Janina Interview: die bayerische Wirtschaft

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Janina Interview: die bayerische Wirtschaft
www.vbw-bayern.de
               Magazin 6,– Euro

Interview:
Janina       02
Kugel        2018
Janina Interview: die bayerische Wirtschaft
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                                      V
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                                  Farbe
          Herausgeber                 Magazine Lektor
      Urheberrecht               Druck        Cellophanierung    A
                                                                 Autor
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      Donau-Wald-Presse-GmbH
      Medienstraße 5      94036 Passau
      Tel. 0851/802-594    www.pnp.de

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Janina Interview: die bayerische Wirtschaft
EDITORIAL

                                                     t­euersten Unternehmen der Welt an, so stehen
                                                      heute Apple, Alphabet (Google), Microsoft,
                                                      Amazon und Facebook unangefochten auf den

d
                                                      Spitzenrängen. Auf digitalen Strategien und
                                                      Technologien basierend haben sie innerhalb
                                                      nur eines Jahrzehnts vielen klassischen Unter-
                                                    nehmen den Rang abgelaufen.
              as Thema Digitalisierung ist in al-   Ich rate dringend: Seien wir offen für das Neue
              ler Munde. Aber behandelt wird        – und gestalten wir diesen unausweichlichen
              es vielerorts, als ginge es um eine   Wandel mit, statt zu verharren. Deshalb habe
              bloße Randerscheinung, um ein         ich mich gefreut über das Interview mit
Experten-Thema, um eine Mär, der man bes-           ­Siemens-Personalvorständin Janina Kugel, die
tenfalls irgendwie Einhalt gebieten müsste,          mit uns darüber gesprochen hat, wie angesichts
wenn sie droht, gar zu unheimlich zu werden.         der Digitalisierung die Arbeitswelt der Zukunft
Doch das Gegenteil ist richtig, und zwar in jeg-     aussehen könnte (S. 12). In die gleiche Bresche
licher Hinsicht: Digitalisierung ist in der Wirt-    schlägt Prof. Dr. Birgit Spanner-Ulmer, Direk-
schafts- und Arbeitswelt das herausragende           torin Produktion und Technik beim Bayeri-
Megathema dieses Jahrhunderts. Sie ist keine         schen Rundfunk und Mitglied im vbw Zu-
Evolution, also bloße Fortentwicklung von be-        kunftsrat in einem Gastkommentar (S. 17).
reits Vorhandenem, sondern eine disruptive
Revolution. Es geht dabei nicht nur um ein          Beste Grüße,
paar Neuerungen wie etwa Smartphones, Tab-
lets oder intelligente Lautsprecher. Die Digita-
lisierung verändert gerade unsere Welt – und
zwar mit Wucht.
Wer skeptisch ist, sollte einen Blick auf Unter-
nehmens-Rankings werfen: Führten über viele
Jahrzehnte recht verlässlich Energieunterneh-
men und Finanzdienstleister die Liste der           BERTRAM BROSSARDT, Herausgeber

                                      3
Janina Interview: die bayerische Wirtschaft
INHALT

6
PORTRÄT
                                          12
                                          INTERVIEW
                                                                                   18
                                                                                   POLITIK

Garnelen aus Bayern                       Ohne Herz geht es nicht                  Wohin gehen die USA?
Ein junges Unternehmen im Landkreis       Siemens-Personalchefin Janina Kugel      Donald Trumps Strategie
Erding revolutioniert seit zwei Jahren    ist überzeugt, dass der Mensch mit       bereitet Deutschland Kopfzer-
den Seafood-Markt. Fabian Riedel          seinen kognitiven, kreativen, empathi-   brechen. Mit Vor- und Nachtei-
züchtet und liefert das begehrte          schen und emotionalen Fähigkeiten in     len rechnen führende Experten.
Meeresgetier vor Ort. White Tiger wird    der Arbeitswelt nicht zu ersetzen ist.   Dabei ist gerade Bayern für
nachhaltig „erzeugt“ und ist vielleicht                                            Amerika wichtiger als gedacht.
bald biozertifiziert.

                                                                                                                    Foto: Birgit Korber - stock.adobe.com
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INHALT

MACHTRAUM                      10    LIFESTYLE                    36
                                                                                          IMPRESSUM
STANDPUNKT                     17    EINE FRAGE NOCH ...          38
                                                                                    vbw Unternehmermagazin 02/2018
                                                                                               Herausgeber
                                                                             vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft e. V.
                                                                                     VR 15888 Amtsgericht München
                                                                                 Hauptgeschäftsführer: Bertram Brossardt
                                                                                    Max-Joseph-Str. 5, 80333 München

22                                    26
                                                                               Büro des Herausgebers: Andreas Ebersperger
                                                                               E-Mail: unternehmermagazin@vbw-bayern.de
                                                                                            Herausgeberbeirat
                                                                                            Bertram Brossardt
                                                                                               Jakob Schlag
                                                                                              Klaus Lindner
                                                                                             Thomas Schmid
  BILDUNG                               KULTURGUT                                           Anna Engel-Köhler
                                                                                              Holger Busch
                                                                                            Dr. Peter J. Thelen

  Navigatoren für                       Mundgeblasenes Flachglas                                Walter Vogg
                                                                                          Gesamtkoordination
  die Integration                       für Tempel in aller Welt                            Dr. Peter J. Thelen
                                                                                          Tel.: 089-551 78-333,
  Der Mittelstand bietet Geflüchte-     Die Glashütte Lamberts in                  E-Mail: peter.thelen@vbw-bayern.de
                                                                                             Chefredakteur
  ten immer mehr berufliche             Waldsassen mischt seit über                     Alexander Kain (V.i.S.d.P.)
  Chancen. Ein Besuch bei Ware-         hundert Jahren Farben für                        Redaktion: Sandra Hatz
                                                                                        Autoren: Alexander Kain,
  ma in Marktheidenfeld, wo vier        historische Kirchenfenster oder                Sandra Hatz, Simone Kuhnt
                                                                                Grafik: Johanna Geier, Silvia Niedermeier
  Syrer nach intensiver Vorberei-       alte Villen. Inzwischen haben
                                                                                       Korrespondentenbüros
  tung eine Ausbildung beginnen         sich die Oberpfälzer einen Namen       D – 10117 Berlin, Charlottenstraße 35/36,
  konnten. Das Unternehmen              bei Künstlern und Architekten in                  Dr. Peter J. Thelen
                                                                             B – 1000 Brüssel, Rue Marie de Bourgogne 58,
  musste neue Wege beschreiten.         vielen Ländern gemacht.                           Volker Pitts-Thurm
                                                                            USA – 10020 New York, Suite 720, 10 Rockefeller
                                                                                    Plaza, Dagmar A. Cassan MBA
                                                                                                 Verlag
                                                                              vbw – Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft
                                                                                        Projektgesellschaft mbH
                                                                                  HRB 106556 Amtsgericht München
                                                                                    Geschäftsführer: Peter Bockhardt
                                                                           Kooperationspartner · Gesamtabwicklung · Anzeigen
                                                                                Reiner Fürst, Donau-Wald-Presse-GmbH
                                                                                       Medienstraße 5, 94036 Passau
                                                                                 Tel.: 0851-802-237, Fax: 0851-802-772
                                                                              Anzeigentechnik E-Mail: josef.feucht@vgp.de
                                                                                         Titelfoto: Alexander Kain
                                                                                                Druck
                                                                                PASSAVIA Druckservice GmbH & Co. KG
                                                                                          Medienstraße 5b
                                                                                            94036 Passau
                                                                                        Tel.: 0851-966 180-0
                                                                             Das vbw Unternehmermagazin erscheint sechsmal
                                                                             im Jahr mit einer Auflage von 72.500 Exemplaren.
                                                                            Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.
                                                                                             ISSN 1866-4989
                                                                           Nachdruck oder Vervielfältigung, auch auszugsweise,
                                                                             nur mit Genehmigung des Herausgebers. Für die
                                                                            ­Zusendung unverlangter Manuskripte oder Bilder
                                                                                     wird keine Gewähr übernommen.
                                                                                            www.vbw-bayern.de
Janina Interview: die bayerische Wirtschaft
Bei Crusta Nova so frisch, dass man sie roh
essen kann: Die White-Tiger-Warmwassergar-
nele ist die meistproduzierte Garnelenart in
den Aquakulturen der Welt. Sie besteht zu
68 Prozent aus Fleisch. Dieses ist reich an
Vitaminen, Mineralstoffen, Spurenelementen
und wichtigen Omega-3-Fettsäuren. Ihr Ver-
                                               Fotos: Crusta Nova

kaufsgewicht von 25 bis 35 Gramm hat die
Garnele im Alter von fünf bis sechs Monaten
erreicht. In der Natur kann sie bis zu 100
Gramm schwer werden.
Janina Interview: die bayerische Wirtschaft
PORTRÄT

Garnelen made in
 Langenpreising
 Jung-Unternehmer Fabian Riedel züchtet pro Jahr 30 Tonnen „Good Gamba“ – jetzt fehlt nur noch
                                     die Biozertifizierung

L                angenpreising im
                 Landkreis Erding.
                 Eine graue Industrie-
                 halle im Gewerbege-
biet, umgeben von einem hohen Zaun.
Das elektrische Einfahrtstor steht of-
fen, zwei junge Männer laden Styro-
por-Boxen in einen Lieferwagen. An
den Außenwänden der Halle prangen
                                         selbst Sternekoch Eckart Witzigmann,
                                         der bislang auf Garnelen lieber ver-
                                         zichtete.
                                         Treten wir ein in die größte Aquakul-
                                         tur-Kreislaufanlage Europas. Rechts
                                         der Empfang, links das Büro von
                                         Gründer und Geschäftsführer Fabian
                                         Riedel (35). Zurückgekämmtes Haar,
                                         schwarze Hose, weißes Hemd.
                                                                                  mitmachen darf beim Bocuse d’Or
                                                                                  Germany – dem renommiertesten
                                                                                  Kochwettbewerb der Welt.
                                                                                  Jetzt bittet er seine Assistentin, erst
                                                                                  einmal eine Kostprobe ins Büro zu
                                                                                  bringen. Auf einem Tellerchen ser-
                                                                                  viert sie ein appetitlich angerichtetes
                                                                                  Garnelen-Dreierlei. Tatar, Ceviche
                                                                                  und eine in Öl gebratene Garnele.
Plakate mit der Aufschrift: „Good        Riedel hat Jura studiert, promovierte,   Leuchtend orangefarben der Panzer,
Gamba – Die Bayerische Garnele“.         war auf dem besten Weg in eine An-       das Fleisch leicht nussig und wunder-
Hier kommt sie also her, die Indoor-     waltskanzlei. Da kam ihm 2012 die        bar knackig. Die hohe Qualität springt
Garnele des jungen Unternehmens          White-Tiger-Warmwassergarnele da-        einen förmlich an. Im Gegensatz zu
Crusta Nova, das seit Februar 2016       zwischen. Dass er einmal mit Tier-       konventionellen Garnelen, die oft ein
den Seafood-Markt in Deutschland         zucht sein Geld verdienen würde, hät-    halbes Jahr blockgefroren aus Süd-
und Österreich revolutioniert. Aus       te Riedel früher nicht im Traum          amerika und Südostasien nach Euro-
artgerechter Haltung und ohne Anti-      gedacht. Auch nicht, dass er 2017 mit    pa verschifft werden, könnte diese
biotika. Fangfrisch lieferbar, niemals   seinem Start-up den Bayerischen          Garnele nicht frischer sein.
tiefgefroren, nachhaltig erzeugt und     Gründerpreis gewinnen würde. Oder        Keine fünf Meter neben Riedels Büro
vielleicht bald bio. Das begeistert      dass er 2018 mit seinen Garnelen         gibt es noch mehr davon. Rund eine

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Janina Interview: die bayerische Wirtschaft
PORTRÄT

                                                                                                     Gründer und Geschäftsführer Fabian Riedel

   Die großen Zuchtbecken sind aus einem Kunststoff gefertigt, der resistent gegen Salzwasser ist.
   Die Beckenränder sind mit Netzen versehen, denn gelegentlich springen die Garnelen aus dem
   Wasser.

   Million. In der Halle herrschen tropi-           die Zuchtstationen nach einigen Jah-              Riedel, der sich auch gern Großstadt-
   sche 30 Grad. Die hohe Luftfeuchtig-             ren nicht mehr zu gebrauchen, blei-              fischer nennt, „weil sie genügend
   keit lässt sofort die Kameralinse be-            ben in der Natur irreparable Schäden             Platz und keinen Stress hat, sind ihre
   schlagen – und treibt dem Besucher               zurück. Und auch die sozialen Stan-              langen Fühler noch dran. Wir können
   den Schweiß auf die Stirn. Die Gar-              dards für die Arbeitskräfte lassen ge-           hier den Mangrovenwald nicht nach-
   nelen schwimmen – aufgeteilt in drei             wöhnlich zu wünschen übrig.                      bauen. Aber wir können es besser
   Generationen – in acht Kunststoff-­              Bei Crusta Nova ist die Produktion               ­machen als andere Züchter. Unsere
   Becken, je 5 mal 35 Meter groß. Das              transparent. Die Larven bezieht die               Garnelen fühlen sich wohl und sind
   29 Grad warme Wasser ist vom Meer-               Manufakur aus Florida, das zertifizier-           hochvital.“
   salz und von den Futterrückständen               te Futter kommt aus Frankreich. Ge-               30 Tonnen produziert Crusta Nova pro
   etwas trüb, „so wie es die Garnelen              tötet werden die Garnelen mit Gleich-             Jahr. 79 Euro kostet das Kilo. Ein
   von ihrer Heimat in den Tropen ge-               strom. „Das ist die schonendste                   stolzer Preis. Den Kunden sind sie
   wöhnt sind“, erklärt Riedel.                     Methode“, sagt Riedel. Das Wasser                 das wert. „Es gibt immer mehr Men-
   Nur, dass bei ihm und seinen zwölf               wird mechanisch und biologisch von                schen, die sich mal was gönnen. Die
   Mitarbeitern vor den Toren Münchens              Bakterien gereinigt und zu 98 Prozent             Leute denken mehr über ihre Ernäh-
   bessere Bedingungen herrschen als in             wiederverwendet. Da braucht es keine              rung nach, sind sensibler geworden,
   den Mangrovenwäldern, in denen sie               Antibiotika und Hormone.                          informieren sich“, sagt Riedel, „Regi-
   sonst gezüchtet werden. Um die ext-              Er steht am Beckenrand und fischt ein             onalität und Frische liegen voll im
   rem krankheits- und stressanfälligen             etwa 15 Zentimeter langes Tier her-               Trend.“
   Garnelen durchzubringen, kommen                  aus. „Die ist jetzt etwa ein halbes Jahr          Vertrieben werden die Garnelen luft-
   dort oft Antibiotika zum Einsatz. Sind           alt und erwachsen“, erklärt Fabian                dicht verpackt und in Styroporkisten

                                                                          8
Janina Interview: die bayerische Wirtschaft
PORTRÄT

       gekühlt und mithilfe eines externen          beiden entstand eine Idee: Seafood      mittlerweile wissen wir, was Garnelen
       Logistikpartners. Wenn ein Münchner          nachhaltig und hochwertig dort zu       wollen und was nicht“, sagt Riedel.
       vor 12 Uhr im Crusta Nova Online-            produzieren, wo es konsumiert wird.     Ein Patent für die Anlage anzumel-
       Shop bestellt, bekommt er schon              Aus der Idee wurde ein Projekt, aus     den, stand bisher nicht im Raum.
       abends die eigens für ihn gefangenen         dem Projekt ein Unternehmen. Einen      „Die Markteintrittsbarrieren sind sehr
       Garnelen zugestellt. „Ordert abends          Monat später gründeten sie die Crusta   hoch“, sagt Riedel, vielleicht werde
       jemand in Passau, liefern wir am             Nova GmbH. Riedel und Assmann           das Thema später einmal relevant.
       nächsten Tag zwischen 8 und 10               entschieden sich jedoch für Garnelen,   Doch daran, dass er expandieren will,
       Uhr“, schwärmt Riedel, „das ist groß-        weil diese besser zu züchten und zu     lässt Riedel keinen Zweifel. Sein
       artig. Die Garnelen sind keinen Tag          vermarkten sind als Flusskrebse.        Kompagnon Maximilian Assmann ist

      B
       alt.“                                        Sie befragten Experten, gewannen ei-    aus gesundheitlichen Gründen mitt-
                   is dahin war es ein harter       nen bayerischen Fleischverarbeiter      lerweile nicht mehr im Boot. Riedel
                   Weg – oder Umweg. Denn           als Investor vom Fach, akquirierten     macht weiter mit dem Team. Das
                   begonnen hat alles im            Fördergelder von der EU. Mit einem      nächste Ziel: Bio. „Die Pläne sind
                   Jahr 2012 gar nicht mit          Aquakultur-Spezialisten konzipierten    ganz akut. Wir sind mit dem Verband
                   Garnelen, sondern mit            sie ihre moderne, per Smartphone        Naturland im Gespräch“, sagt Riedel.
       australischen Flusskrebsen. Fabian           steuerbare Aquakultur-Anlage. Zwar      Ebenfalls in der Pipeline: Kleinere
       Riedels Schulfreund Maximilian               wirken die großen Becken auf den        und andere Verpackungen. Den pas-
       Assmann, ein Lebensmitteltechnolo-           ersten Blick wenig kompliziert. Doch    senden Wein bietet Crusta Nova
       ge, züchtete diese zu Forschungszwe-         die Abläufe sind komplex: Die Luft-     schon: den „Good Gamba’s Riesling“
       cken in seiner Münchner Wohnung.             und Wassertemperatur, der Salz- und     vom renommierten Pfälzer Weingut
       Eines Tages besuchte ihn Riedel, der         Sauerstoffgehalt im Wasser sind nur     Emil Bauer. Und inspirierende Gar-
       gerade an seiner Doktorarbeit schrieb,       einige Parameter, die stimmen müs-      nelen-Rezepte gibt’s jeden Monat auf
       und war begeistert. In den Köpfen der        sen. „Es war ein langer Prozess. Aber   der Website. F
                                                                                                                                     Anzeige

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Janina Interview: die bayerische Wirtschaft
Fotos: Astrid Schmidhuber

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                                                                             Weltraum-Mission und ein russischer Uni-
                                                                            form-Hut. „Bei den Russen ist die Raumfahrt
                                                                                       militärisch organisiert.“

                                                            Das Emblem von Ulrich                                            Das Modell eines Space-Shuttles:
                                                          Walters Weltraum-Mission,                                            „Schade, dass das Programm
                                                            unterschrieben von allen                                         eingestellt wurde. Die Astronauten
                                                          Crew-Mitgliedern, hat einen                                           haben das Shuttle geliebt.“
                                                          prominenten Platz im Büro.

                             Ulrich Walter, schwerelos,
                            während seiner D2-Mission.

                                                                                        Im Weltall mit dabei: Mit diesem
                                                                                        Besteck aß Ulrich Walter während
                                                                                         seines Aufenthalts im All. „Jeder
                                                                                              Astronaut darf ein paar
                                                                                         persönliche Gegenstände mit ins
                                                                                        All nehmen. Bei mir waren es diese
                                                                                          Gedenkmünzen und Drucke des
                                                                                             Künstlers Charles Wilp.“

                                                                                        10
MACHTRAUM                                                             DER KOMMENTAR
                                                                              von ALFRED GAFFAL

W                  enn der Deutsche
                   Alexander Gerst in zwei
                   Monaten ins All fliegt,
                   gibt es nicht allzu viele,
die wissen, wie sich das anfühlt: Nur 556
Menschen waren bisher im All. PROF. DR.
ULRICH WALTER ist einer von ihnen.
                                                 Die drei großen Herausforderungen
                                                   für die neue Bundesregierung
                                                Die neue Bundesregierung, die am
                                                14. März 2018 vereidigt wurde, steht vor
                                                großen Herausforderungen: international,
                                                in Europa und in Deutschland.
                                                                                                braucht schnell Berechenbarkeit und
                                                                                                Rechtssicherheit. Hauptziel der Verhand-
                                                                                                lungen muss der Abschluss eines umfas-
                                                                                                senden Handelsabkommens zwischen der
Nach Physikstudium, Promotion und For-          International gilt es, die starke wirtschaft-   EU und Großbritannien sein. Zölle und
schungsaufenthalt in den USA wurde er           liche Stellung Deutschlands zu festigen.        nicht tarifäre Handelshemmnisse darf
1987 als Wissenschaftsastronaut ins deut-       Dies ist in Zeiten, in denen in den USA         es nicht geben. Auch die Arbeitnehmer-
sche Astronautenprogramm berufen, 1993          mehr und mehr der Protektionismus ein-          freizügigkeit darf auf keinen Fall einge-
flog er mit der deutschen Spacelab-D2-          zieht und in China der staatliche Einfluss      schränkt werden.
Mission an Bord des (später verunglück-         auf die Wirtschaft zunimmt, kein leichtes       Innenpolitisch brauchen wir einen ande-
ten) Space Shuttles „Columbia“ für neun         Unterfangen. Es gilt dabei vor allem, der       ren Kurs. Schon die letzte Bundesregie-
Tage ins All. Heute lehrt er als Professor      US-Administration zu verdeutlichen, dass        rung hat die Agenda 2010 aufgeweicht.
                       Raumfahrttechnik an      der Wohlstand diesseits und jenseits des        Der Koalitionsvertrag sieht jetzt ein weite-
                                                Atlantiks auf freiem Handel beruht. Das         res Zurückdrehen der Errungenschaften
                         der Fakultät Ma-
                                                große Engagement der deutschen                         dieses Reformprojekts vor. Das darf
                         schinenwesen der
                                                und bayerischen Wirtschaft                                 nicht sein.
                         Technischen Uni-       schafft in hohem Umfang Wert-                                Die Agenda 2010 hat wesent-
                       versität (TU) Mün-       schöpfung und Arbeitsplätze                                   lich dazu beigetragen, dass
                    chen. Sein Büro hat er      in den USA. Eine Studie der                                   sich Deutschland vom „kran-
                     am Campus in Gar-          vbw zeigt, dass allein die bay-                               ken Mann Europas“ zur
                      ching – viele Expona-     erischen Unternehmen für                                     Wachstumslokomotive entwi-
                      te der Raumfahrt sind     530.000 Arbeitsplätze in den                                ckelt und seine Wettbewerbsfä-
                     in den dortigen Räu-       USA sorgen und einen wichtigen                           higkeit wiedererlangt hat. Dies gilt
                     men ausgestellt: Dü-       Beitrag zur US-amerikanischen Wert-                gerade für den Arbeitsmarkt. Zwischen
                        sen, Satellitenteile,   schöpfung leisten. Dieser ökonomische           2005 und 2017 sank die Arbeitslosenquo-
                          Forschungsgerät-      Erfolg darf nicht durch aktuelle Beschlüs-      te in Deutschland im Jahresdurchschnitt
                                                se der US-Regierung für mehr Protektio-         von 11,7 auf 5,7 Prozent und es wurden
                          schaften. Walter
                                                nismus und Strafzölle gefährdet werden.         5,8 Millionen sozialversicherungspflichti-
                         pflegt das Prinzip
                                                Zentrale Zukunftsaufgaben gilt es auch in       ge Arbeitsplätze geschaffen.
                  der offenen Türe: Seine       Europa zu lösen. Die EU muss ihre Struk-        Die neue Bundesregierung darf diese Re-
Studenten können jederzeit zu ihm.              tur für die Zukunft finden. Die neue Bun-       formerfolge keinesfalls weiter zurückdre-
„Raumfahrt ist Zukunft“, findet er, doch        desregierung muss klar machen, dass wir         hen – etwa durch die Einschränkung be-
„den Deutschen ist Raumfahrt egal – dabei       nicht „mehr Europa“, sondern ein „besse-        fristeter Beschäftigungsverhältnisse oder
geht da draußen gerade die Post ab“. Hier-      res Europa“ brauchen. Das heißt: Die            die Schaffung eines Rückkehrrechts von
zulande würden Museen gebaut, um die            Bundesregierung muss weiter dafür wer-          Teilzeit auf Vollzeit für alle. Stattdessen
Vergangenheit zu feiern, Amerikaner oder        ben, dass alle EU-Länder wettbewerbsfä-         brauchen wir eine inhaltliche Erneuerung
Chinesen seien anders, dort sehe man die        higer werden. Bestrebungen, die auf zu          der Agenda 2010. Ein Schwerpunkt muss
Zukunft als Chance. Immerhin: Als „Zaun-        viel Staat, mehr Steuern, mehr Bürokratie       die erfolgreiche Gestaltung der digitalen
gäste“ seien die Europäer ein wenig mit         und mehr Umverteilung hinauslaufen, gilt        Arbeitswelt sein. Die Wirtschaft benötigt
                                                es zu unterbinden. Deutschland darf nicht       mehr Flexibilität, um im internationalen
dabei: Mit den Geldern des eingestellten
                                                zu hohe Bürden tragen. Wir begrüßen in          Wettbewerb zu bestehen und die Wachs-
Space-Shuttle-Programms arbeiteten die
                                                diesem Zusammenhang die Absage der              tumslokomotive Deutschland auch für die
USA an einem neuen Mondprogramm, Eu-            Kanzlerin an eine Transferunion. Nach           kommenden Generationen am Laufen zu
ropa liefere dazu das Service-Modul. 2019,      dem Subsidiaritätsprinzip ist die Sozial-       halten. Die neue Bundesregierung muss
so die Planungen, solle der erste Flug statt-   und Beschäftigungspolitik Sache der Mit-        die Wirtschaft in den Mittelpunkt ihrer
finden, 2021 womöglich sogar wieder eine        gliedstaaten – und muss es auch bleiben.        Arbeit stellen.
erste bemannte Mondlandung – knapp 50           Daher darf auch ein „Europäischer Sozial-
Jahre nachdem Menschen zum letzten Mal          pakt“ auf keinen Fall Realität werden.
den Erdtrabanten betreten haben und             Parallel dazu gilt es, die Brexit-Verhand-      Alfred Gaffal ist Präsident der vbw –
knapp 30 Jahre nach Walters All-Flug. F         lungen 2018 zügig und für die EU erfolg-        Vereinigung der Bayerischen Wirt-
                                                reich abzuschließen. Die Wirtschaft             schaft e. V. F

                                                                     11
Fotos: Alexander Kain
INTERVIEW

„Maschinen werden
nie ein Herz haben“
Siemens-Personalvorständin Janina Kugel erklärt, welche Rolle der Mensch in der digitalen Z
                                                                                          ­ ukunft
       spielen wird und wie sich Unternehmen und Gesetzgeber darauf vorbereiten sollten

Wie, glauben Sie, sieht die Arbeits-      und wie viele Handgriffe dafür not-       berufe oder die Gastronomie: Da kön-
welt der Zukunft aus, sagen wir mal,      wendig waren. Und dann schauen Sie        nen Sie vielleicht Teilprozesse digita-
in 30 Jahren?                             sich an, wie viel heute schon vollauto-   lisieren und automatisieren. Aber am
Wenn ich das wüsste, würde ich wahr-      matisiert läuft. Und trotzdem braucht     Ende braucht es immer noch den
scheinlich den Nobelpreis bekom-          es auch in Zukunft den Menschen mit       Arzt, die Pflegerin und den Gastwirt.
men. Im Ernst, der amerikanische          seinen kognitiven, kreativen, empa-       In anderen Branchen sind schon jetzt
Journalist Tom Friedmann hat das          thischen und emotionalen Fähigkei-        die Änderungen disruptiv. Nehmen
einmal sehr gut auf den Punkt ge-         ten. Maschinen werden nie ein Herz        wir mal den Bereich Forschung und
bracht, als er sagte: Jahrhundertelang    haben. Hand, Kopf und Herz müssen         Entwicklung: Früher wurden Dinge
haben wir mit unseren Händen gear-        zusammenwirken und das wird auch          designt, dann wurden Prototypen zu-
beitet, dann mit dem Kopf und jetzt       in der Digitalisierung nach wie vor       sammengeschweißt und schließlich
mit dem Herzen. Bei Themen wie Di-        eine große Rolle spielen.                 getestet. All das geschieht heute digi-
gitalisierung und Industrie 4.0 den-                                                tal: Software bildet die Realität nach,
ken wir darüber nach, welche Prozes-                                                simuliert sie. Das ist deutlich billiger
se automatisiert und digitalisiert                                                  und geht viel schneller. Gleichwohl
werden können. Was die Menschen                „SCHALTSTELLE                        muss diese virtuelle Welt irgendwann
beschäftigt und bisweilen natürlich                                                 mit der realen Welt verbunden wer-
auch verängstigt, ist die Frage, ob es        VON VIRTUALITÄT                       den. Und genau an dieser Schaltstelle
am Ende überhaupt noch Menschen                UND REALITÄT“                        von Virtualität und Realität entschei-
dazu braucht.                                                                       det sich in elementarer Weise die Zu-
                                                                                    kunft der Arbeitswelt.
Roboter, Avatare und Künstliche
­Intelligenz als Job-Killer. Wird das                                               Wo stehen wir bei dieser Entwick-
 kommen?                                  Sie beschreiben in romantischen           lung?
 Natürlich wird die zunehmende Digi-      Worten nichts weniger, als dass in        Es gibt Studien, denen zufolge nur
 talisierung dazu führen, dass manche     unserer Arbeitswelt kein Stein auf        etwa fünf Prozent dessen, was heute
 Arbeitsplätze in ihrer jetzigen Form     dem anderen bleiben wird.                 Menschen machen, vollautomatisiert
 wegfallen – die Frage ist nur, in wel-   In bestimmten Branchen wird sich an       von Maschinen gemacht werden kön-
 chen Feldern und in welchem Aus-         der herkömmlichen Arbeitswelt nicht       nen. Ich glaube, dass viele Arbeits-
 maß. Schauen Sie sich mal an, wie        viel ändern, oder nur ganz langsam.       schritte, die wir heute noch tun, auch
 Produktion früher stattgefunden hat      Nehmen Sie ein Krankenhaus, Pflege-       automatisiert werden können und erst

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dann Menschen zum Einsatz kommen,         und Weiterbildung. Was muss ein            Völlig. Nehmen wir mal das Thema
wenn wir von der Routine abweichen.       Fräser, ein Elektriker oder ein Elekt-     Innovation. Siemens gibt es seit mehr
                                          roniker können? Ein Fräser wird auch       als 170 Jahren. Wir sind erfolgreich,
Aber es wird weiterhin technologi-        in Zukunft Fräsen lernen. Aber er          also war es nicht immer schlecht, was
schen Fortschritt geben, und irgend-      muss in Zukunft auch 3-D-Druck             wir gemacht haben. Trotzdem müssen
wann sind es nicht mehr nur fünf          können und ein tiefes Verständnis für      wir uns immer wieder rechtzeitig und
Prozent. Wo bleibt da der Mensch?         zunehmend komplexe Prozesse entwi-         schnell genug erneuern – nicht, dass
In der Tat: Wo standardisierte Prozes-    ckeln. Vernetzung wird wichtiger,          irgendwann andere kommen und et-
se laufen, ob in der Produktion oder      auch für die Ausbildungsinhalte. So        was besser machen. Also müssen wir
am Schreibtisch, wird der Druck zur       ist das in vielen Berufen. Damit ist ei-   uns bei der Frage, wie die Zukunft
Automatisierung zunehmen. Das wird                                                   der Arbeit aussieht, auch überlegen:
aber nicht über Nacht passieren. Das                                                 Was machen wir agil und wo gehen
wird ein stetiger Prozess sein und                                                   wir mit ganz neuen Methoden ran,
dem müssen wir uns stellen. Das Inte-        „EIN FRÄSER MUSS                        damit wir frei von Hierarchien oder
ressante dabei: im privaten Bereich                                                  alten Konventionen diejenigen am
tun wir das ja schon. Viele Dinge, die        AUCH 3-D-DRUCK                         besten einbinden können, die die
wir früher bei anderen Menschen er-              KÖNNEN“                             zündenden Ideen haben? Und wo
fragt haben, erledigen wir heute selbst                                              müssen andere Dinge, etwa Arbeits-
mit einer App. Aber es wird auch be-                                                 sicherheit, weiterhin allererste Prio-
deuten, dass einige ihren Arbeitsplatz                                               rität haben?
verlieren werden und den bisherigen
Beruf nicht mehr ausüben können,          nes klar: Der Anteil der ungelernten       Welche Bedeutung wird das Thema
sondern sich weiterqualifizieren wer-     Arbeitskräfte wird deutlich zurückge-      Flexibilität haben?
den müssen.                               hen – zumindest in Technologie-Un-         In der Arbeitswelt der Vergangenheit
                                          ternehmen. Die fortwährende Weiter-        galt für so ziemlich alle Tätigkeiten,
Damit ändern sich auch die Berufs-        qualifikation wird essenziell werden.      dass man sie nur an einer bestimmten
bilder, oder?                                                                        Stelle im Unternehmen – am Fließ-
Ja, und deshalb beschäftigen wir uns      Inwiefern wird das die Arbeitsorga-        band oder am Schreibtisch – verrich-
damit auch regelmäßig in der Aus-         nisation der Zukunft ändern?               ten konnte. Schon heute ist das durch

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INTERVIEW

Digitalisierung und neue Kommuni-         anpassen müssen. Viele Regelungen           Un- und Angelernten von Jahr zu Jahr.
kationstechnologien anders. Und in        stammen ja aus einer Zeit, in der die       Was mich allerdings besorgt: In fast
Zukunft wird das noch umfassender         Flexibilität und Digitalisierung noch       keinem Land der Welt ist der Bil-
werden. Etwa durch digitale Zwillinge     nicht so weit war. Muss es Jobs geben,      dungsabschluss so von der sozialen
und virtuelle Realität. Ich habe kürz-    in denen die Elf-Stunden-Ruherege-          Herkunft geprägt wie hierzulande.
lich eine viele Tausend Kilometer ent-    lung richtig ist? Ja, aber es gibt viele,   Die Chancen eines Arbeiterkindes, ei-
fernte Produktionsanlage besichtigt       in denen das eher hinderlich ist. Fle-      nen akademischen Abschluss zu er-
und ausprobiert – mithilfe einer          xibilität bedeutet zu hinterfragen: Was     langen, sind deutlich geringer als in
3-D-Brille. Dadurch entsteht räumli-      braucht das Unternehmen? Und was            anderen Ländern. Unser Ziel muss es
che Flexibilität und oft auch zeitliche   brauchen die Menschen?                      sein, so viele junge Menschen wie
Flexibilität. Deutschland ist noch sehr                                               möglich in eine qualifizierte Ausbil-
geprägt von der Präsenz-Kultur, aber                                                  dung zu bringen. Umgekehrt muss die
das ändert sich zunehmend. Und da-                                                    junge Generation wissen, dass eine
mit auch, wie Unternehmen und Men-        „ES ENTSTEHT RÄUM­                          Berufsausbildung heute nur den Ein-
schen geführt werden. Es geht nicht                                                   stieg in den Beruf darstellt, man sich
darum, den Mitarbeitern kontrollie-       LICHE UND ZEITLICHE                         danach aber immer weiterqualifizieren
rend den ganzen Tag über die Schul-          FLEXIBILITÄT“                            muss. Lebenslanges Lernen ist ange-
ter zu gucken. Ausschlaggebend ist                                                    sagt. Und das gilt übrigens für alle,
doch letztlich der Output – da wieder-                                                die heute im Erwerbsleben stehen.
um ist es nachrangig, wann, wo und
wie Aufgaben erledigt werden. Die                                                     Ein Motto, das man kaum mehr
Ergebnisse zählen.                        Und wie sieht es mit unserem Bil-           ­hören kann …
                                          dungssystem aus? Ist es gewappnet            … das aber real ist. Zu sagen, ich ma-
Ist das überhaupt rechtlich zulässig?     für die Anforderungen der Zukunft?           che zwei Tage Schulungen im Jahr,
Es gibt schließlich ein Arbeitszeitge-    Als Technologieunternehmen werden            dann bin ich wieder fit! Vergessen Sie
setz.                                     wir in Zukunft nur Menschen mit ei-          es! Lernen wird eine kontinuierliche
In der Tat: Dieser Flexibilität in der    ner qualifizierten Berufsausbildung          Lebensaufgabe. Bei Menschen kann
Arbeitswelt der Zukunft wird sich         beschäftigen können. In allen unseren        man halt nicht einfach ein Software-
auch das deutsche Arbeitszeitgesetz       Berufsgruppen sinkt der Anteil der           Update aufspielen. Deshalb wird hier

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die Wirtschaft selbst einen höheren      Möglichkeiten, am Arbeitsplatz nicht      der Schule nach Hause kommen, in
Beitrag leisten müssen: Wenn sich ein    als Individuum verloren zu gehen. Sie     der die Familie üblicherweise beiein-
Erwachsener heute weiterqualifizieren    wollen sich entfalten, aber auch Zeit     ander ist, in der das soziale Leben
will und das eigene Unternehmen          für andere Dinge haben. Eine kleine       stattfindet.
nicht groß genug ist, dann bleiben nur   Anekdote aus einem Werk in Däne-
Volkshochschule oder Fernuni. Das        mark: Dort könnten wir eigentlich im      Was bedeutet all das für die Gesell-
müsste nicht sein: Viele Berufsschu-     Drei-Schicht-Betrieb arbeiten. Wir        schaft?
len und die Lehr- und Ausbildungs-       bekommen die aber nicht zusammen.         Die Gesellschaft wird sich verändern.
werkstätten großer Unternehmen ste-      Raten Sie mal: In welcher Schicht will    Und wir müssen uns auf diese Verän-
hen am Abend leer. Dort gibt es          keiner arbeiten?                          derungen einlassen. Denn andere in
Schulungsräume, Geräte und Maschi-                                                 der Welt sind hungrig nach Erfolg.
nen. Warum werden die nicht genutzt,                                               Unser Wohlstand ist nicht in Stein ge-
um Mitarbeiter, etwa kleiner Hand-                                                 meißelt, er droht sich global umzuver-
werksbetriebe, weiterzuqualifizieren?       „ANDERE IN DER                         teilen. Die heute wohlhabenden
Das müssen wir gemeinsam angehen,                                                  Volkswirtschaften müssen sich fragen:
Wirtschaft, Politik, Sozialpartner und     WELT SIND HUNGRIG                       Was müssen wir tun, um unseren
Gesellschaft.                                NACH ERFOLG“                          Wohlstand zu erhalten?

Wie viel von all den Änderungen der                                                Die Antwort?
Arbeitswelt der Zukunft ist von tech-                                              Nicht festhalten an dem, was uns in
nologischem Fortschritt getrieben,                                                 der Vergangenheit erfolgreich ge-
wie viel ist soziale Errungenschaft?     In der Nachtschicht?                      macht hat, sondern das tun, was uns
Früher hat man gearbeitet, um das        Nein. In der Schicht von 15 bis 22        auch in Zukunft erfolgreich sein
Geld zu verdienen, das man brauchte,     Uhr. Weil das in Skandinavien die ab-     lässt.
um seinen Lebensunterhalt zu be-         solute Kernzeit der Familie ist. Wir
streiten. In der jungen Generation er-   finden genügend Leute für die Früh-
leben wir immer öfter die Frage nach     schicht um sechs und genügend, die        Die Volkswirtin Janina Kugel ist
dem Warum. Die Millennials, aber         in der Nacht arbeiten. Aber nieman-       ­Mitglied des Vorstandes von Siemens
nicht nur die, suchen nach Sinn, nach    den für die Zeit, in der die Kinder von    und leitet das Personalwesen. F

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STANDPUNKT

D             igitalisierung als Mega­
              trend begegnet uns im-
              mer und überall. Durch
              digitale Technologien
werden die Arbeitswelt ganz gleich
welcher Branche, die Gesellschaft
und auch unser Privatleben allumfas-
                                          Wir brauchen eine
send verändert.
Innovative Kommunikationstechnik,
das Internet der Dinge, Künstliche In-
telligenz, Assistenzsysteme, virtuelle
                                           Digitale Kultur
Realität oder 3-D-Drucker haben eine
Zeitenwende eingeleitet, die sich in        Professor Birgit Spanner-Ulmer, Direktorin des Bayerischen
atemberaubendem Tempo entwickelt.
Das liegt an immer leistungsfähigeren     Rundfunks, erklärt, wie sich die Gesellschaft auf die revolutionä-
Geräten und hochtechnisierter Daten-                    ren Veränderungen einstellen kann
übertragung.
In der Medienbranche haben die
Menschen in der Vergangenheit Infor-
mationen vorwiegend aus den Zeitun-
gen, dem konventionellen Fernsehen        ben vorausdenken, um vorbereitet zu        wird, und dafür, wie der Mensch da-
und dem Hörfunk erhalten. Durch die       sein, um Entwicklungen rechtzeitig         mit umgehen kann.
ständige Verfügbarkeit des Internets      beeinflussen zu können und um die          Um die Chancen und Risiken dieser
kann jeder Einzelne seine Version ei-     notwendige Akzeptanz der Nutzer zu         Entwicklungen bewerten zu können,
nes Ereignisses selbst verbreiten. Je-    erreichen:                                 sind weitere Voraussetzungen zu
der kann zum Produzenten                            Wir müssen Digitalisierung       schaffen:
neuer Nachrichten wer-                                   denken, damit wir eine      • Digitale Bildung muss in den Schu-
den. Aber stimmen                                            neue, eine Digitale        len beginnen.
die Angaben oder                                               Kultur entwickeln     • Wir brauchen mehr IT-Kompetenz
bildet das abge-                                                können. Der Zu-         in Ausbildungs- und Studiengängen
rufene Video                                                     kunftsrat der          und wir werden neue Berufsbilder
den wahren                                                        Bayerischen           schaffen müssen.
Sachverhalt                                                       Wirtschaft be-     • Maßnahmen zur Weiterqualifikation
überhaupt ab?                                                     fasst sich genau      sind zu entwickeln. Das bedeutet Be-
Soziale Medien                                                    mit diesen As-        reitschaft „zu lebenslangem Lernen“.
wie Facebook,                                                    pekten. Men-        • Fragen zu Arbeits- und Beschäfti-
Instagram, Snap-                                                schen und Unter-        gungsformen sind zu klären mit
chat oder Twitter                                             nehmen sollen             weitreichenden juristischen und
ermöglichen neue                                            branchenübergreifend        ethischen Fragestellungen.
Formen der Kommunika-                                   für neue Technologien        Die neue Digitale Kultur ist dann er-
tion und Vernetzung. Gleich-                      und ihre Konsequenzen sensi-       folgreich, wenn die Menschen sich ger-
zeitig geht mit der fehlenden persönli-   bilisiert werden. Dazu werden Studien      ne darauf einlassen, weil sie feststel-
chen Nähe und der Möglichkeit der         erstellt, die Rechtslage analysiert und    len, dass Digitalisierung ihnen nutzt
Anonymität eine neue Form der Ver-        einmal jährlich eine Konferenz mit         und ihnen neue Perspektiven bietet.
rohung einher. Beschimpfungen und         vielen Ausstellern veranstaltet, die       Daran sollten wir uns messen lassen.
                                                                                                                               Foto: BR/Ralf Wilschewski

Drohungen sind keine Seltenheit.          ihre innovativen Technologien präsen-
Wird es uns gelingen, Regulierungen,      tieren. Anhand vieler Inputs der Ex-
die unserem heutigen Wertesystem          perten aus den verschiedensten Be-         Professor Dr. Dr. Birgit Spanner-­
entsprechen, durchzusetzen?               reichen unseres Lebens wächst die          Ulmer ist Produktions- und Technik-
Wir müssen also die Auswirkungen          Vorstellungkraft für das, was die Zu-      direktorin des BR, Mitglied des
digitaler Möglichkeiten auf unser Le-     kunft der Digitalisierung bringen          ­Zukunftsrats der vbw. F

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Foto: Tupungato/fotolia.com
POLITIK

                    America first!
                     Und dann?
 „Amerikanische Autos werden auf den Straßen fahren und amerikanischer Stahl wird neue Wolken-
kratzer hochziehen“, hat Donald Trump im US-Präsidentschafts-Wahlkampf 2016 angekündigt. Dann
       war ein Jahr lang mehr oder weniger Ruhe. Macht er seine Versprechen nun doch wahr?

D              onald Trump findet, die
               Globalisierung sei un-
               gerecht. Sein Land wer-
de benachteiligt und von seinen Han-
delspartnern unfair behandelt. Das sei
traurig. „America first“, rief Trump
                                         „Aufgrund der Langlebigkeit unserer
                                         Farben ist der Bedarf zum Nachstrei-
                                         chen oder Ausbessern gering. Wenn
                                         jedoch Farbe benötigt wird, ist Keim
                                         nach wie vor Lieferant für das Weiße
                                         Haus“, heißt es in Augsburg. Es geht
                                                                                  Milliarden Euro verkauften bayeri-
                                                                                  sche Unternehmen im vergangenen
                                                                                  Jahr über den Atlantik hinweg, 4,7
                                                                                  Prozent mehr als im Vorjahr.
                                                                                  Gefragt waren vor allem Kraftwagen
                                                                                  und Kraftwagenteile sowie Maschi-
seinen Landsleuten deshalb zu – und      um ein paar Liter im Jahr. Aber im-      nen. Die weiß-blauen Importe aus den
die wählten ihn zum US-Präsidenten.      merhin. Qualität setzt sich durch.       USA lagen bei 11,6 Milliarden Euro,
Nun sitzt er im Weißen Haus. Das         Möchte man meinen.                       ein Minus von 0,4 Prozent. Bayerns
Weiße Haus ist ein Symbol. Für vie-      Anderthalb Jahre sitzt Trump nun im      Außenhandelsüberschuss gegenüber
les. Über viele Jahrzehnte stand es      Weißen Haus. Seitdem schlägt sich        Trump-Land ist also sogar noch grö-
unter anderem für die Stärke der         die Welt herum mit Themen wie Pro-       ßer geworden. Doch der Wind droht

                                                                                  Z
westlichen Welt, für die Anziehungs-     tektionismus, Strafzölle und Abschot-    sich zu drehen.
kraft von Freiheit und Demokratie, für   tung. Allzu viele Taten hat Trump sei-               war war die Steuerreform,
das Wohlstands-Versprechen des frei-     nen diesbezüglichen Worten bisher                    die unter Trump erlassen
en Welthandels.                          nicht folgen lassen.                                 worden war, durchaus ein
Das Weiße Haus ist: weiß. Zumindest      Im Wahlkampf hatte er sich noch auf                  Antreiber für die US-Bin-
die Farbe hat sich unter Donald          Unternehmen wie BMW eingeschos-                      nenkonjunktur – „das
Trump nicht geändert. Es ist ein schö-   sen und 35-prozentige Strafzölle auf     US-Steuerpaket wirkt sich zumindest
nes Weiß, rein, unschuldig, strahlend.   importierte Fahrzeuge angedroht.         kurzfristig positiv auf die Konjunktur
„America first“ und „Make America        Dann war plötzlich Ruhe. Offenbar        in den USA aus. Davon profitiert der-
great again“, sagt Donald Trump und      habe ihm jemand mal erklärt, dass        zeit Bayerns Exportwirtschaft“, stellte
meint: „Wir Amerikaner können es         BMW tatsächlich der größte Autoex-       Bayerns Wirtschaftsministerin Ilse
besser. Wir sind besser. Wir brauchen    porteur der USA ist, größer als Ford     Aigner im März fest. Doch schon bei
die anderen nicht.“                      oder General Motors, hieß es.            den Unternehmen selbst sieht man
Doch das Weiß des Weißen Hauses          2017, das erste Jahr unter Trump, hat    vieles ambivalent. „Für uns bei ZF
kommt nicht aus Amerika. Es kommt        sich in der bayerischen Export-Bilanz    beispielsweise bietet die Steuerreform
aus Deutschland. Aus Bayern. Aus         nicht niedergeschlagen. Das ist be-      sowohl Vor- als auch einige Nachtei-
Augsburg, genau genommen. Das Un-        achtlich. Die USA sind Bayerns wich-     le“, sagte Dr. Franz Kleiner, im Vor-
ternehmen Keim liefert die Farbe. Bis    tigster Exportmarkt. Güter und           stand der ZF-Friedrichshafen AG zu-
heute. Auch unter Donald Trump.          Dienstleistungen im Wert von 21,5        ständig für Nordamerika, dem vbw

                                                          19
POLITIK

   Unternehmermagazin. „Die Senkung          überzeugen, dass es in seinem eige-        der das gesamte System des freien
   der Körperschaftsteuer von 35 auf 21      nen Interesse ist, keinen Handels-         Welthandels in Frage stellen könnte,
   Prozent wird unser Geschäft in den        krieg anzuzetteln“, sagte Lindner.         wie Experten warnen. Und das, so er-
   Vereinigten Staaten vereinfachen, die     Bisher zeigt man sich also gegenseitig     gänzt der Präsident des Bundesver-
   Abschaffung des Sofortabzugs von          die Folterwerkzeuge. Eigentlich irre.      bandes der Deutschen Industrie
   Forschungs- und Entwicklungs-Auf-         Vor allem, wenn man bedenkt, dass es       (BDI), Dieter Kempf, werde Arbeits-
   wendungen ist hingegen ein er-                  ausgerechnet die USA waren,          plätze kosten – hierzulande und „am

                                                                                        U
   heblicher Nachteil.“                                 die im vergangenen Jahr-        Ende auch amerikanische Jobs“.
   Doch nach einem Jahr re-                               hundert das System global                    m wenigstens hiesige
   lativer Ruhe in Sachen                                   geltender Handelsregeln                    Arbeitsplätze sicherer
   US-Wirtschaftsprotekti-                                  installiert haben – ein                    zu machen, empfehlen
   on holte Trump zuletzt                                   System, von dem alle                       Experten deshalb eine

                                                      ig ner
   die altbekannten Folter-                                 Beteiligten, also aus-                     Parallel-Strategie: So
                                                     eA
   werkzeuge wieder her-                            Il s   drücklich auch die USA,      rät der Wirtschaftsweise Schmidt, zu-
   vor: Strafzölle auf Stahl                              enorm profitiert haben,       gleich den Handel mit anderen Regi-
   und Aluminium. Und wenn                             wie Ingo Friedrich, Präsident    onen der Welt zu intensivieren. In
   sich die Handelspartner dagegen                des Europäischen Wirtschaftsse-       Bayern, dessen Wohlstand ganz maß-
   wehrten, twitterte er – wohl durchaus     nates kürzlich festgestellt hat. Gleich-   geblich von Autoindustrie und Ex-
   mit Blick auf Deutschland – hinter-       zeitig sieht er „in der amerikanischen     port abhängt, stößt derlei auf offene
   her, dann werde es eben auch Straf-       Wirtschaft unbewältigte strukturelle       Ohren: „Die USA bleiben einer un-
   zölle auf Autos geben. Ob Trumps          Probleme“, die „durch die unbestreit-      serer Top-Handelspartner“, so Wirt-
   weitere Anmerkung, Handelskriege          baren Erfolge der Internet-Unterneh-       schaftsministerin Aigner, selbst
   seien leicht zu gewinnen, tatsächlich     men aus Silicon Valley nur überdeckt       wenn sie „nicht mehr der Motor der
   seiner tiefen Überzeugung entspricht      werden“.                                   Globalisierung“ seien. „Sollte die
   oder lediglich eine Finte ist, um sei-    Im Klartext: Die USA haben es, mit         US-Administration tatsächlich auf

   K
   ne Gegner zu verunsichern, ist unklar.    Ausnahme von ein paar Schaufens-           Handelsbeschränkungen setzen,
                 lar ist hingegen der Rat,   tern wie etwa der Digitalbranche, wo       müssten wir darauf reagieren“, so
                 den hiesige Experten der    man nicht nur wettbewerbsfähig ist,        Aigner. „Bayern steht für freie Märk-
                 Bundesregierung und         sondern sogar Weltmarktführer, ver-        te und faire Spielregeln im Welthan-
                 der EU geben: „Da Prä-      säumt, sich ordentlich aufzustellen.       del. Davon profitieren letztlich alle
                 sident Trump offenbar       Unter bayerischen Maschinenbauern          Staaten. Einseitige Einschränkungen
   darauf aus ist, die Grenzen zu testen,    etwa wird hinter vorgehaltener                   des Freihandels führen unwei-
   ist es wohl unvermeidlich, irgend-        Hand die Geschichte er-                              gerlich zu einem Handels-
   wann freundlich, aber bestimmt die        zählt, wie eine Delegation                              krieg, der letztlich allen
   eigenen Möglichkeiten der Gegen-          von US-Unternehmern                                      Beteiligten schadet.“
                                                                                                  a nz Kleine r

   maßnahmen zu zeigen“, so Christoph        bayerische Betriebe be-                                   Gerade die exportstarke
   Schmidt, Chef der Wirtschaftsweisen.      sucht hat – und völlig                                    bayerische Wirtschaft
   Fürs Erste brachte die EU deshalb         schockiert gewesen sei,                                   würde darunter massiv
                                                                                                 . Fr

   Strafzölle auf Harley-Davidson-Motor-     auf welch hohem Niveau                                   leiden. „Deswegen las-
                                                                                               Dr

   räder und US-Whiskey ins Spiel –          hierzulande selbst Klein-                              sen wir nicht locker bei
   Gegenmaßnahmen, die vor allem auf         unternehmer und Mittel-                             der Erschließung neuer
   die Wahlkreise von Trump-treuen           ständler produzierten.                          Märkte, etwa in Asien.“
   US-Politikern zielen. Ginge es nach       Ob freilich Protektionismus der rich-      Insbesondere China macht sich dar-
   FDP-Chef Christian Lindner, ließe         tige Weg ist, die US-Wirtschaft gesun-     an, die Lücke, die die USA preisge-
   sich derlei durchaus verschärfen.         den zu lassen, wird von Experten ein-      ben, zu schließen und seine globale
   Etwa indem man die digitalen Gigan-       hellig bezweifelt. Eher würden die         Rolle auszubauen. Bei den bayeri-
   ten wie Facebook und Google, von de-      USA ihre Probleme konservieren,            schen Exporten lag China 2017 mit
   nen die USA massiv profitierten, in       heißt es.                                  einem Anteil an den Gesamtexporten
   den Fokus nehme. „Man muss deut-          Und wenn sich Trump dennoch in             von 8,3 Prozent übrigens bereits auf
   lich schärfere Sanktionen zumindest       noch größerem Stil auf diesen Weg be-      Platz zwei – nach den USA mit 11,2
   in den Raum stellen, um Trump zu          gibt? Dann droht ein „Dominoeffekt“,       Prozent. F

                                                               20
POLITIK

      Warum Bayern für die USA
       wichtiger ist als gedacht
                                                                                                                     6 2,0 9 9 M
Die großen USA und das kleine Bayern? Eine Studie* zeigt: Bayern ist                                                               rd.
                                                                                                                                       E   uro
                                                                                                                                                 Di
beileibe kein unbedeutender Wirtschaftspartner der Vereinigten                                                                                        re
                                                                                                                                                         k   t
Staaten: Weiß-blaue Unternehmen in den USA sowie die

                                                                                                                                                             in
                                                                                                                                                                 ve
                                                                                                                                                                 sti
bayerischen Importe aus den USA sorgen dort in beachtli-

                                                                                                                                                                  ti o
                                                                                        Ge

                                                                                                                                                                      n en
chem Maße für Wertschöpfung und Beschäftigung.

                                                                                 sa m t
                                                                                                           528.500 Beschäftigte

                                                                                b r u t t o p ro d
                                                                                                             durch bayerische
                                                                                                              Unternehmen
                                                                                                           (0,36 % aller Beschäftigen
Die USA sind die größte Volkswirt-         Der Gesamtprodukti-                                          in den USA)

schaft der Welt. 2016 lag das Brutto-      onswert der bayerischen
inlandsprodukt (BIP) bei 16,787 Billi-     Wirtschaft in den USA:                      u kt
                                                                                             io n
onen Euro. Insgesamt gibt es in den        Fast 121 Milliarden Euro –                                sw
                                                                                                      er
USA rund 151 Millionen Erwerbstäti-        so hoch war der Gesamtpro-             de                  t                                    ro
                                                                                     rU                                               . Eu
ge. Die USA sind für bayerische Un-        duktionswert der bayerischen                  S-E                                        d
                                                                                             xpo                                 Mr
ternehmen nicht nur ein wichtiger          Wirtschaft in den USA**. Das sind                       rt e i m               2 5 ,3
                                                                                                             We r t v o n
Absatz- und Beschaffungsmarkt,             0,52 Prozent des US-Produktions-
sondern auch ein wichtiger Standort        wertes. Für jeden Euro Umsatz eines
für wirtschaftliche Aktivitäten. Gleich-   bayerischen Unternehmens in den
zeitig profitieren die USA von der         USA wurden 95 Cent zusätzlicher            mit 85.431 Euro (Stand 2014). Mit je-
bayerischen Wirtschaft – zum einen         Umsatz generiert.                          dem in einem bayerischen Unterneh-
von in die USA fließenden bayeri-                                                     men geschaffen Job in den USA wer-
schen Direktinvestitionen, zum ande-       Bruttowertschöpfung der bayeri-            den dort landesweit 1,8 weitere
ren aber auch als Absatz- und Be-          schen Wirtschaft in den USA:               Arbeitsplätze abgesichert.
schaffungsmarkt. Bayerns                   67 Milliarden Dollar betrug die Brut-
ökonomischer Fußabdruck in den             towertschöpfung** der bayerischen          Auch US-Exporte nach Bayern
USA ist enorm – Bayern sichert Wert-       Wirtschaft in den USA – nahezu so          schaffen Werte und sichern Ar-
schöpfung und Arbeitsplätze in den         viel, wie die Wertschöpfung des ge-        beitsplätze:
USA.                                       samten US-Bundesstaates New Me-            Der Gesamtbruttoproduktionswert
                                           xico.                                      der US-Exporte** nach Bayern belief
Direktinvestitionen bayerischer                                                       sich im Jahr 2014 auf 25,3 Milliarden
Unternehmen in den USA:                    Bayerns Wirtschaft schafft US-             Euro. Für jeden Euro Umsatz an
Die USA sind das Land mit den              Arbeitsplätze:                             US-Export nach Bayern wurden in
meisten ausländischen Direktinvesti-       Der Anteil der bayerischen Wirtschaft      den USA weitere 1,16 Euro an zu-
tionen der bayerischen Unterneh-           an der Beschäftigung** in den USA          sätzlichem Umsatz erzeugt. Insge-
men. Mit 62,099 Milliarden Euro sind       beläuft sich mit 528.500 Personen          samt rund 96.800 Beschäftigungs-
31,5 Prozent der ausländischen Di-         auf 0,36 Prozent. Dabei sind die Mit-      verhältnisse hängen in den USA
rektinvestitionen Bayerns in Betriebe      arbeiter bayerischer Unternehmen in        direkt, indirekt oder induziert vom
der USA investiert (Stand 2014). Nur       den USA überdurchschnittlich pro-          Handel mit dem Freistaat Bayern ab.
zum Vergleich: In den gesamten übri-       duktiv: Sie erwirtschaften mit 189.268
gen EU-Ländern sind es mit 63,056          Euro Bruttowertschöpfung deutlich          * TwinEconomics GmbH für die vbw
Milliarden Euro nur geringfügig mehr.      mehr als der US-Landesdurchschnitt         ** direkt, indirekt und induziert

                                                                 21
850 Betriebe beteiligten sich am Projekt „IdA –
Integration durch Arbeit“. Unter anderem sollen
Flüchtlinge auf eine Ausbildung vorbereitet werden.

                                                      Foto: nd3000 - stock.adobe.com
BILDUNG

 Ein weiter Weg –
aber viele Chancen
Jeder vierte mittelständische Betrieb in Deutschland beschäftigt Flüchtlinge. Auch in Bayern bieten
 immer mehr Unternehmen Geflüchteten berufliche Perspektiven. Unterstützt werden sie dabei von
    den Navigatoren des Projekts „IdA –Integration durch Arbeit“. 850 Firmen beteiligen sich

D                   ie bayerische
                    Wirtschaft leistet
                    einen enormen
                    Beitrag zur Integ-
ration von Flüchtlingen. Oft geht das
Engagement dabei über die fachliche
Qualifizierung hinaus. Viele Betriebe
haben ihr Ausbildungskonzept über-
arbeitet, kooperieren noch intensiver
                                         sen mit weltweit rund 3.500 Mitarbei-
                                         tern ist einer von 850 Betrieben, die
                                         sich am Projekt IdA beteiligen. Seit
                                         September 2017 beschäftigt Warema
                                         vier Flüchtlinge. Der Weg bis zum
                                         Ausbildungsvertrag war für alle Betei-
                                         ligten weit: Zusammen mit dem Bil-
                                         dungswerk der Bayerischen Wirt-
                                         schaft (bbw) sowie dem Jobcenter des
                                                                                  In der Lehrwerkstatt von Warema ha-
                                                                                  ben neue Azubis auf die Lamellen ei-
                                                                                  ner Jalousie ihre Namen geschrieben.
                                                                                  Neben David, Rosalie, Lukas und
                                                                                  Konstantin gehören seit diesem Aus-
                                                                                  bildungsjahr Mohamad Khalil und
                                                                                  Fahd Alhaj Khalifeh dazu. Die beiden
                                                                                  Syrer bauen in der Lehrwerkstatt eine
                                                                                  Kreuzschaltung und erklären, wie sie
mit Berufsschulen und Jobcentern,        Landkreises Main-Spessart wurden 14      dabei vorgehen. Sehr aufgeschlossen
bieten Sprachkurse, schulen ihre         geeignete Migranten ausgewählt und       machen sie das und in sehr gutem
Ausbilder in Pädagogik, helfen bei       mithilfe eines PQS-Lehrgangs – kurz      Deutsch. Die intensive Vorbereitung
der Wohnungssuche oder bei Behör-        für Praxis, Qualifizierung und Sprache   vor dem Ausbildungsvertrag hat die
dengängen. Das schaffen viele nicht      – auf eine mögliche Ausbildung in        zwei Musterschüler hervorgebracht.
alleine: Mit dem Projekt „IdA – Integ-   den Bereichen Metall oder Lager vor-     Sowohl der Arbeitgeber als auch die
ration durch Arbeit“ unterstützt die     bereitet. IdA-Navigatorin Vanessa        beiden jungen Männer wussten, wor-
vbw seit zwei Jahren sowohl Unter-       Weick vom bbw übernahm die Betreu-       auf sie sich einlassen. „Erst war es
nehmen als auch Teilnehmer.              ung aller Beteiligten, beriet das Per-   schwierig. Vor allem die Fachbegrif-
Die Warema Renkhoff SE in Markt-         sonalbüro wie auch die Ausbilder von     fe,“ sagt der 21-jährige Khalil. Die
heidenfeld ist Weltmarktführer, wenn     Warema bei allen Fragen der berufli-     lernt man in keinem Sprachkurs. In-
es um Licht und Schatten geht. Der       chen Integration und koordinierte die    zwischen erklären speziell für die Be-
Hersteller von Jalousien und Marki-      Vorbereitungskurse.                      rufe herausgegebene Wörterbücher in

                                                          23
BILDUNG

                                                                                             Im Rahmen der Ausbildungswoche stellten
                                                                                             das Bildungswerk der Bayerischen Wirtschaft
                                                                                             – rechts IdA-Navigatorin Vanessa Weick –
                                                                                             und Warema ihr Engagement vor.

                                                                                             der Belegschaft. Der Anteil der Mit-
                                                                                             arbeiter, die Migrationshintergrund
                                                                                             haben, liege bei etwa zehn Prozent. In
                                                                                             der Belegschaft gebe es 40 Nationali-
                                                                                             täten. Das Unternehmen sehe sich
                                                                                             auch in einer gesellschaftlichen Ver-
                                                                                             antwortung, so Tobias Harth, Leiter
                                                                                             Ausbildung und Studium, der für ins-
                                                                                             gesamt 126 Studierende und Azubis
                                                                                             zuständig ist. Natürlich sei es auch
                                                                                             ein Weg, mittelfristig dem Fachkräf-
   Bei Warema in Marktheidenfeld haben es Mohamad Khalil (l.) und Fahd Alhaj Khalifeh        temangel entgegenzuwirken. Ein An-
   geschafft. Sie sind Azubis im ersten Lehrjahr und erklären an der Werkbank, wie sie die   stoß für das Engagement von Warema
   ­Schaltung für ein Beschattungssystem installieren.                                       war die Bewerbung eines Flüchtlings
                                                                                             für eine Praktikumsstelle vor zweiein-
                                                                                             halb Jahren. „Schnell war uns klar,
                                                                                             dass wir helfen möchten, aber an or-
                                                                                             ganisatorische Grenzen stoßen. Ohne
   Bildern und auf Arabisch und Per-                Warema-Personalchef Christian            die Zusammenarbeit mit dem Bil-
   sisch, was etwa ein Seitenschneider              ­Endres ist überzeugt, dass sich das     dungswerk der Bayerischen Wirt-
   ist oder welche Sicherheitsvorschrif-             Engagement für sein Unternehmen         schaft, dem Jobcenter und unserer
   ten in einer Fabrik gelten. Deutsch               lohnt. „Es schadet nicht, eingefahre-   IdA-Navigatorin wäre unser Einsatz
   sei besonders schwierig, sagt der Sy-             ne Standards zu hinterfragen, offen     nicht möglich.“
   rer, der neben Arabisch und Englisch              für Neues zu sein und neue Wege zu      IdA-Navigatoren wie Vanessa Weick
   auch Kurdisch, Persisch und ein biss-             gehen.“ Die Geschäftsführung kom-       bietet das Bildungswerk in allen bay-
   chen Türkisch spricht.                            muniziere das Thema ausgiebig mit       erischen Regierungsbezirken. Im

                                                                         24
BILDUNG

   Rahmen des Projekts schieben sie die      GmbH einen Ausbildungsvertrag.              schinenbauer Kurtz Ersa aus Kreuz-
   Vorbereitung und die Vermittlung von      Auffallend gut seien nach dieser Aus-       wertheim in die zweite Auflage des
   Flüchtlingen in den Arbeitsmarkt an,      wahl alle Beteiligten klar gekommen.        Programms eingestiegen ist. Erneut
   begleiten und betreuen darüber hin-       Harth: „Es gab keine Probleme, etwa         beteiligten sich 15 Flüchtlinge an
   aus Firmen, die Flüchtlinge beschäfti-    dass sich muslimische Männer von            dem siebenmonatigen Vorbereitungs-
   gen. 2.300 Asylbewerber wurden laut       Frauen nichts hätten sagen lassen, wie      kurs, der neben der sprachlichen
   Bildungswerk der Bayerischen Wirt-        man es immer wieder hört.“ Was die          Förderung auch die Steigerung der
   schaft bislang in IdA-Kursen ge-          Ausbilder vorgeben, war bald Gesetz.        Integrationskompetenz beinhaltete.

   W
   schult. Ein Drittel fand so einen Job.    Natürlich komme es auch da mal zu           Sechs Wochen verbrachten die jun-
                      ährend der Maßnah-     Missverständnissen.                         gen Leute bereits in den Unterneh-
                      me PQS in Markt-       „Integration ist lehrreich für uns alle,“   men, testeten ihre Neigungen und
                      heidenfeld haben       resümiert Harth. Der Austausch zwi-         lernten die Berufe kennen. Acht von
                      sich die Teilnehmer    schen den Kulturen sei bereichernd,         ihnen haben zum 1. März den

                                                                                         I
                      ein Bild von den       aber es sei auch klar: „Deutsch ist         PQS-Lehrgang gestartet.
   möglichen Berufen bei Warema ge-          Grundvoraussetzung.“ Und natürlich                 n der Lehrwerkstatt von Ware-
   macht. Sie konnten ihre Eignung für       sei das Engagement zeitintensiv, etwa              ma strahlen Mohamad Khalil
   eine Lehre zum Elektroniker, Fachla-      weil die Ausbildungsmethoden neu                   und Fahd Alhaj Khalifeh übers
   geristen sowie zum Maschinen- und         ausgerichtet wurden. „Wir arbeiten                 ganze Gesicht. Sie haben es ge-
   Anlagenführer testen – und haben          viel mit Bildern und interaktiven An-              schafft, sich gut integriert und
   sich zum Teil neu orientiert. Die Hälf-   geboten.“ Zusätzlich lässt Warema           sind bei den Kollegen beliebt. Sie sei-
   te bekam bei der Warema Renkhoff          seine Ausbilder pädagogisch schulen.        en einfach nur glücklich, sagen sie,
   SE, aber auch bei der Marktheidenfel-     Die Bilanz des ersten Jahres PQS und        diese Ausbildung machen zu können.
   der Procter & Gamble Manufacturing        IdA ist so positiv, dass auch der Ma-       Was gefällt ihnen besonders? Alles. F

                                                                                                                                         Anzeige

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