MOBILITY WORLD - LEGENDE RELOADED 3.18 - M Plan
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
3.18 MOBILITY WORLD LEGENDE RELOADED GROSSES INTERVIEW MIT AUGUST ACHLEITNER, BAUREIHENLEITER PORSCHE 911 SEITE 4 SEITE 6 SEITE 10 SEITE 12 PROJEKTE, PROJEKTE: SMARTE BRUMMIS: GROSSE RUNDFAHRT: DAS KANN M PLAN NUTZFAHRZEUG-IAA BALTIC SEA RALLYE
INHALT LEGENDE RELOADED 4 August Achleitner ist Baureihenleiter des Porsche 911. Im Interview verrät er, wie es ist, den besten M INTERVIEW Job der Branche zu haben. MISSION: PROJEKTLEITUNG 6 Die Automobilindustrie wandelt sich wie nie zuvor – und damit auch die Beziehung zwischen Autohersteller M INSIDE und Entwicklungsdienstleister. 123 MILLIONEN AUTOS 9 werden im Jahr 2030 weltweit gebaut werden, prophezeit eine Studie; 3599 Legosteine bilden M NUMBERS einen Bugatti Chiron – und noch mehr Zahlen … BRUMMI OHNE FAHRER? 10 Intelligente Cockpits, Platooning, Logistikplattformen – die Digitalisierung verändert die Nutzfahrzeugbranche M REPORT grundlegend. Ein Überblick zur IAA. 10 INTELLIGENTE LKW M Report – Wie die Digitalisierung gerade die Nutzfahrzeug- branche revolutioniert. DER TRIP IHRES LEBENS 12 Steve Radus fuhr mit seinem besten Freund einmal rund um die Ostsee – mit einem uralten Mercedes M PEOPLE T-Modell bei der Rallye „Baltic Sea Circle“. SPEZIALITÄT: STECKVERBINDUNGEN 14 Hirschmann Automotive entwickelt Produkte, ohne die kein modernes Auto fahren könnte: Steckverbindungen, M VIEW Sensoren und Spezialkabel. M INHALT ALLES AUF ROT! 16 Thomas Spangler ist Manager bei Brose, seine automobile Leidenschaft gehört einem Zweisitzer M PASSION in „Toprot“ – und mit versenkbaren Türen. ENGLISCHE WOCHEN 18 Malte Bußmann, Auszubildender bei M Plan in Osnabrück, absolvierte ein spannendes Praktikum M AT WORK im englischen Nottingham. 14 HIGHTECH AUS DEN ALPEN NEUES AUS DER WELT VON M PLAN M View – Hirschmann Automotive entwickelt Steckverbin- dungen und Sensoren. 19 M Plan präsentierte sich auf der „job and career“- Messe der CEBIT, Glückwünsche an zwei Azubis – M NEWS und ein ganz besonderes Auto wird verlost. M GAME IMPRESSUM Verantwortlich für den Inhalt: Realisierung und Gestaltung: Mitglied im Bernd Gilgen, Geschäftsführer Yellow Tree – Digital.Branding. Mobility World www.yellowtree.de Ausgabe 03.2018 Redaktion extern: Auflage 15.000 Büro 504, www.buero504.de Fotografie: 8. Jahrgang Peter Hildebrandt Redaktionsleitung: www.working-image.de Herausgeber: Katrin Reiners M Plan GmbH Covermotiv: Steinmüllerallee 2 Druck: © Porsche AG; Fotolia: terng99 51643 Gummersbach Gronenberg Druck & Medien www.m-plan.com www.gronenberg.de 2 MOBILITY WORLD / 3.18
WIR KÖNNEN PROJEKTE LIEBE LESERINNEN, LIEBE LESER, vor mehr als hundert Jahren war Autofahren eine recht anstrengende Sache: Der Branche – aber sicher zu den Modernsten und Flexibelsten. Wir sind die Entwick- Motor wurde vorn am Kühler mit einer schweren Kurbel gestartet. Das Licht in den lung – große, ganzheitliche Auftragsprojekte mit Fokus auch auf wichtigen auto- Scheinwerfern musste per Hand mit einem Feuerzeug entzündet werden. Und mobilen Zukunftsthemen – von Beginn an mitgegangen. Wir haben zielgerichtet für das Schalten der Gänge war echte Muskelkraft gefragt. Heute ist Autofahren, Kompetenzen in wesentlichen Disziplinen aufgebaut und sind daher heute in der auch dank vieler elektronischer Helfer, denkbar einfach. Und morgen wird Auto- Position, allen Marktanforderungen zeitgemäß gerecht zu werden. fahren noch einmal deutlich komfortabler werden, wenn wir uns entspannt von M EDITORIAL autonom fahrenden Elektro-Carsharing-Mobilen kutschieren lassen. Das bedeu- In den vergangenen Jahren hat M Plan eine Unternehmensstruktur geschaffen, die tet allerdings auch: Autobauen wird immer komplexer. Die Automobilindustrie eng an die Strukturen der Auftraggeber angelehnt ist. Wir haben heute Nieder- wandelt sich so schnell wie nie in den mehr als hundert Jahren ihrer Geschichte. lassungen in allen relevanten Regionen des Landes. Standorte, die überregional Vernetzte Fahrzeuge, Car-to-Car-Kommunikation, autonom fahrende Autos und miteinander vernetzt sind und so ihr jeweiliges Spezial-Know-how allen Kunden die alles verändernde Digitalisierung – wer heute ein Auto konzipiert, benötigt zur Verfügung stellen. Erst gerade wurde unsere neue Niederlassung Weissach mehr Know-how als die NASA-Ingenieure für den Bau der ersten Mondrakete. eröffnet, mit zwei Akustikprüfständen, die ihresgleichen suchen am Markt. Die Niederlassung Wolfsburg – seit Jahren auch aufs Thema Thermomanagement Das ist unser Geschäft – und das wandelt sich derzeit so dynamisch wie die ge- spezialisiert – ist zusätzlich zum Kompetenzzentrum für Bordnetzentwicklung ge- samte Industrie. Autohersteller und große Zuliefererunternehmen lagern immer worden. Das sind nur zwei Beispiele von vielen aus der M Plan, die eins zeigen: mehr Aufgaben an Entwicklungsdienstleister aus, und das meist in großzügig ge- Wir sind von einem Dienstleister am verlängerten Ende der OEM-Werkbank zu schnürten Paketen. Entsprechend muss man sich aufstellen. Als ich vor zehn Jah- einem leistungsstarken Partner gereift – zu einem Partner, der eigenverantwort- ren die Geschäftsführung der M Plan übernahm, hatten wir kaum 300 Mitarbeiter. lich komplexe Kundenprojekte leitet, vorantreibt und am Ende maßgeschneiderte Heute sind wir mehr als 1000. Damit gehören wir nicht zu den ganz Großen der Lösungen anbietet. Herzlichst Ihr Bernd Gilgen Geschäftsführer „Wir sind von einem Dienstleister am verlängerten Ende der OEM-Werkbank zu einem leistungsstarken Partner geworden.“ Bernd Gilgen, Geschäftsführer M Plan MOBILITY WORLD / 3.18 3
4 M INTERVIEW LEGENDE RELOADED MOBILITY WORLD / 3.18 Er ist der Mann hinter der Ikone: August Achleitner, Baureihenleiter des Porsche 911. Im Interview mit MOBILITY WORLD spricht der Ingenieur über die neue Generation des Neunelfers, den Spagat zwischen Tradition und Moderne und über das Gefühl, den besten Job der Branche zu haben. ZUR PERSON AUGUST ACHLEITNER, Jahrgang 1955, studierte nach dem Abitur Maschinenbau an der TU Mün- chen und absolvierte dort anschließend noch ein Wirtschaftsaufbaustudi- „Wer sich einen 911 kauft weiß, um. 1983 begann er bei Porsche, zunächst in der Fahrwerksentwicklung. er kauft etwas Besonderes.“ Von 1989 bis 2000 war er Abteilungsleiter „Technische Produktplanung, Fahrzeugkonzepte und Package“; seit 2001 ist er Leiter der Baureihe 911, August Achleitner, seit 2016 verantwortet er zusätzlich auch noch die Baureihe 718. Achleit- Leiter der Baureihen 911 und 718 bei Porsche ner ist verheiratet und Vater zweier Söhne. Seine Freizeit verbringt er mit Vorliebe auf Motorrädern, Skiern oder im Sattel seines Mountainbikes.
© Porsche AG // Herr Achleitner, als Leiter der Baureihe 911 bei Porsche haben Sie einen der begehr- Reihen, fragte hier und da nach, machte Vorschläge – kurz, er verschaffte sich ei- testen und zugleich einen der kompliziertesten Jobs in der Autoindustrie. Wie empfin- nen Überblick. Diese Transparenz gibt es heute nicht mehr, trotz aller Vernetzung. den Sie diese Aufgabe? Es ist einfach viel zu viel, woran parallel gearbeitet wird, die Datenmenge ist August Achleitner: Für die Baureihe 911 bin ich ja seit mittlerweile 18 Jahren verantwort- kaum noch überschaubar. Andererseits gelingt es mit Hilfe der Digitalisierung, lich. Scheinbar ist es einer der kompliziertesten Jobs, aber ich selbst empfinde das ganz unterschiedlichste Funktionen einzelner Systeme darzustellen. Die Komplexität mo- anders. Der Vorteil des 911 ist, dass es Vorgängermodelle, also eine Historie gibt. Wir derner Autos lässt sich anders gar nicht mehr erfassen, geschweige denn entwickeln. wissen, wo wir herkommen, und wir können einschätzen, wo es noch Potential für Ver- besserungen gibt. Nochmal zurück in die 80er-Jahre: Da arbeiteten Sie noch mit Bleistift und Lineal an mer noch schön, elegant und charmant. Aber die elektronischen Elemente und die Kom- einem Zeichenbrett … munikationsdetails, die sind einem extrem schnellen Änderungsrhythmus unterworfen. Wirkt die lange Historie nicht manchmal auch hemmend? August Achleitner: Ja, das sind schöne Erinnerungen. Ich habe in der Fahrwerksentwick- Das schmerzt, weil letztlich das Auto insgesamt darunter leidet. August Achleitner: Natürlich bedeutet die lange Tradition auch, dass wir bei den Aus- lung angefangen, und nach einiger Zeit erhielt ich die Aufgabe, die hintere Bremsscheibe prägungen eines neuen Modells nicht ganz so frei sind, denn die jeweilige Vorgänger- für den 964 Turbo zu konstruieren. Das habe ich getan, und das Bauteil ging genau so in Ein Navigationssystem lässt sich aber austauschen. Müssten neue Autos nicht generell generation gibt eine gewisse Linie vor und weckt gewisse Erwartungen. So gesehen ist Serie, Änderungsstand null. Darauf war ich total stolz, denn das kommt selten vor. Etwas so konstruiert werden, dass die Elektronik erneuert werden kann? die Anfangsphase eines neuen 911-Projekts, die Definitionsphase, das Schwierigste, weil später wurden ein Kollege und ich mit dem Konzeptentwurf für die Hinterachse des 993 August Achleitner: Das funktioniert nicht, weil all diese Komponenten miteinander ver- man beiden Seiten Rechnung tragen muss: Historie und Tradition ebenso wie Zukunft betraut. Die Neunelfer mit der ursprünglichen Schräglenkerhinterachse galten ja als Heck- netzt und aufeinander abgestimmt sind. Theoretisch möglich wäre es natürlich schon, und Innovation. schleudern. Wir haben also auf dem weißen Blatt ganz neu angefangen, und es entstand aber wer wollte diesen Aufwand bezahlen? Daher ist die Zeitlosigkeit dieser Elemente die Hinterachse, die der 993 erhielt und wie sie im Grunde heute noch – in einer weiterent- eine große Herausforderung, vor allem für die Designkollegen. Wir müssen darauf achten, Wann startete die Entwicklung des Typs 992, der Ende des Jahres vorgestellt wird? wickelten Form – im Einsatz ist. Also eine aufgelöste Doppelquerlenkerachse. diese Details nicht zu modisch oder gar effekthascherisch zu gestalten, denn je spektaku- August Achleitner: Die erste Planungsrunde zu diesem Auto fand 2013 statt. Zu dieser Zeit lärer etwas ist, umso schneller ist es out. Wir tragen da mit dem 911 schon eine gewisse waren wir parallel damit beschäftigt, die Umstellung des damaligen Typs 991 auf Turbo- Elektrifizierung, Digitalisierung, Automatisierung – gleich mehrere Trends verändern Verantwortung. Es gibt einfach noch viele Autos aus der Vergangenheit, das versuchen wir motoren voranzutreiben – also das Auto auf Serienstand zu bringen, das jetzt noch aktuell derzeit die Autoindustrie so rasant und radikal wie nie zuvor. Fühlen Sie sich bei der bei neuen Modellen zu berücksichtigen. ist. Und es war klar, dass der 992 dieses langfristig angelegte Konzept fortführen und Entwicklung eines neuen Autos manchmal als Getriebener? weiterentwickeln würde. In der eigentlichen Entwicklungsphase des 992 standen dann August Achleitner: Es stimmt, die Veränderungen in der Autoindustrie sind gewaltig und Optisch lässt sich das nachvollziehen. Gilt das auch für andere Dinge? die Themen Emissionen, Raddimensionen und Getriebeauswahl im Vordergrund. Es galt, die Rahmenbedingungen ändern sich immer schneller. Manche dieser Entwicklungen August Achleitner: Ja, zum Beispiel für die Langzeitqualität, die wir sicherstellen wollen. den neuen Neunelfer einmal mehr zukunftssicher zu machen. Er wird beispielsweise seri- müssen wir mitmachen, aber wir müssen nicht überall unbedingt die Ersten sein. Denn Den Korrosionsschutz könnte man billiger und weniger aufwendig machen, aber das tun enmäßig einen Benzinpartikelfilter erhalten. Zudem ist das Auto auf eine Hybridisierung kein Kunde kauft sich einen Neunelfer, weil das Auto die neueste Kommunikationstechno- wir nicht. Es ist nämlich ein Unterschied, ob man als Hersteller bei einem Auto von zehn vorbereitet. Die wird nicht von Anfang an verfügbar sein, aber sie wird kommen. logie an Bord hat. Gleichwohl darf man solche Neuerungen nicht ausblenden. Es geht um Jahren Gebrauch ausgeht oder ob man damit rechnet, dass der Wagen auch in 30 Jahren die richtige Balance. Als Getriebener fühle ich mich jedoch nicht. Es gibt hier in Weissach noch gefahren wird. Wer sich einen 911 kauft weiß, er kauft etwas Besonderes. Dann ist es also nur noch eine Frage der Zeit, bis es auch einen vollelektrisch angetrie- ja auch eine Vorentwicklung, die zeitlich so abgestimmt ist, dass wir sie für die nächste benen Porsche 911 geben wird? Serienentwicklung nutzen können. All diese Einflüsse von außen und innen, von Kunden Sie haben ja das Privileg, ein neues 911-Modell als einer der Ersten zu fahren. Welche August Achleitner: Ganz ehrlich, vor zwei Jahren wäre das für mich noch unvorstellbar und auch vom Gesetzgeber komponieren wir dann zu einem neuen Fahrzeug. Eindrücke haben sie vom kommenden 992? gewesen. Doch in Weissach wird ja auch der Elektrosportwagen Mission E entwickelt, August Achleitner: Wir haben vor ungefähr vier Jahren entschieden, dass das neue Auto und ich bin Prototypen gefahren, bei denen man sofort gemerkt hat, dass man in einem Gibt es denn viele Anregungen von Kunden, die Sie berücksichtigen müssen? serienmäßig mit einem Ottopartikelfilter ausgestattet wird. Das löste natürlich bei einigen Porsche sitzt. Seither kann ich mir schon vorstellen, diese Technik irgendwann auch mal August Achleitner: Es gibt fast gar keine. Fast immer heißt es, der Neunelfer sei eigent- Motorenentwicklern größte Skepsis aus. Die Sorge war, dass der typische Sound verloren in den Neunelfer zu transferieren. Zugleich hängen wir heute alle noch am Sechszylinder- lich der perfekte Sportwagen. Vor Jahren gab es mal den Wunsch, die Schaltrichtung am geht, und damit auch ein Teil der Emotionen. Es war ähnlich wie bei der Diskussion um boxermotor, allein wegen des Klangs. Aber ich würde nicht sagen, dass ein Elektroantrieb Wählhebel des Doppelkupplungsgetriebes PDK zu verändern – das haben wir getan. Für den Katalysator vor 30 Jahren, damals hieß es auch, dass dies den Sportwagen kaputt ma- nicht möglich wäre. Da bin ich inzwischen offener als noch vor ein paar Jahren. den kommenden Neunelfer haben wir Marktstudien in Deutschland, China und den USA chen würde. Das ist nicht eingetreten, wie wir wissen – und es wird auch in Zukunft nicht erstellt, um sicher zu sein, dass wir richtig unterwegs sind. Wir wurden vollauf bestätigt eintreten. Als ich das erste Mal mit dem neuen Neunelfer mit Ottopartikelfilter gefahren Wie groß ist das Entwicklungsteam eines neuen Porsche 911? – ergänzt um den Hinweis, dass sich auch unsere Kunden im Auto die bestmögliche Kon- bin, war das sensationell. Sound, Dynamik, Kraftentfaltung, alles Porsche pur. August Achleitner: Das verändert sich, ungefähr so wie es eine Gauß’sche Verteilung be- nektivität wünschen. Und da werden wir im neuen 992 etwas sehr Sportwagentypisches MOBILITY WORLD / 3.18 schreibt, also anfangs flach, dann immer steiler bis zum Peak und dann wieder abfallend. präsentieren. Aber wenn wir Sie richtig verstanden haben, wird sich am Neunelfer prinzipiell erst Zum Kernteam gehören etwa 40 Leute, in der Hochphase der Entwicklung jedoch arbeiten einmal nichts ändern. bis zu 800 Menschen an dem Projekt – darunter auch etliche bei Zulieferern. Je näher Der Porsche 911 wird seit 1964 gebaut, der kommende 992 wird die achte Generation August Achleitner: Es stimmt schon, das Auto ist eine Art Fels in der Brandung. Die Auto- dann der Serienstart kommt, desto stärker nimmt diese Zahl dann wieder ab. sein. Steigt mit jeder Neuauflage nicht auch das Risiko, dass der Wagen irgendwann mobilwelt insgesamt ist allerdings stark im Umbruch. Und man weiß ja nicht, wie schnell alt aussieht? die Elektrifizierung um sich greift. Ich bin mir auch nicht sicher, ob es – über die nächsten Der Entwicklungsprozess ist inzwischen komplett digitalisiert. Als Sie 1983 bei Porsche August Achleitner: Für den Neunelfer selbst sehe ich das Risiko nicht, wohl aber für die zehn Jahre hinausgeblickt – wirklich nur auf die Elektromobilität hinausläuft. Für mich anfingen, war das noch ganz anders … elektronischen Elemente im Auto. Wenn ich mir heute einen 996 aus dem Jahr 1997 an- ist auch eine Parallelität unterschiedlicher Antriebsformen und Energieträger vorstellbar. August Achleitner: Als ich vor 35 Jahren bei Porsche angefangen habe, da war mein schaue – das war der erste 911, für den ein Navigationssystem angeboten wurde – dann Wenn es zum Tod der Verbrenner kommen sollte, dann wird der 911 einer der Letzten sein, Arbeitsplatz das Zeichenbrett. Gegen Abend ging der Hauptabteilungsleiter durch die sehen genau diese Elemente alt aus. Alles andere, das ganze Auto drumherum, wirkt im- der einen hat. // 5 M INTERVIEW
MISSION: PROJEKTLEITUNG Die Automobilbranche wandelt sich – und damit auch die Beziehung zwischen Autohersteller und Entwicklungsdienstleister. M Plan ist ein wichtiger Kompetenzpartner mit tiefem Know-how und technologisch herausragender Infrastruktur in den Schlüsseldisziplinen der Fahrzeugentwicklung. M INSIDE 6 MOBILITY WORLD / 3.18
Die Bordnetzentwicklung wird im Automobilbau immer wichtiger, M Plan hat die Kompetenzen dazu entsprechend gebündelt. Hier das Team aus Gerrit Hodemacher, Bereichsleiter Elektrik/Elektronik, Turgut Cicec, Fach- teamleiter, und Bordnetzentwickler Valerie Pfening (v. l.). Foto rechts: der Thermowechselprüfstand in der Niederlassung Wolfsburg. // Ein Montag Mitte April. Es macht „pling“ im Mailprogramm von Matthias Kön- Diese neuen Herausforderungen an die Fahrzeugarchitektur verlangen nach in- nig, eine Nachricht ist eingetroffen. Eine Mail, die viel bewegen könnte in den novativen Ansätzen in der Entwicklung und Produktion – die Automobilindustrie kommenden Jahren: mit einem umfangreichen Auftrag für die Niederlassung wandelt sich so schnell wie nie in den mehr als hundert Jahren ihrer Geschichte. Wolfsburg von M Plan. Die Mail an sich ist eher knapp formuliert: „Auf der Busi- So lagern die Autohersteller und großen Zuliefererunternehmen zunehmend mehr ness-Plattform ist ein Lastenheft für Sie hinterlegt …“ Doch hinter der nüchternen Aufgaben an Entwicklungsdienstleister aus, und das meist im Paket. Wurden in Ankündigung verbirgt sich ein spannendes Projekt, das ein großer Automobil- der Vergangenheit oft jeweils einzelne Dienstleister mit Themen wie zum Beispiel hersteller an einen Entwicklungsdienstleister zu vergeben hat. Dafür wurde ein Bremsentest, Simulation eines Prototyps, Aufbau eines Prototypenfahrzeugs und vielseitiges Lastenheft auf der Onlineeinkaufsplattform des OEM platziert, über Testanalyse beauftragt, werden heute Bremsengesamtpakete mit vielen dazuge- die der Hersteller mit seinen Lieferanten kommuniziert. Da M Plan schon länger hörigen Aspekten wie etwa der ABS-Abstimmung des neuen Bremssystems und zum Kreis der vertrauten Engineering-Dienstleister des Auftraggebers gehört, lan- vor allem der über allem stehenden Projektleitung an einen einzigen Dienstleis- dete die Mail mit der Projektausschreibung auch im Vertrieb der Niederlassung ter vergeben. „Die Einkaufsabteilungen der großen Hersteller verfolgen heute die Wolfsburg. Eine neue Bremse soll, in Einheit mit einem neuen ABS-System, um- Strategie, Auftragspakete zu bündeln, viele Einzelthemen zusammenzufassen und fangreich getestet, analysiert und gegebenenfalls optimiert werden. „Ein sehr an- in einem einzigen Großprojekt zu vergeben“, sagt Holger Schramm, Leiter des Ge- spruchsvolles, aber zunächst eben auch nur potentielles Projekt“, erklärt Matthias schäftsbereichs Automotive Competence. „Nur wer als Entwicklungsdienstleister Könnig. Denn an jenem Montag Mitte April ist natürlich noch nichts entschieden. diesen Weg mitgehen kann, wird sich nachhaltig am Markt unentbehrlich ma- Die Mail im Eingangskorb des Wolfsburger Vertriebsmitarbeiters ist nur der Beginn chen.“ der ersten Phase im Auftragsgeschäft: Lastenheft studieren, Kunden kontaktieren, Angebot abgeben. Doch sollte es zur Kooperation mit dem Volumenhersteller kom- VOM DIENSTLEISTER ZUM PROJEKTPARTNER M INSIDE men, dann würde die komplette Projektleitung für den Bremsenauftrag an M Plan M Plan hat sich früh auf diese Neuausrichtung des Markts eingestellt und die ei- gehen und verschiedene Abteilungen der Niederlassung Wolfsburg sowie weitere gene Leistungsinfrastruktur stetig den gestiegenen Anforderungen seiner Kunden Standorte des Unternehmens mindestens drei Jahre begleiten. angepasst. Ein Investment in die Unentbehrlichkeit: In den vergangenen Jahren konnte man sich so von einem Dienstleister, der nur nach Anweisung gearbeitet PARTNERSCHAFTEN VERTIEFEN SICH hat, zu einem Projektpartner entwickeln. Zu einem Unternehmen, das heute in fast Dass M Plan als Dienstleister für solche hochdotierten, langfristigen und vor allem allen relevanten Disziplinen des Automobilbaus Know-how und technologische verantwortungsvollen Projekte in Frage kommt, war nicht immer so. „Früher wur- Infrastruktur bieten kann – letztlich Fachkompetenzen, die denen der Hersteller den wir zumeist für kleine, klar umrissene Aufträge angefragt“, erklärt Christoph in nichts nachstehen. Gerade erst wurde eine neue Niederlassung in Weissach Liebe, Niederlassungsleiter in Wolfsburg. Und nicht nur M Plan – alle Entwick- eröffnet – und zeitgleich wurden auch zwei neue Hightech-Akustikprüfstände ein- lungsdienstleister nahmen in der Regel die Rolle des untergeordneten Dienstleis- geweiht, um dem wachsenden Bedarf in den Disziplinen Sounddesign und akusti- ters ein. Die Hersteller lagerten prinzipiell nur sehr überschaubare Teilaufgaben sche Absicherung Rechnung zu tragen. im Produktentstehungsprozess aus. Mit dem tiefgreifenden Wandel in der Automo- bilindustrie haben sich auch die Intensität und Tiefe der Partnerschaften zwischen Dazu hat auch der Bereich Elektrik und Elektronik enorm an Bedeutung gewon- OEM und Entwicklungsdienstleistern verändert. Die zunehmende Digitalisierung nen. M Plan hat Fachteams für Bordnetz- und Softwareentwicklungen aufgebaut in fast allen Facetten des Fahrzeugbaus, automobile Megatrends wie Konnektivi- – denn diese Disziplin steht wie kaum eine andere für die automobile Zukunft. tät, autonomes Fahren und Elektrifizierung des Antriebstrangs machen das Auto Bordnetzentwicklung ist zur Königsdisziplin geworden: Hier ist vielfache Expertise zu einem immer komplexeren Produkt. Dazu kommt ein weiterer Trend: Immer gefragt, vom fundierten Verständnis für die Fahrzeug-IT über das Know-how von mehr Fahrzeugvarianten bedingen immer neue, individuell für bestimmte Markt- Kabelschaltplänen bis hin zur Konstruktion der Fahrzeuginnenraumarchitektur. segmente entwickelte Automotive-Lösungen. M Plan hat sich im Verlauf der vergangenen Jahre zu einem der gefragten Unter- „Die großen Hersteller verfolgen heute die Strategie, Auftragspakete zu bündeln und in einem einzigen Großprojekt zu vergeben. Nur wer als Entwicklungsdienstleister diesen Weg mitgehen kann, wird sich nachhaltig am Markt unentbehrlich machen.“ Holger Schramm, Leiter des Geschäftsbereichs Automotive Competence bei M Plan MOBILITY WORLD / 3.18 7
In hauseigenen Einrichtungen wie etwa dem neuen Akustikprüfstand der Niederlassung Weissach (oben) oder einem Druck-Schwell-Prüfstand (links) in der Niederlassung Wolfsburg entwickelt und testet M Plan innovative Produkte. „Unsere Fachabteilungen klären die M INSIDE Details einer Ausschreibung bis zur letzten Facette mit dem Kunden ab.“ Matthias Könnig, Vertriebsmitarbeiter in Wolfsburg bei M Plan nehmen in Sachen Bordnetzunterstützung entwickelt. Viele Autohersteller und wicklungen, virtuelle und reale Absicherungen und Dauerlauferprobungen sowie Tier-1-Zulieferer für Kabelbäume vertrauen heute der Erfahrung des Entwicklungs- die anschließende konstruktive Umsetzung bis hin zur Serienreife neuer Aggrega- dienstleisters. Ein Geschäft mit Zukunft: Da immer mehr digitale Funktionen Ein- te deren optimale Performance mit zu gewährleisten. Grundlage der neuen Be- zug ins Automobil halten, müssen dementsprechend immer mehr Sensoren, Ka- ziehungsqualität zwischen Hersteller und Entwicklungsdienstleister ist, noch vor bel und Steuergeräte intelligent miteinander in Einklang gebracht werden. „Über Know-how und Kompetenz, Vertrauen. „Entscheidend ist, nicht nur zum Einkauf, die Niederlassungen Wolfsburg, München, Stuttgart und Weissach bieten wir alle sondern zu jeder relevanten Fachabteilung ein vertrauensvolles Verhältnis aufzu- Dienste rund um das Thema Bordnetz an, von der Schaltplanentwicklung über die bauen und zu pflegen“, sagt Christoph Liebe, Niederlassungsleiter in Wolfsburg. 3D-Verlegung von Kabelkonstruktionen bis zur Variantenzuordnung“, erklärt Hol- „Wir arbeiten meist auf Basis von Werkverträgen und übernehmen bei hochkom- ger Schramm. Dafür stellt M Plan die nötige Infrastruktur mit eigenen technischen plexen Aufträgen die Projektleitung. Man kann sagen, wir haben uns von einem Büros, der entsprechenden Spezialsoftware und mit vom Kunden zertifizierten Zuarbeiter zu einem Mitarbeiter auf Augenhöhe entwickelt. Wir sind zu einem Partnerflächen zur Verfügung – oder realisiert auch Bordnetzunterstützung vor wichtigen Partner in der Gesamtwertschöpfungskette geworden. Am Ende setzen Ort beim Kunden. Die Bedeutung des Themas lässt sich schon ganz banal an der somit auch wir die entsprechenden Termine, koordinieren die Zusammenarbeit gestiegenen Mitarbeiterzahl ablesen. Waren noch vor zwei Jahren 15 Bordnetzex- mit weiteren beteiligten Partnerunternehmen und entlasten den Hersteller gera- perten allein in Wolfsburg an Bord, sind es heute bereits 40. de auch bei der zeitintensiven Projektkoordination. Am Ende bekommt der Kunde eine maßgeschneiderte, termingerechte Lösung präsentiert – und hat viele Res- KERNDISZIPLIN MOTORENTWICKLUNG sourcen gespart.“ Neben dem Know-how für die digitalen Zukunftsthemen hat der Entwicklungs- dienstleister seine Kompetenzen gerade auch mit Blick auf die so wichtigen Kern- Eine besonderes Vertrauensverhältnis zu den entsprechenden Entscheidern in den disziplinen Motorentwicklung und Abgas ausgebaut. Vor allem die Niederlassung Fachabteilungen der Auftraggeber ist auch aus einem anderen Grund essentiell: Wolfsburg ist ein wichtiger Innovationstreiber in diesem Bereich. Die Entwicklung Die Lastenhefte, die auf den Onlineeinkaufsplattformen der Hersteller zur Aus- und Prüfung neuer Motorenkomponenten, die Steigerung der Effizienz moderner schreibung platziert werden, „sind oftmals nicht bis ins letzte Anforderungsde- Verbrennungsaggregate bei gleichzeitiger Senkung der Emissionen gehören zu tail ausformuliert“, wie M Plan Vertriebsmitarbeiter Michael Könnig erklärt. Um den Schwerpunkten der Entwicklungsabteilungen. Downsizing, Motoraufladung, ein passgenaues Angebot abgeben zu können, müssen daher meist noch einzel- Ladeluftkühlung und die komplexe Disziplin Thermomanagement in der emissi- ne Facetten des potentiellen Auftrags mit den betreffenden Fachabteilungen ge- onskritischen kalten Startphase gehören dabei zu den wichtigsten Themen. M Plan klärt werden. Gut also, wenn man sich kennt und weiß, wie man effektiv und hat seine Entwicklungsinfrastruktur dabei ganz auf die Bedürfnisse der Branche vertrauensvoll zusammenarbeiten kann, um am Ende das bestmögliche Resultat eingestellt. So ist das Unternehmen schon in frühe Phasen der Konzeptentwick- zu erzielen. Und so macht es auch weiterhin „pling“ in den Eingangsordnern der lung eingebunden, um etwa durch Vorentwicklungen, Begleitung der Serienent- Mailserver von M Plan. // 8 MOBILITY WORLD / 3.18
100.000 144 Schnellladepunkte entstehen derzeit an der Südwesttangente der Au- tobahn A8 zwischen München und Stuttgart an der Ausfahrt Zusmars- hausen. Im nächsten Jahr soll die Anlage fertig werden – sie wird dann VW California wurden im VW-Werk Hannover bereits gebaut. Das Jubiläumsfahrzeug – ein die größte Elektroautoladestation der Welt sein. Bauherren des Lade- blau-weißer California „Ocean“ (Foto) – lief im Frühsommer 2018 vom Band. Der Camping- komplexes, zu dem auch Rast-, Einkaufs-, Arbeits- und Erholungsange- bus startete seine Erfolgsgeschichte vor 30 Jahren; damals wurde das Modell California bote zählen werden, sind die Unternehmen Sortimo und E-Loaded. Zur gemeinsam mit dem Fahrzeugausbauer Westfalia auf Basis des VW-Transporters T3 ent- Ladeinfrastruktur gehören 24 so genannte Supraschnelllader mit einer wickelt. Gefertigt wurden die Reisemobile zunächst von Westfalia in Rheda-Wiedenbrück, Ladeleistung von bis zu 350 kW sowie 120 Schnelllader (bis 50 kW). Zum seit 2004 wird das Modell von VW Nutzfahrzeuge im Werk Hannover-Limmer in Eigenregie Laden angeboten wird regional und regenerativ erzeugte elektrische gebaut. Aktuell sind in der rund 13.000 Quadratmeter großen California-Fertigung rund Energie. 300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt. Das Modell gehört zu den beliebtesten Campingmobilen, allein im vergangenen Jahr wurden 15.155 Exemplare produziert. 123Millionen Autos werden im Jahr 2030 weltweit gebaut werden, pro- phezeit die Studie „Future Automotive Industry Structure – FAST Elektroantriebe machen 2030 weltweit 25 Prozent der Antriebstechnologie aus 3% 25 % 2030“ zur Zukunft der Automobilindustrie der Strategieberatungsfir- Elektroantrieb Elektroantrieb ma Oliver Wyman. Zum Vergleich: Im Jahr 2017 wurden weltweit 95 84 % Verbrennungs- 13 % Millionen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge gebaut. Die Studie ergab motor Hybrid auch, dass sich die Wertschöpfung der globalen Automobilindustrie in Zukunft zugunsten der Schwellenländer verschiebt. Zwar werde Europa im Jahr 2030 mit 50 Prozent (2017: 56 Prozent) der gesam- 38 % 100,5 Verbrennungs- 123 ten Wertschöpfung weiterhin das Premiumsegment dominieren, der motor Anteil chinesischer Unternehmen am Premiumsegment werde aller- M NUMBERS dings von zuletzt 13 Prozent auf dann 20 Prozent steigen. Im Jahr 2030 13 % Hybrid werden, so eine weitere Vorhersage der Studie, Elektroautos rund ein Viertel des Pkw-Weltmarkts ausmachen. 2020 2030 3599 4 © LEGO Gruppe; Volkswagen; BMW Group; Ferrari Exemplare des Ferrari 335 Sport Scaglietti wurden einst gebaut, drei der Renn- fahrzeuge existieren noch heute – und eines davon gewann unlängst den „Best of Legosteine umfasst der jüngste Bausatz der „Lego Technic“-Serie – der Super- Show“-Hauptpreis beim Oldtimerschönheitswettbewerb „Concorso d’Eleganza“ sportwagen Bugatti Chiron. Nach Angaben des dänischen Spielzeugherstellers in Cernobbio am Comer See. Der 1958 gefertigte, silber-blaue Traumwagen mit handelt es sich um das bislang komplexeste Legomodell. Unter anderem gehören der Startnummer 12 verfügt über einen V12-Motor mit vier Nockenwellen und ein Achtganggetriebe, das per Schaltwippen am Lenkrad betätigt werden kann, ein einer Leistung von 430 PS, der das Auto auf mehr als 300 km/h beschleunigt. 16-Zylinder-Motor mit beweglichen Kolben sowie ein höhenverstellbarer Heckflü- Besitzer des Autos ist der Arzneimittelunternehmer Andreas Mohringer. Ein an- gel zu dem Hightech-Puzzle im Maßstab 1:8. Das bedeutet, dass der Bugatti Chiron derer Ferrari 335 Scaglietti wurde vor zwei Jahren für sagenhafte 32,1 Millionen aus Lego fertig zusammengebaut 56 Zentimeter lang, 25 Zentimeter breit und 14 Euro versteigert – der Wert des aktuell ausgezeichneten Fahrzeugs dürfte sich in Zentimeter hoch ist. Zum Bausatz gehört eine zweibändige Anleitung, die in 970 einer ähnlichen Region bewegen. Einzelschritten das Zusammenfügen der Teile erklärt. Preis: 369,99 Euro. MOBILITYWORLD MOBILITY WORLD//3.18 3.18 99
BRUMMI OHNE FAHRER? Alternative Antriebe, vernetzte Fahrzeuge, digitale Services: Diese Megatrends stehen auch auf der IAA Nutzfahrzeuge in Hannover im Fokus. „Driving tomorrow“ lautet das Motto der weltweit wichtigsten Branchenmesse – und das wird immer öfter vollautomatisch geschehen. M REPORT 20. bis 27. September 2018 10 MOBILITY WORLD / 3.18
Maximale Effizienz ist in der Transportbranche gefragt. Dazu gehören beispielsweise die elektro- nische Koppelung von Lastwagen zu sogenannten Platoons (Foto oben), die zunehmende Auto- matisierung der Zugmaschinen sowie die Elektrifizierung der Lkw-Antriebe (kl. Fotos rechts). // Am Messestand von Volvo wird der massive Wandel der Nutzfahrzeugbran- lisierung die Situation. Beispielsweise durch das so genannte Platooning. Dabei che sichtbar: Elektrisch angetriebene Müllfahrzeuge, Lastwagen mit Gasmotoren werden mehrere Lkw elektronisch aneinandergekoppelt, so dass lediglich der oder das neue, digitale Fuhrparksystem „Volvo Connect“ weisen in die Zukunft. Fahrer im Führungsfahrzeug noch aktiv steuern, Gas geben und bremsen muss, Die Sattelzugmaschine Volvo FH „25 Year“ gleich daneben wirkt hingegen wie die Fahrer in den Nachfolge-Lkw sich jedoch anderen Dingen widmen können. ein Gruß aus der Vergangenheit – mit 12,8-Liter-Sechszylinder-Diesel und 540 Iveco nennt den Trucker der Zukunft daher nicht mehr Fernfahrer, sondern OLO, PS Leistung. Denn mit dem Retrosondermodell feiert Volvo das 25-jährige Jubi- also „Onboard Logistics Operator“. läum des Trucks, von dem bislang rund eine Million Exemplare gebaut wurden. Auf der IAA Nutzfahrzeuge (20. bis 27. September) in Hannover wirken solche PLATOONING: AUTONOM IN KOLONNE Klassiker wie eine bedrohte Art – die Zukunft wird solche Old-School-Lkw schon „Platooning ist der Einstieg in das automatisierte Fahren auf öffentlichen Stra- bald überholen. ßen“, sagt Andreas Renschler, Chef der Volkswagen-Sparte Truck & Bus, zu der Volkswagen Nutzfahrzeuge, MAN und Scania gehören (künftig: Traton Group). Das weiß natürlich auch Volvo, weshalb die Mehrzahl der Ausstellungsstücke des Erst vor wenigen Wochen haben MAN, das Transportunternehmen DB Schenker schwedischen Herstellers voller Innovationen – beispielsweise Elektroantrieb – und die Hochschule Fresenius ein Platooning-Forschungsprojekt auf einer 145 steckt. Am Messestand des italienischen Herstellers Iveco ist gar kein Platz mehr Kilometer langen Strecke auf der Autobahn A9 zwischen München und Nürn- M REPORT für Dieselfahrzeuge, stattdessen werden dort Elektrobusse und Schwerlast-Lkw berg gestartet. Daimler Trucks USA erhielt bereits im vergangenen Jahr als erstes mit Methanantrieb gezeigt. „Diese Gastrucks sind zudem um vier Dezibel leiser Unternehmen in den USA die Freigabe, Platooning auf öffentlichen Straßen zu als vergleichbare Diesel-Lkw“, sagt Iveco-Sprecher Manfred Kuchlmayr. testen. Und Scania setzt vier elektronisch gekoppelte Sattelschlepper in Singapur ein, um Güter von einem Hafenterminal zu einem anderen zu transportieren ELEKTROANTRIEB AUCH FÜR LKW – mit nur einem Fahrer im ersten Lkw. Die anderen Fahrerplätze bleiben un- Um alternative Antriebe kümmern sich alle großen Lkw-Hersteller. Als Faust- besetzt, „weil es in Singapur einfach zu wenig Lkw-Fahrer gibt“, wie ein Sca- regel gilt: Je kleiner der Lastwagen, desto sinnvoller ist ein Elektroantrieb. Das nia-Sprecher sagt. fängt bei den von der Deutschen Post in Eigenregie gebauten Elektrolieferwa- gen Street-Scooter an und reicht bis zu mittelgroßen Verteiler-Lkw, etwa von BIG DATA SOLL GÜTERVERKEHR OPTIMIEREN der Daimler-Tochter Fuso. Selbst elektrische Sattelschlepper für den Fernverkehr Automatisch fahrende Lkw, Laderoboter, selbständig agierende Logistiksysteme sind schon im Einsatz: In Schweden wurde deshalb ein Autobahnteilstück mit – das Transportgewerbe der Zukunft wird, so wirkt es aus heutiger Sicht, trotz Oberleitungen ausgerüstet, über die der Laster – ähnlich wie ein Zug – perma- stetig anschwellender Warenströme mit immer weniger Menschen auskommen. nent mit Strom versorgt wird. Eine ähnliche Teststrecke soll noch in diesem Jahr Womöglich aber liegt in der zunehmenden Vernetzung von Lastwagen, Spedi- auf der Autobahn zwischen Frankfurt und Darmstadt freigegeben werden. Und teuren, Lieferanten und Empfängern auch ein wesentlicher Schlüssel, um die das US-Start-up Nikola hat mit dem Prototypen Nikola One einen Truck vorge- negativen Umweltfolgen zunehmenden Warenaustauschs zu mildern. „Wenn wir stellt, der mit Wasserstoff fährt und eine Leistung von 1000 PS und ein maximales heute über einen neuen Lkw nachdenken, dann vor allem über sein Innenle- Drehmoment von 2700 Nm entwickelt. ben: Wie vernetzen wir seine Synapsen? Wie schärfen wir seine Sinne?“, erklärt Stefan Buchner, Leiter Mercedes-Benz Lkw. Insgesamt geht es darum, durch Die Frage, welche Energie die Lkw der Zukunft antreibt, ist noch längst nicht ent- Big-Data-Systeme den Güterverkehr sehr viel effizienter zu machen, als er der- schieden. Die Frage, ob Lkw in Zukunft autonom fahren werden, scheint jedoch zeit noch ist. Denn worüber die Branche nur ungern spricht, ist dies: Noch immer geklärt: eindeutig ja. Vermutlich fahren sogar Lkw früher vollautomatisch als fahren fast die Hälfte aller Lkw leer durch die Gegend. // Pkw, denn der ökonomische Druck ist in der Transportbranche wesentlich größer, da auf den Lkw-Fahrer der Löwenanteil der Betriebskosten entfällt. Bernd Heid, Leiter der Nutzfahrzeugsparte beim Beratungsunternehmen McKinsey, rechnet mit ersten vollautonom fahrenden Lastwagen (Level fünf) ab dem Jahr 2027. Für Spediteure würde das laut McKinsey-Mann Heid eine Kostenersparnis von bis zu 45 Prozent bedeuten. NUTZFAHRZEUGMARKT VOM FERNFAHRER ZUM „OLO“ Der weltweite Gütertransport wächst rasant, parallel dazu boomt der 2027 klingt einerseits sehr optimistisch, andererseits jedoch sind längst vollau- Nutzfahrzeugmarkt. Rund 3,3 Millionen Lkw mit einer Nutzlast von mehr © IAA; ZF; Volvo; MAN; Daimler tomatisch fahrende Trucks unterwegs. Auf klar abgegrenzten Betriebsgeländen zum Beispiel, etwa in Minen, auf Baustellen oder auf dem Nato-Fliegerhorst als sechs Tonnen wurden im vergangenen Jahr verkauft – ein Plus von Pferdsfeld im Hunsrück, wo bereits im vergangenen Winter vier fahrerlose 16 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In Deutschland stiegen die Nutz- Schneeräumfahrzeuge von Mercedes den Winterdienst übernahmen. Natürlich fahrzeugneuzulassungen 2017 um drei Prozent auf insgesamt 369.100 werden im ganz normalen Transportverkehr auf öffentlichen Straßen noch pro- Einheiten, darunter 276.100 Transporter, 86.300 Lkw und 6700 Busse. fessionelle Fahrer gebraucht, doch auch hier verändert die zunehmende Digita- MOBILITY WORLD / 3.18 11
E S L E B E N S DER TRIP IHR tsee – st en Fr eu nd ei nm al rund um die Os mit seinem be Sea Circle“. Steve Radus fuhr l be i der Rallye „Baltic s- T- M od el Mercede mit einem uralten ZUR PERSON STEVE RADUS ist Wahlschwabe. Geboren in Eisenhüttenstadt lebt er seit Kindertagen in Stuttgart – Großvater und Vater waren bzw. sind in Diensten „beim Daimler“. Bis Januar war der heute 30-Jährige bei M Plan als Planer im M PEOPLE Karosseriebau tätig, heute arbeitet er für thyssenkrupp. Gelernt hat er Werkzeugmacher, studiert Maschinenbau. Den Baltic Sea Circle fuhr er gemeinsam mit seinem Jugendfreund André Roux, 29, Logistikplaner bei einem Autohersteller. Die gesammelten Spendengelder – auch von M Plan – kommen dem Förderkreis krebskranke Der ehemalige M-Plan-Mitarbeiter Steve Radus (links) und sein Kumpel André Roux vor dem Mercedes E-Klasse T-Modell Baujahr 1993 beim Start Kinder Stuttgart e. V. zugute. der Rallye „Baltic Sea Circle“ in Hamburg. // Ein Morgen, den sie nie vergessen werden. Die Nacht war kurz nach der großen ging es durch Dänemark, Schweden und Norwegen hinauf zu den Lofoten, zum Party am Strand. Man hatte Dorsch und Seelachs gegrillt, selbst gefangen von einem Polarkreis, von dort durch Russland und die baltischen Staaten zurück an die Elbe. Felsen am Strand aus. Flaschen waren gekreist, man saß ums Feuer, quatschte und Mehr als 8000 Kilometer auf weitgehend leeren Straßen – Autobahnen waren qua lachte und schloss neue Freundschaften. Über allem hatte die Mitternachtssonne Reglement verboten. Ebenso Navi, GPS und Autos, die jünger sind als 20 Jahre. geschienen, hell und klar wie am Tag, irgendwie wunderbar, aber auch nicht gera- Radus, bis Anfang des Jahres Maschinenbauingenieur bei M Plan, heute thyssen- de praktisch, wenn man später schlafen wollte, mit bereits über 2000 Kilometern krupp, hatte sich mit seinem Kumpel André Roux einen alten E-Klasse-Kombi ge- Landstraßen in den Knochen. Das hier aber war der Polarkreis im Sommer, ernst- kauft. 1500 Euro, Baujahr 1993, 340.000 Kilometer auf der Uhr, „aber in tadellosem haft dunkel würde es erst wieder Wochen später werden. Und dann, wie gesagt, Zustand – der vorherige Besitzer war ein ehemaliger TÜV-Prüfer.“ der Morgen: Die Autoscheiben vom Schlafdunst beschlagen, mit einem Handtuch freigewischt, atemraubende Ausblicke. Wenn Steve Radus davon erzählt, schwingt LUFTHUTZE FÜR EINE COOLE OPTIK noch immer die Magie jenes Moments mit. Jenes Morgens, als seine Augen den Dennoch mussten die beiden Rallyefahrer – es war für sie beide die erste Wettfahrt weißen Sandstrand im Frühnebel erblickten, die Bucht, deren Wasser türkisfarben überhaupt – ihren „Kurvenräuber“-Kombi noch etwas aufpimpen. Auf das Dach leuchtete wie in einem Karibikprospekt. Aber eben auch: Schneereste in Felsspalten wurde ein Träger für Ersatzreifen, Gepäck und Angelequipment montiert, mit einer weiter oben. Nicht Karibik. Die Lofoten. „Wahnsinn“, sagt Radus. Batterie Zusatzleuchten. „Ist natürlich Quatsch“, verrät Steve Radus kurz vor dem Start auf dem Hamburger Fischmarkt. „Nachts scheint ja auf weiten Strecken die EINMAL RUND UM DIE OSTSEE Mitternachtssonne. Sieht aber cool aus.“ Ebenso cool: die grüne Lufthutze auf der Wahnsinn … Steve Radus, ehemaliger Mitarbeiter von M Plan, hat den Trip seines Motorhaube – ohne entsprechendes Loch darunter. Bis später allerdings der Me- Lebens gemacht. Er ist mit seinem besten Freund einmal rund um die Ostsee ge- chaniker eines befreundeten Teams die Flex rausholte und an einem schwedischen fahren, im Rahmen einer Rallye, die mit folgenden Worten um Teilnehmer wirbt: Waldsee für mehr Luft unter der Haube sorgte. Und der ebenfalls grüne Heckspoiler „Du möchtest nächsten Sommer etwas wirklich Außergewöhnliches erleben? Du hinten auf dem Kombidach: etwa zehn Zentimeter breit, von einem Modellbau- bist auf der Suche nach Abenteuer und neuen Horizonten? Du willst pure Wildnis auto übernommen. Wesentlich sinnvoller: der „ingenieurspatentierte Innenaus- und den Puls von rauen Metropolen spüren? Dann starte bei der nördlichsten Rallye bau“, auf den Radus und Roux ernsthaft stolz sind. Im Heck: eine ausgeklügelte des Erdballs – The Baltic Sea Circle. Entdecke die nördliche Hemisphäre bei dem Stauraum-Bett-Konstruktion, deren Klappen mit Gasdruckdämpfern schließen und ultimativen Road-Trip Deines Lebens.“ Und diese Rundtour sind Steve Radus und öffnen. Dazu dann, schon fast megacool, eine mattschwarze Lackierung, für die ein André Roux unter dem Teamnamen „Kurvenräuber“ mitgefahren. Von Hamburg aus paar Töpfe einer rustikalen Transportflächenbeschichtung aufgetragen wurden. 12 MOBILITY WORLD / 3.18
M PEOPLE Impressionen einer 8000-Kilometer-Tour: Traumstrand auf den Lofoten (ganz oben), ein Wegweiser und die berühmte Skulptur am Nordkap (Fotos Mitte) sowie Szenen aus Norwegen und Russland (Fotos unten). Und die gut sichtbare Startnummer 62 sowie die Sponsorenaufkleber. „Jedes Team, Meter (!) vor dem Wahrzeichen des Nordkaps, der berühmten Globus-Statue. „Wir das am Baltic Sea Circle teilnimmt, muss mindestens 750 Euro für einen guten Zweck haben den Wagen noch fürs Foto davorgeschoben, dann war Ende Gelände.“ Bis einsammeln. Wir haben Freunde, aber auch Unternehmen angefragt und enorme sich über die Rallye-WhatsApp-Gruppe ein Team fand, das eine Ersatzlichtmaschine Unterstützung erfahren.“ Auch bei M Plan fragte Radus nach – und stieß auf großes dabeihatte und diese generös spendete. „Später in Riga versagte dann deren eige- Interesse und Spendenbereitschaft. „Zusammen mit zwei weiteren Freunden, die ne Lichtmaschine – da haben wir dann natürlich auch einen Tag lang mitgeholfen, in einem alten Volvo ebenfalls an den Start gingen, haben wir insgesamt mehr als Ersatz ranzuschaffen.“ 8000 Euro einsammeln können“, so Radus. Das Geld wollen die Freunde krebs- kranken Kindern zugutekommen lassen. ERINNERUNGEN FÜR DIE EWIGKEIT Ach, wenn Steve Radus zu erzählen beginnt! 1001 Geschichten vom Trip des Le- „ES GING UM DAS GEMEINSAME ERLEBNIS“ bens. Der freundliche Russe in Murmansk, der ihnen in einer namenlosen Sportsbar Gut zwei Wochen ging es dann durch die dichten Nadelwälder des Nordens, über einen Wodka nach dem anderen spendierte, während auf einem Fernseher das Schotterpisten hoch zu Gletscherpässen, bis dann weiter im Osten das russische WM-Spiel der Deutschen gegen Schweden lief. Das georgische Restaurant in St. Schlaglochroulette alle Fahrkünste erforderte. Insgesamt kurvten sagenhafte 260 Petersburg, in dem Fleisch „in unvorstellbaren Mengen“ serviert wurde. Die Fische, Teams rund um die Ostsee, mit Namen wie Fischköppe, Old Stars, Baltic Piraten die in Skandinavien bissen wie verrückt und auf dem Grill landeten. Und natürlich © Büro 504; Steve Radus oder Allgäuer Lederhosenexpress. Gewinnen aber war nicht das oberste Ziel all die endlose Natur, raue Küsten, dunkle Wälder, einsame Seen, die unnatürlich wei- der mehr als 20 Jahre alten Suzuki Jimny, Golf 3, Volvo, Nissan Micra, T4, Pontiac ßen Sandstrände der Lofoten, wo alle Teams sich zur großen Party am Polarkreis und T-Modelle. „Es ging um das gemeinsame Erlebnis“, berichtet Steve Radus kurz trafen. Und der Morgen nach der Party … „Wahnsinn.“ Mehr Worte fallen Radus nach seiner erfolgreichen Rückkehr. Jeder hilft jedem und nimmt dafür auch mal dazu nicht ein. Er lächelt, seine Augen leuchten. Man versteht: Magie braucht keine einen Tag Umweg in Kauf. So versagte dem „Kurvenräuber“ die Lichtmaschine – 50 Worte. // MOBILITY WORLD / 3.18 13
SPEZIALITÄT: STECKVERBINDUNGEN M VIEW Das Unternehmen Hirschmann Automotive entwickelt und produziert Produkte, ohne die kein modernes Auto fahren könnte: Steckverbindungen, Sensoren und Spezialkabellösungen. Mehr als 5000 Mitarbeiter kümmern sich bei Hirschmann Automotive darum, dass das Auto nicht den Anschluss verliert. Das Unternehmen produziert Hightech-Steckverbindungen. 14 MOBILITY WORLD / 3.18
ZUM UNTERNEHMEN HIRSCHMANN AUTOMOTIVE ist ein Spezialist für Steckverbindungs- und Kontaktierungs- systeme, Umspritztechnologie sowie Spezialkabel- und Sensorsysteme. Weltweit beschäftigt das Unternehmen rund 5100 Mitarbeiter. Zu den Kunden zählen global produzierende Automobilhersteller und Zulieferer. Stammsitz des österreichi- schen Unternehmens ist Rankweil im Bundesland Vorarlberg. Seit 2007 wird das Unternehmen von Volker Buth und Thomas Die Zentrale von Hirschmann Automotive im Mayer geführt. Seit Juni 2018 komplettiert COO Markus Ganahl österreichischen Rankweil. Foto rechts: das die Geschäftsführung. Geschäftsführungstrio Markus Ganahl, Volker Buth und Thomas Mayer (v. l.). www.hirschmann-automotive.com // Sobald bei einem modernen Automobil der Zündschlüssel gedreht oder der Positionssensoren sind notwendig, um die tatsächliche Lage der Steller zu erfas- Startknopf des Motors gedrückt wird, beginnt eine komplexe Choreographie. sen, damit in jedem Drehzahlbereich des Motors optimale Werte erzielt werden Ein exakt komponiertes Zusammenspiel kleinster Bauteile hinter den Kulissen, können. wenn hunderte von Sensoren, Steuergeräten und Steckverbindungen ihre Arbeit aufnehmen. Motorsteuerung, Klimatisierung, Lichtanlage, Navigation – verant- 130 PATENTE, 1200 KUNDEN, 60 LÄNDER wortlich für den fehlerfreien Ablauf aller von Strom gespeisten Funktionen ist der Alle namhaften Automobilproduzenten und Automotive-Zulieferer gehören heu- Kabelbaum. Das Bordnetz ist quasi das Nervensystem des modernen Fahrzeugs. te zum Kundenkreis des Unternehmens, das Standorte in wichtigen Märkten der Wie Lebensadern ziehen sich bis zu 2000 einzelne Kabel mit einer Gesamtlänge Welt unterhält. Rund 130 Einzelpatente wurden allein in innovativen Technologien von bis zu vier Kilometern durch das Innenleben eines durchschnittlichen Neuwa- angemeldet. Etwa 1200 Kunden in 60 Ländern werden derzeit von Hirschmann gens. Ein Hightech-System, dessen Kabel aber nur ein heilloses Durcheinander Automotive betreut, wobei sich der Hauptmarkt in Europa befindet, gefolgt von darstellen würden, wenn sie nicht mit passgenauen Steckern verbunden wären. Nordamerika und dem asiatischen Raum. „Wir setzen konsequent auf Innovati- Solche Steckverbindungen gehören zu den eher unscheinbaren Komponenten im on, Spezialisierung, eine solide Finanzstruktur und Internationalisierung“, fasst Automobilbau – ohne sie aber würde sich kein Auto auch nur einen Millimeter CFO Thomas Mayer, einer von drei Hirschmann-Geschäftsführern, die Firmen- bewegen. Daher gewinnen Unternehmen mit Know-how in der Fertigung von philosophie zusammen. So investierte Hirschmann Automotive zuletzt auch rund Steckern, Sensoren und Kabelsätzen immer mehr an Bedeutung in der Automo- 20 Millionen Euro in den heimischen Standort Rankweil, zu dem nun eine neue bilbranche – gerade auch in Zeiten, da die fortschreitende Vernetzung, Digitalisie- Werkhalle für den Werkzeug- und Sondermaschinenbau zählt, eine weitere Kern- rung, Elektrifizierung und Automatisierung des Automobils den wichtigsten Trend kompetenz des Zulieferers – so soll eine noch effizientere Umsetzung neuer Pro- der Branche darstellt. dukte und Sonderteile ermöglicht werden. M VIEW HIGHTECH-BAUTEIL STECKVERBINDER Der Bedarf an besonders belastungsresistenten und gleichzeitig extrem leich- Zu den weltweit führenden Entwicklern in der Stecker- und Sensorenbranche ge- ten und leistungsfähigen Steckverbindungen ist mit der wachsenden Bedeutung hört Hirschmann Automotive. Das österreichische Unternehmen mit Hauptsitz in des Bordnetzes gestiegen. Die Bordnetzkonzeption und -konstruktion hat sich in Rankweil im oberen Rheintal im Bundesland Vorarlberg hat sich in den vergange- den vergangenen Jahren, einhergehend mit der großen Zunahme elektrischer nen Jahren zu einem hochspezialisierten Anbieter für Hightech-Steckverbindun- und elektronischer Fahrzeugfunktionen, zu einer der wichtigsten Disziplinen im gen, Kontaktierungssysteme, intelligente Sensoren, Spezialkabellösungen sowie Fahrzeugbau entwickelt. Was vor wenigen Jahrzehnten mit einer elementaren Hochvoltsysteme für Elektro- und Hybridfahrzeuge entwickelt. Diese Komponen- Zünd- und Lichtanlage begann, ist heute zu einem Hightech-Bordnetz mit bis zu ten kommen zum Teil unter extremsten Bedingungen zum Einsatz und müssen in 600 verschiedenen Steckern geworden. Dazu kommt: Jedes Fahrzeugmodell ver- stark beanspruchten Fahrzeugbereichen, etwa im Motorenumfeld, höchste Leis- langt, je nach Funktionsvielfalt, nach einer individuellen Bordnetzlösung. Konnte tungen bringen. Den Anforderungen der Automobilhersteller für kleinstbauende man noch vor 30 Jahren die Baureihen eines Herstellers an einer Hand abzäh- und technisch hoch anspruchsvolle elektrische Steckverbinder antwortet Hirsch- len, stehen heute bis zu 40 oder mehr Baureihen und Varianten im Portfolio. mann Automotive zum Beispiel mit der so genannten „SealStar“-Produktfamilie. Und alle benötigen einen individuellen Kabelbaum – und die entsprechenden Diese „SealStar“-Steckverbindungen haben ein kompaktes Design, sind robust, Steckverbindungen und Sensoren. „Wir erleben eine tiefgreifende Veränderung in vibrationsbeständig und wasserfest und daher ideal für den Einsatz in modernen der Fahrzeugindustrie. Dieser Veränderungsprozess wird uns über die nächsten Fahrzeugen, in denen immer weniger Platz für immer mehr Hightech-Bauteile Jahre begleiten“, sagt Volker Buth, CEO bei Hirschmann Automotive. Und wei- zur Verfügung steht. Und auch die Anforderungen an intelligente Kabellösungen ter: „Momentan scheint es so, als ob sich die Batterietechnik für E-Mobilität ra- steigen stetig. Solche Spezialkabelassemblies von Hirschmann Automotive decken santer entwickle als die Ladeinfrastruktur. Ebenso nicht aufzuhalten ist der Trend eine Vielzahl von Anwendungen in der gesamten Topographie des Autos ab. An zum autonomen Fahren, auch wenn hier noch viele rechtliche Fragen offen sind. der Schnittstelle zwischen Trocken- und Nassbereich, etwa bei Außenspiegeln, in Teilautonomer Betrieb ist bereits heute in den Limousinen der Oberklasse keine vielen bauraumkritischen Situationen (Türgriff, Beleuchtung) und im hochbean- Seltenheit mehr, und er funktioniert einwandfrei. Für uns als Unternehmen ist es spruchten Umfeld (zum Beispiel Stoßfänger). wichtig, dass wir bei allen Megatrends vertreten sind.“ Trends wie die Elektrifizierung des Fahrzeuges und andere alternative Antriebs- DIGITALISIERUNG AUF DEM VORMARSCH technologien stellen außerdem neue Anforderungen an Hochvoltanwendungen. Und das nicht nur bei den Produkten, sondern auch bei der Produktion. „Auch wir Wobei nicht nur die technische Exzellenz der Komponenten, sondern auch eine bei Hirschmann Automotive befinden uns mitten in der digitalen Transformati- preiswerte und flexible Verarbeitungstechnologie gefragt ist. In Zusammenarbeit on hin zu einer durchgängigen Vernetzung aller Unternehmensbereiche“, erklärt mit namhaften Automobilherstellern entwickelte Hirschmann Automotive zwei CFO Thomas Mayer. „Auf der Produktionsebene ist hier beispielsweise die Smart zukunftsweisende Systeme – die „PowerStar“-Hochvolt-Steckverbindungen und Factory zu nennen: ein Prozess, in welchem Produkt und Fertigungsanlage dank das sogenannte „HPS Distributor“-Verteilersystem. Dazu kommt der Geschäfts- der Unterstützung intelligenter Informationstechnologien miteinander kommuni- bereich Sensorik: Ob Standardsensoren oder maßgeschneiderte Kundenlösun- zieren, was eine effizientere und flexiblere Umsetzung ermöglicht. Voraussetzung gen, Sensorsysteme müssen unter extremsten Bedingungen exakte Werte lie- dafür sind leistungsfähige IT-Instrumente sowie bestens ausgebildete IT-Spezia- © Hirschmann Automotive fern. Hirschmann Automotive entwickelt und produziert Sensorsysteme für die listen. Mit dem Aufbau unserer Business-Intelligence-Abteilung ebnen wir den Automobilindustrie und für industrielle Anwendungen. Diese beinhalten Sensor- Weg zur Bearbeitung riesiger Datenmengen und der automatisierten Erkennt- technik, Sensorgehäuse, Verbindungsleitungen, Steckverbinder und Magnetbau- nisgewinnung. Wir befinden uns bereits mitten im Wandel, mitten in der Digita- gruppen. Dazu kommt: Der zunehmende Anspruch an reduzierten Emissionswer- lisierung und Industrie 4.0 – dies sind unsere Visionen, nach denen wir uns bei ten bei Fahrzeugen erfordert eine Weiterentwicklung der Automotive-Sensorik. Hirschmann Automotive in der neuen digitalen Ära transformieren.“ // MOBILITY WORLD / 3.18 15
Sie können auch lesen