Info - Medizinische Hochschule Hannover
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info Heft 2/2020 Das Magazin der Medizinischen Hochschule Hannover Einblicke Die MHH zu Corona-Zeiten KRANKENVERSORGUNG FORSCHUNG LEHRE COVID-19 ist Alltag: Auf der Erreger-Jäger: Vielfältige Ansätze Digital lernen: Der Weg in die Intensivstation 14 _8/9 im Kampf gegen das Virus _11–15 Normalität _16/17
1995 an der MHH Examen gemacht? Die Examensjahrgänge 1995 der Human- medizin und der Zahnmedizin feiern ihr 25-jähriges Jubiläum. Auf dem Programm stehen folgende Punkte: • Führung durch die MHH • Festakt • Abendessen Examen25 am 03.10.2020 Humanmedizin & Zahnmedizin Jetzt melden! Alle Infos unter C www.mhh.de/ alumni MHH-Alumni e.V. Carl-Neuberg-Str. 1 30625 Hannover Telefon 0511 532-8007 E-Mail alumni@mh-hannover.de Ort An 30
2/2020 EDITORIAL 3 Ein etwas anderes Magazin Z ugegeben: Wir sind etwas später dran als geplant. Auch uns in der Stabsstelle Kommunikation hat Co- rona etwas aus der Bahn geworfen. Zum Glück nicht, weil sich jemand aus dem Team angesteckt hätte. Das Virus fordert Unter hohen uns aber trotzdem sehr. Schließlich wollen Sicherheitsstandards: Beim Besuch von Sie da draußen im Land wissen, was hinter Bundesgesund- den Mauern der MHH, die Sie zumindest heitsminister Spahn bis Pfingsten nicht besuchen durften, in mussten sich alle Corona-Zeiten passiert. Zudem mussten Medienvertreter wir unsere interne Kommunikation ver- und auch Stefan stärken, um alle Mitarbeiterinnen und Zorn entsprechend Mitarbeiter der Hochschule mitzunehmen ausstatten lassen. bei den vielen Veränderungen, die in der Notfallsituation erforderlich waren. Stand erzählen – auch wenn die eine oder der Berichten über unsere Website oder die so- heute, 26. Mai, hat das gut geklappt. andere es nicht mehr so recht hören mag. zialen Medien und dem gedruckten Hoch- Mit sechs Wochen Verspätung halten Viele von Ihnen haben in den vergange- schulmagazin beibehalten. Sie nun unsere zweite Ausgabe des Hoch- nen Wochen unsere Kanäle in den sozialen Mir geht es wie sicherlich einigen von schulmagazins MHHinfo im Jahr 2020 Medien oder auf unserer Website genutzt, Ihnen: Ich gehöre eben noch zu der Gene- in der Hand. Ein so umfangreiches Ti- um sich aktuell zu informieren – oder sie ration, die lieber umblättert als wischt. In telthema hatten wir in den 15 Jahren, die sind gleich auf die Domain https://corona. diesem Sinne: Bleiben Sie uns gewogen. ich mittlerweile in der MHH tätig bin, noch mhh.de gewechselt. nie. Aber über Corona oder besser: SARS- Aber keine Angst: Auch in Zukunft Stefan Zorn CoV-2 und COVID-19 gibt es halt viel zu wollen wir den Medien-Mix aus aktuellen Leiter der Stabsstelle Kommunikation C-Brace® Gehen trotz Lähmung Sicher gehen. Mit dem C-Brace® hat Ottobock die Orthetik grundlegend verändert. Das weltweit erste mechatroni- sche SSCO®-System*, das sowohl die Stand- als auch die Schwungphase durch Sensortechnologie regelt. Vorteile des C-Brace® • Kontrolliertes Gehen auch auf unebenem Boden • Leichteres Laufen auf Schrägen • Treppabgehen im Wechselschritt • Weniger Ausgleichsbewegungen notwendig, dadurch bessere Körperhaltung und weniger Folgeschäden • Bewegliches Knöchelgelenk ermöglicht natürlicheres Auftreten und Abrollen • Unauffällig zu tragen, auch unter der Kleidung • Leistungsstarker Akku hält in geladenem Zustand den ganzen Tag • Modi per Smartphone App einstellbar Mehr zum Thema auf unserer Webseite. Vereinbaren Sie mit uns einen Termin, um das C-Brace® Beinorthesensystem von Ottobock kostenlos zu testen. Orthopädietechnik im Annastift Telefon: 0511-53584-0 Anna-von-Borries-Str. 2 E-Mail: info@john-bamberg.de 30625 Hannover Web: www.john-bamberg.de
4 INHALT info Das Titelfoto hat Karin Kaiser auf der Station 14 aufgenommen. DIE MHH ZU CORONA-ZEITEN _6 Winziges Virus – riesige Wirkung _8 „Tod und Leben sind unsere Begleiter“ _10 „Zusammenhalt wie nie zuvor“ _11 MHH-Präsident Professor Manns: „Die MHH lebt Forschung“ _12 Auf vier Wegen gegen das Virus _14 Von Immunboostern über Blutserum bis zur Psyche _14 Die MHH koordiniert WHO-Studie für Deutschland _16 „Wir haben etwas Großartiges geschaffen“ _17 Staatsexamen trotz Corona- Virus Lehrpreise wie im Abo: Studierende bewerten die engagierte Dozentin Dr. Stephanie Groos, Institut für An _18 Ein Bild geht um die Welt Aufstieg: Kommissarischer Vize Professor Welte _22 Gemeinsam: Kompetenz für Krebspatienten _32 Professor Bengel ist neuer Fo _20 „Wir werden mit diesem Virus _25 Dienstjubiläen _31 Ausgezeichnete Weiterbildung leben lernen müssen“ _26 Personalien _32 Kompetenz für Krebspatienten _20 Viele Zeichen der Solidarität _26 In Gremien gewählt _33 Zuschlagen erwünscht: _27 Begeistert vom Immunsystem: Therapeutisches Boxen NAMEN UND NACHRICHTEN Professor Schmidt _22 Ein Patient – Hunderte Polizisten _27 Examen bestanden FORSCHEN UND WISSEN _22 Welte folgt als kommissarischer _28 MHH-Küchenchef Ludwig _34 Geförderte Forschungsprojekte Vizepräsident auf Tecklenburg Gieseke geht in den Ruhestand der MHH _23 Rückkehr als Klinikdirektor: _29 Starke Geschwister _35 Forschung soll Patienten helfen Professor Wedemeyer _36 Hoffnung für Kinder mit _24 Ehrungen und Auszeichnungen BEHANDELN UND PFLEGEN Leukämie _24 Bücher von MHH-Autoren _30 Hoffnung bei obstruktiver _36 Neuer Therapieansatz zu einer _24 Erfolgreiches Mentoring Schlafapnoe Umkehr der Herzschwäche
2/2020 INHALT 5 IMPRESSUM Herausgeber Das Präsidium der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH). Der Inhalt namentlich gekennzeichneter Beiträge unterliegt nicht der Verantwortung der Herausgeber und der Redaktion. Abdruck honorarfrei. Redaktionsschluss für die nächste Ausgabe ist am 30. Juni 2020. Chefredaktion Stefan Zorn (stz) Redaktion Bettina Bandel (bb) Claudia Barth (cb) Alexandra Busch (ab) Simone Corpus (sc) Bettina Dunker (dr) Tina Gerstenkorn (tg) Camilla Mosel (cm) Kirsten Pötzke (kp) Mitarbeiterinnen dieser Ausgabe: Daniela Beyer (db) Annika Morchner (am) Fotoredaktion Karin Kaiser Layout und Realisierung Madsack Medienagentur GmbH & Co. KG August-Madsack-Straße 1 30559 Hannover Telefon (0511) 518-3001 www.madsack-agentur.de Anzeigen Günter Evert Verlagsgesellschaft Madsack GmbH & Co. KG 30148 Hannover nstitut für Angewandte Anatomie, als „fachlich auf dem neuesten Stand mit einem offenen Ohr“ _42/43 Kontakt Anzeigenverkauf: Telefon (0511) 518-2153 oder -2114 Auflage: 14.300 Exemplare Druck Möller Druck und Verlag GmbH 16356 Ahrensfelde bei Berlin Telefon (030) 41 909-0 info@moellerdruck.de Gedruckt auf 100-prozentigem Recycling-Papier Online-Ausgabe Das MHHinfo ist auch im Internet zu finden unter www.mh-hannover.de/mhhinfo.html Fotos Alle Fotos von Karin Kaiser außer: iStockphoto.com/Wildpixel (6), Webredaktion (6, 7, 18, 19), Nico Herzog (12, 27), Michael ist neuer Forschungsdekan _35 Mit Esprit: RESIST-Forscher bei Herrenhausen Late _48 Pietschmann (12), MKG-Chirurgie (18), BMG/ photothek/Heinl (20, 21), Jasmin Ehrich (21), Lisa Weigelt (21), privat oder aus Abteilungen (24), Bodo Kremmin (28), Geschwisterkin- _38 Sichten, züchten, _45 Deutschlandstipendien der-Netzwerk (29), Daniela Beyer (30), Tina Gerstenkorn (31), Bettina Bandel (38), FGQ/ zentrifugieren _46 Tag der Lehre geht online Lukas Kapfer (39), Angela Wulf (43), Thomas _39 Von wegen barrierefrei Ecke (44), Bettina Bandel (5, 48), Antenne Niedersachsen (51) _41 Neu an der MHH: GÄSTE UND FESTE Professor Bosse _47 Kochen, bis der Arzt kommt Anschrift der Redaktion _41 Meilensteine im Kampf _48 Kaffee ist gut für die Leber Medizinische Hochschule Hannover Stabsstelle Kommunikation gegen den Krebs _49 Großzügige Spende Stefan Zorn zugunsten der Kinderklinik Carl-Neuberg-Straße 1 LERNEN UND LEHREN _49 Als Ehrung MHH-Kalender 30625 Hannover Telefon (0511) 532-6772 _42 Immer wieder ausgezeichnet: _50 Voller Einsatz von „Team Laura“ Fax (0511) 532-3852 Dr. Stephanie Groos _50 Indians verteilen Kuscheltiere zorn.stefan@mh-hannover.de _42 Engagiert in der Lehre _51 Spendenmarathon ISSN 1619-201X _44 Ideen finden Anklang im Funkhaus
6 EINBLICKE info Winziges Virus – riesige Wirkung Die Welt? Stand still! Die Corona-Pandemie hatte auch Deutschland über Wochen fest im Griff. Was hieß das für die MHH? Schlaglichter auf die Medizinische Hochschule im Krisenmodus D ieses Virus verändert die Welt – Professor Manns, „jeden Morgen hat das Zu ihnen gehörten Studierende, ehemalige und hat auch die MHH verändert. Präsidium gemeinsam mit der Einsatz- Beschäftigte sowie Patientinnen, Patienten Was am Jahresanfang in Wuhan leitung beraten, wie viele Betten wir an und Mitglieder des Hochschulrates. So wa- geschah, verbreitete spätestens ab März diesem Tag für COVID-19-Fälle benötigen. ren der Vorsitzende Dr. Josef Lange, Pro- auch in Deutschland Angst und Schre- Wir konnten jederzeit flexibel agieren.“ fessor Dr. Reinhard Dengler sowie das neu cken. Die Angst, dass diese winzige, noch Dank des bestehenden und in der Vergan- gewählte Mitglied, Bundesgesundheitsmi- nicht einmal lebende Genansammlung genheit mehrfach geprobten Notfallplans nister a.D. Dr. Philipp Rösler, persönlich vor mit Namen SARS-CoV-2 nicht nur die Welt gelang der Übergang vom Normal- in den Ort, um der MHH mit Rat und Tat zur Seite aus den Angeln heben kann, sondern Notfallbetrieb reibungslos: Stationen wur- zu stehen. auch jede Einzelne und jeden Einzelnen den verlegt, Personal andernorts einge- Deutschland reagierte mit einem nie von uns existenziell bedroht. Zehntausen- setzt, die Notaufnahme temporär erwei- dagewesenen Lockdown auf die Pande- de Infizierte und Tausende von Todesfällen tert, Operationssäle in Intensiveinheiten mie. Die richtige Entscheidung, wie Welte in China waren deutliche Warnsignale. mit Beatmungsmöglichkeiten umgewan- findet: „Meiner Meinung nach waren das Für die MHH bedeutete diese Pan- delt. Verbot von Großveranstaltungen wie Fuß- demie: weg vom regulären Betrieb, hin ballspiele, Konzerte und Theatervorstel- zu einem Notfallmodus. „Wir haben un- Großes Lob und großer Dank lungen besonders effektiv.“ Italien etwa seren Betrieb komplett umgestellt“, be- habe den Anfang der Infektionswelle um schrieb denn auch MHH-Präsident Profes- „Allen Beteiligten – von den Technikern sechs Wochen verpasst. „Daher waren vie- sor Dr. Michael P. Manns in einem Interview über das Reinigungspersonal, die Verwal- le Menschen und insbesondere auch viele Mitte April die Lage. Das Präsidium hatte am tung, die IT-Expertinnen und -Experten bis Mitarbeiter des Gesundheitssystems infi- 17. März im Einvernehmen mit dem Nie- hin zum Pflegepersonal sowie den Ärztin- ziert, ohne dass sie es wussten“, erläutert dersächsischen Ministerium für Wissen- nen und Ärzten gebührt ein großer Dank“, der Vizepräsident. „Dann gab es noch das schaft und Kultur den Notfallplan für die sagen Professor Manns und Professor Dr. Champions-League-Spiel zwischen Berga- MHH ausgerufen. Seither lenken die drei Tobias Welte. Der Direktor der MHH-Klinik mo und Valencia im mit 50.000 Zuschau- Präsidiumsmitglieder gemeinsam mit der für Pneumologie übernahm zu Beginn der ern besetzten San-Siro-Stadion in Mailand, Klinischen Einsatzleitung (KEL) die Geschi- Corona-Krise das Amt des kommissari- von denen eine nennenswerte Zahl infi- cke der MHH (siehe auch Seite 10). schen Vizepräsidenten, zuständig für das ziert war und das Virus weitergab. Ab ei- Ressort Krankenversorgung. ner bestimmten Zahl an Infektionen halten Nur noch Notfälle Das Präsidium der MHH war überwäl- Sie die Ausbreitung nicht mehr auf.“ tigt von der spontanen Hilfsbereitschaft. Die Landesregierung hatte per Erlass Einerseits gab es vielfältige Spenden (siehe Immer aufmerksam parallel den Kliniken in Niedersachsen die auch Seite 20/21) für die Mitarbeiterinnen Behandlung von Elektivpatienten unter- und Mitarbeiter. Anderseits haben zahlrei- Die MHH hat in all den Wochen 24 sagt: Therapien, die nicht unbedingt not- che Personenkreise ihre Hilfe angeboten. COVID-19-Patientinnen und -Patienten wendig waren, sollten verschoben wer- auf Normalstationen und 23 COVID-19-In- den. Der Grund: Die Kliniken sollten damit tensivpatientinnen und -patienten betreut in die Lage versetzt werden, ausreichend (Stand: 26. Mai 2020). „Unser Manage- Behandlungskapazitäten – insbesondere ment hat hervorragend geklappt“, betont Intensiv- und Beatmungsplätze – freihal- Professor Welte. „Wir waren zu keinem ten oder schaffen zu können. Bilder und Zeitpunkt überfordert, waren aber immer Berichte aus Italien, Spanien, Frankreich, aufmerksam – und sind es noch.“ Ob wir später auch aus Großbritannien, den USA über den Berg sind, oder ob SARS-CoV-19 und Brasilien zeigten zum Teil chaotische in der derzeitigen Lockerung der Beschrän- Zustände in überlasteten Gesundheitssys- kungen oder im Herbst zurückkommt? „Es temen. gibt viele Menschen, die derzeit im Fern- „Wir haben die Kapazität an Intensiv- sehen und überall ihre Meinung dazu äu- pflegeplätzen deutlich erhöht“, betont „Wir konnten jederzeit flexibel agieren“, betont ßern. Aber die ehrliche Antwort ist: Wir Professor Manns.
2/2020 DIE MHH ZU CORONA-ZEITEN 7 wissen es nicht“, sagt Professor Welte. oft genug selbst kritisiert, dass es bei uns auf einen Aufruf des Personalmanage- „Pandemien haben immer unterschiedlich mehr Krankenhausbetten und Intensivka- ments hin gemeldet, also wurde kurzer- lange gedauert.“ pazität pro Einwohner gibt als in vielen hand ein Bringdienst am Haupteingang Die Professoren Manns und Welte lo- anderen Ländern. Diese Kapazitäten sind auf die jeweilige Station organisiert. ben ausdrücklich das hervorragende Hygi- jetzt in der Corona-Krise 2020 sehr will- enekonzept. Professor Dr. Franz-Christoph kommen und geben uns Sicherheit.“ Eine Erfolgsgeschichte Bange und sein Team der Krankenhaus- hygiene hätten für jeden Bereich in der Besuchen? Verboten! Überhaupt: Die freiwilligen Helferin- MHH ein offenes Ohr und pragmatische nen und Helfer waren eine echte Erfolgs- Lösungsvorschläge gehabt. Die Vorsor- Die MHH beteiligte sich auch an der Pla- geschichte. Allein bei Facebook erreichte ge und Vorsicht der Beschäftigten hat bis nung eines Behelfskrankenhauses, das die der Aufruf auf der Seite MHHnova mehr zum heutigen Tag (26. Mai) dazu geführt, Region Hannover mithilfe der Bundeswehr als 200.000 Personen. Studierende sind dass es keinen großen nosokomialen CO- und vieler Freiweilliger in einer Halle auf als Hilfspflegekräfte oder in der Logistik VID-19-Ausbruch in der MHH gab, wie er dem Messegelände in Hannover errichtete. aktiv. Das Personalmanagement schuf ein aus anderen Kliniken oder Pflegeheimen Das Betriebskonzept stammt von der MHH System, mit dem die Freiwilligen nach ihren berichtet worden war. Fähigkeiten passgenau freien Stellen zuge- ordnet werden konnten. Vizepräsidentin Dauerhafte Wertschätzung Andrea Aulkemeyer lobt das Engagement aller Beteiligten. Bezeichnend für die Corona-Krise ist Und auch beim Thema Homeoffice leis- auch der geringe Krankenstand unter teten das Personalmanagement und das den MHH-Beschäftigten. „Es gibt eine Zentrum für Informationsmanagement Solidarität und Motivation im Haus, die Großes – schließlich wollten Tausende von mich sehr beeindruckt“, betont Professor MHH-Beschäftigten (auch) von zu Hause Manns. „Und ich hoffe, dass die aktuelle arbeiten können. Der Einkauf hatte ebenso Wertschätzung für Kliniken und Personal alle Hände voll zu tun. Schließlich galt es, in der Bevölkerung und in der Politik diese bei den erst spärlichen und später überbor- Pandemie überdauert.“ In den vergange- „Unser Management hat hervorragend ge- denden Angeboten an Schutzausrüstungen nen Wochen wurden Solidaritätsbanner klappt“, sagt Professor Welte. die unseriösen Anbieter herauszufiltern. nahe der MHH aufgehängt, Menschen Mit der Lockerung des Behandlungsver- spendeten Kuchen, Speisen, Getränke für – zum Glück musste die Behelfsklinik nicht bots für Elektiveingriffe kehrte Mitte Mai die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Im aktiviert werden. ein Stück Normalität in die MHH zurück. Höhepunkt des Lockdowns verabredete Die Landesregierung hatte mit ihrem Was von diesen Krisenmonaten bleibt, sind man sich, um landauf, landab von Balko- Erlass nicht nur die Elektivbehandlungen eine neue Vorsicht im Umgang miteinander nen und Fenstern dem Klinikpersonal zu in Kliniken untersagt, sondern auch ein – aber eben auch erhebliche wirtschaftliche applaudieren. Doch: Applaus ist gut, eine Besuchsverbot ausgesprochen – alles zum Folgen. Vom Land untersagte aufschiebba- höhere Bezahlung wäre besser. Schutz vor einer Einschleppung des SARS- re Operationen, geschlossene Ambulanzen Professor Manns erinnert sich noch gut CoV-2-Virus. Für die MHH-Patientinnen und und die für Corona-Patienten vorgehalte- an die Kritik, als die MHH vor ein paar -Patienten ein hartes Los, denn sie konn- nen, aber nicht genutzten Kapazitäten in Jahren die Erwachsenen-Infektionsstation ten keine Angehörigen oder Freunde mehr der MHH bringen jeden Monat mehrere schuf: „150.000 Euro für ein Zimmer? Das empfangen. Da die Angehörigen den Be- Millionen Euro Mindereinnahmen. Und ob sei viel zu teuer, hieß es. Die MHH würde troffenen aber auch nicht mehr frische das Virus erneut als Pandemie zurückkehrt, kaum Patienten mit schweren Infektions- Wäsche oder ein Buch ans Krankenbett weiß heute noch niemand. Wir können krankheiten behandeln – und an Pandemi- bringen durften, war Kreativität gefragt. nur abwarten – und gut vorbereitet blei- en dachte niemand.“ Jetzt zeigt sich: „So Personal- und Klinikmanagement hatten ben. Koste es, was es wolle. Denn in der etwas kann immer passieren, wir müssen eine zündende Idee. Tausende von freiwil- Hochschule gilt nach wie vor unser Motto: vorbereitet sein. Wir Deutschen haben uns ligen Helferinnen und Helfern hatten sich MHH. Jeden Tag für das Leben. stz
8 EINBLICKE info „Tod und Leben sind unsere Begleiter“ Auf Station 14 kämpfen Ärzte und Pflegepersonal gegen das Coronavirus – und manchmal auch gegen die eigene Angst. Die Patienten werden künstlich beatmet, Angehörige bleiben wegen des Besuchsverbots weitgehend ausgesperrt. Wie verarbeitet das Personal die Belastung? Ein Blick in die Corona-Station der MHH – Ende April aufgeschrieben von HAZ-Redakteur Simon Benne W enn sie zur Arbeit gehen, geht gender geworden. „Die Belastung ist schon die Angst mit. „Wir wissen ja maximal“, sagt der Nordstädter. Wie schon alle, dass die Patienten diese vor Corona-Zeiten wechselt er Verbände, Krankheit haben“, sagt Timm Daron, „und hält Maschinen am Laufen, beobachtet ich habe ältere Kollegen, die selbst dem Patienten. „Doch man kann ja niemals ein- Risikoprofil entsprechen.“ Natürlich tragen fach so in ein Zimmer hineingehen.“ sie meist FFP-2-Masken, doch jeder weiß, Bevor er ans Bett eines Patienten tre- dass es einen hundertprozentigen Schutz ten kann, muss er Schutzhaube und Bril- nicht gibt. „Die Angst, das Virus in die ei- le anlegen, die Maske aufsetzen und den gene Familie zu tragen, schwingt immer wasserabweisenden Kittel mit Plastikmem- mit“, sagt Daron. bran überziehen. „Darunter schwitzt man Der 28-Jährige ist Intensivpfleger auf wie im Gewächshaus, wie in einer Mi- Station 14. Etwa ein Dutzend Betten gibt ni-Sauna“, sagt er. Kürzlich sei er in einem „Die Belastung ist maximal“: Wenn Pflegekräfte es hier, im vierten Stock eines schmucklo- Doppelzimmer drei Stunden im Einsatz oder Ärztinnen und Ärzte auf Station 14 an das sen MHH-Gebäudes. „In den vergangenen gewesen – Atemtraining, Mobilisieren der Bett eines COVID-19-Patienten treten, tragen sie Wochen sind wir zur reinen COVID-19-Sta- Patienten, Essen anreichen. „Danach muss- eine umfängliche Schutzausrüstung. tion geworden“, sagt er. te ich mich erst einmal umziehen“, sagt er. Für die meisten Menschen ist das Co- Beim Verlassen des Zimmers folgt jedes Mal teils bis zu einem halben Jahr, um wieder ronavirus eine kaum greifbare, abstrakte ein Desinfektionsritual. Ein falscher Hand- ganz fit zu werden. Bedrohung. Ein unsichtbarer, fast irrealer griff beim Ausziehen der Kleidung kann COVID-19 gibt den Medizinern noch Feind. Hier ist das anders. Auf Station 14 verhängnisvolle Folgen haben. viele Rätsel auf: „Die Krankheit verläuft ist die Gefahr höchst konkret; hier kämp- Auf Station 14 landen Patienten, bei de- anders, als wir es sonst von viralen Infek- fen Menschen täglich auf Leben und Tod nen die Infektion einen schweren Verlauf tionen kennen“, sagt Professor Hoeper. gegen das Virus – Patienten, Pfleger, Ärzte. nimmt. „Wer erst einmal hier ist, bleibt „Man denkt, alles wird gut, und dann geht auch lange hier“, sagt Marius Hoeper. Der es dem Patienten plötzlich doch wieder Das Virus hat alles verändert 57-jährige Lungenspezialist und Intensiv- schlechter.“ Natürlich tauschen sich die mediziner leitet die Station. Im Schnitt Ärzte von Station 14 mit Kollegen aus Chi- Selbst für enge Angehörige gilt auf Sta- müssten Patienten hier drei bis vier Wo- na, Spanien und den USA aus. Doch ein tion 14 ein grundsätzliches Besuchsverbot. chen lang künstlich beatmet werden. Die Mittel gegen das Virus kennen sie noch Auch Journalisten dürfen nicht auf die Sta- meisten könnten danach in ihr normales nicht. Immer wieder gibt es Berichte, dass tion. Fotos und Videos, aufgenommen von Leben zurückkehren, sagt Hoeper, aller- Medikamente helfen könnten, die eigent- der MHH, zeigen Timm Darons Arbeits- dings bräuchten sie mit Reha und Training lich gegen Malaria, HIV oder Ebola ent- platz als einen Ort der Hightech-Medizin: wickelt wurden. „Wir setzen diese in der Matratzen mit Luftpolstern ermöglichen Regel aber nicht ein“, sagt Hoeper. „Es gibt das weiche Lagern der Patienten, die hier keine verlässlichen Daten dazu – sie könn- meist im künstlichen Koma liegen. An den ten mehr schaden als nützen.“ Betten stehen Monitore, in Regalen lagern verpackte Materialien. Ein Ort steriler Funk- Der jüngste Patient: 19 Jahre tionalität, wie in einem Labor. Rund 20 Corona-Patienten wurden hier Anders als oft behauptet nimmt die bis Ende April behandelt. Etwa die Hälfte Krankheit nicht nur bei alten Menschen ist wieder genesen; einige sind hier verstor- einen schweren Verlauf. „Unser jüngster ben. Für Timm Daron und seine Kollegen Für Pfleger Timm Daron und das Team auf der Patient war 19 Jahre alt“, sagt Hoeper. hat das Virus alles verändert. Sie schieben COVID-19-Intensivstation hat das Virus alles ver- Häufig seien Männer um die 60 Jahre be- Überstunden – und die Arbeit ist anstren- ändert. troffen, häufig geht die Infektion mit an-
2/2020 DIE MHH ZU CORONA-ZEITEN 9 In einem Filter wird dem Blut Sauerstoff cher, dass wir in Deutschland nicht werden zugeführt, dann fließt es wieder zurück. entscheiden müssen, welchen Patienten „Ein Patient ist seine ECMO gerade los- wir sterben lassen.“ geworden“, sagt Daron, „ein anderer ist Ansonsten ist seine Prognose eher er- kürzlich am Gerät verstorben.“ nüchternd: „Wir gehen davon aus, dass Der Pfleger wird sehr still, wenn er da- COVID-19 uns auch ins nächste Jahr be- rüber spricht. „Tod und Leben sind immer gleiten wird“, sagt Hoeper. Er rechnet unsere täglichen Begleiter“, sagt er, „aber damit, dass die Zahl der Fälle in der kal- jetzt ist das Sterben so schlimm wie nie.“ ten Jahreszeit, gemeinsam mit den Influ- „Das Team auf Station 14 ist hoch engagiert“, Wegen des Besuchsverbots könne maximal enza-Fällen, wieder steigt: „Wir erwarten sagt Professor Dr. Marius Hoeper, „die Schutz- ein Angehöriger beim Sterbenden sein: eine schwere Wintersaison.“ maßnahmen sind nervig, aber sie greifen.“ „Wer will dann entscheiden, welches Kind In der Stimme des Professors schwingt zum Vater darf?“, fragt er. Natürlich halten Stolz mit, wenn er über den Einsatz seiner deren Krankheiten einher. Allen Covid-Pa- auch Pflegekräfte den Schwerkranken die Mitarbeiter spricht: „Bei den Pflegekräften tienten hier ist gemein, dass ihre Lungen Hand. „Aber wir gehören ja nicht zur Fa- haben wir den niedrigsten Krankenstand versagen und die Sauerstoffversorgung milie“, sagt er. In dem Raum, in dem Tote seit Monaten“, sagt er. Das Team auf Sta- nicht mehr funktioniert. „Künstliche Beat- sonst zum Abschiednehmen noch einmal tion 14 sei hoch engagiert, und angesteckt mung überbrückt die Zeit, bis sie wieder aufgebahrt werden, lagern jetzt Schutz- habe sich bislang niemand: „Die Schutz- alleine atmen können“, sagt der Professor. ausrüstungen. „Wenn Patienten alleine maßnahmen sind nervig, aber sie greifen.“ Viel mehr können die Ärzte nicht tun. sterben, ist das auch für uns belastend“, In dieser Woche wollen sich Gesundheits- Zur täglichen Arbeit von Timm Daron sagt der Pfleger. minister Jens Spahn und Ministerpräsident gehört es, Patienten in Bauchlage zu dre- Stephan Weil ein Bild von der Arbeit in der hen. Bei Lungenkrankheiten besteht die Schwerer Winter wird erwartet MHH machen. Timm Daron hofft, dass die Kunst darin, die Luft dorthin zu bringen, Corona-Krise den Mitarbeitern in Kranken- wo das Blut sie auch aufnehmen kann. In den vergangenen Wochen gab es fast häusern endlich auch zu der finanziellen „Bei Bauchlage fließt das Blut in die bes- ausschließlich Corona-Patienten auf Stati- Anerkennung verhilft, die sie verdienen. ser belüfteten Areale der Lunge“, sagt der on 14. „Zwischenzeitlich waren alle Betten „Das ist die Politik uns schuldig.“ Pfleger. In besonderen Fällen kommt aber belegt“, sagt Professor Hoeper. Dass es zu auch die ECMO zum Einsatz – die Extra- Zuständen wie in Italien kommt und Men- Wir danken der Hannoverschen Allgemei- korporale Membranoxygenierung. „Das ist schen sterben müssen, weil es nicht genug nen Zeitung, die uns den Nachdruck das letzte Mittel“, sagt er. Dieser Apparat Behandlungsplätze gibt, fürchtet er jedoch des Artikels vom 27. April gestattet hat. entzieht dem Körper binnen einer Minute nicht: „Alle Krankenhäuser haben ihre Ka- Die Fotos stammen von MHH-Fotografin einen Großteil des Blutes, bis zu fünf Liter. pazitäten erweitert“, sagt er, „ich bin si- Karin Kaiser.
10 EINBLICKE info In der „heißen“ Phase: KEL und Task Force trafen sich täglich zur aktuellen Lagebesprechung, hier ein Bild aus den Anfängen. „Zusammenhalt wie nie zuvor“ Auch im Notfallmodus bleibt die MHH leistungsstark – dank hervorragender Weitsicht N ach dem ICE-Unglück 1998 in Eschede hatte die MHH ihren Not- fallplan neu entwickelt. 22 Jahre lang musste sie ihn nicht aktivieren. Doch Mitte März war es so weit: Angesichts der schnellen Ausbreitung des Coronavirus wurde der Notfallplan ausgerufen. Damit bildete sich auch die Krankenhauseinsatz- leitung (KEL) COVID-19 als hochschulwei- ter Koordinations- und Führungsstab. Ihre Aufgabe: Unter sich fast täglich ändern- den Bedingungen die MHH so umzustruk- turieren, dass COVID-19-Patientinnen und -Patienten bestmöglich versorgt werden Professor Ure (links) und Dr. Ringe leiten die Task Force und spielten auch in der KEL einen entschei- können. Gleichzeitig musste die Notfall- denden Part. versorgung aufrechterhalten bleiben. In der KEL waren alle wichtigen Bereiche der zu schaffen. Die Task Force fungierte fort- nige Ausnahmen ein Besuchsverbot. Alle Hochschule vertreten. Geleitet wurde das an als medizinische Einheit der KEL. Diese geplanten Operationen mussten erlassbe- Gremium von MHH-Vizepräsident Profes- musste als übergeordnetes Gremium die dingt abgesagt und eine Wegetrennung sor Dr. Tobias Welte sowie von Dr. Bastian Entscheidungen in allen größeren organisa- für potenziell infektiöse und nicht infekti- Ringe und Professor Dr. Andreas Flemming torischen Fragen treffen. „Dabei hatten wir öse Patientinnen und Patienten eingerich- von der Stabsstelle Interdisziplinäre Not- uns fast täglich mit neuen Vorgaben und tet werden. Die Zentrale Notaufnahme, fall- und Katastrophenmedizin (INKM). Empfehlungen von Bund, Land und Region die Intensivstationen, die Infektionsstation Bevor die KEL ihre Arbeit aufnahm, hat- auseinanderzusetzen“, erläutert Dr. Ringe. wurden für einen großen Anfall von CO- te die COVID-19-Task-Force die Entwick- VID-Patienten umorganisiert. Hunderte lung der Pandemie genau beobachtet und Tägliche Treffen Ärzte, Pflegekräfte und Medizinstudieren- wichtige erste Maßnahmen angestoßen. de wurden auf die Versorgung von Coro- „Damals war die Befürchtung, dass die Alle Neuerungen mussten nicht nur um- na-Patienten vorbereitet, Teams umstruk- Pandemie wie ein Tsunami über uns her- gesetzt, sondern auch an die Beschäftigten turiert oder neu gebildet. Material musste einbrechen könnte, ja durchaus begrün- kommuniziert werden. Die externen Me- beschafft werden, von Schutzausrüstung det“, erklärt Professor Dr. Benno Ure, der dien wurden ebenfalls mit Informationen über Beatmungsgeräte bis hin zu Desinfek- die Task Force gemeinsam mit Dr. Bastian versorgt. KEL und Task Force tagten täglich tionsmitteln. Ringe leitet. Schon früh war klar, dass gro- und waren ständig ansprechbar. „In der gesamten Zeit standen wir in ße Anstrengungen nötig sein würden, um Die Umstrukturierungen waren gewal- engem Austausch mit den anderen Kran- in der MHH die erforderlichen Strukturen tig. Für die gesamte MHH galt bis auf we- kenhäusern der Region“, sagt Dr. Ringe.
2/2020 DIE MHH ZU CORONA-ZEITEN 11 „Die MHH lebt Forschung“ Der Medizinischen Hochschule kommt ihre Expertise in der Infektionsforschung zugute. Ein Überblick mit Professor Manns D ie MHH gehört zu den besonders klinische Studien direkt neben der MHH forschungsaktiven Hochschulen. durchführen zu können“, lobt Manns das Einer der drei Schwerpunkte in von Bund und Land geförderte CRC. Klinik und Wissenschaft ist das Thema Am CRC Hannover laufen nun klini- „Infektion und Immunität“. Professor Dr. sche Impfstoffstudien an. Professor Dr. Michael Manns, als MHH-Präsident zu- Christoph Schindler testet Impfstoffkan- ständig für das Ressort Forschung und Leh- didaten der Firmen VPM und CureVac re, sieht in den seit Jahrzehnten gewach- AG, Tübingen (Seite 14, 15). Und an senen Strukturen zur Infektionsforschung der vom Land Niedersachsen mit einem einen deutlichen Standortvorteil. „Wir Nachtragshaushalt geförderten Coro- Dieses Logo sind dank unserer großen Kompetenz lo- na-Forschung ist die MHH mit gleich vier kennen alle kal, regional, national und auch weltweit Projekten beteiligt (Seite 12/13). Doch MHH-Beschäftigten hervorragend vernetzt und wollen auch damit nicht genug: „Mitte Mai haben vom täglichen in den sich jetzt gründenden Netzwerken wir unsere Projekte für das neue Natio- COVID-19-Bulletin zur SARS-CoV-2/COVID-19-Forschung ent- nale COVID-19-Forschungsnetzwerk der im Intranet. scheidend mitwirken.“ Universitätsmedizin eingereicht und ar- Seit Jahren ein wichtiger strategischer beiten auch bei dem in Gründung be- Die webbasierte Plattform IVENA, ein seit Partner der MHH ist das Helmholtz-Zen- findlichen COVID-19-Forschungsnetzwerk 2015 bestehendes Notfallmanagementsys- trum für Infektionsforschung (HZI) in Niedersachsen eng mit der Universitäts- tem für Niedersachsen und Bremen, wur- Braunschweig. Die Kooperation führte zur medizin Göttingen (UMG), dem HZI und de auf Initiative der MHH erweitert. Das Gründung der gemeinsamen Forschungs- der Tierärztlichen Hochschule Hannover ermöglichte einen niedersachsenweiten institutionen TWINCORE und Zentrum für zusammen“, sagt der MHH-Präsident. Die Überblick über die Belegungen mit CO- individualisierte Infektionsmedizin (CiiM) niedersächsische hochschulmedizinische VID-19-Erkrankten und deren Versorgung in direkter Nachbarschaft zur MHH. „MHH Allianz kann zusammen mit Heidelberg in den Kliniken. Der massenhafte Anfall und HZI sind Mitglied im Deutschen Zen- bereits als Gründungsmitglied auf einen von COVID-19-Patienten blieb glücklicher- trum für Infektionsforschung (DZIF) und Meilenstein bei der Medizininformatik- weise aus. Doch viele anders ernsthaft haben sich als gemeinsamer Standort Initiative HiGHmed blicken. „Auf dieser Erkrankte kamen aus Angst vor einer An- formiert“, betont Professor Manns. Die Vernetzung baut die Koordination des Use steckung ebenfalls nicht ins Krankenhaus MHH ist zudem Mitglied im Deutschen Case Infection Control in Göttingen und – ein Schaden, dessen Umfang noch nicht Zentrum für Lungenforschung (DZL) und Hannover auf.“ abzuschätzen ist. beheimatet den Exzellenzcluster RESIST Alle Forschungserfolge basieren im- „In der außergewöhnlichen Situation zur Infektionsforschung und den Sonder- mer auf den Ideen einzelner Menschen. haben nicht nur die KEL und die COVID-19- forschungsbereich SFB 900 „Chronische „In der Medizin müssen Grundlagenfor- Task-Force schnell und fokussiert gearbei- Infektionen“. Weitere Pluspunkte sind die scher und Kliniker eng zusammenarbei- tet. In der gesamten MHH gab es einen Geschäftsstellen der nationalen Netzwer- ten.“ Mit dem Integrationsmodell habe Zusammenhalt wie nie zuvor“, stellt Pro- ke Kompetenznetz erworbene Pneumoni- die MHH für derartige Kooperation ideale fessor Ure begeistert fest. Das erfuhren er en (CAPNETZ) und Kompetenznetz Hepa- Voraussetzungen geschaffen. „Wir sehen und Dr. Ringe auch bei ihren regelmäßigen titis (Hep-Net), deren Geschäftstellen an die Probleme am Krankenbett, können Rundgängen in verschiedenen Bereichen der MHH angesiedelt sind. die Mechanismen erforschen, Therapien der Hochschule. Ob auf den Stationen, in Eine weitere strategische Vernetzung entwickeln und diese dann gleich in klini- der Technik oder der Logistik, in der Abfall- mit niedersächsischen Partnern erfolgte schen Studien testen.“ Das Geheimnis der wirtschaft oder im Einkauf – alle machten in der Translationsallianz Niedersachsen erfolgreichen Forschung kurz zusammen- mit. „Die MHH ist ein toller Teamplayer“, (TRAIN). Sie hat zum Ziel, die Stärken der gefasst? „Wir vereinen hier am Standort konstatiert Dr. Ringe. „Wir sind gut vorbe- biomedizinischen Forschung zu bündeln, kluge Köpfe, die weltweit hervorragend reitet, auch für den Fall einer zweiten Er- um Forschungsergebnisse schneller dem vernetzt sind, entwickeln attraktive An- krankungswelle.“ Ende Mai löste sich die Patienten zugänglich zu machen. Hierbei gebote für den Nachwuchs, um ihn nach KEL wieder auf, und auch die Umstruktu- stellt die Infektionsforschung einen wich- Hannover zu locken, und bieten dabei eine rierungen werden nun Schritt für Schritt tigen Bestandteil dar. „Mit dem Clinical gute Infrastruktur speziell für klinische For- zurückgenommen. Die Task Force bleibt Research Center (CRC) Hannover haben schung, angesiedelt in einer Stadt, in der aber bestehen. „Wir fahren mit großer MHH und HZI gemeinsam mit dem Fraun- es sich gut leben lässt, vor allem aber nicht Freude runter, aber wir sind weiter wach- hofer Institut ITEM auch die baulichen nur für junge Familien“, meint Professor sam“, sagt Professor Ure. tg Voraussetzungen geschaffen, um frühe Manns. „Die MHH lebt Forschung.“ stz
12 EINBLICKE info Auf vier Wegen Im S3-Sicherheitslabor findet SARS-CoV-2/COVID-19-Forschung unter höchsten Sicherheitsvorkehrungen statt. gegen das Virus Das Land Niedersachsen unterstützt die Forschung an SARS-CoV-2 und COVID-19 mit Millionen. Gleich vier MHH-Projekte werden über diesen Corona-Nachtragshaushalt finanziert Mit Pocken-Impfvektor ter einen neuen Test zum Nachweis einer gegen das Coronavirus SARS-CoV-2-Infektion entwickeln. Mit die- sem sollen nicht nur Antikörper gegen das A uf der Suche nach einem geeigne- ten Impfstoff gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 setzen Wissenschaftlerinnen Virus nachgewiesen werden, sondern auch die Frage beantworten werden, wie gut diese vor erneuter Infektion schützen. „Das und Wissenschaftler mitunter auf alte Be- ist wichtig, um all die Menschen zu identifi- kannte. In Kooperation mit der Ludwig- zieren, die eine Infektion ohne Krankheits- Maximilans-Universität (LMU) München symptome durchgemacht haben und nun testet das MHH-Institut für Immunologie immun sind, ohne es zu wissen.“ unter der Leitung von Professor Dr. Rein- Die Fördersumme beläuft sich auf 1,7 hold Förster einen vielversprechenden Millionen Euro. Impfstoff auf Basis des Pockenvirus: Das Modifizierte Vakzinia Virus Ankara (MVA) Fitte Antikörper wollen die Wissenschaftler als Genfähre sollen helfen nutzen, indem sie zusätzlich die Bauanlei- tung für das sogenannte Spike- oder S-Pro- tein einfügen, das sich auf der Oberfläche von SARS-CoV-2 befindet und die Infekti- M enschen, die eine Infektion mit SARS-CoV-2 erfolgreich überstanden haben, haben schützende Antikörper im le schützende Antikörper hervorgebracht haben. Das ist bei zehn bis 15 Prozent der on von Zellen er- Blut, von denen manche besonders effek- Erkrankten der Fall“, sagt Professor Schulz. möglicht. Das Vi- tiv sein sollen. Diese hoch potenten Anti- Aus diesen Proben werden die B-Lympho- russtückchen soll körper aufzuspüren, gentechnisch selbst zyten isoliert, also die Antikörper-produ- die körpereigene zu produzieren und dann zum Schutz vor zierenden Zellen. Die besonders effektiven Immunabwehr an- der Infektion und zur Therapie der Erkran- Antikörper sollen anschließend gentech- regen, schützende kung einsetzbar zu machen – das ist das nisch im Labor geklont werden, aufbauend Antikörper gegen Ziel eines Teams um Professor Dr. Thomas auf der Expertise des RESIST-Forschers Pro- das Coronavirus Schulz, MHH-Institut für Virologie und fessor Dr. Thomas Krey von der Universität zu bilden. Sprecher des Exzellenzclusters RESIST, so- Lübeck, und im Tiermodell getestet werden „Ein gentech- wie Professor Dr. Rainer Blasczyk, MHH-In- – vom Team um Professor Dr. Albert Os- Professor Dr. nisch modifiziertes stitut für Transfusionsmedizin und Trans- terhaus, Stiftung Tierärztliche Hochschule Reinhold Förster MVA wurde von plantat Engineering, und Professor Dr. Axel Hannover (TiHo). „Ein Therapeutikum aus meinem Münch- Haverich, MHH-Klinik für Herz-, Thorax-, gentechnisch hergestellten Antikörpern ner Kollegen Professor Dr. Gerd Suttner Transplantations- und Gefäßchirurgie. kann dann frühestens im nächsten Jahr zur bereits gegen das verwandte MERS-Virus „Wir suchen nach Antikörpern, die Verfügung stehen“, sagt Professor Schulz. entwickelt und erfolgreich an Dromedaren verhindern, dass die Viren an die mensch- Blutproben von Patientinnen und Pati- getestet“, erklärt Professor Förster. Jetzt soll lichen Zellen binden – die also neutralisie- enten bekommt das Team auch von Pro- der Pockenimpfstoff gegen SARS-CoV-2 rend wirken – und die auch gegebenenfalls fessor Dr. Markus Cornberg, MHH-Klinik eingesetzt und zunächst an Mäusen ge- auftretende Varianten des Virus erkennen für Gastroenterologie, Hepatologie und testet werden. Anders als in München ver- können“, sagt Pro- Endokrinologie, und Professor Dr. Marius abreichen die MHH-Wissenschaftler den fessor Schulz. Hoeper, MHH-Klinik für Pneumologie. Impfstoff über die Atemwege. „Das Impfen Zunächst spürt Die Förderung beträgt rund 1,2 Millio- durch Inhalation hat aus unserer Sicht den das Team diese nen Euro. Vorteil, dass dadurch eine besonders starke hoch potenten Immunantwort genau dort ausgelöst wird, Antikörper in Blut- Suche in der wo das Virus besonders heftig zuschlägt proben von Gene- Wirkstoff-Sammlung – nämlich in der Lunge“, sagt der MHH- senen auf. „Wir Immunologe. Ist die Impfung im Tierversuch erfolg- reich, soll sie auch an Menschen getestet Professor Dr. benötigen insbe- sondere von Proben Menschen, U m ein Medikament zur Behandlung von COVID-19 zu finden, sucht ein in- ternationales Forschungsnetzwerk in der werden. Zudem möchte Professor Förs- Thomas Schulz die besonders vie- weltweit größten Substanz-Repurpo-
2/2020 DIE MHH ZU CORONA-ZEITEN 13 Bauen eine COVID-19-Kohorte auf: die Professo- ren Tomas Illig (links) und Markus Cornberg. VID-19-Kohorte auf. Bioproben und Da- ten von 1.000 unterschiedlich stark am Coronavirus SARS-CoV-2 erkrankten Pa- tientinnen und Patienten sowie Kontroll- proben von Menschen mit anderen Atem- wegserkrankungen aus verschiedenen MHH-Kliniken und dem KRH sollen in der Hannover Unified Biobank (HUB) gesam- melt und verglichen werden. „Wir haben bereits mit dem Sammeln von Blutzellen, Plasma, Speichel, Urin und Zellen aus dem Atmungstrakt begonnen und auch schon zahlreiche Anfragen für molekulare Analysen von den Forsche- rinnen und Forschern der MHH und des sing-Bank „ReFrame“ nach Stoffen, die „Wenn wir Substanzen gefunden ha- Helmholtz-Zentrums für Infektionsfor- gegen SARS-CoV-2 wirken. Die Sammlung ben, welche die Virusvermehrung hemmen schung (HZI) erhalten“, sagt Professor umfasst rund 14.000 zugelassene Medi- können, schauen wir, wie sie in der mensch- Dr. Thomas Illig, Leiter der HUB, wo die kamente sowie Wirkstoffe, für die es be- lichen Lungenzelle wirken, warum sie die COVID-19-Biobank untergebracht ist. Um reits umfangreiche Sicherheitsdaten in Vermehrung hemmen und welche Dosis die Aufarbeitung der lebenden Blutzellen Bezug auf die Anwendung beim Men- dafür nötig ist“, erläutert Professor Pietsch- kümmert sich das Team um Professor Dr. schen gibt. An der Suche sind mehrere La- mann. Chemisch-biologische Eigenschaf- Markus Cornberg, leitender Oberarzt an bors in den USA, vier in Groß- ten ausgewählter Wirkstoffe der MHH-Klinik für Gastroenterologie, britannien und je eins in werden in Kooperation mit Hepatologie und Endokrinologie und Kli- China und Deutschland betei- Professor Dr. Mark Brönstrup, nischer Direktor am HZI. Der Infektiologe ligt. Helmholtz-Zentrum für Infekti- ist zudem Direktor des Zentrums für Indi- MHH-Professor Dr. Thomas onsforschung in Braunschweig vidualisierte Infektionsmedizin (Centre for Pietschmann und Forscher des und DZIF, geprüft. Individualised Infection Medicine, CiiM), Exzellenzclusters RESIST, dessen Aufbauend können dann einer gemeinschaftlichen Einrichtung von Arbeitsgruppe am TWINCO- klinische Studien durchgeführt MHH und HZI. „Das CiiM ist die Brücke RE angesiedelt ist, leitet die in werden. „Ich bin sehr hoff- zwischen Klinik und Forschung und soll Deutschland stattfindenden nungsvoll, dass sich aus unse- langfristig auch eine Art Filiale der COVID- Arbeiten. Den Nachweis, ob Professor Dr. rer Orientierungsstudie, die wir 19-Biobank beherbergen“, sagt der Me- die Vermehrung des Virus ge- Thomas Pietschmann öffentlich zugänglich machen, diziner. hemmt wird, erarbeitet er ge- Ansatzpunkte für Medikamen- Die Analysen der Bioproben sowie meinsam mit Professor Dr. Thomas Schulz, te zur Behandlung der Erkrankung CO- genaue Angaben zu den einzelnen Pati- Leiter des MHH-Instituts für Virologie und VID-19 ergeben werden“, sagt Professor enten wie Alter, Geschlecht, Krankheits- RESIST-Sprecher. Sie nutzen dazu einen Ro- Pietschmann. verlauf, Laborwerte, Medikamentenein- boter, der im Rahmen des Deutschen Das Niedersächsische Ministerium für nahme oder Nikotinkonsum sollen helfen, Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) Wissenschaft und Kultur unterstützt das das Rätsel um COVID-19 zu lösen. „Wir betrieben wird. Das notwendige spezi- Vorhaben mit rund einer Million Euro. vermuten, dass eine Mischung aus dem ell markierte Coronavirus hat Professor Dr. überreagierenden Immunsystem, den Volker Thiel, Institut für Virologie und Im- Biobank sammelt individuellen Erbanlagen und den Stoff- munologie der Universität Bern, hergestellt. wechselvorgängen verantwortlich für COVID-19- Proben „ReFrame“ wurde vom Scripps Research In- die sehr unterschiedlichen Schweregrade stitute, La Jolla, USA im Jahr 2018 mit Un- terstützung der Bill & Melinda Gates Foun- dation aufgebaut. D ie MHH baut in Kooperation mit dem Klinikum Region Hannover (KRH) im Laufe der nächsten zwei Jahre eine CO- ist“, erklärt Professor Cornberg. Die Fördersumme beläuft sich auf mehr als zwei Millionen Euro. bb/kp
14 EINBLICKE info Von Immunboostern über Blutserum bis zur Psyche Die Corona-Forschungen an der Medizinischen Hochschule sind vielfältig. Dazu gehören klinische Studien, aber auch Online-Befragungen E in Impfstoff gegen Tuberkulose könn- an der MHH sind auch Studienzentren in um mit deren Plasma akut an COVID-19 te helfen, einen Etappensieg gegen München, Erfurt und Borstel beteiligt. erkrankten Patientinnen und Patienten zu das Corona-Virus zu erringen. VPM Voraussichtlich im Frühsommer wird helfen. 1002 heißt das am Max-Planck-Institut das Team der MHH Core Facility im CRC Die im Spenderplasma enthaltenen für Infektionsbiologie, Berlin, hergestell- Hannover eine Phase-I-Studie des Pharma- schützenden T-Lymphozyten können die te Präparat. Es soll das Immunsystem im unternehmens CureVac starten. Die Tü- Viren abfangen, bevor sie Körperzellen in- Kampf gegen den Sars-CoV-2-Erreger binger haben einen spezifischen Impf- fizieren. Der Transfer von Plasma und Lym- stärken. „VPM 1002 ist die gentechnolo- stoff, basierend auf einer mRNA-Techno- phozyten hat zwar nicht denselben Effekt gisch verbesserte Variante eines jahrzehn- logie, entwickelt. Die WHO rechnet das wie eine Impfung, die das Immunsystem tealten Impfstoffs, der in vielen Ländern CureVac-Präparat zu einem der acht aus- zur aktiven Bildung eigener Antikörper zur Bekämpfung des Tuberkulose-Erregers sichtsreichen SARS-CoV-2-Impfstoff-Kan- gegen SARS-CoV-2 anregen würde. Die eingesetzt wird“, sagt Professor Dr. Chris- didaten. „Wir sind eines von mehreren Patienten erhalten dadurch jedoch eine toph Schindler, Leiter der Stabsstelle CRC Studienzentren, in denen der Impfstoff sogenannte passive Immunisierung und Core Facility am CRC Hannover. Weil der getestet wird“, sagt Professor Schindler. könnten für mehrere Wochen oder Mo- Impfstoff offenbar nicht nur gegen das nate besser gegen das Coronavirus ge- Tuberkulose-Bakterium hilft, sondern die Antikörper aus Blutserum schützt sein. Immunantwort generell verbessert, könn- te er auch die Abwehr gegen das Coro- Ein Impfstoff gegen SARS-CoV-2 ist Klinikpersonal als Kohorte na-Virus verstärken. kurzfristig nicht in Sicht. Daher setzen Jetzt soll VPM 1002 in einer Studie an Professor Dr. Rainer Blasczyk, Leiter des Das medizinische Personal der MHH 1.000 Menschen getestet werden, die be- MHH-Instituts für Transfusionsmedizin, mit Kontakt zu COVID-19-Patienten ist ruflich mit dem Corona-Virus in Kontakt und Professor Dr. Axel Haverich, Direk- einem besonderen Risiko ausgesetzt, sich kommen – Ärztinnen und Ärzte sowie das tor der MHH-Klinik für Herz-, Thorax-, selbst mit dem Coronavirus zu infizieren. Personal im Pflege- und Rettungsdienst. Transplantations- und Gefäßchirurgie, auf Wissenschaftlerinnen und Wissenschaft- „Im Idealfall verringert die Impfung Blutplasma-Spenden von Genesenen. Die ler aus der Klinik für Rheumatologie und die Wahrscheinlichkeit, an Covid-19 zu haben nach überstandener Infektion mit Immunologie um Professor Dr. Georg Beh- erkranken“, erklärt Professor Schindler. dem Coronavirus verschiedene Antikörper rens und Privatdozentin Dr. Alexandra Jab- Der Wirkstoff gelangt über das Blut in gegen den Krankheitserreger im Blut. In lonka untersuchen in der CoCo (COVID- die Lymphknoten und verändert dort die einem gemeinsamen Projekt rekrutieren 19-Contact)-Studie, wie häufig es in den körpereigenen Abwehrzellen. Wenn dann die MHH-Mediziner freiwillige Spender, nächsten Monaten beim Personal in der Coronaviren die Lunge befallen, werden weiße Blutkörperchen aktiv. Die als Fress- und Killerzellen bekannten Immunzellen bekämpfen die Viren in der Lunge und hindern sie daran, sich zu vermehren – wenn alles gut läuft. 70 Länder beteiligt: Die MHH k Die MHH beteiligt sich an der interna- te, als MHH-Vizepräsident für das Ressort CureVac-Impfstoff im Test tionalen klinischen Studie „Solidarity“ Krankenversorgung. Die MHH koordiniert (deutsch: Solidarität), die dazu beitra- deutschlandweit die Durchführung an Geimpftes Klinikpersonal wäre zwar gen soll, eine wirksame Behandlung für den unterschiedlichen Standorten. nicht gegen Sars-CoV-2 immun, könnte COVID-19 zu finden. Die Weltgesund- aber dank der auch gegen Virusinfek- heitsorganisation (WHO) und Partner Die Solidarity-Studie tionen gestärkten Abwehrzellen besser haben die internationale klinische Studie geschützt sein. Kommt es doch zu einer „Solidarity“ am 27. März initiiert, an der Der Druck, den COVID-19 auf die Ge- Infektion, könnte die verbesserte ange- sich über 70 Länder beteiligen. „In der sundheitssysteme ausübt, hat die WHO borene unspezifische Immunantwort den Studie wird die Wirkung von den der- davon überzeugt, dass schnellstmöglich Verlauf der COVID-19-Symptome deutlich zeit vier erfolgversprechendsten Wirk- eine groß angelegte Studie durchgeführt abschwächen und sogar dann noch hel- stoffkombinationen zur Behandlung von werden muss. Während randomisierte fen, wenn sich das Coronavirus verändern COVID-19-Patientinnen und -Patienten klinische Studien normalerweise Jahre sollte. Die Wirkung des Immunboosters untersucht, um ihre Wirksamkeit zu be- dauern, um sie zu entwerfen und durch- VPM 1002 soll zunächst an vier Standor- werten“, erklärt Professor Dr. Tobias Wel- zuführen, soll die Solidarity-Studie den ten untersucht werden – neben dem CRC
2/2020 DIE MHH ZU CORONA-ZEITEN 15 Klinische Studien am CRC: Professor Schindler, die leitende Studienschwester Carola Westenberg und der Prüfarzt Dr. Marcus May (von rechts). Krankenversorgung tatsächlich zu einer Seele leidet unter Lockdown barkeit und Aggression. Sorge bereitet Infektion mit SARS-CoV-2 kommt. Dafür insbesondere, dass fünf Prozent der Teil- wird seit Mitte März ein Test eingesetzt, Seit dem Auftreten der Corona-Pande- nehmenden angaben, häusliche Gewalt der spezifische Antikörper gegen das neue mie in China gab es bereits erste Hinweise in den vergangenen vier Wochen erfahren Coronavirus misst. zu den psychosozialen Auswirkungen der zu haben. Die MHH war bundesweit eine der ers- Pandemie. Das konnten Wissenschaftle- Die Erstauswertung bezieht sich auf ten Institutionen mit diesem Test. Erste Er- rinnen und Wissenschaftler des Zentrums den Zeitraum vom 1. bis zum 15. April und gebnisse nach drei Wochen zeigten, dass für Seelische Gesundheit mit einer ersten umfasst damit den Rahmen der schärfsten sich bei weniger als einem Prozent der Auswertung einer am 1. April gestarte- Lockdown-Maßnahmen in Deutschland. zunächst 180 getesteten Ärzte und Pfle- ten Umfrage belegen. Sie sehen Belege 3.545 Freiwillige nahmen an der Studie gekräfte aus der klinischen Routine- und für eine deutliche mentale Belastung mit teil, das mittlere Alter lag bei 40 Jahren. Notfallversorgung Antikörper gegen das einem Anstieg von Stress, Angst, depres- Von den Befragten waren 83 Prozent Virus nachweisen ließen. siven Symptomen, Schlafproblemen, Reiz- Frauen und 15,2 Prozent Männer. kp H koordiniert WHO-Studie für Deutschland Zeitaufwand um rund 80 Prozent redu- digital aufgezeichnet. Welche Behand- Die Zwischenstudienanalysen werden zieren. lung er erhält oder ob er der Kontroll- von einer unabhängigen Expertengruppe In die randomisierte Studie werden gruppe zugeordnet wird, ermittelt ein überwacht. erwachsene Patientinnen und Patienten Computer nach dem Zufallsprinzip. In- aus mehreren Ländern eingeschlossen. formationen zum Patienten werden nur WHO warnt vor Medikation So soll eindeutig geklärt werden, ob eine in der Randomisierungsphase und bei der Medikamentenkombinationen das Entlassung oder Tod des Patienten ge- Solange keine ausreichenden Bewei- Fortschreiten der Krankheit verlangsamt sammelt. Dabei werden folgende Daten se vorliegen, warnt die WHO Ärztinnen oder das Überleben verbessert. erhoben: und Ärzte, Patientinnen und Patienten Entsprechend neuen wissenschaft- • Welche Studienmedikamente wurden mit COVID-19 oder sich selbst mit diesen lichen Erkenntnissen werden Medika- wie viele Tage gegeben? Medikamenten zu behandeln. Denn de- mente aus der Studie entfernt oder neue • Wurde er beatmet, lag er auf der Inten- ren Wirkung ist noch nicht bewiesen, und Substanzen hinzugefügt. sivstation und wenn ja, wie lange? so kann die Einnahme solcher Arzneimit- Stimmt ein Patient der Teilnahme an • Entlassungsdatum oder Datum und To- tel im schlimmsten Fall sogar ernsthafte der Studie zu, wird der Fall anonymisiert desursache. Schäden verursachen. cm
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