EILDIENST 7- 8 /2019 - Aus dem Inhalt: NRW-Landrätekonferenz am 6./7. Juni 2019 in Berlin Schwerpunkt: Migration und Eingliederung in den ...
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EILDIENST 7-8 / 2019 Aus dem Inhalt: ● NRW-Landrätekonferenz am 6./7. Juni 2019 in Berlin ● Schwerpunkt: Migration und Eingliederung in den Arbeitsmarkt ● Die Energiewende und der Ausstieg aus der Kohleverstromung
EILDIENST 7-8/2019 Auf ein Wort Luftverkehrskonzept des Landes NRW – Chancengleichheit wahren Das Land Nordrhein-Westfalen wird von einer vielschichtigen Landschaft größerer und mittelgroßer Flughäfen geprägt. Flughäfen, insbesondere auch im kreisange- hörigen Raum, bilden wichtige Faktoren der Verkehrs- und Infrastrukturentwick- lung. In der Regel handelt es sich bei ihnen auch um bedeutende Standortfaktoren. Sie erfüllen wichtige Funktionen für die oft mittelständisch strukturierten Unter nehmen und die Bevölkerung sowie den regionalen Arbeitsmarkt. Deshalb ist aus Sicht der Kreise grundsätzlich zu begrüßen, dass sich das Verkehrs- ministerium des Landes Nordrhein-Westfalen mit der Aufstellung eines Luftver- kehrskonzeptes beschäftigt. Auch wenn ein solches Luftverkehrskonzept keine unmittelbare rechtliche Wirkung hat, so können damit doch wichtige politische Weichenstellungen verbunden sein. Deshalb ist es auch wichtig, dass im Rahmen eines künftigen Luftverkehrskonzeptes eine prinzipielle Chancengleichheit zwischen den Verkehrsflughäfen in NRW gewahrt wird. Nordrhein-Westfalen besteht nicht nur aus den Großstädten an der Rheinschiene oder im Ruhrgebiet, sondern aus vielen, oftmals prosperierenden weiteren Landesteilen. Zwei von drei Arbeitsplätzen im produzierenden Gewerbe in NRW befinden sich mittlerweile im kreisangehörigen Raum. Der kreisangehörige Raum ist der wichtigste Standort im Bereich produzierendes Gewerbe und Industrie in NRW. Im Durchschnitt liegt der Exportanteil der industriellen Betriebe im kreis angehörigen Raum in NRW bei rund 42 %. Dabei handelt es sich vielfach um Unternehmen mit einer drei- oder gar vier- stelligen Beschäftigtenzahl. Genau deshalb ist es auch ein wichtiger Standortfaktor, dass Geschäftsreisende zeitsparend und effizient an ihre Ziele kommen. Selbstverständlich dürfen in diesem Kontext auch die Umweltpolitik und die Fragen des Klimaschutzes nicht zu kurz kom- men. Doch auch hier bietet ein Konzept mit regionalen Reisemöglichkeiten, zumindest auf den wichtigsten Verbindungen zu den großen Knotenpunkten und Drehkreuzen und den gängigsten Urlaubsdestinationen, Vorteile. An- und Abreise- verkehre können durch eine sinnvolle, regionalisierte Verortung wichtiger Luftverkehrsverbindungen minimiert werden. Es erscheint – gerade auch ökologisch – nicht sinnvoll, wenn Geschäftsreisende erst einmal aus Ostwestfalen 200 Kilometer nach Düsseldorf fahren müssen, um von dort Ziele zu erreichen, die auch vom Flughafen Paderborn/Lippstadt oder dem Flughafen Münster/Osnabrück erreichbar wären. Natürlich gehört zum Faktor Umwelt- und Klimaschutz auch mehr. Viele Flüge ließen sich ohne jeden Zweifel durch effizi- entere und schnellere Zugverbindungen innerhalb Deutschlands und in das benachbarte Ausland minimieren. Auch inländi- sche Tourismusdestinationen müssen gestärkt werden. Es gibt aber auch zahlreiche Verkehre, die sich auch in Zukunft nicht ändern lassen: Deutschland ist und bleibt ein Exportland, das auf den Verkehr von und für Geschäftsreisende angewiesen ist. Zudem wird es auch in Zukunft Urlaubsflüge gerade in weiter entfernte Regionen oder zu ansonsten mit anderweitigen Verkehrsträgern nicht angebundenen Orten geben, um die jeweiligen Ziele in vertretbarer Zeit zu erreichen. So ist Schiffs- verkehr zu bestimmten Inselgruppen oder entlegenen Küstenabschnitten viel zu langsam, um hier akzeptable Erreichbar keiten zu gewährleisten. Darüber hinaus darf nicht unbeleuchtet bleiben, dass sich Luftverkehrsverbindungen bei der zunehmenden Internationa- lisierung des Lebensumfeldes vieler Menschen einschließlich Familien- und Freundeskreisen oftmals auch zukünftig nicht ersetzen lassen dürften: Deshalb wird es auch und mit besonderem Akzent darum gehen müssen, die Umwelt- und Klima bilanz des Fliegens deutlich zu verbessern. Dies erfordert effizientere Antriebstechniken genauso wie die mögliche Ver- wendung nachhaltig gewonnener Kraftstoffe (synthetische Kraftstoffe, Kerosin aus Power-to-fuel etc). Insofern bestehen gute Aussichten dafür, dass Nordrhein-Westfalen mit seiner äußerst vielgestaltigen Struktur von Hochschuleinrichtungen, mittelständischen Unternehmen und Firmen der chemischen Industrie hier ein Vorreiter für Forschungs- und Entwicklungs- standorte werden könnte. Gerade vor diesem Hintergrund dürften insbesondere die kleineren und mittleren regionalen Flughäfen hier ihrerseits einen eigenen spezifischen Standortvorteil mit sich bringen. Es erscheint in jedem Fall wertvoll und nützlich, auch Überlegungen und Modelle zur Entwicklung des ökologisch-nachhaltigen Fliegens an den Regionalflughäfen in Gang zu setzen. Dr. Martin Klein Hauptgeschäftsführer des Landkreistages Nordrhein-Westfalen 393
Inhalt EILDIENST 7-8/2019 Kavalleriestraße 8 AUF EIN WORT 393 40213 Düsseldorf ______________________________________________________________ Telefon 0211/ 300 491-0 Telefax 02 11/ 300 491-660 E-Mail: presse@lkt-nrw.de Internet: www.lkt-nrw.de AUS DEM LANDKREISTAG IMPRESSUM NRW-Landrätekonferenz am 6./7. Juni 2019 in Berlin 397 • Dr. Günter Krings: „Integration muss auf dem EILDIENST – Monatszeitschrift des Landkreistages Arbeitsmarkt stattfinden“ Nordrhein-Westfalen • Dr. Rolf Bösinger: „Sorge um EU-Sanktionen bei Umsatzsteuerpflicht für kommunale Aufgaben“ Herausgeber: Hauptgeschäftsführer • Ralph Brinkhaus: „Altschuldenproblematik ist nicht Dr. Martin Klein Aufgabe des Bundes, sondern der Länder“ • Bernhard Daldrup: „Bund muss Kommunen beim Redaktion: Erster Beigeordneter Dr. Marco Kuhn Abbau von Altschulden entgegenkommen“ Beigeordneter Martin Schenkelberg Referentin Christine Cebin ______________________________________________________________ Hauptreferent Dr. Markus Faber Referentin Dorothée Heimann NRW-Landräte debattieren mit NRW-Minister Referent Thomas Krämer Pressereferentin Rosa Moya Dr. Joachim Stamp über Bleiberecht 404 Referent Dr. André Weßling ______________________________________________________________ Hauptreferent Dr. Kai Zentara Quelle Titelbild: Bundesregierung/Eckel THEMA AKTUELL Redaktionsassistenz: Gaby Drommershausen Astrid Hälker Die Energiewende und der Ausstieg aus der Kohleverstromung 405 Heike Schützmann ______________________________________________________________ Herstellung: ALBERSDRUCK GMBH & CO KG Leichlinger Straße 11 40591 Düsseldorf www.albersdruck.de SCHWERPUNKT: Migration und Eingliederung in den Arbeitsmarkt ISSN 1860-3319 Die Teilhabe am Arbeitsmarkt ist ein zentraler Schlüssel zur Integration 411 ______________________________________________________________ Integration in der Praxis: Lernprozesse, Hürden und Erfolge im Kreis Kleve 413 ______________________________________________________________ Erfolgreiche Integration von Geflüchteten in den Arbeitsmarkt – im Kreis Düren eine Gemeinschaftsaufgabe 415 Kreise in Nordrhein-Westfalen ______________________________________________________________ 394
EILDIENST 7-8/2019 Inhalt Das Projekt „Ankommen im Kreis Viersen – Wege in Arbeit und Ausbildung“ 418 ______________________________________________________________ Geflüchtete Schritt für Schritt in Beschäftigung bringen 419 ______________________________________________________________ Integration von Menschen mit Fluchthintergrund in den Arbeitsmarkt – Es lohnt sich zu investieren 421 ______________________________________________________________ Arbeitsmarktintegration von Migrantinnen und Migranten 422 ______________________________________________________________ Neuzuwanderer mit Betrieben aktiv zusammenbringen 426 ______________________________________________________________ „Gemeinsam klappt`s“ in der StädteRegion Aachen 428 ______________________________________________________________ Fachtag „Kompetenz Integration“ – Ehrenamtliche und Geflüchtete erarbeiten Schritte in die Beschäftigung 430 ______________________________________________________________ THEMEN Der Kreis Steinfurt als Modellregion für Wasserstoffmobilität – ist das die Zukunft? 432 ______________________________________________________________ Frauen in Kommunalverwaltungen in Führung bringen 435 ______________________________________________________________ DAS PORTRÄT Birgitta Radermacher, Regierungspräsidentin des Regierungsbezirks Düsseldorf: „Höhere Beteiligung des Bundes an Soziallasten dringend geboten“ 436 ______________________________________________________________ 395
Inhalt EILDIENST 7-8/2019 IM FOKUS Kommunale Verfolgungsbehörden wollen bei Bekämpfung der Schwarzarbeit schlechtem Image entgegenwirken 439 ______________________________________________________________ MEDIENSPEKTRUM 440 ______________________________________________________________ KURZNACHRICHTEN 443 ______________________________________________________________ HINWEISE AUF VERÖFFENTLICHUNGEN 450 ______________________________________________________________ 396
EILDIENST 7-8/2019 Aus dem Landkreistag NRW-Landrätekonferenz am 6./7. Juni 2019 in Berlin Die Landräte aus Nordrhein-Westfalen haben im Rahmen ihrer jährlichen Konferenz in Berlin kommunale Themen und Problemlagen mit hochrangigen Bundespolitikern erörtert. Höhepunkt der zweitägigen Konferenz am 6. und 7. Juni in der Bundeshauptstadt war das Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel. NRW-Landrätekonferenz am 6./7. Juni 2019 in Berlin. Quelle: LKT NRW D ie Zukunftsthemen Digitalisierung, Mobilität und Energiewende sowie die Arbeit der Kommission „Gleichwertige die dringende Frage nach der Grundsteuer reform und der Stand der Planung für den Breitband- und Mobilfunkausbau erörtert. gen Raum sowie die Gestaltung der Ener- giewende, insbesondere des Ausstiegs aus der Kohleverstromung. Weitere Themen Lebensverhältnisse“ standen im Mittel- Zudem machten die Landräte auf das auf- waren u.a. Digitalisierung, kommunale punkt der Gespräche mit Vertretern der kommende Problem der Umsatzsteuer- Altschulden und die Fortführung der Bun- Bundespolitik. So tauschten sich die NRW- pflichtigkeit von kommunalen Aufgaben desbeteiligung an flüchtlings- und integra- Landräte mit dem Vorsitzenden der CDU/ aufmerksam und warnten vor den enor- tionsbedingten Kosten. CSU-Bundestagsfraktion, Ralph Brink- men negativen Auswirkungen der Neure- haus, über die Arbeit der Kommission aus gelung des Umsatzsteuergesetzes auf die und debattierten intensiv über die kom- interkommunale Zusammenarbeit. Integration muss auf dem munale Altschuldenproblematik, die aus Arbeitsmarkt stattfinden NRW-Sicht von zentraler Bedeutung ist. Auch die Flüchtlingsfinanzierung stand auf Andrea Nahles (SPD) hatte das geplante der Agenda: Dabei kritisierten die Landrä- Seit 2002 ist der innenpolitische Experte Gespräch mit den Landräten kurzfristig te die geplanten Kürzungen von Bundes- der CDU, Prof. Dr. Günter Krings, Mitglied abgesagt, nachdem sie nach dem EU- finanzminister Olaf Scholz und forderten des Deutschen Bundestages. Auf Landes- Wahldebakel kurzfristig von ihren Ämtern den Bund erneut auf, die Kommunen bei ebene ist Krings in seiner Heimat Mön- als SPD-Parteivorsitzende und -Fraktions- den Flüchtlings- und Integrationskosten chengladbach aktiv und seit 2014 Vorsit- vorsitzende im Bundestag zurückgetreten über 2019 hinaus wie bisher zu unterstüt- zender der CDU Niederrhein. Seit 2013 war. Stattdessen konnte der LKT NRW den zen. Flüchtlings- und Integrationsfragen ist er Parlamentarischer Staatssekretär kommunalpolitischen Sprecher der SPD- standen auch im Mittelpunkt des Austau- beim Bundesinnenminister. 2017 wurde Bundestagsfraktion, Bernhard Daldrup, sches mit dem Parlamentarischen Staatsse- er zudem zum Vorsitzenden der NRW- als Gesprächspartner gewinnen. Daldrup kretär beim Bundesminister des Innern, für Landesgruppe der CDU/CSU-Bundestags- diskutierte mit den Konferenzteilnehmern Bau und Heimat, Prof. Dr. Günter Krings. fraktion gewählt. Beim Treffen mit den ebenfalls über kommunale Altschulden, Dabei sprachen sich die Landräte für eine NRW-Landräten standen Fragestellungen aber auch über soziale Daseinsvorsorge Steigerung der Effektivität von Rückfüh- zur Gleichwertigkeit der Lebensverhältnis- und die angespannte Wohnungsmarkt rungen sowie eine Förderung freiwilliger se und zur Migration im Vordergrund. situation in Deutschland und machte dabei Ausreisen aus. die inhaltlichen Unterschiede zum Koali Zu Beginn betonte der Parlamentarische tionspartner deutlich. Am zweiten Tag der Landrätekonferenz Staatssekretär im Bundesministeriums des trafen die NRW-Landräte Bundeskanzle- Innern, für Bau und Heimat, Prof. Dr. Gün- Finanzthemen standen im Fokus des rin Angela Merkel. Im Mittelpunkt des gut ter Krings MdB, die Bedeutung der Kreise Gesprächs mit dem Staatssekretär im Bun- einstündigen Austausches standen Infra- als Ebene zwischen Staat und Gemeinden. desfinanzministerium, Dr. Rolf Bösinger. strukturfragen zur Sicherung gleichwerti- Gerade diese Doppelnatur der Kreisebene Neben der Altschuldenproblematik wurde ger Lebensverhältnisse im kreisangehöri- böte aus seiner Sicht erhebliche Chancen 397
Aus dem Landkreistag EILDIENST 7-8/2019 Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister des Innern, für Bau und Heimat, Prof. Dr. Günter Krings MdB. Quelle: LKT NRW und Potentiale für die politische Tätigkeit dere auch der Digitalisierung der öffent- stets auch die Bezahlbarkeit der Stromprei- auf Kreisebene. lichen Verwaltung. Hier gebe es einen se beachtet werden müsse. erheblichen Nachholbedarf. Mittlerweile In einem kurzen Überblick ging Prof. Dr. sei auf Bundesebene das Online-Zugangs- Aus dem Kreis der Landräte wurde auch Krings auf die Kommission zur Gleichwer- gesetz verabschiedet worden. Nun bestehe die Bedeutung dezentraler Siedlungs- tigkeit der Lebensverhältnisse, den Aus- aber die Herausforderung darin, rund 600 strukturen für den kreisangehörigen Raum bau des Mobilfunkstandards „5G“ sowie Leistungen der öffentlichen Verwaltung zu thematisiert. Als Beispiel wurden sog. das Online-Zugangsgesetz ein. Alle diese digitalisieren. Schwarmstädte in der ostwestfälischen Themenkomplexe seien aus seiner Sicht Achse genannt. Solche Strukturen sollten wichtig, um Deutschland zukunftsfähig Auch die Fachkräftegewinnung, insb. im gestärkt werden. zu machen. Zudem betonte der Parla- Zusammenhang mit der Digitalisierung mentarische Staatssekretär die Notwen- im Bereich der öffentlichen Verwaltung, Abschließend machten die Landräte auf digkeit eines europäischen Denkens zur sei eine erhebliche Herausforderung. Dies die drängende Problematik des zukünf- Lösung bestehender Probleme. Wichtige beziehe sich u.a. auch auf die Gehalts- und tigen Umgangs mit § 2b Umsatzsteuer- Herausforderungen könnten nur im euro- Entgeltstrukturen für IT-Fachkräften in der gesetz aufmerksam. Dies würde aus ihrer päischen Kontext gelöst werden. Ein öffentlichen Verwaltung. Im Bereich des Sicht interkommunale Kooperationen, aber weiteres Problem sah er in der zuneh- Zuwanderungsrechts sah Krings den Kom- auch sonstige sinnvolle Zusammenarbeits- menden Zersplitterung der Parlamente, promiss zwischen dem Fachkräftezuwan- formen von Kommunen deutlich erschwe- gleich auf welcher Ebene. Hier werde es derungsgesetz einerseits und dem Geord- ren. Hierauf antwortete der Parlamentari- in Zukunft immer schwieriger, Mehrhei- nete-Rückkehr-Gesetz andererseits positiv. sche Staatssekretär, dass dieses Problem ten zu finden. Darüber hinaus hätten die Eine Zuwanderung solle in der Regel nur auf allen Ebenen einschließlich des für etablierten Parteien zunehmend Probleme, in einen bestehenden Arbeitsplatz erfol- kommunale Angelegenheiten zuständigen auf Online-Diskussionen angemessen zu gen. Integration müsse auf dem Arbeits- Bundesministeriums des Innern, für Bau reagieren. markt stattfinden, nicht schon im Vorfeld. und Heimat bekannt sei. Gegebenenfalls Zudem sei gewährleistet, dass ein sog. müsse man hier darüber nachdenken, Im Hinblick auf die Kommission „Gleich- Spurwechsel grundsätzlich die Ausnahme zukünftige Kooperationsformen eher in wertige Lebensverhältnisse“ erklärte bleibe, aber unter klaren Voraussetzun- öffentlich-rechtlichen Formen wahrzuneh- Krings, dass diese eine der wichtigsten gen möglich sei. Parallel dazu müsse aber men, wenngleich dies auch nicht alle Pro- Kommissionen auf Bundesebene in den auch daran gearbeitet werden, die Zahl der bleme lösen würde. letzten Jahren sei. Es gehe hier darum, eine Rückführungen weiter zu erhöhen. angemessene Verteilung von Demografie und Wirtschaftskraft zwischen Stadt und In der nachfolgenden Diskussion wurde Sorge um EU-Sanktionen Land zu erreichen. Grundsätzlich hätte der nochmals darauf hingewiesen, dass es im bei Umsatzsteuerpflicht kreisangehörige Raum eigentlich eine star- Rahmen des Ausstiegs aus der Kohlever- für kommunale Aufgaben ke Geburtenrate, die Probleme seien aber stromung nicht nur Regionen gebe, die in der Abwanderung junger Menschen in vom Ausstieg aus der Braunkohle betrof- Nach dem letztjährigen Austausch mit die großen Städte oder die Universitäts- fen seien, sondern eben auch Standorte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) städte zu sehen. der Steinkohleverstromung – wie etwa der hatten die nordrhein-westfälischen Land- Kreis Unna. In dem Zusammenhang brach- räte in diesem Jahr Gelegenheit, mit Eine weitere Herausforderung ist aus Sicht te der Parlamentarische Staatssekretär den Staatssekretär Dr. Rolf Bösinger aus dem des Parlamentarischen Staatssekretärs der weiteren Aspekt ein, dass bei allen Maß- Bundesministerium der Finanzen zu spre- Umgang mit der Digitalisierung, insbeson- nahmen und zukünftigen Entwicklungen chen. Von besonderem Interesse war es, 398
EILDIENST 7-8/2019 Aus dem Landkreistag Staatssekretär im Bundesministerium der Finanzen, Dr. Rolf Bösinger. Quelle: LKT NRW Neuregelungen des Umsatzsteuergesetzes dern konsentierte Ideen zusammentragen ziten rechnen müssten. Außerdem werde und dessen Auswirkungen auf die inter- werde. Bösinger stellte jedoch in Aussicht, derzeit intensiv über die von Bayern vor- kommunale Zusammenarbeit zu erörtern. dass zeitnah weitere Gespräche zwischen geschlagene Öffnungsklausel diskutiert, dem Bundesministerium der Finanzen und wonach die Länder selbst weitgehende Staatssekretär Dr. Bösinger sprach ein- den Ländern geführt würden, um das Alt- Regelungen treffen dürfen. Er erwarte, dass gangs von fünf Themen, die aus seiner schuldenproblem konkret anzupacken. die Verhandlungen im Juni abgeschlossen Sicht derzeit eine herausragende Rolle für werden, und ihm sei sehr bewusst, dass die kommunale Ebene spielten. Das erste Weiter sprach Staatssekretär Dr. Bösinger das Thema von großer Bedeutung für die Thema war die Kommission „Gleichwer über den Breitbandausbau. Dazu sei ein Planungssicherheit der Kommunen sei, da tige Lebensverhältnisse“. Diese habe sechs Sondervermögen eingerichtet worden, um es schließlich um 14 Mrd. Euro gehe, die Arbeitsgruppen eingerichtet, die sich mit eine Anschubfinanzierung sicherzustellen. von einem Tag auf den anderen fehlen folgenden Themen beschäftigten: Kom- Aus der Versteigerung der 5G-Lizenzen könnten. munale Altschuldenproblematik, Gesamt- habe der Bund bereits insgesamt sechs deutsches Fördersystem, Raumordnung, Mrd. Euro erlöst, von denen 4,2 Mrd. Euro Zur Flüchtlingsfinanzierung machte der Technische Infrastruktur, Soziale Daseins- in den Haushalt 2018 zum Breitbandaus- Staatssekretär deutlich, dass er nicht der vorsorge und Arbeit sowie Teilhabe. Da der bau gestellt wurden. Er sehe die Bundesre- Auffassung sei, dass sich der Bund aus sei- Vorsitz der Arbeitsgruppe „Kommunale gierung insgesamt auf einem guten Weg, ner Verantwortung herausgezogen habe. Altschulden“ beim Bundesministerium der vergegenwärtige man sich, dass das Ziel, Zwischen 2015 bis 2018 seien insgesamt Finanzen liegt, konzentrierte sich Bösin- „weiße Flecken“ zu schließen, seit Novem- 25,4 Mrd. Euro an die Länder geflossen. ger in seinen Ausführungen darauf. In der ber 2018 besonders intensiv verfolgt 2019 seien es 6,2 Mrd. Euro. Dass die Arbeitsgruppe sei festgestellt worden, dass werde. Denn durch Umstellungen in den Flüchtlingsfinanzierung insgesamt abge- Hessen, das Saarland, Rheinland-Pfalz und Förderrahmenbedingungen seien mittler- senkt wurde, habe damit zu tun, dass die Nordrhein-Westfalen besonders hohe Kas- weile alle öffentlichen Einrichtungen för- Anzahl der Flüchtlinge gesunken sei. Den- senkredite auf kommunaler Ebene vorwie- derfähig. Als nächstes Ziel nehme sich die noch verschließe sich das Bundesministe- sen. Es sei versucht worden, Gründe für die Bundesregierung vor, sogenannte „graue rium der Finanzen nicht gegenüber einer Verschuldung sowie Lösungsvorschläge zu Flecken“ zu schließen. Der Entwurf dazu mehrjährigen Lösung mit den Ländern, um ermitteln. befinde sich noch in der Abstimmung. nicht jedes Jahr erneut über den Betrag zu verhandeln, den der Bund zur Finanzie- Dabei sei jedoch deutlich geworden, dass Hohen zeitlichen Druck verspüre die Poli- rung von Flüchtlingskosten beisteuert. In der Bund es für problematisch erachte, tik beim Thema Grundsteuerreform. Ein die Verhandlungen seien die Länder mit sich selbst bei der Entlastung der Altschul- Gesetz müsse bis Ende des Jahres durch der Forderung gegangen, 4,2 Mrd. Euro zu den zu engagieren. In erster Linie seien Bundesrat und Bundestag gegangen sein, erhalten, während das Bundesministerium die Länder bei der Lösung dieses Problems um die Reform noch innerhalb des Zeit- der Finanzen 1,9 bis 2 Mrd. Euro jährlich gefragt. In diesem Zusammenhang sehe er fensters abzuschließen. Derzeit fänden vorgeschlagen habe. Diese Frage werde es auch kritisch, die Erstattung der Kosten viele Sitzungen mit den Landesfinanzmi- jedoch sehr zeitnah geklärt. der Unterkunft durch den Bund auf 75 % nistern statt. Bösinger stellte ausdrücklich anzuheben, da dies eine Bundesauftrags- klar, dass das Bundesfinanzministerium Hinsichtlich des Themas der Umsatzsteuer verwaltung der Aufgabe auslösen würde. einen Konsens mit allen Ländern erzielen pflichtigkeit von Aufgaben, die eine juristi- Letztlich habe sich die Arbeitsgruppe möchte. Das wertabhängige Modell werde sche Person für eine andere erledigt, wies nicht auf einen Vorschlag einigen können, zwar vom Bundesministerium der Finan- Bösinger darauf hin, dass § 2 b Umsatz- sodass die Kommission lediglich unver- zen bevorzugt, finde aber keinen Konsens steuergesetz (UStG) aufgrund der Mehr- bindliche, nicht zwischen allen Mitglie- unter allen Ländern, die teilweise mit Defi- wertsteuerrichtlinie der Europäischen 399
Aus dem Landkreistag EILDIENST 7-8/2019 Union unvermeidbar gewesen sei. Die räte außerdem, dass die föderalen Struktu- neuen Schlüssels füt die Verteilung von EU-Kommission habe gegenüber Bundes- ren Deutschlands einen Sonderfall darstell- Geldern werde aber bei den Ländern nur finanzminister Scholz außerdem Zweifel an ten und das Europarecht diesen nicht hin- schwer durchzusetzen sein. Das Bundes- der Vereinbarkeit von § 2 b mit dem EU- reichend Rechnung trage. Daher schlugen ministerium habe die Erfahrung gemacht, Recht geäußert. Scholz habe daher der EU- die Landräte dem Staatssekretär vor, eine dass jedes Land nur den für sich positiven Kommission mitteilen lassen, dass er die Art Bereichsausnahme für interkommunale Schlüssel akzeptiere. Gleichwohl werde EU-Konformität durch restriktiven Verwal- Zusammenarbeit zu schaffen. Vielleicht sei dieses Thema aber weiterhin diskutiert. tungsvollzug von § 2 b UStG sicherstellen es dem Bundesfinanzministerium möglich, würde. Bösinger ließ keinen Zweifel daran, öffentliches Handeln in der Mehrwersteu- dass die EU die Besteuerung der öffentli- ersystem-Richtlinie zu privilegieren. Dies Altschuldenproblematik chen Hand genau beobachte. sei bei Rettungsdiensten im Vergaberecht ist nicht Aufgabe des Bundes, auch möglich gewesen. Bösinger nahm sondern der Länder In der darauffolgenden Diskussion mit den diesen Vorschlag zur Kenntnis, wies aller- Landräten unterstrichen diese die Proble- dings darauf hin, dass die EU-Kommission Seit zehn Jahren ist der nordrhein-west- matik aus § 2 b UStG. Diese Vorschrift von Vertretern der Privatwirtschaft stark fälische CDU-Politiker Ralph Brinkhaus schaffe eine äußerst unbefriedigende bedrängt werde. Daher fürchte der Bund Mitglied des Deutschen Bundestages. Situation, da unklar sei, welche Sachver- ein Vertragsverletzungsverfahren, wenn er Auf Landesebene ist Brinkhaus seit 2016 halte genau von der Norm erfasst seien die strengen Vorgaben aus Brüssel nicht stellvertretender Landesvorsitzender der und die Finanzämter keinerlei Auskünfte umsetze. Die Idee einer Bereichsausnahme NRW-CDU und Vorsitzender des CDU- dazu gäben. Insgesamt sei festzustellen, oder Privilegierung interkommunalen Han- Bezirksverbandes Ostwestfalen-Lippe. dass es bisher niemandem, der sich mit delns in der Richtlinie werde er allerdings Zudem war der gebürtige Wiedenbrücker dem Steuerrecht beschäftige, gelungen mit seinen Mitarbeitern diskutieren. von 2009 bis 2019 Vorsitzender des CDU- sei, in dieser Frage Klarheit zu entwickeln. Kreisverbandes Gütersloh. Im September Nach der derzeitigen Fassung des § 2 b In der Frage der Flüchtlingsfinanzierung 2018 setzte er sich als Vorsitzender der UStG sei es nicht ausgeschlossen, dass bei- wiesen die Landräte außerdem darauf CDU/CSU-Bundestagsfraktion gegen Vol- spielsweise der kommunale Winterdienst hin, dass flüchtlingsbedingte Mehrkosten ker Kauder durch, der bis dahin 13 Jahre der Umsatzsteuerpflichtigkeit unterfalle, nicht bereits dann entfielen, wenn weni- lang an der Spitze der Bundestagsfraktion wenn eine kreisangehörige Gemeinde eine ger Flüchtlinge nach Deutschland kämen. gestanden hatte. Bei der Landrätekonfe- Kreisstraße streue, die auf dem Weg des Denn die Kosten entstünden solange, wie renz in Berlin tauschte sich der neue Frak- Streufahrzeugs liege, und im Gegenzug der Prozess der Integration noch nicht tionsvorsitzende der CDU/CSU im Bun- der Kreis eine Straße der Gemeinde streue, abgeschlossen sei. Nicht selten dauere es destag mit den NRW-Landräten vor allem obwohl auch dies leichter sei, als wenn das sieben Jahre bis ein Flüchtling integriert sei. über Infrastrukturfragen zur Sicherung Streufahrzeug der Gemeinde einen Zusatz- Das sei vermutlich deutlich länger als der gleichwertiger Lebensverhältnisse aus. weg fahren müsse. Solches Vorgehen von Bundesebene bewusst sei. Daher plädier- der Umsatzsteuerpflichtigkeit zu umfassen, ten die NRW-Landräte für eine auskömm- Zu Beginn des Gesprächs ging Brinkhaus widerspreche der Leitidee der interkommu- liche Weiterführung der Flüchtlingskosten- auf die allgemeine politische Lage in Euro- nalen Zusammenarbeit, die von der Politik finanzierung. Bösinger betonte, dass es pa ein. Zehn Tage vor dem Treffen mit den ansonsten stets gefordert würde. Auch die dem Bundesfinanzministerium sehr wichtig NRW-Landräten in Berlin hatte die Euro- Leistungen von IT-Zweckverbänden seien sei, keine jährlichen Lösungen zu verabre- pawahl stattgefunden mit ernüchternden beispielsweise davon betroffen. Damit den, sondern dauerhafte. Problematisch Ergebnissen für die Koalitionspartner auf könne es sinnlos werden, wenn sich meh- sei aber die Höhe der Summe. Natürlich Bundesebene. Nach seiner Einschätzung rere Kommunen zu einem IT-Zweckver- nehme er zur Kenntnis und akzeptiere, sei das traditionelle System der politischen band zusammenschließen, da die Leistun- dass die Integrationsdauer sehr unter- Parteien europaweit gefährdet. Beispiel- gen sich dann ggf. um 19 % verteuerten. schiedlich sei und Kosten daher nicht von haft nannte er die Entwicklungen in Frank- dem einen auf das andere Jahr völlig ent- reich und Italien, aber auch das Geschehen Das Bundesministerium der Finanzen solle fielen. Deshalb sagte Bösinger zu, dass sich rund um den Brexit in Großbritannien. sich bewusst machen, dass Leistungen, die der Bund der Finanzierung von Flüchtlings- 19 % teurer würden, mittelbar auch den kosten nicht entziehen werde. Allerdings Es zeichne sich nun auch auf nationaler Bürger träfen. Daher sei angesichts der sei der Bund nicht bereit, die Summe zu Ebene eine Entwicklung ab, die den Land- 2021 endenden Übergangsfrist eine Ver- zahlen, die Länder und Kommunen derzeit räten auf Ebene der Kreise schon lange längerung angezeigt, damit das Bundesfi- einforderten. Die NRW-Landräte machten bekannt sei. Das System der politischen nanzministerium genügend Zeit habe, um in dem Zusammenhang darauf aufmerk- Parteien graduiere zunehmend und die noch offene Rechtsfragen zu klären. Bösin- sam, dass es bei der finanziellen Zuweisung Wählerschwankungen seien enorm her- ger zeigte sich gegenüber einer Übergangs- von Mitteln nach Umsatzsteuerpunkten zu ausfordernd. Die Gunst der Wähler müsse frist aufgeschlossen. Es sei denkbar, eine Schieflagen innerhalb des Bundesgebietes immer wieder neu „erkauft“ werden. Dies solche einzuräumen. Allerdings betonte er komme, da diese wirtschaftskraftbezogen sei auch gerade bei der Europawahl sehr erneut, dass das Bundesfinanzministerium sei. Diese Verwerfungen könnten aber deutlich geworden. Die Wähler reagier- in dieser Frage unter verstärkter Beob- durch einen anderen Schlüssel oder durch ten höchst unterschiedlich auf die Arbeit achtung durch die EU-Kommission stehe. eine Mischung verschiedener Schlüssel der Koalition: Unterschiede im Wahlver- Er werde sich allerdings mit der Thematik beseitigt werden. Bösinger teilte mit, dass halten bestünden im Vergleich von Ost beschäftigen, um möglichst viele Einzelfra- alternative Schlüssel, auch ein solcher, in und West, Jung und Alt sowie Stadt und gen sobald wie möglich abzuarbeiten und dem Soziallasten verstärkt berücksichtigt Land. Die Sicherstellung des nationalen diese mit den Länderfinanzministern zu würden, in der Kommission „Gleichwerti- Zusammenhaltes sei eine zunehmend her- besprechen. Im Rahmen der weiteren Dis- ge Lebensverhältnisse“ vorgeschlagen und ausfordernde Aufgabe. Zumal die Bereit- kussion zu § 2 b UStG betonten die Land- diskutiert wurden. Die Umsetzung eines schaft, Kompromisse einzugehen, immer 400
EILDIENST 7-8/2019 Aus dem Landkreistag Vorsitzender der CDU-/CSU-Fraktion im Bundestag, Ralph Brinkhaus MdB. Quelle: LKT NRW mehr abnehme. Individualisierung führe ländlichen Raums verstärkt auf der Agenda insbesondere negative Auswirkungen auf aber letztendlich nicht dazu, dass man im stehe. Beispielsweise sei es Bayern gelun- die interkommunale Zusammenarbeit. Land vorankomme. Dies müsse man nun gen, in der Grenzregion zu Tschechien die Zudem seien zahlreiche verbleibende Ein- den Wählern vermitteln. So sei es fatal, Beliebtheit des ländlichen Raums durch zelfragen bislang unbeantwortet. Dies sich beispielsweise nur auf das Thema Kli- eine intensive Hochschulpolitik zu steigern. habe die kommunalen Spitzenverbände maschutz zu konzentrieren. Dabei verliere auf Bundesebene veranlasst, eine zwei- man viele andere Themen aus den Augen, Zum Thema digitale Infrastruktur und jährige Verlängerung der Übergangsfrist, die nicht minder bedeutend seien. Mobilität ging Brinkhaus vor allem auf den zu der § 2b Umsatzsteuergesetz umfas- Mobilfunk und die gerade stattfindenden send angewendet werden soll, zu fordern. Zur Arbeit der Kommission „Gleichwer- Auktionen der 5G-Frequenzen ein. In dem Brinkhaus nahm die Sorgen der Teilnehmer tige Lebensverhältnisse“ meldeten die Zusammenhang würde er sich für den länd- bestätigend zur Kenntnis und brachte zum Konferenzteilnehmer vor allen Dingen lichen Raum wünschen, wenn zunächst Ausdruck, dass es nicht von Interesse sein Gesprächsbedarf im Hinblick auf das wenigstens das 4G-Netz flächendeckend könne, wenn insbesondere gute Formen Thema Altschulden und digitale Infrastruk- ausgebaut wäre. Um mit dem 5G-Ausbau der interkommunalen Zusammenarbeit tur an. Präsident Thomas Hendele wies gerade im ländlichen Raum weiterzukom- gefährdet würden. Insoweit sagte er die einleitend darauf hin, dass die Thematik men, seien auf Bundesebene verschiedene Unterstützung des Anliegens der kom- der Tilgung der Altschulden und der Ver- Modelle diskutiert worden: Zum einen die munalen Spitzenverbände betreffend eine meidung neuer kommunaler Verschul- sogenannte negative Auktion, bei der die Verlängerung der Umsetzungsfrist zu. dung gerade aus NRW-Sicht von zentraler Netzwerkbetreiber für besonders unwirt- Bedeutung sei. Es müsse eine nachhaltige schaftliche Gebiete negative Preise zahlen Angesprochen auf die Folgen des Struk- Lösung angestrebt werden. Der Fraktions- müssen, der Aufbau einer bundeseigenen turwandels insbesondere in NRW verwies vorsitzende der CDU/CSU im Bundestag Infrastrukturgesellschaft sowie der von Brinkhaus auf das im Mai verabschiedete fand hierzu klare Worte: Die Altschulden- kommunalen Infrastrukturgesellschaften. Eckpunktepapier der Bundesregierung zur problematik sei nicht Aufgabe des Bundes, Dabei warnte Brinkhaus vor einer kom- Kommission „Wachstum, Strukturwandel sondern der Länder. Es könne nicht sein, munalen Lösung: Diese würde zu einer und Beschäftigung“, das letztlich in das dass auf Bundesebene eine Lösung für ein zu großen Zersplitterung führen und sei Strukturstärkungsgesetz Kohleregionen Problem gefunden werden müsse, das im wirtschaftlich bedenklich. Abschließend münden solle. Bereitgestellt würden 40 Wesentlichen drei Bundesländer betreffe. betonte er, wie wichtig eine gute medizi- Milliarden Euro. Das Land NRW habe in Bezogen auf Nordrhein-Westfalen liege nische Versorgung im ländlichen Raum sei. diesem Zusammenhang gut verhandelt, der Ball daher in Düsseldorf. Auf Bundes- Die alternde Gesellschaft frage eine gute denn allein 15 Milliarden Euro sollen nach ebene werde sich da nichts mehr tun. ärztliche Erstversorgung an, sodass man NRW fließen. Die Landräte wiesen darauf sich mit diesem Thema dringend auseinan- hin, dass in der Diskussion auf Bundesebe- Brinkhaus gab sodann zu erkennen, dass in dersetzen müsse. Die von NRW als erstes ne die Entwicklung der Strompreise nach der Vergangenheit die „Schwerpunktpoli- Bundesland eingeführte Landarztquote sei einem Kohleausstieg stärker berücksichtigt tik“ für große Städte falsch gewesen sei. sehr zu begrüßen und ein erster Schritt in werden müsse. So könne der Ausstieg aus Hier müsse sich dringend etwas ändern, um die richtige Richtung. der Kohleverstromung den Verbraucher eine weitere Abwanderung in die Städte teuer zu stehen kommen, aber auch Wirt- zu verhindern. Zukünftig müsse es vor In dem anschließenden Austausch wiesen schaftsunternehmen seien hiervon stark allem darum gehen, den ländlichen Raum die NRW-Landräte zunächst auf die Neure- betroffen. Brinkhaus erläuterte, dass dieses attraktiver zu machen. Zudem sei es wich- gelung der Umsatzbesteuerung der öffent- Thema durchaus bei ihm und seiner Partei tig, dass innerhalb der Bundesländer das lichen Hand hin. Der neue § 2b Umsatz- auf der Agenda stehe, aber im Wesent Thema der Attraktivitätssteigerung des steuergesetz habe ab dem 01.01.2021 lichen erst in zweiter Linie eine Rolle 401
Aus dem Landkreistag EILDIENST 7-8/2019 spiele. Letztlich sei klar, dass die Ener- zudem Landesgeschäftsführer der Sozial- Zusammenhang betonte Daldrup, dass los- giewende nicht nachteilsfrei sei. Sie werde demokratischen Gemeinschaft für Kom- gelöst von der Frage, auf welches Modell eine Menge Geld kosten und Anstrengun- munalpolitik NRW (SGK NRW). sich Bund und Länder verständigten, aus gen auch vor Ort erforderlich machen. seiner Sicht von wesentlicher Bedeutung Dies veranlasste die Teilnehmer der Land- Daldrup betonte eingangs, die Große Koali- sei, dass es am Ende ein flächendeckendes rätekonferenz darauf hinzuweisen, dass tion nehme, wie bereits in der vergangenen und einheitliches Modell im Bundesgebiet schon jetzt vor allem die Kreise eine erheb- Legislaturperiode, die Belange der Kommu- gebe. Es dürfe nicht die Gefahr bestehen, liche Last der Energiewende tragen; da nen sehr ernst. Sie habe wichtige Gesetze dass die beabsichtigte Grundsteuerreform dort beispielsweise Windkraftanlagen und auf den Weg gebracht, um insgesamt die am Ende trotz der intensiven Bemühungen Biogasanlagen errichtet würden – und dies Kommunen finanziell zu entlasten. Der scheitere. Ihm sei bewusst, wie wichtig die oftmals gegen den Protest der Bürger. Hier Digitalpakt Schule, das Gute-Kita-Gesetz Grundsteuer als Einnahmequelle für die müsse mehr über Ausgleichsmaßnahmen sowie die Förderung von Familien seien Kommunen sei und dass in der Frage eine nachgedacht werden. Gerade Ankündi- hierbei vor allem zu nennen. Insgesamt gewisse Planungssicherheit für die Kom- gungen, die auf Bundesebene getätigt äußerte Daldrup aber den Wunsch, künftig munen notwendig sei. würden, sorgten oftmals für Frust vor Ort, verstärkt noch mehr Projekte auf den Weg wenn diese nicht schnell genug umgesetzt zu bringen, um die seit Jahren steigenden Insgesamt betonte Daldrup, dass zwar der werden könnten. Als Beispiele seien nur Sozialkosten für die Kommunen besser in Bund zahlreiche Projektmittel den Kom- der 5G-Ausbau und der Glasfasernetzaus- den Griff zu bekommen. Im Vordergrund munen zur Verfügung stelle, aus seiner bau erwähnt. Auf Bundesebene müsse dies der beabsichtigten Programme solle wei- Sicht fehle es aber immer noch an einer stärker berücksichtigt werden. Der CDU/ testmöglich auf Langfristigkeit und Nach- soliden Grundfinanzierung der Kommu- CSU-Faktionsvorsitzende wehrte sich haltigkeit gesetzt werden, denn kurzlebige nen durch den Bund. In diesem Zusam- gegen den Vorwurf: Schließlich solle man Projekte seien häufig nur ein Tropfen auf menhang erwähnte Daldrup die Errich- den Fokus vor Ort nicht darauf richten, den heißen Stein. Deshalb spreche er sich tung der Kommission „Gleichwertige was nicht laufe, sondern vielmehr auf die auch dafür aus, das Kita-Gesetz auch über Lebensverhältnisse“. Seiner Auffassung Dinge, die im Land gut liefen. das Jahr 2021 hinaus zu verlängern. nach könnten jedoch die noch ausste- henden Ergebnisse der Kommission nur Auch die Grundsteuerreform werde wei- beschränkt dazu beitragen, die teilweise Bund muss Kommunen terhin stark im politischen Berlin diskutiert, erheblichen finanziellen Nöte der Kom- beim Abbau von Altschulden zumal zwischen Bund und Ländern bis munen in den Griff zu bekommen. Seiner entgegenkommen jetzt noch keine Einigkeit bestehe, welches Auffassung nach seien drei von der Kom- Modell ab dem Jahr 2025 zur Erhebung mission zu bearbeitende Themenfelder Der kommunalpolitische Sprecher der SPD der Grundsteuer innerhalb der Kommu- aus kommunaler Sicht von herausragen- Bundestagsfraktion, Bernhard Daldrup, nen gelten solle. Bis spätestens zum 31. der Bedeutung: Kommunale Altschulden, war infolge der kurzfristigen Absage von Dezember 2019 habe das Bundesverfas- Soziale Daseinsvorsorge und die Stärkung Frau Andrea Nahles infolge ihres Rück- sungsgericht dem Gesetzgeber aufgege- der Kommunen. Bei der Problematik der tritts als SPD-Parteivorsitzende und Frak- ben, ein Reformgesetz für die nicht mehr Altschulden gehe es insbesondere um die tionsvorsitzende der SPD im Bundestag, verfassungskonform ausgestaltete Grund- Beseitigung des Zinsänderungsrisikos, um eingesprungen. Der aus dem Kreis Waren- steuer zu beschließen. Der Bund und eine die Sicherung des Kreditmarktzugangs für dorf stammende Bundestagsabgeordnete Mehrheit der Länder sprächen sich für das besonders schwache Kommunen und um ist u.a. Mitglied im Finanzausschuss und sog. wertabhängige Modell aus, wäh- einen geregelten Abbau der Altschulden. Obmann im Ausschuss für Bau, Wohnen, rend es auch Stimmen einzelner Länder Ziel sollte es sein, dass der Bund den hoch- Stadtentwicklung und Kommunen des gebe, die für das Flächenmodell oder für verschuldeten Kommunen deutlich entge- Deutschen Bundestages. Seit 2003 ist er Öffnungsklauseln plädierten. In diesem genkommt. Gleichzeitig sollten aber die Kommunalpolitischer Sprecher der SPD Bundestagsfraktion, Bernhard Daldrup MdB. Quelle: LKT NRW 402
EILDIENST 7-8/2019 Aus dem Landkreistag Kommunen eigene Finanzierungsmodelle Höhe von 350 Millionen Euro aufkommen. der Umsatzsteuerpflicht in Höhe von 19 % entwickeln, um langfristig schuldenfrei zu In dem Zusammenhang kritisierten die unterliegen würden. Daldrup äußerte Ver- bleiben. Daldrup äußerte seine Erwartung, NRW-Landräte, dass eine Einigung für ständnis für das Anliegen der Landräte und dass sich der Bund teilweise an der Besei- zwei Jahre im Zusammenhang mit der sagte zu, dieses in die SPD-Bundestags- tigung von Altschulden beteiligen werde. Kostenfinanzierung durch den Bund nicht fraktion mitzunehmen. Im Zusammenhang mit den für Anfang Juli ausreiche. Schließlich bedürfe es eines 2019 angekündigten Berichte der sechs wesentlich längeren Zeitraums als vom Arbeitsgruppen innerhalb der Kommission Bund unterstellt, Flüchtlinge vor Ort zu Treffen mit Bundeskanzlerin äußerte Daldrup, damit keine allzu großen integrieren. In dieser Frage dürfte der Bund Angela Merkel im Kanzleramt Erwartungen zu verbinden. die Kreise nicht im Stich lassen. Zum Abschluss der Landrätekonferenz Weiter thematisierte Daldrup die flücht- Ein weiteres von Daldrup eingebrachtes trafen sich die Landräte am 7. Juni 2019 lingsbedingten Mehrkosten für die Kom- Thema war die angespannte Wohnungs- mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel im munen seit dem Jahr 2015. Im Kontext der marktsituation in Deutschland. Nach seiner Kanzleramt, um über aktuelle kommunal- Steigerung sozialer Ausgaben sei die von Auffassung seien neben den bestehen- relevante Themen zu sprechen. NRW-Landräte im Bundeskanzleramt mit Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel. Quelle: Bundesregierung/Eckel der Ministerpräsidentenkonferenz mit der den Bundesförderprogrammen weitere Der Präsident des LKT NRW, Landrat Tho- Bundeskanzlerin praktisch zeitgleich am langfristige Projekte notwendig, um den mas Hendele, bedankte sich eingangs bei Abend des ersten Tages der NRW-Land- dringenden Bedarf nach Wohnraum flä- der Kanzlerin für die Gelegenheit, kreis- rätekonferenz beschlossenen Neuregelung chendeckend zu befriedigen. In diesem spezifische Themen mit ihr zu erörtern. ab 2020 für die Flüchtlingsfinanzierung zu Zusammenhang sprach Daldrup auch die Im Mittelpunkt des Austausches zwischen begrüßen. Die Leistungen des Bundes wür- personellen Engpässe in den kommunalen Bundeskanzlerin Angela Merkel und den den im Jahr 2021 mit 3,35 Milliarden Euro Verwaltungen an und betonte, wie wichtig NRW-Landräten standen Infrastrukturfra- und im Jahr 2020 mit 3,15 Milliarden Euro auch dort die Fachkräftesicherung sei. gen zur Sicherung gleichwertiger Lebens- festgesetzt. Länder und Kommunen hätten verhältnisse im kreisangehörigen Raum. nun Planungssicherheit. Daldrup bekräf- In der darauffolgenden Diskussion mach- Dabei ging es unter anderem um die tigte, dass der Bund damit ein verlässlicher ten die Landräte u.a. auf die Neuregelung Altschuldenproblematik sowie die Ener- Partner sei, zumal die Bundesmittel deutlich des Umsatzsteuergesetzes und deren Aus- giewende und die Frage nach dem Aus- über den im Koalitionsvertrag festgelegten wirkungen auf die Kommunen aufmerk- bau erneuerbarer Energien, der auch den Finanzrahmen hinausgingen. Nichtsdesto- sam. Es bestehe große Unsicherheit, welche kreisangehörigen Raum betrifft. Weitere trotz erwarteten die Kommunen zu Recht, Anwendungsfälle von § 2 b UStG umfasst Themen waren die Fortführung der Bun- dass die Länder die Integrationsmittel werden; beispielsweise sei unklar, welche desbeteiligung an den flüchtlings-, migra- ungeschmälert an die Kommunen weiter- negativen Effekte die Umsatzsteuerpflicht tions- und integrationsbedingten Kosten leiten. Vor allem werde der Bund künftig für kommunale Aufgaben habe. Es sei mit sowie die Abläufe insbesondere bei Rück- weiterhin die Kosten für Unterkunft und erheblichen Kosten für die Kommunen zu führungen abgelehnter Asylbewerber. Heizung vollständig erstatten. Auch werde rechnen, soweit diese im Rahmen einer gut der Bund im Jahr 2020 weiterhin für die funktionieren interkommunalen Zusam- EILDIENST LKT NRW Kosten für unbegleitete Minderjährige in menarbeit Aufteilung von Aufgaben mit Nr. 7-8/Juli-August 2019 10.31.02 403
Aus dem Landkreistag EILDIENST 7-8/2019 NRW-Landräte debattieren mit NRW-Minister Dr. Joachim Stamp über Bleiberecht Die nordrhein-westfälischen Landräte haben im Rahmen der Vorstandssitzung des Landkreistags NRW (LKT NRW) am 6. Juni 2019 in Berlin mit Dr. Joachim Stamp, NRW-Minister für Kinder, Familien, Flüchtlinge und Integration, über den Bleiberechtserlass der Landesregierung debattiert. Stamp traf die Landräte bei deren Landrätekonferenz in Berlin. Weitere Themen in der Vorstandssitzung waren die KiBiz-Reform, das Teilhabe- und Integrationsgesetz, die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes sowie die Gestaltung und die Auswirkungen der Energiewende und des Kohleausstiegs für den kreisangehörigen Raum. Der Erlass solle dazu dienen, die bestehen- den Regeln im Aufenthaltsgesetz flexibler zu nutzen und Spielräume aufzuzeigen. Aus den Reihen der NRW-Landräte wur- den erneut Einwände geäußert. Dabei kritisierten die Landräte nicht nur Teile der Inhalte, sondern auch die Vorgehens- weise des Ministeriums bei der Beteiligung der Kommunen und der Ankündigung des Erlasses. Inhaltlich greife der Erlass in mancher Hinsicht zu weit in den vom Bun- desrecht gesetzten Rahmen ein. Zudem begründeten die Landräte, warum bislang § 25b AufenthG nur in geringem Maß angewendet werden konnte: Denn in rund drei Viertel aller Fälle hätten bislang gedul- dete Personen nicht bei der Identitätsklä- rung mitgewirkt. Minister Stamp sicherte Minister Dr. Joachim Stamp bei der Vorstandssitzung des LKT NRW in Berlin. zu, der Erlass solle in laufender Rückkopp- Quelle: LKT NRW lung mit der kommunalen Praxis bis auf weiteres alle sechs Monate im Hinblick auf B ereits unmittelbar nach der Veröffent lichung hatte es Kritik an dem Erlass der NRW-Landesregierung zur „Aufent- Erlass verwendeten offenen Rechtsbegriffe und intendierten Auslegungsspielräume zu einer uneinheitlichen Anwendungspraxis seine praktische Vollzugstauglichkeit eva- luiert werden. Dies begrüßten die Landräte angesichts der aus ihrer Sicht vielen kriti- haltsgewährung bei gut integrierten Aus- führen und Missbrauch nicht ausgeschlos- schen Punkte. ländern“ gehagelt. Das Land NRW hatte sen werden könne. Demgegenüber biete im März 2019 einen Anwendungserlass zu das Aufenthaltsgesetz bereits eine praxis § 25b Aufenthaltsgesetz (AufenthG) an taugliche und anerkannte Regelung. Konnexität, KiBiz und alle Ausländerbehörden in NRW verschickt. Kohleausstieg Damit wollte die Landesregierung nach Im Gespräch mit den NRW-Landräten eigenem Bekunden mehr Sicherheit für betonte Stamp die Herausforderungen Über das Ministergespräch hinaus standen Ausländerbehörden bei der Anwendung beim Umgang mit Flüchtlingen. Sein noch weitere Themen auf der Agenda. des § 25b AufenthG sowie bessere Chan- Ziel sei weiterhin, einerseits Rückführun- In Zusammenhang mit der Novellierung cen für gut integrierte Geduldete schaf- gen von abgelehnten Asylbewerbern zu des Teilhabe- und Integrationsgesetzes fen, dauerhaft in Deutschland bleiben zu beschleunigen, andererseits aber auch für begrüßte der Vorstand des LKT NRW, dass dürfen. gut integrierte Geduldete bessere Perspek- die Landesregierung die Integrationspau- tiven zu schaffen. Dabei betonte er, dass schale des Bundes vollständig an die Kom- Der Ausschuss für Verfassung, Verwal- die Asylverfahren beschleunigt worden munen weiterleite. Insbesondere zeigten tung und Personal des LKT NRW hatte im seien und NRW derzeit im Vergleich zu sich die Landräte darüber erfreut, dass die April 2019 den Erlass kategorisch abge- anderen Bundesländern auch proportio- Forderung des LKT NRW, die Kreise an der lehnt. Dabei hatte der Ausschuss kritisiert, nal am meisten abschiebe. Bei der Perso- Integrationspauschale des Bundes ange- der Erlass bewirke keine Rechtssicherheit, nengruppe der sogenannten Geduldeten messen zu beteiligen, umgesetzt wurde. sondern bewirke genau das Gegenteil. müsse man aber aus seiner Sicht zu einer Somit erhalten die Kreise erstmals eigene Die Kriterien zur Aufenthaltsgewährung differenzierten Betrachtungsweise kom- Zuweisungen in Höhe von 32,8 Millio- müssten eindeutig definiert und für die men. § 25 AufenthG ermögliche zwar nen Euro (von insgesamt 432,8 Millionen kommunale Praxis gut umsetzbar sein. einen Aufenthaltstitel für Geduldete, diese Euro). Aus Sicht der Kreise sei es ein wichti- Der Erlass werde diesen Anforderungen Norm fände aber bisher nur selten Anwen- ges Signal, dass die Landesregierung damit allerdings nicht gerecht. Vielmehr warnten dung. Aus diesem Grund habe das Land die besondere Koordinierungsfunktion der die Ausschussmitglieder davor, dass die im NRW den Bleiberechtserlass ausgearbeitet. Kreise gegenüber den kreisangehörigen 404
EILDIENST 7-8/2019 Aus dem Landkreistag • Thema aktuell Gemeinden und kreiseigene Integrations- und begrüßte grundsätzlich den Referen- produzierenden Gewerbes angesiedelt sei. maßnahmen anerkenne. Zudem erwarte tenentwurf zum KiBiz. Daneben stellte der Überdies seien in Folge der Energiewen- der Vorstand, dass die Kreise auch künftig Vorstand aber fest, dass der Gesetzent- de neue Anlagen im Bereich erneuerbare angemessen berücksichtigt werden. wurf zusätzliche Finanzierungslasten für Energien wie etwa Windräder sowie Über- die örtlichen Jugendhilfeträger enthalte, tragungsnetze notwendig, die ebenfalls Darüber hinaus informierte die Geschäfts- die von der Einigung zwischen dem Mini- überwiegend im kreisangehörigen Raum stelle über den aktuellen Stand zum sterium für Kinder, Familie, Flüchtlinge und verortet seien. Dass die Hauptlast der Ener- Kinderbildungsgesetz (KiBiz). Eine Integration und den kommunalen Spit- giewende der kreisangehörige Raum trage, Beschlussfassung durch den Landtag sei zenverbänden nicht erfasst würden und müsse daher anerkannt und berücksichtigt noch vor der parlamentarischen Sommer- daher abzulehnen seien. Diese kommuna- werden. Insgesamt müsse eine verläss pause geplant gewesen. Nunmehr werde len Mehraufwendungen müssten erstattet liche und bezahlbare Energieversorgung aber eher mit einer Beschlussfassung im werden. weiterhin gewährleistet sein. (vgl. hier- Herbst 2019 gerechnet. Das Gesetz solle zu ausführlich EILDIENST LKT NRW Nr. weiterhin zum 1. August 2020, also zu Darüber hinaus tauschen sich die Land- 7-8/Juli-August 2019, S. 405 ff, in diesem Beginn des Kindergartenjahres 2020/2021 räte über die Gestaltung und die Folgen Heft). in Kraft treten. Aus dem Vorstand wurden der Energiewende und des Kohleausstiegs Zweifel geäußert, dass der Gesetzentwurf für NRW aus. Gerade der kreisangehörige Weiterhin erörterten die Landräte die Kon- zu einer auskömmlichen Finanzierung des Raum sei in besonderem Maße betroffen. nexitätsrelevanz des NRW-Ausführungs- Systems der Kindertagesbetreuung führen Der Kohleausstieg habe Auswirkungen gesetzes zum Bundesteilhabegesetz sowie werde. Zudem wurde darauf hingewie- auf die unmittelbar betroffenen Kreise im den Landesentwicklungsplan (LEP) NRW. sen, dass das Gesetz für Kreise, die keine Rheinischen Revier und Teilen des Ruhr- Der Vorstand begrüßte den vom Landes- oder wenige Kindertageseinrichtungen in gebietes. Diese müssten bei der Vorberei- kabinett beschlossenen LEP. Die Intention eigener bzw. gemeindlicher Trägerschaft tung und Umsetzung des Strukturwandels der Landesregierung, die Entwicklungs- hätten, zunächst Mehrkosten mit sich unmittelbar eingebunden werden. Außer- chancen im kreisangehörigen Raum zu bringen werde. Trotz dieser Besorgnisse dem habe der Kohleausstieg aufgrund stärken, sei aus Sicht der Kreise grundsätz- ging der Vorstand davon aus, dass die einer möglichen Energieverteuerung auch lich positiv zu beurteilen. Nachhaltigkeit des Finanzierungssystems Auswirkungen auf den gesamten kreisan- der Kindertagesbetreuung auf der neuen gehörigen Raum in NRW, in dem mitt- EILDIENST LKT NRW Grundlage zukünftig sichergestellt werde, lerweile ein Großteil des industriellen und Nr. 7-8/Juli-August 2019 50.50.00 Energiewende und Ausstieg aus der Kohleverstromung: Der kreisangehörige Raum als Träger und Hauptbetroffener der Energiewende – in NRW und im gesamten übrigen Bundesgebiet Die Kommission „Wachstum, Strukturwandel und Beschäftigung“ hat Anfang 2019 ihren Abschlussbericht verabschie- det. Als Abschlussdatum für die Kohleverstromung empfiehlt die Kommission das Ende des Jahres 2038. Was in die- sem Zusammenhang aber oftmals übersehen wird: Die Hauptlast des Ausstiegs aus der Kohleverstromung und der Energiewende trägt der kreisangehörige Raum. Dies betrifft erstens die wirtschaftliche Entwicklung in den unmittelbar betroffenen Kreisen (im Rheinischen Revier und Teilen des Ruhrgebietes), dies betrifft zweitens den notwendigen Zubau der erneuerbaren Energien, der ganz überwiegend im kreisangehörigen Raum erfolgen wird, dies betrifft drittens den (umfassend erforderlichen) Ausbau der Übertragungsnetze Strom, der ganz wesentlich im kreisangehörigen Raum erfolgen muss, und dies betrifft viertens auch die Auswirkungen einer möglichen Energieverteuerung auf Gewerbe und produzierenden Sektor, die ihren Schwerpunkt – zumindest in NRW – mittlerweile im kreisangehörigen Raum haben. D ie Kommission „Wachstum, Struk- turwandel und Beschäftigung“ hat Anfang 2019 ihren Abschlussbericht ver- sowie die beschäftigungspolitischen Vor- aussetzungen vorliegen, könne das Datum im Einvernehmen mit den Betreibern auch DER AUTOR abschiedet und der Bundesregierung auf einen Termin frühestens im Jahre 2035 überreicht1. Als Abschlussdatum für die vorgezogen werden. Als Kompensation Hauptreferent Kohleverstromung empfiehlt die Kom- dazu sieht der Abschlussbericht eine Viel- Dr. Markus Faber, mission das Ende des Jahres 2038. Sofern zahl von Maßnahmen des Strukturwandels Landkreistag die energie- und betriebswirtschaftlichen für die vom Ausstieg aus der Kohleverstro- Nordrhein-Westfalen 405
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