NATIONALE WASSERSTOFFSTRATEGIE TIMMERMANS ÜBER DEN GREEN DEAL - Ú DEUTSCHLAND HAT ENDLICH SEINE Ú INTERVIEW: EU-VIZEPRÄSIDENT - H2 ...
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Hydrogeit Verlag / www.hzwei.info / 20. Jahrgang / Heft 3 / Juli 2020 / 82 Ú DEUTSCHLAND HAT ENDLICH SEINE NATIONALE WASSERSTOFFSTRATEGIE Ú INTERVIEW: EU-VIZEPRÄSIDENT TIMMERMANS ÜBER DEN GREEN DEAL
Unsere Mission: Wasserstoff Webinare Marketing Consulting Wissen Silke Frank, CEO www.mission-hydrogen.de M it de de b n ek m gr om Go öß l te me d-T HOC n i M n Si cke eh e t Hydrogen Online Conference rw er t! 8. Oktober 2020 Die größte Wasserstoff- Veranstaltung in 2020 30+ Referenten Adamo Screnci Sunita Satyapal, Jon André Total U.S. Depart- Løkke, Nel Hyd- 24 Stunden voller Wissen ment of Energy rogen > 10.000 Teilnehmer Interaktive Chat-Funktion Zugang von überall Prof. Dr. Chris- topher Hebling, Jorgo Chatzi- markakis, Hyd- Eiji Ohira, NEDO Fraunhofer ISE rogen Europe Virtuelle Messe - Zeigen Sie sich! Und viele weitere Speaker! www.hydrogen-online-conference.com
I N H A LT INHALTSVERZEICHNIS 3 Impressum Quelle: BMWi / Andreas Mertens 4 Editorial 5 Meldungen Klingenberg geht in Ruhestand Yellen leitet ITM Motive enapter versuchts mit crowdinvesting Hexis abermals gerettet OGE gründet evety N2telligence in japanischer Hand Neue H2-Vereine in Süd und Ost 9 Politik Neuer Chef bei der NOW Bundesregierung investiert in grünen Wasserstoff Wettbewerb H2-exportierender Länder Opposition entwirft eigene Wasserstoffstrategien 10 Die Nationale Wasserstoffstrategie ist da Quelle: EU-Kommission Interview mit EU-Kommissar Frans Timmermans Vorzeigeprojekte in Regulierungsnot 20 Energiespeicherung Wie Raffinerien ergrünen Der H2-Projektierer H2-Produktion mit gebündeltem Sonnenlicht Grüne Gase als Geschäftsmodell Grüner Wasserstoff aus Biogas Die Lausitz – HyStarter und Reallabor 3 HYPOS-Projekte erforschen H2-Untertagespeicher 38 Elektromobilität Bedarf nach Brennstoffzellenbussen besteht Daimler bündelt BZ-Aktivitäten NPM gestaltet zukunftsfähiges Mobilitätssystem 18 Frans Timmermans glaubt fest an Wasserstoff 46 Entwicklung Umnutzung der bestehenden Erdgasinfrastruktur Chemische Degradation von BZ-Membranen 50 Markt Aktienanalyse von Sven Jösting 56 International Über Eine Wasserstoffanlage für Los Angeles 58 Firmenverzeichnis 63 Terminkalender 24 Vom H2-Tank bis zum Stack – alles aus einer Hand IMPRESSUM HZwei Design: Dipl.-Des. Andreas Wolter, Weimar Namentlich gekennzeichnete Beiträge spiegeln die Meinung der Autoren Satz: Dipl.-Des. Robert Müller, Berlin wider und entsprechen nicht unweigerlich der Meinung der Redaktion. Anzeigen: Uta Mummert, creating relations, Leipzig Inhalte der Zeitschrift sowie der Homepage sind urheberrechtlich geschützt ISSN: 1862-393X Lektorat: Dione Gutzmer, Berlin und dürfen nur nach ausdrücklicher Zustimmung des Hydrogeit Verlages Jahrgang: 20. (2020) / Heft 3, Juli 2020 vervielfältigt oder anderweitig veröffentlicht werden. Für unverlangt einge- Druck: Printec Offset – medienhaus, Kassel sandte Manuskripte und Fotos wird keine Haftung übernommen. Verlag: Hydrogeit Verlag PEFC-zertifiziertes Papier Inh. Sven Geitmann, Gartenweg 5 Alle technischen Angaben in D – 16727 Oberkrämer Druckauflage: 4.500 Stück (plus 20.000 Downloads/Jahr) dieser Zeitschrift wurden von Erscheinungsweise: 4 × jährlich den Autoren, der Redaktion UStID.: DE 221143829 und dem Verlag mit größter Einzelpreis (Inland): 8,00 Euro (inkl. MwSt. zzgl. 2,00 2 Versand) Sorgfalt erarbeitet und zusammengestellt. Trotzdem sind Fehler nicht ViSdP: Dipl.-Ing. Sven Geitmann Jahrespreis (Inland): 30,00 Euro (inkl. MwSt. zzgl. 7,00 2 Versand) vollständig auszuschließen. Der Hydrogeit Verlag weist ausdrücklich Tel./Fax: +49 (0)33055 – 21322/20 Einzelpreis (Europa): 8,00 Euro (inkl. MwSt. zzgl. 4,00 2 Versand) darauf hin, dass er keine Haftung für Folgen, die auf fehlerhafte E-Mail: kontakt@hydrogeit.de Jahrespreis (Europa): 30,00 Euro (inkl. MwSt. zzgl. 16,00 2 Versand) Angaben zurückgehen, übernehmen kann. Internet: www.hydrogeit-verlag.de, www.hzwei.info Redaktion. Mitarbeit: Sven Geitmann, Sven Jösting, Michael Nallinger, Studenten: 50 % Ermäßigung Titelbild: EU-Green-Deal als Initialzündung für Wasserstoffwirtschaft Niels Hendrik Petersen, Ken Silverstein Kündigung: jederzeit möglich, 6 Wochen vor nächster Ausgabe [Quellen: Europa © NicoElNino, Hände © macrovector/Freepik] HZwei 03 | JULI 2020
EDITORIAL ÜBER NWS, GREEN DEAL UND CORONA Liebe Leserinnen und Leser! Glück gehabt – pünktlich zum Redaktionsschluss der HZwei darauf ankommen, was wir aus der hat das Bundeskabinett die Nationale Wasserstoffstrategie aktuellen Situation machen. Jeder (NWS) diskutiert, verabschiedet und präsentiert. Einzelne von uns kann durch sein Der Kompromiss der fünf beteiligten Bundesministeri- Verhalten Signale setzen und einiges en sieht vor, dass nicht die von Bundesforschungsministerin bewirken. Anja Karliczek geforderten zehn Gigawatt an Elektrolyseur- Folgen wir weiterhin, wie in kapazitäten bis 2030 angepeilt werden, sondern zunächst Vor-Corona-Zeiten, den ewig Gest- „nur“ fünf Gigawatt, allerdings mit dem Zusatz, „nach Mög- rigen, die momentan noch der ih- lichkeit“ weitere fünf bis 2035 zu installieren. nen entgangenen Kaufprämie für Wie erwartet zeigten sich der Deutsche Wasserstoff- und Verbrenner nachjammern, wird sich Brennstoffzellen-Verband DWV und auch der Deutsche nichts Grundlegendes ändern. Egal, Verein des Gas- und Wasserfaches (DVGW) damit nicht wie effizient moderne Benzin- und Dieselaggregate heute zufrieden. Der DWV-Vorsitzende Werner Diwald und auch sein mögen, sie nutzen fossile Kraftstoffe und emittieren so- DVGW-Präsident Gerald Linke hoffen nun aber darauf, dass mit Schadstoffe. Zudem ist diese Technologie 140 Jahre alt die „weiteren fünf Gigawatt“ nicht erst bis 2040 oder 2035, – allerhöchste Zeit für etwas Neues, denke ich. sondern schon bis 2030 umgesetzt werden. Gut, dass die Bundesregierung hier Rückgrat bewiesen Absehbar gewesen war die Marschrichtung von Politik und sich für Innovationen sowie Nachhaltigkeit entschieden und Wirtschaft im Mobilitätssektor, dass zunächst nicht die hat und gegen Prämien für Verbrenner. China ist uns bei der Pkw-Sparte im Fokus steht, sondern vorrangig der Nutz- Elektrifizierung längst himmelweit voraus. Volkswagen hat fahrzeug- und Schienenbereich sowie die Luft- und Schiff- zwar, kurz bevor es ganz zu spät war, in einem Hauruckver- fahrt. Größter Abnehmer des erklärtermaßen vorrangig fahren das Ruder herumgeworfen, setzt jetzt aber einzig und grünen Wasserstoffs dürfte aber die Industrie werden (Stahl, allein auf Batteriefahrzeuge. Und nun? Jetzt gibt es Proble- Zement, Raffinierung usw.). me mit der Software-Entwicklung und mit der Auslieferung 4 Als Überraschung darf jedoch bezeichnet werden, dass eine Befreiung der Elektrolyseure von EEG-Umlagen nun doch noch in die Diskussion eingebracht wurde, obwohl das des neuen ID.3. Bei den anderen deutschen Mitbewerbern sieht es in Sachen E-Autos nicht viel besser aus. Es ist jetzt mehr als geboten, zu versuchen, zumindest Bundeswirtschaftsministerium alles Erdenkliche dafür ge- im Nutzfahrzeugbereich nicht den Anschluss zu verlieren, tan hatte, dies zu umgehen. Sämtliche Äußerungen aus dem hier vielleicht sogar eigene Trends zu setzen. Bei den Perso- BMWi hatten zuletzt vermuten lassen, dass das mühsam ge- nenwagen hat Tesla die gesamte Automobilwelt vorgeführt. schnürte Umlagenpaket nicht erneut geöffnet würde. Nun Jetzt steht Nikola, das nächste US-amerikanische Start-up heißt es aber: „Wir streben die Befreiung der Produktion von (s. S. 54), bereit, dasselbe im Lkw-Sektor zu tun. Und was grünem Wasserstoff von der EEG-Umlage an.“ Man werde fällt den Deutschen dazu ein? Die Ankündigung, erst Ende dabei sicherstellen, dass dadurch die EEG-Umlage nicht an- dieses Jahrzehnts den Lkw-Bereich elektrifizieren zu wollen steigt, so die Beteuerung. und H2-Busse frühestens 2022 anzubieten (s. S. 38). Sorry, Auch wenn es durchaus kritische Stimmen gibt, lässt sich aber erstens ist in zehn Jahren die Welt schon eine ganz an- feststellen, dass insgesamt ein vernünftiger Kompromiss dere, und zweitens brauchen wir BZ-Busse in den nächsten gefunden wurde. Dabei ist das Wichtigste, dass es jetzt Pla- Wochen und Monaten, nicht erst in zwei Jahren. nungssicherheit gibt. Investitionen können ab sofort in ei- Vor uns liegt eine Riesenchance – wir sollten sie nutzen – nem festen Rahmen getätigt werden, egal wie hoch die Latte die Potentiale sind riesig. für den Elektrolyseurbau nun liegt. Ausführlichere Informationen zur nun verabschiedeten Herzlichst NWS sowie zu den zuvor geführten Diskussionen finden Sie auf den Seiten 10 bis 15, gefolgt von einem Interview mit EU-Kom- missar Frans Timmermans, der uns einen Ausblick auf die eu- ropäische Strategie, den EU-Green-Deal, gewährt (s. S. 18). Sven Geitmann HZwei-Herausgeber Sehr intensiv wird dieser Tage auch die Frage diskutiert, wie es in oder nach der Corona-Krise mit der Energiewende, dem Klimaschutz und dem noch bis vor einigen Wochen deutlich wachsenden Interesse an Wasserstoff weitergehen wird. Was wird aus der FridaysForFuture-Bewegung? Wird jemals wie- der ein Klimagipfel stattfinden? Wird es einen Rückfall mit einer Manifestierung der fossilen Energieträger geben oder wird die H2- und BZ-Branche mittelfristig gestärkt aus die- ser Krise hervorgehen? Wird eine nun mögliche Wasserstoff- wirtschaft vielleicht sogar zur Wiederbelebung des europäi- schen Gedankens beitragen? Ich denke, die Chance für eine wirkliche Energiewende – europaweit – war noch nie so groß wie heute. Es wird aber HZwei 03 | JULI 2020
MELDUNGEN über HZwei räumte er ein, der Fortgang Klingenbergs sei eine KLINGENBERG GEHT „Zäsur“, aber er machte klar, hySOLUTIONS werde sich wei- terhin in gewohnter Weise im Norden engagiert für die Etablie- IN RUHESTAND rung der Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik einsetzen. || YELLEN LEITET ITM MOTIVE ITM Power wächst weiter und hat Mitte Mai 2020 die Grün- dung einer Tochtergesellschaft bekannt gegeben. ITM Mo tive wird zukünftig für den Bau Quelle: ITM Power sowie den Betrieb von Wasser- stofftankstellen in Großbritanni- en verantwortlich sein. Zum Ge- schäftsführer wurde Duncan Yellen ernannt. Der 54-jährige Physiker und Materialwissenschaftler war zuvor als Projektentwicklungsma- Abb. 1: Heinrich Klingenberg (l.), Peter Lindlahr nager bei Storengy, einem Tochter- unternehmen von Engie, aktiv. ITM Ein prägender Kopf insbesondere der norddeutschen, aber Motive wird zunächst acht öffentli- auch der bundesdeutschen und europäischen Wasserstoff- che H2-Tankstellen betreuen. Bis Ende des Jahres sollen es elf branche, tritt aus dem H2-Scheinwerferlicht zurück: Der ehe- sein. Alle Standorte verfügen über einen Elektrolyseur von malige hySOLUTIONS-Chef Heinrich Klingenberg hat An- ITM Power sowie über einen Kompressor von Großinvestor fang Juli 2020 seinen wohlverdienten Ruhestand angetreten. und Joint-Venture-Partner Linde. || Klingenberg, der maßgeblich an der Gründung von hySOLUTIONS im Jahr 2005 mitwirkte, war von Anfang an deren Geschäftsführer und Sprecher (s. Interview HZwei- Heft Apr. 2019). Zuvor war der studierte Sprachwissen- schaftler im Vorstand der Hamburger Hochbahn für den Bereich Busverkehr verantwortlich gewesen. Insbesondere ENAPTER VERSUCHT ES MIT CROWDINVESTING 5 durch seine engen Kontakte in die Politik sowie zum gesam- ten Hamburger Verkehrsverbund (HVV) gelang es ihm, die Der Elektrolyseurhersteller Enapter geht bei der Investoren- H2- und BZ-Technik in der Hansestadt auf höchster Ebene suche einen etwas anderen Weg als die meisten Mitbewerber: zu etablieren. Durch seine Ämter im Beirat der Nationalen Ende März 2020 hat das Unternehmen eine Möglichkeit für Organisation Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Technolo- Privatanleger eröffnet, in Enapter zu investieren. Seitdem gie (NOW) sowie in europäischen Gremien trieb er die Wei- ist eine Beteiligung an dem italienischen Unternehmen ab terentwicklung der Wasserstofftechnologie auch auf natio- wenigen Hundert Euro möglich. Im Gegenzug werden den naler und internationaler Ebene voran. Anlegern Zinsausschüttungen über eine Laufzeit von fünf Der Hochbahn-Vorstandsvorsitzender Henrik Falk erklär- Jahren versprochen. Diese Art der Vermögensanlage wurde te: „Bei der Umstellung des Verkehrs auf emissionsfreie Antrie- nach Angaben von Enapter im Frühjahr von der Finanzauf- be und der Nutzung regenerativer Energie aus der Region ist sichtsbehörde BaFin freigegeben. Hamburg national und international weit vorn. Dieses ist auch Die in Pisa ansässige Firma, die unter anderem auch eine Fi- ein Erfolg der hySOLUTIONS und von Heinrich Klingenberg.“ liale in Berlin hat, lockt potentielle Geldgeber mit ihrem paten- Für Klingenberg rückte jetzt Christoph Steinkamp in die tierten Elektrolyseur, bei dem eine Anionenaustauschmembran Geschäftsführerebene auf. Gemeinsame mit Peter Lindlahr, (AEM) zum Einsatz kommt, wobei nach eigenen Angaben „die der seit 2010 zweiter Geschäftsführer von hySOLUTIONS ist, Vorteile konkurrierender Technologien kombiniert“ werden. leitet seit dem 1. Mai 2020 Steinkamp die Elektromobilitäts- Ziel der Kapitalerhöhung sei, die auf dem Markt befindlichen schiene der Gesellschaft. Der 37-jährige arbeitete zunächst bei Produkte jetzt zu skalieren. Über den Aufbau einer Massenpro- der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Deloitte bevor er 2013 duktion der AEM-Elektrolyseure, so heißt es, sollen die Kosten zu hySOLUTIONS stieß und Projektleiter Elektromobilität für Wasserstoff drastisch gesenkt werden, so dass „Wasserstoff wurde. Anlässlich der Amtsübernahme sagte er: „Ich freue für jedermann“ erzeugt werden könne. Geschäftsführer Sebas- mich über das Mandat, den Standort Hamburg in Richtung tian-Justus Schmidt erklärte: „Mit der crowdfinanzierten Ver- einer nachhaltigen, emissionsfreien Wirtschaft und Mobi- mögensanlage machen wir jetzt die Schritte hin zur industriel- lität in Zukunft weiterzuentwickeln und diesen Prozess im len Massenfertigung.“ Wo dann der geplante Enapter-Campus Austausch mit allen Stakeholdern zu gestalten. Neben einer zu Hause sein wird, ist bislang noch ungewiss. Kopplung des Mobilitäts- und Energiesektors wird es dabei Bis Ende Mai waren bislang knapp über 80.000 Euro zu- auch darauf ankommen die heutigen Projekte in eine sich sammengekommen. Diese eher verhaltene Resonanz lag selbst tragende Wirtschaftlichkeit zu überführen. Hierfür sowohl an der Corona-Krise als auch daran, dass Enapter haben wir in Hamburg eine starke politische Unterstützung, diese Kampagne gar nicht mehr aktiv bewirbt. Schmidt teil- engagierte Partner in der Wirtschaft und mit dem Team von te HZwei Ende Mai mit: „Es gibt derzeit keine Planung, das hySOLUTIONS sehr erfahrene Akteure an Bord.“ Thema ‚Crowdfunding“ öffentlich anzufeuern – jedenfalls Lindlahr, der bisher vorrangig die Batteriethemen unter nicht jetzt.“ Stattdessen sei er derzeit dabei, Gelder für die sich hatte, übernimmt jetzt die H2- und BZ-Schiene. Gegen- Finanzierungsrunde B einzusammeln. || HZwei 03 | JULI 2020
MELDUNGEN OGE GRÜNDET EVETY N2TELLIGENCE IN JAPANISCHER HAND Quelle: evety Das norddeutsche Unternehmen N2telligene war bereits An- fang 2016 zur Fuji N2telligence GmbH geworden, nachdem sich der japanische Elektrokonzern Fuji Electric in die Wis- marer Kleinfirma eingekauft hatte. Anfang dieses Jahres hat nun die Fuji Electric Europe GmbH aus Offenbach N2tel- ligence, bei der zuletzt vier Mitarbeiter beschäftigt waren, komplett übernommen. Die ehemaligen Geschäftsführer und Gründer Lars Frahm und Andreas Exler haben das Un- ternehmen zum Jahreswechsel verlassen. Frahm und Exler hatten die Firma 2006 zu zweit aufge- baut und zu einem Spezialunternehmen für Brandschutz entwickelt. Über ein Dutzend Brennstoffzellenkraftwerke, die neben Strom und Wärme (teils auch Kälte) auch sauer- Die Open Grid Europe GmbH (OGE) will ein „Wegbereiter stoffarme Luft liefern, bauten sie in Deutschland auf, darunter für Wasserstoff“ sein. Dafür hat der Fernleitungsnetzbetrei- auch eine Großanlage bei Nordfrost in Herne. Hauptkunden ber gemeinsam mit dem TÜV Süd sowie Horváth & Partners von N2telligence sind Unternehmen aus der Tiefkühlbranche. ein Joint Venture initiiert, das Ende Mai 2020 ins Leben geru- Drei Systeme stehen inzwischen in Werken des Nahrungsmit- fen und online vorgestellt wurde. Die Geschäftsführer der drei telunternehmens Dr. Oetker. Fast alle davon wurden ohne den beteiligten Unternehmen und der neuen Gesellschaft erklär- Einsatz von Fördermitteln installiert. ten: „Wir sind H2-Experten.“ Ihr gemeinsames Ziel sei, für Industrie, Logistik und Mobilität den Weg in die Wasserstoff- wirtschaft und zu neuen Märkten zu erschließen. Dafür sollen geeignete Konzepte erarbeitet sowie Projekte entwickelt und umgesetzt werden, ähnlich wie es auch Apex plant (s. S. 24). 6 Die evety GmbH (e steht für Energie, vety ist das finni- sche Wort für Wasserstoff) hat ihren Sitz bei OGE in Essen. Geschäftsführer von evety ist Dr. Klaus Altfeld (s. Foto), der seit 2012 bei OGE als Leiter IT-Strategie tätig war. Der Wirt- schaftsinformatiker startet zunächst mit drei Mitarbeitern, will aber baldmöglichst – je nach Nachfrage – um zwei wei- tere aufstocken und bis Ende des Jahres auch einen Standort in München eröffnen. evety bündele die Kompetenzen der drei Partner und biete Lösungen für potentielle Anwendun- gen – zunächst in Deutschland und Europa – an, hieß es. Abb. 1: Andreas Exler und Lars Frahm (r.) [Quelle: Lars Frahm] Altfeld nennt seine Aufgabe die „Schaffung neuer Ökosysteme durch branchenübergreifende Vernetzung“. Auf Ursprünglich hatte N2telligence als Anwendungen auch Ser- Nachfrage von HZwei, was denn in diesem Zusammenhang verräume im Visier, aber diese werden nach Aussage des ehe- „Ökosysteme“ seien, erklärte er: „Ökosysteme bieten eine maligen Geschäftsführers Lars Frahm zu häufig begangen. Für gute Grundlage dafür, erst einmal klein anzufangen und Hallen, in denen Tiefkühlkost gelagert wird, eigne sich dieses dann zu skalieren.“ Für ihn seien „Ökosysteme“ regionale Verfahren jedoch ausgezeichnet, so der frühere Airbus-Mitar- Vorhaben, bei denen sich Partner zusammenschließen, um beiter. Mit Wasser könne dort aufgrund der niedrigen Tem- lokal etwas zu entwickeln, das dann größer werden könne. peraturen nicht gelöscht werden, und auch Brandschutz mit- Nach seinen Vorstellungen könnte zum Beispiel der Was- hilfe von Inertgas (z. B. Argon oder Stickstoff) sei häufig nicht serstoff aus „Ökosystemen“ mit einem H2-Überangebot zu- möglich, weil die Hallen dafür teilweise zu groß seien. nächst zu so genannten Ankerpunkten transportiert werden, Problematisch war seinen Ausführungen nach die Zeit wo er gesammelt und eventuell umgewandelt wird, um ihn um 2016, als das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWK) dann zu „Ökosystemen“ mit einem Unterangebot weiter- geändert wurde. Große stationäre Brennstoffzellensysteme zuleiten. Dr. Jörg Bergmann, CEO von OGE, ergänzte, dass (> 5 kW) fielen damals aus der Förderung heraus. Für Exler zukünftig zunehmend Erdgasleitungen für die Weiterleitung und Frahm hätte dies das Aus bedeutet, wäre kurz darauf grüner Gase herangezogen würden. Der Transport von Was- nicht Fuji Electric ins Unternehmen eingestiegen. serstoff müsste dann nicht mehr per Trailer, sondern könnte Die neuen Geschäftsführer sind jetzt Tai Sakata und Yoi- vermehrt leitungsgebunden erfolgen. chiro Yamamoto aus Japan. Die beiden bisherigen Mitarbei- Reiner Block, CEO Division Industry Service beim TÜV terInnen bleiben für technische und administrative Fragen Süd, räumte auf HZwei-Nachfrage zwar ein, dass es in den weiter Ansprechpartner. Zudem sind Frahm und Exler nach vergangenen Jahren auch in seinem Unternehmen recht ru- wie vor beratend aktiv – auch für Fuji N2telligence (FN2). hig war ums Thema Wasserstoff. Seit ein, zwei Jahren ver- Gemeinsam gründeten die beiden langjährigen Partner Ende zeichnet er jedoch eine verstärkte Nachfrage. Zudem falle Januar 2020 in Hamburg die N-zwo GmbH. Ziel dieser Ge- jetzt gerade im Rahmen der Reallabore und HyLands-Vor- sellschaft ist die Entwicklung, Beratung und Vermarktung haben „Geld vom Himmel“, so Block. Er erwartet daher jetzt stationärer Anwendungsmöglichkeiten von Brennstoffzellen auch vom EU-Green-Deal einen „mächtigen Schub“. || bei Energieerzeugung und Sauerstoffreduzierung. || HZwei 03 | JULI 2020
ADVERTORIAL Thema: Advertorial Autor: Matthias Authenrieth, Karl-Heinz Lentz IGAS ENERGY GMBH UND FEST GMBH KOOPERIEREN Exklusive Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Wasserstofftechnik Im Firmenumfeld der Schmidt Kranz Group wird das Ge- kauft und realisiert. Herausragend hierbei sind die aktuellen schäftsfeld Wasserstofftechnologie weiter gestaltet und Megawatt-Projekte: etabliert. Zum April dieses Jahres starteten die iGas energy GmbH und die FEST GmbH in exklusiver Kooperation auf GASVERSORGUNG, REGION BERLIN: dem Gebiet der Wasserstoff-Elektrolyse mit der Beratung, Erzeugung von grünem Wasserstoff und anteilige Wasser- Vermarktung, Produktion und den dazugehörigen Services. stoffverwendung im öffentlichen Gasnetz. Nach dem Geneh- migungsverfahren wird eine PEM-basierte H2-Elektrolyse Grüner Wasserstoff, erzeugt aus CO2-neutraler Energie wie mit einem Volumen von 200 Nm3 entsprechend 1 MW elek- Wind, Wasser, Solar und Wärme, wird als Energieträger und trischer Energie geliefert. Speicher eine wesentliche Rolle in der zukünftigen Energie- wirtschaft in Deutschland und global einnehmen. ENERGIEVERSORGUNG, REGION FRANKFURT: Die iGas energy GmbH entwickelte den „Green Elek Erzeugung und Verwendung von Wasserstoff zur Betan- trolyzer“ zur PEM-basierten Wasserstoffelektrolyse in mo- kung von neuen wasserstoffbetriebenen Regionalzügen dularer und transportabler Bauweise sowie in der Skalierung des Rhein-Main-Verkehrsverbundes. Geliefert wird eine von 50 bis 20 MW elektrischer Energie. Ferner werden durch PEM-basierte H2-Elektrolyse mit einem Volumen von die iGas energy GmbH verfahrenstechnische Anlagen wie 1.000 Nm3 entsprechend 5 MW elektrischer Energie. || zum Beispiel die Aufbereitung biogener Reststoffe unter Wertstoffrückgewinnung entwickelt und realisiert. www.green-h2-systems.de Die FEST Gruppe bietet künftig als industrieerfahrener www.fest-group.de und global agierender Vertragspartner unter dem Geschäfts- www.igas-energy.de feld „green-h2-systems“ die Konzeption, Planung und Pro- duktion für die schlüsselfertige Errichtung sowie den Un- terhalt dieser Anlagen im technologischen Verbund mit der www.sk-group.com Autoren: 7 iGas energy GmbH und weiteren Partnerunternehmen an. Basierend auf dem Wissen und der Erfahrung dieser Un- Matthias Authenrieth ternehmen werden energetische Gesamtlösungen von der FEST GmbH, Goslar Stromversorgung aus regenerativen Energiequellen über kontakt@fest-group.de H2-Erzeugung, -Transport und -Speicherung bis hin zu kommerziellen Betankungsanlagen für Fahrzeuge angebo- ten und realisiert. Bereits heute haben die iGas energy GmbH und die FEST Karl-Heinz Lentz GmbH erfolgreich H2-Elektrolyseanlagen im Ausland und iGas energy GmbH, Stolberg auf dem bedeutendsten Wasserstoff-Markt Deutschland ver- info@igas-energy.de the trend turns green rvices. EX PE RT IS E: co nsulting, engineering, contracting, se Unsere roup.de mit uns! Email kontakt@fest-g + Besprechen Sie Ihre H 2 - Pr ojekte www.green-h2-systems.de
MELDUNGEN NEUE H2-VEREINE IN SÜD VORBEREITUNG AUF 2021 UND OST Auch wenn die Hannover Messe, ebenso wie alle anderen zuletzt geplanten Messen und Kongresse, aufgrund der Co- Nach und nach gründen sich in verschiedenen Regionen rona-Krise ausgefallen ist, ändert sich nichts an ihrer Bedeu- Deutschlands immer mehr gemeinnützige Vereine, deren tung, insbesondere für die Energiebranche. Nach aktueller Mitglieder sich die Etablierung einer Wasserstoffwirtschaft Planung soll die weltweit größte Industrieschau im nächsten zum Ziel gesetzt haben. Den Anfang hatte 1989 die Wasser- Jahr vom 12. bis 16. April in stoff-Gesellschaft Hamburg gemacht. Seit 2007 gibt es bei- mehr oder weniger gewohnter spielsweise im Kölner Raum HyCologne – Wasserstoff Regi- Weise stattfinden. Sowohl die on Rheinland, seit 2016 H2BX – Wasserstoff für die Region Deutsche Messe AG als auch Bremerhaven. Neuste Vertreter sind im Nordosten der Re- Tobias Renz, Organisator der publik das Wasserstoffenergiecluster Mecklenburg-Vorpom- Hydrogen + Fuel Cells Euro- mern (s. S. 25) und ganz im Süden H2 Süd. pe, zeigen sich zuversichtlich, dass das Interesse ungebrochen ist. Renz erklärte gegenüber HZwei: „Wir haben bereits di- rekt nach der Absage der HM H2 Süd ist die Wasserstoff-Initiative Bayern und Ba- 2020 Ende März mit der Planung für die HM 2021 begonnen. den-Württemberg. Dieser Verein wurde im Oktober 2019 […] Das Ergebnis hat uns selbst sehr positiv überrascht: Bis von Dr. Andreas Seebach ins Leben gerufen und nimmt jetzt auf ein paar wenige Aussteller auf kleineren Flächen sind alle allmählich seinen Betrieb auf. Seebach, alleiniger Vorstand Aussteller der HM 2020 zur HM 2021 wieder mit dabei. Das dieses Firmennetzwerks, erklärte gegenüber HZwei, er wolle ist schon ein ganz starkes Zeichen der H2- und BZ-Branche gezielt konkrete Projekte in den beiden süddeutschen Bun- und spricht natürlich auch für die Hannover Messe.“ || desländern initiieren. Anders als das vom Land Bayern initi- ierte und von Hochschulen getragene Zentrum Wasserstoff. Bayern (H2.B) sieht er seinen Verein als unabhängiges Netz- werk, in das insbesondere kleinere und mittlere Unterneh- HEXIS ABERMALS GERETTET 8 men ihr Know-how mit einbringen können. || Wieder einmal ist Hexis vor einer drohenden Schließung be- wahrt worden. Wie Viessmann bekanntgab, hat die mPower GmbH das Hexis-Aktienpaket am 1. Juni 2020 übernom- men. Das in Dresden ansässige Unternehmen gehört zu h2e h2herten Power Systems Private Limited, einem Hightech-Unterneh- men mit Sitz in Pune, Indien. Wasserstoff-Kompetenz-Zentrum Der Gründer und CEO von h2e Power Systems Inc., Sidd harth R. Mayur, der auch Geschäftsführer von mPower ist, er- klärte: „Mit der Übernahme von Quelle: h2e Hexis haben wir nicht nur ein großartiges Team bekommen, sondern auch eine sehr starke Basis, um Produkte von Welt- klasse zu wettbewerbsfähigen Preisen zu entwickeln. […] Ne- ben dem Immobilien-, Gewer- be- und Öko-Wasserstoffmarkt wollen wir das Hexis-Produkt- portfolio auf Anwendungen in Abb. 1: Siddharth R. Mayur den Bereichen Landwirtschaft, Öl und Gas sowie Telekommunikation ausweiten. Mit unserer sozialen Vision, dem deutschen und schweizerischen Ingeni- eurwesen und dem indischen Unternehmertum wollen wir das erste wirklich globale SOFC-Unternehmen aufbauen.“ ANWENDERZENTRUM Kontakt: Alexander Dauensteiner, bei Viessmann für verantwortlich info@h2herten.de Brennstoffzellen, zeigte sich davon überzeugt, mit h2e „den H 2 HERTEN www.h2herten.de richtigen Investor und Partner für Hexis gefunden zu haben“, mit dem man bei der Lieferung von SOFC-Brennstoffzellen- modulen auch weiterhin zusammenarbeiten werde. • Erstes Technologiezentrum für Firmen der Am 19. März 2020 hatte Viessmann die Trennung von Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnik seiner schweizerischen Tochter bekanntgegeben (s. HZwei- • Büroräume und Technika Heft Apr. 2020). Nachdem 2005 ein Schweizer Investor • Integrierte Wasserstoffversorgung den BZ-Hersteller aus Winterthur gerettet hatte, hatte der • H2-basiertes Energiekomplementärsystem Heizgerätehersteller Hexis im Herbst 2012 übernommen (s. • Meetingräume inkl. Präsentationstechnik HZwei-Heft Jan. 2013 und Apr. 2006). || HZwei 03 | JULI 2020
MELDUNGEN gierte sich zuletzt für die Etablierung einer H2-Initiative in NEUER CHEF BEI DER NOW der Hauptstadtregion und knüpfte bereits zahlreiche Kon- takte in die H2- und BZ-Community. Der neue NOW-Chef heißt Kurt-Christoph von Knobels- Von seiner Begeisterung für diese Thematik konnte dorff und war bislang Abteilungsleiter im Ministerium für sich die HZwei-Redaktion bereits im August 2019 anläss- Wirtschaft und Energie des Landes Brandenburg. Ab dem lich eines Besuchs bei dem 15. Mai 2020 wird der gebürtige Bremer als neuer Geschäfts- in Franken aufgewachsenen Quelle: IHK Cottbus, Christina Gaudlitz führer die Geschicke der NOW GmbH Nationale Organisati- Hobbymusiker im Potsda- on Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie leiten. Die- mer Wirtschaftsministeri- se Entscheidung des Aufsichtsrats wurde am 23. April 2020 um wie auch bei zahlreichen in Berlin bekanntgegeben. Veranstaltungen in und um Als Sprecher der Geschäftsführung beerbt der gelernte Berlin überzeugen. In Bezug Volkswirt Dr. Klaus Bonhoff, der im Sommer 2019 ins Bundes- auf die Nationale Wasser- verkehrsministerium wechselte. Zweiter Geschäftsführer bleibt stoffstrategie ließ er erken- Wolfgang Axthammer, der die NOW zwischenzeitlich allein nen, dass er auf eine „koor- geführt hatte. Kurt-Christoph von Knobelsdorff war, bevor er dinierende Rolle“ der NOW nach Potsdam kam, stellvertretender Staatssekretär und Ab- hoffe, da das NIP ja „quasi teilungsleiter im Ministerium für Wirtschaft, Arbeit, Verkehr die Keimzelle der NWS“ sei. und Technologie des Landes Schleswig-Holstein. Zuvor war Grundlegende Veränderun- er Staatssekretär in der Berliner Senatsverwaltung für Wirt- gen in der Agentur plane er Kurt-Christoph von Knobelsdorff schaft, Technologie und Forschung und arbeitete in leitenden bislang jedoch nicht. Funktionen beim Deutschen Industrie- und Handelskammer- Unterdessen hat allerdings der bisherige NOW-Bereichs- tag (DIHK) sowie bei dem Verband Die Familienunternehmer, leiter für Verkehr und Infrastruktur, Thorsten Herbert, dem ehemals Arbeitsgemeinschaft Selbständiger Unternehmer. ebenfalls Ambitionen auf den Chefposten nachgesagt wor- Wasserstoff und Brennstoffzellen sind für den 52-Jäh- den waren, die Nationale Organisation Wasserstoff- und rigen bei weitem keine Fremdwörter. In seiner bisherigen Brennstoffzellentechnologie auf eigenen Wunsch in Rich- Tätigkeit in Potsdam arbeitete er mit dem ausgewiesenen tung Norwegen verlassen. Seit dem 1. Mai ist er für den Elek- H2-Fan Prof. Jörg Steinbach, dem Wirtschaftsminister von trolyseurhersteller Nel tätig. Herbert wird in Zukunft als Brandenburg (s. HZwei-Interview Apr. 2019), an einer Was- Bindeglied zwischen den Skandinaviern und Zentraleuropa, serstoffstrategie für das ostdeutsche Bundesland. Er enga- insbesondere Deutschland, agieren. || 9 HZwei 03 | JULI 2020
POLITIK Thema: Politik Autor: Sven Geitmann BUNDESREGIERUNG INVESTIERT IN GRÜNEN WASSERSTOFF „Nur Wasserstoff auf Basis erneuerbarer Energien ist nachhaltig“ Nun ist sie da – die Nationale Wasserstoffstrategie (NWS). LANGWIERIGE DISKUSSION Gedauert hat es jetzt aber Fünf Bundesministerien haben das fertige Konzept am 10. auch wirklich lang genug, hatte die NWS doch eigentlich Juni 2020 in Berlin präsentiert, nachdem es am Vormit- schon vor Weihnachten 2019 im Bundeskabinett diskutiert tag vom Kabinett abgesegnet worden war. Monatelange und beschlossen werden sollen. Aber das wurde nichts, auch Querelen mit intensivem Gerangel zwischen den Ministeri- nicht Anfang 2020 und erst recht nicht während der heißen en um die Farbe des Wasserstoffs, die anvisierte Elektroly- Phase der Corona-Krise. Dabei hatte sich Thomas Bareiß, seurkapazität sowie die Besetzung der Gremien waren die- Parlamentarischer Staatsekretär im Bundesministerium für sem von vielen Branchenvertretern lang ersehnten Termin Wirtschaft und Energie (BMWi), schon Anfang 2019 ge- vorausgegangen. Am Ende einigte sich die Regierungskoa- meinsam mit seinem Kollegen vom Verkehrsministerium, lition auf ein sieben Milliarden Euro schweres Paket – plus Steffen Bilger, und dem damaligen NOW-Geschäftsführer zwei Milliarden für den Aufbau von Partnerschaften mit Dr. Klaus Bonhoff getroffen und die Notwendigkeit einer potentiell H2-exportierenden Ländern (s. S. 13). nationalen Strategie festgestellt. Wenn das alles so gewollt war, kann es als strategische Meis- terleistung bezeichnet werden: Hinauszögern der Präsenta- BAYERN VOTIERT FÜR RUSSISCHEN WASSERSTOFF tion der Nationalen Wasserstoffstrategie bis Mitte Juni 2020 Nach etlichen anderen Bundesländern hatte zuletzt am – bis Deutschland kurz vor der Jahresmitte die EU-Ratsprä- 29. Mai der bayerische Staatsminister für Wirtschaft, sidentschaft übernimmt und die Bundesregierung zur Be- Landesentwicklung und Energie Hubert Aiwanger in 10 wältigung der Corona-Krise ein Konjunkturprogramm auf den Weg bringt. Dann mit „Wumms“ in Deutschland und auch auf europäischer Ebene den Aufbau einer Wasserstoff- Nürnberg eine Wasserstoffstrategie für das süddeut- sche Bundesland präsentiert. Prof. Veronika Grimm, Vorsitzende des Zentrums Wasserstoff.Bayern (H2.B) wirtschaft zum Schwerpunktthema machen und gemeinsam und Wirtschaftsweise, stellte das dazu passende Po- mit der Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen einen sitionspapier des Wasserstoffbündnisses Bayern vor. Green Deal aushandeln, der die deutsche und europäische Aiwanger brachte angesichts der Diskussion über Wirtschaft – und vielleicht auch die Umwelt – wieder auf die Importwasserstoff Russland als H2-Exporteur in die Beine bringt. Sollte dieser Weg raus aus der Wirtschaftskrise Diskussion, indem er erklärte, aus dem Osten könnte Erfolg haben und dabei zudem noch ein halbwegs nachhalti- über die Gaspipeline Nord Stream „günstiger grüner ges Energiekonzept für Europa herauskommen, könnte sich Wasserstoff“ in beliebiger Menge importiert werden. dies insbesondere die Union auf die Fahnen schreiben und Auf HZwei-Nachfrage, was die Hintergründe dieses damit merklich gestärkt in den Bundestagswahlkampf 2021 Statements seien, hieß es aus dem Staatsministerium: ziehen – um eine schwarz-grüne Koalition anzupeilen (der „Russland hat große Potentiale zum Ausbau der On letzte Halbsatz ist rein spekulativ). shore-Windenergie, welche zukünftig auch die Wasser- stoffnachfrage Deutschlands bedienen könnten. Insge- samt werden Produktionsmengen von 3,5 Mio. t H2 als realistisch erachtet, was einem Weltmarktanteil von 15 Prozent entspräche.“ Nachdem sich die Bundesministerien auch Ende Mai noch nicht geeinigt hatten, verkündete das Bundeskabinett zu- nächst am 3. Juni, welche Maßnahmen im Rahmen des Corona-Konjunkturpakets anvisiert werden. Dazu zählte unter anderem die Entscheidung zur Umweltprämie, die weiterhin nur für E-Autos und nicht für Verbrenner ge- zahlt wird. Seitens des BMWi hieß es: Die Erhöhung des staatlichen Anteils des Umweltbonus durch eine Innovati- onsprämie für E-Autos erfolgt im bestehenden System des bisherigen Umweltbonus. Es können alle Autos, die auch bisher vom Umweltbonus profitieren, die Innovations- prämie erhalten: reine Elektroautos, Plug-in-Hybride und Brennstoffzellenautos. Im bestehenden System wird jeweils der staatliche Anteil verdoppelt. Die Prämie der Hersteller bleibt davon unberührt. Die Maßnahme wird befristet bis NWS-Präsentation Müller [Quelle: BMWi / Andreas Mertens] zum 31. Dezember 2021. HZwei 03 | JULI 2020
POLITIK Insgesamt war man sich bei diesem Koalitionsgipfel in Berlin Europäischen Kommission (s. Interview S. 18), zeigten sich dann weitestgehend darüber einig, mit dem Konjunkturpa- bei der Farbwahl jedoch deutlich offener, votieren teils sogar ket auch die Wasserstoffnutzung voranbringen zu wollen. direkt für die Nutzung von blauem Wasserstoff. Von Thomas Dafür stellte Bundesfinanzminister Olaf Scholz erhebliche Bareiß hieß es dazu beispielsweise: „Ich glaube, dass wir alle Geldmittel zur Verfügung und setzte sich medienwirksam Farben des Wasserstoffs brauchen. Auch Grauschattierungen für diese Vorgehensweise ein (Zitat: „Mit Wumms aus der sind für den Übergang erlaubt.“ Die niedrigen Akzeptanz- Krise kommen.“). werte der CCS-Technologie (Carbon Capture and Storage) stellten kein Problem dar, wurde vermittelt, da die Einlage- rung ja größtenteils weit entfernt in Norwegen erfolgen solle. ERGEBNISSE VOM KOALITIONSAUSSCHUSS 3. JUNI 2020 Für blauen Wasserstoff spricht der Zeitfaktor, da die gro- ßen erforderlichen H2-Mengen kurzfristig nicht mit erneu- „Bis 2030 sollen industrielle Produktionsanlagen von bis erbaren Energien zu produzieren sein dürften, weil aktuell zu 5 GW Gesamtleistung entstehen, bis 2035 nach Mög- noch keine ausreichenden Elektrolysekapazitäten vorhanden lichkeit weitere 5 GW.“ sind. Dagegen spricht, dass zunächst sehr viele Finanzmittel in fossile Energien und CCS-Technologie investiert würden „Wir streben die Befreiung der Produktion von grünem und dieses Geld dann dem grünen Wasserstoff sowie der So- Wasserstoff von der EEG-Umlage an. Wir werden dabei lar- und Windbranche fehlt. sicherstellen, dass dadurch die EEG-Umlage nicht steigt.“ Nach dieser ausführlichen öffentlichen Diskussion heißt es jetzt in der NWS, das Ziel der Bundesregierung sei, „grü- nen Wasserstoff zu nutzen, für diesen einen zügigen Markt Endgültig beschlossen wurde die Nationale Wasserstoffstrate- hochlauf zu unterstützen sowie entsprechende Wertschöp- gie dann jedoch erst in der darauffolgenden Kabinettssitzung fungsketten zu etablieren“. Nur Wasserstoff, der auf Basis am 10. Juni 2020. Immerhin haben diese wiederholten Ver- erneuerbarer Energien hergestellt wurde, also grüner Wasser- zögerungen dazu geführt, dass die Wasserstoffstrategie jetzt stoff, sei auf Dauer nachhaltig, ist zu lesen. Ganz verschließen sehr viel umfangreicher und fundierter geworden ist, als ur- wollen sich die Ministerien den Weg über fossile Energieträ- sprünglich geplant: Aus dem anfänglich nur sechs Seiten um- ger aber dennoch nicht: Dementsprechend heißt es, die Bun- fassenden Entwurf sind schlussendlich 32 Seiten geworden, desregierung gehe davon aus, dass sich in den kommenden weil nicht nur zahlreiche Bundesländer (s. Bayern-Kasten), Jahren ein globaler und europäischer Wasserstoffmarkt eta- sondern auch verschiedenste Verbände und Forschungsein- blieren wird, auf dem auch sogenannter CO2-neutraler Was- richtungen eigene Konzepte mit unterschiedlichsten Ideen und teils berechtigten Kritikpunkten eingebracht haben. serstoff, also blauer und türkiser, gehandelt wird. Und weiter: „Aufgrund der engen Einbindung von Deutschland in die eu- ropäische Energieversorgungsinfrastruktur wird daher auch 11 DIE FARBENLEHRE VON WASSERSTOFF Ein wesentlicher in Deutschland CO2-neutraler Wasserstoff eine Rolle spielen Streitpunkt war die gesamte Zeit über die Farbe des Was- und, wenn verfügbar, auch übergangsweise genutzt werden.“ serstoffs sowie die Frage, ob blaues H2-Gas auch in irgend- einer Form gefördert werden sollte. Der alternative Energie- 5, 10 ODER 20 GIGAWATT Fast noch heftiger als über die versorger Greenpeace Energy hatte sich dazu bereits Anfang Farbwahl wurde über die Höhe der anzuvisierenden Elek- 2020 mit einem Papier positioniert und deutlich gegen blau- trolyseurkapazität gestritten: Die einen (z. B. die NOW) en Wasserstoff ausgesprochen (s. HZwei-Heft Apr. 2020). fanden 5 GW „schon sehr sportlich“, die anderen (z. B. das Unterstützung dafür hatte das Hamburger Unternehmen brandenburgische Wirtschaftsministerium) hielten dies für vom Deutschen Wasserstoff- und Brennstoffzellen-Verband „zu wenig“. Das Bundeswirtschaftsministerium erachtete (DWV) bekommen. Ende April veröffentlichte auch die beispielsweise einen stärkeren Ausbau von Elektrolyseanla- Deutsche Umwelthilfe (DUH) ein Positionspapier und stell- gen aufgrund der begrenzten Flächenverfügbarkeit für nicht te klar, dass Wasserstoff und andere synthetische Energie- machbar, wie energate berichtete. träger das Erreichen der Klimaziele nur dann unterstützen Hintergrund ist, dass bei einem stärkeren Zubau von könnten, wenn sie „vollständig aus zusätzlich generierten Elektrolyseuren der Bedarf an Ökostrom weiter zunimmt, erneuerbaren Energien und unter strikten Nachhaltigkeits- so dass dementsprechend mehr Kapazitäten für erneuerbare standards“ produziert würden. Demgegenüber schade blauer Energien zugebaut werden müssten, damit das in der Koali- Wasserstoff dem Klima. Zudem würden fossile Geschäfts- tion vereinbarte Ziel von 65 Prozent Ökostrom bis 2030 er- modelle verlängert, so der Umweltverband. reichbar bliebe (aktuell ca. 40 Prozent). Je mehr erneuerbare Sascha Müller-Kraenner, einer der zwei DUH-Bundes- Energien für die H2-Erzeugung abgezweigt werden, desto geschäftsführer, betonte zudem, dass nur grüner Wasser- schwieriger wird es aber für den Wirtschaftsminister – in stoff zur regionalen Wertschöpfung beitrage. Weiter sagte dessen Verantwortung dies fällt – dieses Ziel zu erreichen. er: „Zum Einstieg in die Technologie muss in einem ersten Altmaier betonte deswegen ausdrücklich, dass jetzt dieses Schritt der Aufbau einer Elektrolyseleistung in Deutschland Ziel beibehalten werde und das, was man jetzt beim Wasser- über geeignete Förderinstrumente ermöglicht werden. Da- stoff mache, „sozusagen on top“ komme. für ist aber ausreichend erneuerbarer Strom notwendig. Die Bundesforschungsministerin Anja Karliczek – wohlge- Abstandsregeln für Wind müssen vom Tisch und der Deckel merkt auch von der CDU – hatte sich bis zuletzt für 10 GW für Photovoltaikanlagen muss sofort abgeschafft werden.“ Elektrolyseleistung ausgesprochen, zeigte sich bei der Prä- Diese beiden letzten Forderungen wurden inzwischen von sentation der NWS aber versöhnlich, da immerhin noch das der Koalition bearbeitet: Die Abstände zu Windparks regeln Ziel, weitere 5 GW spätestens bis 2040 zuzubauen, einge- jetzt die Bundesländer, und der PV-Deckel ist Makulatur. flochten wurde. Viele Industrievertreter, ebenso wie der Bundeswirt- Ein Knackpunkt war bis zum Schluss die Besetzung des schaftsminister Peter Altmaier und auch Frans Timmer- Nationalen Wasserstoffrates (s. HZwei-Heft Apr. 2020). mans, Vizepräsident und Kommissar für Klimaschutz der Lange waren sich die Ministerien uneins darüber, >> HZwei 03 | JULI 2020
POLITIK Die Kritik an der NWS hielt sich insgesamt sehr in Grenzen, „Die fünf Gigawatt bis zum Jahr 2030 und weitere fünf so bemängelte beispielsweise Grünen-Fraktionsvize Oliver Gigawatt bis 2040 sollten aus Sicht des technologisch Krischer: „Da sollen große Kapazitäten in der Produktion auf- Machbaren bereits bis zum Jahr 2030 umgesetzt sein.“ gebaut werden, ohne dass klar ist, wer diesen Wasserstoff über- Gerald Linke, DVGW-Präsident haupt abnimmt.“ Er forderte Beimischungsquoten etwa im Luftverkehr oder im Erdgasnetz. Solche Quoten werden in der „Die Entscheidung der Großen Koalition, eine Erzeugung Strategie zwar erwähnt, es muss aber noch erörtert werden, ob von grünem Wasserstoff aufzubauen, weist in die richtige für erneuerbares Kerosin „eine Quote in Höhe von mindestens Richtung. Zwar wäre bis 2030 der Aufbau einer größeren zwei Prozent in 2030“ (NWS-Auszug) realisierbar ist. Elektrolyseleistung von 10 Gigawatt wünschenswert, aber diese Entscheidung beendet endlich die monatelan- ge Hängepartie um die dringend überfällige Nationale Wasserstoffstrategie als zentralen Bestandteil der Ener giewende. Dies bedeutet auch eine Absage an blauen Wasserstoff, der aus fossilem Erdgas mit Hilfe von Ab- scheidung und Speicherung von CO2 gewonnen wird.“ Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der DUH Die Nationale Wasserstoffstrategie wie dieses Expertengremium besetzt werden und wo es angesiedelt sein solle. Bundesforschungsministerin Anja Karliczek sprach sich deutlich für einen Koordinator aus ihren Reihen aus, da sie dort einen „Wasserstoff-Antreiber“ sehen wolle, wie die FAZ berichtete. Zugesprochen wurde ihr schlussendlich ein Innovationsbeauftragter „Grüner Wasserstoff “, der das Bundesministerium für Bildung und Forschung als ständiger Gast im Staatssekretärsausschuss sowie im Nationalen Wasserstoffrat vertritt und für die Ausrichtung der Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten 12 verantwortlich zeichnet. Unklar war lange, wer dem geplanten Nationalen Was- serstoffrat angehören soll – voraussichtlich vornehmlich In- dustrie- (z. B. BASF, Daimler, Linde, OGE, Siemens, Thys- senKrupp, Uniper, Viessmann), aber auch Forschungs- und Umweltverbandsvertreter, wobei nicht alle als H2-Experten gelten. Es hieß aber, der NWR solle flexibel und ergebniso- rientiert agieren. Ob die geplante Nationale Leitstelle bei der NOW GmbH angesiedelt sein wird, steht noch nicht fest, dürfte aber wahr- bmwi.de scheinlich sein. MIT WUMMS, DOPPELTEM SCHUB UND INITIALZÜNDUNG FDP-Fraktionsvize Michael Theurer forderte eine Befreiung Schlussendlich bezeichnete Bundeswirtschaftsminister Pe- für Elektrolyseure von der EEG-Umlage, eine europäisch ab- ter Altmaier die NWS als Gemeinschaftswerk. Damit dürf- gestimmte Importstrategie sowie eine europäische Wasser- te er insbesondere die letztlich dann doch einheitliche Ziel- stoffunion – alles Dinge, die in der NWS vorgesehen sind. richtung der fünf Bundesministerien gemeint haben. Unter Kerstin Andreae vom BDEW lobte gegenüber der dpa Berücksichtigung der Steuermilliarden, die Finanzminister „das richtige Signal zur richtigen Zeit“. Der Bundesverband Olaf Scholz freigegeben hat, darf sich hiervon aber auch die Erneuerbare Energien (BEE) zollte dem Anerkennung, dass gesamte Gesellschaft angesprochen fühlen, weil der Steuer- die Koalition vor allem auf grünen Wasserstoff setze, und zahler ja das Konjunkturpaket im Wert von 130 Mrd. Euro sprach sich erneut für einen stärkeren Ausbau erneuerbarer finanziert, um „mit Wumms“ (Zitat Scholz) aus der Krise Energien aus. Greenpeace Energy kommentierte: „Endlich zu kommen. erkennt die Bundesregierung an, dass echter Klimaschutz Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD) formu- nur mit grünem Wasserstoff gelingen kann. […] Umso kri- lierte es ähnlich und sprach von einem „doppelten Schub – tischer finden wir, dass sie in ihrer Nationalen Wasserstoff- für den Klimaschutz und die nachhaltige Erholung unserer strategie trotzdem massiv auf blauen Wasserstoff setzt – und Wirtschaft nach der Corona-Krise“. Bundesverkehrsminis- damit auf eine klimaschädliche Scheinlösung.“ || ter Andreas Scheuer, der bei der Strategievorstellung nicht vor Ort vertreten war, hatte vorab gegenüber Redakteuren der Funke-Mediengruppe erklärt, er wünsche sich H2-Au- „Für den Industrie- und Technologiestandort Deutsch- tos aus deutscher Produktion, und dass dafür die Wasser- land, der seit vielen Jahren im Bereich Wasserstoff zur stoffstrategie „die Initialzündung“ sein solle. Weiter sagte Weltspitze gehört, ist die Wasserstoffstrategie der lang er: „Die Bundesregierung baut mit ihrer Nationalen Wasser- erwartete Durchbruch.“ stoffstrategie massiv Druck auf, die Mobilität der Zukunft Kurt-Christoph von Knobelsdorff, mit Innovationen zu gestalten.“ Seiner Meinung nach seien Geschäftsführer NOW GmbH jetzt die Autohersteller am Zug. HZwei 03 | JULI 2020
POLITIK Thema: Politik Autor: Sven Geitmann WETTBEWERB H2-EXPORTIERENDER LÄNDER Ausbau von Windkraft und Photovoltaik gefordert Ein wichtiger Bestandteil der Nationalen Wasserstoffstra- schen Küste bis 2030 30 GW [Quelle: BMBF, Hans-Joachim Rickel] tegie ist der Aufbau von Partnerschaften mit Ländern, die werden sollen, vor der deut- in Zukunft Wasserstoff nach Deutschland exportieren kön- schen „nur“ 20 GW. Dass dies nen. Anlässlich der NWS-Präsentation unterzeichnete Dr. noch nicht ausreiche, stell- Gerd Müller, Bundesminister für wirtschaftliche Zusam- te der Bundesverband der menarbeit und Entwicklung, daher eine Kooperationsver- Windparkbetreiber Offshore einbarung mit Marokko und kündigte an: „Gemeinsam mit (BWO) bereits Ende 2019 Marokko entwickeln wir jetzt die erste industrielle Anlage während eines parlamenta- für ‚Grünen Wasserstoff‘ in Afrika. Damit schaffen wir dort rischen Abends in der briti- Arbeitsplätze für die vielen jungen Menschen, stärken die schen Botschaft in Berlin fest: Technologieführerschaft in Deutschland und helfen, die in- „Es ist eine Notwendigkeit, ternationalen Klimaziele wirksam zu erreichen.“ mehr Windkraft offshore zu Abb. 1: Anja Karliczek erzeugen.“ Andreas Feicht, Der Fokus der Bundesregierung liegt aktuell auf den Ländern Staatssekretär im Bundesministerium für Wirtschaft und in Nordafrika, wo „nahezu unbegrenzt die Sonne scheint“, wie Energie, sagte dazu: „Offshore-Windenergie hat das Potenti- es Müller formulierte. Offen ist indes, wie der Transport von al, einen großen Anteil des Energiebedarfs für Deutschland, dort nach Zentraleuropa erfolgen könnte: in Form von Am- Großbritannien und die Welt zu liefern.“ Weiter erklärte er: moniak, LOHC oder flüssigem Wasserstoff in Tankschiffen „Ein signifikanter Import von grünem Wasserstoff wird not- oder über Pipelines. Zunächst sei das H2-Gas, das in Marokko wendig sein, aber auch der hiesige Ausbau ist wichtig.“ erzeugt werden soll, für die dortige Region bestimmt, erklärte Bundesforschungsministerin Anja Karliczek stellte dazu Müller, so dass die Transportfrage später geklärt werden kann. passend am 27. Mai 2020 ein Aktivierungsprogramm für die Zeit nach der Corona-Krise vor. Bei der Präsentation erklärte sie, sie wolle „Großdemonstratoren zur Offshore-Erzeugung 13 „Mit der Wasserstoffstrategie machen wir einen Quan- von grünem Wasserstoff“ fördern. Sie beabsichtige damit, tensprung hin zu CO2-neutralen Kraftstoffen und damit Unternehmen die Chance zu geben, „innovative Verfahren zu einer globalen Energiewende. ‚Grüner‘ Wasserstoff in der Praxis zu erproben“ und sie gleichzeitig „für das Zeit- und seine Folgeprodukte wie Methanol können das sau- alter des Klimaschutzes zu stärken“. Weiter sagte sie, sie wol- bere Öl von morgen werden.“ le damit in „das Zeitalter von grünem Wasserstoff“ starten. Bundesentwicklungsminister Dr. Gerd Müller Einen Monat zuvor hatte die Ministerin „Rekordinves- titionen in Bildung, Forschung und Innovation” gefordert – „Wir müssen im Bereich Umwelt und Klima Technologie- nicht nur im Rahmen der Corona-Pandemie. Sie sagte, der führer und Exportweltmeister werden.” Bund gebe pro Jahr rund 40 Mrd. Euro für Investitionen in Bundesforschungsministerin Anja Karliczek Infrastruktur, Bildung und Forschung aus und sie wünsche sich, dass in den Jahren 2021 bis 2023 „noch einmal die Hälf- te draufgelegt“ werde. Neben einer stärkeren Förderung der Währenddessen bringen sich auch andere Länder, die eben- Digitalisierung sollten weiterhin laufende Programme für falls über viel erneuerbare Energien verfügen, in Stellung, so Klimaschutz und Nachhaltigkeit unterstützt werden – bei- dass absehbar ist, dass ein Wettbewerb darüber entstehen spielsweise auch grüner Wasserstoff. Dieser sei der Energie- wird, wo der günstigste nachhaltig erzeugte Wasserstoff her- träger der Zukunft. || kommt. Derzeit reden sowohl Wissenschaftler als auch Poli- tiker neben Nordafrika auch über und mit dem Nahen Osten sowie Australien, wo ebenfalls viel Sonnenenergie vorhan- OFFSHORE-WINDKRAFT den ist und somit gute Rahmenbedingungen für großskalige Mitte Mai 2020 beschloss der Bund mit den Küstenlän- H2-Produktion herrschen. dern und Übertragungsnetzbetreibern eine Beschleu- Es gibt aber auch noch andere Regionen in der Welt (z. B. nigung des Offshore-Ausbaus. Das neue Ziel ist, dass Argentinien, Schottland, Russland – s. o.), wo viel Wind im Jahr 2030 Windkraftanlagen mit einer installierten herrscht, so dass Strom aus erneuerbaren Energien extrem Gesamtleistung von mindestens 20 Gigawatt (Heraufset- günstig hergestellt werden kann. Windparks in der Nordsee zung dieses Zielwerts um 5 GW) in der deutschen Nord- vor der britischen Küste hätten zudem den Vorteil relativ kur- und Ostsee ans Stromnetz angeschlossen sein sollen. zer Entfernungen nach Mitteleuropa. Insbesondere Energiege- Gemäß Bundesnetzagentur sollen in den Jahren 2021 bis winnungsgebiete weit draußen auf See, die über keinen Netz 2030 insgesamt 14 neue Offshore-Anbindungsleitungen anschluss verfügen, könnten zunächst als Testgebiete für die realisiert werden (eine in Schleswig-Holstein, fünf in H2-Produktion und später für den H2-Export genutzt werden. Mecklenburg-Vorpommern, acht in Niedersachsen). Die Ebenso wie Großbritannien verfügt Deutschland heu- Grünen fordern indes, die Ausbauzahlen für Offshore- te über eine installierte Leistung von 8 Gigawatt in Offsho- Windkraftanlagen auf 35 GW bis 2035 zu erhöhen. re-Windparks – mit dem Unterschied, dass es vor der briti- HZwei 03 | JULI 2020
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