Das Wirtschaftsmagazin Nr. 3/2016 - Ist der Generationen-vertrag am Ende? Was TTIP für die Ostschweiz bedeutet Rückblick auf das Jubiläums-Fest ...

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Das Wirtschaftsmagazin Nr. 3/2016 - Ist der Generationen-vertrag am Ende? Was TTIP für die Ostschweiz bedeutet Rückblick auf das Jubiläums-Fest ...
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                                  SC HWERPUNK T ALTERSVO RSORGE

                                  Ist der Generationen-
                                  vertrag am Ende?

                                  W I R T SC HA F T U N D P OL I T I K
                                                                         Das Wirtschaftsmagazin   Nr. 3/2016
                                  Was TTIP für die
                                  Ostschweiz bedeutet

                                  IHK

                                  Rückblick auf das
                                  Jubiläums-Fest
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EDITORIAL

Unsere Bundesverfassung formuliert ein grossartiges Versprechen. Mit
der AHV soll der Existenzbedarf und mit der beruflichen Vorsorge die
Fortsetzung der gewohnten Lebenshaltung in angemessener Weise
gesichert werden. Als Leistungsziel wird angestrebt, dass die Renten
von AHV und Pensionskasse zusammen rund 60 % des früheren Loh-
nes erreichen, dies unabhängig von volkswirtschaftlichen Begeben-
heiten, der demografischen Entwicklung sowie der Zins- und Rendite-
situation an den Kapitalmärkten. Mit anderen Worten, unsere Verfas-
sung träumt von einem sozialpolitischen Perpetuum mobile, das sich
frei von äusseren Einflüssen dreht. Veränderungen und Unsicherheiten
sind nicht vorgesehen. Dabei wusste schon Voltaire: «Zweifel zu ha-
ben, ist ein unangenehmer, sich in Sicherheit zu wiegen, ein absurder
Zustand.»

Angesichts der aktuellen Herausforderungen stehen wir in der Pflicht,
uns von falschen Versprechen zu verabschieden und nicht nur den Er-        Dr. Kurt Weigelt
                                                                           Direktor IHK St. Gallen-Appenzell
werbstätigen, sondern auch den Rentenbezügern reinen Wein einzu-
schenken: Die in der Vergangenheit abgegebenen Versprechen sind
nicht aufrechtzuerhalten. Dass dies nicht einfach ist, zeigen die zahl-
reichen gescheiterten Reformvorlagen der jüngeren Vergangenheit.
Die Selbstoptimierung zulasten kommender Generationen hat sich an
der Urne durchgesetzt. Eine besonders zynische Rolle spielte dabei die
linke Politik, die bei jeder anderen Gelegenheit von Nachhaltigkeit,
Gerechtigkeit und sozialem Ausgleich schwadroniert. Auch für linke
Populisten gilt, dass der Zweck die Mittel heiligt.

Mit dem Schwerpunktthema des vorliegenden IHKfacts beziehen wir
Position. Nicht zuletzt mit Blick auf unsere lange Geschichte ist es un-
sere unverrückbare Überzeugung, dass wir als Bürgerinnen und Bür-
ger, als Unternehmer und Unternehmen den langfristigen gesellschaft-
lichen Interessen und damit kommenden Generationen verpflichtet
sind. Dies nicht mit leeren Worten, sondern konkreten Taten. Dazu
gehört der Verzicht auf Leistungen, die nicht finanziert sind.
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Überall in der
                       OSTSCHWEIZ

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                    Wir sagen NEIN zur AHV-Initiative!

                         “    Karin Keller-Sutter, Ständerätin, St.Gallen
                              Unsere AHV braucht eine langfristige und umfassende Reform.
                              Der geforderte Ausbau ist schlichtweg nicht finanzierbar!
                                                                                                        ”
             “   Peter Spenger, Präsident IHK St.Gallen-Appenzell, St.Gallen
                 Die Lohnkosten steigen mit der Initiative weiter.

                                                                       ”
                 Dies belastet insbesondere unsere KMU.

                                                                            Teure
            Am 25. September abstimmen!                             AHV-Initiative                      NEIN
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INHALT

                                                                  BLITZLICHT                06

Die Steuern von morgen                                            SCHWERPUNKT
Politischer Kuhhandel geht zulasten der Jüngeren                  ALTERSVORSORGE            08

Die demografische Herausforderung
Fakten zur AHV und Beruflichen Vorsorge

Sanierungsfall öffentliche Pensionskassen
Situation in den Ostschweizer Kantonen

«Keiner will die Botschaft überbringen»
Bühler-Personalchef Christof Oswald zur zweiten Säule

«Bis wann arbeite ich wohl einmal?»
Was junge Ostschweizer von der Altersvorsorge erwarten

Gelingt das grosse Reformvorhaben?
«Altersvorsorge 2020» kommt in den Nationalrat

IHK-Cockpit – Wirtschaftskennzahlen aus der Ostschweiz            WIRTSCHAFT UND POLITIK 24
Anhaltende Erholung

Nein zu den Initiativen AHVplus und Grüne Wirtschaft
Abstimmungen vom 25. September 2016

Teile und verliere
Innerhalb der Ostschweiz gemeinsame Positionen entwickeln

Das transatlantische Freihandelsabkommen
Welche Auswirkungen hätte TTIP auf die Ostschweizer Wirtschaft?

IHK feiert 550. Geburtstag                                        IHK                       34
Jubiläums-Generalversammlung mit Zukunftsforscher Matthias Horx

Neu im IHK-Vorstand
Otto Hofstetter, Inhaber und CEO, Otto Hofstetter AG

Im Gedenken
Urs Marquart (1961–2016)

IHK-Neumitglied
BioTrans AG, Bütschwil

                                                                  FIRMENNEWS                43

                                                                  NETZWERK                  45

                                                                  AGENDA                    46
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BLITZLICHT

                                                  73 neue diplomierte Exportsachbearbeiter/innen
STARTFELD Diamant geht an                         Herzliche Gratulation den Absol-
Frontify AG                                       ventinnen und Absolventen des
2016 geht der Jungunternehmerpreis der            diesjährigen Diplomlehrganges
St. Galler Kantonalbank «STARTFELD Dia-           «Exportsachbearbeiter/in»! Ins-
mant» an das Internetunternehmen Fron-            gesamt 82 Teilnehmende be-
tify AG aus St. Gallen. Der 2013 gegründete       suchten den sechstägigen Lehr-
Start-up hat eine Online-Plattform entwi-         gang diesen Frühling in St. Gal-
ckelt, auf der andere Firmen ihre Design-         len, Bern oder Zürich. 73 von
Anleitungen erfassen und externen Dienst-         ihnen konnten nach bestande-
leistern zur Verfügung stellen können. Statt      ner Prüfung das SIHK-Diplom
wie früher solche Corporate-Design-Manu-          entgegennehmen. Die Ostschweizer Klasse darf sich mit einem Noten-
als in statischer PDF-Form zu erstellen und       durchschnitt von 5,2 über das beste Ergebnis freuen. Auch im kom-
per E-Mail zu verteilen, ist die aktuelle Ver-    menden Jahr wird der Lehrgang, der einen Gesamtüberblick über das
sion mit allen benötigten Elementen, wie          Exportgeschäft vermittelt, wieder in St. Gallen angeboten.
Logo, Schriften, Farben, Bildern jederzeit
und überall online erhältlich. Diese Lösung
ist insbesondere gedacht für den Einsatz im
digitalen Bereich. Gerade weil sich hier die      Open-Air-Konzert mit den
Anzahl der Kommunikationsmittel in den            Enderlin Chicks
letzten Jahren vervielfacht hat, ist es für Un-   Das 550-Jahr-Jubiläum der IHK sorgt am 7.
ternehmen zunehmend anspruchsvoller ge-           September (Verschiebedatum 14. September)
worden, einen einheitlichen und konsisten-        für ein weiteres Highlight: An einem Open-Air-
ten Markenauftritt sicherzustellen. Mit dem       Konzert vor der IHK St. Gallen-Appenzell spie-
Online-Werkzeugkasten von Frontify lassen         len die Enderlin Chicks auf und sorgen mit
sich Designmanuals einfacher und kosten-          ihrer vielseitigen Show zwischen Jodel, Blue-
günstiger gestalten.                              grass und fetzigem Country Groove für gute
Die Jury von STARTFELD Diamant hat über-          Stimmung. Walter Tobler vom traditionsreichen
zeugt, wie Frontify auf ein klares Kunden-        Restaurant NAZ betreibt eine Festwirtschaft.
bedürfnis reagiert – nämlich vor dem Hin-         Das Konzert ist öffentlich und kostenlos.
tergrund wachsender Komplexität und Dy-
namik der Digitalisierung ein einheitliches
Markenerlebnis über alle Kanäle zu ermög-
lichen. Beeindruckt hat auch das Geschäfts-       Landsitzung in Rheineck
modell, welches dank Online-Vertrieb ska-         Im Rahmen der Mai-Sitzung des IHK-Vorstandes wird den Vorstandsmitgliedern (und ihren
lierbar ist und einen weltweiten Vertrieb er-     Partnerinnen respektive Partnern) mit einem Nachtessen für die Arbeit des vergangenen Jahres
möglicht.                                         gedankt. Dieses Jahr gings für diese spezielle Sitzung nach Rheineck. Unter kundiger Führung
Neben Frontify wurden weitere vier Finalis-       von Rudolf und Stephan Rausch sowie Titus Ladner von RLC erhielt der IHK-Vorstand einen
ten mit je 5 000 Franken ausgezeichnet:           Einblick in den geschichtsträchtigen Palais Löwenhof mit seiner wunderschönen Gartenanlage
Eturnity aus St. Gallen, ipaster aus Buchs,       inklusive Lusthäuschen und Orangerie.
iNLABTEC aus St. Gallen und Mofakult aus
Frauenfeld.

6              Nr. 3/2016
Das Wirtschaftsmagazin Nr. 3/2016 - Ist der Generationen-vertrag am Ende? Was TTIP für die Ostschweiz bedeutet Rückblick auf das Jubiläums-Fest ...
BLITZLICHT

Drohne im Einsatz
Knapp zwei Wochen vor der grossen Jubiläums-Generalversammlung        nem Intro zur GV und zur Bebilderung der Festhalle eingesetzt wurden.
und dem Fest der Ostschweizer Wirtschaft (siehe auch die Rubrik       Das Resultat liess sich sehen – der IHK-Sitz mit seinem zeitlich be-
«IHK» in diesem Heft) konnte ein seltsames Flugobjekt vor dem IHK-    schränkten Festkleid kommt wunderbar zur Geltung. Das Intro ist auch
Sitz gesichtet werden. Eine Drohne schoss Filmaufnahmen, die in ei-   im YouTube-Kanal der IHK zu sehen.

                                                                                                                      IHK-TV:

ETH-Bereich verankert sich                                                                IHK mit neuem Internetauftritt
stärker in der Ostschweiz                                                                                        Nicht nur die Fassade des
Beim Konjunkturforum Zukunft Ostschweiz 2014 schlug die IHK                                                      IHK-Sitzes erstrahlt in
St. Gallen-Appenzell als Reaktion auf den Ostschweizer Brain Drain                                               neuem Glanz, sondern
und den grossen Bedarf an technisch-naturwissenschaftlichem Nach-                                                auch der Internetauftritt.
wuchs einen ETH-Campus in Wil vor. Die Idee sorgte für Aufsehen,                                                 Unter www.ihk.ch finden
wurde aber von der Politik verhalten aufgenommen. Möglicherweise                                                 die Besucherinnen und
hat der Vorschlag dennoch etwas in Bewegung gesetzt: So will der                                                 Besucher eine moderne,
ETH-Bereich in Zusammenarbeit mit dem Kanton St. Gallen und der                                                  aufgeräumte Website im
IHK den Empa-Standort St. Gallen mit einem Kompetenzzentrum für                                                  «responsive design». Egal
Medizinaltechnologie stärken. Ziel ist es, Innovationen anzustossen                                              mit welchem Endgerät die
und beschleunigt auf den Markt zu bringen.                                                                       Website aufgerufen wird,
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                                                                                                                 dargestellt. Diese Darstel-
                                                                                          lungsweise bedingte auch eine Entschlackung bei
                                                                                          den Inhalten. Einen weiteren Pluspunkt stellt die
                                                                                          vereinfachte Veranstaltungsanmeldung für IHK-
                                                                                          Mitglieder dar: Wer bei einem Mitgliedunterneh-
                                                                                          men arbeitet, kann einen eigenen Login beantra-
                                                                                          gen. Einmal eingeloggt, meldet man sich mit ei-
                                                                                          nem Knopfdruck für Veranstaltungen an, ohne
                                                                                          jedes Mal seine Personalien aufs Neue aufnehmen
                                                                                          zu müssen.

                                                                                                                              Nr. 3/2016   7
Das Wirtschaftsmagazin Nr. 3/2016 - Ist der Generationen-vertrag am Ende? Was TTIP für die Ostschweiz bedeutet Rückblick auf das Jubiläums-Fest ...
SCHWERPUNKT

Kuhhandel mit der Altersvorsorge zulasten der Jüngeren

Die Steuern
von morgen
                             Die zunehmende Alterung führt gemäss einer Studie des Bundes bis 2045 zu Zusatz-
                             kosten von 150 Milliarden Franken. Der Staat verspricht mehr Leistungen, als mit Abga-
                             ben gedeckt sind. Diese Lücke wird der immer kleiner werdende Anteil an Erwerbsfähi-
                             gen finanzieren müssen. Greift die Politik nicht rasch und deutlich korrigierend ein,
                             wird der bisherige Generationenvertrag hinfällig. Auch wenn es nach wie vor ein Tabu
                             ist: An einem höheren Rentenalter führt kein Weg mehr vorbei.

Robert Stadler               «Was du heute kannst besorgen, verschiebe nicht auf            perspektiven 2016») zeigt: Die Kosten, die im Zusammen-
Leiter Kommunikation /       morgen» ist eine bekannte Weisheit, die Eltern gerne           hang mit der zunehmenden Alterung entstehen, sind
Stv. Direktor IHK
                             ihren Kindern mit auf den Lebensweg geben. Zumindest           gigantisch. Bis 2045 verursacht sie Zusatzkosten von 150
                             wenn es um die Herausforderungen geht, vor die uns die         Milliarden Franken in der Altersvorsorge, der Gesundheit
                             demografische Entwicklung stellt, handelt die Politik ge-      oder der Pflege. Die Staatsausgaben werden von heute 32
                             nau umgekehrt: Unangenehme Wahrheiten werden lieber            auf 36 Prozent des Bruttoinlandproduktes ansteigen.
                             nicht ausgesprochen und den nachfolgenden Generatio-           Gleichzeitig wird es anteilsmässig weniger Menschen im
                             nen zur Problemlösung (sprich Bezahlung) überlassen.           erwerbsfähigen Alter geben, die für diese immer höheren
                             Ein naheliegender Grund für dieses Verhalten in der Poli-      Kosten aufkommen müssen.
                             tik ist, dass es die Älteren sind, die an der Abstimmungs-     Diese zusätzlichen Lasten tauchen in keiner ordentlichen
                             urne das Sagen haben. Bereits 2013 war die Mehrheit der        Finanzplanung auf. Es sind implizite Schulden, die durch
                             potenziellen Wähler älter als 50 Jahre. Realpolitiker wissen   ungedeckte Leistungsversprechen entstehen und nicht
                             darum und zimmern lieber mehrheitsfähige Kompromisse           durch künftige Steuereinnahmen gedeckt sind. Die
                             als langfristige Lösungen, die im Volk mit grösserer Wahr-     Schweizer Generationenbilanz, wie sie die UBS zusammen
                             scheinlichkeit scheitern.                                      mit dem Forschungszentrum Generationenverträge der
                             Doch mit dem Hinausschieben wird es nicht einfacher, die       Universität Freiburg im Breisgau errechnet hat, gibt einen
                             Probleme zu lösen: Die Altersgruppe der über 50-Jährigen       Eindruck über die implizite Staatsverschuldung (Basis
                             wird in den kommenden Jahren weiter wachsen und ihr            2011, siehe Abbildung). Die Generationenbilanz stellt für
                             politisches Gewicht in die Waagschale werfen. Das Risiko       jeden einzelnen Jahrgang dar, wieviel er bis zum Lebens-
                             blockierter Altersvorsorge-Reformen steigt. Wandelt sich       ende noch an Steuern und Abgaben bezahlen wird und
                             unsere Demokratie gar zu einer Gerontokratie, einer Herr-      welchen Gegenwert an staatlichen Leistungen er noch be-
                             schaft der Alten?                                              kommen wird. Der Saldo ergibt die Nettosteuerzahlung.
                                                                                            Die erwerbsfähigen Personen zwischen 20 und 64 Jahren
                             Das Ende des Generationenvertrages?                            tragen durch Sozialabgaben und höhere Steuern den
                             Der vielbeschworene Generationenvertrag gerät jedenfalls       grössten Teil zur Finanzierung des Staates bei. Gleichzeitig
                             immer stärker unter Druck. Dieser soll auf der einen Seite     profitiert die gleiche Altersgruppe am wenigsten von
                             den älteren Generationen gegenüber fair sein, gleichzeitig     Staatsausgaben: Während bei den Jüngeren die Ausbil-
                             aber den Handlungsspielraum der Jüngeren nicht ein-            dungskosten zu Buche schlagen, sind es bei den Älteren
                             engen. Dies kommt immer mehr einer Quadratur des Krei-         Rentenzahlungen und Pflegekosten. So gesehen ist das
                             ses gleich, wie eine neue Studie des Bundes («Langfrist-       kurvenförmige Diagramm der Generationenbilanz nicht

8               Nr. 3/2016
Das Wirtschaftsmagazin Nr. 3/2016 - Ist der Generationen-vertrag am Ende? Was TTIP für die Ostschweiz bedeutet Rückblick auf das Jubiläums-Fest ...
SCHWERPUNKT

                            überraschend. Doch die Ausprägung der Balken weist auf                                  Männer durchschnittlich 66,4 und Frauen 71 Jahre alt.
                            die Problematik hin: Staatliche Überschüsse fallen nur bei                              Mittlerweile liegt die Lebenserwartung bei 80,8 Jahren für
                            den 15- bis 45-Jährigen an. Umgekehrt ist es ausgerech-                                 Männer und 84,9 Jahren bei Frauen. Die Schweiz darf sich
                            net die grosse Baby-Boomer-Generation der 55- bis                                       über eine der weltweit höchsten Lebenserwartungen freuen.
                            70-Jährigen, die in Zukunft zu den bedeutendsten Netto-                                 Gleichzeitig liegt unser gesetzliches Rentenalter immer
                            Empfängern gehören wird. Es herrscht offensichtlich ein                                 noch vergleichsweise tief. Mehr als die Hälfte der OECD-
                            Missverhältnis zwischen zukünftigen Einnahmen und Aus-                                  Staaten hat zuletzt beschlossen, das Rentenalter zu erhö-
                            gaben. Gemäss UBS-Studie beträgt diese implizite Staats-                                hen: In Italien, Frankreich oder Deutschland arbeitet man
                            schuld 167,4 Prozent des BIP. Unsere Gesellschaft lebt zu-                              künftig bis 67, in Irland und Grossbritannien sogar bis 68
                            nehmend auf Pump. Und irgendjemand wird diese Rech-                                     Jahre – trotz tieferer Lebenserwartung als in der Schweiz.
                            nung einmal bezahlen müssen.
                                                                                                                    Sich selber um Vorsorge kümmern
                            Rentenalter enttabuisieren                                                              Angesichts dieser Tatsachen darf das Parlament auf keinen
                            Dabei wäre es eigentlich klar: Wenn bei der Altersvorsorge                              Fall die bereits zu hohen Leistungsversprechen bei der
                            langfristig mehr ausgegeben als eingenommen wird, muss                                  AHV noch weiter erhöhen. Gleiches gilt für das Volk, das
                            gehandelt werden. Und die Optionen zur Behebung der                                     am 25. September über die AHVplus-Initiative abstimmt.
                            strukturellen Herausforderungen sind ebenfalls klar: Ent-                               Unabhängig von den politischen Entscheiden sollte sich
                            weder werden Renten gekürzt, Beiträge erhöht oder das                                   jeder frühzeitig Gedanken machen zu seiner Altersvor-
                            Rentenalter heraufgesetzt.                                                              sorge. Die ersten beiden Säulen der Altersvorsorge stehen
                            Eine Anhebung des Rentenalters würde eine Reihe von                                     mittlerweile auf so wackligen Beinen, dass sich jeder ver-
                            Problemen entschärfen. Bei der AHV würde das Missver-                                   mehrt selbst überlegen muss, wie er seinen Lebensunter-
                            hältnis von Rentenzahlern und -empfängern wieder etwas                                  halt auch im Alter sichern kann. Zu hoffen, dass alles noch
                            korrigiert und bei der beruflichen Vorsorge müssten die                                 eine gute Wendung nehmen wird, ist wohl das falsche
                            Jungen die Renten ihrer älteren Kollegen nicht mehr im                                  Rezept.
                            gleichen Mass quersubventionieren wie das heute auf-
                            grund des zu tiefen Umwandlungssatzes der Fall ist.                                     Langfristperspektiven der öffentlichen Finanzen in der Schweiz 2016,
                                                                                                                    Eidgenössisches Finanzdepartement EFD, April 2016
                            Ganz abgesehen von den finanziellen Auswirkungen ist
                                                                                                                    Altersvorsorge: Lasten in die Zukunft verschoben, UBS, April 2014
                            es aber auch objektiv betrachtet logisch, später in Rente
                                                                                                                    Generationenungerechtigkeit überwinden, avenir suisse, Jérôme
                            zu gehen als bei der Einführung der AHV. 1948 wurden                                    Cosandey, 2014

                                                                                            Schweizer Generationenbilanz
                                                                                 Basisjahr 2011, Produktivitätswachstum = 1%, realer Zinssatz = 2%

                                                                  300

                                                                  200

                                                                  100
                                 Nettosteuerzahlung in CHF 1000

                                                                    0

                                                                  –100

                                                                  –200

                                                                  –300

Nur die zwischen 15-                                              –400
und 45-Jährigen tragen
in Zukunft mehr zum
Staatshaushalt bei, als                                           –500
sie erhalten. Es herrscht                                                0   5   10   15 20    25   30   35   40   45   50 55      60    65     70    75    80    85    90    95 100
künftig ein grosses Miss-
verhältnis zwischen Ein-                                                                                       Alter
nahmen und Ausgaben.
                                                                                                                                        Quelle: Berechnungen UBS (Daten von EFD, BfS, BSV, BAG)

                                                                                                                                                                              Nr. 3/2016     9
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Jahresabschluss 2015 einen Deckungsgrad von             ment? Treten die gleichen Störungen    dische Unternehmen machbar wird,
113%aus.                                                  immer wieder auf? Hapert es an         haben wir den constagCUBE® entwickelt.
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                                                                                                              www.egeli-informatik.ch
PUBLIREPORTAGE

Passgenaue Lösungen für
individuelle Unternehmensrisiken
Helvetia Versicherungen bietet Unternehmen individuelle und umfas-                                 weist sich im Schadenfall», erklärt Bruno Vat-
sende Versicherungs- und Vorsorgelösungen und ist damit auch in                                    tioni. Denn um den Betrieb aufrechtzuhalten,
der Ostschweiz ein starker KMU-Partner. So setzt die Säntis-Schwebe-                               ist im Schadenfall eine schnelle und zuverläs-
                                                                                                   sige Schadenerledigung zentral.
bahn AG bereits seit über vier Jahrzehnten auf die Erfahrung und
Kompetenz des führenden Schweizer Allbranchenversicherers.                                         Weitere Informationen sind im Internet
                                                                                                   unter www.helvetia.ch/kmu zu finden.
Als vielseitiges, erfolgreiches Tourismusunter-   Geschäftsversicherung KMU wird so der op-
nehmen ist die Säntis-Schwebebahn AG tag-         timale Versicherungsschutz für das Unterneh-
täglich vielfältigen Risiken ausgesetzt: Ein      men zusammengestellt. Die Produkte reichen
Sturm beschädigt die grossen Fenster der Pa-      von Haftpflicht-, Transport- und Sachversiche-
noramakabine oder führt gar zu Betriebsun-        rungen bis hin zu komplexen technischen
terbrüchen an der Schwebebahn; ein Gast           Versicherungen für Bauvorhaben oder tech-
verletzt sich beim Verlassen seines Autos auf     nische Infrastrukturen. Darüber hinaus bietet
dem Parkplatz und will das Unternehmen da-        Helvetia für Unternehmen auch vielfältige
für haftbar machen. Für derartige Risiken und     Vorsorgelösungen inklusive Krankentaggeld-        Neu: Versicherungs- und
die damit zusammenhängenden Herausfor-            und Unfallversicherung an.                        Vorsorgetipps auf TVO
derungen durch Seilbahn, Gastronomie, Ho-                                                           Helvetia Versicherungen ist Partner der Rat-
tellerie sowie Logistik- und Infrastrukturauf-    Dieser umfassende und bedarfsorientierte          gebersendung «Geld», die seit August 2016
gaben auf 2500 Metern über Meer bedarf es         Versicherungsschutz aus einer Hand über-          im Ostschweizer Fernsehen TVO zu sehen
einer verlässlichen Absicherung.                  zeugt auch Bruno Vattioni, den Geschäftsfüh-      ist. Alle zwei Wochen beantwortet ein Ver-
                                                  rer der Säntis-Schwebebahn AG: «Ich schätze       treter von Helvetia im Studio von TVO Fra-
Als breit aufgestellter Versicherungspartner      die Qualität und das Fachwissen der Helvetia-     gen des bekannten Wirtschaftsjournalisten
bietet Helvetia mit der Geschäftsversicherung     Berater, denn sie kennen unser breitgefächer-     Martin Spieler zu einem aktuellen Versiche-
KMU ein leistungsstarkes und flexibles Sicher-    tes Unternehmen. Sie verstehen es, uns im         rungs- oder Vorsorgethema. Im Fokus ste-
heitspaket, welches auf die Bedürfnisse des       Alltagsgeschäft wie auch bei grossen Risiken      hen dabei Privatkunden und KMU, wobei
einzelnen Unternehmens abgestimmt ist. Im         mit angemessenen und ganz individuellen Lö-       auch ein regionaler Bezug zur Ostschweiz
Rahmen einer umfangreichen KMU-Beratung           sungen zu überzeugen.» So hat Helvetia auch       hergestellt wird. Die Sendung «Geld» wird
mit systematischer Risikoanalyse ermitteln        die Bauversicherungen für das kürzlich abge-      jeweils am Dienstag ab 18.20 Uhr auf TVO
Helvetia-Kundenberater und Unternehmer            schlossene Hotel-Neubauprojekt der Säntis-        ausgestrahlt. Anschliessend sind die TV-Bei-
gemeinsam die geschäftlichen und privaten         Schwebebahn AG übernommen. Bereits seit           träge auf dem Helvetia Blog abrufbar, ange-
Risiken und stellen diese in einen Gesamtkon-     über 45 Jahren arbeitet das Unternehmen mit       reichert mit weiteren Informationen zum
text. Aus den acht verschiedenen Produkten        Helvetia zusammen. «Ob man die richtige           Thema (www.blog.helvetia.ch).
sowie den erweiterten Zusatzleistungen der        Versicherungsgesellschaft zum Partner hat,

                                                                                                                                  Nr. 3/2016   11
SCHWERPUNKT

Fakten zur AHV und beruflichen Vorsorge

Die demografische
Herausforderung
                                                    So erfreulich die steigende Lebenserwartung ist, so gross sind die
                                                    Herausforderungen, vor die sie uns stellt. Die zunehmende Alterung
                                                    der Bevölkerung hat nicht nur Auswirkungen auf AHV und berufliche
                                                    Vorsorge, sondern auch auf die Ausgaben in den Bereichen Gesund-
                                                    heit und Pflege. Zudem reduziert ein Rückgang der erwerbstätigen
                          Dr. Frank Bodmer
                          Leiter volkswirtschaft-   Bevölkerung das Wachstumspotenzial. Das heutige System führt zu
                          liche Analyse IHK
                                                    einer massiven Umverteilung von Jung zu Alt.

Die Bevölkerung der Schweiz durchläuft im           Rentenalter zur Disposition                      Umverteilung von Jung zu Alt
Moment eine tief greifende Transformation.          Die AHV beruht auf einem Umlageverfahren,        Im Moment besteht keine politische Mehrheit
Die Leute leben immer länger, die Geburts-          wobei die laufenden Renten durch die laufen-     für den einen oder anderen Weg zur Stabili-
raten nehmen ab. Als Folge steigt der Anteil        den Beiträge der Erwerbstätigen finanziert       sierung der AHV. Dabei sind die fundamenta-
der älteren Personen an der Bevölkerung.            werden, ergänzt durch allgemeine Steuermit-      len Zusammenhänge klar: Das heutige Sys-
1950 lag der Anteil der Personen mit 65 und         tel. Zudem existiert ein Ausgleichsfonds als     tem führt zu einer massiven Umverteilung
mehr Jahren bei 10 %, 1980 bei 14 % und             Reserve für Schwankungen und zukünftige          von Jung zu Alt. So wurde die implizite Ver-
aktuell bei 18 %. Die grösste Veränderung           Leistungen, welcher sich im Moment auf           schuldung berechnet, welche die zukünftigen
steht uns aber noch bevor. Seit einigen Jahren      etwa 110 % der jährlich ausbezahlten Renten      Aktiven unter den heutigen Regeln schultern
erreichen die geburtenstarken Nachkriegs-           beläuft. Das sinkende Verhältnis von Erwerbs-    müssen. Für die AHV allein sind das rund
jahrgänge, die sogenannten Baby-Boomer,             fähigen zu Rentnern wird die AHV ohne An-        170 % des BIP, welche in Zukunft finanziert
das Rentenalter. Nach dem mittleren Szenario        passungen bei den Parametern in Schieflage       werden müssen.1 Probleme solcher Berech-
des Bundes steigt der Anteil der Rentner bis        bringen. Das Rentenalter ist gewissermassen
2035 auf 25 % und bis 2060 auf 30 % (siehe          die fundamentale Steuerungsgrösse bei der
Abbildung). Die Schweiz hat dabei gegenüber         AHV. Mit einer signifikanten Erhöhung liesse
                                                                                                                                 70%
anderen Industrieländern den Vorteil, dass die      sich das System wieder ins Lot bringen. Auch
Immigration vermutlich hoch sein wird. Dies         eine Flexibilisierung des Pensionierungsalters
                                                                                                                                 60%
allein erhöht den Anteil der Bevölkerung im         nach oben könnte bereits einiges bringen.
erwerbsfähigen Alter.                               Dies hätte zudem den gewünschten Neben-
                                                    effekt, das Wachstumspotenzial zu erhöhen.                                   50%

Vielzahl von Herausforderungen                      Alternative Massnahmen, die auch in Ergän-
Die Alterung der Gesellschaft stellt Politik und    zung dazu eingesetzt werden können, sind                                     40%

Wirtschaft vor fundamentale Herausforde-            eine Senkung der Renten (für alle oder für ei-
rungen. Offensichtlich sind diese in der Al-        nen Teil der Rentner), eine Erhöhung der Bei-                                30%
tersvorsorge, wo sowohl die Alters- und Hin-        träge der Erwerbstätigen oder eine Erhöhung
terbliebenenversicherung (AHV) als auch die         der allgemeinen Steuermittel. Bei der Finan-                                 20%
Berufliche Vorsorge (BV) betroffen sind. Einen      zierung über Steuermittel leisten die Rentner
hohen Finanzierungsbedarf haben aber auch           einen grösseren Eigenbeitrag als bei einer Er-
                                                                                                                                 10%
Gesundheit und Pflege. Zudem reduziert ein          höhung der AHV-Beiträge. In beiden Fällen ist
                                                                                                     Der Anteil der über
Rückgang der erwerbstätigen Bevölkerung             aber mit negativen Auswirkungen auf Wohl-
                                                                                                     65-Jährigen hat sich seit    0%
das Wachstumspotenzial, was das Vorsorge-           stand und Wachstum zu rechnen, da Steuern        der Einführung der AHV
                                                                                                     verdoppelt – und wird         1950    1960     1970
und Finanzierungsproblem noch weiter ver-           und Abgaben die Anreize zum Arbeiten, Spa-
                                                                                                     noch weiter ansteigen.
schärfen wird.                                      ren und Investieren negativ beeinflussen.        (Quelle: BfS)

12               Nr. 3/2016
SCHWERPUNKT

          nungen sind aber die hohe Komplexität und         Die Politik erscheint weitgehend gelähmt,           angemessene Rente sinkt. Dieses Sinken kann
          eine begrenzte Verständlichkeit. In der politi-   was eine grundlegende Reform der AHV be-            entweder hingenommen werden oder das Al-
          schen Diskussion spielen diese Generationen-      trifft. Bundesrat und Parlament meiden Vor-         terskapital kann über eine Erhöhung der ge-
          bilanzen wohl auch aus diesen Gründen nur         lagen, welche eine allgemeine Erhöhung des          arbeiteten Jahre oder der Lohnabzüge ange-
          eine untergeordnete Rolle. Es stellt sich die     Rentenalters beinhalten. Dies geschieht aus         hoben werden. Die BV ist in der Praxis aller-
          Frage, ob es alternative Masszahlen gibt, wel-    Angst, dass sie vor dem Volk keine Chance           dings kein reines Kapitaldeckungsverfahren,
          che als Basis für die politische Entscheidungs-   hätten. Es stellt sich die Frage, was überhaupt     sondern unterliegt rigiden Regeln, welche seit
          findung dienen könnten.                           die Vorstellungen der Stimmberechtigten             einigen Jahren zu einer Umverteilung zuguns-
                                                            sind. Sind sie wirklich so egoistisch, dass sie     ten der Rentner führen. Die beiden Steue-
          Schuldenbremse für die AHV                        nur auf die eigenen Renten schauen? Dage-           rungsgrössen in der BV sind der Umwand-
          Ein alternativer Steuerungsmechanismus            gen spricht eigentlich die Tendenz des              lungssatz und die Minimalverzinsung. Der
          strebt eine Minimalhöhe für den Ausgleichs-       Schweizer Stimmvolkes, bei einer Gefahr für         Umwandlungssatz, welcher das Verhältnis
          fonds an. Dieser Vorschlag wird im Moment         das Gemeinwohl auch gegen die engen Ei-             von jährlicher Rente zu gespartem Kapital er-
          im Nationalrat unter dem Titel einer Schul-       geninteressen zu stimmen. Oder denken sie,          fasst, beträgt aktuell 6,8 % und soll nach der
          denbremse für die AHV diskutiert. Sollte der      dass die Probleme weniger schlimm sind als          aktuellen Vorlage des Bundesrates auf 6 %
          Ausgleichsfonds auf unter 80 % der jährli-        immer wieder dargestellt wird? Es ist aller-        gesenkt werden. Auch dies dürfte aber noch
          chen Renten fallen, würde das Rentenalter         dings nur schwer vorstellbar, dass der Hand-        deutlich zu viel sein, wobei offizielle Schät-
          schrittweise um insgesamt zwei Jahre erhöht,      lungsbedarf vom Volk angesichts des massi-          zungen zum aktuarisch korrekten Umwand-
          dazu käme eine Erhöhung der Mehrwert-             ven Wachstums der Rentnerzahlen nicht er-           lungssatz unverständlicherweise nicht erhält-
          steuer um 0,4 Prozentpunkte. Der Vorteil ei-      kannt wird.                                         lich sind. Die zweite Steuerungsgrösse ist die
          ner solchen Regel ist, dass zwar ein Grund-                                                           Rendite, welche von den Pensionskassen min-
          konsens über die Regel hergestellt werden         Herausforderungen bei der BV                        destens erwirtschaftet werden muss. Dieser
          müsste, die einzelnen Anpassungen nachher         Die BV beruht im Prinzip auf einem Kapital-         sogenannte Mindestzinssatz orientiert sich an
          aber automatisch erfolgen. Damit bleibt aber      deckungsverfahren: Jeder Generation wird            der Rendite für risikolose Anlagen und ist mit
          noch die Frage, ob die Zielgrösse selber ange-    nur soviel an Renten bezahlt, wie durch das         aktuell 1,25 % ebenfalls zu hoch.
          messen ist. Grundsätzlich gibt das Reserve-       gesparte Kapital gerechtfertigt ist. Von den
          konto einen Eindruck von der aktuellen finan-     beiden grundlegenden demografischen Fak-            Umverteilung stoppen
          ziellen Situation der AHV, blickt aber nicht in   toren spielt nur die Verlängerung der Lebens-       Die nötige Massnahme in der BV ist eigentlich
          die Zukunft. Deshalb erfolgen Anpassungen         erwartung eine Rolle. Nachdem eine 65-jäh-          klar: keine systematische Umverteilung von
          eher spät. Mit einer Erhöhung des Renten-         rige Person immer länger lebt, muss das ge-         Jung zu Alt. Eine solche Umverteilung wider-
          alters wäre erst gegen 2030 zu rechnen.           sparte Kapital immer länger «reichen», die          spricht dem Prinzip des Kapitaldeckungsver-
                                                                                                                fahrens und sollte allein schon deshalb unter-
                                                                                                                bleiben. Die Aussichten für die BV werden ne-
                          Anteil der Altersgruppen
                                                                                                                ben den falschen Parametern im Moment
                                                                                                                nämlich auch durch die Auswirkungen der
                                                                                                                Geldpolitik verdüstert. Die Null- oder Negativ-
                                                                                                                zinsen zwingen die Pensionskassen, in ris-
                                                                                                                kante Anlageklassen wie Aktien oder Rendi-
                                                                                                                teliegenschaften zu investieren. Bei beiden
                                                                                                                gibt es aber Anzeichen für eine Überbewer-
                                                                                                                tung, mit der Gefahr einer Korrektur nach un-
                                                                                                                ten. Die Pensionskassen werden damit gewis-
                                                                                                                sermassen in die Zange genommen von Null-
                                                                                                                zinspolitik und unrealistischen politischen
                                                                                                                Vorgaben. Das kann auf die Dauer nicht gut
                                                                                                                gehen, es droht eine zusätzliche Verschärfung
                                                                                                                der Vorsorgekrise.

0        1980      1990       2000        2010       2020      2030        2040      2050        2060           1 Altersvorsorge und die Schweizer Generationen-
    0–19 Jahre                                                         > 65 Jahre                                 bilanz. Lasten in die Zukunft verschoben,
                                     20– 64 Jahre
                                                                                                                  UBS, April 2014
                                                                                                  Quelle: BfS

                                                                                                                                                   Nr. 3/2016      13
SCHWERPUNKT

Unterschiede bei der Altersvorsorge bei Privatwirtschaft und Staat

Sanierungsfall öffentliche
Pensionskassen
                                                          Die Kantone stehen vor der Herausforderung, ihre Pensionskassen
                                                          ins Lot zu bringen. Nebst der Unternehmenssteuerreform III und den
                                                          unsicheren Ausschüttungen der Nationalbank gehört dies zu den
                                                          meistdiskutierten finanziellen Risiken der öffentlichen Hand. Der
                                                          Deckungsgrad ihrer Pensionskassen liegt tiefer als in der Privatwirt-
                           Michael Götte
                           Leiter kantonale               schaft. Auch hier besteht der bekannte «Backup-Plan»: Wenns nicht
                           Politik IHK
                                                          mehr reicht, wird der Steuerzahler gerufen.

Die Vorsorgeeinrichtungen für Angestellte                 che Vorgaben. Die gesetzlichen Anpassungen                      und weiterer Institutionen zählen. Der Betrag
des öffentlichen Sektors zeichnen seit vielen             bei der beruflichen Alters-, Hinterlassenen-                    kann aber auch deutlich höher ausfallen, je
Jahren ein düsteres Bild, das sich nicht so ein-          und Invalidenvorsorge aus dem Jahr 2010 ha-                     nachdem mit welchem technischen Zinssatz1
fach korrigieren lässt. Viele der Pensionskas-            ben erhebliche finanzielle und institutionelle                  man die künftigen Verpflichtungen bemisst.
sen haben einen Deckungsgrad von unter                    Konsequenzen für die Vorsorgeeinrichtun-                        Der Trend bei den technischen Zinsen hat be-
100 Prozent, die Anlagevermögen sind bei                  gen der öffentlich-rechtlichen Körperschaf-                     reits zu Sätzen von unter 2 % geführt, was
ihnen also kleiner als die Vorsorgeverpflich-             ten.                                                            angesichts der heutigen Zinssituation plausi-
tungen. Die Rahmenbedingungen in der be-                                                                                  bel ist. Gleichzeitig hat sich die Zahl der Vor-
ruflichen Vorsorge haben sich in den letzten              Sünden der Vergangenheit                                        sorgeeinrichtungen, welche noch Werte von
Jahren grundlegend verändert: häufigere                   Trotz diverser Massnahmen fehlten laut Bun-                     über 3 % anwenden, weiter reduziert. Es sind
Stellenwechsel, eine höhere Lebenserwar-                  desamt für Statistik Ende 2014 noch über 30                     bei den privatrechtlichen Kassen bloss noch
tung, unsichere Entwicklungen der Kapital-                Milliarden Franken in den staatlichen Kassen,                   26 % und bei den öffentlich-rechtlichen 34 %
märkte und schliesslich neue bundesrechtli-               zu denen auch diejenigen der Gemeinden                          (siehe Abbildung 1).

                       Technischer Zinssatz: Vergleich der Entwicklungen                                                                            Der Deckungsgrad – Die Ma
4.00%                                                                                                                       120%

3.75%              3.69%                                                                                                    115%
                                       3.63%
          3.51%                3.49%
3.50%                                                                                                                       110%

3.25%                                                                                                                       105%
                                                              3.12%

3.00%                                                                              2.95%                                   100%
                                                      2.89%
                                                                          2.76%                             2.74%
2.75%                                                                                                                        95%

2.50%                                                                                             2.47%                      90%

2.25%                                                                                                                        85%

2.00%                                                                                                                        80%

             2007                  2010                  2013                    2014                  2015                        2004      2005    2006     2007       2008      2009

                                    Privatrechtlich       Öffentlich-rechtlich                                                                         Privatrechtlicher Arbeitgeber
                                                                                        Quelle : Swisscanto Vorsorge AG

14                Nr. 3/2016
Ecknauer+Schoch ASW
               Teilweise tun sich riesige Löcher auf: Während
               die Pensionskasse von Appenzell Innerrhoden
               mit einem Deckungsgrad von 105,4 Prozent
               am besten dasteht, liegt am anderen Ende
               der Skala die Genfer Kasse bei gerade einmal
               59,8 Prozent. Das sind Werte, die für private
               Einrichtungen nie und nimmer akzeptiert
               würden (siehe Abbildung 2).
               Wie kam es überhaupt so weit? Lange Zeit
               hiess es, der Staat müsse seine Arbeitgeber-
               beiträge an die eigenen Vorsorgeeinrichtun-
               gen nicht vollumfänglich leisten. Dies, weil er
               im Gegensatz zu privatrechtlichen Arbeitge-
               bern nicht Konkurs gehen kann und ein
               Nachzahlen somit auch zu einem späteren
               Zeitpunkt möglich ist. Es wurde ganz nach
               dem Prinzip Hoffnung gehandelt.
               Für manche Kantone wäre die bundesrechtli-
               che Anpassung aus dem Jahr 2010 beinahe                      version internet
               ein Ding der Unmöglichkeit gewesen, wes-
               halb sie erfolgreich für ein viel grosszügigeres
               Alternativmodell lobbyierten. Demnach dür-
               fen sich die Kantone anstelle von 10 neu 40
               Jahre Zeit lassen, um einen Deckungsgrad
               von lediglich 80 Prozent zu erreichen, wenn                  ABACUS Business Software
               sie im Gegenzug ihre Vorsorgeeinrichtungen
               formell mit einer Staatsgarantie versehen.                   goes mobile

               1 Der technische Zins dient dazu, das Guthaben der
                                                                                          ABACUS bringt Bewegung in Ihr
                 Rentner für die Zukunft zu diskontieren. Da von
                 den Rentnern keine Beiträge mehr eingehen, sollte                        Business. Apps für Smartphones und
                 der technische Zins möglichst risikoarm auf den                          iPads informieren Sie schneller und
                 Anlagen erzielt werden können.
                                                                                          machen Sie und Ihre Mitarbeiter
                                                                                          effizienter und flexibler.
assgrösse der Pensionskasse                                                               > Unterwegs Leistungen, Spesen,
                                                                                               Stunden erfassen, Rapporte ausfüllen,
                                                                                               Adressen und Projektdaten bearbeiten
                                                                                               und sofort mit der Software in Ihrem
                                                                                               Unternehmen synchronisieren
                                                                                          > Überall und jederzeit Stammdaten
                                                                                               und Standardauswertungen einsehen

                                                                                          www.abacus.ch

9       2010       2011     2012         2013     2014       2015

    Öffentlich-rechtlicher Arbeitgeber

                                          Quelle : Swisscanto Vorsorge AG
Meine erste Säule.

Meine erste Bank.
Eine gute Idee. Eine Portion Mut. Viel Können und Weitsicht.
Daraus entwickeln sich starke Marken und erfolgreiche Unternehmen.
Dazu gehört auch eine Partnerin wie die St.Galler Kantonalbank, die
Visionen unterstützt, umsichtig handelt und rasch entscheidet.
Das hat sie für viele Unternehmer zur ersten Bank gemacht. sgkb.ch

                                                                                      Hans M. Richle ist einig mit uns: Die berufliche   TKF
                                                                                      Vorsorge ist auch für Selbstständigerwerbende
                                                                                      und Unternehmer mit oder ohne Personal wichtig.
                                                                                      Deshalb bietet der Kantonale Gewerbeverband
                                                                                      St.Gallen seinen Mitgliedern in Zusammenarbeit
                                                                                      mit der ASGA drei unterschiedliche, massge-
                                                                                      schneiderte Vorsorgepläne an, die deutlich über
                                                                                      die gesetzlichen BVG-Mindestleistungen hinaus-
                                                                                      gehen. Erfahren Sie mehr über die attraktiven
                                                                                      Verbandsvorsorgepläne der ASGA auf asga.ch.
                                                                                      Oder rufen Sie uns an: 071 228 52 52.

                                                                 Hans M. Richle, Präsident, Kantonaler Gewerbeverband St.Gallen (KGV)

                                                                 «Berufliche Vorsorge sollte das
                                                                 Natürlichste der Welt sein.
                                                                 Auch für selbstständigerwerbende
                                                                 Verbandsmitglieder.»
SCHWERPUNKT

Grund für Optimismus?                              wurde. Die St. Gallerinnen und St. Galler         ser Hinsicht ging es nicht um einschneidende
In der Tat hat sich die Lage der Pensionskassen    stimmten dem Geschäft mit 70,4 Prozent zu         Veränderungen, weil die PKAR bereits seit
jüngst verbessert. Mit einigen Ausnahmen           – auch weil an der Verselbstständigung und        1989 eine selbstständige Einrichtung des öf-
sind die Deckungsgrade letztes Jahr gestie-        Sanierung ohnehin kein Weg vorbeiführte.          fentlichen Rechts ist und überdies 2006 orga-
gen. Zu verdanken ist dies der generell guten      Die geplante erneute Einlage wäre ein freiwil-    nisatorisch aus dem Finanzamt ausgegliedert
Anlageperformance bei Pensionskassen, aber         liger Schritt der Regierung, der aber bereits     wurde. Somit bestand der zwingende Anpas-
auch den Sanierungsmassnahmen, welche die          bei der Verselbstständigung im Jahr 2013          sungsbedarf im Wesentlichen darin, dass der
meisten Kantone wohl oder übel an die Hand         vage in Aussicht gestellt wurde. Mit dieser       Kanton ab 2014 nicht mehr die Leistungen
genommen haben. Das Stimmvolk spielte bis-         Zahlung sollen die Rentenverpflichtungen ge-      und die Finanzierung regeln kann.
her mit. In einzelnen Kantonen wurden Geld-        sichert werden, die damals vom Kanton an          Aufgrund der geringeren Anlagerenditen hat
spritzen bis zur Milliardenhöhe gesprochen.        die SGPK übertragen wurden. Auf den 1. Ja-        die PKAR per 31. Dezember 2015 den tech-
So beschreiten nun etliche Kantone den Weg,        nuar 2016 wurde auf Beschluss des Stiftungs-      nischen Zinssatz von 2,75 auf 2 Prozent ge-
den vor Jahren der Bund mit seiner Pensions-       rates der technische Zins auf 3,0 Prozent ge-     senkt, ohne dass dabei die Renten betroffen
kasse ging. Die heutige Publica musste damals      senkt und die Generationentafel eingeführt.       sind. Mit diesem Entscheid reagiert die PKAR
mit Dutzenden Milliarden Franken saniert           Die Ausfinanzierung auf das Jahr 2014 ba-         auf die weiter gesunkenen Renditeerwartun-
werden. Bei einem Deckungsgrad von 100,1           sierte auf einem technischen Zinssatz von 3,5     gen infolge der rekordtiefen Zinsen. Mit die-
Prozent steht die Nachfolgerin der berüchtig-      Prozent. Diese Annahme war zu optimistisch.       sem Schritt erhöhen sich die Vorsorgever-
ten «Chaoskasse» heute relativ gut da.             An der aktuell geplanten Sanierung sollen sich    pflichtungen. Gleichzeitig nahm der De-
                                                   die Arbeitnehmenden nicht erneut beteiligen       ckungsgrad von rund 108 Prozent auf rund
                                                   müssen. Es wird jedoch nicht ausgeschlossen,      100 Prozent ab. Die finanzielle Lage der PKAR
Situation in den Kantonen                          dass in Zukunft weitere Sanierungen nötig wer-    bleibt durch die Senkung des technischen
                                                   den – mit Beteiligung der Versicherten.           Zinssatzes unverändert, die Verpflichtungen
St. Gallen                                         Die Finanzkommission des Kantonsrates hat         und der Deckungsgrad werden jedoch realis-
Die Regierung des Kantons St. Gallen wollte        das Geschäft zurückgestellt. Die SGKP ist nun     tischer dargestellt. Die Entwicklung wird auch
in diesem Jahr eine Abstimmung durchfüh-           zusammen mit der Regierung gefordert, der         weiterhin ein Thema sein und mögliche Sa-
ren, um erneut 202 Millionen Franken in die        Kommission einen mehrheitsfähigen Vor-            nierungsmassnahmen sind nicht ausgeschlos-
neue Pensionskasse einzulegen. Im Juni 2013        schlag zu unterbreiten. Dieser muss weitsich-     sen.
fand der letzte Urnengang zu diesem Thema          tig, fair und wirtschaftsverträglich sein. Eine
statt. Damals sollten die Pensionskassen des       politische Debatte ist erst Anfang 2017 vor-      Appenzell Innerrhoden
Staatspersonals und der Volksschullehrer ver-      gesehen.                                          Trotz der erwähnten Veränderungen bleibt
selbstständigt und in der Stiftung «St. Galler                                                       die Kantonale Versicherungskasse KVK solide
Pensionskasse» (SGPK) zusammengeführt              Appenzell Ausserrhoden                            und beständig. Im Vergleich zu anderen öf-
werden. Der Kanton tat dies aufgrund der er-       Da die Pensionskasse von Appenzell Aus-           fentlich-rechtlichen Pensionskassen befindet
wähnten Bundesvorschriften. Beide Kassen           serrhoden (PKAR) die Anforderungen der            sie sich in einer hervorragenden finanziellen
wiesen eine Unterdeckung auf, die mit 287          Vollkapitalisierung bereits nach ursprüngli-      Verfassung. In der Zukunft notwendige An-
Millionen Franken durch den Steuerzahler           chen Vorgaben erfüllt, beschränkt sich der        passungen können deshalb vorbereitet und
und 71,8 Millionen Franken (als politischer        Anpassungsbedarf aus der BVG-Revision vor         mit Bedacht gewählt werden – damit die gute
Kompromiss) durch die Versicherten gestopft        allem auf den Bereich der Autonomie. In die-      Ausgangslage weiterhin bestehen bleibt.

                                                  Vergleich Kennzahlen AR, AI und SG

                                                                              AI                     AR                    SG
   Deckungsgrad                                                               105.37 %               101.00 %              96.83 %
   Wertschwankungsreserven                                                    13 300 000             8 500 000             0
   Performance                                                                – 0.22 %               0.50 %                2.40 %
   Aktive Versicherte                                                         970                    3378                  24562
   Anzahl der Rentner                                                         259                    1062                  8690
   Technischer Zinssatz                                                       1.75 %                 2%                    3%

                                                                                                                                     Nr. 3/2016   17
SCHWERPUNKT

IHK-Vizepräsident und Bühler-Personalchef Christof Oswald im Interview

«Keiner will Botschaft
überbringen»
                          Als Stiftungsratspräsident der Pensionskasse von Bühler Uzwil hat Christof Oswald ein
                          neues Rentenmodell für das Industrieunternehmen eingeführt. Entsprechend stark be-
                          schäftigen den Personalchef Fragen rund um die Altersvorsorge. So ist es ihm ein gros-
                          ses Anliegen, der jungen Generation positive Perspektiven bieten zu können. Im
                          Interview fordert er von der Politik schnell Reformen, welche die bekannten Herausfor-
                          derungen nachhaltig anpacken.

Robert Stadler            Die Politik tut sich schwer mit der Altersvorsorge:          ten nur versprechen darf, was auch finanziert werden
Leiter Kommunikation /    Reformen finden kaum Mehrheiten, es bleiben                  kann. Wir wussten, dass es so nicht weitergehen kann
Stv. Direktor IHK
                          höchstens Reförmchen übrig. Weshalb schafft es               und von der politischen Seite in absehbarer Zeit keine in-
                          die Politik kaum, Anpassungen durchzubringen?                novativen Lösungen zu erwarten sind.
                          Christof Oswald: Wir sind uns alle einig, dass wir Verän-
                          derungen vornehmen müssen. Veränderungen heissen:            Wie sieht das Bühler-Modell aus?
                          weniger Garantien und mehr Eigenverantwortung. Keiner        Das Bühler-Rentensystem ist ein neues, variables Renten-
                          will diese Botschaft in aller Deutlichkeit überbringen,      system. Da die Umwandlungssätze verschiedener Pensi-
                          selbst wenn die Einsicht unter vier Augen vorhanden ist.     onskassen schwer vergleichbar sind, spreche ich vom
                          In diesem Thema muss schnell, über die Parteigrenzen hin-    technischen Zinssatz. Diesen werden wir per 31.12.2016
                          aus, eine verständliche und transparente Lösung gefun-       auf 2 % gesenkt haben. Darauf basiert in jedem Fall das
                          den werden. Es ist für den Bürger sehr schwierig, sich mit   Rentenversprechen. Wenn sich die Kapitalmärkte in den
                          unserem komplizierten Rentensystem und den Prognosen         nächsten Jahren wieder verbessern und eine höhere Per-
                          für die Zukunft ein objektives Bild zu verschaffen. Auf-     formance erreicht werden kann, dann haben wir auch die
                          grund dieser Komplexität beginnen viele, sich erst mit       Grundlagen definiert, um einen variablen Teil als Zusatz-
                          über 50 Jahren für das Thema zu interessieren. Zudem         rente auszubezahlen. Gleichzeitig werden sich in einem
                          lassen sie sich emotional beeinflussen. Wenn wir bis 2020    solchen Fall auch die Lebenskosten für die Rentner erhö-
                          keine Lösung finden, dann werden die Rentenversprechen       hen. Somit ist das System im Gleichgewicht, was heute in
                          von der kommenden Generation immer schwieriger finan-        keiner Art und Weise der Fall ist. Sie sehen es am Beispiel
                          zierbar. Es ist mir ein grosses Anliegen, der jungen Gene-   der Hypotheken, einer wichtigen Einnahmequelle der Pen-
                          ration positive Perspektiven zu schaffen.                    sionskassen. Die Renten sind immer noch gleich hoch, ob-
                                                                                       wohl sich die Hypothekarkosten für die Rentner deutlich
                          Sie haben im Unternehmen eine Reform zustan-                 gesenkt haben. Das bedeutet, dass das in Immobilien an-
                          degebracht. Als Stiftungsratspräsident der Pensi-            gelegte Kapital der Rentner nicht mehr die gleiche Rendite
                          onskasse von Bühler Uzwil haben Sie ein neues                ergibt, obwohl die Rente in der ursprünglichen Höhe er-
                          Rentenmodell eingeführt. Weshalb?                            halten bleibt.
                          Für einen attraktiven Arbeitgeber ist auch eine attraktive
                          Pensionskasse von grosser Bedeutung. Es ist aber auch al-    Wie gelang dieser Wechsel?
                          len Versicherten klar, dass man aufgrund der Erfahrungen     Für einen Systemwechsel sind Fairness, Transparenz und
                          der letzten Jahre und mit den heutigen Zukunftsaussich-      Vertrauen die wichtigsten Eckpfeiler für den Erfolg. Inno-

18               Nr. 3/2016
SCHWERPUNKT

Christof Oswald, IHK-Vi-
zepräsident und Head of
Human Resources bei
Bühler in Uzwil

vative und konstruktive Pläne sind wichtiger als polemi-       über Steuergelder in ein Fass ohne Boden zu investieren.
sche Sprüche und sture Besitzstandswahrung. Ohne den           Es muss zuerst eine umfassende, neue und nachhaltige
Beitrag des Arbeitgebers, der Aktiven und der zukünftigen      Lösung entwickelt und kommuniziert werden.
Rentner wird sich wenig bewegen. Folgende drei Haupt-
punkte sind in der Umstellung bei Bühler wichtig zu wis-       Wie unterschiedlich lösen die öffentliche Hand
sen:                                                           und die Privatwirtschaft die Fragen der Altersvor-
Erstens hat das Unternehmen Bühler die Senkung des             sorge aus Ihrer Sicht?
technischen Zinssatzes auf 2 % finanziert. Die Übergangs-      Unternehmen sind gezwungen, schnellstmöglich Lösun-
regelung dauert vier Jahre und ist am 31.12.2016 abge-         gen zu erarbeiten. Es ist die Erhaltung der Konkurrenzfä-
schlossen.                                                     higkeit und die Attraktivität als Arbeitgeber, die eine
Zum Zweiten übernimmt das Unternehmen das Risiko für           schnelle Lösung verlangen. Arbeitgeber und Arbeitneh-
das Rentenversprechen aller bis zum 31.12.2016 pensio-         mer müssen gemeinsam einen gangbaren Weg finden.
nierten Mitarbeitenden. Sollte die Rendite in der virtuellen   Die Kunden sind nicht bereit, jeden Preis zu bezahlen.
Rentnerkasse auf der neuen Basis nicht ausreichen, so          Besonders internationale Unternehmen müssen schnell
wird dafür das Unternehmen aufkommen. Ohne diese Ga-           neue Wege gehen. Die Belastungen der Schweizer Pensi-
rantie würde das neue System bezüglich variabler Rente         onskassenverpflichtungen in der internationalen Rech-
in schwierigen Zeiten ungenügend funktionieren.                nungslegung sind gross. Dafür wird in vielen, teilweise
Und schliesslich drittens reduziert sich aus Arbeitnehmer-     nicht schweizerisch geführten Unternehmen wenig Ver-
sicht das zukünftige garantierte Rentenversprechen ab          ständnis aufgebracht. Hier werden grosse Veränderungen
1.1.2017 um rund 12 %.                                         bezüglich Leistungsversprechen und Risiko auf uns zu-
                                                               kommen.
Die Pensionskassen der öffentlichen Hand sind
politisches Dauerthema. Im Kanton St. Gallen be-               Blenden wir zur nationalen Politik: Die grosse Re-
antragte die Regierung, 200 Millionen Franken in               form «Altersvorsorge 2020» steckt in der parla-
die Pensionskasse des Staatspersonals einzu-                   mentarischen Beratung. Die Vorlage wird in der
schiessen. Dies, nachdem die Steuerzahler bereits              Herbstsession im Nationalrat behandelt. Wie ste-
vor drei Jahren fast 300 Millionen für die Verselb-            hen Sie zu dieser Reform?
ständigung und Sanierung der Staats-PK bezahlt                 Der Generationenvertrag soll in einer ausgewogenen Art
haben. Die Finanzkommission hat das Geschäft                   weiterentwickelt werden, denn die demografischen Her-
aufgrund offener Fragen vorerst sistiert. Ihre Mei-            ausforderungen sind gross und die Finanzmarktaussichten
nung dazu?                                                     auf tiefem Niveau sehr volatil. Die Politik muss schnell ei-
Hier hatte die Finanzkommission sicher das Ohr nahe beim       nen Konsens für eine zukünftig tragbare Lösung finden.
Volk. Es fehlt an Transparenz und am Glauben, mit diesen       Ich unterstütze die Reform, bin aber der Meinung, dass
200 Millionen Franken das Problem nachhaltig zu lösen.         diese weitergehen müsste. Hier gilt jedoch, dass eine
Die Mitarbeitenden der Privatwirtschaft sind aus meiner        schnell greifende 80 %-Lösung besser ist als eine lang dis-
Sicht nicht mehr grenzenlos bereit, zusätzlich zu den fi-      kutierte perfekte Lösung, die zu spät in die Umsetzung
nanziellen Konsequenzen in ihrer eigenen Altersvorsorge        kommt.

                                                                                                            Nr. 3/2016   19
SCHWERPUNKT

Was junge Ostschweizer von der Altersvorsorge erwarten

«Bis wann arbeite
ich wohl einmal?»
                          Speziell betroffen von Fragen rund um die Altersvorsorge ist die junge Generation. Im-
                          merhin ist sie es, die ausbleibende und in die Zukunft verschobene Reformen einmal
                          bezahlen muss. Doch welche Meinung hat die junge Generation überhaupt zu den Fi-
                          nanzproblemen der Sozialwerke? Welche Erwartungen hat sie bezüglich ihrer eigenen
                          Altersvorsorge? Eindrücke aus Gesprächen mit drei jungen Ostschweizern.

                          Seit die AHV letztes Jahr in die roten Zahlen gerutscht ist     sonders beschäftigt sie die Frage, was diese Zukunft kon-
                          und sich die AHVplus-Initiative der Abstimmung nähert,          kret für sie bedeutet: «Wenn das Thema wieder einmal in
Simon Scherrer            widmet sich die politische Diskussion in der Schweiz wie-       den Medien kommt, frage ich mich immer, bis zu wel-
                          der vermehrt dem Thema Altersvorsorge. Es besteht ein           chem Alter ich wohl einmal arbeiten werde.» Doch wie
                          grundlegendes Finanzierungsproblem der Sozialwerke.             auch Andrej Hörler und Philipp Oehy gibt Kathrin Scherrer
                          Klar ist: Die Zukunft der Altersvorsorge wird teuer. Klar ist   offen zu, dass Fragen zur Altersvorsorge kaum im Freun-
                          auch, für wen genau diese Zukunft teuer wird: für die           deskreis diskutiert würden.
                          junge Generation. Doch was meinen Vertreter dieser jun-
                          gen Generation überhaupt zu den Finanzlöchern im Ren-           Problembewusstsein ist da
                          tensystem, die sie einst stopfen werden müssen? Sind sie        Alle drei kennen jedoch die Probleme der Altersvorsorge
                          sich der Problematik überhaupt bewusst? Und wie stark           durchaus. «Wenn wir alle immer älter werden, gibt es
                          beschäftigt sie die «Frage Altersvorsorge» allgemein?           mehr Alte, die Geld aus der AHV erhalten, und immer we-
                                                                                          niger Junge, die einzahlen. Dass das nicht gehen kann,
                          Kein populäres Thema                                            leuchtet ein», findet Andrej Hörler. Philipp Oehy kennt die
                          «Die Altersvorsorge beschäftigt mich nicht sehr stark»,         Finanzprobleme der AHV zwar ebenfalls, denkt jedoch an
                          gibt beispielsweise Andrej Hörler zu. Der 21-Jährige aus        etwas anderes, wenn er «Probleme mit der Altersvor-
                          Steinegg AI studiert derzeit Bauingenieurwesen an der           sorge» hört: «Ich habe einmal mitbekommen, dass bei
                          ETH Zürich und besuchte davor das Kollegium St. Antonius        einem Bekannten der Pensionskassenwechsel nicht richtig
                          in Appenzell. Dort hätte er sich im Unterricht mit dem          geklappt hat, als er den Arbeitgeber gewechselt hat.» Die
                          Thema auseinandersetzen müssen. «Als Student zahle ich          politischen Herausforderungen der Altersvorsorge seien
                          aber noch fast nichts ein. Darum fehlt mir der Bezug zur        im Vergleich zu solchen Dingen, die er schon unmittelbar
                          Altersvorsorge», erklärt Hörler. Ähnliches erzählt Philipp      erlebt habe, einfach viel weiter weg. «Für viele ist das
                          Oehy, 22, aus St. Gallen. Während seiner Polymechaniker-        Thema Ruhestand wirklich noch zu weit weg, um darüber
                          Lehre seien das Drei-Säulen-System und seine Probleme           zu diskutieren», meint auch Kathrin Scherrer. «Aber ir-
                          in der Berufsschule erläutert worden. «Im Moment be-            gendwann wird man einfach darüber diskutieren und Lö-
                          schäftigt mich aber höchstens die dritte Säule, weil man        sungen finden müssen.»
                          diese selbst organisieren muss», so Oehy.
                          Ganz anders sieht das jedoch bei Kathrin Scherrer aus. Die      Lösungen zu finden für die Finanzprobleme der Altersvor-
                          28-jährige Toggenburgerin, die über einen doppelten             sorge ist denn auch eine Sache, mit der die Politik sich bis
                          Lehrabschluss als Köchin und Bäckerin verfügt, macht sich       heute schwertut. Von den Handlungsoptionen, mit denen
                          häufig Gedanken über die Zukunft der Altersvorsorge. Be-        sich die AHV-Finanzen zumindest teilweise ins Lot bringen

20               Nr. 3/2016
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