Fürchtet euch nicht! DIGITALE WELT

 
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Fürchtet euch nicht! DIGITALE WELT
DER REPORT 2018                                   Sonderheft der

                                  Themenspecial mit IT, Telekommunikation und Netzwerktechnologie

                             DIGITALE WELT

                                 Fürchtet
                             WIR FÜHREN SIE
                             euch nicht!
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Foto: iStock.com/dimdimich

                                                      TECHNOLOGIE
                                             en unte
                             Mehr InformationAUCH DASr: MENSCH-SEIN
                                                     om/aussendienstst
                             https://www.herold.at/boVERÄNDERN         euerung/
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Fürchtet euch nicht! DIGITALE WELT
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kontaktlose oder mobile Zahlverfahren für den stationären
Handel sowie innovative Lösungen für den E- und M-Commerce
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Concardis Austria GmbH · Triesterstrasse 10 · A-2334 Vösendorf/Wien · www.concardis.at
Telefon: +43 1 609-1108 · E-Mail: service@concardis.at
Fürchtet euch nicht! DIGITALE WELT
EDiTORial

Was passiert mit uns?
                  W
                               ährend ich an diesem Report zum           den zu lassen. Es stimmt also nicht, wie Datenschüt-
                               Thema Digitalisierung arbeitete, durfte   zer behaupten, dass man seine Festplatte später
                               ich miterleben, was eine Challenge ist:   einmal vernichten, schreddern oder abfackeln
                  beispielsweise den Festnetzanschluss meines ver-       muss, um die Daten vor dem Zugriff anderer zu
                  storbenen Vaters auf meine Mutter zu übertragen.       schützen. Man braucht sich nur ein klein wenig di-
                  im Zeitalter der Digitalisierung kann dies etliche     lettantisch zu verhalten und schon hat sich das Pro-
                  Stunden mit mehreren anrufen bei der Service-          blem von alleine gelöst.
                  Hotline und Besuchen in der Filiale in anspruch
                  nehmen. Man kann diesbezüglich durchaus auch           So wie es aussieht, geht es also nicht bloß darum,
                  von einer art der Erlebnis-industrie sprechen. Für     was wir im Rahmen der Digitalisierung alles ma-
                  einen betagten Menschen sind solche Hürden al-         chen können, sondern für die meisten von uns ist
                  lerdings kaum zu bewältigen – insbesondere die         es auch erheblich, was Digitalisierung mit uns Men-
                  Unterhaltung mit den Bots, die den Eindruck künst-     schen anstellt. Solange sich Computer und Robo-
                  licher intelligenz erwecken sollen. Überraschend       ter etc. nicht selbst reproduzieren, sind sie arte-
                  war auch, dass eine Bank mehrere Wochen benö-          fakte des Menschen. Wir gehen zumeist davon aus,
                  tigt, um ein Konto aus dem Nachlass wieder zu öff-     dass wir zur Schaffung von artefakten Organisation
                  nen, während die Schließung zuvor unverzüglich         benötigen. Demnach wäre es diese Form der Ver-
                  erfolgt ist. auch hier war ein bürokratischer auf-     gesellschaftung, die Höhlenmalereien, Pyramiden,
                  wand nötig, der einer Zeitreise in die k.u.k. Monar-   Bücher, autos, Computer, Nasenhaarentferner und
                  chie ebenbürtig war.                                   andere artefakte hervorbringt.

                  Den absoluten Höhepunkt meiner Digitalisie-            Was aber wenn diese Kausalität so nicht zwingend
                  rungserfahrungen durfte ich erleben, als ich mei-      besteht und der Mensch bereits zu Beginn seines
                  nen laptop nach langer Zeit wieder an die Do-          Mensch-Seins nicht nur deshalb gemeinsam mit
                  cking-Station anschloss und ein neues Profil erstellt   anderen Menschen zusammengearbeitet hat, um
                  wurde. Mehr als 3.000 Dateien aus den letzten fünf     artefakte zu schaffen, sondern es ganz einfach tat,
                  Jahren haben sich in das Nirwana begeben. an-          um aus dieser Form der Organisation auch so et-
                  fänglich ein Grund zur Verzweiflung, später aber        was wie ein Wohlbefinden, ein Behagen zu gene-
                  ein anlass zur Freude, denn der Großteil dieser Da-    rieren? Was aber wenn beispielsweise auch der
                  teien war redundant, nicht mehr aktuell oder           Konsens als ein artefakt der Kommunikation seit
                  wurde ohnehin woanders abgespeichert. Diese ra-        Urzeiten gar nicht das unbedingte Ziel der daran
                  dikale intervention hat mich also davor bewahrt,       beteiligten Menschen ist, sondern das Miteinan-
                  später einmal Stunden oder gar Tage damit zu ver-      der-Reden an sich etwas höchst Begehrenswertes
                  bringen, um eine auswahl zu treffen zwischen dem,      darstellt? Was passiert also mit uns Menschen,
                  was noch gebraucht wird, oder nicht.                   wenn uns die Maschinen jetzt diese „Bürde“ der
                                                                         arbeit und der Kommunikation in einem immer
                  „Reframing“ nennt sich das, was dabei in meinem        größeren ausmaß abnehmen? Zerbrechen wir
                  Kopf abgelaufen ist: ich habe eine negative Erfah-     dann unter der last der unerträglichen leichtigkeit
                  rung in etwas Positives umgedeutet und mich letzt-     des Seins?
                  lich über den Schwund an Daten gefreut. Darüber
                  hinaus hat mir dieses Erlebnis die augen geöffnet      Dr. Thomas Duschlbauer
                  und gezeigt, dass es trotz Big Data tatsächlich noch   Chefredakteur
                  möglich ist, etwas unwiederbringlich verschwin-

DER REPORT 2018                                                                                        Digitale Welt            3
Fürchtet euch nicht! DIGITALE WELT
iNHalT           Digitalisierung – zwischen Mythos und
                     Realität                                         6
                                                                           Börse, Bots und Bitcoin
                                                                           Themen der Digitalisierung beherrschen derzeit
                                                                                                                         40

                                                                           auch die Finanzwirtschaft und sind anlass für die
                     impressum                                        7    Gründung neuer Start-ups.

                     Umdenken ist zu wenig                             9
                     Die Digitalisierung hinterlässt ein neues Bild des    eine Branche unter Strom                       48
                     Menschen. Darin besteht kein Zweifel. Die Frage       Die Elektrizitätsversorgung befindet sich derzeit in
                     ist lediglich, ob wir uns darin noch wiedererkennen   einem raschen Umbruch, der von vielen Faktoren
                     werden.                                               geprägt ist.

                     Die Zukunft jetzt erfinden                    14      My home is my body                            52
                     Das austrian institute of Technology (aiT) über-      Smart Home ist nicht gleich Smart Home. Die Bran-
                     nimmt die wichtige Funktion, den Weg einer inno-      che steckt noch in den Kinderschuhen und hat
                     vation, ausgehend von den Erkenntnissen der For-      noch längst nicht alle potenziellen Kundenschich-
                     schung, hin zur Marktreife zu begleiten. Dies ge-     ten erreicht, da werden am Horizont schon neue
                     schieht derzeit auch anhand einer Fülle von an-       Generationen an Hardware und Software sichtbar.
                     wendungen im Rahmen der Digitalisierung.
                                                                           Für wen lohnt es sich?                         54
                     geht die Bildung vorbei an der Wissensge-             Die Digitalisierung wird Wirtschaftsabläufe, Pro-
                     sellschaft?                                    18     duktionsprozesse und Geschäftsmodelle genauso
                     Bildung 4.0 bedeutet viel mehr, als die Potenziale    radikal verändern wie unsere tradierte arbeitswelt.
                     digitaler Endgeräte und einer längst unüberschau-
                     baren Zahl an apps für diese zu nutzen. Es geht in    Die digitale Mobilmachung                      63
                     der Wissensgesellschaft um die Kompetenz im           Die Entscheidung darüber, welches Verkehrsmittel
                     Umgang mit information und auch Desinforma-           zu welchem Zeitpunkt das passende ist, wird in na-
                     tion.                                                 her Zukunft am Smartphone getroffen werden.

                     idylle oder Hölle?                             24     Mut zum Unverständnis                           66
                     Mit der Digitalisierung schwinden auch die Distan-    „Was wir sofort verstehen, kann nicht neu sein“,
                     zen. Das Verhältnis von urbanen und ruralen Räu-      hebt Prof. Gerhard Fröhlich, Kulturtheoretiker und
                     men wird neu definiert. Die Herausforderungen          Wissenschaftsforscher am institut für Philosophie
                     sind dabei nicht wenige: Bevölkerungszuwachs,         und Wissenschaftstheorie der Johannes-Kepler-
                     Ressourcenknappheit, Klimawandel und luftver-         Universität linz, unter anderem in einem interview
                     schmutzung, um nur einige zu nennen.                  hervor.

                                                                           Digital verwalten und mitbestimmen                70
                     Digitalisierung als Überlebens-Chance 36              Mit Stand Ende Februar 2018 waren in Österreich
                     Kann es Gesundheit auf Knopfdruck geben? Eine         bereits 929.000 Mobiltelefone für die elektroni-
                     Frage, die Menschen schon bei den allerersten         sche Handy-Signatur registriert. Die Digitalisierung
                     Schritten der Entwicklung von Computern be-           bringt aber nicht nur mehr Service für die Bürger,
                     wegte und zuvor in Zukunftsromanen vorgezeich-        sie birgt auch die Gefahren der lückenlosen Über-
                     net wurde.                                            wachung und Kontrolle.

                                                                           Cyber, aber sauber und sicher                72
                                                                           Big Data und die verstärkte Nutzung von Kunden-
                                                                           daten: Wie geht man damit richtig um bzw. welche
                                                                           Kompetenzen sollten Unternehmen haben, um da-
                                                                           raus auch etwas zu machen?

4    Digitale Welt                                                                                          DER REPORT 2018
Fürchtet euch nicht! DIGITALE WELT
Glück Auf.       Natursalz aus dem Salzkammergut.
             Seit 250 Millionen Jahren geschützt und unberührt. Wie schon zur Bronzezeit gewinnen wir auch
             heute unseren Salzschatz entsprechend alter Bergbautradition und verlesen ihn von Hand.

             Glück Auf. Weltweit einmalig und vollständig naturbelassen.

www.salinen.com                                                                              Ein Produkt der Salinen Austria AG
Fürchtet euch nicht! DIGITALE WELT
Digitalisierung – zwischen
       Mythos und Realität
    Plus 250 Prozent: Das ist das Wachstum hinsichtlich der Nachfrage
    innerhalb der letzten drei Jahre rund um Kurse zum thema Ki und
    maschinelles lernen am Massachusetts institute of technology (Mit).
                                                                                                                (Quelle: Mit)

                      B
                             is zum Jahr 2020 wird ein durchschnittlicher   menschliche interaktion bei einem Zusammentref-
                             Mensch mehr mit Bots kommunizieren als         fen zweier leute mit einer Wahrscheinlichkeit vor-
                             mit seinem Ehepartner. (Quelle: „Top Stra-     hersagen, die zu 60,5 Prozent der Fähigkeit eines
                      tegic Predictions for 2017 and Beyond: Surviving      Menschen entsprach. (Quelle: „Teaching Machines
                      the Storm Winds of Digital Disruption”, Gartner.)     to Predict the Future”, MiT News.)

                      „Wir haben in einem Werk untersucht, wie der Per-     Bis 2027 könnten Blockchains bis zu zehn Prozent
                      sonalstand heute ist und wie er in fünf oder zehn     des globalen BiP vereinnahmt haben. (Quelle:
                      Jahren aussehen wird. Das Beruhigende war: Es         „Making The Next Moves With Blockchain”, D!gi-
                      gibt eher mehr Bedarf an hoch qualifizierten Tech-     talist Magazine.)
                      nikern.“ (Quelle: Stefan aßmann, Chef der Sparte
                      Connected industry, Bosch im industriemagazin,        Bis 2030 wird das größte Unternehmen im internet
                      april 2017.)                                          ein Bildungsunternehmen mit smarten Bot-instruk-
                                                                            toren und einem personalisierten Programm für je-
                      Bis zum Jahr 2020 werden rund 100 Millionen Kon-      den Studierenden sein. (Quelle: „a Top Futurist
                      sumenten mithilfe von augmented Reality ihre Ein-     Predicts the largest internet Company of 2030 Will
                      käufe tätigen. (Quelle: „Top Strategic Predictions    Be an Online School”, South China Morning Post.)
                      for 2017 and Beyond: Surviving the Storm Winds
                      of Digital Disruption”, Gartner.)                     Der weltweite investitionsbedarf für infrastruktur-
                                                                            projekte liegt nach Schätzungen der OECD zwi-
                      Nach 5.000 Stunden TV-Konsum war Googles              schen 2010 und 2030 bei jährlich rund 1,8 Billio-
                      DeepMind ai in der lage, einen Text mit 34 Prozent    nen US-Dollar. (Quelle: Siemens.)
                      mehr Genauigkeit von den lippen abzulesen als
                      ein professioneller lippenleser. (Quelle: „Google’s   Carsharing könnte die anzahl der Fahrzeuge bis
                      DeepMind ai Can lip-Read TV Shows Better than         2035 um 90 Prozent reduzieren – das wären 17 Pro-
                      a Pro”, New Scientist.)                               zent der gegenwärtigen anzahl an Pkw. (Quelle:
                                                                            „Self-Driving Cars are a Disaster for the Car indus-
                      Nach lediglich 600 Stunden Fernsehen konnte ein       try, But Great for the Rest of Us”, Seeking alpha.)
                      Deep-learning ai algorithmus des MiT die
                                     Foto: aiT/Zinner

                                                                                                                                   Foto: Bosch

6     Digitale Welt                                                                                          DER REPORT 2018
Fürchtet euch nicht! DIGITALE WELT
Unter der Generation der Millennials gibt
es doppelt so viele Menschen, die bereit
wären, ihr Fahrzeug zu teilen, als unter der
Generation X. Gegenüber den Baby Boo-
mern sind es sogar fünfmal so viele.
(Quelle: „Cars 2025”, Goldman Sachs.)

„Die Erfindung hat so viele Mängel, dass
sie nicht ernsthaft als Kommunikations-
mittel taugt. Das Ding hat für uns keinen
Wert.“ (Memo der Western Union Finan-
cial Services zum Einstand des Telefons
im Jahr 1876.)

„ich denke, dass es weltweit einen Markt
für vielleicht fünf Computer gibt.“ (Tho-
mas Watson, Chairman von iBM, im
Kriegsjahr 1943.)

                                                                                                                                                                       Foto: Bosch
„Noch hat ein Rechner wie der ENiaC
18,000 Vakuum-Röhren und wiegt 30
Tonnen. Doch die Computer der Zukunft
werden nur noch 1.000 Vakuum-Röhren            Olsen, Gründer von Digital Equipment
besitzen und vielleicht nur noch 1,5 Ton-      Corp. im Jahr 1977.)                                         IMPRESSUM
nen wiegen.“ (Popular Mechanics, 1949.)                                                                     Offenlegung nach § 5 ECG, § 14 UGB, § 24, 25
                                               „apple ist bereits tot.“ (Nathan Myhrvold,                   Mediengesetz
„Datenverarbeitung ist ein Trick, welcher      ehemaliger Microsoft-CTO im Jahr                             Medieninhaber (Verleger), Redaktion: Wirtschafts-
                                                                                                            nachrichten Zeitschriften Verlagsgesellschaft m.b.H.,
dieses Jahr nicht überleben wird.“ (Der        1997.)                                                       8010 Graz, Theodor-Körner-Straße 120a, Telefon
Chef des Verlages Prentice Hall, 1957.)                                                                     0316/834020, Telefax 0316/834020-10, office@eurome-
                                               „in zwei Jahren wird das Spam-Problem                        dien.at, www.wirtschafts-nachrichten.com Herausgeber

                                                                                   l
                                                                                                            & Geschäftsführer: Wolfgang Hasenhütl Co-Herausge-
„Es gibt keinen Grund, warum jeder einen       gelöst sein.“ (Bill Gates, 2004.)                            ber & Verlagsleitung: Josef Lipp Standort Oberöster-
Computer zu Hause haben sollte.“ (Ken                                                                       reich: 4020 Linz, Lederergasse 32, Telefon 0732/781282,
                                                                                                            Telefax DW 4, ooe@euromedien.at Standortleitung: Mag.
                                                                                                            Hans Graf Standort Niederösterreich, Wien & Burgen-
                                                                                                            land: Landstraßer Hauptstraße 71/2, 1030 Wien, Tel.
                                                                                                            01/2127440, Fax 01/2127440-4, noe@euromedien.at,
                                                                                                            wien@euromedien.at,        burgenland@euromedien.at
                                                                                                            Standort Vorarlberg, Tirol, Salzburg: 5071 Salzburg-
                                                                                                            Wals, Pannzaunweg 1 b, Telefon 0662/842841-0, Telefax
                                                                                                            DW 4, salzburg@euromedien.at, tirol@euromedien.at,
                                                                                                            vorarlberg@euromedien.at Erscheinungsort: Graz
                                                                                                            Chef vom Dienst: Mag. Michaela Falkenberg, Bernhard
                                                                                                            Hofbauer Verkaufsleitung Süd: Mag. Barbara Steiner
                                                                                                            Redaktion: Dr. Thomas Duschlbauer, Mag. Angelika Do-
                                                                                                            bernig, Dr. Marie-Theres Ehrendorff, Mag. Andreas
                                                                                                            Prammer, Mag. Christian Wieselmayer Fotos: Falls nicht
                                                                                                            anders angegeben: Symbol, Archiv Layout & Grafik:
                                                                                                            Hans Obersteiner Covergestaltung: Thomas Heider
                                                                                            Foto: Siemens

                                                                                                            Produktion: euromedien verlags gmbH, 8045 Graz,
                                                                                                            Prenterweg 9 Druck: Leykam – Let’s Print Verlagsver-
                                                                                                            tretung Slowenien: Business Media d.o.o., Kotnikova
                                                                                                            ulica 30, 1000 Ljubljana, Telefon/Telefax +386/1/
                                                                                                            5181125,info@bmslovenia.si Verlagsvertretung Kroa-
                                                                                                            tien: Business Media Croatia d.o.o., Bosutska 9, 10000
                                                                                                            Zagreb, Telefon +385/1/6311-800, Telefax DW 810,
                                                                                                            info@bmcroatia.hr Erscheinungsweise: 10 x jährlich An-
                                                                                                            zeigenpreise: lt. aktuellem Anzeigentarif. Es gelten die
                                                                                                            Allgemeinen Geschäftsbedingungen des Österrei-
                                                                                                            chischen Zeitungsherausgeberverbandes. Verlags-
                                                                                                            konto: IBAN: AT32 3843 9001 0081 5787, BIC:
                                                                                                            RZSTAT2G439 Firmenbuchnummer: 257766v UID-Num-
                                                                                                            mer: ATU 61454508 Behörde gemäß ECG: Magistrat
                                                                                                            Graz Kammer: Wirtschaftskammer Steiermark An-
                                                                                                            wendbare Vorschriften: Österreichische Gewerbeord-
                                                                                                            nung Gerichtsstand ist das für Graz örtlich und sachlich
                                                                                                            zuständige Handelsgericht. Allgemeines: Alle Rechte,
                                                                                                            auch die Übernahme von Beiträgen nach § 44 Abs. 1 und
                                                                                                            2 Urheberrechtsgesetz, sind vorbehalten. Aufgrund der
                                                                                                            einfacheren Lesbarkeit wurde in dieser Publikation auf
                                                                                                            eine geschlechtssensitive Form verzichtet, die gewählte
                                                                                                            männliche Form schließt immer gleichermaßen weibli-
                                                                                                            che Personen ein.
                                                                                            Foto: Siemens

DER REPORT 2018                                                                                                                        Digitale Welt                                 7
Fürchtet euch nicht! DIGITALE WELT
Fürchtet euch nicht! DIGITALE WELT
Foto: iStock.com/kentoh

Umdenken
ist zu wenig
Die Digitalisierung hinterlässt ein neues Bild des Menschen. Daran
besteht kein Zweifel. Die Frage ist lediglich, ob wir uns darin noch
wiedererkennen werden.

i
    m Jahr 1817 veröffentlichte Mary Shelley ihren      Körper eines anderen Menschen zu transplantie-
    Roman „Frankenstein or: The modern Prome-           ren. Diese in Fachkreisen höchst umstrittene Ope-
    theus“. ihr Buch, das sie im alter von 17 Jahren    ration soll angeblich noch dieses Jahr in China
schrieb, wurde offensichtlich von den Experimen-        stattfinden, wofür bereits ein Team aus rund 100
ten des arztes luigi Galvani inspiriert, der bei sei-   Spezialisten gebildet wurde. Ohne die Möglich-
nen Versuchen mit Strom zur Erkenntnis gelangte,        keiten der Digitalisierung wäre dieses ohnehin
dass Elektrizität auch für Vorgänge in unserem Kör-     schon gewagte Unterfangen allerdings von vorn-
per eine wichtige Rolle spielen würde.                  herein zum Scheitern verurteilt. So wäre beispiels-
Geht es nach dem Willen des Mediziners Sergio           weise das Finden eines passenden hirntoten Spen-
Canavero, dann steht die Menschheit 200 Jahre           ders genauso unmöglich wie die Gewöhnung des
danach kurz davor, erstmals einen Kopf auf den          Patienten an seinen neuen Körper, die mittels Vir-

DER REPORT 2018                                                                                               Digitale Welt                 9
Fürchtet euch nicht! DIGITALE WELT
Univ.-Prof. DI Wolfgang      tual Reality erleichtert werden soll. auch das milli-   tieff-Zyklus als Übergang von der industrie- hin zur
     Schreiner (Research          metergenaue adjustieren der während der Ope-            informationsgesellschaft zugeschrieben, die wir
     Institute for Symbolic       ration sitzenden Körper und der präzise und wahr-       heute auch als Wissensgesellschaft bezeichnen.
     Computation - RISC),         scheinlich alles entscheidende Schnitt durch das        in welcher Phase sich dieser auf der Technologie
     DI Johann Messner            Rückenmark wären ohne die Digitalisierung nicht         der Digitalisierung basierende Kontratieff-Zyklus
     (Abteilung Wissenschaftli-   im Entferntesten möglich.                               derzeit befindet und ob durch die Finanzkrise von
     ches Rechnen) vor dem        Niemand kann den Erfolg eines solchen Projektes         2009 nicht sogar bereits ein weiterer Zyklus aus-
     Supercomputer MACH-2.        vorhersagen, aber es zeigt sich schon jetzt, dass       gelöst wurde, darüber gibt es unterschiedliche
     Die Anlage kann bis zu       die Digitalisierung am Ende weit mehr sein wird         Sichtweisen.
     77,4 Billionen Rechenope-    als der bloße Einsatz von Technologie, um unseren
     rationen pro Sekunde aus-    alltag zu erleichtern. Die auswirkungen dieser Ent-     Schlüsseltechnologie
     führen.                      wicklung werden letztlich dazu beitragen, dass wir      Tatsache ist jedoch, dass die Digitalisierung mitt-
     Foto: JKU/Röbl               uns als Menschen und in unserer Beziehung zu den        lerweile eben durch diese Vorgeschichte eine der-
                                  Dingen völlig neu definieren. Denn es geht bei die-      artige Reife entwickelt hat, dass sich diese Techno-
                                  sem Wandel nicht nur darum, mit unserem Denken          logie relativ leicht in alle erdenklichen Bereiche
                                  die Welt anders zu gestalten, sondern diese neuen       des lebens integrieren lässt. Nicht nur das: Sie er-
                                  Technologien werden uns auch dazu veranlassen,          möglicht es auch, dass immer mehr Menschen an
                                  dass wir das Denken an sich einer komplett neuen        Prozessen teilhaben oder diese steuern können,
                                  Reflexion unterziehen. Nicht nur worüber wir nach-       von denen sie früher aufgrund fehlender techni-
                                  denken, sondern insbesondere wie wir denken             scher Voraussetzungen oder hoher Kosten ausge-
                                  und welche arten des Denkens wir eventuell sogar        schlossen waren. Beispiele dafür sind die Miniatu-
                                  an Maschinen auslagern können, wird künftig Be-         risierung, die unter anderem in 3-D-Druckern ihren
                                  deutung erlangen.                                       ausdruck findet oder die Open-Source-Bewe-
                                                                                          gung. auch die sogenannte Sharing-Kultur könnte
                                  alter Hut?                                              ohne die digitale Mitwirkung bei der Organisation
                                  Natürlich können wir die Digitalisierung auch von       nicht funktionieren.
                                  einem ganz anderen Standpunkt aus betrachten            Vieles wird dadurch einfacher und leichter zugäng-
                                  und sagen, dass sie eigentlich schon ein alter Hut      lich, wodurch aber auch gewisse Risiken entstehen,
                                  wäre: So gibt es Computer bereits seit den 50er-        die heute in ihrer Tragweite noch gar nicht abzu-
                                  Jahren. Die Basistechnologien für das internet ha-      schätzen sind. So verbindet die Medien und die
                                  ben schon in den 70er-Jahren existiert, und durch       Wissenschaften beispielsweise, dass deren infor-
                                  Pioniere wie Jaron lanier und Marvin Minsky wur-        mations- und Deutungshoheit gegenwärtig massiv
                                  den in den 80er-Jahren Begriffe wie Virtual Reality     infrage gestellt wird. Gerade durch die Möglich-
                                  und artificial intelligence erstmals populär. Spä-       keiten der Digitalisierung bzw. durch Fake News
                                  testens die Zeit danach wird dem fünften Kontra-        und Fake Profile in den sozialen Medien, durch

10         Digitale Welt                                                                                                   DER REPORT 2018
Bots etc. ist es daher noch schwieriger geworden,
einen sachlichen Diskurs über die sinnvolle und
ethisch vertretbare Nutzung der neuen techni-
schen Errungenschaften zu führen.

Sackgasse künstliche intelligenz?
Dabei stehen hinter diesen innovationen auch ge-
waltige wirtschaftliche interessen. Ein Beispiel da-
für ist artificial intelligence (ai), in deren Forschung
jährlich weltweit Milliardenbeträge investiert wer-
den und die auch eng mit den Erkenntnissen der
Neurowissenschaft verknüpft ist. Denn seit den an-
fängen des Computers in den 40er- und 50er-Jah-
ren bis heute hat sich die anschauung durchge-
setzt, dass auch unser Gehirn wie ein Computer ar-
beitet.
interessant ist dabei, dass es offensichtlich in der
Geschichte der Wissenschaften immer wieder ei-
nen Konnex zur vermeintlichen Funktion des Ge-            kenntnislage erneut genau in jene Richtung be-        Virtual Reality war bereits
hirns mit aktuellen naturwissenschaftlichen Neue-         wegt, wo sich auch die wissenschaftliche Disziplin    Anfang der 90er-Jahre ein
rungen gab. So haben Denker wie Descartes oder            befindet, die derzeit mit sehr neuen Entdeckungen      großes Thema.
Hobbes, inspiriert von den ersten automaten, an-          aufwarten kann: zur Quantenphysik.                    Foto: lange Nacht - lakeside Park /

genommen, dass unser Gehirn über winzige me-              Seit 1996 arbeiten beispielsweise die Physiker Stu-   Georg luschin

chanische Bewegungen gesteuert werden würde.              art Hameroff und Sir Roger Penrose an der Quan-
Später, als es im 18. Jahrhundert zu nennenswer-          tentheorie des Bewusstseins. Darin unterstellen
ten Entdeckungen rund um die Chemie und Elek-             sie, dass die Seele in winzigen Gefäßen in den Ge-
trizität kam, änderten sich auch die Metaphern für        hirnzellen sitzt. Unser Gehirn würde demnach nicht
unser Denken dementsprechend. ab dem 19.                  nur ein unsterbliches Bewusstsein besitzen und
Jahrhundert kamen die Errungenschaften im Be-             nicht bloß wie ein gewöhnlicher Computer arbei-
reich der Kommunikation hinzu, die darin gipfel-          ten, sondern eher wie ein Quantencomputer funk-
ten, dass der deutsche Physiker Hermann von               tionieren. Wie jetzt? also wieder retour zu Des-
Helmholtz mutmaßte, dass das Gehirn wie ein Te-           cartes in das 17. Jahrhundert? auch er hat mit sei-
legraf funktionieren würde. all diese Spekulatio-         nem Dualismus bereits versucht nachzuweisen,
nen zielten also stets auf jene Entdeckungen ab,          dass Geist und Materie zwei unterschiedliche „Sub-
die gerade als am weitesten entwickelt angesehen          stanzen“ wären. auch der Philosoph Sir Karl Pop-
wurden. Kein Wunder also, dass beispielsweise der         per sowie der Nobelpreisträger und Neurophysio-
Mathematiker John von Neumann 1958 in seinem              loge John Eccles vertraten im 20. Jahrhundert die
Buch „The Computer and the Brain“ schlicht be-            ansicht, dass es eine interaktion zwischen Gehirn
hauptete, dass das Gehirn wie ein digitaler Rech-         und Bewusstsein gäbe und unser ich daher auch
ner funktioniere.                                         losgelöst von einem Gehirn existieren könnte.
Umgekehrt sind sich die Neurowissenschafter da            Es ist daher nicht auszuschließen, dass enorme
aber nicht ganz so sicher. Können sie auch nicht          Summen in Forschungsprojekte investiert werden,
sein, denn sie wissen, dass sie es mit einem extrem       die auf fragwürdigen Prämissen beruhen und für
komplexen Objekt zu tun haben und dabei mit ih-           einen Erfolg noch aufwendige Umwege gehen
rer Grundlagenforschung erst ganz am anfang ste-          müssen oder gar in einer Sackgasse enden. Ein
hen. Sie können heute lediglich attestieren, dass         sehr umstrittenes Projekt ist in diesem Zusammen-
unser Gehirn informationen speichern kann, aber           hang auch das „Blue Brain Project“ der Europäi-
wie und wo in den Zellen diese informationen ge-          schen Union, wobei es um die Simulation des ge-
nau abgespeichert werden, darüber gibt es bloß            samten menschlichen Gehirns in einem Supercom-
Spekulationen. Die jüngsten Erkenntnisse gehen            puter geht. Bis 2023 soll dieses Modell fertigge-
dabei auch in jene Richtung, dass es weniger da-          stellt sein und neben der Behandlung von Krank-
rauf ankäme, wie die Neuronen sich untereinander          heiten wie alzheimer auch helfen, das Gehirn und
austauschen, sondern was innerhalb der Zellen ge-         das Nervensystem als Vorbild für neue Computer-
nau abläuft. Und jetzt erleben wir, dass sich die Er-     technologien zu nützen.                          l

   13. April 2018: Lange Nacht der Forschung
   Sie ist Österreichs größter Forschungsevent. Die biennale Veranstaltung ist zum Fixpunkt für den offenen Dialog der Wissen-
   schaft mit der Gesellschaft geworden und verzeichnet steigendes interesse bei allen Bevölkerungsschichten und altersklassen
   mit zuletzt über 180.000 Besuchern. Die bundesweiten Maßnahmen rund um diese Veranstaltung werden vom Bundesministe-
   rium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft (BMWFW) und dem Bundesministerium für Verkehr, innovation und Technolo-
   gie (BMViT) finanziert und vom Bundesministerium für Bildung (BMB) unterstützt. Für die operative abwicklung in den Regio-
   nen sind Vertreter/innen der Bundesländer zuständig. Die Präsentation der leistungen erfolgt durch die Wissenschafter und
   Forscher. infos: www.langenachtderforschung.at

DER REPORT 2018                                                                                                    Digitale Welt                      11
entscheidend ist wohl,                        D
                                                            ie Bedingungen unseres Mensch-Seins er-
                                                            fahren auch einen Wandel dahingehend,

     wer entscheidet
                                                            als sich überhaupt die Frage stellt, ob wir
                                                   weiterhin von einer Conditio humana oder einer
                                                   Natur des Menschen sprechen können, für die eine
                                                   allgemein gültige Vereinbarung unter den Men-
                                                   schen zulässig ist. Zu sehr sind unser Denken, un-
                                                   sere Kommunikation und unser Handeln bereits
     Die Digitalisierung wird etlichen wissen-     von einer „technischen Natur“ bestimmt und künf-
                                                   tig sollen auch technische apparate direkt mit un-
     schaftlichen Disziplinen dazu verhelfen,      serem Gehirn verbunden werden. Der Medien-
                                                   und Wirtschaftsethiker FH-Prof. Michael litschka
     dass wir zu neuen erkenntnissen gelan-        von der FH St. Pölten spricht im interview über die
                                                   ethischen Herausforderungen, die dadurch er-
     gen, die viele gewissheiten infrage stel-     wachsen und denen wir uns unweigerlich stellen
                                                   müssen.
     len. Sie werden nicht nur einfach unser le-
                                                   Wenn wir an die Conditio humana denken, se-
     ben, sondern auch unser gesellschaftliches    hen wir, dass die Natur des Menschen auch
                                                   Techniken hervorbringt, die zunehmend mit
     Zusammenleben neu definieren.                 dessen Eigenschaften versehen sind. Haben wir
                                                   dann als Schöpfer nicht auch die Pflicht, diese
                                                   Wesenheiten später mit gewissen Rechten aus-
                                                   zustatten, insbesondere dann wenn sie gar ei-
                                                   nen freien Willen entwickeln würden?
                                                   Michael Litschka: Wenn wir versuchen, der Tech-
                                                   nologie ein menschliches antlitz zu geben, muss
                                                   man diesen Dingen nicht auch schon Rechte zu-
                                                   gestehen. Denn Rechte sind immer schon mit mo-
                                                   ralischen Fragen und Fragen der Universalisierung
                                                   verbunden. Das steht nur diskursfähigen lebewe-
                                                   sen zu, denn ich kann mir nicht vorstellen, einer
      Der Medien- und                              Technologie oder einem technischen Wesen Ver-
      Wirtschaftsethiker                           antwortung zu fundamentalen Fragen zu überge-
      FH-Prof. Michael Litschka                    ben – nur weil etwa ein algorithmus mit mir spricht.
      sieht in der gegenwärtigen
      Mediennutzung eine                           Wie würden Sie das also am Beispiel selbstfah-
      Gefahr für die Demokratie.                   render bzw. selbststeuernder Autos in der Si-
      Foto: FH St. Pölten                          tuation eines Unfalles sehen? Dort müsste der
                                                   Algorithmus ja eine Entscheidung für oder ge-
                                                   gen in den Unfall verwickelte Personen treffen?
                                                   Das ist ein wirkliches Problem und daher tun wir
                                                   uns dabei auch noch so schwer. Mit dem Fortschritt
                                                   handeln wir uns solche schwierigen moralischen
                                                   Grenzfragen ein. Eine Möglichkeit stellt zwar viel-
                                                   leicht ein algorithmus dar, über den sich alle Be-
                                                   teiligten geeinigt haben und dann akzeptieren, wie
                                                   immer er auch gewisse Entscheidungen trifft. ich
                                                   wäre beispielsweise dagegen, dass ich angefahren
                                                   werde als aufrechnung; also kann das im Sinne des
                                                   Diskurses nicht funktionieren, weil man über mich
                                                   hinweg entschieden hat.

                                                   Wir sprechen immer davon, dass Roboter,
                                                   künstliche Intelligenz etc. menschliche Eigen-
                                                   schaften annehmen können. Kann es umge-
                                                   kehrt nicht auch der Fall sein, dass wir Men-
                                                   schen immer mehr der technischen Faszination
                                                   unterliegen und uns selbst entsprechend einer
                                                   Logik der Effizienz in diese Richtung entwi-
                                                   ckeln?
                                                   Das betrifft gleich mehrere interessante Themen.
                                                   Eines davon ist die Frage, ob uns durch die Tech-
                                                   nologie die arbeit ausgeht. Wenn die technische
                                                   Entwicklung fortschreitet, werden viele leute ihre

12       Digitale Welt                                                              DER REPORT 2018
arbeit auch verlieren und können nicht mehr so          letzlich gegenüber Propaganda und Falschin-
stark zum Gemeinwohl beitragen. Effizient im             formation macht. Vielmehr können bald auch
Sinne der Wirtschaftswissenschaft ist das u.U. trotz-   Hinz und Kunz ein umfangreiches Repertoire an
dem. Es ist aber dabei zu bedenken, dass wir ja         technischen Programmen bedienen, welche sie
auch viel sinnlose arbeit machen, weil wir damit        in die Lage versetzen, unsere Wahrnehmung zu
Geld verdienen können. Wenn Menschen etwa ar-           manipulieren und die Realität noch mehr zu
beit beispielsweise an Roboter abgeben, kann das        entstellen?
dazu führen, dass sie ihr Dasein als sinnlos emp-       Die Mediennutzung ist problematisch geworden,
finden. Eine andere Frage wäre daher, ob wir auch        weil Menschen die Verantwortung an algorithmen
Sinn darin finden können, wenn wir eines Tages an-       übertragen. Nach diesen Kriterien werden Timeli-
deren herausfordernden Berufungen nachgehen,            nes gesetzt, welche beispielsweise für die Wer-
die allerdings nicht bezahlt werden – etwa das En-      bung funktionieren. Die Menschen sind aber nicht
gagement für gesellschaftliche anliegen. Nicht nur      mehr bereit, sich umfassend zu informieren. Sie
die Technologie, sondern auch die (Wirtschafts-)        wissen auch nicht mehr, wem sie glauben sollen.
Wissenschaft würde mit ihrem Effizienzdenken             Es bedarf durchaus einer Eigenverantwortung, aus
aber eher gegen diese Möglichkeit sprechen.             den Filterblasen auszubrechen, obwohl diese ja
Hierbei geht es auch stark um das spezifische Ef-        sehr bequem sein können. Deshalb funktionieren
fizienzdenken des Utilitarismus, das jenen ansät-        Fake News so gut. Dieses Problem der Mediennut-
zen der Technologie entgegenkommt. Der Utilita-         zung ist tatsächlich ein gesellschaftliches Problem
rismus überlegt, wie man Nutzensummen maxi-             und es untergräbt auch die Demokratie.            l
miert, jedoch nicht wie wir den resultierenden Nut-
zen verteilen können bzw. ob diese Verteilung
auch gerecht ist. Die Menschen sind jedoch nicht
gleich und haben unterschiedliche Bedürfnisse.
Die einen wollen sich engagieren, andere aber
nicht. Die einen können das – physisch, psychisch
etc. – die anderen nicht. Daher funktionieren diese
ansätze des Utilitarismus in dieser Hinsicht nicht,
wobei nicht alle Ökonomen so denken und bereits
andere lösungen überlegen.

Mit den Bitcoinfarmen oder Kryptomining in-
vestieren Menschen erstmals gezielt Ressour-
cen, wie beispielsweise Energie, in Maschinen,
um daraus mehr oder weniger direkt einen
Geldwert zu generieren. Früher haben wir un-               Mitte März findet an der Fachhochschule St. Pölten die Jahrestagung
sere Arbeitskraft hauptsächlich für die Aufzucht           des Interdisciplinary Media Ethics Centre (IMEC) statt.       Foto: Katharina Balgavy

von Pflanzen und Tieren verwendet, für die Ge-
winnung und Weiterverarbeitung von Rohstof-               Jahrestagung des Interdisciplinary
fen sowie für die Unterstützung unserer Mit-
menschen. Wenn wir quasi Maschinen haben,                 Media Ethics Centre IMEC
um Geld zu „züchten“, und beispielsweise in Is-
land mehr Strom für Bitcoins als für Haushalte            Der Mensch im digitalen Zeitalter: Ethische Fragen zum Einfluss von
verbraucht wird, verlieren wir dadurch nicht              Ökonomisierung, Digitalisierung und Mediatisierung auf die
auch unsere ethische Relation zu den eigentli-            conditio humana.
chen Dingen, die das Leben auf diesem Plane-
ten ausmachen?                                            Die Jahrestagung 2018 des iMEC vom 14. bis 16. März 2018 an der FH
Dieses technologisierte Denken ist eine Gefahr für        St. Pölten möchte eine möglichst große Perspektivenvielfalt sicherstel-
die Gesellschaft. Das sage ich nicht bloß, weil ich       len und gibt Medienethik, Philosophie, Psychologie, Wirtschaftswissen-
zu jenen gehören würde, die immer behaupten,              schaft, Rechtswissenschaft, Soziologie und Technikforschung eine of-
dass früher alles besser war. Man muss als Ethiker        fene Plattform der wissenschaftlichen Diskussion.
ganz einfach auf die Gefahren aufmerksam ma-              Thematische Schwerpunkte
chen, wenn gewisse Denkweisen und Modelle ge-             • Mediatisierung der conditio humana
fährlich sind. Das utilitaristische Modell an sich        • Ökonomisierung und Digitalisierung der Medien
birgt Gefahren.                                           • interdisziplinäre Erkenntnisse im digitalen Zeitalter
                                                          • Privatsphäre in der digitalen Welt
Sie sprechen als Ethiker die individuellen Be-            • Kinder und Jugend im Netz
dürfnisse des Menschen an und kritisieren, dass           • Propaganda im Kontext der Digitalisierung
der Utilitarismus diese Individualität verkennt.          • Grenzen der aufmerksamkeit
Sie reden auch davon, dass wir gemeinsam aus-             • Modelle ethischer Entscheidungsfindung und Selbstregulierung
handeln sollen, wie wir künftig mit den Mög-              • Empirische Forschungsergebnisse und -konzeptionen
lichkeiten der neuen Technologien umgehen.
Wie soll dieser Diskurs aber funktionieren? Die           Anmeldung:
Kommunikation ist nicht nur stark von Algorith-           www.fhstp.ac.at/de/anmeldung/anmeldung-imec-jahrestagung-2018
men bestimmt ist, was uns ohnehin schon ver-

DER REPORT 2018                                                                                                       Digitale Welt                13
Foto: aiT / Johannes Zinner
     Die Zukunft jetzt erfinden
     Das austrian institute of technology (ait) übernimmt die wichtige Funk-
     tion, den Weg einer innovation, ausgehend von den erkenntnissen der
     Forschung, hin zur Marktreife zu begleiten. Dies geschieht derzeit auch
     anhand einer Fülle von anwendungen im Rahmen der Digitalisierung.

                       B
                               ei der Erfüllung seiner zentralen aufgaben-
                               gebiete nimmt das aiT austrian institute of    Nicht länger kryptisch
                               Technology in Österreich und Europa durch      Eines der jüngsten Beispiele dafür ist die Block-
                       seine Tätigkeit in der angewandten Forschung und       chain, deren Daten mithilfe kryptografischer Ver-
                       die Verwertung innovativer infrastrukturlösungen       fahren abgesichert werden. Die Blockchain-Tech-
                       in der Praxis eine führende Position bei innovatio-    nologie bietet eine neue art zur dezentralen Spei-
                       nen ein. Erst dieser Brückenschlag zwischen For-       cherung von Transaktionen. Die Technologie
                       schung und technologischer Vermarktung ermög-          wurde ursprünglich im Zusammenhang mit virtu-
                       licht die Kommerzialisierung neuer Technologien        ellen Währungen (Bitcoin) entwickelt, jedoch
                       sowie die Förderung der wirtschaftlichen Entwick-      stellte sich schnell heraus, dass die dezentrale, fäl-
                       lung.                                                  schungssichere und transparente Speicherung von
                       Dies hat insbesondere für neue anwendungen Be-         Transaktionen auch in anderen Bereichen großes
                       deutung, welche auf den Technologien der Digi-         anwendungspotenzial eröffnet. Die Mitglieder ei-
                       talisierung basieren. Denn hier gibt es derzeit eine   ner Blockchain sind untereinander verbunden und
                       Fülle an neuen Erkenntnissen mit großem Potenzial      können Werte und andere informationen direkt
                       für die Wirtschaft, die jedoch noch so neu sind,       miteinander austauschen (Peer-to-Peer). alle Trans-
                       dass sich die Möglichkeiten der Umsetzung hin zu       aktionen müssen von einer Mehrheit des Netz-
                       innovativen Produkten und Dienstleistungen auf         werks aller Beteiligten bestätigt werden, dadurch
                       den ersten Blick nur erahnen lassen. Expertise und     sind die gesamte Blockchain und die enthaltenen
                       Erfahrung sind hier gefragt.                           Transaktionen transparent und nachvollziehbar.

14     Digitale Welt                                                                                            DER REPORT 2018
Die Kernkompetenzen des aiT umfassen dazu             insofern haben sie die Kompetenz, High-level-
Kenntnisse virtueller Währungssysteme, Plattfor-      Feldforschung durchzuführen und in diesem Zu-
men zur Entwicklung von Blockchain-lösungen so-       sammenhang jene kontextbezogenen Setups zu
wie Einblicke in unterschiedliche anwendungsbe-       verwirklichen, die ein Höchstmaß an Validität der
reiche. Das Forschungsteam beschäftigt sich zum       Ergebnisse gewährleisten. Durch die Orientierung
einen mit der Fragestellung, unter welchen Bedin-     an realen, komplexen und langfristig angelegten
gungen der Einsatz der Blockchain-Technologie in      Setups schaffen die Mitarbeiter des aiT die Basis
den verschiedenen anwendungbereichen, wie z.B.        für neuartige, durch Technologie ermöglichte Ge-
Handel, logistik und Verwaltung, sinnvoll ist. Und    schäftsmodelle und Serviceansätze.
zum anderen entwickelt das Team konkrete Block-
chain- und Smart Contracts-lösungen auf der Basis     Visionäre sind am Werken
existierender Blockchain-Plattformen, wie z.B.        Eine andere Grundlage, um in der Forschung und
Ethereum.                                             Entwicklung weiterzukommen, stellt die Sensor-
So beschäftigen sich beispielsweise die Forscher      technik dar. Ohne entsprechende Sensoren, die
rund um Ross King und Bernhard Haslhofer, Pro-        intelligent miteinander verbunden sind, klappen
jektleiter von GraphSense, in Forschungsprojekten     das internet der Dinge und somit auch industrie
auf internationaler Ebene schon länger intensiv mit   4.0 nicht. Erst innovative 3-D-Sensorsysteme er-
der Struktur und der Dynamik virtueller Währungs-     möglichen die Fülle neuer anwendungen in den
systeme. Unzählige FinTechs, aber auch Energie-       Bereichen Transport (assistenzsysteme, autonome
versorger, Banken und viele andere Branchen wol-      Systeme), industrielle automation und inspektion
len virtuelle Währungen und die schnelle, kosten-     sowie Überwachung. Es müssen daher grundle-
günstige und sichere Blockchain-Technologie für       gende Problemstellungen, wie z.B. die 3-D-Rekon-
sich nutzen.                                          struktion der Umgebung, die Hindernis und Ob-
                                                      jekterkennung, die präzise Vermessung von Ob-
Capturing experience                                  jekten sowie die Selbstlokalisierung des Sensor-
Technologie lässt sich nicht losgelöst vom Men-       systems und die Pfad- und Bewegungsplanung,
schen entwickeln. Bis hin zum Marketing eines fer-    zuverlässig, schnell und effizient mit vergleichs-
tigen Produktes hat sich die Sichtweise hier in den   weise kostengünstiger Bildverarbeitungstechno-
letzten Jahren gravierend verändert: Nicht bloß       logie gelöst werden. Dazu werden am aiT u.a. al-
das Produkt und seine Eigenschaften zählen, son-      gorithmen zur stereoskopischen Bildverarbeitung
dern erst die Erfahrung der Kunden, die art und       erforscht und auf ein effizientes laufzeitverhalten
Weise, wie solche innovation in den alltag der        in Echtzeitumgebungen hin optimiert.
Menschen integriert werden, sind ausschlagge-         Eine weitere Kernkompetenz des aiT liegt in der
bend für die akzeptanz und den Erfolg.                plattformoptimierten Umsetzung derartiger Com-
Dies führt zu spezifischen Bedürfnissen aus Expe-      puter Vision Verfahren auf energieeffizienten ein-
rience-Sicht, individuellen User-Sichtweisen und      gebetteten Systemen. Dem Research Service            Entwicklungsarbeiten von
somit zu kontextbezogenen Phänomenen, die ei-         „3-D-Vision and Modeling" ist ein Portfolio thema-   „Digital Safety & Security“-
ner spezifischen lösung bedürfen. „Capturing“ be-      tisch fokussierter Forschungsprojekte mit den Pro-   Experten aus der For-
deutet in diesem Zusammenhang das „Freilegen“         blemstellungen entsprechenden Forschungs-            schungsgruppe „3D Vision
von lösungspotenzialen, die auf elementaren em-       schwerpunkten zugeordnet. Dabei liegt der Fokus      and Modeling“ beim Part-
pirisch-wissenschaftlichen Betrachtungsweisen be-     auf innovationen und Forschungsthemen wie au-        ner Diamond Aircraft in
ruhen. Das Verstehen grundlegender Verhaltens-        tonomous land Vehicles, airborne Vision und          Wiener Neustadt.
weisen und deren auswirkungen führt zu hochent-       Measuring the World.                                 Foto: aiT / Michael W. Mürling

wickelten bzw. weit reiferen lösungen für Benutzer
und Kunden, sowohl auf technologischer Seite als
auch bei der Schnittstelle Mensch-Technologie.
Der Fokus auf eine spezifische anwender-Sicht-
weise beinhaltet eine starke individuelle Kompo-
nente und folgt somit dem Trend nach Personali-
sierung und entsprechender anpassung der an-
wendung.
Capturing-Experience-Forschung beinhaltet am
aiT die Entwicklung und Verwertung spezifischer
situationsabhängiger Methoden und Werkzeuge.
Diese dienen dazu, neuartige Zugänge im jeweili-
gen Kontext zu analysieren und zu evaluieren. Wei-
ters liegt der Forschungsschwerpunkt auf neuarti-
gen kontextbezogenen Technologien – z.B. Sen-
sortechnik bzw. internet-of-Things-Technologien
generell – sowohl aus Experience-Perspektive (der
Mensch im Vordergrund) als auch aus der Perspek-
tive der Datengewinnung durch Experience. So er-
forschen die Experten des aiT beispielsweise, wie
sich Menschen im Zusammenspiel mit Technologie
fühlen bzw. was zur akzeptanz der jeweiligen an-
wendung beiträgt, aber auch was die Hauptbe-
standteile von Experience an sich sind.

DER REPORT 2018                                                                                               Digitale Welt                 15
ist ein Hardware-Software-Co-Design die erfolgs-
                                                                                        bringende Vorgehensweise.
                                                                                        Neue Konzepte für noch leistungsfähigere Kame-
                                                                                        ras und Hardware erfordern auch neue Konzepte
                                                                                        bei der Software und den algorithmen. Speziell
                                                                                        bei den neuen Multiprozessor- und den zukünfti-
                                                                                        gen Manycoresystemen ist das Wissen über eine
                                                                                        korrekte Verteilung der Daten und der auswerte-
                                                                                        lasten auf die einzelnen Komponenten der Hard-
                                                                                        warearchitektur der Schlüssel zu einem erfolgrei-
                                                                                        chen High-Speed-image-Processing-System. Die
                                                                                        Themen in diesem Forschungsfeld umfassen da-
                                                                                        her sowohl Kameras als auch Hardware und Soft-
                                                                                        ware sowie deren Zusammenspiel in der Bildver-
                                                                                        arbeitung. Ein zusätzlicher wichtiger aspekt ist die
                                                                                        Entwicklung anwenderfreundlicher Benutzer-
                                                                                        schnittstellen, damit diese komplexen Systeme
                                                                                        auch sicher und einfach konfiguriert und erfolg-
                                                                                        reich eingesetzt werden können.
                                                                                        Typischerweise werden die „High-Performance-Vi-
                                 Neben der 3-D-Sensortechnik liegt ein weiterer         sion“-Technologien des aiT für zwei- und dreidi-
     Das AIT war auch bei der    Schwerpunkt in der High-Perfomance-Vision. Die-        mensionale Oberflächeninspektionen eingesetzt.
     Vienna Cyber Security       ser Bereich ist angesiedelt bei aufgabenstellun-       Beispiele dazu sind die Qualitätsprüfung im Druck-
     Week 2018 vertreten.        gen mit derart hoher Geschwindigkeit, bei denen        bereich. Dabei wird bedrucktes Papier mit hoher
     Foto: aiT/Raimund appel     das menschliche auge zu langsam, aber die Qua-         Geschwindigkeit an den Kameras vorbeibewegt,
                                 lität eine sicherheitsrelevante Eigenschaft der Pro-   um selbst kleinste Druckfehler zu erkennen. Ein
                                 dukte ist. Um derartige Bildverarbeitungssysteme       weiteres Beispiel ist die Qualitätsprüfung von
                                 im obersten leistungsbereich erfolgreich zu ent-       Schienen. Hier werden von einem fahrenden Zug
                                 wickeln, muss man sowohl auf schnelle Einzelkom-       aus die Gleise auf sicherheitsrelevante Defekte ge-
                                 ponenten als auch auf eine sorgfältig ausbalan-        prüft.
                                 cierte Gesamtarchitektur achten. in diesem Sinne
                                                                                        Sicherheit als Wettbewerbsvorteil
                                                                                        Nicht zuletzt dank des speziellen Know-hows am
         AIT entwickelt                                                                 aiT gilt Österreich international als Hightech-
                                                                                        Standort für Cyber Security. aufgrund seiner lang-
         Multimedia Analyse Plattform                                                   jährigen Erfahrung im Bereich digitaler Sicherheit
                                                                                        hat sich das aiT auf diesem Gebiet als verantwor-
         im neuen großen Europäischen Forschungsprojekt ViCTORia zeichnet               tungsvoller Partner für die entsprechenden natio-
         das aiT als Konsortialpartner für die Entwicklung fortschrittlicher ana-       nalen Behörden und als anerkannte institution für
         lyse-Module verantwortlich und bringt dessen gebündelte Expertise im           Cyber Security in der europäischen Forschungs-
         Bereich Video- und audio-analyse sowie dem Einsatz von Modellen                landschaft etabliert. Die Experten des aiT setzen
         künstlicher intelligenz ein.                                                   auf Machine learning, um bahnbrechende Tech-
                                                                                        nologien und lösungen für das künftige Cyber-Se-
         Die Sammlung und auswertung von Videomaterial über verübte Terror-             curity-Ökosystem zu entwickeln und damit den Be-
         anschläge und schwere Verbrechen stellen heute eine kritische Kompo-           drohungen entgegenzuwirken, die sich durch
         nente im Kontext einer erfolgreichen, unmittelbaren Strafverfolgung            neue umfangreiche iKT-infrastrukturen mit steigen-
         dar. Überwachungskameras können im Verbund mit z.B. tragbaren Ka-              der Vernetzung und unklaren angriffsflächen er-
         meras von Polizeieinsatzkräften (Wearables) und von Videoaufnahmen,            geben. Diese speziellen iT-Sicherheitslösungen
         die von zufällig am Tatschauplatz anwesenden mit Handy-Kameras ge-             setzen neue Standards und tragen dazu bei, die
         macht wurden, eine Fülle an verwertbaren Video- und audioinformatio-           Wettbewerbsfähigkeit heimischer Produkte auf
         nen für die Untersuchung des Tathergangs und die nachfolgende Fahn-            dem globalen Markt durch österreichisches Know-
         dung liefern. Die Strafverfolgungsbehörden müssen diese Bilderflut bei          how sicherzustellen.
         ihren Erstuntersuchungen jedoch meistens sehr ressourcenintensiv ma-
         nuell auswerten, sodass eine zeitnahe Extraktion der wesentlichen Bild-        Neue technik für ältere Menschen
         informationen nicht möglich ist.                                               Die demografische Entwicklung stellt unsere Ge-
                                                                                        sellschaft vor große Herausforderungen: Men-
         „im Projekt Victoria vereinen wir unsere besonderen Video-Technologie-         schen werden älter, leben zunehmend in Single-
         kenntnisse mit Big Data Science und Machine learning, um eine intelli-         haushalten und werden, in welcher Form auch im-
         gente lösung zu entwickeln. Mit dieser speziellen forensischen Platt-          mer, Unterstützung brauchen. So leben auch 80
         form können sehr große und unstrukturierte Rohdatenströme, wie bei-            Prozent der pflegebedürftigen Menschen zuhause,
         spielsweise aus Videos, Bildern, Tonaufnahmen oder Dokumenten, intel-          wo sie betreut werden.
         ligent gefiltert, sortiert und automatisch vorannotiert werden, damit un-       im Business Case Care Solutions beschäftigt sich
         tersuchende Beamte sehr effizient eine digitale Ermittlungsakte erstel-         aiT, Biomedical Systems mit der Forschung und
         len können", so Martin Boyer, Projektleiter und Experte für Softwarear-        Entwicklung innovativer Technologien, welche me-
         chitektur im Bereich Videoanalyse am aiT Center for Digital Safety & Se-       dizinische und pflegerische anwendungsbereiche
         curity.                                                                        unterstützen und auch Komfort und Sicherheit im
                                                                                        persönlichen Wohnumfeld älterer Menschen so

16         Digitale Welt                                                                                                 DER REPORT 2018
lange wie möglich gewährleisten. Zentrale Säule      erhaften F&E-Kooperationen mit Wirtschaftsunter-       Die Leichter-Wohnen-App,
eines solchen Systems bildet eine Middleware,        nehmen, der Politik und institutionellen Einrichtun-   „LW App“
welche modulare lösungen zur integration von         gen der Medizin und Pflege für Biomedical Sys-          Foto: aiT

Sensortechnologien und individuellen Services        tems zu erreichen und letztendlich als Standard
bietet. Neue ansätze für intuitive und mobile Er-    des Supports für ältere Menschen und deren Be-
fassung von Gesundheitsdaten ermöglichen zeit-       treuung zu positionieren.                         l
nahe information an medizinische und pflegende
Personen sowie gezielte Therapieentscheidungen.      Weitere infos zum aiT: www.ait.ac.at
Die Erinnerung an im Therapieverlauf vorgese-
hene Medikamenteneinnahmen, die Erfassung
und auswertung von aktuellen Vitaldaten und            Zuverlässige 5G-Funktechnologie
Möglichkeiten der sozialen interaktion über spe-
zielle seniorengerechte applikationen stellen nur      für künftige autonome Fahrzeuge
einen Teil der Forschung und Entwicklung von Bio-
medical Systems im Business Case Care Solutions        Selbstfahrende autos, mit Menschen kollaborierende Roboter und viele
dar. „Die Bereiche Care Solutions und Clinical &       weitere „smarte“ Technologien für Städte, die Medizin oder die industrie
Diagnostics Therapy Monitoring bieten für mich         benötigen extrem schnelle und zuverlässige Kommunikationssysteme.
als aiT-austrian-institute-Business-Manager ein        Die künftige Mobilfunkgeneration 5G wird dies ermöglichen. Vor die-
spannendes aufgabengebiet. Einerseits weil un-         sem Hintergrund startete das aiT gemeinsam mit NOKia und aVl das
sere Forschung und Entwicklung mit ihren innova-       neue nationale 5G-Forschungsprojekt MaRCONi, in dem die für 5G not-
tiven ansätzen und lösungen Märkte für anwen-          wendige Funkwellenausbreitung untersucht und neue Simulationsmo-
dungen erschließen will und andererseits aus dem       delle und Funksysteme für die industrie und für autonome Fahrzeuge
medizinischen und pflegerischen Bereich nach lö-        entwickelt werden.
sungen für die Zukunft gesucht wird“, so Heimo
Oesterreicher vom Center for Health & Bioresour-       Die Kooperation der Fahrzeuge hilft, die Verkehrssicherheit zu verbes-
ces. Die anforderungen für die Herausforderun-         sern und sich dem Ziel eines unfallfreien Straßenverkehrs zu nähern. Vor
gen der Zukunft erarbeitet Biomedical Systems ge-      allem für die neuen ioT-anwendungen arbeiten weltweit die Hersteller
meinsam mit institutionalisierten Pflege- und Be-       mit Hochdruck an der Entwicklung der neuen 5G-Technologien. Das aiT
treuungseinrichtungen, Medizinern und Stakehol-        besitzt diesbezüglich eine besondere Hightech-Kompetenz im Bereich
dern des Gesundheitswesen und natürlich auch           intelligenter antennen und Funkverhalten in anspruchsvollen dynami-
mit den Menschen, denen die Entwicklungen aus          schen Umgebungen. Thomas Zemen, führender Experte für 5G-Systeme
dem Bereich Care Solutions dienlich sein sollen.       und Projektleiter am aiT: „Wir messen die Funkwellenausbreitungsei-
„Es ist für mich geboten, zwischen pharmazeuti-        genschaften zwischen mehreren Fahrzeugen und der Basisstation.
schen Unternehmen, dem Gesundheitswesen, der           Diese Messdaten werden verwendet, um ein Modell für die numerische
Pflegedienstleistung, dem Wohnbau und der Po-           Simulation von 5G Systemen zu entwickeln. auf dieser Basis erforschen
litik eine Brücke zur Unterstützung älterer Men-       wir dann neuartige Sende- und Empfangsalgorithmen, um höchste Zu-
schen und ihrer Selbstständigkeit im persönlichen      verlässigkeit in der Kommunikation für die künftigen anwendungen zu
Wohnumfeld durch aiT-Biomedical Systems-               erreichen. Diese algorithmen werden schließlich auf dem aiT software-
Schlüsseltechnologien zu schlagen“, so Oesterrei-      definierten Radio-Testsystem in Echtzeit getestet.“
cher, der das Ziel verfolgt, einen Bestand an dau-

DER REPORT 2018                                                                                                Digitale Welt           17
geht die Bildung vorbei
     an der Wissensgesellschaft?
     Bildung 4.0 bedeutet viel mehr, als die Potenziale digitaler endgeräte
     und einer längst unüberschaubaren Zahl an apps für diese zu nutzen. es
     geht in der Wissensgesellschaft um die Kompetenz im Umgang mit infor-
     mation und auch Desinformation, um Vielfalt und die gezielte Förderung
     von talenten. in vielen Bereichen ist Bildung in Österreich aber noch vom
     Phantasma des standardisierten absolventen geprägt, während die ent-
     wicklung eindeutig hin zu individuellen und maßgeschneiderten Bil-
     dungswegen tendiert.

                       S
                              chon im Kindergarten müsste es Maßnah-         auch dies ein Umstand, dem in Schulen und Uni-
                              men geben, digital literacy, also Grundfer-    versitäten viel zu wenig Rechnung getragen wird.
                              tigkeiten im Umgang mit digitalen Techno-      Wo bleiben europäische Online-arbeits- und lern-
                       logien, zu fördern: „Oft geschieht es mit der bes-    gruppen, wo sind mit gesellschaftlichen Playern,
                       ten absicht: Kindern wird der Umgang mit Com-         mit Organisationen und Firmen vernetzte virtuelle
                       puter, internet oder Handy verweigert, um sie vor     Projektgruppen? letztlich sollte es ein Ziel sein,
                       möglichen Gefahren zu schützen. Doch das größte       selbst auch zu Produzenten von inhalten zu wer-
                       Risiko besteht darin, Kinder nicht ausreichend bei    den, sich in gesellschaftliche und wirtschaftliche
                       der Entwicklung von Medienkompetenz zu unter-         Prozesse einzubringen und diese mitzugestalten.
                       stützen“, betont etwa Barbara Buchegger, Medien-
                       pädagogin bei saferinternet.at, einer von Öster-      Konkrete Projekte an Volksschulen
                       reichs Regierung beauftragten informationsinitia-     im Kindergarten in Maurach am achensee (Tirol)
                       tive. Ähnlich sieht das die Berliner Pädagogin und    gibt es etwa das Projekt „Mein Heimatort“: Sowohl
                       Buchautorin antje Bostelmann: „Die lebenswelt         mit Papier und Stift als auch mit Video und Tonauf-
                       der Kinder muss sich in dem abbilden, was wir tun.    nahmen erforschen Kinder den eigenen Heimat-
                       Und da gehören die digitalen Medien dazu.“            ort, dokumentieren Begegnungen mit verschiede-
                       Kinder und Jugendliche müssen also nicht nur          nen Personen und visualisieren Vorstellungen über
                       technische Fähigkeiten lernen – so fordert etwa die   die Weiterentwicklung des eigenen Ortes.
                       Österreichische Computergesellschaft, dass            im Volksschulbereich sind Tabletklassen etabliert,
                       „Coden“ und Programmieren allerspätestens in          wobei dies weit mehr bedeutet, als einfach für ei-
                       der Volksschule ein Thema sein sollte. Es geht auch   nige Wochen Tablets an Schüler und Schülerinnen
                       um Fähigkeiten, wie etwa die effiziente und treffsi-   auszugeben. Wie sinnvolle arbeit mit und am
                       chere Suche nach informationen, das Beurteilen,       Computer aussehen kann, zeigt etwa Barbara Zu-
                       ob einer Quelle vertraut werden kann oder nicht,      liani an der VS Breitenlee: Dort programmieren
                       dem Einander-gegenüber-Stellen von informatio-        Kinder mit der Software „scratch“ eigene Projekte
                       nen und deren kritische aufarbeitung.                 oder sie steuern „Ozbots“, Miniroboter, die nach
                                                                             Maßgabe der Kinder Zeichenaufgaben umsetzen.
                       Online-offline arbeitsgruppen
                       in zahlreichen Unternehmen haben sich bereits hy-     Projects, Peers, Passion, Play
                       bride arbeitsprozesse mit nahtlosen Wechseln zwi-     Josef Buchner ist lehrer für Geschichte, Psycholo-
                       schen analogen und digitalen Prozessschritten         gie/Philosophie und informations- und Kommuni-
                       etabliert. Produkte werden über Kontinente und        kationstechnik (iKT) an einem Wiener Gymnasium.
                       Zeitzonen hinweg in internationalen Teams konzi-      Er setzt auf Thesen des lernforschers Mitchel Res-
                       piert und auch der Fernwartungstechniker für be-      nick, der vier „P’s“ für kreatives lernen in einer von
                       liebige anlagen sitzt mitunter einige Staaten ent-    technologischem Wandel geprägten Welt postu-
                       fernt an seinem Terminal. intensive Zusammenar-       liert: „Projects, Peers, Passion and Play“. So entwi-
                       beit offline und online sind gelebte Realität und      ckeln die Schüler mit den eignen Smartphones
                       kein seltener Zufall mehr; digitale Medien ermög-     augmented-Reality-Sequenzen: Zeichnungen, QR-
                       lichen eben in einer sehr intensiven Weise das ge-    Codes, Texte werden mit dem Smartphone ge-
                       meinsame arbeiten an verschiedensten aufgaben.        scannt und automatisch starten z.B. selbstge-

18     Digitale Welt                                                                                           DER REPORT 2018
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