HEIMAT WESTFALEN - STRATEGIEN ZUR MOBILITÄTSSICHERUNG IN LÄNDLICHEN RÄUMEN
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
I N H A LT 3 Editorial WHB-PoSITIoNEN STrATEgIEN Zur MoBILITäTSSIcHEruNg IN LäNdLIcHEN 34 Verantwortung für den Schutz der biologischen Vielfalt räuMEN übernehmen 34 Den Dorfwettbewerb neu denken – Baustein einer vernetzten 4 FLorIAN düNcKMANN uNd JANA KüHL Strukturpolitik für ländliche Räume Gemeinsam Fahren als Beitrag zur Mobilitätswende 36 Westfälischer Heimatbund fordert mit Nachdruck Entlastung in ländlichen Räumen? Empirische Hinweise auf für Vereine beim Transparenzregister Potentiale und Grenzen 37 Westfälischer Heimatbund lehnt geplante Neufassung des Denkmalschutzgesetzes NRW ab 13 NEuE MITgLIEdEr IM WHB Verein zur Förderung der historischen Telegrafie WHB-SEMINArE in Entrup e. V. 38 Digitale Seminarreihe für Vereine und Gemeinnützige 39 Seminarbericht aus der digitalen Westfalen-Akademie: 14 FrAuKE HoFFScHuLTE Pro-bono-Rechtsberatung Blick in die Region: Netzwerke, Fördermittel und regionale Ansätze für neue Mobilitätslösungen WHB-ForEN 18 BuNdESINSTITuT Für BAu-, STAdT- uNd rAuM- 40 WHB-Forum „Natur und Umwelt“: Packen wir’s an! Artgerechte Nisthilfen und Baumaterial für Haussperling & Co. ForScHuNg (BBSr) Online-Nachschlagewerk für Maßnahmen zu Mobilitäts- ENgAgIErT Vor orT konzepten in ländlichen Räumen 41 Heimatmacher-Praxisbeispiele aus Ihrer Arbeit MEINE HEIMAT WESTFALEN NAcHrIcHTEN uNd NoTIZEN 24 Hans-Peter Boer 45 Seminar zum Bewerbungs- und Auswahlverfahren Immaterielles Kulturerbe 2021/2023 SErVIcEBüro WHB 25 NRW-Landesregierung beschließt Engagementstrategie dANK uNd ANErKENNuNg 26 FüNF FrAgEN ZuM THEMA ENgAgEMENTSTrATEgIE 46 Barbara Seifen an Andrea Milz 47 Carsten Schlömer AuS gEScHäFTSSTELLE uNd grEMIEN NEuErScHEINuNgEN 28 Digitale WHB-Verwaltungsratssitzung am 17. März 2021 48 Werl und Soest im Zeichen des Kreuzes. 30 Neuer WHB-Fachbereich „Heimat DemografieFit“ Das Soester Scheibenkreuz – Das Werler Heilige Kreuz 48 Industrieland Nordrhein-Westfalen: Eine Bilderreise WHB-ProJEKTE durch die industrielle Geschichte 31 WHB veröffentlicht zweite Handreichung seiner Leitfaden- und Servicereihe zu Urheberrecht in der Praxis BucHBESPrEcHuNgEN 32 Bundeskongress Heimat 2021 „Baukultur – gebaute 49 Platt för alle Dage Heimat“ 50 Haspe – Im Wandel der Zeit 33 Publikation über Rundwanderwege zur Archäologie im Münsterland HEIMAT WESTFALEN ISSN 2569-2178 / 33. Jahrgang, Ausgabe 2/2021 Herausgeber: Westfälischer Heimatbund e. V. · Kaiser-Wilhelm-Ring 3 · 48145 Münster. Vorstand im Sinne des § 26 BGB: Matthias Löb (Vorsitzender), Birgit Haberhauer-Kuschel (stellvertr. Vorsitzende) Vereinsregister des Amtsgerichts Münster, Nr. 1540 · Steuer-Nr.: 337/5988/0798 Telefon: 0251 203810 - 0 · Fax: 0251 203810 - 29 E-Mail: whb@whb.nrw · Internet: www.whb.nrw Gefördert von: Verantwortlich im Sinne des Presserechts: Dr. Silke Eilers Schrift- und Anzeigenleitung: Dr. Silke Eilers redaktion: Dr. Silke Eilers, Dörthe Gruttmann, Frauke Hoffschulte, Sarah Pfeil, Astrid Weber Layout: Gaby Bonn, Münster druck: Druck & Verlag Kettler GmbH · Robert-Bosch-Straße 14 · 59199 Bönen Für namentlich gezeichnete Beiträge sind die Verfasser persönlich verantwortlich. Diese Zeitschrift erscheint im Februar, April, Juni, August, Oktober, Dezember. Titelbild: Während des Veranstaltungsjahres „Kulturhauptstadt RUHR.2010“ konnte der Radverkehr für einen Tag die Autobahn A40 im Ruhrgebiet „okkupieren“. Heute gibt es bereits vielerorts Radschnellwege. Siegbert Kozlowski © LWL-Medienzentrum für Westfalen
e d it o r ial F ür eine zukunftsorientierte und nachhaltige Entwicklung ländlicher Regionen sind Mobili- tätssicherung und -erweiterung von besonde- rer Bedeutung. Erreichbarkeit in Bezug auf Arbeit, Ausbildung/Studium, Nahversorgung, Gesundheits- einrichtungen, Freizeit und Dienstleistungen ist ein wichtiger Faktor für Teilhabe, Lebens- und Standort- qualität. Vor dem Hintergrund der besonderen Her- Foto/ Greta Schüttemeyer ausforderungen bedingt durch größere Entfernungen und eine vielfach geringer ausgebaute Infrastruktur bedarf es innovativer flexibler, bedarfsorientierter und klima- schonender Konzepte, aber auch geeigneter Rahmenbedingungen. Mobilität startet im Kopf, benötigt jedoch zugleich entsprechenden politischen Willen und finanzielle Ressourcen, um Ideen Realität werden zu lassen. Erst kürzlich hat die interdisziplinäre Ideenschmiede „Mobilität im Ländlichen Raum“ Impulse für die Landesregie- rung in Baden-Württemberg erarbeitet, die durchaus übertragbar sind. Dazu gehört, im Rahmen einer vorausschau- enden Strukturpolitik, Siedlungsentwicklung, Versorgungsangebote und Verkehrsplanung im Sinne des Leitbildes der kurzen Wege integriert zu betrachten. Eine ganzheitliche Perspektive ist vonnöten. Es geht unter anderem um eine nahmobilitätsfreundliche Infrastruktur, eine größere Anzahl an Verkehrsmittelalternativen wie auch neue Ko- operationen zu Mobilitätsangeboten und ein (über-)betriebliches Mobilitätsmanagement. Ausgabe zwei der Heimat Westfalen widmet sich Strategien und exemplarischen Maßnahmen zur Mobilitätsstärkung in ländlichen Räumen. Wenngleich die Pandemie derzeit zu Mobilitätseinschränkungen zwingt, möchten wir diese relevante Fragestellung nicht aus den Augen verlieren. Prof. Dr. Florian Dünckmann, Christian-Albrechts-Universität zu Kiel, und Prof. Dr. Jana Kühl, Ostfalia Hochschule für angewandte Wissenschaften in Salzgitter, untersuchen ge- meinsames Fahren als einen möglichen Beitrag zur Mobilitätswende. WHB-Referentin Frauke Hoffschulte richtet den Blick auf regionale Ansätze für Mobilitätslösungen in Westfalen. Das Online-Nachschlagewerk Mobilikon bietet eine Vielzahl von Informationen rund um Mobilität. Zudem berichten wir über die Engagementstrategie für NRW. Dazu stand uns die Staatssekretärin für Sport und Ehrenamt, Andrea Milz, im Interview zur Verfügung. Unser Servicepart stellt Ihnen unter anderem die aktuellen Positionen des WHB zu den Themen Biodiversität, Dorfwettbewerb, Transparenzregister und Neufassung Denkmalschutzgesetz NRW vor. Überdies haben wir für Sie einen neuen praxisnahen Leitfaden zum Urheberrecht im Angebot. Sehr herzlich möchte ich Sie zum digitalen Bundeskongress Heimat 2021 „Baukultur – gebaute Heimat“ am 7. und 8. Juni einladen, den der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland mit den drei NRW-Heimatverbänden durchführt. Ich freue mich auf ein – wenn auch nur virtuelles – Wiedersehen. Herzliche Grüße Ihre Dr. Silke Eilers Geschäftsführerin des WHB HEIMAT WESTFALEN – 2/2021 / 3
MoBILITäTSSIcHEruNg gEMEINSAM FAHrEN ALS BEITrAg Zur MoBILITäTSWENdE IN LäNdLIcHEN räuMEN? EMPIrIScHE HINWEISE AuF PoTENTIALE uNd grENZEN VoN FLorIAN düNcKMANN uNd JANA KüHL um aus den dörflichen randgebieten ins ortszentrum zu gelangen, ist nach wie vor ein PKW nötig. Hier parken PKW nahe der Stiftskirche St. Bonifatius in Freckenhorst. Foto/ Esther Sobke © LWL-Medienzentrum für Westfalen 4 / HEIMAT WESTFALEN – 2/2021
in ländlichen Räumen g emeinsam Fahren, was heißt das eigentlich? Si- cher fährt man auch im Bus oder in der Bahn mit anderen gemeinsam. Doch irgendwie ist es etwas anderes, wenn man in einem PKW gemeinsam fährt. Im eigenen Auto jemanden mitnehmen, wo man doch sonst meist ganz für sich und selbstbestimmt unterwegs ist? Oder gar bei jemand anderem mitfahren und hoffen, dass alles klappt und man auch wieder mit zurückgenommen wird? Kommt das überhaupt in Frage? Wie soll das funk- tionieren? Und warum eigentlich sollte ich die Freiheit Klassische Bushaltestellen wie diese in Attendorn-Niederhelden aufgeben, allein zu fahren? Sollte ich nur für den Klima- könnten zukünftig intermodal genutzt werden und als Knotenpunkt schutz jemand Fremdes in das eigene Auto lassen? für verschiedene Mobilitätsmöglichkeiten wie Mitfahroptionen und als Park- und Ladestation für Pedelecs dienen. Dieser Beitrag stellt die Potentiale und Grenzen von ge- Foto/ Esther Sobke © LWL-Medienzentrum für Westfalen meinsamen Fahrten als Teil einer Mobilitätswende in ländlichen Räumen heraus. Es fehlte bisher an struktu- schaftlichen Leben gefährdet. Zugleich steht die häufige rierten Erkenntnissen, wie das Mitfahren und auch die PKW-Nutzung im Widerspruch zu Klimaschutzbestre- Mitnahme mit alltagsweltlichen Mobilitätsbelangen ver- bungen, denn sie verursacht unter anderem belastende einbar sind. Das von der Gesellschaft für Energie- und Lärm- und Abgasemissionen. Klimaschutz Schleswig-Holstein (EKSH) geförderte Forschungspro- „Die Herausforderungen einer Mobilitätswende zählen gegenwär- jekt „Gemeinsam Fahren“ ging jenen Fragen nach. Anhand empi- tig zu den zentralen Themen der planerischen Verkehrsforschung rischer Erkenntnisse zweier sozial- sowie der sozialwissenschaftlichen Mobilitätsforschung.“ wissenschaftlicher Fallstudien zeigt sich, welche Formen des gemeinsamen Fahrens bereits Hierauf aufbauend beleuchtet der Beitrag die Herausfor- praktiziert werden und welche Formen potentiell ge- derungen gemeinsamer Fahrten zur Senkung der Um- sellschaftlich denkbar sind. Die zugrundeliegende Stu- welt- und Verkehrsbelastung wie auch zur Steigerung die zeichnet typische Logiken der Mobilität nach und der sozialen Teilhabechancen ohne PKW. macht zentrale Bedingungen zur Realisierung gemein- samer Fahrten sichtbar. Ebenso lassen sich Handlungs- ansätze zur Förderung gemeinsamen Fahrens als Beitrag Ziele und Mittel der Verkehrswende für eine nachhaltige Mobilität in kleinstädtischen und in ländlichen Räumen ländlichen Siedlungsgebieten ableiten. Die Mobilitätswende, das heißt der angestrebte gesell- schaftliche Wandel zugunsten der Etablierung nachhal- Sicherstellung von Mobilität tigerer Formen der Mobilität, impliziert vor allem eine in ländlichen Räumen Reduzierung der PKW-Nutzung wie sie in ländlichen und kleinstädtischen Regionen dominiert. Hier verfü- Die Sicherstellung eines Mindestmaßes an Mobilität gen nur 10 Prozent der Haushalte über keinen PKW, und ist ein grundlegender Gegenstand der Daseinsvorsorge. es werden insgesamt 70 Prozent aller Wege im motori- In peripheren Siedlungsstrukturen gestaltet sich dies sierten Individualverkehr (MIV) absolviert, während es jedoch schwierig. Ob täglich zur Arbeit, schnell zum in Großstädten nur 50 Prozent sind. Verantwortungsträ- Supermarkt oder abends zum Sport, es ist fast jeder ger ländlicher Räume müssen für die Vorhaltung eines selbstverständlich mit dem PKW unterwegs und fährt Mindestmaßes an Mobilität und neue Mobilitätskonzep- dabei oft allein. Dieses Selbstverständnis ist nicht unpro- te aber auch für diejenigen berücksichtigen, die nicht blematisch, denn ohne PKW ist die Teilhabe am gesell- oder nur zeitweise über einen PKW verfügen. HEIMAT WESTFALEN – 2/2021 / 5
kleine mobilitätssicherung museen im Wandel Gleichermaßen stellt sich die Frage, wie sich zusätz- lich etablierte Mobilitätspraktiken von nachhaltigeren Praktiken ablösen lassen. Dabei sollen auch ländliche Mobilitätsbedarfe durch alternative emissionsarme Mo- bilitätsformen realisierbar werden, ohne dass die Mobi- lität eingeschränkt wird. Szenarien zeigen, dass gerade in ländlich geprägten Räumen gemeinsames Fahren entscheidend zur Einsparung umwelt- und klimaschäd- Derzeit fehlt es deutschlandweit noch flächendeckend an Lade- licher Emissionen beitragen könnte. infrastruktur für Elektroautos: hier ein erster Ladepunkt an der Mulvanystraße in Gelsenkirchen im Jahr 2011. Foto/ Siegbert Kozlowski © LWL-Medienzentrum für Westfalen Praktiken des gemeinsamen Fahrens Die Herausforderungen der Mobilitätswende zählen ge- genwärtig zu den zentralen Themen der planerischen Gemeinsames Fahren meint in dieser Studie nicht-kom- Verkehrsforschung sowie der sozialwissenschaftlichen merzielle, privat ausgeführte Praktiken des gemeinsamen Mobilitätsforschung. Das Repertoire an Maßnahmen Fahrens, bei denen Menschen mit einem ähnlichen Fahr- und Instrumenten zur Umsetzung neuer Mobilitäts- ziel zusammen in einem Fahrzeug fahren, anstatt den strategien in ländlichen Räumen ist jedoch begrenzt. Weg allein im Fahrzeug zurückzulegen. Andere bekannte Formen des gemeinsamen Fahrens sind neben Mit- „Die Realisierung einer Verkehrswende erfordert eine generelle Reduzie- fahrbänken auch privat rung des MIV als Quelle klimaverändernder Emissionen. Hierzu sind die organisierte kommerzielle Substitution von Wegen im MIV durch Mobilitätsformen des Umwelt- Fahrgemeinschaften oder verbundes wie auch die Reduzierung von Distanzen im MIV zentral.“ geteilte Fahrten, die via Bu- chungsportalen wie Blabla- Car und Flinc abgewickelt Während entlang zentraler Achsen und Siedlungsschwer- werden. Auch über diese geteilten Fahrten liegen bislang punkte häufig ÖPNV-Angebote bestehen oder ergänzt wer- wenige Forschungsergebnisse vor, so ist beispielsweise den können, ist ein ÖPNV in der ländlichen Fläche meist nicht bekannt, welchen Stellenwert geteilte Fahrten kom- nur als Schüler- oder Anrufbusverkehr realisierbar. Gera- merzieller Anbieter in der Realisierung der individuellen de Anrufbus-Modelle scheinen allerdings für viele Anlässe Mobilitätsbedürfnisse einnehmen. wenig praktikabel und finden wenig Nachfrage. Es sollen allerorts klimaverändernde und nachhalti- Zumindest das Mitfahren stellt derzeit eher ein Rand- ge Mobilitätslösungen entstehen. Mittel- bis langfristig phänomen dar. So finden auf dem Land nur 15 Prozent wird eine Dekarbonisierung des Güter- und Personenver- aller Wege als Mitfahrende statt, während 51 Prozent kehrs (die Umstellung zur Reduktion des Umsatzes von aller Wege als Fahrende selbst absolviert werden. Das Kohlenstoff) angestrebt. Mitfahren findet dabei vermehrt am Wochenende statt, etwa im Familienverbund, während im Wochenalltag Eine Säule bildet hierbei die Energiewende im Verkehrs- häufiger Menschen selbst (und allein) fahren. sektor, die durch einen Übergang zu klimaneutralen An- triebsformen (Wasserstoff, E-Mobilität) realisiert werden In kleinstädtischen und ländlichen Räumen können soll. In ländlichen Räumen verengt sich die Diskussi- kommerzielle Plattformen aufgrund der fehlenden on oft auf die Substitution von Verbrennungsmotoren Nachfragepotentiale kaum Einzug erhalten. durch E-Antriebe und damit auf die besagte Energiewen- Hier müssen alternative Angebote erprobt werden. de im Verkehr. Dieser Antriebswechsel ist jedoch nur ein Im Hinblick auf nachhaltige Alternativen ist etwa im Teil der Lösungsfindung, um verkehrliche Emissionen Nahbereich in vielen Dörfern und Kleinstädten das zu reduzieren. Potential des Radverkehrs kaum ausgeschöpft. Durch 6 / HEIMAT WESTFALEN – 2/2021
in ländlichen Räumen Bereits seit 2010 gibt es am Bahnhof Halle/Westfalen eine Radstation mit Park-, Miet- und Reparaturservice. Foto/ Siegbert Kozlowski © LWL-Medienzentrum für Westfalen E-Fahrräder kann der Radius ausgeweitet werden, sofern Darüber hinaus wurde er zu einem Synonym der Si- Radwege auch im Überlandverkehr nutzbar sind. Für cherheit, da mit einem Auto die Möglichkeit besteht, mittlere Distanzen werden Initiativen wie Bürgerbusse sich von seiner sozialen Umgebung zurückziehen und und ein Dorf-E-Carsharing vorangebracht. Neben der Privatsphäre zu genießen, besonders im Gegensatz zu Förderung umweltfreundlicher und emissionsarmer öffentlichen Verkehrsmitteln. Mithilfe des (eigenen) Mobilitätsformen müssen aber auch die zurückgelegten PKW können Mobilitätsbedürfnisse jederzeit und in ho- Distanzen reduziert werden. Eine weitere Lösung, die her gefühlter Unabhängigkeit erfüllt werden. Mit einer weitgehend ohne öffentliche Investitionen auskommt, Gewöhnung an diese Vorzüge des eigenen PKW ist eine liegt in gemeinsamen Fahrten. Sie könnten gerade in Abhängigkeit entstanden, die nun – auch trotz der dro- ländlichen Räumen eine Option bieten, Mobilität nach- henden Erderwärmung – schwer auflösbar erscheint. haltiger zu gestalten, wo eine Reduzierung der Weg- Das Auto prägt unser Selbstverständnis von Alltag strecken weniger gut möglich ist. und Gesellschaft. Im Berufsleben, aber auch in der pla- nerischen Realisierung der Daseinsvorsorge in periphe- ren Räumen wird Handlungsdruck erzeugt. Dezentrale Das Auto als gesellschaftliches Gut Supermarktstandorte wie auch dezentrale Firmenstand- orte forcieren bislang die Nutzung von motorisiertem Der PKW ist ein scheinbar unveränderbarer Bestandteil Individualverkehr. unserer Lebenswirklichkeit. Seit der Nachkriegszeit Mit dem Zeitpunkt, ab dem eine Person ein Auto be- wurde er politisch stark gefördert und hierdurch ge- sitzt, ist die Verkehrsmittelwahl enorm eingeschränkt. sellschaftlich fest etabliert. Er wurde zum Zeichen für Andere Mobilitätsformen erscheinen nun unattrak- Wohlstand und Freiheit und damit zu einem Statussym- tiv, weil unbequem und zeitaufwendig. Auch werden bol und Mittel der Selbstdarstellung. der Tagesablauf und die Automobilität miteinander HEIMAT WESTFALEN – 2/2021 / 7
mobilitätssicherung Seit 1998 existiert der bedarfsorientierte Bürgerbus in Olfen, um die Einwohnerinnen und Einwohner aus den umliegenden Wohngebieten in die Innenstadt und wieder zurück zu bringen. Mittlerweile sorgen 38 ehrenamtliche Fahrerinnen und Fahrer dort für Mobilität, wo der öffentliche Nahverkehr aus ökonomischen Gründen keine Busverbindungen mehr bieten kann. Träger ist der Bürgerbus-Verein Olfen e. V. Foto/ Stephan Sagurna © LWL-Medienzentrum für Westfalen verschnitten. Vor der Arbeit zum Einkaufen, während Beobachtungs- und Adaptionsprozessen fortsetzen. Mo- der Arbeit zum Termin und nach der Arbeit zum Ver- bilität ist wie jede soziale Praxis durchsetzt von Konven- einstreffen – mit der universell verfügbaren motorisier- tionen und Selbstverständnissen, die insbesondere in ten Mobilität wird vieles auch in ländlichen Räumen und abseits gelegenen Siedlungsstrukturen eng auf den mo- über größere Distanzen ohne große Umstände möglich. torisierten Individualverkehr als einziges und adäquates Mit dieser Anpassung wird das Auto von einem Luxus- zu Verkehrsmittel fokussiert sind. In der Etablierung von einem notwendigen Gut, auf das nicht mehr verzichtet neuen Mobilitätspraktiken spielen gesellschaftliche und werden kann. Andere Mobilitätsmöglichkeiten werden gruppenspezifische Selbstverständnisse eine zentrale nicht mehr wahrgenommen, so dass sich die Mobilitäts- Rolle. routinen einseitig auf den eigenen PKW ausrichten. Forschungsbedarf Mobilität als soziale Praxis Es fehlen bisher Erkenntnisse, inwiefern Menschen Mobilität wird nicht nur in einer bestimmten Form bereit sind, gemeinsame Fahrten als neue Mobilitäts- praktiziert, sondern auch in einer bestimmten Form optionen zu praktizieren und für welche Fälle dies wahrgenommen, erlebt und bewertet. Die Entschei- praktikabel ist. Bisherige Erfahrungen aus den unter- dung für oder gegen eine Mobilitätsoption unterliegt schiedlichen Initiativen des organisierten Ridesharing unterschiedlichen Rationalitäten und erfolgt meist als (die gemeinsame Nutzung von Verkehrsmitteln, die unreflektierte Routine. ein ähnliches Ziel haben beziehungsweise in die glei- che Richtung müssen) auf kommunaler und regionaler Die Art und Weise, wie Mobilität ausgeübt und erlebt Ebene verdeutlichen, dass die Förderung gemeinsamer wird, ist das Ergebnis von Sozialisationsprozessen, die Fahrten eine schwierige Aufgabe darstellt, die nicht im- in früher Kindheit beginnen und sich stetig in sozialen mer auf positive Resonanz stößt. 8 / HEIMAT WESTFALEN – 2/2021
in ländlichen Räumen Einige Initiativen und begleitende Forschungsarbeiten unter Umständen nicht als Mobilitätsoption, dies zeigen haben hierzu bereits die Grenzen von Fahrgemeinschaf- auch Studien zu Mitfahrbänken. ten und Mitfahr-Initiativen aufgezeigt. So ergeben sich Gemeinsame Fahrten mit Freunden und Familien- gerade beim Carpooling (die gemeinsame und zumeist mitgliedern werden als normal empfunden und bilden private Nutzung eines Fahrzeuges für den Transport von eine selbstverständlich ausgeübte Praxis. Doch auch die- Personen) im ländlichen Raum zu selten Übereinstim- se werden bislang nur gelegentlich praktiziert. Andere mungen (Matches) zwischen Fahrern und Mobilitätsbe- gemeinsame Fahrten finden eher selten bis sehr selten dürfnissen. statt. Hierzu zählen gemeinsame Fahrten auf Arbeits- Es fehlt ein Überblick über informelle Formen des wegen. Sie sind mehrheitlich sinnvoll und erwünscht, gemeinsamen Fahrens, wie sie langfristig im dörflichen werden aber aufgrund der Flexibilitätsansprüche im und kleinstädtischen Kontext, wo Anwohnerinnen und Arbeitsalltag nur in Ausnahmefällen realisiert. Anwohner sich eher persönlich kennen, funktionieren könnten. Nur wenn die ausdrückliche Notwendigkeit besteht (das Auto ist zur Reparatur), werden gemeinsame Fahrten möglich gemacht. Vor allem Vollzeitbeschäftigte sehen Anspruch versus Wirklichkeit kaum Möglichkeiten, sich an gemeinsamen Fahrten zu be- teiligen und/oder lehnen dies aus Flexibilitätsgründen ab. Die Studie hat gezeigt, dass ein gemeinsames Fahren als sozial erwünschte Praxis allgemein einen breiten Zuspruch erfährt. Pilotprojekte zeigen jedoch, dass die Vertrauensvorschuss für entfernte Umsetzung in die Alltagspraxis schwerfällt. Warum ist Bekannte dies so? Es fehlt eine kritische Masse an Teilnehmenden, Für einen Großteil der in der Studie Befragten sind ge- damit die Initiativen mit ausreichendem Angebot und meinsame Fahrten mit Fremden eher nicht denkbar. Vor Nachfrage anlaufen können. Auch sind nicht alle Men- allem jüngere Menschen sind hier unsicher. schen bereit, sich in Fahrgemeinschaften zu organisie- ren. Hier sprechen vor allem der Koordinationsaufwand Entscheidend bei gemeinsamen Fahrten mit Fremden und fehlende Flexibilität dagegen. Ebenso birgt eine ist allgemein der optische Eindruck beziehungsweise Fahrt mit Fremden Unsicherheiten und erscheint daher die Erscheinung des Gegenübers, nach der intuitiv ent- HEIMAT WESTFALEN – 2/2021 / 9
mobilitätssicherung Das jährlich im Sommer stattfindende „Sattel-Fest“ (hier 2016 in Welver-Borgeln) ermöglicht es am Veranstaltungstag, die Strecke zwischen Soest und Hamm, verbunden mit Gastronomie- und Vergnügungsangeboten der jeweiligen Dorfgemeinschaften, autofrei zu passieren. Foto/ Greta Schüttemeyer © LWL-Medienzentrum für Westfalen schieden wird, ob dem Gegenüber vertraut werden kann Die Förderung von Fahrten mit Bekannten oder entfern- beziehungsweise ob man sich auf eine Interaktion einlas- ten Bekannten als nachhaltige Mobilitätsoption scheint sen möchte. Zwar erfreut sich eine kleine Gruppe am Aus- am ehesten erfolgsversprechend. tausch mit Fremden, dies ist jedoch eher die Ausnahme. Entfernten Bekannten gegenüber hingegen vertraut man eher, so dass gemeinsame Fahrten hier grundsätz- Mitnehmen oder mitgenommen werden? lich in Frage kämen. Bekannt ist dabei bereits, wen man schon einmal gesehen hat oder der Gemeinde zuordnen Insgesamt werden bei Überlegungen zu gemeinsamen kann. Fahrten primär Möglichkeiten bedacht, jemanden mit- zunehmen. Seltener wird daran gedacht, selbst mitzu- Gemeinsam zu fahren wird also in erster Linie als ein fahren. Zu groß sind die Abhängigkeit und zu gering die Fahren mit bekannten Personen gedacht. Hier sind auch Autonomie über die eigene Mobilität, wenn der eigene der Koordinationsaufwand und die Kommunikation für PKW nicht als Mobilitätsgarantie verfügbar ist. Darüber Fahrgemeinschaften in der Regel geringer – die gemein- hinaus tritt in der quantitativen wie auch in der qualita- same Fahrt stellt zugleich ein positives soziales Ereignis tiven Studie deutlich hervor, dass neben dieser Autono- dar. Fahrten mit entfernten Kolleginnen und Kollegen mie die eigene Flexibilität zur optimalen Bewältigung und im weitesten Sinne Bekannten zu organisieren und des eng getakteten Alltags von erheblicher Wichtigkeit hierbei unter Umständen persönliche Einschränkungen ist. Bestehende Angebote des öffentlichen Verkehrs sind hinzunehmen, erscheint demgegenüber unattraktiv. hier keine praktikable Alternative. 10 / HEIMAT WESTFALEN – 2/2021
in ländlichen Räumen Mobilitätsflexibilität ist ein gewohnter Komfort, auf den hervortreten und wie sie wahrgenommen werden, ist man ungern verzichtet. Eine Abstimmung mit anderen jedoch weitgehend unbekannt. oder gar noch eine Abhängigkeit von anderen ist hier kaum denkbar. Hier stellt ein gemeinsames Fahren gera- de die Anforderung, anstelle einer Zeitoptimierung sich Fazit auf andere Mitmenschen einzustellen. Wer sich mehr Zeit hierfür nimmt, fährt auch häufiger gemeinsam. Die dargestellte Vielfalt an Konstellationen und For- men, in denen ein gemeinsames Fahren praktiziert werden kann, verdeutlicht die Komplexität dieser Mo- Mitnehmen als soziale Geste bilitätsform. Neben rein organisatorischen Fragen des erfolgreichen Nutzer-Matchings spielen vor allem auch Das Mitnehmen von Personen kann in diesem ge- persönliche Dispositionen und Dynamiken zwischen- sellschaftlichen Kontext als soziale Geste verstanden menschlicher Interaktionen eine zentrale Rolle. werden, als eine Hilfe für diejenigen, die nicht über einen PKW und die hier- „Im Rahmen der Pandemiebekämpfung zeigte sich, dass die breite Gesell- mit verbundenen Möglich- schaft durchaus in der Lage ist, von heute auf morgen umzudenken keiten verfügen. In dünner und ihre Mobilitätspraxis zu verändern, wenn die Notwendigkeit hier- besiedelten Regionen gilt die gegenseitige Hilfe ge- für erkannt wird. Hier gilt es, die Notwendigkeit zum aktiven Klima- genüber städtischen Gebie- schutz entsprechend zu vermitteln.“ ten als verbreiteter, so dass eine Mitnahme unter Nachbarn unter Umständen nicht Die empirische Betrachtung gemeinsamen Fahrens er- ungewöhnlich ist. Zudem spielt in ländlichen Regionen öffnet ein ebenso komplexes soziales Feld, in dem sozi- ehrenamtliches Engagement eine wichtige Rolle in der ale Konventionen und eingeschliffene Routinen, aber Ausgestaltung gemeinschaftsrelevanter Aufgaben. auch persönliche Einstellungen sowie Ängste und Vorbe- halte zusammenwirken. So ist nicht nur zu differenzie- Die private Mitnahme kann hier als eine informelle Form ren, welche Bereitschaft allgemein besteht, bestimmte ehrenamtlichen Engagements verstanden werden, die Formen des gemeinsamen Fahrens zu praktizieren, son- auch sporadisch ausgeübt werden kann. Doch wäre es für dern auch, für welche sozialen Gruppen unter welchen eine breite Etablierung gemeinsamer Fahrten notwendig, Bedingungen ein gemeinsames Fahren praktikabel ist ein gemeinsames Fahren aus der Assoziation der Bedürf- und woran ein gemeinsames Fahren unter Umständen tigkeit zu lösen und stattdessen etwa als praktikable und scheitert. sozial und ökologisch adäquate Praxis zu etablieren. Erst wenn die Bereitschaft besteht, von Routine und Fle- Eine zentrale Herausforderung ist hierbei, gesellschaftli- xibilitätsansprüchen abzurücken, die aus einer einseiti- che Routinen und Selbstverständnisse aufzubrechen und gen Fixierung auf die solitäre PKW-Nutzung resultieren, einen Wandel derselben anzustoßen. Dabei sind insbe- besteht die Möglichkeit, öfter gemeinsame Fahrten zu sondere mit einem gemeinsamen Fahren weitreichende realisieren. Gleichzeitig müssen verbreitete Selbstver- Anforderungen an die Beteiligten verbunden, die im Wi- ständnisse einer Zeit-Nutzen-Optimierung aufweichen, derspruch zu den verinnerlichten und routiniert abgeru- damit ein gemeinsames Fahren zu einer gelebten sozi- fenen Mustern der solitären MIV-Nutzung stehen. alen Praxis werden kann. Unter gegenwärtigen Bedingungen stellt das ge- Hierzu zählen etwa die Bereitschaft zur sozialen Inter- meinsame Fahren keine Konkurrenz gegenüber der aktion, gegenseitiges Vertrauen, Flexibilität und die individuellen PKW-Nutzung dar. Es braucht äußere Rah- Bereitschaft zur Koordination der eigenen Mobilitäts- menbedingungen, wie Reglementierungen und Besteue- bedarfe mit anderen. Welche Anforderungen hierbei rungen, die solitäre Fahrten weniger attraktiv werden HEIMAT WESTFALEN – 2/2021 / 11
mobilitätssicherung lassen und als Push-Faktoren wirken, damit gemeinsa- Lage ist, von heute auf morgen umzudenken und ihre me Fahrten eine erwägenswerte Hilfe zur Erreichung Mobilitätspraxis zu verändern, wenn die Notwendigkeit der Nachhaltigkeitsziele werden. Hier fügt sich das ge- hierfür erkannt wird. Hier gilt es, die Notwendigkeit zum meinsame Fahren als Mobilitätsoption in übergreifende aktiven Klimaschutz entsprechend zu vermitteln. Debatten einer Verkehrswende ein. Gleichzeitig braucht es eine politische Gestaltung von Anreizen zum langfristigen anders Agieren. So dürfen Anmerkung zur Covid-19 -Pandemie und sich Menschen nicht, wie im Rahmen der pandemiebe- privater Mitnahme dingten Kontaktbeschränkungen, in ihrer Autonomie beschnitten fühlen. Vielmehr muss nachhaltige Mobili- Mit der Covid-19-Pandemie ergeben sich neue Voraus- tät durch positive Erlebnisse – wie zum Beispiel soziale setzungen der privaten Mitnahme. Unter den Erforder- Kontakte – als Bereicherung empfunden werden. nissen des Infektionsschutzes sind gemeinsame Fahrten ebenso wie die Nutzung des öffentlichen Verkehrs als problematisch einzuschätzen. Stattdessen gewinnen For- hintergrund men der Individualmobilität (Fahrrad- und Fußverkehr wie auch im MIV) an Bedeutung. Der Beitrag ist ein kurzer Auszug aus der im Mai 2020 veröffent- lichten Studie „Gemeinsames Fahren als Beitrag zur Verkehrs- Ambitionen, PKW-Fahrten häufiger gemeinsam zu un- wende in ländlichen Räumen Schleswig-Holsteins – Empirische ternehmen, können unter Bedingungen einer Pande- Explorationen am Beispiel von Nortorf und Schafflund“ (Projekt- mie nicht aufrechterhalten, geschweige denn initiiert laufzeit: 15. April 2019 – 15. Mai 2020). Im Rahmen der Studie werden. Stattdessen wird die Gewohnheit der solitären werden ein ländlicher Zentralort und eine Kleinstadt in Schleswig- PKW-Nutzung in ländlichen und kleinstädtischen Räu- Holstein betrachtet. Die Studie dokumentiert und identifiziert, men bestärkt. So hat die Pandemie vermutlich eher dazu inwiefern ein gemeinsames Fahren für welche sozialen Gruppen geführt, dass sich Menschen infolge persönlicher Schutz- eine Option sein kann und für wen ein gemeinsames Fahren aus bestrebungen in ihren eigenen PKW zurückziehen. welchen Gründen nicht praktikabel ist. Auf die umfänglichen Fußnoten wurde aufgrund der Lesbarkeit verzichtet. Die Studie Gleichzeitig eröffnet das „Trauma“ der Pandemie auch wurde gefördert durch die Gesellschaft für Energie und Klima- Wege zum Umdenken und zum Aufbrechen von Routi- schutz Schleswig-Holstein GmbH (EKSH) und ist abrufbar unter: nen. Um diese Potentiale nutzen zu können, braucht es www.verkehrswende.sh/fileadmin/pages/fundstuecke/ jedoch eine planerische Gestaltung von Alternativen, wie Bericht-Gemeinsam-Fahren final.pdf sie zum Beispiel in Großstädten durch ad-hoc Maßnah- men wie Pop-Up-Radwege und durch die Freigabe von Prof. Dr. Florian Dünckmann (*1965) studierte Geografie Straßen für den Fuß- und Radverkehr realisiert wurden. an der Universität Kiel und promovierte dort über die sozialen Auswirkungen von Naturschutzmaßnahmen im Atlantischen Aber auch Potentiale einer auf Suffizienz (das heißt auf Küstenregenwald Brasiliens. Er forschte anschließend zum Nachhaltigkeitsbestreben durch Reduktion von Rohstoff politischen Wandel in ländlichen Gemeinden Norddeutschlands. und Energie) ausgerichteten Mobilität treten hervor. 2010 erhielt er eine Professur für Kulturgeographie am Geogra- Nach dem Prinzip „genug, aber nicht mehr als nötig“ phischen Institut der Universität Kiel. Er ist Mitglied der Kiel gilt es dabei, die individuelle Mobilität und hiermit ver- School of Sustainability. bundene klima- und umweltschädliche Emissionen auf das Notwendige zu reduzieren. Prof. Dr. Jana Kühl (*1984) ist Sozialgeografin mit den For- schungsschwerpunkten nachhaltige Mobilität, städtische Grün- Als Teil der Pandemiebekämpfung gelang es in den ver- räume sowie gesellschaftliche Denk- und Handlungsweisen. gangenen Monaten, die räumliche Mobilität der breiten Die Mobilitätsexpertin wurde 2020 auf die deutschlandweit erste Gesellschaft auf das Notwendigste zu beschränken. Es Professur für Radverkehrsmanagement am Institut für Verkehrs- zeigte sich, dass die breite Gesellschaft durchaus in der management der Ostfalia in Salzgitter berufen. 12 / HEIMAT WESTFALEN – 2/2021 5/2020
NEuE MITgLIEdEr IM WHB VErEIN Zur FördEruNg dEr HISTorIScHEN TELEgrAFIE IN ENTruP E. V. d INFo er Verein zur Förderung der historischen Telegrafie in Entrup e. V. wur- de 2010 mit dem Ziel gegründet, auf dem 231 Meter hohen Lattberg bei Nieheim-Entrup an historischer Stelle einen königlich preußischen Tele- Unter www.optischertelegraph4.de/ grafen nachzubauen. Den dazu notwendigen Turm errichtete der Kreis Höxter stationen/31/index.html sind umfang- 2012, nachdem Mitglieder des „Telegrafenvereins“ bereits 1999 aus dem Heimat- reiche Informationen zur Preußischen verein Entrup aktiv e. V. heraus die Initiative für den Turmbau ergriffen hatten. Telegrafie zu finden. Beim Anklicken Die Vereinsmitglieder bieten Wandergruppen und Schulklassen Turmführungen der „Station 31“ erhält man Hinweise mit einem Aufstieg auf das 24 Meter hohe Dach mit einem einzigartigen Panora- zum Lattbergturm. mablick an. Interessierte können sich unter Mit Hilfe des LWL-Museums für Naturkunde wurde 2015 ein circa 4 m langer panorama.entrup.info einloggen, um Abguss des 2007 gefundenen 190 Mio. Jahre alten Schwimmsauriers „Toni“ im dem Blick der Webcams zu folgen. Turm angebracht. Gleichzeitig ließ der Kreis Höxter im Treppenhaus eine erdge- schichtliche Dokumentation realisieren. Der Fossilienabdruck wird mittlerweile KoNTAKT um einen ebenfalls 190 Mio. Jahre alten Ammoniten ergänzt. Viele Projekte wurden seit- Verein zur Förderung der histori- dem umgesetzt. Mit Kunststu- schen Telegrafie in Entrup e. V. dentinnen der Uni Paderborn Hannekenpatt 23 entwickelte der Telegrafenverein 33039 Nieheim am Turm eine weithin sichtbare Vorsitzender Josef Köhne Illumination. Aus Gründen des josef.koehne@gmx.de Klimaschutzes ließ er auf dem entrup.info/telegrafenverein/ Dorfgemeinschaftshaus eine Photovoltaikanlage errichten. 24 Meter hoch ist der Aussichts,- Die daraus erzielten Gewinne Telegrafen- und Museumsturm fließen in Heimatpflege und Na- am Entruper Lattberg. turschutz. Dem 2019 errichteten Aus 18 Meter Höhe lassen sich die Mutigen beim Foto/ Verein zur Förderung der historischen Naturlehrpfad konnten nun wei- Telegrafie in Entrup e. V. jährlichen Turmfest abseilen. tere Tafeln zum Thema Umwelt, Foto/ Verein zur Förderung der historischen Telegrafie in Entrup e. V. Klima- und Gewässerschutz als „Grüne Schule“ neben dem Lattbergturm hinzugefügt werden. Dazu installierte man im Turm ein Vogelstimmenspiel, das vor allem Kinder und Jugendliche mit den heimischen Singvögeln vertraut macht. Im März 2021 brachten die Aktiven auf dem Turm vier Webcams an, die Bilder vom Wetter als auch von der sich wandelnden Vegetation streamen. HEIMAT WESTFALEN – 2/2021 / 13
MoBILITäTSSIcHEruNg MoBILITäTSSTrATEgIEN Für WESTFALEN BLIcK IN dIE rEgIoN: NETZWErKE, FördErMITTEL uNd rEgIoNALE ANSäTZE Für NEuE MoBILITäTSLöSuNgEN ZuSAMMENgESTELLT VoN FrAuKE HoFFScHuLTE MoBILITäTSProJEKTE dEr rEgIoNALE 2025 SüdWESTFALEN M it der REGIONALE 2025 will sich Südwestfalen Im Projekt „landmobil.2025 – Dorfmobilität der Zu- für nachfolgende Generationen zukunftsfähig kunft“ arbeitet ein großes Netzwerk von Akteurinnen aufstellen. Kluge Ideen und Lösungen zu Fragen und Akteuren zusammen mit Bürgerinnen und Bürgern der Mobilität in der Stadt- und Dorfentwicklung, in der in ausgewählten Modelldörfern. Kern von „landmo- Wirtschaft, aber auch in den Bereichen Bildung, Kultur bil.2025“ ist es, Dörfer besser an den ÖPNV anzubinden und Smart Living sollen gefunden, umgesetzt und insbe- und zwar mittels kleiner, automatisiert fahrender Shut- sondere nachhaltig und digital kombiniert werden. Ideen tlebusse, E-Bikes und Carsharing-Systeme. und Vorhaben können noch mindestens bis Ende 2021 Das Projekt „landmobil.2025“ ist umfangreich. Es eingereicht werden. Weitere Informationen finden sich untergliedert sich in die zwei Teilprojekte „MOBIx“ und unter: www.suedwestfalen-agentur.com/regionale-2025/ „DEmandäR“. Bei „DEmandäR“ geht es um technische Grundlagen- Die Regionalverkehr Ruhr-Lippe GmbH will im „BusLab forschung. Hier werden Daten für Karten und Modelle er- Meschede“ umweltfreundliche und bedarfsorientierte Al- hoben, die autonom fahrende Fahrzeuge für ihren Betrieb ternativen im ÖPNV testen. Profitieren sollen von diesem benötigen. Andere Städte und Gemeinden sollen von den Mobilitätslabor nicht nur die Bürgerinnen und Bürger übertragbaren Ergebnissen profitieren. Das Vorhaben wird von Meschede, sondern die gesamte Region. Am Projekt durch das Ministerium für Verkehr des Landes Nordrhein- sind auch der Hochsauerlandkreis und die Stadt Meschede Westfalen gefördert. beteiligt. Der Modellraum ist die Verkehrsverbindung zwi- Beim Teilprojekt „MOBIx“ stehen die Menschen und schen dem Gewerbegebiet Enste und der Kernstadt sowie ihr Mobilitätsverhalten im Zentrum. Hier sollen Fahrgä- dem Bahnhof von Meschede. An den Wochenenden soll ste ein automatisiertes Shuttle buchen können. Dieses darüber hinaus eine direkte Verbindung von der Mesche- kommt dann in einem von mehreren Modelldörfern zu der Innenstadt an den Hennesee getestet werden. einem Haltepunkt und sammelt die Fahrgäste ein. Inter- Bestehende ÖPNV-Angebote sollen um bedarfsorien- essierte Dörfer können sich dafür unter www.dorfmobi- tierte und umweltschonende Angebote erweitert werden. litaet.de bewerben. Dazu zählen zum Beispiel Shuttle-Busse, die individuell Für „landmobil.2025 – die Dorfmobilität der Zukunft“ bestellt werden können und mit Elektro- oder Wasserstoff- arbeiten die Stadtwerke Menden GmbH mit der Märki- antrieb fahren, Carsharing-Angebote oder auch E-Bikes. schen Verkehrsgesellschaft GmbH (MVG) zusammen, mit Auch digitale Hilfsmittel wie die Ortung von Fahrzeugen Partnern aus der Industrie und dem in der Mobilitätsfor- auf einer interaktiven Karte oder die Online-Buchung be- schung profilierten Lehrstuhl Regelungssystemtechnik darfsgesteuerter Fahrtenangebote sollen getestet werden. der Technischen Universität Dortmund. Die Auswertung des Modellprojektes wird für ganz Süd- westfalen interessant sein, vor allem wenn es darum geht, die Erkenntnisse aus dem Projekt „landmobil.2025“ sollen auch Gewerbegebiete an den ÖPNV anzubinden und Anreize zu anderen ländlichen räumen zugute kommen. schaffen, um Mobilitätsverhalten nachhaltig zu verändern. Foto/ MVG 14 / HEIMAT WESTFALEN – 2/2021
in ländlichen Räumen REGIONALE 2022 – Konzepte zur neuen Mobilität für das „Urbanland OWL“ O stwestfalen-Lippe richtet die REGIONALE 2022 Die „Ostwestfälischen Mobilitätsplattform (OMP)“ will unter der Überschrift „UrbanLand“ aus. Die vier sämtliche Mobilitätsangebote inklusive Sharing und Aktionsfelder „Der neue Mittelstand“, „Die neue Mikromobilität in Kombination miteinander nutzbar Mobilität“, „Die neuen Kommunen ohne Grenzen“ und machen. Die OMP bündelt zukünftig Information, Bu- „Das neue Stadt-Land-Quartier“ wurden dafür identifi- chung, Zugang und Abrechnung auf Grundlage einer ziert. Die 2019 veröffentlichte Mobilitäts- einheitlichen Datenbasis in einer App. strategie und das zugehörige Arbeitspapier für das „UrbanLand OstWestfalenLippe“ Das „multimodale Verkehrssystem Lippe“ gibt Orientierungshilfen für die Region. setzt auf schnelle Achsen in kurzer Tak- Sie führt Ziele der Regionalentwicklung, tung zwischen den Städten und komfor- verkehrspolitische Ziele und Projektan- table sowie bedarfsgerechte Verbindungen sätze für attraktive, umweltfreundliche zu den Dörfern im On-Demand-Betrieb Mobilitätsangebote im Personen- und Wirt- und die Verknüpfung über Mobilstationen schaftsverkehr zusammen. mit weiteren Mobilitätsangeboten. Die Publikationen der OWL GmbH sind unter www.urbanland-owl.de/urbandland- Um die Lücke zwischen dem Bahnhof und blog/mobilitaetsstrategie-der-regionale- der eigenen Haustür zu schließen, wurde 2022-veroeffentlicht/ abrufbar. Weitere das „Linien-E-Carsharing Borgholzhau- Informationen unter: www.urbanland-owl. sen“ konzipiert. Auf definierten Linien Grafik/ Titel der Mobilitätsstrategie der OWL-GmbH de/projekte/die-neue-mobilitaet. Bisher werden kleinere Siedlungen der Flächen- sind unter anderem folgende Projekte im Anwärter- oder kommune Borgholzhausen mit Elektro-Fahrzeugen an Beschluss-Status zum REGIONALE-Projekt, weitere Projek- den vorhandenen ÖPNV angebunden. Man fährt selbst te befinden sich in der Qualifizierung. und kann andere mitnehmen – mit ÖPNV-Ticket kostenlos. Mit dem „MonoCab OWL“ wird ein innovatives Schie- Der „RailCampus OWL“ will in Minden ein Innovati- nenfahrzeug entwickelt. Kleine Kabinen für bis zu vier onsnetzwerk für die Bahntechnologie der Zukunft be- Personen können auf den beiden Schienen eines Glei- gründen. Es geht unter anderem um Automatisierung, ses in Gegenrichtung fahren. Die „MonoCabs“ kommen innovative Instandhaltung sowie vernetzte Transportlo- nach Bedarf und können mithilfe digitaler Kupplungen gistik in Forschung, Lehre und Anwendung. Ein eigener auch zu Doppelwagen zusammengestellt werden. Solch Studiengang soll etabliert werden. ein On-Demand-Verkehr hat gerade in ländlichen Räu- men das Potential, vorhandene Bahnstrecken als neue, Das „Radnetz OWL“ ist ein Konzept für lückenlosen, ver- bidirektionale Mobilitätsadern zu reaktivieren und da- kehrssicheren und zukunftsfähigen Alltagsradverkehr. mit den fehlenden Lückenschluss zum Regional- und Es skizziert ein Wegenetz mit einer Länge von insgesamt Fernverkehr zu schaffen. circa 2.000 Kilometern, zeigt auf, wo Handlungsbedarf in der Region besteht und gibt Empfehlungen – durch „On-Demand-Ridepooling Höxter“ wird in einem drei- Lückenschlüsse, Ausbau und Neubau. Im Fokus des Pro- jährigen Testbetrieb umgesetzt. Dabei geht es um die jektes steht die nachhaltigere Erreichbarkeit ländlicher Feinerschließung bisher nur eingeschränkt erreichbarer Gebiete und die Chance, den Ausbau einer modernen Gebiete, wie zum Beispiel die letzte Meile vom Bahnhof Radverkehrsinfrastruktur zusammen mit neuen Ansät- nach Hause. Im Prinzip ist es eine Weiterentwicklung des zen für zukünftige Gewerbe-, Siedlungs- und Quartiers- Sammeltaxis für mehrere Gäste im ländlichen Raum. strukturen zu denken. HEIMAT WESTFALEN – 2/2021 / 15
MoBILITäTSSIcHEruNg WHB-ProJEKTE MuLTIModALE ANgEBoTE dEr WESTFäLIScHEN VErKEHrSgESELLScHAFT MBH M it Mobilitätsfragen in ländlichen Räumen „MOVIE – MObile VIEfalt“ ist ein im Rahmen der REGIO- beschäftigen sich auch die Unternehmen NALE 2016 gestartetes Modellprojekt der RVM Regional- der WVG-Gruppe in multimodalen Projekten verkehr Münsterland GmbH und des Kreises Borken im zwischen der niederländischen Grenze und dem Sauer- Bereich ÖPNV, das drei Handlungsfelder eingrenzt. Der land. Die Redaktion stellt Ihnen einige der vielfältigen Projektraum beinhaltet die Städte Ahaus, Gescher, Gro- Beispiele vor. Weitere Informationen finden sich unter: nau, Stadtlohn und Vreden sowie die Gemeinden Heek, www.wvg-online.de Legden und Schöppingen im Kreis Borken. Im Kreis Unna sucht die Verkehrsgesellschaft Kreis Das Handlungsfeld „ÖPNV-Qualität in kleinen Ort- Unna mbH (VKU) nach Mobilitätslösungen für einen schaften sichern und flexibel weiterentwickeln“ um- Kreis in Ballungsrandlage. Im Projekt „FUN – Flexibel fasst die Einrichtung von Zubringer- und Abholdiensten unterwegs im Kreis Unna“ werden der ÖPNV und die zu Haltestellen von Regionalbus- und Schnellbuslinien Leihräder der sechs Radstationen miteinander ver- (beispielsweise Fahrradverleihsysteme, Bürgerautos, knüpft. Weitere Projektbausteine sind der Ausbau von Carsharing) in kleinen Ortsteilen, wo bisher keine oder Kooperationen mit Carsharing-Anbietern, die Förde- eine unzureichende Erschließung der Siedlungsberei- rung von Fahrgemeinschaften über das „PendlerPortal che besteht. Unna“ und die Weiterentwicklung der Service-Zentrale Während im Handlungsfeld „Ehrenamtliches ÖPNV- „Fahrtwind“ zur Mobilitätsberatung. Die zugehörige Personal gewinnen und qualifizieren“ die Bildung eines „Fahrtwind“-App ist die passende Buchungsplattform Kompetenzzentrums Ehrenamt im ÖPNV geplant ist, be- für die multimodalen Angebote. inhaltet das Handlungsfeld „Synergien fördern“ Maßnah- Das „STMobilAbo“ ist seit 2012 für alle Bürgerin- men zur Verbesserung des ÖPNV-Angebots im ländlichen nen und Bürger der Gemeinden Recke, Mettingen und Raum durch die Kooperation mit sozialen Diensten und Westerkappeln verfügbar. Fahrplaninformationen, Wohlfahrtsverbänden. Dazu zählt beispielsweise die Inte- Mobilitätsberatung, Ticketverkauf und die clevere Nut- gration der bestehenden Fahrten im sozialen und medi- zung von Bus, Fahrrad und Pedelec bietet die „Rad+BUS zinischen Bereich in das vorhandene ÖPNV-Angebot. mobilSTation“ in den Räumlichkeiten der Tourismus- Bisherige Umsetzungsergebnisse sind unter ande- information in Mettingen. Der RVM Regionalverkehr rem der Start eines Faltfahrradverleihs in Schöppingen Münsterland GmbH schuf das Angebot gemeinsam mit in 2016, die Einrichtung einer grenzüberschreitenden dem Kreis Steinfurt und einer Anschubfinanzierung Bürgerbus-Linie von Ahaus nach Haaksbergen in 2017, durch das Land NRW. Aboinhaberinnen und -inhaber die Etablierung eines Lastenfahrradsystems in 2017 in Ko- können Bus, Bahn und Elektrofahrrad kombinieren. operation mit der Gemeinde Heek und dem RVM sowie Der Takt des Schnellbusses wurde erhöht und ein preis- dem Kreis Borken und der Landesmusikakademie NRW in günstiges Flatrate-Ticket eingeführt. Heek. Es folgten die Einrichtung mehrerer Bike-and-Ride- Verknüpfungsstationen, in 2019 ein Carsharing-Angebot Mit dem Lastenfahrrad kann der „letzte Kilometer“ zur Landesmu- in Heek, Legden und Ahaus. Weiterhin geplant sind die sikakademie NrW in Nienborg auch mit sperrigen Instrumenten Bereitstellung eines E-Bürgerautos in Asbeck sowie die Ein- bewältigt werden. richtung einer automatisierten Fahrradstation am Bahn- Foto/ RVM hof Ahaus zur besseren Anbindung des Gewerbegebietes. 16 / HEIMAT WESTFALEN – 2/2021
IN LäNdLIcHEN räuMEN WHB-ProJEKTE „LANdEI MoBIL“ – IM MüHLENKrEIS MINdEN-LüBBEcKE d as Projekt „LandEi mobil“, dessen Förderzeit- an allen Wochentagen. Anschlusstickets ins Umland raum in Kürze endet, hatte das Ziel, praktikable sind vergünstigt und abends sowie an Wochenenden Alternativen zum eigenen Auto zu erforschen. können weitere Personen mitgenommen werden. Die Der Projektraum umfasste Stemwede, Rahden, Espel- Besonderheit an diesem Angebot wird deutlich, wenn kamp, Preußisch Oldendorf, Lübbecke und Hüllhorst. man es mit den früheren Konditionen vergleicht: 75 Durchgeführt wurde es in einer Zusammenarbeit der Euro pro Monat für beliebig viele Fahrten in nur einer Minden-Herforder Verkehrsgesellschaft mbH als Pro- Kommune. jektträgerin und dem Kreis Minden-Lübbecke. Das Land Das Jahresabo „LandEiAboPlus“ umfasst zusätzlich NRW förderte das Projekt im Rahmen des Programms die Nutzung eines in Hüllhorst entwickelten Pedelecs, „VITAL.NRW“. Weitere Informationen finden sich un- welches besonders wendig und etwas kürzer als ge- ter: landei-mobil.de und mhv-info.de wöhnlich konzipiert ist, so dass es gut im ÖPNV mit- Inzwischen um Hille erweitert, können die Abon- genommen werden kann. Am Wochenende gilt die nentinnen und Abonnenten des „LandEiAbos“ für 39 Mitnahme für das gesamte Kreisgebiet und wer das Euro im Monat das gesamte Busnetz und die Regional- Pedelec mit in den Urlaub nehmen will, dem ist dies bahn in den sieben Kommunen nutzen – ganztägig, auch möglich. Pro BürgErBuS NrW E. V. STüTZT NETZ EHrENAMT- LIcHEr BürgErBuSSE ZuKuNFTSNETZ MoBILITäT NrW Der Dachverband hat mit seiner Webseite www.pro-bür- Das Zukunftsnetz Mobilität NRW ist eine Initiative des gerbus-nrw.de ein zentrales Informationsangebot ein- Ministeriums für Verkehr des Landes Nordrhein-West- gerichtet. Zweck des Vereins ist die Unterstützung der falen und unterstützt Städte, Kreise und Gemeinden, Bürgerbusse in NRW und die Förderung neuer Bürger- bei der Förderung einer nachhaltigen Mobilitätsent- bus-Projekte. Bürgerbusse entwickelten sich von Modell- wicklung beziehungsweise der kommunalen Mobili- projekten zu fest im ÖPNV-Gesetz verankerten Elemen- tätswende. ten. Eine Förderung ist heute für Kommunen wie auch öffentliche und private Verkehrsunternehmen nach § Die Mitgliedschaft steht allen Kreisen, Städten und Ge- 14 ÖPNVG NRW möglich. meinden des Landes Nordrhein-Westfalen offen. Die Die ehrenamtliche Arbeit der Bürgerbus-Vereine ist Koordinierungsstelle Westfalen-Lippe ist beim Nahver- dabei eine unerlässliche Voraussetzung. Sie fördert zu- kehr Westfalen-Lippe (NWL) in Unna angesiedelt. Auf gleich Kontakte und schafft Kommunikation. der Webseite des Netzwerks finden sich auch Beispiele für kommunale Förderanträge, Beschlüsse, Handbü- oNLINE-PuBLIKATIoN: rEAKTIVIEruNg VoN cher und Hilfestellungen. Weitere Informationen unter: EISENBAHNSTrEcKEN www. zukunftsnetz-mobilitaet.nrw.de Der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen e. V. und die Allianz pro Schiene haben im Juli 2020 eine Liste FördErFINdEr.MoBILITäT.NrW mit Vorschlägen für stillgelegte Eisenbahnstrecken Der Förderfinder des „Zukunftnetz Mobilität NRW“ hilft veröffentlicht, die mittelfristig reaktiviert werden bei der Eingrenzung eines passenden Förderprogrammes könnten. Die Publikation ist kostenlos abrufbar unter für Projekte und stellt unter www.foerderfinder.nrw.de www.vdv.de/reaktivierung-von-eisenbahnstrecken-2020. mit umfassender Suchfunktion Details zu den Program- pdfx und gibt auch Auskunft für etliche westfälische men übersichtlich zusammen. Streckenabschnitte. HEIMAT WESTFALEN – 2/2021 / 17
MoBILITäTSSIcHEruNg oNLINE-NAcHScHLAgEWErK Für MASSNAHMEN Zu MoBILITäTSKoNZEPTEN IN LäNdLIcHEN räuMEN HErAuSgEgEBEN VoM BuNdESINSTITuT Für BAu-, STAdT- uNd rAuMForScHuNg (BBSr) IM BuNdESAMT Für BAuWESEN uNd rAuMordNuNg (BBr) E ine verbesserte Mobilität und eine stärkere Über Filterfunktionen kann man gezielt suchen und Anbindung sollen in ländlichen Räumen die zielgruppengerechte Angebote finden. Insgesamt lassen Schaffung gleichwertiger Lebensverhältnisse sich so nach lokalspezifischen Kriterien Maßnahmen an- unterstützen. Seit 2020 bietet Mobilikon eine Viel- zeigen, die als Vorlage für Umsetzungen in der eigenen zahl von Maßnahmen, Projekten und Lösungen zum Region in Betracht kommen. Als Zusammenführung von Nachschlagen an, die deutschlandweit erfolgreich um- Best-Practice-Beispielen sind bisher rund 250 Instrumen- gesetzt wurden. In dem Nachschlagewerk werden fle- te, Maßnahmen und Hilfen hinterlegt. xible und praxistaugliche Lösungen für die Mobilität Die Redaktion hat aus diesem Nachschlagewerk gerade im ländlichen Raum dargestellt. wichtige Fachbegriffe und eine Auswahl an möglichen Maßnahmen zusammengestellt, die insbesondere für Mobilikon ist ein gemeinsames Projekt des BBSR und Initiativen des bürgerschaftlichen Engagements und des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Hei- für die Initiierung lokaler kommunaler Projekte zur mat im Rahmen des Programms „Region gestalten“ Stärkung der Lebensqualität in ländlichen Räumen von und wird durch das Bundesprogramm Ländliche Ent- Interesse sein können. wicklung (BULE) finanziert. Weitere Informationen unter: mobilikon.de 18 / HEIMAT WESTFALEN – 2/2021
Sie können auch lesen