. Da konnte sich SPD-Kanz-        fünf Ausbildungsgänge: Bei den männlichen
                   lerkandidat Martin Schulz natürlich nicht lum-        Jugendlichen steht der Kraftfahrzeugmecha-
                   penlassen und versprach zwölf Milliarden Euro         troniker in der Gunst ganz oben, bei den weibli-
                   extra – nach dem Wahlsieg, versteht sich.             chen Azubis die Kauffrau für Büromanagement.

                   Sicher, solange mancherorts Schulgebäude ver-         Auch die Mobilität der Lehrlinge lässt zu wün-
                   rotten und viele Klassenzimmer noch immer in der      schen übrig. Während es in Süddeutschland deut-
                   „Kreidezeit“ verharren, muss in die Ausstattung       lich mehr Plätze als Kandidaten gibt, ist es etwa in
                   investiert werden. Mit Geld allein ist es jedoch im   Berlin umgekehrt. Auf den naheliegenden Gedan-
                   Bildungsbereich nicht getan. Entscheidend sind        ken, die Ausbildung in einem anderen Bundesland
                   die richtigen Ziel- und Weichenstellungen im Sys-     zu absolvieren, kommen die unversorgten Bewer-
                   tem. Nach dem Pisa-Schock im Jahr 2001 kannte         ber offenbar nicht.
                   die Bildungspolitik nur ein Ziel – mehr Abiturien-
                   ten und mehr Hochschulabsolventen. Dass dies          Deutschland braucht heute dringender denn je
                   nur um den Preis einer Nivellierung des Niveaus       einen radikalen Kurswechsel in der Bildungs-
                   zu erreichen war, ist evident. Gott hat nun einmal    politik. An die Stelle einer falsch verstandenen
                   nicht nur Hochbegabte erschaffen.                     Akademisierung muss die Rückbesinnung auf den
                                                                         Wert der praxisnahen dualen Ausbildung treten.
                   Das eigentliche Problem liegt woanders. Die Fixie-    Zudem gehört die föderale Zuständigkeit in der
                   rung auf Abitur und Diplom ging und geht einher       Bildung auf den Prüfstand. Mit der Schule von
                   mit einer Geringschätzung der beruflichen Bildung.    gestern werden wir in der (digitalen) Welt von
                   Oder anders gesagt: der Abiturient ist alles, der     morgen scheitern.
                   Azubi gilt nichts. Allerdings nur im eigenen Land,
                   denn das deutsche Modell der dualen Ausbildung ist
                   längst zu einem weltweiten Exportschlager gewor-
                   den. Kein Wunder, dass immer mehr Schulabgänger
                   ein Studium der Ausbildung vorziehen.

                   Zudem bekommen unsere Unternehmen die
                                                                         Mario Ohoven
                   Folgen der demografischen Entwicklung zuneh-
                   mend zu spüren. Derzeit gibt es über alle Lehr-
Foto: Thomas Imo

                   jahre hinweg 1,32 Millionen Azubis in Deutsch-
                   land, ein Rekordtief. Zum Beginn des neuen
                   Lehrjahrs am 1. September blieben 179.000
                   Lehrstellen unbesetzt. Inzwischen kann jeder
Berufliche Bildung stärken - BVMW
4   INHALT        DER Mittelstand. | 5 | 2017

                       ƒƒ   POLITIK

                       6		 Deutschland-News
                                                             28 Australien und
                                                                Deutschland – Partner
                                                                in Politik und Wirtschaft

         „Wir sind nicht die Melkkuh der Politik“
                                                             ƒƒ  SCHWERPUNKT

                                                             31 Mittelstand setzt auf Bildung
             10
                                                             32 Berufliche Bildung stärken

                                                             34 „Wenn alle Abitur haben,
                                                                dann hat niemand Abitur“

                                                             36 Schulfach Wirtschaft und
                                                                das föderalistische Chaos

                                                             37 Schule auf dem Prüfstand

                       8		 Versäumnisse der GroKo –          38 Unternehmen suchen
                           Aufgaben für die neue                dringend Mitarbeiter
                           Bundesregierung
                                                             40 Ohne digitale Bildung keine
                       10 „Wir sind nicht                       digitale Transformation
                          die Melkkuh der Politik“
                                                             41 Aus- und Weiterbildung
                       12 Der Diesel – ein Auslaufmodell?       in der digitalen Arbeitswelt

                       14 “Wertschöpfung                    „Wenn alle Abitur haben,
                          im Land halten“                   dann hat niemand Abitur“
                       16 Ordnungspolitische
                          Wende in NRW                       34
                       18 Chancengeber Mittelstand –
                          Erfolgreiche BVMW-
                          Bundestagung

                       20 Mittelstandspräsident
                          im Dialog

                       22 Europa-News
                                                             42 Best practice Aus-
                       24 Welcome to the USA                    und Weiterbildung

                       26 Business in Amerika                44 Alleinerziehende
                                                                im Mittelstand –
                                                                ein Erfolgsmodell
                     Best practice Aus-
                     und Weiterbildung                       46 Der Weg zum guten Azubi

                        42                                   47 Bildung in Not – alle in Not

                                                             48 Bildung hoch,
                                                                Steuern sparen

                                                             49 Jobmesse mal ganz anders
Berufliche Bildung stärken - BVMW
DER Mittelstand. | 5 | 2017       INHALT          5

Der Diesel – ein Auslaufmodell?

  12

 52 Weiterkommen                   80 BVMW-Veranstaltungskalender
    mit Weiterbildung

 54 Impulsgeber BVMW:
    Mobile Menschen.
    Mobiles Europa.
                                   ƒƒ  BVMW

                                   82 News

 56 Alternative:                   84 Weltneuheit aus Bremen
    internationale Fachkräfte

 57 Bildung in Zahlen             Punkten mit Tradition und Qualität

                                    88
 ƒƒ    SERVICE

 58 News

 60 Willkommen an Bord

 62 Zum Unternehmer geboren?

 64 Der Wechsel kommt              86 Der Wald, das beste Fitnessstudio

 66 Muss die Inkasso               88 Punkten mit Tradition
    Branche zittern?                  und Qualität

 67 Wie tickt der Kunde?           90 Maritime Mode

 70 Neue Mitarbeiter gesucht?      92 Intelligent und dynamisch –
                                      der neue BVMW-Internetauftritt
 72 Energieoptimierung
    leicht gemacht                 92 Impressum

                                   ƒƒ
 73 Globale Produktstrategie
                                       KULTUR
 74 Finanzkolumne
    „Über Ihr Geld“                96 „Ängstlichkeit ist
    Enteignung der Sparer             ein schlechter
                                      Berater“
 75 Richtiges Mahnen
    beim Zahlungsverzug            98 Unordnung kommt von alleine

 76 Mitarbeiterbeteiligung
    in KMU: warum nicht?
                                                       Diese Ausgabe erhalten Sie zusammen mit
 77 Kleine Helfer                                      DMM Der Mobilitätsmanager, dem führenden
                                                       Fachmagazin für Unternehmensmobilität.
 78 Buchtipps                                          Lesen Sie hier das Interview mit Mittelstands-
                                                       präsident Mario Ohoven (Seite 14).
Berufliche Bildung stärken - BVMW
6       POLITIK               DER Mittelstand. | 5 | 2017

    Deutschland-News

    Solidaritätszuschlag
    und Erbschaftsteuer jetzt abschaffen!
    Die Bundesregierung verzeichnet einen Finanzierungsüberschuss in
    ungeahnter Höhe. Dies geht aus der Meldung des Statistischen Bundes-
    amtes, nach der der Staat im ersten Halbjahr 2017 einen Rekordüber-
    schuss von 18,3 Milliarden Euro erzielt hat, klar hervor. Damit kann die
    neue Bundesregierung den Solidaritätszuschlag sofort und ersatzlos
    streichen. Der Soli belastet die Steuerzahler allein in diesem Jahr mit
    17,6 Milliarden Euro. Eine um diesen Betrag gesenkte Abgabenlast wäre
    zu Beginn der neuen Legislaturperiode ein starkes Signal der Politik an
    die Leistungsträger und den Mittelstand für mehr Innovationen, Inves-
    titionen und Wachstum in Deutschland. Ein nicht minder starkes Signal
    wäre die Abschaffung der Erbschaftsteuer. Mit einem laut Statistischem
    Bundesamt 5,7 Milliarden Euro niedrigen Aufkommen im Jahr 2016 er-
    bringt die Erbschaftsteuer weniger als ein Prozent des Gesamtsteuer-
    aufkommens – bei einem unverhältnismäßig hohen Erhebungsaufwand
    von geschätzt bis zu 50 Prozent. Durch die Streichung der Steuer wür-
    den nicht nur mittelständische Unternehmen profitieren, sondern auch
    Steuerbehörden von unnötiger Bürokratie befreit. Die Abschaffung ist
    die einzige verfassungsrechtlich saubere Lösung, um kleine und mittel-
    ständische Unternehmen beim schwierigen Generationenübergang zu
    entlasten, ohne Arbeitsplätze zu gefährden. In dieser für viele Mittel-
    ständler überlebenswichtigen Frage darf eine neue Bundesregierung

                                                                                                                                             Foto oben: © Finanzfoto - fotolia.com;, Foto mitte: © cybrain - istock.com; Foto unten: © kieferpix - istock.com
    nicht auf stur schalten und weitere vier Jahre blockieren.

    Deutscher Handel                                        Arbeitskosten ziehen an
    mit Rekord-Überschuss                                   In Deutschland sind die Arbeitskosten je geleistete Stunde im Zeitraum vom
                                                            2. Quartal 2016 bis zum 2. Quartal 2017 kalenderbereinigt um 2,3 Prozent
                                                            gestiegen. Für das erste Quartal 2017 liegen für alle EU-Mitgliedstaaten Er-
                                                            gebnisse vor. Danach verteuerte sich in Deutschland eine Stunde Arbeit im
                                                            Vergleich zum Vorjahresquartal um 2,2 Prozent. In der gesamten EU betrug
                                                            der durchschnittliche Anstieg der Arbeitskosten in diesem Zeitraum 1,7
                                                            Prozent. Gegenüber unserem Hauptkonkurrenten Frankreich, das mit 1,2 Pro-
                                                            zent unterdurchschnittlich zulegte, verlor Deutschland damit weiter an preis-
    Das zweite Jahr in Folge wird Deutschland 2017          licher Wettbewerbsfähigkeit. Noch stärker verschlechterte sich Deutschlands
    das Land mit dem weltweit größten Überschuss in         Position gegenüber Finnland (- 2,7 Prozent), den Niederlanden (- 0,1 Prozent)
    der Leistungsbilanz. Laut ifo-Institut wird die deut-   und Luxemburg (- 0,1 Prozent), Länder in denen die Arbeitskosten sogar sanken.
    sche Volkswirtschaft mit erwarteten 285 Milliarden
    US-Dollar vor China mit 190 Milliarden US-Dollar
    und Japan mit rund 170 Milliarden US-Dollar welt-       Insolvenzen leicht rückläufig
    weit die Nummer 1. Der Überschuss Deutschlands          Im ersten Halbjahr 2017 gingen die Unterneh-
    ist vor allem auf den Warenhandel zurückführen.         mensinsolvenzen um 6,7 Prozent gegenüber
    Haupttreiber war die Nachfrage aus dem Euroraum,        dem Vorjahreszeitraum zurück. Von den von
    den restlichen EU-Ländern sowie den USA. Trans-         den Amtsgerichten verzeichneten 10.246
    fer-Zahlungen an das Ausland, beispielsweise an         Fällen traten die meisten mit 1.793 Fällen im
    internationale Organisationen, dämpften den Über-       Handel auf. 1.712 Insolvenzanträge stellten
    schuss um 27 Milliarden Euro. Dämpfende Wirkung         Unternehmen des Baugewerbes. Im Bereich
    entfalten auch die Energiepreise. So sind die Preise    Erbringung von freiberuflichen, wissenschaft-
    für importiertes Erdöl und Erdgas trotz der Aufwer-     lichen und technischen Dienstleistungen wur-
    tung des Euro höher als noch im Vorjahr.                den 1.144 Insolvenzanträge gemeldet.
Berufliche Bildung stärken - BVMW
DER Mittelstand. | 5 | 2017                POLITIK          7

                                                                           Ausländische Investitionen                                    Unternehmen durch Ausländer zu prüfen und gegebenenfalls
                                                                                                                                         zu untersagen oder mit Auflagen zu versehen. Dennoch soll
                                                                           auf dem Prüfstand                                             mit einer Verordnung nationales Investitionsprüfungsrecht
                                                                                                                                         mit Blick auf die Entwicklung ausländischer Direktinvesti-
                                                                                                                                         tionen in Deutschland konkretisiert werden. Dabei stehen
                                                                                                                                         vor allem Bereiche mit sicherheitsrelevanten Technologien
                                                                                                                                         im Blickpunkt: Unternehmen, die branchenspezifische Soft-
                                                                                                                                         ware zum Betrieb kritischer Infrastrukturen entwickeln, die
                                                                                                                                         mit Überwachungsmaßnahmen nach dem Telekommunikati-
                                                                                                                                         onsgesetz betraut sind, Cloud-Computing-Dienste erbringen
                                                                                                                                         oder Schlüsselunternehmen für Produkte der Telematikinfra-
                                                                                                                                         struktur anbieten. Der Schutz kritischer Infrastrukturen ist
                                                                                                                                         von strategischer Bedeutung. Beeinträchtigungen kritischer
                                                                           Die Bundesregierung plant, Investitionen aus dem Ausland in   Prozesse oder ihr Ausfall können unerwünschte soziale und
                                                                           deutsche Unternehmen zukünftig strenger zu prüfen. Zwar       ökonomische Folgen haben, so die Bundesregierung. Folge-
                                                                           stehen mit der Außenwirtschaftsverordnung bereits jetzt       richtig dürften Wohlfahrtseffekte durch die Abschaffung von
                                                                           Instrumente zur Verfügung, um den Erwerb inländischer         Zöllen und Zollformalitäten geringer ausfallen.

                                                                          Erneuerbare Energien:
                                                                                                                          Globalisierung
                                                                          Windenergie löst Stein-                                                                       40                                66

                                                                          kohle ab                                        senkt Armut                                   32                                64

                                                                                                                          und Ungleichheit                              24                                62
                                                                                                                          Die Auswirkungen der Globalisierung
                                                                                                                                                                        16                                60
                                                                                                                          sind positiv. Das ist das Fazit im Jah-
                                                                                                                          resbericht der Bank für Internationa-         8                                 58
                                                                                                                          len Zahlungsausgleich. Entgegen der
                                                                                                                          Vorwürfe, die Globalisierung diene                 1985     1995       2005   2015
                                                                                                                          nur einigen Wenigen zu Lasten Vieler,                weltweite Armutsrate
                                                                                                                                                                               Gini-Koeffizient
                                                                                                                          überrascht die Deutlichkeit dieses Er-
                                                                                                                          gebnisses nur Wirklichkeitsverweige-          Quelle: BIZ
                                                                                                                          rer. Denn in den letzten drei Jahrzehn-
                                                                                                                          ten hat die Globalisierung nachweisbar    aus aller Welt zu kaufen, steigt der
                                                                                                                          maßgeblich zur Reduzierung von Ar-        Lebensstandard im Durchschnitt
                                                                                                                          mut und Ungleichheiten beigetragen.       für alle. Die zunehmende Interakti-
                                                                          Der Anteil der Erneuerbaren Energien an                                                   on auf den Weltmärkten führt bei
                                                                          der Bruttostromerzeugung ist laut den Be-       Der prozentuale Anteil der Armen (Ta-     den Unternehmen hingegen zu mehr
                                                                          rechnungen des Fraunhofer-Instituts für         geseinkommen unter 1,90 US-Dollar)        Konkurrenz und erhöhtem Standort-
                                                                          Solare Energiesysteme ISE im 1. Halbjahr        und der Wert des Gini-Koeffizienten       wettbewerb. Die Attraktivität des
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                                                                          auf rund 34 Prozent gestiegen. Die Wind-        (Ungleichheitsmaß) nehmen deutlich        Standortes ist entscheidend für eine
                                                                          energie hat die Steinkohle als zweitwich-       ab.Die ungelernten Arbeiter in den        Ansiedelung und somit ausschlagge-
                                                                          tigste Stromquelle abgelöst. Solar- und         Schwellen- und Entwicklungsländern        bend für Investitionen, Wachstum
                                                                          Windenergieanlagen produzierten zusam-          profitieren einerseits von der größe-     und Arbeitsplätze in einer Region.
                                                                          mengenommen mit 69,6 Terrawattstunden           ren Nachfrage auf dem globalen Ar-        Industrieländer, die die Herausfor-
                                                                          (TWh) sogar erstmals mehr Strom als die         beitsmarkt nach seiner Arbeitskraft       derungen in Wirtschaft und Gesell-
                                                                          Braunkohle mit 68 TWh, die aber weiterhin       und andererseits als Konsument von        schaft im Zuge der Globalisierung
                                                                          die wichtigste einzelne Stromquelle bleibt.     den fallenden Preisen aufgrund des        offensiv annehmen, verzeichnen hö-
                                                                          Das Ziel der Bundesregierung – einen An-        höheren Wettbewerbs. Betrachtet           here Wohlstandsgewinne als Länder,
                                                                          teil der Erneuerbaren Energien von 35           man die Einkommenszuwächse, ist           die die Globalisierung zu regulieren
                                                                          Prozent im Stromsektor bis 2020 – wurde         für die globale Mittelschicht nur ein     versuchen. Die positiven Effekte der
                                                                          damit bereits fast erreicht. Trotzdem wird      kleiner Zuwachs zu verzeichnen.           Globalisierung müssen weiter in den
                                                                          Deutschland das EU-Ziel für 2020 auf-           Die Mittelschicht der florierenden        Vordergrund rücken, um die Chancen
                                                                          grund von geringen Fortschritten im Ver-        Schwellenländer verzeichnet hinge-        voll ausschöpfen zu können.
                                                                          kehrs- und Wärmesektor voraussichtlich          gen die größten Zuwächse. Durch
                                                                          verfehlen. Dieses sieht einen Sektor über-      die Möglichkeit, bessere und günsti-                           Dr. Hans-Jürgen Völz
                                                                          greifenden Anteil der Erneuerbaren Ener-        gere Produkte und Dienstleistungen                            BVMW Chefvolkswirt
                                                                          gien von 18 Prozent vor.
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8   POLITIK   DER Mittelstand. | 5 | 2017

    Versäumnisse der
    GroKo – Aufgaben für die
    neue Bundesregierung
                 Deutschland steht im Herbst 2017 gut da: Während andere Teile der Welt nach
                 Wegen zu wirtschaftlicher Prosperität suchen, ist die Erwerbstätigkeit mit über
                 44 Millionen Menschen bei uns auf Rekordniveau, und immer mehr Wirtschafts-
                 forscher sagen für 2018 ein Wachstum oberhalb der zwei-Prozent-Marke voraus.
                 Doch das ist nur die eine Seite der Medaille.

                 Die Realität holt uns alle immer deutlicher ein:     1. Arbeitsmarkt
                 Deutschland fährt in vielen Bereichen bereits        Die Integration der Langzeitarbeitslosen gelingt
                 auf Verschleiß. Monatelang gesperrte Brücken,        nicht. Überbordende Bürokratie durch Aufzeich-
                 marode Straßen und Schienenwege, sanierungs-         nungs- und Dokumentationspflichten beim Min-
                 bedürftige Schulen, in vielen Regionen langsa-       destlohn belastet gerade Mittelständler noch zu-
                 mes oder gar kein Internet. Trotz des jahrelangen    sätzlich. Die Regulierung von Werkverträgen und
                 Aufschwungs, der dem Staat Rekordeinnahmen           Zeitarbeit behindert die Flexibilität und Dynamik
                 bescherte, wird viel zu wenig Geld in die Infra-     am Arbeitsmarkt. Schlimmer noch, denn mit der
                 struktur gesteckt. Stattdessen wächst der Sozi-      „Rente mit 63“ werden dringend benötigte Fach-
                 alsektor immer weiter. Mit 918 Milliarden Euro       kräfte dem Arbeitsmarkt systematisch entzogen.
                 kratzt der Anteil der Sozialausgaben an der Wirt-    Statt sich den Digitalisierungserfordernissen der
                 schaftsleistung schon an der 30-Prozentmarke.        Arbeitswelt – Stichwort „Arbeit 4.0“ – zuzuwen-
                 Darunter leidet vor die öffentliche Infrastruktur.   den, wurde ein völlig überflüssiges Entgelttrans-
                                                                      parenzgesetz beschlossen.
                 Schon längst zehrt Deutschland hier von der
                 Substanz. Allein die Kommunen schieben einen         2. Steuern und Finanzierung
                 Investitionsstau von 156 Milliarden Euro vor sich    Die Reform der Erbschaftsteuer ist misslungen.
                 her. Aber nicht nur der Staat, auch die Privat-      Sie ist bürokratisch, teuer und verfassungswid-
                 wirtschaft investiert zu wenig, weil die Rahmen-     rig. Der Generationenübergang im Mittelstand
                 bedingungen es nicht zulassen. Gut 90 Prozent        wird erschwert, wodurch Millionen Arbeitsplätze
                 der Investitionen in Deutschland finden in der       gefährdet werden. Mit einem Aufkommen von
                 Privatwirtschaft statt. 2016 betrug die Nettoin-     5,7 Milliarden Euro im Jahr 2016 trägt die Erb-
                 vestitionsquote nur noch 1,5 Prozent. Damit ist      schaftsteuer weniger als ein Prozent zum gesam-
                 Deutschland alles andere als gut für die Heraus-     ten Steueraufkommen bei. In Zeiten von Rekord-
                 forderungen der Zukunft gewappnet.                   steuereinnahmen wäre ihre Abschaffung leicht
                                                                      verkraftbar. Davon würde dann nicht nur der Mit-
                 Die neue Bundesregierung muss daher endlich          telstand profitieren, sondern auch die Steuerbe-
                 mittelstandsfreundliche      Rahmenbedingungen       hörden wären von unnötiger Bürokratie befreit.
                 herstellen. Die Vorrausetzungen dafür sind ange-     Das zugesagte Wagniskapitalgesetz zur leichte-
                 sichts des prall gefüllten Staatsäckels in der nun   ren Finanzierung von Start-ups steht weiter aus.
                                                                                                                          Foto: © franckreporter - istock.com

                 begonnenen 19. Legislaturperiode gegeben, allein
                 der politische Wille fehlt. Was nicht passieren      3. Energie
                 darf ist das „weiter so“ der letzten Bundesregie-    Die Stromsteuer frisst durch steigende Ab-
                 rung. Hier hat Schwarz-Rot zu wenig getan. Mehr      gaben und Umlagen die Gewinne der Mittel-
                 noch: Anstatt zu entlasten, bürdete die scheiden-    ständler mehr und mehr auf. Inzwischen be-
                 de Bundesregierung dem Mittelstand zusätzliche       trägt der Anteil von Steuern und Umlagen 50
                 Belastungen auf. In unserer Mittelstandsbilanz       Prozent des Strompreises. Versprochen wurde
                 benennen wir diese konkret in den politischen        uns im Koalitionsvertrag die Begrenzung des
                 Kernfeldern:                                         Kostenanstiegs, eingetreten ist das Gegenteil.
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DER Mittelstand. | 5 | 2017      POLITIK             9

Daher fordern wir von der nächsten Bundesre-      Unternehmen haben die Grenze von 45 Milliar-
gierung die Senkung der Stromsteuer auf das       den Euro im Jahr 2016 überschritten – und sie
europäische Mindestniveau und die Abschaf-        steigen weiter.
fung der EEG-Umlage, die uns mit 40 Milliar-
den Euro im Jahr belastet. Ebenso ist aus dem     Durch die One-in-One-out-Klausel sollte aber
versprochenen schnelleren Netzausbau nichts       eigentlich sichergestellt werden, dass bei Ein-
geworden.                                         führung einer neuen staatlichen Bürokratie-
                                                  pflicht eine andere entfällt, um die Wirtschaft
4. Forschung und Innovation                       nicht noch weiter zu belasten. Als Sündenbock
Laut Koalitionsvertrag sollten die Rahmenbe-      muss die Brüsseler Bürokratie herhalten, die den
dingungen für Innovationen und Investitionen      deutschen Bürokratieabbau aushebelt.
im Mittelstand verbessert werden. Tatsächlich
wurden Initiativen wie die High-Tech-Strate-      Angesichts dieser Auswahl von Politikberei-
gie oder High-Tech-Gründerfonds ins Leben         chen ohne nennenswerte Fortschritte in Rich-
gerufen. Aber das zentrale Element, die steu-     tung Vorfahrt für kleine und mittlere Unter-
erliche Forschungs- und Entwicklungsförde-        nehmen, ist es kaum verwunderlich, dass der
rung, bleibt uns die Politik weiter schuldig.     Mittelstand die Arbeit der Großen Koalition in den
Das Ergebnis ist ein stetiger Rückgang der        letzten vier Jahren alles in allem nicht gerade
Gründungen.                                       positiv bewertet. In der Unternehmerumfrage
                                                  des BVMW vergab nur ein Drittel die Schulnote
5. Bürokratie                                     „befriedigend“, 21 Prozent ein „ausreichend“
Ein besonders krasses Beispiel für Politik-       und fast ein weiteres Drittel ein „mangelhaft“ für
versagen ist das Auseinanderklaffen von           die Leistungen der Großen Koalition. Die Hoff-
Anspruch und Wirklichkeit beim Bürokra-           nungen richten sich also ganz klar auf die neue        Dr. Hans-Jürgen Völz
tieabbau. Die Bürokratiekosten bei den            Bundesregierung.                                     BVMW Chefvolkswirt

 Jamaika nur im Bündnis mit dem Mittelstand
 Das Ergebnis der Bundestagswahl: ein Erdbeben in Deutschland! Die SPD hat sich schon am
 Wahlabend aus der Verantwortung für eine kommende Bundesregierung gestohlen. Nach dem
 Wahlergebnis bleibt nur eine einzige Regierungskonstellation übrig: Jamaika – oder Neuwah-
 len. Neuwahlen wären in der jetzigen Zeit unverantwortlich. Das Verhalten der SPD ist in keiner
 Weise nachvollziehbar und auch enttäuschend.

 In der Umfrage bei unseren Mittelständlern war Schwarz-Gelb der klare Favorit, an zweiter Stel-
 le stand Jamaika. Ein Jamaika-Bündnis wäre sicher keine Liebeshochzeit, aber bietet bei allen
 Schwierigkeiten auch erhebliche Chancen, wenn solch eine Regierung solide vorbereitet wird. Im
 Bündnis mit dem Mittelstand könnten in der Wirtschafts-, Bildungs-, Digital- und Energiepolitik
 sogar neue Perspektiven eröffnet werden.

 Der BVMW erwartet dieses Mal bei der Regierungsbildung keine Hinterzimmerabspra-
 chen, sondern einen vollkommen neuen Weg einer Bürgerregierung, die die Menschen dieses
 Landes bei der Erarbeitung eines Koalitionsvertrages in vollem Umfang mitbeteiligt. Von der
 Bundeskanzlerin erwarten wir nach dieser tiefroten Karte durch die Wähler mehr Demut und ein
 offeneres Ohr für die Interessen der Mitte der Gesellschaft und des Mittelstandes als Rückgrat
 unserer Wirtschaft.

 Wenn am Schluss FDP und Grüne dazu beitragen, dass der Mittelstand wieder ins Zentrum
 der Wirtschaftspolitik gerückt wird, dann würde das unserem Land gut tun. Dies muss sich
 dann aber auch in einer mittelstandsfreundlichen Ausrichtung der Regierungspolitik zeigen:
 für eine Bildungsoffensive, für die Abschaffung des Soli, für eine steuerliche Forschungs-
 förderung, für einen digitalen Aufbruch, für eine echte Wagniskapitalfinanzierung, für den
 Erhalt des Bargeldes und für ein Einwanderungsgesetz. Deswegen darf es jetzt keine taktischen
 Spiele geben, und eine ernsthafte Sondierung für eine Jamaika-Koalition muss so schnell wie
 möglich starten.

                                                                                 Mario Ohoven
                                                                               BVMW Präsident
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10      POLITIK         DER Mittelstand. | 5 | 2017

     „Wir sind nicht
     die Melkkuh der Politik“
     Großplakate auf Lastern, rote Schilder und Trillerpfeifen – unüberseh- und unüberhörbar machten
     Mittelständler im Herzen der Haupstadt ihrem Unmut über die Politik Luft. An der Spitze des Protests:
     Mittelstandspräsident Mario Ohoven.
                                                                                                                                      Dr. Christina Lissimann, BVMW

                           So etwas hatte das politische Berlin noch nie ge-       mern immer neue Steuern und Abgaben aufbür-
                           sehen: Dicht gedrängt lauschten Unternehmerin-          det, anstatt sie zu entlasten.
                                                                                                                                      Fotos: Christian Kruppa,

                           nen und Unternehmer aus ganz Deutschland
                           der Ansprache von Mittelstandspräsident Mario           „Wir wollen nicht die Melkkuh der Politik sein“,
                           Ohoven direkt vor dem Brandenburger Tor. Seine          gab Ohoven die Losung vor. Er erinnerte an die
                           mitreißende Rede wurde immer wieder von Beifall         Leistung der Millionen mittelständischen Un-
                           unterbrochen. Buhrufe und schrille Pfiffe der Mit-      ternehmer in und für Deutschland. Sie sichern
                           telständler gab es für die Politik, die den Unterneh-   verlässlich 60 Prozent der Arbeitsplätze, bilden
DER Mittelstand. | 5 | 2017   POLITIK   11

acht von zehn Azubis aus und entwickeln 70 Pro-
zent der Patente. Dafür habe der Mittelstand
eigentlich die Anerkennung der Politik verdient,
er bekomme sie nur nicht, betonte der Mittel-
standspräsident. Im Gegenteil, das Engagement der
Unternehmer werde als etwas Selbstverständli-
ches betrachtet.
                                                     Voraussetzung dafür, so Ohoven, dass der Mit-
Mit ihrem Protest gegen die unfaire Behand-          telstand auch in Zukunft seine Rolle als Job- und
lung durch die Politik verbanden die Unterneh-       Wachstumsmotor erfüllen könne, sei beispiels-
mer ein klares Bekenntnis zur wirtschaftlichen       weise die Abschaffung von Erbschaftsteuer und
Zukunft Deutschlands: Ja zur Digitalisierung,        Solidaritätszuschlag. Bleiben müsse dagegen
Ja zur Mobilität, Ja zur Unternehmensnachfol-        das Bargeld. „Bargeld ist geprägte Freiheit“, rief
ge, und eine Reihe weiterer positiver Aussagen       Ohoven seinen Mitstreitern aus dem Mittelstand
waren auf ihren Schildern zu lesen, die sie in die   zu. „Bargeld bleibt!“ schallte ihre Antwort über den
Kameras der Fernsehteams hielten.                    Pariser Platz vor dem Brandenburger Tor.          
12       POLITIK              DER Mittelstand. | 5 | 2017

       Der Diesel – ein Auslaufmodell?
       Viele Mobilitäts- und Flottenmanager zögern, wenn es darum geht auf den Diesel zu verzichten.
       Denn dieser Antrieb stellt für Unternehmen und deren automobile Dienstreisen die effizienteste
       Wahl dar: Große Reichweite, niedrige Kosten, mächtig Power.

                                   Die deutschen Autobauer und ihr Verband glau-        wendung von Defeat Devices und des Verdachts
                                   ben, dass die von der EU gesetzten Umweltziele       der Markenmanipulation zuvorderst beim Volks-
                                   ohne den Diesel nicht erreichbar sind. Letzteres     wagen-Konzern (VW, Audi, Porsche, Seat und
                                   war ja die Hauptursache für die betrügerischen       Skoda) und bei Daimler.
                                   Aktivitäten, unter denen heute der Privat- wie der
                                   gewerbliche Markt leiden.                            Was bringt das Software-Update?
                                                                                        Manipulierte Pkw müssen zurück in die Werkstät-
                                   Grundsätzlich bedeutet das Umschwenken von           ten und Verbesserungen am Abgassystem über
                                   VW und anderen Herstellern für Automobile            sich ergehen lassen, die möglicherweise viel zu
                                   mit Benzin- bzw. Dieselmotoren wenig Gutes.          wenig oder gar nichts bringen, außer noch mehr
                                   Indes werden Verbrenner nicht schon morgen           Verdruss. Denn Ende Juli hatte das Verwaltungs-
                                   aussterben; es wird beide als Brückentechnolo-       gericht Stuttgart erklärt, dass Software-Updates
                                   gie zur E-Mobilität mit Sicherheit noch bis in die   allein kein hinreichendes Mittel zur Verbesse-
                                   2030er Jahre geben.                                  rung der Luft seien. Das heißt, es kann durchaus

Der Traum vom sauberen Diesel                 Umweltschonend fahren mit Gasantrieb.
ist zu Ende.

                                   Das konventionelle Antriebsportfolio soll als        Fahrverbote als Gegenmaßnahme zu den in zahl-
                                   Brücke in das E-Zeitalter hineinführen: Mit der      reichen Ballungszentren deutlich überhöhten
                                   beschleunigten Elektrifizierungsoffensive spricht    Stickstoffdioxidwerten geben.
                                   sich der VW-Konzern für einen geordneten Sys-
                                   temwechsel aus – mit dem modernen Verbren-           Vielen Flottenbetreibern, Handwerks- und
                                   nungsmotor als unverzichtbarer Brücke in das         Dienstleistungsbetrieben geht es dabei nicht
                                   emissionsfreie Zeitalter.                            allein um die Frage der Verbannung aus In-
                                                                                        nenstädten, sondern sie hätten auch gerne
                                   Wir erinnern uns: Mit Vernunft so ganz und gar       Antworten zum wahrscheinlichen Wertverlust
                                   nichts zu tun hatte, was erst Volkswagen, dann       ihrer Autos. Ihnen geht es ferner auch darum,
                                   Daimler, dann FCA und andere Autobauer Millio-       ob ihre Wagen weiter die einst versprochene
                                   nen von Kunden in Europa und Nordamerika mit         Leistung bringen, ob sie fortan durstiger sein
                                                                                                                                           Foto: Shell; CMG

                                   ihren manipulierten Dieselaggregaten zumuteten.      werden, ob es zu Motorschäden kommen
                                   Mit Ausnahme von BMW und Ford, denen keine           kann, wer die dann bezahlt und wer für den
                                   Manipulationen nachgewiesen worden sind, lau-        zeitlichen Ausfall während der Nachrüstung
                                   fen Ermittlungen wegen der millionenfachen Ver-      aufkommt.
DER Mittelstand. | 5 | 2017       POLITIK        13

Die zweifelsohne beste Lösung wäre gewesen,               telständische Unternehmen sind die Dummen.
die Hardware in Ordnung zu bringen. Aber das              Letzteren, die überwiegend Selbstzünder-Autos
lehnen alle Autobauer aus Kostengründen ab.               in ihren Fuhrparks betreiben, drohen entgegen
Ausgeschlossen aber ist sie dennoch nicht, sollte         den Beschwichtigungen von Berlin und der Au-
das Software-Update zu keinem befriedigenden              tobosse weiterhin Fahrverbote. Hinzu kommt,
Ergebnis kommen. Und so pocht denn auch der               dass die Restwerte von Dieselfahrzeugen, selbst
ADAC auf eine Verpflichtung der Automobil-                wenn sie nur ein oder zwei Jahre alt sind, rasant
bauer, bei modernen Dieselfahrzeugen der Eu-              fallen. Und sollte es sich um einen Kauffuhr-
ro-Klassen 5 und 6 die Hardware nachzurüsten,             park handeln, wird es ganz duster. Denn die Ge-
wo es technisch machbar und finanziell ange-              brauchtwagenpreise für Dieselfahrzeuge, egal
messen ist. Damit ließen sich dem Automobilclub           in welchem Segment, fallen.
zufolge Emissionen nachweislich um bis zu 90
Prozent reduzieren. Hier sei die Politik beim „Die-       Zwischenlösung Erdgas?
sel-Gipfel“ vor den wirtschaftlichen Interessen           Auf der Suche nach Alternativen zu herkömmli-
der Industrie eingeknickt, indem sie akzeptierte,         chen Kraftstoffen für Automobile fällt der Blick
dass betroffene Fahrzeuge „nur“ mit einem kos-            immer häufiger auf drei Buchstaben: CNG. Sie
tengünstigen Software-Update versehen werden              stehen für „compressed natural gas“, die eng-
müssen. Mit diesen Updates lassen sich Sticko-            lischsprachige Bezeichnung für „verdichtetes
xid-Emissionen im Fahrbetrieb zwar um etwa 25             natürliches Gas“. Haupterscheinungsform von
Prozent senken, allerdings seien sie längst nicht         CNG ist Erdgas, das in Millionen von Haushal-
so effektiv wie „echte“ Nachrüstungen. Das weiß           ten zum Heizen und zur Warmwasserbereitung,
die Auto-Industrie natürlich, spricht es aber nicht       aber auch zum Kochen verwendet wird. Eben-
offen aus. Sie hat kein Interesse an umfangreiche-        so alltagstauglich ist CNG als Energieträger für
ren Nachrüstungen, sondern sie will neue Autos            Mobilität. Allein auf deutschen Straßen fahren
verkaufen.                                                schon heute fast 100.000 Automobile mit CNG.
                                                          Sie verursachen bei vergleichbaren Fahrleistun-
Nachteile jetzt schon spürbar                             gen deutlich geringere Emissionen als Benzin-
An sich sollte es der Dieselgipfel richten. 5,3 Millio-   oder Diesel-Fahrzeuge.
nen Diesel-Pkw der Schadstoffklassen Euro 5 und
6, darunter die ohnehin bekannten 2,5 Millionen           Das Klimaschutz-Potenzial von CNG war auch
Pkw der Marke VW, die nachgerüstet werden sol-            ausschlaggebend für den jüngsten Beschluss
len, Wechselprämien nahezu aller Autobauer und            des Deutschen Bundestags über die Verlänge-
ein Umweltfonds mit einer halben Milliarde Euro           rung der Steuerbegünstigung von Erdgas bis
– ob es ein Abschiedsprozess vom Diesel wird,             2026. Damit ist sichergestellt, dass CNG auch in      Gernot Zielonka
wir werden sehen. Fakt ist: Die Autoindustrie hat         Zukunft eine alltagstaugliche, flächendeckend         General Manager DMM –
                                                                                                                Der Mobilitätsmanager
nicht geliefert, und die schwarzrot geführte Bun-         verfügbare sowie kostengünstige, nachhaltige
desregierung hat weggeschaut. Ergebnis: Viele             und zukunftsfähige Alternative für die Mobilität      www.dmm.travel/news/
private Fahrzeughalter aber auch zahllose mit-            auf Deutschlands Straßen darstellt.                 home/

 Mittelstandsverband                   Angesichts der Pläne ande-          tan liegt der Durchschnitts-
 gegen E-Quote                         rer europäischer Staaten se-        wert deutscher Neuwagen
 Nach dem Dieselgipfel werden          hen sich die Grünen in ihrem        bei 127 Gramm. Die Autoher-
 zunehmend Stimmen laut, die           Ziel bestätigt, in Deutschland      steller werden den Kohlendi-
 die Einführung einer verbind-         ab 2030 nur noch abgasfreie         oxid-Ausstoß nach Meinung
 lichen Quote für Elektroautos         Autos neu zuzulassen. Viele         Ohovens allein schon deshalb
 in Europa fordern. Eine solche        deutsche Branchenexperten           senken, um Strafzahlungen zu
 E-Quote setzt China schon             fordern ebenfalls rigidere Ab-      vermeiden. Der Präsident des
 2018 um, übrigens gegen den           gasgrenzwerte und die dazu          Bundesverbands mittelständi-
 Widerstand von Bundeskanz-            notwendigen politischen Leit-       sche Wirtschaft (BVMW) wei-
 lerin Angela Merkel, die die in       planken.                            ter: „Was wir jetzt brauchen,
 Sachen E-Mobilität um Licht-                                              ist eine Nachrüstung der al-
 jahre zurückgefallene deut-           Indes wäre eine E-Quote nicht       ten Dieselfahrzeuge und eine
 sche Autoindustrie schützen           nur unsinnig, sondern auch          Rückkaufpflicht für Hersteller
 will. Norwegen verbietet ab           überflüssig, betont Mittel-         bei manipulierten, gewerb-
 2025 die Einfuhr von Autos            standspräsident Mario Oho-          lich genutzten Dieselfahr-
 mit Verbrennermotoren, Hol-           ven. Die EU hat bereits ein Flot-   zeugen. Umweltprämien sind
 land voraussichtlich ab 2028,         tenziel von 95 Gramm CO2/           dagegen ein reines Marketin-
 Großbritannien und Frank-             km für neu zugelassene Pkw          ginstrument der deutschen
 reich ab 2040.                        ab 2020 festgesetzt. Momen-         Autoindustrie.“
14       POLITIK               DER Mittelstand. | 5 | 2017

     „Wertschöpfung
     im Land halten“
     „DER Mittelstand.“ im Gespräch mit Baden-Württembergs Wirtschaftsministerin
     Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut über Kompromissfindung, wirtschaftliche Transaktionsprozesse
     und Frauen in Wirtschaft und Politik.

                                                                                          ein Lernprozess. Der politische Diskurs und die
                                                                                          nötige Kompromissfindung in einer Demokratie
                                                                                          mögen für Unternehmer, die es gewohnt sind,
                                                                                          Entscheidungen zu treffen und dafür geradezu-
                                                                                          stehen, bisweilen schwer nachzuvollziehen sein,
                                                                                          zumal mit Blick auf den Zeitbedarf mancher Ent-
                                                                                          scheidungen. Am Ende des Tages müssen aber
                                                                                          letztlich auch Politiker Entscheidungen fällen.
                                                                                          Das ist – zumal in Koalitionen – nicht immer ein-
                                                                                          fach, die nötige Mehrheitsfindung braucht Zeit.

                                                                                          Was konnten Sie an Arbeitsmethoden und
                                                                                          Strategien mitnehmen und was mussten Sie
                                                                                          neu lernen?

                                                                                          Ich bin in einer Unternehmerfamilie groß gewor-
                                                                                          den und mit den Strukturen, die die baden-würt-
                                                                                          tembergische Wirtschaft mit ihren vielen kleinen
                                                                                          und mittelständischen Firmen ausmachen, bes-
                                                                                          tens vertraut. Ich habe dadurch ein Vorwissen
                                                                                          mit ins Amt gebracht, das für mich jetzt, als Wirt-
                                                                                          schaftsministerin, hilfreich ist.

                                                                                          Gewöhnen musste ich mich daran, in der Öffent-
                                                                                          lichkeit zu stehen. Als Ministerin ist man eine öf-
                                                                                          fentliche Person, und eigene Äußerungen haben
                                                                                          eine andere Wirkung. Man hat mit seinen Ent-
                                                                                          scheidungen einen viel größeren Einfluss.

                                                                                          Baden-Württemberg strotzt vor Wirtschafts-
                                                                                          kraft, welche Wandlungen muss es geben,
                                                                                          damit das so bleibt?
     Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut, Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau in
     Baden-Württemberg.                                                                   Die Wirtschaft, nicht nur in Baden-Württem-
                                                                                          berg, steht vor gewaltigen Herausforderungen.
                                   DER Mittelstand.: Frau Hoffmeister-Kraut, Sie          Eine davon ist die Digitalisierung, die quasi jede
                                   kommen aus einem Familienunternehmen und               Branche tangiert. Hier müssen wir insbeson-
                                                                                                                                                Foto: © alphaspirit - fotolia.com

                                   sind jetzt Landeswirtschaftsministerin, quasi auf      dere unsere mittelständischen Unternehmen
                                   einem politischen Posten im öffentlichen Dienst,       mit auf den Weg nehmen und sensibilisieren.
                                   welche Unterschiede können Sie feststellen?            Dafür habe ich unsere Initiative Wirtschaft
                                                                                          4.0 Baden-Württemberg ins Leben gerufen.
                                   Dr. Nicole Hoffmeister-Kraut: Wirtschaftsle-
                                   ben und Politikbetrieb sind zwei Welten. Ich bin       In diesem Umbruch sind wir zudem auf neue Ideen
                                   in der ersten aufgewachsen, mittlerweile aber          angewiesen, um unsere Wirtschaftsstärke in Zu-
                                   in der zweiten angekommen. Das war durchaus            kunft zu sichern. Deshalb liegt es mir besonders am
Verwalten
Herzen, Start-ups im Land zu fördern – finanziell
                                                        Sie Ihre
und durch eine bessere Infrastruktur, damit Grün-
der mit ihren Ideen schneller am Markt sind.            Mitarbeiter
Ein großer Brocken, der uns beschäftigt, ist
darüber hinaus der Transformationsprozess in der        nicht als
                                                        Einzelteile.
Automobilindustrie hin zur Elektromobilität und
zum autonomen Fahren, den wir erfolgreich mit-
gestalten wollen. Das soll Beschäftigung und Wert-
schöpfung im Land halten und den Standort Baden-
Württemberg zukunftssicher machen.                      Mit Agenda entdecken
Schwarz-Grün klingt nach scharfen Gegensätzen           Sie ihr volles Potenzial.
in der Regierungsarbeit, oder erzeugt Reibung hier
auch Wärme und Energie?

Im Kabinett und auch mit den Kolleginnen und
Kollegen in der Koalition herrscht ein gutes Klima.
Natürlich sind es zwei verschiedene Parteien, nicht
eine. Das führt mitunter zu sportlicher Konkurrenz
der Ressorts in manchen Bereichen. Aber wir wol-
len ja insgesamt erfolgreiche Arbeit machen, das
Land voranbringen, gemeinsam die Ziele für die
Zukunft Baden-Württembergs erreichen, die wir
uns gesetzt haben.

Wirtschaftsministerinnen gab und gibt es äußerst
selten, spüren Sie negative Vorurteile?

Keineswegs. Frauen in Führungspositionen – ob in
der Wirtschaft oder in der Politik – sollten ohnehin
etwas Selbstverständliches sein. Trotzdem spielen
Frauen in Führungspositionen aber noch zu we-
nig eine Rolle, obwohl Frauen in der Wirtschaft an
sich eine starke Rolle haben. Da kann ich als Wirt-
schaftsministerin vielleicht besser mitfühlen und
mehr bewirken als ein Mann.

Die Rolle von Frauen in der Wirtschaft oder auch in
der Wirtschaftspolitik zu stärken, ist auch ein we-
sentlicher Aspekt unserer Strategie zur Fachkräf-
tesicherung. Das fängt mit Aspekten der Vereinbar-
keit von Beruf und Familie an, tangiert aber auch die
Unterstützung von Unternehmensgründerinnen. 
                                                        Personalwesen-Software,
         Das Interview f ührte Dr. Ulrich Köppen.       die ganze Arbeit leistet.

                                                          agenda-personal.de
16       POLITIK            DER Mittelstand. | 5 | 2017

      Kommentar

      Ordnungspolitische
      Wende in NRW
      Nordrhein-Westfalen gilt als wirtschaftliches Sorgenkind der Bundesrepublik.
      Die bürgerliche Landesregierung aus CDU und FDP setzt auf eine ordnungspolitische Wende.
      BVMW-Positionen spielen eine ganz wesentliche Rolle bei der avisierten Aufholjagd der früheren
      Herzkammer der Industrie.

                                                                                   bürokratischer Moloch für das Gastrogewerbe,
                                                                                   noch vor ihrer Einführung gestrichen werden.
                                                                                   Weitere bürokratische Leviathane werden fol-
                                                                                   gen. So soll das Tariftreuegesetz, das gerade
                                                                                   kleinen Betrieben im Bieterverfahren bei öffent-
                                                                                   lichen Ausschreibungen die Tür vor der Nase
                                                                                   zuschlug, ebenso gestrichen werden wie das
                                                                                   NRW-Klimaschutzgesetz, das ökologische Stan-
                                                                                   dards über den EU-Rahmen hinaus verschärfte
                                                                                   und der industrienahen mittelständischen Wirt-
                                                                                   schaft erhebliche Sorgen bereitete. Eine weitere
                                                                                   Stellschraube der ordnungspolitischen Agenda
                                                                                   wird die kommunale Investitionspolitik sein, die
                                                                                   sich wirtschaftsfreundlich gerieren soll. So soll
                                                                                   der Landesentwicklungsplan (LEP), der die po-
                                                                                   tenziell ausweisbaren Industrieflächen erheblich
                                                                                   beschnitt und Investitionspotenziale der Privat-
                                                                                   wirtschaft zerschmetterte, aufgeschnürt wer-
                                                                                   den, um Platz für Investitionen und neue Jobs zu
                                                                                   schaffen. Alles dies sind ordnungspolitische For-
                                                                                   derungen des BVMW, der immer für flexiblere
                                                                                   Rahmenbedingungen in NRW warb.

                                                                                   Schulfach Wirtschaft
                                                                                   Von Entfesselung der NRW-Wirtschaft ist
                               Als am 14. Mai dieses Jahres der Wähler den Par-    in diesem Zusammenhang im Umfeld des Düs-
                               teien von CDU und FDP eine hauchdünne parla-        seldorfer Wirtschaftsressorts häufig die Rede.
                               mentarische Mehrheit beschert hatte, begann ein     Diese Begeisterung für den Mittelstand und
                               geräuschloser Regierungswechsel. Pragmatismus       den Wirtschaftsstandardort färbt nun ab auf
                               und Effektivität prägten die Verhandlungen der      die Curricula der weiterführenden Schulen.
                               bürgerlichen Koalition, die auch gleich bemüht      Die neue Landesschulministerin Yvonne Ge-
                               war, sich mit dem Etikett „NRW-Koalition“ einen     bauer (FDP) griff eine BVMW-Forderung auf
                               quasi präsidentiellen, überparteilichen Charakter   und wird schrittweise das Schulfach Wirt-
                               zu verleihen. Nun gut, dies ist Parteitaktik und    schaft in den Schulbetrieb einflechten. Bei
                               ein probates Mittel zu Wahlkampfzeiten. Für den     der kleinen schulpolitischen Revolution geht
                                                                                                                                       Foto: © chelovek - istock.com

                               Mittelstand und die Bürger Nordrhein-Westfa-        es nicht um betriebswirtschaftliche Trocken-
                               lens zählen nun die harten Fakten, die der Wahl-    übungen. Gründergeist und Unternehmertum
                               prosa folgen.                                       sollen ebenso im Unterricht abgebildet werden
                                                                                   wie volkswirtschaftliche Grundzusammenhän-
            Thomas Kolbe       BVMW-Forderungen übernommen                         ge, eingebettet in einen sozialwissenschaftlichen
     BVMW-Pressesprecher       Erste ordnungspolitische Schritte können sich       Kontext. Gut so! NRW kann gute Unternehmer
      Nordrhein-Westfalen      sehen lassen: So soll die „Hygieneampel“, ein       gebrauchen.                                    
UGANDA © Matthias Steinbach
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18       POLITIK              DER Mittelstand. | 5 | 2017

     Chancengeber Mittelstand –
     Erfolgreiche BVMW-
     Bundestagung
     Nutzen für die Mitglieder, Chancen für den Mittelstand: Auf der 2. Bundestagung des BVMW
     in 2017 kamen über 300 Verbandsrepäsentanten aus dem In- und Ausland in Berlin zusammen.
     Spitzenpolitiker, Diplomaten und Topmedienvertreter gaben dem Verband und seinen
     Mitgliedern exklusive Informationen und neue Impulse.

                                                           In seinem richtungswei-      angesichts von bundesweit mehr als 850.000 Re-
                                                           senden Eröffnungsvortrag     alschülern für eine Stärkung der mittleren Bildung.
                                                           analysierte Mario Oho-
                                                           ven die Herausforderun-      „Unternehmertum. Freiheit. Sicherheit“, unter
                                                           gen für den Mittelstand      diesem Motto diskutierten im Vorfeld der Wahl
                                                           im    Bundestagswahljahr.    die Mittelstandsbeauftragte der scheidenden
                                                           „Deutschland fährt auf       Bundesregierung, Staatssekretärin Iris Gleicke
                                                           Verschleiß“, warnte der      (SPD), Grünen-Vorsitzende Dr. Simone Peter,
                                                           Mittelstandspräsident. Er    CDU-Bundesschatzmeister Dr. Philipp Murmann,
                                                           zog eine kritische Bilanz    Matthias Höhn, Bundesgeschäftsführer der Lin-
                                                           der scheidenden Bundes-      ken, und Sachsen-Anhalts FDP-Landeschef Frank
                                                           regierung:    Schwarz-Rot    Sitta. Als Moderator brillierte ntv-Geschäfts-
                                                           habe viel versprochen und    führer Hans Demmel, zugleich Vorstandsvorsit-
                                                           wenig gehalten. „Nur gegen   zender des Verbandes Privater Rundfunk und
                                                           starke Widerstände konnte    Telemedien.
                                                           der BVMW mittelstands-
                                                           freundliche Verbesserun-     Journalistische Glanzlichter setzten Jörg Quoos,
                                                           gen wie die Anhebung der     Chefredakteur der Funke Medien-Gruppe, und Bild
                                                           Schwellenwerte bei der       am Sonntag-Chefredakteurin Marion Horn. Die Be-
                                                           Abschreibung geringwer-      deutung des Mittelstandes spiegele sich zu wenig
     Galaabend: Mario Ohoven mit Starsopranistin
     Julia Novikova und Startenor Dmytro Popow.            tiger Wirtschaftsgüter von   in den Medien wider, räumte Quoos ein. Eine Erklä-
                                                           410 auf 800 Euro durchset-   rung lieferte seine Kollegin: „Mittelstand klingt nicht
                                   zen. Die neue Bundesregierung muss den warmen        sexy.“ Marion Horn empfahl den Unternehmern,
                                   Worten für den Mittelstand endlich auch Taten fol-   selbstbewusster in der Öffentlichkeit aufzutreten.
                                   gen lassen“, betonte Ohoven.
                                                                                        Der Mittelstand als Wachstumsmotor in den Vi-
                                 In eine Kooperationsvereinbarung mit dem BVMW          segrad-Ländern stand im Mittelpunkt einer diplo-
                                 mündete die Keynote des Vorsitzenden der Landes-       matischen Podiumsrunde. Moderiert von BVWM
                                 rektorenkonferenz der Fachhochschulen in NRW,          Politikgeschäftsleiter Patrick Meinhardt, talkten
                                 Prof. Dr. Marcus Baumann. Der Biotechnologe be-        Ungarns Botschafter Dr. Peter Györkös, sein slo-
                                 klagte die Ungleichbehandlung bei der staatlichen      wakischer Amtskollege Dr. Peter Lizak, sowie die
                                 Förderung: Milliarden fließen an die Universitäten,    Botschaftsräte Dr. Tomas Ehler (Tschechien) und Dr.
                                 die Fachhochschulen mit ihrer produktorientierten      Jacek Rosa (Polen).
                                 Forschung gehen nahezu leer aus.
                                                                                        Mit einer fulminanten Rede seines Präsiden-
                                 Der Verband Deutscher Realschullehrer (VDR) trat       ten Reiner Holznagel stellte sich der Bund der
                                 auf der Bundestagung der Mittelstandsallianz des       Steuerzahler als Mitglied der Mittelstandsal-
                                 BVMW bei. Somit spricht diese künftig für 555.000      lianz vor. Holznagel warnte vor der horren-
                                 Mitglieder mit über 11 Millionen Beschäftigten.        den Staatsverschuldung von knapp 2 Billio-
                                 Der VDR-Bundesvorsitzende Jürgen Böhm warb             nen Euro und der wachsenden Steuer- und
DER Mittelstand. | 5 | 2017          POLITIK             19

                                   Abgabenlast. Von einem Euro nehme sich der Staat             In seiner inspirierenden und motivierenden Ab-
                                   fast 55 Cent.                                                schlussrede „Nur was gedacht wurde, existiert.“,
                                                                                                ging Mario Ohoven den psychologischen Ursa-
                                   Unternehmern exklusive Informationen und unmit-              chen des Erfolgs auf den Grund: „Nur wer die
                                   telbaren Nutzen zu bieten, darum ging es bei den             Kunst der Suggestion beherrscht, kann erfolg-
                                   Workshops und Impulsvorträgen für die Verbands-              reich sein“. Am Ende der überaus erfolgreichen
                                   repräsentanten. So machte sie Wohlfühl-Managerin             Bundestagung in Berlin dankten die Verbands-
                                   Masha Amoudadashi fit für Gespräche mit Mittel-              repräsentanten ihrem Präsidenten mit Standing
                                   ständlern vor Ort.                                           Ovations. 

                                                                                                                                                           Prof. Dr. Marcus Baumann, Vor-
                                                                                                                                                           sitzender der Landesrektoren-
                                                                                                                                                           konferenz der Fachhochschulen
                                                                                                                                                           NRW, sprach über die notwendi-
                                                                                                                                                           ge Kooperation von Hochschulen
                                                                                                                                                           und Wirtschaft.

                                   Impulsgeber: Mario Ohoven bei der Eröffnung
                                   der Bundestagung.                                            Jörg Quoos, Chefredakteur der Funke Medien Gruppe.
                                                                                                                                                           Gegen Steuerverschwendung:
                                                                                                                                                           Reiner Holznagel, Präsident
                                                                                                                                                           Bund der Steuerzahler.

                                   ntv Chef Hans Demmel (re.) moderierte die Politik-Talkrunde mit Matthias Höhn (Linke),
                                   Dr. Philipp Murmann (CDU), Iris Gleicke (SPD ), Dr. Simone Peter (Grüne) und Frank Sitta (FDP) (v. li.).

                                                                                                Neue Mitglieder der Mittelstandsallianz stellten sich      Standing Ovations erhielt Marion
                                   Diplomatisches Quintett (v. li.): Dr. Thomas Ehler (Bot-     vor (v. li.): Christoph Backes (Projektleiter Kompetenz-   Horn, Chefredakteurin der BILD
                                   schaftsrat der Tschechischen Republik), Dr. Peter Lizak      zentrum Kreativwirtschaft des Bundes), Dr. Oliver          am Sonntag, für ihren Vortrag.
                                   (Botschafter der Republik Slowakei), Dr. Jacek Rosa          Grün (Präsident Bundesverband IT- Mittelstand e. V.)
                                   (Botschaftsrat und Leiter der Wirtschaftsabteilung           Reiner Holznagel (Präsident Bund der Steuerzahler)
                                   Polen), Moderator Patrick Meinhardt (BVMW) und               mit Alexandra Horn (BVMW Leiterin Verbandskoope-
                                   Dr. Peter Györkös (Botschafter der Republik Ungarn).         rationen und Projekte).
Fotos: Christian Kruppa und BVMW

                                   Jürgen Böhm, Bundesvorsitzender des Verbandes                                                                           Feel Good Managerin Masha
                                   Deutscher Realschullehrer (re.), wurde von Mario Ohoven      In Workshops konnten sich die Teilnehmer gezielt           Amoudadashi begeisterte die
                                   als neues Mitglied in der Mittelstandsallianz begrüßt.       informieren und austauschen.                               Anwesenden.
20       POLITIK                DER Mittelstand. | 5 | 2017

     Mittelstandspräsident im Dialog
     Als gefragter Keynote-Speaker, mit der Teilnahme an zahlreichen, hochkarätigen Veranstaltungen
     und in Gesprächen mit hochkarätigen Persönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
     öffnet Mario Ohoven Türen für den unternehmerischen Mittelstand. Hier eine kleine Auswahl
     hochrangiger Treffen:

     Spitzentreffen mit
     Frankreichs Premierminister
     Im Rahmen seines Staatsbesuchs in Berlin traf
     der französische Premierminister Édouard Phi-
     lippe den deutschen und europäischen Mittel-
     standspräsidenten Mario Ohoven. Philippe stellte
     Frankreich als attraktiven Investitionsstandort für
     deutsche Mittelständler dar. Mit einem Handels-
     volumen von über 167 Milliarden Euro ist Nachbar
     Frankreich unser wichtigster Handelspartner in
     der EU.                                                  Mario Ohoven mit Frankreichs Premierminister Édouard Philippe …

                                                                 In Indien investieren
                                                                 Mario Ohoven traf Indiens Bot-         standspräsident waren übereinstim-
                                                                 schafterin I.E. Mukta D. Tomar,        mend der Auffassung, dass in den
                                                                 um Möglichkeiten der konkre-           bilateralen       Handelsbeziehungen
                                                                 ten Kooperation zu besprechen.         von aktuell knapp acht Milliarden
                                                                 Dabei wurde vereinbart, die            Euro und angesichts deutscher In-
                                                                 Mitglieder    des   Bundeswirt-        vestitionen in Indien von etwas über
                                                                 schaftssenates zu einem Emp-           sieben Milliarden Euro noch großes
                                                                 fang in der indischen Botschaft        Wachstumspotenzial besteht. Oho-
                                                                 einzuladen sowie im Rahmen             ven sicherte der Botschafterin zu,
                                                                 eines Botschafter-Roundtables          ihr Land bei den Verhandlungen über
                                                                 mit ausgesuchten Mitgliedsun-          ein Freihandelsabkommen zwischen
                                                                 ternehmen des BVMW Chancen             der EU und Indien zu unterstützen,
                                                                 und Herausforderungen in den           während die Botschafterin ihrerseits
                                                                 deutsch-indischen Wirtschafts-         die Kommunikation und die Infor-
                                                                 beziehungen zu diskutieren. Die        mation über Indien in Deutschland
     … mit der Botschafterin I. E. Mukta D. Tomar in der         Botschafterin und der Mittel-          verstärken will.                  
     indischen Botschaft …

                                                                                   Wachstumsmacht Ukraine
                                                                                   Auf einem offiziellen Empfang im Berliner Roten Rat-
                                                                                   haus gratulierte Mario Ohoven dem ukrainischen
                                                                                   Botschafter S. E. Andrij Melnyk zum 26. Unabhängig-
                                                                                   keitstag. Sie vereinbarten eine gemeinsame Veranstal-
                                                                                   tung in der ukrainischen Residenz mit ausgewählten
                                                                                   Mitgliedsunternehmen des BVMW, um über konkrete
                                                                                   Geschäftsmöglichkeiten zwischen beiden Ländern zu
                                                                                   sprechen. Mit über 40 Millionen Einwohnern bietet
                                                                                   die Ukraine großes Marktpotenzial für den deutschen
                                                                                   Mittelstand.                                      
     … mit dem ukrainischen Botschafter S. E. Andrij Melnyk …
DER Mittelstand. | 5 | 2017           POLITIK                21

Mehr Engagement
in Südosteuropa
Der deutsche Mittelstand möchte die wirtschaftliche Entwicklung
des Kosovo aktiv unterstützen. Dazu traf der europäische und
deutsche Mittelstandspräsident Mario Ohoven den kosovarischen
Botschafter, S. E. Skender Xhakaliu in der BVMW Bundeszentra-
le. Im Mittelpunkt des Gesprächs: der Ausbau der Beziehungen
zwischen mittelständischen Unternehmen beider Länder.                    … mit dem Botschafter des Kosovo, S. E. Skender Xhakaliu …

Ohoven trifft Leiter der                                             Dr. Ptassek, dass die britische Wirtschaft inzwischen deutlichen
deutschen Brexit-Taskforce                                           Druck auf die Downing Street ausübt, den harten Kurs zugunsten
Mittelstandspräsident Mario Ohoven und der Leiter der deut-          eines weichen Brexit aufzu-
schen Brexit-Taskforce Dr. Peter Ptassek haben die Auswir-           geben. Das setzt allerdings
kungen des Ausscheidens Großbritanniens aus der EU auf den           voraus, dass auch zukünftig
Mittelstand erörtert. Beide waren sich in dem im Auswärtigen         alle Binnenmarktregeln an-
Amt geführten Gespräch darin einig, dass einem weichen Bre-          erkannt werden. Abschlie-
xit eindeutig der Vorzug einzuräumen sei. Problematisch sind         ßend erläuterte Dr. Jutta
derzeit noch die völlig unbekannten Rahmenbedingungen. Am            Christine Marx, Mitglied des
gravierendsten wäre ein ungeregelter Brexit, wenn die Briten         Bundeswirtschaftssenats,
sowohl den Binnenmarkt als auch die Zollunion ohne eine Nach-        die in ihrem Unternehmen
folgeregelung verlassen. Alle bislang von den Briten vorgelegten     schon jetzt absehbaren
Papiere seien als Verhandlungsgrundlage unbrauchbar, so Ptas-        Konsequenzen des Brexit.
sek. So ist die in Rede stehende Austrittszahlung von 20 Milliar-    Neben Preisanpassungen
den Euro völlig unzureichend, um die Besicherung von Krediten        wegen der Pfund-Schwäche ... mit Dr. Peter Ptassek, dem
im Außenverhältnis und die Pensionsverpflichtungen abzude-           und absehbaren Zollformali- Beauftragten für Grundsatzfragen,
cken. Das Hauptproblem liegt bislang darin, dass die Briten kei-     täten bieten Fachkräfte ihre Gemeinschaftspolitiken und strategi-
                                                                                                     sche Koordinierung, stellv. Leiter der
ne Vorstellung von dem zukünftigen Verhältnis ihres Landes zur       Arbeit verstärkt auf dem Europaabteilung und Leiter der Brexit
EU-27 haben. Ein Hoffnungsschimmer ist nach Aussagen von             Kontinent an.               Task Force im Auswärtigen Amt ...

Werner & Mertz:
Vorbild für Nachhaltigkeit
Mario Ohoven überbrachte persönlich in Mainz die Glück-
wünsche des BVMW an Werner & Mertz. Im Rahmen der
150-Jahr-Feier des Traditionsunternehmens („Erdal“,
„Frosch“) überreichte der Mittelstandspräsident eine
Ehrenurkunde an Reinhard Schneider, Geschäftsführer
von Werner & Mertz und Vorsitzender der BVMW-Kom-
mission für Energie. Schneider wurde für sein vorbildliches
nachhaltiges Wirtschaften und sein Engagement für den
Mittelstand ausgezeichnet.                                        … und mit Werner & Mertz-Firmenchef Reinhard Schneider.

Ausriss aus Mario Ohovens Terminkalender

  06.09. Sommerfest von Sachsen-Anhalt in der Landesvertretung
  11.09. Preisverleihung Walter-Scheel-Preis in der Villa Hammerschmidt in Bonn
  14.09. Botschaftertreffen Costa Rica, El Salvador, Honduras, Guatemela, Nicaragua
  14.09. Westerwelle Foundation: Young Founders
  24.09. Wahlpartys von Union, SPD, Grünen und FDP
  27.09. Gespräch in der Botschaft Süd-Koreas in Berlin
  28.09. Keynote-Speaker auf dem großen Frankreich-Kongress in Köln
  29.09. CEA-PME-Jahresversammlung in Brüssel; Gespräch mit EU-Kommissar Günther Oettinger;
  Wahl des Präsidenten (s. S. 22)
  … und viele weitere Termine
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