11/2018 Die Zeitschrift des BA YERISCHEN GEMEINDET AGS
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" "&"" " '%$!&%' $'%'%&#!#' B 6015 E %#'& $!&''$!'$& % '% #&!' &'$#'$&'# Bayerischer Gemeindetag 11/2018 Gutes Wetter und gute Stimmung bei der Landesversammlung 2018 des Bayerischen Gemeindetags am 10. und 11. Oktober in der Adam Riese Halle in Bad Staffelstein (siehe auch die Reden und Fotos dazu in diesem Heft) BAYERISCHEN GEMEINDETAGS Die Zeitschrift des BayGT-mobil App: http://www.bay- gemeindetag.de baygt@bay-gemeindetag.de
Bayerischer Gemeindetag Inhaltsverzeichnis QuintEssenz Editorial Dr. Uwe Brandl: „Omnia mutantur“ – Alles wandelt sich – Joachim Herrmann: „Bayern braucht starke Gemeinden“ Dr. Franz Dirnberger: Das war 2018! – aus der Arbeit der Geschäftsstelle Markus Reichart: Initiative Kommunales Know-How für Nahost Gartenschauen in Bayern – 40 Jahre grüne Entwicklung Dr. Annette Schumacher: Neuauflage des Breitbandförderprogramms des Bundes '' "!(('#!'%( ( $&#%#&("(' %'$"#%($"(%$&&(&'!&'$"#%($"(%' $&'(&' !&#(%#"!&(&'$ '( (%'!&'(( (%' Dokumentation: BayGT-Presseinfo 18/2018 vom 02.10.2018: Appell an den Bund: Mautbefreiung für alle kommunalen Lkws! ''''''''''''''''''''''''''''''''''''''' Übersendung von Gerichtsentscheidungen an die Geschäftsstelle Die Auskunfts- und Beratungstätigkeit der Geschäftsstelle hängt in einem hohen Maße davon ab, wie gut der Informationsfluss zwischen Mitgliedskörperschaften und der Geschäftsstelle ist. Wir bitten deshalb unsere Mitglieder dringend, uns gerichtliche Entscheidungen umgehend zu überlassen und uns über anhängige Verfahren bei den Verwaltungsgerichten oder bei den obersten Bundesgerichten zu informieren, damit andere Mitglieder schnell und zeitnah von diesen Erfahrun- gen profitieren können. BAYERISCHER Verantwortlich für Erscheinungsweise monatlich; Anzeigenverwaltung: Redaktion und Anzeigen: Bezugspreis EUR 33,– jährl.; Bayerischer Gemeindetag GEMEINDETAG Wilfried Schober, bei Mitgliedern im Beitrag enthalten Katrin Zimmermann, Tel. 0 89 / 36 00 09-43 Herausgeber und Verlag: Bayerischer Gemeindetag © Bilder: BayGT Druck, Herstellung und Versand: Bayerischer Gemeindetag, Dreschstraße 8, 80805 München © Titelbild: BayGT Druckerei Schmerbeck GmbH Körperschaft des öffentlichen Rechts; Tel. 0 89 / 36 00 09-30 Gutenbergstraße 12 Geschäftsführendes Präsidialmitglied E-Mail: baygt@bay-gemeindetag.de 84184 Tiefenbach b. Landshut Direktor Dr. Franz Dirnberger
Bayerischer Gemeindetag • QuintEssenz Wichtiges in Kürze 389 Bayerischer Gemeindetag Kommunalpolitik trotz allgemeinen Wohlstands, nahe- zu Vollbeschäftigung und sozialen Alles ist im Wandel Bayern braucht starke Frieden in Bayern und Deutschland Omnia mutantur. Mit diesem be- Gemeinden weite Teile der Bevölkerung mit dem rühmten Zitat aus Ovids Metamor- Bayerns Kommunalminister Joa- Erreichten unzufrieden sind und bis- phosen überschrieb Gemeindetags- chim Herrmann ist ein stets gern ge- weilen populistischen Stimmungen präsident Dr. Uwe Brandl die gegen- sehener Gast auf Veranstaltungen anhängen. In diesem Zusammen- wärtige Phase der Politik in Deutsch- des Bayerischen Gemeindetags. Egal, hang verwies er darauf, dass Demo- land und Bayern. „Alles wandelt ob bei Großveranstaltungen oder kratie zu allererst in den Gemeinden sich“ – gerade nach der Landtags- auch bei Bürgermeistertreffen im und Städten gelebt wird. Daher wahl in Bayern darf man in der Tat kleinen Kreis. Der Bayerische Ge- seine Feststellung: Bayern braucht gespannt sein, welche Dinge sich im meindetag schätzt die Bereitschaft starke Gemeinen. Wie wahr! Freistaat ändern werden. Dass die des Innenministers, gern und oft zu Seine Rede können Sie auf den voraussichtliche Koalition aus CSU Veranstaltungen des Verbands zu Seiten 397 und 401 in diesem Heft und Freien Wählern in dem einen kommen, außerordentlich. Es war nachlesen. oder anderen Bereich der Kommu- daher keine Überraschung, sondern nalpolitik einen Wandel herbeifüh- vorbildliche gelebte Partnerschaft, ren wird, ist zu erwarten. Sei es im Bayerischer Gemeindetag dass Joachim Herrmann auch zur Bereich der Kindergartengebühren, diesjährigen Landesversammlung Das war 2018! sei es möglicherweise bei den Er- des Bayerischen Gemeindetags nach Hoppala – ist es nicht ein wenig vor- schließungsbeiträgen. Und vielleicht Bad Staffelstein kam und eine inte- eilig, das noch laufende Jahr 2018 auch beim Thema Flächensparen. ressante, zuweilen auch sehr nach- bereits für erledigt zu erklären? Das Auf der Landesversammlung des denkliche, Rede hielt. Ergriffen lausch- dachte sich auch des Geschäfts- Bayerischen Gemeindetags am 10. ten die Delegierten und Ehrengäste führende Präsidialmitglied des Baye- und 11. Oktober 2018 im oberfrän- seinen Ausführungen. Abweichend rischen Gemeindetags Dr. Franz kischen Bad Staffelstein nahm Ge- vom Redemanuskript machte sich Dirnberger, als er auf der Landesver- meindetagspräsident Dr. Uwe Brandl der Minister tiefgründige und oft sammlung des Bayerischen Gemein- – wie gewohnt – kein Blatt vor dem auch sehr ins persönliche gehende detags in Bad Staffelstein Mitte Ok- Mund, um eine Positionsbestimmung Gedanken. Zu Recht stellte er die tober 2018 eine erste Bilanz zog. Es der bayerischen Gemeinden, Märkte Frage in den Vordergrund, weshalb ging ihm auch weniger darum, das und Städte vorzunehmen. Von der immer noch nicht bewältigten Flücht- lingskrise über die Notwendigkeit, ausreichend und günstigen Wohn- raum für weite Teile der Bevölkerung zu beschaffen, bis hin zu digitaler Schule und Ausbau von Mobilfunk und Breitband spannte sich sein Themenrepertoire. Auf den Seiten 392 bis 396 können Sie seine Rede nachlesen. Tröstlich und ermutigend zugleich ist seine Aussage: „Wie auch immer sich der Bayerische Landtag poli- tisch zusammensetzt, wie auch im- mer die Bayerische Staatsregierung besetzt sein mag – wir, die bayeri- schen Gemeinden und Städte, wir als Verband werden uns darauf ein- stellen und weiter versuchen, dem Der Kontakt zu den umliegenden kommunalen Spitzenverbänden ist dem Bayerischen Wirken und Wesen der bayerischen Gemeindetag ein großes Anliegen. Erster Vizepräsident Josef Mend, Bürgermeister Politik kommunalen und damit sach- von Iphofen, und Dr. Juliane Thimet, Stellvertreterin des Geschäftsführenden Präsi- bezogenen Verstand einzuhauchen.“ dialmitglieds, folgten daher gerne der Einladung des Österreichischen Gemeinde- Dem ist nichts hinzuzufügen. bunds. Der 65. Österreichische Gemeindetag fand am 27. und 28. September 2018 in der Messe Dornbirn statt. Der Präsident des Österreichischen Gemeindebundes, Alfred Riedl, begrüßte – neben zahlreichen Bundesministern und den rund 2000 teil- nehmenden Bürgermeistern – seine bayerischen Gäste persönlich und herzlich. © Roland Schuller
Bayerischer Gemeindetag • QuintEssenz 390 Jahr 2018 chronologisch „abzu- Daher packen nun die Gemeinden Artenvielfalt und eine ökologische arbeiten“. Vielmehr referierte er über und Städte an. Kommunales Engage- Gesamtentwicklung für neue Stadt- die wichtigsten Themen, die die Ge- ment im Rahmen der „Initiative teile geben mittlerweile den Aus- schäftsstelle des Bayerischen Ge- Kommunales Know-how für Nah- schlag, dass Gemeinden und Städte meindetags in München in den ver- ost“ ist möglich und unterstützens- sich für „ihre“ Gartenschau enga- gangenen Monaten beschäftigt hat. wert. Deutsche Kommunen inves- gieren. Welche positiven Effekte Besonders einschneidend für Bayerns tieren direkt im Libanon und be- Gartenschauen haben, können Sie Gemeinden, Märkte und Städte war kommen das Geld auf Antrag vom auf den Seiten 414 bis 417 nach- – natürlich – die Abschaffung der Bund erstattet. Fünf Allgäuer Ge- lesen. Straßenausbaubeiträge. Der baye- meinden und drei baden-württem- rische Gesetzgeber hat ein seit 40 bergische Kommunen haben sich Jahren bewährtes Einnahmemodul zur praktischen Umsetzung der Ini- Breitbandausbau der Kommunen aufgrund entspre- tiative entschieden. Der Erste Bür- chend hohen Drucks der Bevölke- germeister des Markts Heimenkirch, Breitbandförder- rung kassiert – mit allen Auswirkun- Markus Reichart, stellt auf den Sei- programm des Bundes gen auch auf die Arbeit in der Ge- ten 411 bis 413 die Initiative vor Über die Wichtigkeit und Notwen- schäftsstelle. Wie sind die Altfälle und wirbt um Nachahmer. Die digkeit eines schnellen und effizien- abzuwickeln? Wie wird die Kompen- Redaktion meint: Mitmachen! ten Breitbandausbaus braucht man sation für die weggefallenen Einnah- heute nicht mehr zu diskutieren. Da men aussehen? Wie steht der Ver- Umwelt sich bedauerlicherweise der Bund band intern und gegenüber der bis heute weigert, selbst den Breit- Öffentlichkeit zu der politischen Ent- 40 Jahre Gartenschauen bandausbau durchzuführen, blei- scheidung? Auch die Frage, wie es in Bayern ben die Gemeinden und Städte wei- mit der Grundsteuer weitergeht, Seit fast 40 Jahren bringen Garten- terhin in der faktischen Pflicht. Das nachdem das Bundesverfassungs- schauen bayerische Gemeinden und bayerische Breitbandförderpro- gericht dem Gesetzgeber eine ver- Städte zum Blühen. Sie haben sich gramm gilt als eines der besten in gleichsweise enge Frist gesetzt hat- gut entwickelt und werden von den Deutschland und hat zu einer spür- te, beschäftigte die Geschäftsstelle. Bürgerinnen und Bürgern in aller baren Verbesserung der Situation Und natürlich auch die aktive Bo- Regel gut angenommen. Denn an- beigetragen. Flankierend stellt auch denpolitik, die im Zwiespalt zwi- ders als zu Beginn der Initiative steht der Bund Fördergelder zur Verfü- schen Vermeidung von Flächenver- heute die Anlage dauerhafter Grün- gung. Frau Dr. Annette Schumacher brauch und Schaffung zusätzlichen anlagen für die Kommunen im Vor- von atene KOM GmbH stellt auf den Wohnraums steht. Der Bayerische dergrund. Zusätzliche Wohnungs- Seiten 418 bis 419 die Neuauflage Gemeindetag hat eine ganze Fülle möglichkeiten für Jung und Alt, die des Breitbandförderprogramms des von konkreten Vorschlägen für einen Verbesserung des Stadtklimas, die Bundes vor. flächenschonenden Umgang mit dem Baurecht vorgestellt. Leider stößt er damit (noch) auf taube Ohren. Das ist sehr bedauerlich. Mal sehen, was die Zukunft bringt – Auf den Seiten 404 bis 410 können Sie die Ausführungen des Geschäfts- führers nachlesen. Flüchtlinge Kommunale Hilfe für Nahost Die große Politik spricht gerne da- von, die Flüchtlingskrise dadurch zu mildern, dass die Fluchtursachen in den Herkunftsländern der Flücht- linge beseitigt werden. Abgesehen von staatlicher Entwicklungshilfe passiert – leider – recht wenig von Seiten des Bundes und der Länder.
11/2018 Bayerischer Gemeindetag 391 Jetzt kann´s losgehen – Die schwarz-orange Koalition regiert S eit wenigen Tagen ist sie Realität: die geplante Erhöhung nicht aus Umverteilun- erste schwarz-orange Koalition in der gen innerhalb des Finanzausgleichs speisen Geschichte der Bundesrepublik Deutsch- soll. Dazu, dass wohl schon ab 2020 auch sol- land. Erfreulich ist dabei zunächst, dass die che Gemeinden in den Genuss einer Förde- Regierungsbildung erheblich schneller ab- rung gelangen werden, die keine Satzung lief, als dies ein Jahr zuvor auf Bundesebene hatten bzw. sie nicht vollzogen haben, mag zu beobachten war, und dies ohne dass der man unterschiedliche Positionen vertreten Druck der Bayerischen Verfassung in Art. 16 können. Richtig interessant wird es aber bei Abs. 2, 44 Abs. 1 BV eine merkliche Rolle ge- dem geplanten Fonds von 50 Mio. Euro, der spielt hätte. Gerade einmal drei Wochen Härtefälle aus der Zeit seit dem 1.1.2014 – nach der Landtagswahl präsentieren die CSU ein herrliches Bild – „abfedern“ soll. Was ein und die Freien Wähler den 60seitigen Koali- solcher Härtefall ist, entscheidet eine – und tionsvertrag mit dem Titel „Für ein bürger- jetzt wieder wörtlich – „noch einzusetzende nahes Bayern – menschlich, nachhaltig, Kommission“. Eine Vorgehensweise, die man modern“, eine Überschrift, der man schlicht- gemeinhin als institutionalisierte Ratlosig- weg nicht widersprechen kann. keit bezeichnet. Ein der Schwesterpartei der CSU angehören- Ein zweites Beispiel betrifft die Reduzierung der Unionspolitiker hat einmal über seinen der Flächeninanspruchnahme. Wir werden Regierungsstil gesagt, dass entscheidend sei, – heißt es im Koalitionsvertrag – in Bayern was hinten rauskomme. Und so ist es auch dafür eine Richtgröße von 5 ha je Tag an- bei dem schon angesprochenen Koalitions- streben. Irgendwie kommt einem die Zahl vertrag im Verhältnis zu den Gemeinden, bekannt vor. War das nicht die Obergrenze, denen regelmäßig die Rolle zukommt, die die in dem von der alten Staatsregierung von der Landesregierung getroffenen Ent- (und auch vom Bayerischen Gemeindetag) scheidungen in die Tat umzusetzen. vehement abgelehnten Volksbegehren ent- halten war? Einer der Gründe, warum eine Liest man sich das Programm der Regie- starre Begrenzung fern jeder Ideologie nicht rungsparteien für die nächsten Jahre durch, funktionieren kann, ist die mangelnde Ad- so muss man feststellen, dass es, was die ministrierbarkeit einer solchen Vorgabe. Und Konkretheit der darin getroffenen Aussagen jetzt weiß die neue Staatsregierung, wie es anbelangt, kein einheitliches Niveau auf- geht? Nicht ganz. Denn der Koalitionsvertrag weist. An manchen Stellen ist die Klarheit formuliert weiter: „Dazu werden wir ge- unübertrefflich: So ist z. B. im Zusammen- meinsam mit den Kommunen wirkungsvolle hang mit der Bayerischen Hochwasserstra- Steuerungsinstrumente entwickeln.“ Institu- tegie davon die Rede, dass sie ohne die tionalisierte Ratlosigkeit? Standorte Bertoldsheim und Eltheim/Wörth- hof auskommen muss. Oder eine andere Wie auch immer. Politik ist die Kunst des Stelle: Die heiß umkämpfte dritte Startbahn Machbaren und wir werden die Staatsregie- am Münchner Flughafen hat erst einmal rung nach Kräften bei der Suche nach rich- Ruhe. In unnachahmlicher Deutlichkeit spricht tigen Lösungen unterstützen, wenn sie nicht der Vertrag davon, dass die entsprechenden mehr weiter weiß. Oder wieder Originalton Planungen nicht mehr weiterverfolgt werden. Helmut Kohl: „Das, was ich will, ist, was ich selber wollen will.“ Es gibt aber auch Passagen, bei denen man nicht so recht weiß, „was hinten rauskommt“, so dass die Spannung bei den Gemeinden hoch bleiben wird. Nur zwei Beispiele, die allerdings für unseren Verband von erheb- licher Bedeutung sein werden: Für die weggefallenen Straßenausbaubei- träge sollen die Gemeinden Ersatz erhalten. Dr. Franz Dirnberger 2019 100 Mio. Euro und ab 2020 sogar 150 Geschäftsführendes Präsidialmitglied Mio. Euro, wobei zu hoffen ist, dass sich die des Bayerischen Gemeindetags
392 Bayerischer Gemeindetag 11/2018 „Omnia mutantur“ * – Alles wandelt sich – Selten ist der Ausgang einer Die Abschaffung von Gebühren Landtagswahl in Bayern mit Dr. Uwe Brandl, und Beiträgen ist für manche größerer Spannung erwartet wor- Präsident des Partei der Königsweg, um Wäh- den als in diesem Jahr. Selten ist Bayerischen Gemeindetags ler zu motivieren, das Kreuz an derart massiv versucht worden, der vermeintlich richtigen Stelle eine Wahl emotional zu beein- zu machen. Es stimmt schon: es flussen. Damit meine ich nicht nur die Bessermacher! Die Bürgerinnen und kann ein echtes Kreuz werden mit Stimmungsmache in den sozialen Bürger haben am Sonntag die Wahl. dem Kreuz! Bestimmte Konstellatio- Medien. Ich meine ganz besonders nen mag man sich nicht einmal vor- die eigenartige, für mich ans Mani- Fest steht: Wir, die wir in den Kommu- stellen. pulative grenzende Berichterstattung nen täglich in enger Kooperation mit Aber liebe Freunde seid sicher: Wie mancher Medien. Es ist nicht in Ord- der Bürgerschaft die Probleme lösen auch immer die Wahl ausgeht, wie nung, unter dem Schutz der Presse- müssen, vor die uns Gesellschaft und auch immer sich der Bayerische Land- freiheit öffentliche Meinung zu be- Politik stellen, wir haben keine Wahl. tag politisch zusammensetzt, wie auch stimmen und damit den Ausgang von Wir müssen mit dem zurechtkommen, immer die Bayerische Staatsregierung Wahlen nach Gusto zu lenken. Ich fra- was die Wähler entscheiden. besetzt sein mag – wir, die bayeri- ge mich: Ist das noch in Ordnung? schen Gemeinden und Städte, wir als Verstehen sie mich nicht falsch: Für Wer Politik machen möchte, sollte Verband werden uns darauf einstel- mich ist weder die Alleinregierung nicht mit Kommentaren und Emotio- len und weiter versuchen, dem Wir- einer Partei, noch eine Koalition nen aus der Etappe schießen. Wer ken und Wesen der bayerischen Poli- grundsätzliches Teufelswerk. Entschei- Politik machen will, muss sich an der tik kommunalen und damit sachbe- dend ist für mich aber, welche Rah- Frontlinie selbst ins Feuer werfen und zogenen Verstand einzuhauchen. menbedingungen die neue Regie- Verantwortung übernehmen, Rede und Ob die Offenheit besteht, sich in die rung setzt und wie sie mit uns Kom- Antwort stehen, Konzepte entwickeln. Niederungen der Frontarbeit zu be- munen umgeht. Dieses Land braucht keine Schlecht- geben und die positiv angebotene redner oder Schlechtschreiber oder Ich will gar nicht in das Geschwafel Kooperation anzunehmen, das wird Besserwisser. Dieses Land braucht und Glaskugelbetrachten der Wahl- die spannendste aller Fragen werden. beobachter, -forscher und Politolo- Es bleibt unser Anspruch als Sachwal- gen einstimmen. Die sind alle viel in- ter der Interessen der Bürgerinnen telligenter als ich und werden schon und Bürger, positiven Einfluss auf die wissen, wovon sie reden. Aber ich stel- staatlichen Entscheidungen zu neh- le mir – wie wohl viele – die Frage, men. Dafür wurde unsere Organisa- worauf wir uns einzustellen haben. tion vor über 100 Jahren gegründet. Sich einzumischen, die Interessen der Ich fürchte, es wird neben der zwangs- Basis zu vertreten, wenn nötig unbe- läufigen personellen Neubesetzung quem und hartnäckig der Anwalt der entscheidender Schlüsselämter – auch örtlichen Belange zu sein, das ist die eine politische Neuausrichtung auf Aufgabe, der wir uns alle verschrieben uns zukommen. haben. Und zwar unabhängig davon, wo auch immer unser politischer Stall Ich frage einfach laut: sein mag. Wird Bayern künftig grüner, bunter Für mich steht fest, dass Bayern, aber und unberechenbarer? auch ganz Deutschland, vor einer Wird Bayern (noch) wirtschaftsfreund- Zeitenwende steht. Ich gehe sogar licher und staatskritischer? soweit, zu behaupten: die Welt hat Dr. Uwe Brandl © BayGT Oder wird Bayern künftig populisti- * Rede des Präsidenten auf der Landesversammlung 2018 scher? am 11. Oktober 2018 in Bad Staffelstein
11/2018 Bayerischer Gemeindetag 393 sich in den letzten Jahren dramatisch das Örtliche statt. Ob das der Sehn- Verfassung: „Der Freistaat fördert und verändert und diese Veränderungen sucht nach Sinnstiftung entspringt, sichert gleichwertige Lebensverhält- dauern an: omnia mutantur. oder der Drang nach dem „grünen nisse und Arbeitsbedingungen in Auf die damit verbundenen neuen Draußen“ ein Ausdruck der von der ganz Bayern, in Stadt und Land.“ Auch Herausforderungen müssen wir recht- Generation y geforderten work-life- wenn das einige Mitglieder der Legis- zeitig reagieren. Tragfähige Antwor- Balance ist, kann dahinstehen. lative offenkundig anders verstehen: ten und gesellschaftlich akzeptierte Ich glaube nicht an diese träumende Das ist keine Verfassungslyrik. Das ist Lösungen sind das Gebot der Stunde. Renaissance der lokalen Rückbesin- ein konkreter Auftrag an alle staat- nung. Ich erkenne vielmehr eine an- lichen Institutionen. Hunderttausende echte und vermeint- haltende Philosophie, Zukunftsper- Alles staatliche Handeln muss sich liche Flüchtlinge machen sich auf den spektiven nur in den Ballungsräumen darauf konzentrieren, den Menschen Weg nach Europa. Die Regeln des frei- zu verorten. Wohnen und Freizeit in allen Regionen des Freistaats die en Handels werden in Frage gestellt. draußen ja, aber bitte wenn, dann nur gleichen Lebensperspektiven anzu- Immer mehr autokratische und zuneh- mit U- und S-Bahnanschluss. bieten, wie den Einwohnern der Groß- mend nationalistisch geprägte Regime Anders ausgedrückt: Wir machen uns städte. Die Grundlage dieser Perspek- bilden sich heraus und nehmen selbst- etwas vor, wenn wir der automatischen tiven sind attraktive Arbeitsplätze in bewusst Einfluss auf die Weltpolitik. Renaissance des Lebens auf dem den Räumen außerhalb der Ballungs- Die Verletzlichkeit der deutschen Wirt- Lande das Wort reden. gebiete. schaft – Stichwort: Exportabhängig- Wenn wir die peripheren Räume at- Neben dem attraktiven Arbeitsplatz keit – ist greifbar. Ebenso das Unver- traktiver machen wollen, brauchen braucht es ausreichende Betreuungs- mögen Europas, sich durch Geschlos- wir strukturelle und ordnungspoliti- einrichtungen, gut ausgestattete Bil- senheit als echter und starker Block sche Ansätze, die gleiche Lebens- und dungsangebote, Verkehrsinfrastruk- zu etablieren. Wären wir einig, könn- Arbeitsverhältnisse nicht nur zum tur, Lösungen für moderne Mobi- ten wir uns China, Amerika und Russ- Verfassungstheoretikum degradieren, litätsbedürfnisse, ausreichende Arzt- land als kraftvoller, stabiler Partner sondern Wirklichkeit werden lassen. versorgung, leistungsfähige Breitband- auf gleicher Augenhöhe präsentieren. Den Mut, der dazu in der Politik erfor- netze, günstigen Wohnraum u.v.m. Das Rechtsbewusstsein weiter Teile derlich wäre, erkenne ich leider nur Nur das alles zusammen hält junge der Bürgerschaft erodiert in beängsti- sehr vereinzelt. Familien davon ab, sich Richtung Ag- gendem Umfang. Eine zwangsläufige glomerationsgebiete zu orientieren. Im Gegenteil sehe ich eine ausge- Reaktion, wenn der Staat sich nicht an Fest steht: Wenn es bei der bisherigen prägte Zentrenorientierung. Bitte: ich seine eigenen Regeln hält. Denn dann Entwicklungsdynamik bleibt und das will nicht falsch verstanden werden. sieht sich die Mitte der Gesellschaft Potential der Fläche nicht genutzt Ich gönne Augsburg von Herzen ein nicht mehr in den Volksparteien ver- wird, werden Luftverschmutzung, Über- verstaatlichtes Klinikum, ein verstaat- ankert. teuerung, Verkehrsinfarkte in den Bal- lichtes Theater, ein Landesamt für Bei all dem stellt sich doch die Frage: Artenschutz, ich gönne ihnen sogar lungsräumen zu immensen gesell- Welchen Mandatsträger sollen da noch die nachträgliche Veränderung von schaftspolitischen Verwerfungen füh- die Anliegen der Gemeinden und Zuschussrichtlinien. ren und teuerste staatliche Interven- Städte in den unterschiedlichen Räu- Ich gönne Nürnberg seine Uni und tionen auslösen. men unseres Landes interessieren? seinen Konzertsaal, München die vie- Der Abschlussbericht der Enquete- Sie merken, ich vermeide bewusst len millionenschweren Staatshilfen Kommission des Bayerischen Land- den Ausdruck „in den ländlichen im Infrastrukturbereich, den Konzert- tags „Gleichwertige Lebensverhältnis- Räumen“. Mit diesem Begriff verkom- saal und die Milliarden Gewerbe- se in ganz Bayern“ enthält eine Viel- men nämlich unsere berechtigten An- steuereinnahmen. Ich gönne diesen zahl konkreter Forderungen. liegen und Sorgen zu einem bloßen Städten all diese Milliarden schweren Egal, wer künftig in Bayern an der Anhängsel der Landwirtschaft. Nicht, Wohltaten. Macht ist: dass die nicht auch wichtig wäre, aber Aber ich erwarte, dass in gleicher Wei- die Herausforderungen der Flächen • wir erwarten, dass sich der Freistaat se und mit dem gleichen Umfang und Umlandgemeinden der Ballungs- umgehend und intensiv mit diesen auch etwas für die restlichen 2.031 und Randräume sind schon eine Forderungen auseinandersetzt, Kommunen in Bayern oder die über andere Hausnummer als der bloße 11.000 in Deutschland getan wird, die • wir erwarten auch, dass dann mit Kampf um staatliche Agrarsubventio- nicht kraft Größe im besonderen Be- uns und nicht über uns gesprochen nen. obachtungs- und Begünstigungsfocus wird. Angeblich findet ja entgegen Globali- der Politik stehen. Ein wichtiger Punkt dabei ist, wie es sierung, Klimawandel, vernetzter Welt- In wunderbarer Schlichtheit heißt es gelingt, junge Ärzte für das Land zu wirtschaft eine Rückbesinnung auf in Art. 3 Abs. 2 Satz 2 der Bayerischen begeistern. Die Ärzteversorgung
394 Bayerischer Gemeindetag 11/2018 außerhalb der Verdichtungsräume trag und daran ändert sich nichts, gerweise ist es insbesondere die SPD, weist eklatante Defizite auf. egal ob man die Eidesformel mit oder die sich scheut, dieses Mittel einzu- Versorgungslücken in der Notfallver- ohne religiöse Beteuerung abge- setzen. sorgung, aber auch im allgemeinme- geben hat. Bayern verändert sich. Wir werden dizinischen Bereich, bergen ein hohes Wenn der Druck da ist, bezahlbaren digital. Für viele scheint das Smart- Risiko für die Bevölkerung. Den Ge- Wohnraum zu schaffen, stehen Staat phone Teil des eigenen Körpers ge- meinden und Städten im unterver- und Kommunen in der Verfassungs- worden zu sein. Ob wir das lustig oder sorgten Gebiet vorzuschlagen, Räu- pflicht, dafür zu sorgen, dies zu tun. befremdlich finden, ob gut oder me für entsprechende Praxen zur Ver- Mit einem vorgegebenen Flächen- schlecht – es ist halt so. fügung zu stellen, auf Mieten zu ver- kontingent, das bei einer durchschnitt- Der Mensch nutzt die digitalen Medien zichten, Baukostenzuschüsse zu leis- lichen Gemeinde bei rund 4.000 qm in einem Ausmaß, wie wir es uns vor ten, kann nicht der Weisheit letzter pro Jahr liegt, schaffen wir nur eines: wenigen Jahren noch nicht vorstellen Schluss sein. Es ist die ordnungspoliti- neue Probleme. hätten können. Informationen sind sche und verfassungsrechtliche Pflicht Baulandpolitik, angespannter Flächen- rund um die Uhr immer und überall des Freistaats, praktikable und schnel- markt – das ist im Übrigen nicht nur verfügbar. Was man nicht weiß, wird le Lösungen zu finden. in den Verdichtungsräumen ein The- gegoogelt. Wikipedia hat Brockhaus Bayern verändert sich. In jeder Hin- ma, wie etwa der deutsche Landkreis- abgelöst. sicht. Das spüren wir Bürgermeiste- tag meint. Für viele Gemeinden ist es Darauf müssen auch die Schule und rinnen und Bürgermeister jeden Tag zwischenzeitlich fast unmöglich ge- alle Bildungseinrichtungen reagieren. hautnah in den Kommunen. Einige von worden, Flächen für Wohnbauvor- uns müssen miterleben, wie immer Neben Lesen, Rechnen und Schreiben haben zu erwerben. Das hängt zum muss die Vermittlung eines verant- mehr junge Leute Richtung Groß- einen an unserer Wirtschaftslage, an stadt oder Ballungsraum abwandern. wortungsvollen Umgangs mit den unserem Steuerrecht, zum anderen neuen Technologien als vierte Kultur- Andere leiden unter enormen Zuzugs- aber auch an unserem starren Bau- technik eingeführt werden. Die Nut- druck, kommen mit der Bereitstellung planungsrecht (– Bundesrecht! –), zung dieser Medien muss bei der Wis- von Wohnraum und sozialer Infra- das aus der Zeit gefallen ist. Es ist zu sensvermittlung und Informationsbe- struktur nicht hinterher. schwerfällig. Und gibt uns keine taug- schaffung oberste Priorität erhalten. Die Versorgung der Bevölkerung mit lichen Werkzeuge an die Hand, die Der Freistaat hat dafür zu sorgen, dass Wohnraum, möglichst günstigem Probleme lösungsorientiert anzu- in der Bildung kein Zweiklassensys- Wohnraum, ist eine der Hauptheraus- gehen. tem entsteht, in dem sich analoge forderungen unserer Zeit. Bayern Wir haben als Gemeindetag ein um- und digitale Unterrichtsführung und wächst jährlich um 70.000 Menschen. fangreiches Positions- und Forderungs- Wissensvermittlung gegenüberstehen. Die 13 Mio. Grenze ist geknackt. Der papier veröffentlicht, praktikable Vor- Trend ist ungebrochen. Was wir brauchen, ist ein pädago- schläge entwickelt, wie der Gesetz- gisch didaktisches Digitalkonzept, Und da wird es schon wieder hoch- geber Baulandmobilisierung möglich das hilft, Fehlinvestitionen zu vermei- politisch. Es sind dieselben Politiker machen könnte. Wir hatten den Mut, den, das hilft, eine spätere Vernet- und/oder Abgeordnete, die vor dem dabei die Sozialpflichtigkeit von Eigen- zung der gesamten Schullandschaft einen Mikrofon nach bezahlbarem tum zu thematisieren und auch die Wohnraum rufen und vor dem ande- zu ermöglichen, das hilft, die aktuell Gralsburg des Natur- und Arten- entstehenden Insellösungen zu un- ren Mikrofon vor Flächenfraß und der schutzes dahin zu überprüfen, ob sie Vernichtung von Natur und Heimat terbinden. noch Maß und Mitte hält. warnen. Dazu gehört zwingend, dass die Schu- Wer in der jetzigen Zeit schützend len ihre Systeme selbst und eigen- Emotionale Stimmungsmache taugt seine Hand über maßlose Grund- sicher zur Wählermobilisierung. Sie verantwortlich administrieren. Die Sys- stücksspekulanten hält und wer nicht tembetreuer müssen Pädagogen sein. taugt aber nicht zur nachhaltigen bereit ist, denen steuerlich berück- Lösung komplexer Probleme und Nur sie können die Struktur von der sichtigungsfähige Reinvestitionsmög- gewollten Anwendung her entwi- Herausforderungen. lichkeiten zu eröffnen, die Grund und ckeln und steuern. Dazu braucht es Wer so agiert, zeigt, dass er die Pro- Boden aus ihrem Betriebsvermögen pro Schule mindestens eine entspre- bleme unserer Zeit nicht verstanden zu Bauzwecken abgeben, der hat chend ausgebildete pädagogische hat oder sie nicht verstehen will. nichts verstanden. Fachkraft und die erforderlichen An- Wer so agiert, handelt nicht seinem Die Grundsteuer C wird es wie viele rechnungs- oder Freistunden. Ich ge- Auftrag entsprechend, dem er als andere positive Ankündigungen im he noch weiter. Für den Hauptverant- Mandatsträger verpflichtet ist. Koalitionsvertrag nicht geben. Ich fra- wortlichen muss es Anreize geben, Die Verfassung zu achten und den ge mich, ob er das Papier und die eine Beförderungsstelle muss ge- Menschen zu dienen, das ist der Auf- vielen Stunden wert war. Eigenarti- schaffen werden. Zum Beispiel eine
11/2018 Bayerischer Gemeindetag 395 weitere Konrektorenstelle, die die Sys- Bayern verändert sich: Bayern wird SPD und Union sind zu waghalsigen temadministration und die interne bunter. In den vergangenen drei Jah- Grenzgängern zwischen Realitätsver- Fortbildung verantwortet. ren sind Menschen aus unterschied- lust und überholter Programmatik Wenn wir schon bei der Digitalisie- lichen Kulturkreisen zu uns gekom- geworden. Die Grünen etablieren sich rung sind: men. Das hat – selbstverständlich –- als Repräsentanten des neuen work- Auswirkungen auf unser Zusammen- life-balance Establishments, das satu- Natürlich muss der Ausbau des Glas- leben. riert vieles fordert, was viele sich nicht fasernetzes weitergehen. Mag es der eine oder andere als kul- leisten können. Deshalb schießt manch Natürlich muss E-Government kon- gute Idee gnadenlos an dem vorbei, turelle Bereicherung ansehen oder als sequent fortgesetzt werden. was der gesamtgesellschaftlichen Ver- Teil der Wiedergutmachung vor dem Natürlich muss überall Mobilfunk Hintergrund unserer Geschichte – antwortung geschuldet ist. Die Sensi- möglich sein. Fakt ist, dass weite Teile der einheimi- bilität oder der Mut, das zu erkennen, Aber: Wo steht eigentlich, dass dafür schen Bevölkerung Sorgen vor Über- scheint wenig ausgeprägt. die Gemeinden und Städte als Lü- fremdung, vor Verlust der eigenen Ich glaube nicht mehr, dass die Fol- ckenbüßer herhalten müssen? Haben kulturellen Identität oder Sorgen vor gen und die Tatsache der weltweiten wir nicht über viele Jahre maßgeblich weiterem Zustrom in unser Land Migration das alleinige Problem des den Breitbandausbau vorangetrieben? haben. Stichwort: Völkerwanderung aktuellen Umbruchs sind. Das sind Obwohl das eindeutig Aufgabe von aus Afrika und dem Nahen Osten. nur die Auslöser, die die Ohnmacht Wirtschaft und Staat ist? Viele nehmen die Leistungen unseres und Kraftlosigkeit des Staates zeigen, Müssen wir jetzt auch noch Funk- Sozialsystems als unausgewogen und entstandene Schieflagen nicht korri- benachteiligend wahr. Viele sorgen gieren zu können oder nicht korrigie- löcher entlang der Autobahnen stop- sich um ihre Renten, eine auskömmli- ren zu wollen. fen? Obwohl auch dies ganz klar che Gesundheitsversorgung, weil im- Pflicht der Privatwirtschaft ist? Politisches Richterrecht ersetzt Er- mer mehr Menschen zu Leistungs- Selbstverständlich machen wir bei empfängern werden, die selbst nichts messen der Exekutive. Das gleiche der Digitalisierung mit. Aber es ist zur Füllung der Sozialkassen beige- politische Richterrecht leitet aus der nicht ok, uns Kommunen ständig mit tragen haben. Verfassung Grenzen für legislatives dubiosen Förderanreizen zu „Aus- Handeln ab. Grenzen, zu dessen Ver- Diese Sorgen sollte man nicht leicht- putzern“ bei Infrastrukturmängeln zu änderungen etwa im Sozial- oder fertig als unbegründet, konservativ degradieren. Das gilt für Mobilfunk Asylrecht es einer 2/3 Mehrheit im oder gar nationalistisch abtun. Man- und E-Mobilität/Ladetechnik in glei- Bundestag bräuchte, die nicht organi- che begnügen sich ja mit der leichten, cher Weise. sierbar ist. oft falschen Schlagzeile. Das werden Staat und Wirtschaft von Die Politik kann der Verkäuferin, die 12,6 Prozent für die AfD bei der uns immer wieder zu hören bekommen. Jahrzehnte brav Sozialabgaben zahlt, Bundestagswahl sind keine „Rand- erscheinung“ mehr! Es wird interes- nicht erklären, warum sie ihren not- sant, wieviel Stimmen diese Partei in wendigen Zahnersatz selbst bezahlen Bayern am nächsten Sonntag bekom- muss, den ein anderer, der nie Kran- men wird. kenversicherungsbeiträge bezahlt hat, kostenfrei erhält. Es sind halt leider nicht bloß Nazis oder Neonazis, die diese Partei wäh- Die gottlob gut funktionierende Wirt- len. Sondern vielfach Bürgerinnen schaft bügelt noch vieles an Ver- und Bürger, die sich echte Sorgen um werfungen aus … noch … aber wie die kulturelle Identität des Landes lange? machen. Es sind die, die sich von den Wenn sich die politischen Repräsen- Volksparteien nicht mehr wahrge- tanten nicht bald offen und ehrlich nommen fühlen, die soziale Ungleich- mit den eigentlichen Problemen aus- gewichte feststellen. Es sind die, und einandersetzen, sondern nur schön- das ist noch schlimmer, die das Ver- reden, verharmlosen oder in Abrede trauen in unseren Staat und seine stellen, wird sich in der Gesellschaft Funktionstüchtigkeit verloren haben. etwas Bahn brechen, das wir alle uns Keine Abschiebung Straffälliger, seich- nicht ernsthaft wünschen dürfen. Die te Strafen bei Gewaltdelikten, Ver- Dieseldebatte zeigt das Dilemma harmlosung oder sogar Verschweigen deutlich! Offenbar glauben manche „Es ist nicht okay, uns Kommunen ständig krimineller Vorgänge sind kein gutes wirklich, Deutschland könne mit die- … zu ,Ausputzern’ bei Infrastruktur- ser Debatte die Stickoxid- und Fein- Rezept, der Erosion der bürgerlichen mängeln zu degradieren.“ © BayGT Mitte Einhalt zu gebieten. staubprobleme der ganzen Welt lösen.
396 Bayerischer Gemeindetag 11/2018 Aber: Wir schaffen das! Wir, das ist was wir immer schon gesagt haben: schon mal gesagt – es geht halt nicht nicht primär der Bund, auch nicht das Wer als asylberechtigt anerkannt ist, an, gleichzeitig mehr Wohnraum, mehr Land. Nein, das sind wir. Wir an der ist nicht automatisch Obdachloser. Kindergärten, Schulen, Sportplätze, staatspolitischen Front! Wir, in den Hier bleibt der Staat in der Verantwor- Schwimmbäder, Altersheime und Kommunen haben zusammen mit tung, für Wohnraum zu sorgen und Krankenhäuser zu fordern und gleich- unseren Bürgern das zu schaffen, was das ist auch gut so! zeitig zu sagen: aber Fläche darf dafür uns andere vor die Füße werfen. Und Bayern verändert sich … Politik ver- nicht verbraucht werden. So haut das das nicht nur beim Thema Migration. ändert sich. Nicht nachhaltige Pro- nicht hin. Und es ist unredlich. Man Klar, wir kriegen von Land zu Land gramme und überzeugende Visionen verspricht den Leuten das Paradies höchst unterschiedlich finanzielle Un- kommen beim Wähler an, sondern auf Erden, aber in der Verantwortung, terstützung, die aber bei weitem die Versprechen zu Lasten Dritter ent- all die politisch gesteckten Ziele selbst Kosten des „Wir schaffen das“ nicht scheiden über Sieg und Niederlage umzusetzen, stehen andere. abdecken. Der Bayerische Landtag hat ein über In meinem Neujahrsbrief an Euch ha- Aber die Kärnerarbeit der Integration, vier Jahrzehnte bewährtes Finanzie- be ich geschrieben, dass wir uns auf des Ausgleichs der kulturellen Ge- rungssystem beim Straßenausbau in ein spannendes Jahr 2018 freuen dür- gensätze, die bleibt schon uns. Rekordzeit gekippt. Zugegeben: hätte fen. Einiges, was ich gerade angespro- er es nicht getan, dann hätte das wohl chen habe, hat bereits für Hochspan- Glücklicherweise hat der Zustrom deut- das initiierte Volksbegehren getan. nung gesorgt. Vermutlich wird das lich abgenommen. Aber es sind im- Auch das ist für mich ein Punkt, an Ergebnis der Landtagswahl in weni- mer noch weit mehr als 250.000 Men- dem die Politik sich fragen müsste, ob gen Tagen für weitere Spannungs- schen unterschiedlichster Herkunft, die der generelle Ruf nach mehr Plebiszit spitzen sorgen. Es wird im wahrsten jährlich in die Bundesrepublik kom- wirklich immer der Weisheit letzter Sinne elektrisierend sein, ob sich die men. Die Hälfte davon als Einwande- Schluss ist. Das Ende bedenkt bei Spannung in Freude oder Frust ent- rer mit Lebensperspektive, Job und solchen Aktionen niemand! lädt. Sprachkenntnissen. So oder so: Als größter Kommunal- Ich bin der festen Überzeugung, dass Der rigide Nichtraucherschutz führt verband Bayerns werden wir – wie wir schon wegen der demografischen zu permanenten Lärmbelästigungen bisher – mit allen politischen Kräften und gesellschaftlichen Veränderungen durch Raucher, die allabendlich vor im Lande einen konstruktiven Dialog Zuwanderung brauchen werden, um den Kneipen stehen. Die abgeschaff- führen und für die Anliegen der Ge- unsere Fachkräfte zu rekrutieren. Aber ten Ausbaubeiträge reißen Löcher in meinden, Märkte und Städte im Frei- ich meine schon, es ist recht und bil- die kommunalen Kassen und redu- staat kämpfen. Das verspreche ich lig, auch bei uns Zuwanderung ziel- zieren die Investitionsfähigkeit. Was Euch - als bayerischer und deutscher orientiert zu regeln. Das tun auch an- kommt noch? Präsident. dere Länder. Daneben brauchen wir Bei einer anderen Sache dagegen ist für Flucht und Asyl Regeln, die uns der Kelch nochmal an uns vorüberge- und unsere Gesellschaft nicht über- gangen. Der Bayerische Verfassungs- Alles Gute Euch, Euren Familien und fordern. gerichtshof hat dankenswerterweise Euren Mitarbeitern an der kommuna- Vom Thema Spurwechsel halte ich in das Volksbegehren gegen Flächen- len Front! diesem Zusammenhang nichts. Das verbrauch für unzulässig erklärt. Ein produziert nur neue Pull-Effekte. Na- illustres Bündnis hätte den Gemein- türlich können Einzelfallprüfungen den und Städten gerne eine feste ausnahmsweise zu Aufenthaltstiteln Quote vorgeschrieben, wieviel Fläche führen. Sprachkenntnisse, Arbeit und bebaut werden darf. Das wäre nichts ein sauberes Führungszeugnis wären anderes als ein massiver Eingriff in die hier ein Schlüssel. Unabhängig davon kommunale Planungshoheit gewesen. scheinen mir die geltenden Regeln Städte und Gemeinden wären gna- zur Einwanderung von Fachkräften denlos staatlichem Dirigismus ausge- ausreichend und der europäische Fach- setzt worden, die kommunale Pla- kräftemarkt durchaus noch ein lohnen- nungshoheit wäre nur noch eine des Feld intensiver Überlegungen. hohle Phrase gewesen. Nebenbei: Die OECD bescheinigt, dass Um nicht falsch verstanden zu wer- Deutschland zu den Ländern mit den den: wir als Gemeinden und Städte liberalsten Einwanderungsregeln welt- stehen nach wie vor uneingeschränkt weit zählt und nebenbei: Es ist be- hinter dem Ziel eines nachhaltigen zeichnend, dass erst Bayerns oberstes Umgangs mit dem endlichen Gut der Verwaltungsgericht bestätigen musste, Fläche. Aber – ich habe das heute
11/2018 Bayerischer Gemeindetag 397 „Bayern braucht starke Gemeinden“* Ich freue mich sehr, heute bei Insgesamt eine beträchtliche der Landesversammlung des Summe! All dies verdeutlicht Bayerischen Gemeindetags da- Joachim Herrmann, einmal mehr: Der Freistaat ist bei zu sein. Bad Staffelstein bie- Staatsminister des Innern ein verlässlicher Partner seiner tet mit seiner malerischen his- Kommunen! Ich bin sicher, dass torischen Altstadt im Gottes- die neue Staatsregierung die garten am Obermain einen großarti- scheidende Funktion. Die Gemeinden Anliegen aller kommunalen Ebenen gen Rahmen für diese Versammlung! erfüllen viele Aufgaben, die sie auf- auch für den kommunalen Finanzaus- Meine Damen und Herren, „Bayern grund ihrer Sachnähe und ihrer Kennt- gleich 2019 sehr ernst nehmen wird. braucht starke Gemeinden“ – das ist nis der konkreten Umstände vor Ort Beim jährlichen Spitzengespräch mit eine Feststellung, das ist zugleich wesentlich besser und effektiver be- den Spitzenverbänden wird darüber unser Auftrag! Denn es gilt auch werkstelligen können als staatliche zu reden sein, wie wir die Leistungen weiterhin gemeinsam die Herausfor- Behörden. auf dem heutigen Rekordniveau ver- derungen, die sich auf allen Ebenen stetigen und bedarfsgerecht anpas- Insbesondere die Erledigung von Auf- sen können. stellen, zu meistern. Bayern wäre gaben der Daseinsvorsorge gehört ohne seine Gemeinden nicht vorstell- zum Grundverständnis der kommuna- bar. Bayern wird auf Dauer immer nur II: Heimat und Ehrenamt: Bayerns len Selbstverwaltung. Die Gemeinden Stärke – seine Bevölkerung so stark sein wie seine Kommunen sind Garant dafür, dass elementare Lei- stark sind. stungen zuverlässig und mit hoher Meine Damen und Herren, eine der Qualität angeboten werden. Dazu ist wesentlichen Stärken Bayerns und I. Bedeutung der Gemeinden und es allerdings notwendig, dass unsere seiner Regionen liegt in seinen vielen Kommunalfinanzen Gemeinden finanziell auf eigenen heimatverbundenen und zugleich Die Bürgerinnen und Bürger nehmen Füßen stehen. weltoffenen Menschen. Wer hier lebt, die Gemeinden als die zentralen An- bringt sich und seine Fähigkeiten oft laufstellen der Verwaltung wahr. Die Generell ist die Finanzlage der Baye- in die Gemeinschaft ein. Die Men- Gemeinden haben in Bayern als Ga- rischen Kommunen deutlich besser als schen helfen einander. ranten für Bürgernähe, soziales Mit- in den meisten anderen Bundeslän- Gerade unsere Kommunen stehen für einander und Transparenz eine ent- dern. Erfreulicherweise sind die kom- eine liebens- und lebenswerte Heimat. munalen Steuereinnahmen im Frei- Nach der Bayernstudie 2015 des BR staat im ersten Halbjahr 2018 gegenü- leben 97 % der Bayern gern in ihrer ber dem vergleichbaren Vorjahreszeit- Region, 75 % sogar sehr gern, 88 % raum nochmals um 6,7 % gestiegen. fühlen sich in ihrer Region absolut zu- Die Finanzausgleichsleistungen stei- hause. Auf diesen Topwerten ruhen gen in diesem Jahr auf die neue Re- wir uns aber nicht aus. Die Zufrieden- kordsumme von 9,53 Milliarden Euro. heit lässt sich dauerhaft nur erhalten, Insgesamt erhöhen sie sich gegenüber wenn wir uns den Zukunftsaufgaben dem Vorjahr um stattliche 619,5 Mio. stellen. Gerade junge Familien sind Euro oder 6,9 %. Zu den Schwerpunk- der Zukunftsindikator unseres Landes: ten gehören insbesondere Wo eine junge Familie gerne und gut leben kann, wo es Kinder gibt, ist auch • der Anstieg der Schlüsselzuweisun- ein guter Platz für die Generation der gen um nochmals über 300 Mio. Eltern und Großeltern. Dort engagie- Euro auf nunmehr 3,66 Mrd. Euro, ren sich die Menschen füreinander. • die spürbare Anhebung der Kran- Dort lebt die Gemeinschaft. kenhausfinanzierung um 140 Mio. Euro auf rund 643,4 Mio. Euro und * Rede des Bayerischen Staatsministers des Innern und Joachim Herrmann © BayGT • der Anstieg der Investitionspauscha- für Integration auf der Landesversammlung 2018 am le um 40 Mio. Euro auf 446 Mio. Euro. 11. Oktober 2018 in Bad Staffelstein
398 Bayerischer Gemeindetag 11/2018 Das Statistische Landesamt prognos- von Gemeinden und Landkreisen Wir haben es geschafft, nach dem tiziert für Bayern in den nächsten zwei beim Erwerb von Feuerwehrfahr- Herbst 2015 wieder Ordnung in die Jahrzehnten eine nahezu konstante zeugen und bei der Errichtung von Verfahren zu bringen. Heute haben Bevölkerungszahl. Dabei gibt es Re- Feuerwehrgerätehäusern ist dabei ein wir eine Situation erreicht, in der je- gionen in Bayern, wo die Einwohner- ebenso wichtiges wie bewährtes Ins- der, der bei uns Hilfe sucht, registriert zahlen zurückgehen. In anderen Re- trument. In den letzten 5 Jahren und erfasst wird. Mittlerweile ist es gionen verursacht der starke Zuzug [2013 mit 2017] haben wir über 184 auch grundsätzlich ausgeschlossen, dagegen Probleme, vor allem auf dem Mio. Euro an Fördergeldern ausbe- dass ein Asylbewerber unter mehre- Wohnungsmarkt. Deshalb war es ab- zahlt. 2017 konnten wir uns dabei ren Identitäten mehrfach Leistungen solut richtig und auch wichtig, die über ein 10-Jahres-Hoch in der För- in Anspruch nimmt. Förderung und Sicherung gleichwer- derung freuen: Mit über 51 Mio. Euro Stichwort ANKER-Einrichtungen: Bayern tiger Lebensverhältnisse und Arbeits- lag die Förderung 2017 rund 18 Mio. hat als erstes Bundesland im August bedingungen als Staatsziel in die Euro höher als im Vorjahr – das ist sieben ANKER-Einrichtungen einge- Bayerische Verfassung aufzunehmen. eine satte Steigerung von über 50%! richtet. Durch das Zusammenspiel Ich freue mich sehr, dass die deut- Gerade in den Regionen Bayerns, in aller Behörden vor Ort (BAMF, Regie- lichen Verbesserungen bei der Förde- denen langfristig sinkende Einwohn- rung, Bundesagentur für Arbeit, Ver- rung in den letzten Jahren nun immer erzahlen prognostiziert werden, ste- waltungsgerichtsbarkeit) können die stärker sichtbar werden. hen die Gemeinden vor der Heraus- Asylverfahren zügig durchgeführt wer- forderung, kommunale Einrichtungen III. Asyl- und Integration den und damit frühzeitig schon in vorzuhalten und zu finanzieren. Nicht den ANKER-Einrichtungen mit Inte- selten bietet die interkommunale Meine Damen und Herren, nach wie grationsmaßnahmen für die Personen Zusammenarbeit eine gute Möglich- vor beschäftigt uns auch ein weiteres mit guter Bleibeprognose begonnen keit, dies zu bewerkstelligen. Eine wichtiges Thema: Asyl und Integra- werden. Gleichzeitig erhalten diejeni- Reihe von Kommunen nimmt Auf- tion. Hier sprechen wir die mit der gen, die keine Bleibeperspektive ha- gaben bereits gemeinsam wahr. Na- unkontrollierten Zuwanderung ver- ben, frühzeitig hierüber Gewissheit. türlich entscheidet jede Kommune bundenen Probleme sowie Sorgen und Ängste deutlich an. Schließlich wollen Ferner hat auch das Bayerische Lan- selbst anhand der konkreten Umstän- desamt für Asyl und Rückführungen de, ob es sich empfiehlt, vom Instru- wir die kulturelle Identität unseres Landes bewahren. seine Arbeit aufgenommen. Es trägt mentarium der interkommunalen Zu- dazu bei, Rückführungen noch schnel- sammenarbeit Gebrauch zu machen. Der Asylbewerberzustrom der letzten ler zu vollziehen und eine freiwillige Die Ansprechpartner der Regierungen Jahre brachte immense Belastungen Rückkehr noch besser zu unterstüt- beraten und unterstützen die Kom- mit sich und stellt uns weiterhin vor zen. Und unsere Bemühungen tragen munen in Fragen der interkommuna- große Herausforderungen. Bayern hat Früchte: Die Zahl der neuen Asyl- len Zusammenarbeit jedenfalls gern die Situation dank seiner hervor- ragenden Verwaltung und enormen anträge in Bayern ist deutlich zurück- und informieren auch über Förder- gegangen. Hatten wir im Gesamtjahr möglichkeiten. Bürgerengagements sehr gut und mit vorbildlicher Humanität bewältigt. 2016 noch rund 82.000 neue Anträge Meine Damen und Herren, auch Bür- Eine maßgebliche Rolle spielen hier- zu verzeichnen, waren es heuer im er- gerengagement, Freiwilligenarbeit und bei die bayerischen Kommunen mit sten Halbjahr noch etwa 11.000. Wir Ehrenamt sind ein Indikator für die ihren Verwaltungen und ihren Bürge- haben in Bayern mittlerweile so we- Lebendigkeit der örtlichen Gemein- rinnen und Bürgern. Allen, die sich nig untergebrachte Asylbewerber wie schaft. Wir haben deshalb seit 2014 hier so vorbildlich engagiert haben seit 2015 nicht mehr. Bei den Verwal- auch das Staatsziel der Förderung des und auch jetzt immer noch engagie- tungsgerichten haben wir dank einer Ehrenamts in unsere Verfassung auf- ren gilt mein besonderer Dank! massiven Aufstockung der Richter- genommen. stellen ebenfalls eine Trendwende Wir sind weiterhin hilfsbereit und erreicht. Die Erledigungszahlen sind Nirgendwo in Deutschland sind mehr offen. Gleichwohl ist klar: Eine Situa- Menschen ehrenamtlich tätig als in höher als die Zahl der Neueingänge. tion wie im Herbst 2015 darf sich Bayern. Sie leisten Hilfe beispielsweise nicht wiederholen. Steht fest, dass ein Asylbewerber kein bei unseren Feuerwehren, den frei- Bleiberecht hat, muss er unser Land Die Migration muss noch besser ge- willigen Hilfsorganisationen und dem auch wieder verlassen. Das gilt insbe- ordnet, also gesteuert und begrenzt THW und tragen damit dazu bei, sondere für Straftäter und Gefährder. werden. Um dies sicherzustellen, schöp- unseren hohen Sicherheitsstandard fen wir alle Möglichkeiten aus, die uns Bis Ende August haben in diesem Jahr auch in der Fläche zu sichern. zur Verfügung stehen. Mit dem „Baye- über 10.500 abgelehnte Asylbewer- Darum fördern wir die nicht-polizei- rischen Asylplan“ haben wir hier Maß- ber Bayern wieder verlassen. liche Gefahrenabwehr als starke und nahmen aufgezeigt und umgesetzt, Diejenigen aber, die bei uns bleiben verlässliche Partner. Die Unterstützung die wegweisend für Deutschland sind. dürfen, müssen möglichst bald in un-
11/2018 Bayerischer Gemeindetag 399 sere Gesellschaft integriert werden. IV. Wohnen Damit wollen wir unsere Aktivitäten Die Art und Weise, wie uns das ge- Meine Damen und Herren, eine große bei der Wohnraumversorgung weiter lingt, ist ausschlaggebend für das Aufgabe unserer Zeit besteht auch ausbauen und verstärken. Dem Unter- Bayern von Morgen und den sozialen darin, gerade in den Ballungsräumen nehmen werden bis zu 500 Mio. Euro Frieden in unserem Land. Dabei geht die Nachfrage nach bezahlbarem zur Verfügung gestellt. Eine erste es etwa um die Fragen, wo sie woh- Wohnraum zu befriedigen. Ich bin Tranche in Höhe von 50 Mio. Euro ist nen und wo sie einen Arbeitsplatz mir bewusst, dass Wohnungsbau und als Stammkapital bereits überwiesen und für ihre Kinder Platz in den Schu- Wohnraumförderung die Gemeinden worden. Die BayernHeim wird rund len und Kindergärten finden können. vor gewaltige Herausforderungen stellt. 10.000 Wohnungen bis 2025 auf den Hierbei handeln wir nach dem Grund- Der Freistaat Bayern unterstützt seine Weg bringen. satz des Förderns und Forderns. Zum Gemeinden darum unmittelbar und einen hat der Freistaat ein bundes- mittelbar mit verschiedenen Förder- V. Arbeit und Wirtschaft weit beispielloses Maßnahmenpaket programmen. Meine Damen und Herren, ebenso auf den Weg gebracht. Mit rund 1,9 elementar wie bezahlbarer Wohn- Der Wohnungspakt Bayern, der 2015 Milliarden Euro fördern wir im Dop- raum sind gute Arbeitsmöglichkeiten beschlossen wurde, ist ein voller Er- pelhaushalt 2017/2018 etwa die Ver- und -bedingungen – in der Stadt folg: mittlung von Alltagskompetenzen, ebenso wie auf dem Land. Fährt man unserer Werte und vor allem das So haben wir im Jahr 2017 mit Wohn- übers Land, findet man sehr viele, sehr Erlernen unserer Sprache – denn raumförderungsmitteln bayernweit gute Arbeitgeber in unseren Regio- Deutsch ist der Schlüssel für Verstän- insgesamt mehr als 7.000 Wohnun- nen. Wer in den Gemeinden seinen digung und gelingende Integration. gen gefördert. Rechnet man Wohnun- Lebensmittelpunkt und sein Auskom- gen für Studenten und Menschen mit Integration ist in Bayern aber auch men findet, der generiert dort Wert- Behinderungen mit ein, sind es sogar deshalb eine Erfolgsgeschichte, weil schöpfung – beim Einkaufen, bei der mehr als 8.500 geförderte Wohnun- wir deutlich sagen: Wir integrieren Autoreparatur oder beim Bau des gen. Das ist ein Spitzenergebnis! nicht in Beliebigkeit, sondern haben Eigenheims. Auf diesen Erfolgen ruhen wir uns eine konkrete Erwartungshaltung an Unsere wirtschaftlichen Kennzahlen aber nicht aus. Im Gegenteil, mit un- die Menschen, die zu uns kommen. für 2017 für Bayern sind beein- serer Wohnraumoffensive haben wir Wir erwarten von ihnen, dass sie druckend: im Mai ein ganzes Maßnahmenpaket unsere Leitplanken für ein gutes Mit- • Noch nie sind so viele Menschen für mehr bezahlbaren Wohnraum be- einander respektieren und unsere hier einer Beschäftigung nachge- schlossen: Sprache lernen. Wer in unserem Land gangen (D: 32.164.973 SV-Beschäf- leben will, muss sich in unsere Rechts- • Wir stellen heuer 886 Mio. Euro für tigte; Bayern: 5.460.683). und Gesellschaftsordnung integrie- den Wohnungsbau in Bayern bereit • In 54 % der bayerischen Landkreise ren. Er muss mit uns leben wollen, – dies ist ein neues Rekordhoch! und kreisfreien Städte hatten wir nicht neben oder gar gegen uns. Er • Wir haben eine bayerische Eigen- 2017 faktisch Vollbeschäftigung mit muss selbst seinen Beitrag leisten, um heimzulage eingeführt: 10.000 Euro Arbeitslosenquoten unter 3 %. sich aktiv zu integrieren. als einmaliger Festbetrag. Gerade die Eigenheimzulage ist ein starker Wie gut uns das gemeinsam gelingt, Anschub für den Bau und Erwerb zeigt zum Beispiel die Erwerbstätigen- von Eigenheimen! quote von Menschen mit Migrations- • Und im Zusammenwirken mit dem hintergrund, die in Bayern so hoch ist Baukindergeld ist sie sogar noch wie in keinem anderen Bundesland wirksamer: Wir stocken das Baukin- [D: 65,5 %, Bayern: 72,5 %]. dergeld des Bundes in Bayern um Seit Oktober 2015 bis März 2018 300 Euro pro Kind und Jahr auf. Ins- konnten wir in Bayern fast 154.000 gesamt kommt eine Familie mit drei Flüchtlinge in den Arbeitsmarkt inte- Kindern so auf eine stattliche För- grieren – davon rund 81.000 in Prak- derung von 55.000 Euro. tika, 8.000 in Ausbildung und 64.500 Mit all diesen Maßnahmen setzen wir in Arbeit. Das Ziel von 60.000 erfolg- ein starkes Signal für den Wohnungs- reichen Arbeitsmarktintegrationen, bau. Und erst vor wenigen Wochen das wir uns bis Ende 2019 gesetzt hat Frau Staatsministerin Aigner den hatten, haben wir damit bereits über Gesellschaftervertrag für unser neues anderthalb Jahre früher erreicht – staatliches Wohnungsbauunterneh- „Bayern wäre ohne seine Gemeinden und es wird bis Ende 2019 bei Weitem men, die BayernHeim GmbH, unter- nicht vorstellbar.“ © BayGT übertroffen. zeichnet.
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