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AUSGAB E 2011 LANDENTWICKLUNG AKTUELL Das Magazin des Bundesverbandes der gemeinnützigen Landgesellschaften Perspektiven für die Orts- und Regionalentwicklung Erfolgsfaktoren und Initiativen Neue Ansätze in der Regionalentwicklung Energie vom und für das Land Integrierte Bestandsentwicklung BLG
Gemeinnützige Landgesellschaften Partner für integrierte Landentwicklung Ländliche Entwicklung und die sie begleitenden Förderprogramme sind Aufgaben der Siedlungs- bzw. Landgesellschaften nur dann nachhaltig und effizient, wenn sie qualifiziert umgesetzt Umsetzung von Strukturförderprogrammen der EU (ELER, EFRE), werden. Bund und Ländern (GAK, GRW; Städtebauförderung): Bund, Ländern, Kommunen und privaten Akteuren stehen mit den Betreuung einzelbetrieblicher Investitionsmaßnahmen, gemeinnützigen Siedlungs- bzw. Landgesellschaften kompetente Ein- Planung, Standort- und Genehmigungsmanagement für Investi- richtungen zur Seite, die als Wirtschaftsunternehmen, mit öffentlicher tionsvorhaben, Beteiligung und unter öffentlicher Aufsicht förder- und ordnungspoli- Durchführung von Maßnahmen der Flurneuordnung, tische Aufgaben der ländlichen Entwicklung aktiv begleiten. Dienstleistungen im Rahmen des Vertragsnaturschutzes, Im Kontext eines sektorübergreifenden integrierten Förder- und Orts- und Regionalentwicklung; Erstellen und Umsetzen von Pla- Entwicklungsansatzes, fortschreitender Funktionalreformen in der Ver- nungen zur Land- und Gemeindeentwicklung inkl. integrierter re- waltung, zunehmender Bedeutung Öffentlich-Privater Partnerschaften gionaler Entwicklungskonzepte und integrierter Stadtentwicklung, in der Finanzierung, Umsetzung und Realisierung von Entwicklungs- Regionalmanagement, Begleitung von Leader-Aktionsgruppen vorhaben sowie der Moderation von Entwicklungsprozessen sind die Landgesellschaften kompetente Dienstleister und Partner für eine Vorausschauendes und integriertes nachhaltige, integrierte Entwicklung. Flächenmanagement In Deutschland gibt es neun gemeinnützige Siedlungs- bzw. Land- Zentrales Element der Entwicklungsaktivitäten der Landgesellschaf- gesellschaften, die in 10 Bundesländern und 2 Stadtstaaten als Ent- ten ist das umfassende Flächenmanagement, das in seiner Breite die wicklungsgesellschaften für die ländlichen Räume und die Verbesse- Besonderheit der Unternehmen ausmacht. Zum Flächenmanagement rung der Agrarstruktur tätig sind. der Landgesellschaften gehören: Landerwerb und Bodenbevorratung für Agrar- und Infrastruktur, ökologische und andere öffentliche Zwecke, Die Siedlungs- bzw. Landgesellschaften Ausübung des siedlungsrechtlichen Vorkaufsrechts in Verbindung haben ihre Rechtsgrundlage im Reichssiedlungsgesetz (RSG) mit dem Grundstückverkehrsgesetz, sind Kapitalgesellschaften mit unmittelbarer bzw. mittelbarer Betreuung und Durchführung überbetrieblicher Maßnahmen, wie mehrheitlicher Beteiligung der jeweiligen Bundesländer und sons- Beschleunigte Zusammenlegung, tiger Körperschaften des öffentlichen Rechts Freiwilliger Landtausch, sind Organe der Landespolitik zur Entwicklung ländlicher Räume, Bodenordnung und Zusammenführung von Gebäude- und Boden- sie unterstehen i. d. R. der Fachaufsicht des für Landwirtschaft eigentum, zuständigen Ressorts. In den Aufsichtsgremien sind weitere Lan- Verwaltung und Verwertung landeseigener Flächen und landwirt- desministerien vertreten. schaftlicher Immobilien, arbeiten als gemeinnützige Unternehmen in der Planung, Finan- Hofbörsen, zierung und Umsetzung strukturverbessernder Maßnahmen im Flächenagenturen für Ökopunkte. ländlichen Raum, die z. T. von der öffentlichen Hand gefördert Agrarstrukturelle Belange spielen beim Flächenmanagement der Land- werden gesellschaften eine besondere Rolle. Als vor allem im öffentlichen sind von den Ländern als allgemeine Sanierungs- und Entwick- Interesse tätige Unternehmen ist die Arbeit der Landgesellschaften lungsträger nach dem Baugesetzbuch anerkannt darauf ausgerichtet, die divergierenden Interessen verschiedener sind über ihren Bundesverband (BLG) deutschlandweit vernetzt Gruppen auszugleichen und Konflikte zu mindern. und eingebunden in den europäischen Verbund der Landentwick- lungseinrichtungen (AEIAR). Instrumenten-Mix für innovative Lösungen Ein Alleinstellungsmerkmal der Landgesellschaften ist der Instru- Die Unternehmensziele – Verbesserung der Agrarstruktur, Stärkung menten-Mix, den sie einsetzen können – ganz im Sinne einer inte- der Wirtschaftskraft sowie Verbesserung der Lebens-, Arbeits- sowie grierten und nachhaltigen Entwicklung. Dazu gehören die förder- Umweltverhältnisse in ländlichen Räumen – sind in den Satzungen politischen Instrumente und auch die Einbindung in den Vollzug der Landgesellschaften verankert und bestimmend für das breite der ordnungsrechtlichen Instrumente sowie eigenes wirtschaftliches Aufgaben- und Tätigkeitsprofil der Unternehmen. Engagement.
Perspektiven für die Orts- und Regionalentwicklung 3 Editorial Sehr geehrte Leserinnen, sehr geehrte Leser, die Orts- und Regionalentwick- erung der regionalen Entwicklung über Zielvereinbarungen, die Ge- lung gehört seit über 40 Jahren zu winnung neuer Zielgruppen und alternative Finanzierungsinstrumen- den satzungsgemäßen Aufgaben der te gedacht. Dies korrespondiert mit der Diskussion um neue Ansät- Landgesellschaften. In den 1970er zen in der Förderung und Finanzierung der Regionalentwicklung, die Jahren wurde mit der Einführung der ebenfalls in diesem Heft beleuchtet werden. Gemeinschaftsaufgaben zur Verbesse- Das BMVBS hat die Initiative »Ländliche Infrastruktur« gestartet. rung der Agrarstruktur und des Küs- »Energie vom und für das Land« schafft neue Perspektiven für die tenschutzes (GAK) sowie der regio- Orts- und Regionalentwicklung. Das Aktionsprogramm »Energie für nalen Wirtschaftsförderung (GRW) und morgen – Chancen für ländliche Räume« und die Wettbewerbe »Bio- dem Bund-Länder-Programm der Städ- energieregionen« und »Bioenergiedörfer« wirken hier als Impulsgeber. tebauforderung in Deutschland eine Die Landgesellschaften unterstützen diese Initiativen und wirken Neuordnung der Strukturpolitik ein- an deren Umsetzung mit. Sie stehen mit den Bundes- und Landes- geleitet. Die Landgesellschaften haben ihre Instrumente und Tätig- ministerien und untereinander in einem engen fachlichen Erfah- keitsfelder seinerzeit neu justiert und seither stets an den neuen rungsaustausch. Dies hilft den Landgesellschaften, ihre Instrumente Herausforderungen ausgerichtet. Die Tätigkeitsfelder reichen von und Dienstleistungen aktuell an die Aufgaben anzupassen und mit der agrarstrukturellen Vor- und späteren Entwicklungsplanung, der gebündeltem Know-how neue innovative Dienstleistungspakete zu Aussiedlung von Landwirtschaftsbetrieben aus Dorflagen, der Dorf- entwickeln – so beispielsweise für eine »integrierte Bestandsent- erneuerung und Umwidmung ehemaliger landwirtschaftlicher Bau- wicklung von Kommunen in ländlichen Räumen«, die in diesem Heft substanz bis zur heutigen integrierten ländlichen Entwicklungspla- vorgestellt wird, ebenso wie weitere praktische Beispiele der Orts- nung und dem Regionalmanagement. Die Landgesellschaften zählen und Regionalentwicklung. zu den ersten Sanierungsträgern nach dem früheren Städtebauför- Förderstrategien bedürfen der ordnungspolitischen Flankierung. derungsgesetz. Zu den Tätigkeiten zählen die Dorf- und Stadtkern- Durch die von der Bundesregierung vollzogene Energiewende kam es sanierung in ländlichen Räumen und die Mitwirkung bei der kom- schon im ersten Halbjahr 2011 zu einer Anpassung des Baugesetz- munalen Bodenordnung. Bestandteil des Flächenmanagements der buches. Eine »zweite« Novelle des Baurechtes zur Implementierung Landgesellschaften ist die umfassende Bodenbevorratung für viele der Folgen des demografischen Wandels in die Bauleitplanung durch Kommunen in ländlichen Räumen und für Infrastrukturmaßnahmen die weitere Stärkung der Innenentwicklung der Gemeinden steht an. von Bund, Ländern und Gemeinden. Hinzugekommen ist die Funk- Dabei ist im Vorfeld der Ressortgespräche auch das privilegierte land- tion als Flächenagenturen für den naturschutzrechtlichen Ausgleich wirtschaftliche Bauen von Tierhaltungsanlagen im Außenbereich in (Kompensation). Die Breite des Dienstleistungsangebotes und der die Diskussion geraten. Für die Zukunft der Tierhaltung ist dieses Pri- Mix an Instrumenten, die die Landgesellschaften bei der Orts- und vileg aus unserer Sicht unverzichtbar. Für die Standortsteuerung gibt Regionalentwicklung einsetzen, ist ihr Markenzeichen als ländliche es ausreichende Instrumente im Baurecht, diese verlangen aber eine Entwicklungsgesellschaften. aktive Gestaltung. Die Schaffung von Standortverhinderungsrechten Die Ortschaften in vielen ländlichen Regionen Deutschlands ste- ist der ländlichen Entwicklung abträglich. Ungeachtet dessen gilt es hen wegen der demografischen Veränderungen bei der Infrastruktur- an Strategien zu arbeiten, um die zunehmenden Akzeptanzprobleme auslastung und der Daseinsvorsorge vor neuen Herausforderungen. bei Investitionen für Tierhaltungsanlagen/Stallbauten, Biogas- und Dazu kommen Auswirkungen des (Agrar-)Strukturwandels sowie der Windenergieanlagen zu überwinden. Globalisierung der Wirtschaft. Andererseits entstehen aber auch neue Wir bedanken uns herzlich bei den Autorinnen und Autoren dieses Chancen für die Entwicklung in den ländlichen Räumen, für die Land- Heftes und wünschen Ihnen eine interessante Lektüre. wirtschaft, die gewerbliche Wirtschaft, für die Gemeinden, z. B. durch die Nutzung der Potenziale erneuerbarer Energien. In den Politikbereichen verschiedenster Bundesressorts sind eine Ihr Reihe von Maßnahmen und Vorhaben für die Orts- und Regionalent- wicklung in der Start- bzw. Umsetzungsphase. Über einige dieser Dr. Willy Boß Initiativen berichtet diese Ausgabe von Landentwicklung aktuell. Mit dem Modellvorhaben »LandZukunft« will das BMELV neue Vorsitzender des Vorstandes des BLG, Geschäftsführer Wege in der ländlichen Entwicklung erproben. Dabei ist an die Steu- der Landgesellschaft Sachsen-Anhalt mbH, Magdeburg
4 Landentwicklung aktuell | 2011 Perspektiven für die Orts- und Regionalentwicklung Inhalt Editorial Dr. Willy Boß 3 Erfolgsfaktoren für vitale ländliche Räume Prof. Dr. Rainer Danielzyk 5 Sicherung der Daseinsvorsorge in ländlichen Regionen – »Initiative Ländliche Infrastruktur« Oda Scheibelhuber 10 Integriertes Handeln: IMAG »Ländliche Räume« und Modellvorhaben »LandZukunft« Dr. Theodor Seegers 13 Neue Ansätze in der Regionalentwicklung Dr. Dirk Ahner, Dr. Wolfgang Münch 16 STATEMENTS: Innovative Finanzierungsinstrumente Revolvierender Fonds zur Förderung von Innovationen in der Agrarwirtschaft Dierk Francksen 20 Regionalisierte Teilbudgets in Niedersachsen Alexander Skubowski 21 Stadtentwicklungsfonds – interessant auch für ländliche Räume? Dr. Peter Jakubowski 22 Kommunen als wichtige Träger ländlicher Entwicklung – die Potenziale nutzen Dr. Reinhard Dettmann 24 STATEMENTS: Erfolgsfaktoren für vitale (ländliche) Gemeinden Handewitts »Erfolgsfaktoren« als vitale ländliche Gemeinde Dr. Arthur Christiansen 27 Flecken Bovenden: Traumhaft wohnen und leben im Plesseland … Heidrun Bäcker 28 Eckstedt: Vom inaktiven Schlafdorf zur lebendigen Gemeinde Rita Schmidtke 30 Gemeinde Dobbertin: Arbeitsgemeinschaft »Dorf im Dorf« Gesund alt werden auf dem Lande Horst Tober 31 Die Förderkulisse als Erfolgsfaktor regionaler Entwicklung … Christopher Toben 33 Integrierte Gemeindeentwicklung in Luxemburg – ein Blick zu den Nachbarn Arno Frising 35 Energiewende – Perspektiven für die Orts- und Regionalentwicklung Clemens Neumann 38 Neue Energie – vom Land! Udo Hemmerling 42 STATEMENT: »Unsere ökologisch denkende Stadt« Stadtwerke Neustrelitz weiterhin auf ökologischem Erfolgskurs Frank Schmetzke 45 Energie vom und für das Land – Finanzierungsinstrumente Dr. Christian Bock 47 Aktionsprogramm »Energie für morgen – Chancen für ländliche Räume« Dr. Andreas Schütte 49 25 Bioenergie-Regionen – Leuchttürme der Energiewende Daniela Rätz, Zdenka Hajkova 53 Bioenergie und Landnutzungsänderungen Peter Kreins 55 Stallneubauten nur unter Protest? – Akzeptanzprobleme bei Investitionen überwinden Prof. Dr. Gerhard Breitschuh 58 Integrierte Bestandsentwicklung – Landgesellschaften als Partner der Kommunen Stefan Engelhardt, Markus Löwer, Dirk Weidelhofer 60 Perspektiven für die Orts- und Regionalentwicklung – Beispiele aus der Tätigkeit der Landgesellschaften Naturschutz und Landwirtschaft arbeiten Hand in Hand Karl-Heinz Kolb 66 Bodenbevorratung als besonderes Instrument der Innenentwicklung Joachim Kothe 68 Natur- und Klimaschutz, ein Zukunftsthema der Landgesellschaft Hauke Kroll 69 Leader – Verstetigung regionaler Entwicklungsprozesse zur Entwicklung ländlicher Räume Heike Winkelmann 71 Stadt Tornesch: Baulandentwicklung durch erfolgreiche Betriebsumsiedlungen Rainer Schuldt 73 Regionales Entwicklungskonzept »Kleines Wiesental« … Thomas Bieler 75 zero:e park in Hannover-Wettbergen: Europas größte Null-Emissionssiedlung Andreas Kutscher 77 ILE-Region Westerzgebirge – vital, familienfreundlich, mit Tradition und Zukunft Dr. Wolfgang Huhn 79 Begegnungsstätte Schleusegrund – erfolgreiche Anpassung an demografische Entwicklung Thomas Saupe 80 Veröffentlichungshinweis: Chance! Demografischer Wandel vor Ort – Ideen, Konzepte, Beispiele 82
Perspektiven für die Orts- und Regionalentwicklung 5 Erfolgsfaktoren für vitale ländliche Räume Autor: Prof. Dr. Rainer Danielzyk Ländliche Räume in Deutschland sind von einer Vielzahl ländlicher Entwicklungs- muster gekennzeichnet und hinsichtlich ihrer demografischen, wirtschaftlichen und kulturellen Ausprägung stark ausdifferenziert. Perspektiven für die Zukunft in Form von konkreten Handlungsansätzen für ländliche Räume und Dörfer sind dementsprechend individuell anzupassen, sodass vorhandene Chancen eine sozioökonomisch relevante Entfaltung erfahren können. Der Beitrag stellt einige ausgewählte grundsätzliche Hand- lungsansätze für Entwicklungspfade dar. Ländliche Räume in Deutschland – benachteiligt Vertreter ländlicher Gebiete gibt, die diese im Interesse einer noch und vergessen? stärkeren Subventionierung gerne ausschließlich negativ charakte- risieren. Mit einem fachlichen, empirisch abgestützten Erkenntnis- Den ländlichen Raum gibt es nicht! stand hat das allerdings wenig zu tun. So hat die Ministerkonferenz Es ist eine weitverbreitete Überzeugung, dass »die Städte« für Raumordnung im Raumordnungspolitischen Handlungsrahmen prosperieren würden und »die ländlichen Räume« von immer grö- (MKRO 1995) schon vor eineinhalb Jahrzehnten fünf Typen länd- ßeren Problemen bedroht seien und in eine immer stärkere Abhän- licher Räume unterschieden, die die Vielfalt der Entwicklungsmuster gigkeit von den großen Zentren geraten würden. Diese Auffassung anzeigen sollen: Ländliche Räume mit Strukturschwäche, mit großer wird auch in der Fachliteratur gelegentlich vertreten, so etwa im Verkehrsgunst, mit hoher touristischer Attraktivität, mit günstigen »Lexikon der Geographie«, wo man unter dem Stichwort »ländlicher Agrar- und Produktionsbedingungen und mit industriellen Wachs- Raum« folgende Ausführungen findet: »… dass der ländliche Raum tumstendenzen. Auch wenn diese Typenbildung nicht voll überzeu- in der Sicht der Raumordnung eine ›Restgröße‹ bildet, spiegelt sich gen kann, so gilt in jedem Falle, was schon im Jahr 2000 der Bun- auch in der Sicht von Wissenschaftlern, Planern und Politikern, wel- desraumordnungsbericht (BBR 2000, S. 63) festgestellt hat: »Den che ihn häufig durch die ›urbane Brille‹ betrachten und dabei ent- ländlichen Raum gibt es nicht.« In der Tat sind ländliche Räume weder Defizite oder aber exotische Reize sehen und zentrale, von wie das Emsland, Oberbayern, die Uckermark oder das Fichtelgebirge oben ›oktroyierte‹ Steuerungsprogramme entwickeln, um in allen Beispiele für vollkommen unterschiedliche Entwicklungsverläufe. Teilräumen des Staatsgebietes gleichwertige Lebensbedingungen Daher sollte man am besten nur noch den Plural – »ländliche Räu- zu schaffen. … Tatsächlich belasten hohe Arbeitslosigkeit, Abwan- me« – verwenden. derung und Infrastrukturverfall viele ländliche Gebiete und Dörfer. Nicht selten entwickelt sich ein regionaler Teufelskreis wirtschaft- licher Stagnation oder gar Depression« (Henkel 2002, S. 302). Dann schiebt der Autor aber auch noch zwei Sätze nach: »Auf der anderen Prof. Dr. Rainer Danielzyk Seite stehen reiche Agrarlandschaften mit baulich und infrastruk- Universitäts-Professor für turell attraktiven und intakten Dörfern, welche durch die moderne Landesplanung und Raum- Verkehrserschließung (meist Autobahnen) einen Aufschwung erfah- forschung an der Fakultät ren haben … In anderen Regionen wurde der Tourismus zum Motor Architektur und Landschaft der eines wirtschaftlichen Aufschwungs« (ebd.). Leibniz-Universität Hannover; Zu Recht wird damit deutlich, dass es inzwischen eine Vielzahl Wissenschaftlicher Leiter des von ländlichen Entwicklungsmustern gibt, die sich kaum auf einen ILS – Institut für Landes- und Begriff bringen lassen. Sicher mag es manchen »Städter« geben, für Stadtentwicklungsforschung den der ländliche Raum eine allenfalls für Naherholung und Tou- Dortmund und Aachen rismus interessante »Restgröße« ist. Wie es aber auch politische
6 Landentwicklung aktuell | 2011 Foto: Thomas Wolf Die Lage zu wichtigen Verkehrsachsen ist einer der relevanten Entwicklungsaspekte für ländliche Regionen. Allerdings ist einzuräumen, dass es bislang keine wirklich über- Wichtig ist also die Erkenntnis, dass es eine ausgeprägte teil- zeugende Ausdifferenzierung von Entwicklungstypen ländlicher Re- räumliche Ausdifferenzierung von Entwicklungsmustern ländlicher gionen gibt, die bundesweit Gültigkeit beanspruchen könnte. Dafür Regionen gibt, weshalb auch Zukunftsperspektiven und entspre- müsste man eine ganze Anzahl relevanter Faktoren kombinieren, wie chende planungs- und strukturpolitische Handlungsansätze räum- etwa die Lage zu wichtigen Verkehrsachsen und Verdichtungsräu- lich sehr differenziert ausfallen müssen. Standardrezepte helfen hier men, die Dichte der Besiedlung, die landschaftliche bzw. touristische nicht weiter. Attraktivität, »Erblasten« durch frühere Industrialisierungsphasen usw. In der Regionalforschung (vgl. z. B. zusammenfassend Köhler Zukunft der Dörfer 2007, Tröger-Weiß …) wie auch in der Raumordnungspolitik (vgl. An dieser Stelle muss kurz darauf hingewiesen werden, dass sich etwa das Leitbild 1 der aktuellen Leitbilder zur Raumentwicklung in auch zum »Dorf von morgen« keine einheitlichen Aussagen machen MKRO 2006) wird immer wieder darauf hingewiesen, dass es auch lassen, vielmehr – wie hinsichtlich der Regionalentwicklung – auf außerhalb der Stadtregionen in ländlichen Räumen bemerkenswerte Differenzierungen zu achten ist. In einer bemerkenswerten Studie Wachstumsprozesse, sowohl Bevölkerung als auch Beschäftigung hat ein Team der TU München (Groß/Ritzinger/Magel 2011) vier betreffend, gibt. Hier ist etwa auf die ländlichen Räume im Nord- Szenarien zur Zukunft bayrischer Dörfer erarbeitet, deren Grund- westen Deutschlands, am Bodensee und in Bayern hinzuweisen. aussagen sich durchaus verallgemeinern lassen. In der hier gebo- Genauso gibt es aber auch strukturschwache, dünn besiedelte und tenen Kürze können nur die Überschriften dieser Szenarien genannt »peripherisierte« ländliche Räume mit großen strukturellen Proble- werden, die allerdings für sich sprechen: men. Zahlreiche Beispiele finden sich dafür etwa in Ostdeutschland, im Südwesten (Pfalz), in Franken, aber auch in Südniedersachsen/ Für die Dörfer im strukturschwachen peripheren Raum wird das Nordhessen. »Land-ohne-Leute-Szenario« vom »Patchwork-Dorf-Szenario« un-
Erfolgsfaktoren für vitale ländliche Räume | Prof. Dr. Rainer Danielzyk 7 terschieden. Letzteres zeichnet sich gegenüber Ersterem vor allem auf den »Output« (z. B. die Lebenserwartung, die Kindersterblich- dadurch aus, dass durch einen aktiven Umgang mit der strukturell keit usw.). Sollte sich eine gravierende Benachteiligung einzelner schwierigen Situation und ein bemerkenswertes zivilgesellschaft- Räume herausstellen, wäre Handeln geboten, wobei das nicht un- liches Engagement trotz schwieriger Rahmenbedingungen zukunfts- bedingt Erhalt oder Einrichtung materieller Infrastruktur bedeuten fähige und lebenswerte Dörfer erhalten bleiben. Da nicht in allen muss. alles vorgehalten werden kann, kommt es hier gerade auch auf eine überörtliche Kooperation bei der infrastrukturellen Ausstattung und Trends und Perspektiven der wirtschaftlichen Orientierung an. Für Dörfer in prosperierenden Ballungsräumen wird das »Schlaf- Trends dorf-Szenario« vom »Stadt und Land – Hand in Hand-Szenario« un- Die wesentlichen Rahmenbedingungen und Trends, die Entwicklungen terschieden. Während im ersteren monofunktionale Orientierungen ländlicher Räume beeinflussen und nach gestaltenden Antworten als Wohnstandort und Naherholungsraum für Städter dominieren, verlangen, sind weithin bekannt und werden deshalb hier nur kurz spielt auch hier wieder im zweiten Szenario das zivilgesellschaftliche angesprochen: Engagement eine besondere Rolle. Die nicht zuletzt durch die Nähe zur Stadt gegebenen Chancen werden aktiv genutzt, Dörfer auch im Demografischer Wandel: Abnahme, Alterung und Internationali- Sinne der Nutzungsmischung, z. B. als Arbeitsstandorte, profiliert. sierung der Bevölkerung; Globalisierung der Wirtschaft, der Kultur und der Politik; Diese sicher zugespitzt formulierten Szenarien weisen auf drei Wirtschaftskultureller Wandel hin zur Dienstleistungsgesellschaft Aspekte hin: Die notwendige teilräumliche Differenzierung ver- und Wissensökonomie mit kleineren Anteilen des primären und bunden mit dem Eingehen auf ortsspezifische Situationen, die Be- sekundären Sektors, die allerdings höchst entwickelt und techni- deutung zivilgesellschaftlichen Engagements und aktiven Handelns siert sind; sowie die Bedeutung einer kooperativen Grundeinstellung. Klimawandel mit seinen kleinräumlich vielfach nur sehr schwer vorhersehbaren Auswirkungen; Gleichwertige Lebensverhältnisse – eine realistische Privatisierung und Deregulierung, was sich insbesondere bei den Leitvorstellung? Infrastrukturen vielfach problematisch auswirkt. Zentrale Leitvorstellung räumlicher Entwicklungspolitik sind »die gleichwertigen Lebensverhältnisse«, die allerdings zurzeit vor dem Auch hier gilt, was im ersten Kapitel mehrfach deutlich betont Hintergrund veränderter Rahmenbedingungen und geringer wer- wurde: Diese Trends wirken sich teilräumlich und in den verschie- dender Handlungsspielräume der öffentlichen Hände verstärkt in die denen Entwicklungstypen ländlicher Räume höchst unterschiedlich Diskussion geraten sind (vgl. z. B. Beirat für Raumordnung 2005, aus. Zudem kommt es immer darauf an, mit welcher Haltung und mit 2007, Danielzyk 2009). Ohne zu sehr ins Detail gehen zu können, sei welchem Engagement auf sie reagiert wird: ob aktiv und gestaltend darauf hingewiesen, dass es zum einen um »Gleichwertigkeit« und oder eher passiv – erduldend. nicht um »Gleichheit« – wie immer wieder gerne missverstanden – geht, dass zum anderen bei grundsätzlichem Erhalt der Leitvorstel- Handlungsansätze lung ein Überdenken der Interpretation und der Strategien erfor- An dieser Stelle soll auf einige wenige Faktoren hingewiesen werden, derlich ist. Es ist zunehmend – keinesfalls nur aus finanziellen, son- die nach bisherigen Erfahrungen und in der Regel auch durch empi- dern auch aus inhaltlichen Gründen – sehr schwierig, einheitliche rische Studien belegt wichtige Erfolgsfaktoren für die Entwicklung Mindeststandards für bestimmte Ausstattungsmerkmale flächende- ländlicher Räume sind. Es versteht sich von selbst, dass die Faktoren ckend zu definieren. Das wird den teilräumlich unterschiedlichen nicht trennscharf unterschieden werden können, sondern vielfache Entwicklungsständen und -dynamiken nicht gerecht. Außerdem Überschneidungsbereiche aufweisen, und dass der »Erfolgsbeitrag« kommt man dann ganz schnell zu sehr schwierig zu beantwortenden jedes einzelnen Faktors nicht quantitativ zu bestimmen ist. Es geht Fragen: Kann man etwa die vielfach höhere Umweltqualität und vielmehr um Handlungsfelder, in denen kommunale und regionale niedrigeren Immobilienpreise in ländlichen Räumen gegen die mehr Politik in ländlichen Räumen im Interesse von deren Dynamik und oder weniger bessere infrastrukturelle Ausstattung der Städte auf- Erfolg aktiv werden muss. rechnen? Solche Überlegungen und Diskussionen führen in der Regel zu keinem befriedigenden Ergebnis. Wichtig ist demgegenüber, dass Studien in besonders dynamischen ländlichen Räumen (vgl. Daniel- die Chancengerechtigkeit gewahrt bleibt, insbesondere Zugangs- zyk 2007, Tröger-Weiß …) zeigen, dass den sogenannten weichen möglichkeiten zu wichtigen Infrastrukturen im Sinne einer guten Standortfaktoren eine besonders hohe Bedeutung zukommt. Dazu Daseinsvorsorge überall gegeben sind. können Aspekte zählen wie eine handlungsfähige, umsetzungsorien- Zur adäquaten Beurteilung sollte man weniger, wie bislang noch tierte und »gute« Verwaltung und Politik, in der kurze Entschei- verbreitet, auf den materiellen Input achten (die Zahl der Kranken- dungswege üblich sind und die Planungs- und Investitionssicher- hausbetten oder Arztpraxen je tausend Einwohner), sondern eher heit gewährleisten kann. Dazu können darüber hinaus auch eine
8 Landentwicklung aktuell | 2011 Ländliche Regionen weisen ausgeprägte teilräumliche Ausdifferenzierungen von Entwicklungsmustern auf. Das verlangt auch differenzierte Planungs- und strukturpolitische Handlungsansätze. Dies gilt auch für die Dörfer. leistungsorientierte »Arbeitsmentalität« der regionalen Bevölkerung dern vielmehr an die höchst bedeutsamen Klein- und Mittelstädte und deren Bereitschaft zu besonderem Engagement in der Arbeit inmitten ländlicher Räume, die als kleine Wachstums- und Innova- wie auch ehrenamtlich für das Gemeinwesen zählen. Diese Aspekte, tionspole im Interesse wirtschaftlicher Dynamik ebenso wie als insbesondere auch das zivilgesellschaftliche und ehrenamtliche »Ankerpunkte« der Infrastrukturen und Daseinsvorsorge in schrump- Engagement in Zeiten geringer werdender staatlicher Handlungs- fenden Regionen eine nicht zu vernachlässigende Bedeutung haben. spielräume und Aktionsfähigkeit, stellen ein besonderes Potenzial Gelegentlich wird hier immer noch, gerade auch in der Politik, ein und auch für wirtschaftliche Ansiedlungen einen besonderen Attrak- gewisser Interessengegensatz konstruiert, der nicht gegeben ist. tivitätsfaktor in ländlichen Räumen dar. Das wird zurzeit zweifellos Partnerschaftliche Kooperation ist hier das Gebot der Stunde, nicht schon in gewissen »Fällen« gewürdigt, aber als höchst relevanter Unterordnung der einen Seite unter die Interessen der anderen. Ge- Faktor der Regionalentwicklung, der auch unterstützt und entwickelt rade das differenzierte und dezentrale Städtesystem Mitteleuropas werden muss, noch viel zu wenig beachtet. Besonders gute Bei- ist ein besonderes Potenzial auch im Sinne der dynamischen Ent- spiele für Phänomene dieser Art lassen sich im westlichen Nieder- wicklung ländlicher Räume und muss von beiden Seiten als solches sachsen finden. verstanden und in Wert gesetzt werden. In gewisser Weise geht es hier um »räumliche Nachbarschaftshilfe auf kommunaler und regio- Ländliche Räume benötigen ohne jeden Zweifel eine gut ausge- naler Ebene« (vgl. auch Beirat für Raumentwicklung 2011). baute verkehrliche Infrastruktur (von Straßen und Bahnstrecken bis zur Breitbandverkabelung), um die aufgrund unzureichender Trag- Die »Energiewende« wird die Wettbewerbssituation vieler länd- fähigkeit und geringer Bevölkerungsdichte nicht unmittelbar vor licher Räume in positiver Hinsicht verändern. In den ländlichen Ort vorhandenen Einrichtungen zumindest in relativ überschaubaren Räumen gibt es eine immer stärker wachsende Nachfrage nach Zeiten erreichen zu können. Genau das ist mit der Chancengerech- Standorten für regenerative Energieerzeugung (Windkraft, Biomasse, tigkeit im Sinne gleichwertiger Zugänglichkeit gemeint. Im Zeitalter Wasserkraft, Fotovoltaik). Diese veränderte Nachfragesituation er- intensiver Telekommunikation sind die laufenden, aber noch aus- fordert die Gestaltung der Rahmenbedingungen, um die ländlichen baubedürftigen Initiativen zur besseren Breitbandversorgung länd- Standorträume an den Erträgen aus diesen Entwicklungen zu beteili- licher Räume von ganz besonderer Bedeutung. Aber auch hier zeigt gen. Einerseits ist eine möglichst dezentrale und auf regionale Wert- wieder ein Beispiel aus Westniedersachsen (der Bau der A 31), dass schöpfungsketten orientierte Energieversorgung im Interesse der auch klassische Formen »harter« Infrastruktur eine Relevanz haben ländlichen Räume notwendig, andererseits sollten sie von den neu- und ihr Ausbau durch entschlossenes kooperatives Handeln der re- en Standortansprüchen in der Energiewirtschaft profitieren können. gionalen Akteure gefördert werden kann. Zur Umsetzung dieser und anderer Zielvorstellungen bietet sich Besondere Aufmerksamkeit muss unbedingt der Überwindung des ein regionales Prozessmanagement als kontinuierlich bestehende scheinbaren Stadt-Land-Gegensatzes durch bessere Kooperation Einrichtung an, die die Interessen und Potenziale der vielfältigen von Stadt und Land gelten (vgl. auch das vierte Szenario »Stadt Akteure in ländlichen Räumen zusammenführt. Besonders geeignet und Land – Hand in Hand« in Kapitel 1.2). Wenn hier von Städten sind dafür nach allen Erfahrungen externe, aber mit der Region ver- die Rede ist, ist nicht an Großstädte und Metropolen gedacht, son- bundene Moderatoren, die auch jenseits des Agierens der regionalen
Erfolgsfaktoren für vitale ländliche Räume | Prof. Dr. Rainer Danielzyk 9 Die Zugangsmöglichkeiten zu wichtigen Infrastrukturen für die Daseinsvorsorge ist in ländlichen Regionen ein entscheidender Faktor Akteure auf bekannten Wegen neue Kooperationen und Zusammen- den Kommunen und Regionen zur Verfügung gestellt wird. Das wür- schlüsse initiieren sollten. Dabei ist die enge Verknüpfung externer de integratives, entscheidungsfreudiges und umsetzungsorientiertes Anregungen und der endogenen Handlungs- und Entwicklungspoten- Handeln ganz sicher vortrefflich unterstützen. ziale von besonderer Bedeutung, um die Dynamik entsprechend zu fördern. Gerade die in der EU-Strukturpolitik vielfach üblichen netz- Schlussbemerkungen werkorientierten kooperativen Handlungsansätze haben hier eine besondere Bedeutung. Entgegen manchen Unkenrufen sind ländliche Räume nicht per se benachteiligt, strukturschwach und verlassen. Selbstverständlich ist Hinsichtlich der finanziellen Förderung ist das Nebeneinander auch das Gegenteil nicht richtig. Gefordert ist vielmehr ein diffe- vielfältiger Programme und sektoraler Ansätze ein bekanntes Pro- renzierter Blick auf die vielfältigen Realitäten, die heutzutage in blem, das nie vollständig gelöst werden wird. Es wäre wünschenswert, ländlichen Räumen zu beobachten sind. Struktur- und planungspo- dass zumindest ein Teilbereich der insgesamt nicht zu vernachlässi- litische Strategien müssen dieser Vielfalt und der jeweiligen spezi- genden Finanzbetriebe zur Unterstützung ländlicher Entwicklungen fischen Situation gerecht werden, um im Interesse der ländlichen entsprechend der teilräumlich ausdifferenzierten Entwicklungsbe- Räume und ihrer Bewohner die bestmöglichen Entwicklungsansätze dingungen und Entwicklungspotenziale in Form von Regionalfonds umzusetzen. Literatur · Beirat für Raumentwicklung (2011): Zukunftskonzept »Daseinsvorsorge«. Denkanstöße und Handlungsansätze für periphere, strukturschwache, ländliche Räume. Bonn 2011. · Beirat für Raumordnung (2005): Stellungnahme des Beirats für Raumordnung zur raumordnerischen Diskussion der Ausgestaltung des Leitprinzips »Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse«. · Beirat für Raumordnung (2007): Empfehlungen des Beirates für Raumordnung zur »Räumlichen Ausgleichspolitik«. Berlin. · Danielzyk, R. (2007): Strategien von Wachstumsregionen in peripheren Räumen. Das Beispiel Emsland. In: Stefan Köhler (Hrsg.): Wachstumsregionen fernab der Metropolen – Chancen, Potenziale, Strategien. Hannover: Akademie für Raumforschung und Landesplanung 2007, S. 51–60 (= Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Arbeitsmaterial Nr. 334). · Danielzyk, R. (2009): Die neuen Leitbilder der Raumentwicklung und das Postulat der Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse. In: Marc GOTTWALD/ Markus LÖWER (Hrsg.): Demografischer Wandel – Herausforderungen und Handlungsansätze in Stadt und Region. Münster 2009, S. 27–38 (= Arbeitsgemeinschaft Angewandte Geographie Münster, Arbeitsberichte Heft 40). · Groß, C./A. Ritzinger/ H. Magel (2011): Auf der Suche nach dem Dorf von Morgen – Szenarien zur Funktionalität bayrischer Dörfer 2020. In: disp 185, S. 44–55. · Henkel, G. (2002): Ländliche Räume. In: Lexikon der Geographie. Band 2. Heidelberg. · Köhler, S. (2007) (Hrsg.): Wachstumsregionen fernab der Metropolen – Chancen, Potenziale, Strategien. Hannover: Akademie für Raumforschung und Landes- planung 2007 (= Akademie für Raumforschung und Landesplanung, Arbeitsmaterial Nr. 334). · MKRO: Ministerkonferenz für Raumordnung (1995): Raumordnungspolitischer Handlungsrahmen. Bonn 1995. · MKRO: Ministerkonferenz für Raumordnung (2006): Leitbilder der räumlichen Entwicklung in Deutschland. Berlin 2006. · Tröger-Weiß, G. u. a. (2008): Erfolgsbedingungen von Wachstumsmotoren außerhalb der Metropolen (= Werkstatt: Praxis Heft 56) Hrsg. vom BBSR. Bonn.
10 Landentwicklung aktuell | 2011 Sicherung der Daseinsvorsorge in ländlichen Regionen – »Initiative Ländliche Infrastruktur« Autorin: Oda Scheibelhuber Die Bundesregierung ist sich ihrer Verantwortung für die ländlichen Räume bewusst und hat im Koalitionsvertrag »Wachstum. Bildung. Zusammenhalt.« die Sicherung der Daseinsvorsorge in ländlichen Regionen als besondere Aufgabe definiert. Für das Bun- desministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hat Bundesminister Dr. Ramsauer Anfang 2010 die »Initiative Ländliche Infrastruktur« gestartet. Sie umfasst insbesondere die ländlichen peripheren Räume, die vor besonders großen Herausforderungen stehen. Bei dieser Initiative setzen wir insbesondere auf die regionalen Stärken, die Ideen und die Mitwirkung der Bürgerinnen und Bürger vor Ort und bündeln eine Vielzahl von Maßnah- men für eine Stärkung der ländlichen Räume unter einem Dach. Die Sehnsucht nach einem idyllischen Leben auf dem Lande ist Die kommunale Ebene braucht deshalb ausreichend Mittel und Ge- groß. Zahlreiche Hochglanzmagazine und Zeitschriften bedienen mit staltungsspielräume, um sie erfolgreich zu bewältigen. Es kommt überwältigendem Erfolg das Verlangen nach schöner Landschaft, fri- darauf an, den demografischen Wandel nicht nur als schwierige Her- scher Luft, gesunden, erntefrischen landwirtschaftlichen Produkten ausforderung zu begreifen, sondern den Wandel aktiv zu gestalten und einer schmucken Immobilie mit eigenem Garten. Hinzu kommt und so auch die Chancen zu nutzen. Denn eins ist sicher: Es ist für eine große Anzahl von Büchern auf den Bestsellerlisten, in denen den Bund von höchster Bedeutung, die städtischen und ländlichen ausgestiegene Städter über ihr Leben auf dem Lande berichten. Regionen gleichermaßen gut zu entwickeln. Die Schaffung gleich- Aber wie sieht es tatsächlich im ländlichen Raum aus? Sprechen wertiger Lebensverhältnisse bleibt oberste Priorität. nicht die Statistiken und Prognosen eine andere Sprache? Langfristig wird sich der demografische Wandel durch Bevölke- Heute leben in Deutschland etwa 82 Millionen Menschen; 2060 rungsrückgang, Alterung der Gesellschaft und anhaltende Binnen- werden es voraussichtlich nur noch etwa 65 bis 70 Millionen sein. wanderung noch stärker auf die ländlichen Räume auswirken. Damit Wir müssen uns also in absehbarer Zeit auf einen Bevölkerungsrück- diese Regionen nicht dauerhaft in ihrer wirtschaftlichen, sozialen gang um bis zu 20 Prozent einstellen. und ökologischen Entwicklung zurückfallen, muss die Politik ein be- sonderes Augenmerk auf sie richten. Demografischer Wandel – Herausforderung und Chance Erprobte und neue Instrumente Eine Besonderheit des demografischen Wandels in räumlicher Hinsicht Gerade das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwick- ist das Nebeneinander von Wachstums- und Schrumpfungsprozessen. lung (BMVBS) hat vielfältige Möglichkeiten, Städte und Gemeinden Daraus ergeben sich große Herausforderungen für eine koordinierte durch Investitionen in die Infrastruktur zu fördern, sie lebenswert Infrastrukturplanung und für die Gewährleistung der Daseinsvorsor- und funktionsfähig zu halten. Davon profitieren insbesondere auch ge. Denn immer weniger Menschen bedeuten rückläufige Auslastung, die kleineren Orte in den Regionen. Im Folgenden werden im Rahmen veränderte Nachfrage und steigende Kosten bei wichtigen Infra- der »Initiative Ländliche Infrastruktur« sowohl bereits erfolgreich strukturangeboten wie Schulen, kommunalen Ämtern oder kultu- erprobte als auch neue Instrumente aus dem Bereich des Städtebaus rellen Einrichtungen. Die wohnortnahen Einkaufsmöglichkeiten sind und der Bundesraumordnung vorgestellt. Am 29. und 30. Juni 2011 oftmals nicht mehr vorhanden, die ärztliche Versorgung wird zum hatten fast 400 Teilnehmerinnen und Teilnehmer in Berlin Gelegen- Teil auf einen Mindeststandard zurückgefahren. Viele dieser Pro- heit, sich beim Demografiekongress »Ideenforum für ländliche Infra- bleme betreffen insbesondere die kleineren Städte und Gemeinden. struktur« über diese Projekte zu informieren und zu diskutieren.
Sicherung der Daseinsvorsorge in ländlichen Regionen – »Initiative Ländliche Infrastruktur« | Oda Scheibelhuber 11 Städtebauförderung Insbesondere die Städtebauförderung ist für die kleineren Städte und Gemeinden in ländlichen Regionen ein wichtiges Förderinstrument. Mit dem neuen Städtebauförderungsprogramm »Kleinere Städte und Gemeinden« haben wir im Jahr 2010 gemeinsam mit den Ländern einen wesentlichen Impuls für unsere »Initiative ländliche Infra- Foto: Dirk Michael Deckbar struktur« gegeben. Gerade Klein- und Mittelstädte in ländlichen, dünn besiedelten Räumen sind wichtige wirtschaftliche, soziale und kulturelle Zentren und Ankerpunkte für die Sicherung der öffent- lichen Daseinsvorsorge. Durch das Städtebauförderungsprogramm werden Kommunen dabei unterstützt, ihre städtebauliche Infra- struktur der Daseinsvorsorge anzupassen und bedarfsgerecht zu ge- stalten. Dabei werden gezielt Kommunen gefördert, die überörtlich kooperieren und abgestimmte integrierte Konzepte erarbeiten. Es Auf dem Demografiekongress »Ideenforum für ländliche Infrastruk- ist gelungen, die Finanzhilfen des Bundes für dieses Programm von tur« wurden die Preisträger des Wettbewerbs »Menschen und Erfolge« 18 Mio. Euro im Jahr 2010 auf rund 35 Mio. Euro im Jahr 2011 ausgezeichnet. nahezu zu verdoppeln. Es zeigt sich schon jetzt, dass das neue Städtebauförderungsprogramm bundesweit den richtigen Nerv zahl- reicher kleiner Gemeinden im ländlichen Raum getroffen hat: So konnten bereits im ersten Programmjahr 76 Fördermaßnahmen in 75 kleineren Städten und Gemeinden begonnen werden. Für das Jahr 2011 wird von einer deutlichen Ausweitung ausgegangen. Wettbewerb »Menschen und Erfolge« Ein weiterer Bestandteil der Initiative ist der Wettbewerb »Menschen Foto: Göran Gnaudschun und Erfolge«, mit dem wir Kreativität und Engagement der Bürge- rinnen und Bürger zur Aufrechterhaltung und Ausgestaltung eines bedarfsgerechten Infrastrukturangebots in ländlichen Regionen würdigen wollen. Die erste Wettbewerbsrunde wurde mit der Ver- leihung von 15 Preisen und 6 Anerkennungen beim Demografiekon- gress erfolgreich abgeschlossen. Insgesamt war die Resonanz mit 585 hochqualifizierten und vielfältigen Wettbewerbsbeiträgen be- Produktionsschule Wolgast des Christlichen Jugendwerks auf der Insel eindruckend. Beeindruckend war auch, welch gute Ideen die Bür- Usedom-Zinnowitz gibt jungen Menschen eine (zweite) Chance, einen gerinnen und Bürger entwickeln, um ihre Gemeinde trotz schrump- Berufsabschluss zu erlangen. fender Bevölkerung lebensfähig und liebenswert zu erhalten, und mit welcher Energie die Ideen dann umgesetzt wurden: das reichte vom bürgerschaftlich betriebenen Schwimmbad oder der bürger- Regionen hatten sich in einem Wettbewerb für die Teilnahme qua- schaftlich organisierten Versorgung des Dorfes mit vor Ort erzeugter lifiziert und erweiterten gezielt ihre regionalen Stärken: Dies waren preiswerter Energie über bürgerschaftlich betriebene Kultureinrich- Nordfriesland in Schleswig-Holstein, der hessische Werra-Meißner- tungen und Dorfläden bis hin zu neuen Konzepten zur langfristi- Kreis sowie die kreisübergreifenden Regionen Südharz-Kyffhäuser in gen Sicherung der medizinischen Versorgung. Gemeinsam mit un- Sachsen-Anhalt/Thüringen und Stettiner Haff in Mecklenburg-Vor- seren Kooperationspartnern Deutscher Landkreistag und Deutscher pommern. Ihr entscheidender Erfolgsfaktor: Sie haben ganzheitliche Städte- und Gemeindebund wird Bundesminister Dr. Ramsauer noch demografische Handlungskonzepte und Regionalstrategien Daseins- im Herbst eine weitere Wettbewerbsrunde mit dem Schwerpunkt vorsorge entwickelt und sie konnten sich auf die Ideen und Mitwir- »Mobilität« ausloben. kung ihrer Bürgerinnen und Bürger stützen. Das demografische Handlungskonzept und die Regionalstrategie Demografischer Wandel – Region schafft Zukunft Daseinsvorsorge wurden zu nachhaltigen Erfolgsrezepten für die Mit dem Modellvorhaben »Region schafft Zukunft« hat das BMVBS Querschnittsaufgabe Demografischer Wandel: Die schrittweise Umset- Städte und Gemeinden darin unterstützt, den demografischen Wan- zung förderte neue, attraktive Versorgungs-, Betreuungs- und Infra- del aktiv zu gestalten. Das 2007 gestartete und jetzt aktuell abge- strukturangebote, eine gute Erreichbarkeit, Familienfreundlichkeit, schlossene Modellvorhaben setzte auf die Zukunftschancen, die sich soziales Engagement und regionale Identität. Die Projekte ermög- im ländlichen Raum aus dem demografischen Wandel ergeben. Vier lichten integrierte Lösungen für ganz unterschiedliche Aufgaben
12 Landentwicklung aktuell | 2011 wie wohnortnahe Einkaufsmöglichkeiten, Pflegeangebote und ärzt- Wachstum und Kohäsion in größeren funktionalen Räumen zu ver- liche Gesundheitsversorgung, altersgerechtes Wohnen, neue Über- einen. Im Kern des Ansatzes steht das partnerschaftliche Miteinan- gänge in den regionalen Arbeitsmarkt sowie Freizeitangebote für der unterschiedlich strukturierter, d. h. städtischer und ländlicher Jung und Alt im ländlichen Raum. Zwischen den Regionen wurde ein Teilräume mit dem Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit der Gesamtregion intensiver Erfahrungsaustausch und Ergebnistransfer organisiert, so zu fördern und gleichwertige Lebensbedingungen in allen Teilen dass die besten Lösungsansätze für ländliche Regionen weiter ver- des Kooperationsgebietes zu schaffen. Zum Teil aufbauend auf be- breitet und angewendet wurden und werden. reits existierenden Kooperationen innerhalb der Metropolregionen, Insgesamt wurden aus den Programmen des BMVBS 75 regio- haben unsere Modellvorhaben der Raumordnung »Überregionale nal entwickelte Projekte mit fast 6 Millionen Euro gefördert. Es ist Partnerschaften – innovative Projekte zur stadtregionalen Koopera- erfreulich, dass viele Projekte auch über die Modellphase hinaus tion, Vernetzung und gemeinsamen großräumigen Verantwortung« eigenständig fortgeführt werden. So können bundesweit Städte und eindrucksvoll gezeigt, dass es erfolgreiche Ansätze gibt, die großen Gemeinden von guten und übertragbaren Lösungen im Umgang mit ländlichen Verflechtungsräume gleichberechtigt in gemeinsame Ent- dem demografischen Wandel profitieren. wicklungskonzepte mit den metropolitanen Zentren zu integrieren. Die Modellprojekte decken ein breites Themenspektrum ab, welches Aktionsprogramm Regionale Daseinsvorsorge zum Beispiel von der regionalen Vermarktung von Agrarprodukten Einen neuen Schwerpunkt innerhalb der »Initiative ländliche Infra- bis hin zum Aufbau eines Netzes energietechnologischer Zentren struktur« bildet das Aktionsprogramm Regionale Daseinsvorsorge. reicht. Es zielt darauf ab, eine Vielzahl von Regionen insbesondere in länd- Gute Potenziale einer verstärkten Zusammenarbeit von Stadt lichen Räumen dafür zu gewinnen und darin zu unterstützen, ein und Land ergeben sich auch in den Handlungsfeldern Klimawandel/ Instrument zur Sicherung der Daseinsvorsorge anzuwenden, das sich Energie, ÖPNV, Tourismus und Gesundheit. Allerdings sind Stadt- bereits modellhaft bewährt hat, die sogenannte »Regionalstrategie Land-Partnerschaften noch kein Selbstläufer. Deshalb stehen in den Daseinsvorsorge«. Diese wurde in sieben Modellregionen – auch im Jahren 2011 bis 2013 weitere 300.000 Euro für die Förderung von Rahmen von »Region schafft Zukunft« – entwickelt und erprobt. Projekten sowie den Transfer der Projektergebnisse bereit. Das Aktionsprogramm Regionale Daseinsvorsorge – ein neues Mo- dellvorhaben der Raumordnung mit einem Gesamtvolumen von 6,5 Fazit Mio. Euro – soll diese Regionalstrategie bei Planungsregionen, Land- kreisen und Gemeindeverbünden weiter verbreiten. Sie ist dort auf Durch die vorgestellten Maßnahmen werden die ländlichen Räume großes Interesse gestoßen, stellt in der Umsetzung allerdings hohe mit ihren Kleinstädten und vielen kleinen Ortschaften wichtige Anforderungen. In den nächsten drei Jahren werden deshalb 20–30 Impulse erhalten und deren Stärken gefördert werden. Es wurden Regionen bei der Erarbeitung und Umsetzung interkommunal abge- bereits wertvolle Arbeiten geleistet, die selbstverständlich nicht stimmter Maßnahmebündel zur Sicherung der Daseinsvorsorge fach- eins zu eins übertragbar sind. Aber mit Kreativität und Engagement lich und finanziell unterstützt. Der Aufruf zur Interessenbekundung lassen sich oft modifizierte Lösungen entwickeln, die dann für die war auf ein überwältigendes Echo gestoßen. Insgesamt wurden 156 einzelnen Regionen maßgeschneidert sind. Beiträge eingereicht. Im Rahmen des Demografiekongresses wurden Mit der »Initiative ländliche Infrastruktur« werden wir helfen, die 50 Regionen vorgestellt, die in einer zweiten Wettbewerbsrunde den Menschen vor Ort neue Zukunftsperspektiven zu geben und die detaillierte Projektvorschläge ausarbeiten. Aus diesen 50 werden in ländlichen Räume als attraktive, lebenswerte Regionen zu erhalten einem weiteren Verfahrensschritt 20 bis 30 Regionen ausgewählt. und zu entwickeln. Stadt-Land-Partnerschaften: großräumig – innovativ – vielfältig Wachstum und Innovationen schaffen wichtige Voraussetzungen für eine gleichwertige Entwicklung des Bundesgebietes. Dank einer relativ ausgewogenen räumlichen Verteilung der Wachstumszentren über das Gebiet der Bundesrepublik kann eine Vielzahl von Teilräu- men von diesen Wachstumsimpulsen partizipieren. Das gilt nicht Oda Scheibelhuber nur für die ländlichen Räume im unmittelbaren Einzugsbereich der Leiterin der Abteilung Raum- Großstädte. Auch weiter entfernt liegende ländliche Räume weisen ordnung, Stadtentwicklung, Potenziale auf, die sie in Stadt-Land-Partnerschaften einbringen Wohnen, Öffentliches Baurecht können. Die Raumordnungspolitik des Bundes und der Länder ent- im Bundesministerium für wickelte hierfür in den 2006 von der Ministerkonferenz für Raumord- Verkehr, Bau und Stadtentwick- nung verabschiedeten Leitbildern der Raumentwicklung den Ansatz lung (BMVBS), Berlin der »Großräumigen Verantwortungsgemeinschaft« als eine Strategie,
Perspektiven für die Orts- und Regionalentwicklung 13 Integriertes Handeln: IMAG »Ländliche Räume« und Modellvorhaben »LandZukunft« Autor: Dr. Theodor Seegers Vorrangiges Ziel der Bundesregierung ist es, die ländlichen Räume unter Berück- sichtigung ihrer unterschiedlichen Entwicklungspotenziale als eigenständige Lebens- und Wirtschaftsräume zu stärken, nachhaltig zu gestalten, zukunftsfähig zu machen und ihre Attraktivität zu erhalten. Sie sollen zu vitalen, multifunktionalen, wettbewerbsfähigen und lebenswerten Räumen weiterentwickelt werden. Dabei ist das Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz bemüht, mit entsprechenden Maßnah- men und Projekten die ökonomischen, sozialen und ökologischen Aspekte mehr als bisher auf die spezifischen regionalen Erfordernisse zu konzentrieren und die Eigenverantwor- tung der Regionen für ihre Entwicklung zu stärken. Dies ist ein wichtiger Beitrag zum Erhalt gleichwertiger Lebensverhältnisse in Deutschland. IMAG »Ländliche Räume« Stärkung der Wirtschaftskraft und Aktivierung des wirtschaft- lichen Potenzials Die von der Bundesregierung eingesetzte interministerielle Sicherung und Schaffung neuer Arbeitsplätze Arbeitsgruppe »Ländliche Räume« (IMAG »Ländliche Räume«) hat Standortverbesserung durch integriertes Vorgehen zur im April 2009 ein Handlungskonzept der Bundesregierung zur Wei- Sicherung der Fachkräftebasis terentwicklung der ländlichen Räume vorgelegt. Das Bundeskabinett Sicherung der kommunalen Handlungsspielräume hat den Auftrag erteilt, die relevanten Politikbereiche besser zu ko- Anpassung der verkehrlichen Infrastruktur und der ordinieren und die im Handlungskonzept aufgeführten Vorschläge Daseinsvorsorge umzusetzen. Diese Vorgaben werden mit dem »Aktionsplan der Bun- Etablierung und Ausbau regionaler Wertschöpfungsketten desregierung zur Entwicklung ländlicher Räume« im Sinne eines in- Stärkung der regionalen Kooperation tegrativen Politikansatzes erfüllt. In Anlehnung an das Handlungs- konzept werden die drei nachfolgenden, thematisch übergeordneten Die Maßnahmenpalette umfasst z. B. Projekte zur Fachkräftesi- Handlungsfelder definiert: cherung, zum kommunalen Bildungsmanagement, zur Anpassung/ Abstimmung der Gemeinschaftsaufgaben GRW und GAK und auch das 1 Wirtschaft und Arbeit, unten beschriebene Modellvorhaben LandZukunft des BMELV. 2 Daseinsvorsorge und ländliche Infrastrukturen, 3 Natur und Umwelt. 2 Daseinsvorsorge und ländliche Infrastrukturen Diesem Handlungsfeld sind im Wesentlichen die folgenden Ziele zu- Die aufgeführten Maßnahmen sind Handlungsschwerpunkte für zuordnen: die Entwicklung ländlicher Räume der jeweiligen Bundesressorts und werden im Aktionsplan zusammengeführt, aufeinander abgestimmt, Prüfung neuer Ansätze der Versorgung (u. a. regionalisierte Be- regelmäßig bewertet und fortgeschrieben. darfsplanung, Gemeindeschwestern, Telemedizin) auf ihre Eig- nung speziell für die Situation in peripheren ländlichen Räumen 1 Wirtschaft und Arbeit Nachhaltige Absicherung von Mobilität durch eine hinreichende Die in diesem Handlungsfeld zusammengeführten Maßnahmen die- Verkehrsinfrastruktur und ein bedarfsorientiertes Verkehrsange- nen der Erreichung nachfolgender Ziele: bot des ÖPNV ergänzt durch alternative Angebote zum Indivi- dualverkehr per Pkw
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