OForum - Pro Bahn Schweiz
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Fo rum I n fo www.pro-bahn.ch Pro Bahn Schweiz • Pro Rail Suisse • Pro Bahn Svizzera Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des öffentlichen Verkehrs 4/16 Grafik: SBB Die neuen Kundenberater Automatisierung und Digitalisierung als Herausforderungen ab Seite 3 Impressionen von der Verkehrsmesse InnoTrans in Berlin Premiere: Auszeichnung für vorbildliche öV-Mitarbeitende Schwerpunkt 2/2011 InfoForum 1
Editorial Inhalt Aktuell Überlegungen zur Digitalisierung ������������������3-4 Aus für Stationshaltermodell .............................4 Nein zu gesichtsloser Bahn ................................5 SBB-Videoberatung: Ein Selbstversuch ...............6 Verkehrsspitzen brechen: Aber wie? ..................7 Nachrichten ......................................................8 Grünes Land für BLS-Werkstätte ........................9 Gerhard Lob Ärger mit der Centovallina .............................. 10 Renoviert und rutschig: Bahnhof Bellinzona ....11 Redaktor Lugano – Milano: Langsamer als 1964 .............12 InfoForum ÖV-Kolumne: Ein Land sieht rot .......................13 Bericht von der InnoTrans .......................... 14-16 Leserbriefe...................................... 17-18 Die schöne neue öV-Welt Pro Bahn D Züge ohne Begleitpersonal, Bahnhöfe ohne Schalterbeamte, Billette vom Automaten oder auf dem Handy. Kursbücher nur noch in elektronischer Form. Internet-Plattformen. Selbstfahrende Vorbildliche öV-Mitarbeitende: Premio Pro in Luzern überreicht ................ 19-20 Unterwegs in der Zentralschweiz: PostAutos (in Sitten) – so genannte SmartShuttles. Bald wohl auch Lokomotiven und Triebzüge Wo Kritik etwas bewegt hat ...................... 21-22 vollautomatisch ohne Zugführer. Die digitale Revolution und zunehmende Automatisierung Aus den Sektionen ..........................................23 macht sich tagtäglich im öffentlichen Verkehr bemerkbar, durchdringt unsere Mobilität. Dabei ist es wohl vor allem die ältere Generation, die sich mit den neuesten Entwicklungen schwer Frontbild: Grafik der SBB-Videoberatung tut, während die junge Online-Generation damit wie selbstverständlich umgeht. In diesem (Pilotversuche) InfoForum thematisieren wir einige Aspekte dieser Entwicklung, in der Hoffnung, dass der Mensch – der Kunde – in der Digitalisierung und Automatisierung nicht vergessen geht. Pro Bahn Schweiz wünscht einen angenehmen Jahreswechsel und ein gutes neues Jahr! Impressum InfoForum 4/2016, Versand: 8. Dezember 2016 Herausgeber Pro Bahn Schweiz (PBS) Le monde merveilleux des transports publics F Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des öffentlichen Verkehrs Des trains dépourvus de personnel et des gares sans guichets. Des billets crachés par des 8000 Zürich T 044 741 49 90, M 079 401 05 40 automates ou saisis dans nos téléphones portables. Des horaires disponibles sous forme www.pro-bahn.ch, edwin.dutler@swissonline.ch électronique, et c’est tout. Des plates-formes internet. Des bus postaux sans chauffeur (à Sion) Postkonto: 82-4920-4 Redaktion – appelés SmartShuttles. Des locomotives et des rames entièrement automatisées. Le constat Gerhard Lob (gl) est quotidien: la révolution digitale et l’automatisation ont pris les commandes des transports cp 361, 6604 Locarno T 091 752 38 29 publics et partant, de notre mobilité. Un changement douloureux pour les plus anciens, mais cescato.lob@ticino.com naturel pour la génération connectée multi-écrans. Dans cette édition d’InfoForum, nous Mitarbeit Pro Bahn Karin Blättler, Romeo Degiacomi, Edwin Dutler, Kurt Metz, avons voulu nous pencher sur certaines facettes de cette évolution, dans l’espoir que l’être Kurt Schreiber, Michael Strasser, Andreas Theiler, Kaspar P. Woker humain – l’usager, le client – ne soit pas, le grand oublié de cette automatisation. Pro Rail Bilder Suisse vous souhaite le meilleur pour la nouvelle année! Pressedienste, Redaktion, soweit nicht anders erwähnt Korrektorat Stefan Schweizer Inserate und Druck Rub Media AG Seftigenstrasse 310, 3084 Wabern Postfach, 3001 Bern T 031 380 14 95, F 031 380 14 89 zeitschriftenverlag@rubmedia.ch Il mondo nuovo del traffico pubblico I Grafisches Konzept und Layout Marco Bernet, Projektathleten GmbH Treni senza personale, stazioni senza funzionari agli sportelli, biglietti ottenibili solo alle bigliet- Holderbachweg 24, 8046 Zürich T 044 362 76 77, M 079 472 35 62 terie automatiche o sui cellulari. Piani orari unicamente in forma elettronica, piattaforme inter- marco@projektathleten.ch net, autopostali, chiamate ormai SmartShuttle, che viaggiano senza conducente (a Sion sono Auflage 2000 Exemplare (Ausgabe 4/16: 2750), 4 x jährlich già in funzione) e in un futuro non troppo lontano forse locomotive completamente automa- Mitgliedschaften tizzate. Ogni giorno nell’ambito del traffico pubblico constatiamo un aumento dell’automatiz- Europäischer Fahrgastverband, Europäischer Verband für zazione. La rivoluzione digitale occupa un ruolo sempre più importante nella nostra mobilità. die Entwicklung des Schienenverkehrs Nächste Ausgaben Le generazioni più anziane stentano ad accettare questi cambiamenti ma la giovane “online InfoForum 1/2017, Versand: 9. März 2017 generation” affronta queste nuove modalità senza difficoltà. In questo numero di InfoForum Schwerpunkt: CEVA und Léman 2030 Inserate- und Redaktionsschluss 16. Februar 2017 tratteremo alcuni aspetti inerenti quest’evoluzione. Il nostro auspicio è che in un mondo InfoForum 2/2017, Versand: 8. Juni 2017 sempre più digitalizzato e automatizzato non vengano dimenticate le persone e continui a sus- Schwerpunkt: Transport- und Eisenbahnmuseen sistere un servizio alla clientela. Pro Bahn augura a tutti un buon anno nuovo! Inserate- und Redaktionsschluss 11. Mai 2017 2 InfoForum 4/2016 Editorial
Aktuell Evolution und Revolution Überlegungen zum Einfluss der Digitalisierung auf die Bahnwelt und den öffentlichen Verkehr. Kaspar P. Woker „Nichts wird die Bahnwelt in Hand. Mit dem Bewegungsprofil unseres Smart- mont-Ferrand, wo die Zugverbindungen trotz den nächsten Jahren so sehr verändern wie phones weiss ja Google schon lange, wo und Schienen praktisch unbenutzbar sind. die Digitalisierung.“ – „Es passiert schneller, wie wir uns bewegen. Über eine App finden sich Personen, die als die meisten Leute denken.“ – „“Wir haben Die vom Bundesrat im April 2016 verabschie- nicht selbst Auto fahren, und Autofahrer, die die erste Halbzeit der Digitalisierung verloren.“ dete Strategie „Digitale Schweiz“ möchte die nicht alleine in ihrer „PS-Kiste“ unterwegs sein – «FlixBus bahnt sich einen Weg durch die Chancen der Digitalisierung nutzen und neue, wollen. Die Automobilisten erhalten ein Ent- Schweiz.“ und „Sind Fahrgemeinschaften die innovative Mobilitätsangebote entstehen las- gelt, das ihre Kosten minimiert. Für die Mitfah- Zukunft?“ sen. Das Bundesamt für Verkehr (BAV) forderte rer ist die Fahrt günstiger als mit der Bahn oder Das sind Schlagworte und Sätze, die anfangs seinerseits im November 2016 die öV-Unterneh- mit dem Fernbus. Solche Fahrgemeinschaften November an zwei spannenden öV-Kolloquien men auf, diese Chance zu nutzen, um mit Mo- boomen auch in Genf. Einerseits nagt dies be- zu reden gaben. Am Branchen-Treffen der Me- dellen der „Sharing Economy“ mit selbstfahren- denklich an den Frequenzen des TGV-Lyria nach terspurbahnen in Luzern ist deutlich geworden, den Fahrzeugen (sprich Metros, Züge, Busse!) Paris und andererseits passt es bestens für Fahr- dass nur eine enge Zusammenarbeit mehr Effi- die Wettbewerbsfähigkeit des öV zu erhalten. ten zur ETH-Lausanne, welche von Genf aus nur zienz bringen kann. Das gilt im Bereich Einkauf, Es soll Neues entstehen, das den Nutzern mehr mit Umsteigen erreichbar ist. Diese Entwicklung Ausbildung, Unterhalt und ganz speziell im Ver- Komfort und Qualität bringt. gilt es zu beobachten. trieb der Fahrausweise. Hier ist allerdings die Auch FlixBus bucht sich fix auf dem Netz. ganze öV-Branche gefordert, wenn der „Zug“ BlaBlaCar und FlixBus Zürich – München öfters als mit den müden international nicht an der Schweiz vorbeifahren An der jährlichen Fachtagung von Ouestrail, der EC-Zügen von SBB und DB, Konstanz – Zürich soll, wie BAV-Direktor Peter Füglistaler antönte. Westschweizer öV-Lobby, kamen BlaBlaCar und – Genf – Lyon billiger als ein Bahnbillett von Google, Apple, Booking.com usw. werden sich FlixBus zur Sprache. Mit dem marketingmässig Zürich nach Lausanne. Kabotage (Beförderung „schleichend“ Verkauf und Reservation von genialen Ausdruck „blabla“, was nichts ande- auf inländischen Strecken bei internationalen allen Reiseleistungen unter den Nagel reissen res heisst als „zäme schnurre“, macht das fran- Verbindungen) ist zwar verboten. Doch das BAV und dabei gut verdienen: Bahn-, Flug-, Busbil- zösische Unternehmen Furore und bündelt vor am „seufzte“ am 11. November in den Medien: lett, Taxi, Mietwagen und Carsharing aus einer allem Reisende auf Strecken wie Nîmes – Cler- Wie soll das kontrolliert werden? Den Passagier, >>> Immer und überall vernetzt: Das hat grosse Auswirkungen auf die Kunden. Bild: SBB Aktuell 4/2016 InfoForum 3
Fortsetzung von Seite 3 Aus für Stationshalter >>> der in Zürich mit einem Ticket nach Lyon zu- SBB fokussieren sich auf eigene steigt und schon in Lausanne verschwindet, Vertriebskanäle und steigen aus kann man rechtlich nicht belangen. Er ist zwar länger, aber billiger unterwegs als mit dem dem Billettverkauf durch Dritte aus. Zug. Fernbus-Konzessionen für Schweizer Un- PBS Die SBB steigen per 1. Januar 2018 aus dem ternehmen innerhalb der Schweiz würden si- Billettverkauf durch Dritte aus, wie das Unter- cherlich erteilt, wenn dies der Markt fordere, nehmen Anfang September mitteilte. Konkret: so das BAV. Doch Achtung, weder Fernbusse Die Bundesbahnen werden die Zusammenar- noch Fahrgemeinschaften lösen das Problem beit mit den bisherigen Vertriebspartnern nicht der Stosszeiten. Nein, sie werden eher in den fortsetzen. Schwachlastzeiten dem von der öffentlichen Die SBB arbeiten aktuell mit 52 Partner-Ver- Hand mitfinanzierten öV Kunden entziehen. kaufsstellen zusammen: Die Vertriebspartner Das ist brandgefährlich. „Migrolino“, “Die Post“ und „Valora“ sowie SBB mit Fokussierungsstrategie. Bild: SBB die privaten Stationshalter vertreiben im Auf- Die Menschen nicht stehen lassen trag der SBB ein reduziertes Billett-Sortiment. weiter. So investieren sie beispielsweise in den Tröstlich waren die Worte von Benedikt Wei- Der Anteil dieses Kanals am Gesamtabsatz ist Umbau stark frequentierter Reisezentren. Dar- bel, dem früheren SBB-Chef und Verwaltungs- laut SBB über die letzten Jahre kontinuierlich ge- über hinaus haben die SBB gemeinsam mit den ratspräsidenten der privaten österreichischen sunken und lag zuletzt deutlich unter 1 Prozent. Kundinnen und Kunden eine neue Version der Westbahn in Luzern: „Entscheidend bleibt das Ganz anders die elektronischen Vertriebskanäle SBB Mobile App entwickelt und zum digitalen Marketing – eine Haltung die konsequent auf der SBB – online und mobile. Hier sprechen die Reisebegleiter ausgebaut. Auch über das Inter- die Bedürfnisse der Kunden ausgerichtet ist SBB von „stark wachsenden Absatzzahlen“: Al- net sind bekanntlich Fahrplanauskünfte und Bil- bei Produkt, Preis, Service, Distribution und lein im vergangenen Jahr wurden via Internet lette erhältlich. Kommunikation“. Das ist und bleibt das Kern- und Mobile App 40 Prozent mehr als im Vor- Allerdings: Die Öffnungszeiten wurden an geschäft oder die Existenzberechtigung eines jahr oder insgesamt rund 18 Millionen Billette vielen – eher schwach frequentierten – Bahn- öV-Unternehmens. verkauft. höfen reduziert und manche Stationen sogar Aus Sicht von Pro Bahn Schweiz bleibt da Die Verträge mit den privaten Stationshal- ganz geschlossen. Überall spriessen Automaten nur eines beizufügen: Vergesst die Menschen tern laufen Ende 2017 aus. Dies nehmen die wie Pilze aus dem Boden. Wie die SBB in ihrer nicht, besonders alle „Nicht-Digitalisierten“! SBB zum Anlass, um per 1. Januar 2018 aus Medienmitteilung schrieben, sei der Rail Ser- Die individuelle Beratung, zum Beispiel am Bil- dem Billettverkauf durch Dritte ganz auszustei- vice jederzeit unter der Telefonnummer 0900 lettschalter der BLS in Schüpfheim – die SBB gen. Damit können nach Unternehmensanga- 300 300 (1,19 Fr./Min.) für Auskünfte und Bu- machten ihn dicht, weil er unrentabel gewe- ben Vertriebskosten von rund 5 Millionen Fran- chungen erreichbar. Der letzte Hinweis der SBB sen sei – oder durch eine hilfsbereite Zugbe- ken jährlich eingespart werden. entbehrt nicht einer gewissen Ironie: „Weitere gleiterin gehören immer noch dazu. Letzteres Die SBB fokussieren sich künftig auf ihre Beratungsmöglichkeiten bestehen am nächst- haben auch die SBB wieder entdeckt, wie eigenen Vertriebskanäle und entwickeln diese bedienten Bahnhof.“ uns Alain Barbey, der Verantwortliche für die Westschweiz, persönlich versicherte. Sie wer- den der Zugbegleitung grössere Aufmerksam- Videoberatung mit Verkauf wird getestet keit schenken als bisher. Die SBB testen seit dem 17. November 2016 erhältlichen Fahrausweise können direkt am Ins gleiche Thema passt die kürzliche Mit- am Bahnhof St. Gallen St. Fiden während daneben stehenden Automaten ausgedruckt teilung von BAV und SBB, dass das „Offizielle eines halben Jahres die Videoberatung am und bezahlt werden. Dazu übernimmt der Kursbuch 2017“ die letzte Ausgabe sein wird. Billettautomaten. Weitere solche Geräte Mitarbeitende des SBB Contact Centers die Die SBB-App lässt grüssen. Pro Bahn wird sich, sind an den Bahnhöfen Brig, Frenkendorf- Fernbedienung des Automaten. Am Billettau- zusammen mit anderen Interessengruppen, Füllinsdorf und Netstal in Betrieb. In die- tomaten nicht erhältliche Angebote wie inter- mit Nachfolgelösungen beschäftigen, um das sem Pilotversuch wird diese neue Form der nationale Billette, Gruppenreisen, Jahresabos nach den Telefonbüchern einstmals grösste Kundenberatung während sechs Monaten (Halbtax, GA, Streckenabos) können bestellt Druckerzeugnis der Schweiz nicht sang- und getestet. Die Kundinnen und Kunden können und mit Kreditkarte bezahlt werden. klanglos sterben zu lassen. per Knopfdruck mit einem Mitarbeitenden Noch sitzen die Mitarbeitenden bei diesem Auch Pro Bahn Schweiz muss sich dem im SBB Contact Center in Brig in Verbindung Service im SBB Contact Center in Brig im Spagat zwischen digitaler Evolution und Be- treten und sich über Bahndienstleistungen Wallis. Doch – wer weiss – vielleicht werden wahren von Althergebrachtem stellen: Wie beraten lassen (siehe Bild auf der Frontseite auch diese schon bald in Polen oder Tsche- gewinnen wir die „Digital Natives“ für die und Artikel auf Seite 6). Der Service steht chien sitzen. Bei Schweizer Grossbanken Mitarbeit, um den Transportunternehmen an Werktagen von 10 bis 20 Uhr und an sind solche Beratungsdienste nämlich schon und Behörden als valable Kundenvertretung Wochenenden und Feiertagen von 12 bis 20 längst „outgesourct“ – aus Kostengründen gegenüber zu stehen? Das wird unsere inter- Uhr zur Verfügung. Die am Billettautomaten natürlich. ne Revolution sein. 4 InfoForum 4/2016 Aktuell
SBB setzen auf gesichtslose Bahn Die Fokussierungsstrategie der SBB auf die eigenen Vertriebskanäle wirft Fragen auf. Kurt SchreiberDie bisherigen, zusätzlichen und einmal mehr auf der Strecke, und die von den kein Billett verkaufen konnten. Sie haben also persönlichen Verkaufsstellen beispielsweise in SBB erwähnten Alternativen kommen eher unrentable Dienstleistungen erbracht und ihre „Avec“-Läden und die Dienstleistungen der zwiespältig daher. Aufgabe trotz widriger Bedingungen weiterge- Stationshalter sollen ab 2018 nicht mehr exis- führt. Fürs Ausharren erhalten sie nun die Quit- tieren. „Fokussieren auf eigene Vertriebskanä- Vertragsauflösung als Quittung tung, indem die Verträge aufgelöst werden und le“ bezeichnen die SBB dieses Vorhaben (siehe Gerade die Stationshalter waren und sind wah- einigen Leuten die Existenz entzogen wird. Mit Seite 4), das aber auf nichts anderes als auf re Reiseprofis, welche in der Lage waren, auch Service public hat das nichts zu tun. Sozial ist es eine noch gesichtslosere Bahn hinausläuft. So knifflige Probleme zu lösen, gerade bei internati- auch nicht. Pro Bahn Schweiz fordert die SBB die Ansicht von Pro Bahn Schweiz. Dafür soll onalen Fahrausweisen und ohne einen Zuschlag auf, ihre Entscheidung zu überdenken, damit es modernere Automaten und neue Applikati- zu verlangen, wie dies die SBB tun. Kommt ein weiterer Gesichtsverlust vermieden werden onen auf dem Handy geben, und den nächsten dazu, dass sie ihre Umsätze steigern konnten, kann. bedienten SBB-Bahnhof, sofern er nicht dem- auch wenn seitens der SBB die Verkaufsbedin- nächst geschlossen wird oder seine Öffnungs- gungen mehr als einmal verschlechtert wurden. zeiten reduziert werden. Stark frequentierte Mehr noch: Überall dort, wo Reisende mit den Protest gegen Reisezentren sollen ausgebaut werden. Dort, automatisierten Angeboten der SBB nicht mehr Serviceabbau und wo es genügend Kunden hat, soll noch mehr weiterkamen, haben die Stationshalter mit Aus- investiert werden. Minderheiten bleiben jedoch künften ausgeholfen, selbst dann, wenn sie Enthumanisierung Das angekündigte Ende des Stationshal- Protest hat gefruchtet termodells hat weit über Pro Bahn hinaus für Aufsehen gesorgt. Der Verkehrsclub der Schweiz (VCS) findet die Entwicklung Dank Behinderten funktioniert das Stationshalter-Modell in Giubiasco. äusserst bedenklich. Es wurde sogar eine Es drohte das Aus. Nun wurde eine Lösung gefunden. mittlerweile von mehr als 22 000 Perso- nen unterzeichnete Petition gegen den Schalterabbau lanciert (online auf www. Gerhard Lob Der Bahnhof in der Bellinzoneser Vor- aber nur für Beratungen, nicht für den Ticket- verkehrsclub.ch/petition oder auf Papier). ortsgemeinde Giubiasco, wo Zugreisende von verkauf. Die SBB teilten mit, sie hätten ange- Der VCS ist der Ansicht, dass es für einen Lugano nach Locarno und umgekehrt umsteigen sichts „der besonderen Situation von Giubias- wirklichen Service public auch die persönli- müssen, war eigentlich in den 1990er Jahren ge- co“ nach alternativen Lösungen gesucht. che Beratung brauche. Wer ein Bahnbillett schlossen worden. Doch 2001 konnte dort im benötige, müsse dieses einfach und kun- Rahmen eines Stationshaltermodells wieder ein denfreundlich kaufen können. Für Leute, Schalter „Alla Stazione“ geöffnet werden. Mög- die kein Smartphone hätten oder die Billett- lich war dies dank einer Initiative der Behinder- automaten nicht benutzen könnten, sei dies tenorganisation FTIA (Federazione Ticinese Inte- ein Problem. Gerade für ältere Menschen grazione Andicap). Vier Personen sind dort fest und Menschen mit Behinderung erschwere angestellt, fünf junge Menschen werden im Be- dies den Zugang zum öffentlichen Verkehr. reich KV ausbildet. Die Finanzierung des Projekts Unzufriedenheit gibt es derweil auch auf ist durch die Invalidenversicherung gesichert. Seiten des SBB-Personals. Am 22. November protestierten mehrere Petition lanciert Hundert Mitarbeitende vor dem SBB- Im Jahr 2015 wurden dort laut FTIA 11 000 Ti- Hauptsitz in Bern gegen das Projekt „Railfit ckets verkauft und 103 Gruppenreisen organi- 20/30“, welches einen Abbau von 1400 siert, insbesondere für Schulen und Sportverei- Stellen bis 2020 vorsieht. Die Forderungen ne aus der Gegend. Der Umsatz betrug 1 Mio. des SBB-Personals sind klar: „Es braucht Franken. Das angekündigte Aus für die Stati- wieder Menschen in den Bahnhöfen und onshaltermodelle traf die Gemeinde Giubiasco in den Zügen. Mit der Streichung von 1400 daher wie ein Schlag. Es hagelte Proteste von Stellen bis 2020 verfolgen die SBB eine allen Seiten; eine Petition wurde lanciert. Nun Strategie der Enthumanisierung, und das, haben die Parteien eine Einigung gefunden. während eine Verkehrszunahme in diesen Demnach werden die Auszubildenden der Be- Jahren prognostiziert wird. Das ist Unsinn. hindertenorganisation in den Billett-Verkauf ins Mit dem Personalabbau wird die Sicherheit Reisezentrum Bellinzona integriert, der Schalter des Bahnnetzes aufs Spiel gesetzt.“ „Alla Stazione“ in Giubiasco bleibt bestehen, Eingang zum FTIA-Schalter in Giubiasco. Bild: G.Lob Aktuell 4/2016 InfoForum 5
Auch ein Service public macht mal Pause Ein Erfahrungsbericht über die SBB-Videoberatung am Bahnhof Frenkendorf-Füllinsdorf im Kanton Baselland. Daniel Aenishänslin* Per Knopfdruck zur ge- wünschten Information. Am Bahnhof Frenken- dorf-Füllinsdorf kann sich der SBB-Kunde wie- der beraten lassen. Allerdings nicht am Schalter, wie im letzten Jahrhundert, als die Billette noch aus massivem, braunem Karton bestanden, der Kiosk noch auf der gegenüberliegenden Strassenseite unter mächtigen Kastanienbäu- men Zeitungen, Zigaretten und Zuckriges feil bot und der Bahnübergang durch eine Barriere gesichert war. Viel moderner kommt die neue Beratung daher. Per Videostream. Die Testphase dauert sechs Monate und findet zudem in Brig, St. Gallen St. Fiden und Netstal statt. Wir machten den Test. Wie gut ist die Be- ratung? Die eine fiktive Reise führt von Fren- kendorf nach Ramlinsburg, die andere auf die Bettmeralp. Die Informationen dazu kommen direkt aus dem „SBB Contact Center“ in Brig. Nun gut, so direkt dann auch wieder nicht. Da ist dieser neue Apparat, der am Bahnhof steht. Da ist dieser Knopf, den man drücken muss und der einen verbinden soll. Es ist Samstag 15.20 Uhr. Nach einigen erfolglosen Versuchen eine Verbindung herzustellen, wählen wir die Num- mer der Helpline. Wir wollen wissen, weshalb uns niemand am Bildschirm willkommen heisst. Fabienne Lagger, rechts auf dem Video-Bildschirm zu sehen, informiert von Brig aus ratsuchende SBB-Kunden. Bild: Daniel Aenishänslin Freundlich und kompetent 0800 11 44 77: Diese Nummer führt übrigens zu uns um. Frau Lagger ist ebenso gut zu ver- Gemeinde kennen. Auch die Macht der Güter- ebenfalls ins „SBB Contact Center“ nach Brig. nehmen. In einem Abstand von drei Metern ist züge. Eines nach dem anderen. Wir sollen also Wir erfahren, wir sollen es später noch einmal noch jede Silbe unseres Gesprächs problemlos wiederum um 17.14 Uhr einsteigen und in Lau- probieren. Die zuständige Person sei gerade in mitzuverfolgen. Die Umstehenden erfahren sen auf die Buslinie 93 umsteigen. So sollten wir der Pause. Um 16 Uhr werde es klappen. Zum also, dass wir nach Ramlinsburg und auf die die gewünschte Haltestelle um 17.29 Uhr errei- Glück haben wir es nicht eilig. Wie wir später Bettmeralp wollen. chen. „Eine schnellere Variante? Doch die gibt erfahren, hängt das Problem damit zusammen, es.“ Die startet um 16.14 Uhr. Allerdings muss dass an Wochenenden nur eine Person in der Güterzug unterbricht Gespräch zweimal umgestiegen werden. In Liestal und in Zentrale Dienst tut. Da macht der Service public Der Service allerdings lässt keine Wünsche of- Lampenburg. Unser Gespräch mussten wir für auch mal Pause. fen. Wir wollen nach 17 Uhr aufbrechen. Die 22 Sekunden unterbrechen. Ein Güterzug fuhr Die SBB wollen die Videoberatung an Werk- junge, blonde Walliserin – ja, das sieht man dröhnend, scheppernd, hämmernd durch den tagen von 10 bis 20 Uhr anbieten, an allen üb- doch – fragt nach: „Wollen Sie dann aufbre- Bahnhof. Keine Chance auf Verständigung. rigen Tagen von 12 bis 20 Uhr. Es ist nun 16.01 chen oder ankommen?“ Aufbrechen. Die Ant- Zum Schluss dreht Fabienne Lagger den Uhr und wir starten unseren zweiten Versuch. wort kommt innert Sekunden: 17.14 Uhr geht Spiess noch um. Fragt, wie wir mit dem Ser- Und tatsächlich, es klappt. Am Bildschirm er- unser Zug ab Frenkendorf-Füllinsdorf. Umstei- vice zufrieden seien, ob wir die Videoberatung scheint mit Fabienne Lagger eine charmante gen müssen wir in Olten, Brig und in Betten. oder die Helpline bevorzugten. Ja, man kann ins Person: sehr freundlich und wie sich herausstellt Auf der Bettmeralp sollten wir um 20.30 Uhr Gespräch kommen an so einem Bahnhof. Üb- absolut kompetent. eintreffen, nachdem wir zwischen Brig und Bet- rigens, kontrolliert haben wir die Qualität der Ihre Kompetenz fällt auch den SBB-Kunden ten den Bus nehmen mussten. Natürlich haben SBB-Dienstleistung mit der App „SBB mobile“. in unserer Nähe auf. Zurückzuführen ist das auf wir im Vorfeld abgeklärt, welches die optimale Die ist eigentlich genau so gut wie Frau Lagger. die Lautstärke. Drückt der Rat suchende Kunde Verbindung sein würde. Wir kamen zum exakt Aber nicht so nett. den Knopf, der zum Kontakt führen soll, ertönt gleichen Resultat. *Dieser Bericht erschien am 21. November 2016 in der ein Jingle aus dem Lautsprecher. Lautsprecher Für unseren Weg nach Ramlinsburg, Halte- Basellandschaftlichen Zeitung. Nachdruck (in leicht gekürzter ist definitiv das Wort der Wahl. Man dreht sich stelle Brunnacker, lernten wir die 87. Baselbieter Fassung) mit freundlicher Genehmigung des Verlags. 6 InfoForum 4/2016 Aktuell
Allgemeine Ratlosigkeit Podiumsdiskussion des VöV zum Thema „öV-Verkehrsspitzen brechen – aber wie?“ in Zürich. Gerhard Lob Überfüllte Züge, Trams und Busse senschaften (ZHAW) stellte in ihrem Vortrag gen: „Alles weist auf Wachstum hin – auch im während der Stosszeiten – fast leere bezie- zwar interessante, aber äusserst grundsätzliche Verkehr.“ Er könne sich durchaus mit Mobility hungsweise schwach ausgelastete Verkehrsmit- Thesen zur Mobilität auf, die weit vom The- Pricing einverstanden erklären. Das heisst: Mo- tel in den Zwischenzeiten. Die stark oszillieren- ma der konkreten Massnahmen weg führten. bilität wird in nachfragehohen Zeiten teurer. de Auslastung der öffentlichen Verkehrsmittel Sicherlich ist es sinnvoll, sich im Rahmen eines Doch VöV-Vizedirektorin Mirjam Büttler tat ist ein grosses Problem für Betriebe und Nutzer. systemischen Ansatzes generell zu fragen, wie sich schwer damit. „Erst auf Kooperation set- Etliche Massnahmen werden diskutiert, um die viel Mobilität unsere Gesellschaft braucht und zen, dann auf finanzielle Anreize“, so ihre For- Verkehrsspitzen zu brechen: Mobility Pricing mit warum Mobilität eigentlich immer positiv be- derung, um Passagiere in die nachfrageschwa- zeit- und raumabhängigen Tarifen, flexiblere Ar- setzt ist und nicht hinterfragt wird. „Ist es gott- chen Nebenverkehrszeiten zu locken. Wie? beits- und Schulzeiten, Home-Office, und viele gegeben, dass die Nachfrage immer steigt?“, „Vielleicht, indem gratis ein Kaffee offeriert andere. fragte Hoppe. Und forderte, Mobilität und wird.“ Doch ob es ausreicht, mit solchen An- Der Verband öffentlicher Verkehr (VöV) tat Wohlstand zu entkoppeln. Hohe Lebensqualität geboten Verkehrsströme zu lenken, bleibt mehr daher gut daran, diese heisse Eisen im Rahmen müsse jenseits steigender Mobilität stattfinden. als fraglich. Sicherlich richtig war Büttlers The- einer Podiumsdiskussion am 15. November in Nur: Diese verdienstvollen Überlegungen se, dass Mobility Pricing den offenen Zugang Zürich anzupacken. Allerdings führte die Dis- nützen Fahrgästen wenig, die morgens im zum öV-System in der Schweiz gefährdet, der kussion kaum über die bekannten Ideen und überfüllten Zügen zur Arbeit pendeln. Bis zu gerade seinen Erfolg ausmacht. Die Akzeptanz Positionen hinaus. ihrer Pensionierung dürfte keine derartige ge- für schwankende Preise je nach Uhrzeit sei in Das dürfte auch am Einstiegsreferat von sellschaftliche Revolution stattgefunden haben. der Gesellschaft nicht gegeben. Akzeptiert aber Merja Hoppe gelegen haben. Die Dozentin und Und Marcus Hassler, Projektleiter Infrastruktu- sind Anreize über Angebote, beispielsweise die Leiterin für Nachhaltige Transportsysteme an ren von Economiesuisse, hielt dem Einstiegs- SBB-Sparbillette, welche eine Zugbindung bein- der Zürcher Hochschule für Angewandte Wis- referat denn auch eine Prise Realpolitik entge- halten. Späterer Vorlesungsbeginn SBB und Hochschule Luzern streben mit einem Pilotprojekt eine bessere Auslastung von Zügen in Nebenverkehrszeiten an. PD Die SBB fördern flexible Arbeitsmodelle munikation und Konzernleitungsmitglied der und motivieren ihre Mitarbeitenden, vermehrt SBB, und Michel Berchtold, Leiter SBB Perso- in den Nebenverkehrszeiten zu reisen. Um die nenverkehr Region Mitte, nur Vorteile: Wäh- Pendlerspitzen zu brechen, ist aber die Zusam- rend der Hauptverkehrszeiten ist die intensiv menarbeit von Bund, Kantonen, Unternehmen genutzte Strecke Luzern–Zug–Zürich weniger und Schulen nötig. Eine Vorreiterrolle unter den stark ausgelastet. Die Umsetzung solcher ver- Schweizer Bildungsinstitutionen nimmt dabei kehrsentlastender Unterrichtsmodelle an Bil- seit kurzem die Hochschule Luzern ein. Die Vor- dungsinstitutionen wird darum von der SBB eng lesungen des neu gegründeten Departements begleitet. Informatik auf dem Campus Zug-Rotkreuz be- Matthias Michel begrüsste als für die Berufs- ginnen erst ab 9.00 Uhr und enden gestaffelt bildung und den öffentlichen Verkehr zustän- um 11.25, 15.20, 18.00 oder 20.55 Uhr. diger Zuger Regierungsrat diesen pionierhaften An einer Medienkonferenz in Rotkreuz be- Schritt. Er verwies auf ein analoges Projekt der tonte René Hüsler, Direktor des Departements Metropolitankonferenz Zürich. Informatik der Hochschule Luzern, den Nutzen Rund 194 000 Studierende waren 2014 an der neuen Vorlesungszeiten für die Studieren- den zehn grössten Schweizer Hochschulen ein- den: Ihnen stehen dadurch mehr Sitzplätze in Bahnhof Luzern. Bild: Gerhard Lob geschrieben. Eine umfassende Studie hat ge- den Zügen zur Verfügung, und sie können in zeigt, dass gestaffelte Vorlesungszeiten durch- Ruhe lernen oder sich auf Vorlesungen vorberei- schule Luzern in Horw und Luzern problemlos aus einen Effekt auf die Pendlerspitzen haben: ten. Das Departement Informatik hat die Block- möglich ist, um die interdisziplinäre Zusammen- Rund 18 500 beziehungsweise 16 Prozent aller zeiten der Studierenden in Rotkreuz so ausge- arbeit der Departemente zu gewährleisten. Studierenden könnten so ausserhalb der Haupt- richtet, dass ein Transfer mit dem öffentlichen Auch für die SBB hat diese Vorlesungspla- verkehrszeit am Morgen zwischen 7.00 und Verkehr zu weiteren Studienorten der Hoch- nung gemäss Kathrin Amacker, Leiterin Kom- 8.00 Uhr reisen. Aktuell 4/2016 InfoForum 7
Nachrichten Grosses Interesse an Stabio–Arcisate eröffnet am Geld zurück bei Verspätung „SBB Green Class“ 17. Dezember 2017 Der Bundesrat will den öV-Passagieren mehr Über 2000 Personen haben sich für den Test Die neue Bahnstrecke Stabio – Arcisate, wel- Rechte geben. Bei Ausfällen oder langen des Mobilitäts-Kombi-Angebots „SBB Green che eine direkte Verbindung von Mendrisio Verspätungen sollen Bahn- oder Busunter- Class“ beworben. Es kostet 12 200 Franken nach Varese (Italien) und zum Interkontinen- nehmen künftig eine Entschädigung zahlen für ein Jahr und umfasst unter anderem ein talflughafen Mailand-Malpensa ermöglicht, müssen. Diese soll bei Verspätungen ab einer 1.-Klass-General-Abo, einen BMW i3 inklusi- wird am 17. Dezember 2017 eröffnet. Dies Stunde 25 Prozent des Fahrpreises betragen. ve Versicherung, eine Park+Rail-Jahreskarte, hat der italienische Verkehrsminister Grazia- Ab zwei Stunden Verspätung wäre eine Ent- ein Mobility-Carsharing-Abo und ein Publi- no Delrio den interessierten Gemeinden mit- schädigung von 50 Prozent fällig. Wer ein bike-Jahresabo für 900 Velos und E-Bikes an geteilt. Die Strecke sollte eigentlich schon seit GA hat, bekommt keine Entschädigung. Auf- 100 Stationen. Offenbar haben die SBB mit Jahren in Betrieb sein, doch die Bauarbeiten grund des dichten Fahrplanes dürfte es ge- dieser Offerte ins Schwarze getroffen. Aber: lagen wegen des Fundes von arsenhaltigem mäss BAV aber eher selten zu Entschädigun- Die meisten Bewerber werden leer ausge- Aushubmaterial und juristischer Probleme gen kommen. Pro Bahn Schweiz begrüsste, hen. Denn nur 100 Testkunden sind vorge- über Jahre still. Nun scheint es vorwärts zu dass eine für alle Transportunternehmungen sehen. Sie werden nach repräsentativen Kri- gehen. Die Strecke wird auch die Fahrzeit von verbindliche Regelung eingeführt werden terien ausgewählt: Alter, Beruf, Stadt, Land Lugano in die Westschweiz erheblich verkür- soll. Dass GA-Besitzer ausgenommen wür- und Geschlecht werden berücksichtigt. (lo) zen. (lo) den, sei vertretbar. (lo) PostAuto Schweiz plant Mit „NordwestMobil“ in die Kooperation mit FlixBus Zukunft In Basel ist das Pilotprojekt „NordwestMo- Bei PostAuto Schweiz ist man gegenüber bil“ präsentiert worden. Die Mobilitäts-App Fernbusanbieter FlixBus pragmatisch einge- schafft die Möglichkeit, private und öffentli- stellt. „Wir können uns vorstellen, ab Chur che Verkehrsmittel zu kombinieren, was ein gewisse Einsätze für FlixBus zu fahren“, Novum ist. Die Mobilitäts-App NordwestMo- sagte Daniel Landolf, Leiter von PostAuto bil zeigt den Kundinnen und Kunden ver- Schweiz, im St. Galler Tagblatt. Chur ist ei- schiedene Varianten für einen gewünschten ner der grössten Postauto-Knotenpunkte. Reiseweg an und kombiniert dabei private Eine Zusammenarbeit würde gemäss Lan- und öffentliche Verkehrsmittel, Sharing- dolf nur punktuell erfolgen. „Es ist nicht Angebote sowie Velofahrten und Fusswege. ausgeschlossen, dass es nächstens zu einer Wer kulturelle Veranstaltungen oder ein Mu- Kooperation kommt.“ Graubünden begrü- seum in Basel sucht, findet sie auf der Mobi- sse, dass es Fernbusverbindungen gebe, da litäts-App und erfährt zugleich, welches der diese Touristen in den Kanton brächten. (lo) beste Weg dorthin ist. Hinter dem Test steht PostAuto zusammen mit dem TCS und der BVB. Aus für gedrucktes Kursbuch Die öV-Branche hat entschieden, in einem Jahr auf den Druck der Gesamtausgabe des Basler Tramlinie 3 gewinnt Schweizer Kursbuchs zu verzichten. Somit Mobilitätspreis erscheint das gedruckte Kursbuch dieses Jahr zum letzten Mal. Das Kursbuch besteht Die Verlängerung der Basler Tramlinie 3 nach aus drei Bänden. Allein Band 1 für Bahnen, Saint-Louis in Frankreich hat den Mobilitäts- Seilbahnen und Schiffe ist über 2100 Sei- preis der österreichischen Verkehrsorgani- ten stark. Die weiteren Bände mit Postau- sation VCÖ gewonnen. Der österreichische to- und Busverbindungen umfassen 3800 Umweltminister Andrä Rupprechter sowie Seiten. Das gedruckte Kursbuch hatte in weitere Gratulanten überreichten den Preis den 80er und 90er Jahren eine Auflage von am 19. September in Wien. Das Tramprojekt rund 500 000 Exemplaren. Die Nachfrage ist ist Teil des Agglomerationsprogramms Basel. in den vergangenen Jahren kontinuierlich Die neue Tramlinie, die Saint-Louis mit Basel zurückgegangen und beträgt aktuell noch verbindet, soll den derzeit tiefen öV-Anteil 25 000. Pro Bahn Schweiz hofft, dass die im grenzüberschreitenden Personenverkehr Gesamtausgabe des Kursbuches künftig als verbessern und das stark beanspruchte Stra- pdf abrufbar sein wird. (pd/lo) ssennetz entlasten. Im InfoForum 2/2016 wurde ausführlich berichtet. (lo) 8 InfoForum 4/2016 Aktuell
Lieber Bahnwerkstätten als Einfamilienhäuser Mühsame Suche nach BLS-Werkstatt-Standorten: Ein Kulturlandverlust ist nicht schön, aber akzeptabel. Kaspar P. Woker Im Raum Bern geben zur Zeit schwere Unterhalt wie Revisionen soll zukünf- Alle Beteiligten hoffen, dass innert der gesetz- gleich zwei Bahnprojekte zu reden, die fast tig in Bönigen vorgenommen werden, wo die ten Frist bis 2025 eine Realisierung möglich ist. ausschliesslich auf Kulturland und Waldboden Anlagen zu erweitern sind. Die Werkstätte Für die öV-Nutzenden ist dies eine grundsätzlich realisiert werden sollen. Hohe Wellen warf Spiez, welche zurzeit ausgebaut wird, bleibt erfreuliche Entwicklung, denn nur schnell und 2015 die Idee der BLS, eine Grosswerkstätte in ebenfalls für den leichten Unterhalt in Betrieb. zuverlässig gewartete Fahrzeuge sind dem An- Riedbach (Stadt Bern) entlang der Linie nach Damit würde ein Drei-Werkstätte-Konzept für sturm von immer mehr Reisenden gewachsen. Neuenburg zu realisieren. Ein stattlicher Bau- die BLS zum Tragen kommen. Etwas mehr Fingerspitzengefühl in der Kom- ernhof wäre dem Projekt zum Opfer gefallen. munikation scheint dem Regionalverkehr Bern– Nur dank dem Einsetzen einer breit abgestütz- Realisierung bis 2025 vorgesehen Solothurn für sein Projekt eines Depot-Neubaus ten Begleitgruppe aus Politik, Verkehr, Landei- Der ganze Prozess hat eindrücklich aufgezeigt, in Bätterkinden beschieden. Auch dort wird fast gentümern und Naturschutz konnte die BLS ihr dass heute solche Bahninfrastrukturen fast nur ausschliesslich Kulturland beansprucht, doch Gesicht wahren. noch im Grünen zu realisieren sind, auch wenn scheinen Standort und Notwendigkeit kaum Im Frühling 2016 präsentierte diese Grup- viele raumplanerische und naturschützerische bestritten zu sein. pe ihr Vorgehen und die Vorauswahl von fünf Fakten dagegen sprechen. Die einzige Mög- Bei der Abwägung von Bahnbetrieb und Kul- möglichen Standorten (InfoForum 2/2016). Am lichkeit, diese Werkstätte auf Industrieland zu turlandverlust sind Kompromisse notwendig. 19. September wurde nun ein Vorschlag zu realisieren, bot sich in Thun zwischen Gleisen Halten wir uns aber vor Augen, dass der Bau Handen der BLS präsentiert: Im Gebiet Chly- und Aare auf einem Gelände, das heute von der von Einfamilienhäusern mit Garage im Grünen forst Nord, ebenfalls in Riedbach, soll eine um Armee belegt wird. Aus baulichen und bahnbe- weit mehr Land verbraucht als eine Bahnwerk- 40 Prozent kleinere Werkstätte für den leich- trieblichen Gründen ist diese Möglichkeit nun stätte, die schliesslich einer effizienteren Mo- ten Unterhalt erstellt werden. Das sind Arbei- aber weggefallen. bilität dient. Pro Bahn unterstützt deshalb den ten, welche in Zugspausen von vier Stunden Die BLS wird ihrerseits die neuen Ergebnisse Bau von beiden Bahnanlagen, auch wenn sie im oder über Nacht erledigt werden können. Der gegen das von ihr favorisierte Projekt abwägen. Grünen errichtet werden müssen. Einbahn-Fussgängerverkehr im Bahnhof Bern PD Während den Stosszeiten entstehen bei Zugsankünften auf den Treppen und Rampen im Bahnhof Bern Engpässe. Deshalb haben die SBB in der Unterführung die Treppe und die Rampe, welche zu den Gleisen 3 und 4 führen, mit leuchtenden Torbögen und Ampelsignalen ausgerüstet. Sobald sich die Türen eines ein- fahrenden Zuges öffnen, wird den Reisenden in der Unterführung mittels roter Ampel und ro- tem Torbogen signalisiert, die Treppe vorüber- gehend nicht zu benutzen. So wird laut SBB ermöglicht, dass die ausstei- genden Passagiere ohne Gegenverkehr schnel- ler in die Unterführung gelangen. Nach zirka 90 bis 120 Sekunden kann die Treppe wieder in beide Richtungen genutzt werden. Die Rampe indes bleibt während der ganzen Zeit in beide Richtungen passierbar, was die grüne Ampel und der grüne Torbogen signalisieren. Erstmalig durchgeführt wurde der Versuch am Montag, Ein weiterer Versuch, Engpässe zu vermeiden und Fussgängerströme zu lenken. Ob es gelingt? Bild: SBB 7. November 2016. Das System ist nicht automatisiert, sondern wird vor Ort manuell gesteuert. Der Versuch führt. Die Wirkung des Einbahnverkehrs auf in der Unterführung im Einsatz stehen. Die An- wird während mindestens zehn Tagen morgens der Treppe wird mit elektronischen Sensoren onymität der Reisenden ist jederzeit gewähr- und abends in der Hauptverkehrszeit durchge- gemessen, die auch für die Richtungstrennung leistet. Aktuell 4/2016 InfoForum 9
Tarifverbund Arcobaleno Im Tarifverbund Arcobaleno sind zwölf Transportunternehmen im Kanton Tessin sowie in den Regionen Misox und Calan- catal (Moesano) zusammengeschlossen. In- nerhalb des ganzen Arcobaleno-Verbund- gebiets gilt ein Tarifsystem. Damit benötigt man für alle Fahrten mit dem öffentlichen Verkehr nur einen einzigen Fahrausweis. Die Einführung des Tarifverbundes war ein gewaltiger Fortschritt für das Tessin und das Misox. Auf Strecken, für die man früher drei Billette unterschiedlicher Zuschlagpflichtig: Panoramazug Locarno – Domodossola. Bilder: G. Lob öV-Unternehmen lösen musste, ist man nun mit einem Ticket unterwegs. Sehr Ärger über Centovallina lobenswert sind auch die günstigen Tarife. Weniger lobenswert sind die Automaten dieses Tarifverbundes. Die Nutzerfüh- Die Schmalspurbahn durchs Centovalli ist pittoresk, aber wenig rung ist verwirrend. Gerade Touristen kundenfreundlich. verzweifeln häufig beim Bedienen dieser Automaten. Ein weiterer Schwachpunkt ist die Tatsache, dass an vielen Automaten Gerhard Lob Die 1923 eröffnete Schmalspur- auf Bildschirmen erschienen. Doch leider ist das nur bar bezahlt werden kann. Am Anfang bahn von Locarno nach Domodossola, im Tes- nicht der Fall. Die Ansagen haben Seltenheits- waren alle Automaten mit einem Karten- sin „Centovallina“ und auf italienischer Seite wert und sind offenbar von der Stimmung der bezahlsystem ausgerüstet. Dieser Teil ist „Vigezzina“ genannt, macht eine traumhafte Zugführer abhängig. Bildschirme gibt es nicht. bei vielen neueren Arcobaleno-Automaten Fahrt durch das Centovalli und das Val Vigezzo Das Resultat ist leider, dass immer wieder mit einer Platte abgedeckt. (lo) möglich. Zwei Bahngesellschaften sind für diese Touristen an falschen Haltestellen aussteigen. internationale Strecke zuständig: die „Ferro- Schon öfter haben wir etwa an der Haltestellte vie Autolinee Regionali Ticinesi SA“ (FART) auf S. Martino Fahrgäste angetroffen, die eigentlich Schweizer Seite, die „Società Subalpina Imprese nach Ponte Brolla wollten. Zudem kommt es Ferroviarie” (SSIF) auf italienischer Seite. vor, dass in den alten Zügen die Druckknöpfe Die Fahrt durch die wildromantische Bergge- nicht funktionieren, um einen Halt zu signalisie- gend ist ein Erlebnis, doch man braucht Zeit. ren. Wer sich beschwert, wird in der Regel vom Für eine Streckenlänge von rund 53 Kilometern Personal angepflaumt. benötigt der Zug 1 Stunde und 51 Minuten. Das ergibt eine mittlere Reisegeschwindigkeit Wenig attraktiv im Nahverkehr von etwas mehr als 30 km/h. Allerdings über- In Richtung Locarno sind die Regionalzüge häu- windet die Bahn von Locarno (198 m ü. M.) fig verspätet, was den Übergang zur S-Bahn TILO Arcobaleno-Automaten: Mit und ohne Kartenbezahlmöglichkeit. bis an ihren Kulminationspunkt in Santa Maria zum Stress werden lässt. Auch von einem stünd- Maggiore (831 m ü. M.) mehr als 600 Höhen- lichen Taktfahrplan kann man bei der Centoval- meter, und fast so viele geht es wieder abwärts lina nur träumen. Im Regionalverkehr Richtung 1961 (!) D-Züge finden, die schneller unterwegs nach Domodossola (273 m ü. M.). Camedo gibt es ab 19 Uhr nur einen Zwei-Stun- waren als heute. Abfahrt in Locarno 9.43 Uhr, Zwischen Locarno und dem Grenzörtchen den-Takt. Weder um 20 Uhr noch um 22 Uhr Ankunft in Domodossola 11.22 Uhr. Reisezeit: Camedo verkehrt die Centovallina als Regio- verkehren Züge ab Locarno in Richtung Cento- 1 Stunde 39 Minuten! Und damals gab es noch nalbahn. Und leider ist sie auf dieser Strecke valli. Attraktiver Nahverkehr sieht anders aus. keinen Tunnel beim Bahnhof Locarno. häufig ein Ärgernis. „Halt auf Verlangen“ steht Nicht die besten Neuigkeiten bringt auch die Die italienische SSIF hat ihrerseits Panorama- irgendwo geschrieben, denn die Bahn hält nicht Fahrplanumstellung am 11. Dezember: Es wurde wagen eingeführt, die zuschlagpflichtig sind. automatisch an allen Haltestellen, doch für entschieden, den letzten Zug von Locarno (Ab- Auch dies sorgt immer wieder für Diskussionen. ortsunkundige (und manchmal auch ortskundi- fahrt 18.48 Uhr) nach Domodossola (Ankunft Der Zuschlag von 1,50 Euro (2 Franken) ist zwar ge) Fahrgäste ist es gerade im Dunkeln praktisch 20.36 Uhr) zu streichen, genauso wie umgekehrt nicht hoch, aber doch gewöhnungsbedürftig, unmöglich zu wissen, wo sie sich befinden. Zwi- die momentan letzte Verbindung von Domodos- zumal Locarno – Domodossola als GA-Strecke schen Locarno und S. Martino fährt das Bähn- sola (Abfahrt 20.35 Uhr) nach Locarno (Ankunft klassifiziert ist. Viele andere Dinge liessen sich chen im Tunnel. Manchmal hält es an der unter- 22.15 Uhr). Dafür soll neu ein Zug um 19.30 Uhr aufzählen: So haben wir auch schon einen Zug- irdischen Station S. Antonio, manchmal nicht. von Domodossola nach Locarno verkehren. begleiter beobachtet, der im Führerstand gemüt- Das Problem liesse sich lösen, wenn die Halte- Interessant ist es schliesslich, alte Fahrpläne lich eine Zigarette rauchte. Es bleibt zu hoffen, stellen laut und deutlich angesagt würden oder zu studieren. Da lassen sich etwa für das Jahr dass es ein Einzelfall war. 10 InfoForum 4/2016 Aktuell
Das neue Tor in den Süden Pünktlich zur Inbetriebnahme des Gotthard-Basistunnels sind die Bahnhöfe von Bellinzona und Lugano erneuert worden. Gerhard Lob Nach über zwei Jahren Renovati- onszeit und Investitionen von rund 36 Millio- nen Franken erstrahlt der Bahnhof Bellinzona in neuem Glanz und ist rechtzeitig vor der fahr- planmässigen Inbetriebnahme des Gotthard- Basistunnels eröffnet worden. Er ist das „Tor zum Süden“, der erste Halt für Reisende aus dem Norden in Richtung Italien via Gotthard- Basistunnel. Umgesetzt wurde ein eher konser- vatives Projekt, das aber den Erfordernissen des Denkmalschutzes gerecht wird. Aus Kundensicht ist vor allem wichtig, dass die Erreichbarkeit der Bahnsteige eindeutig ver- bessert wurde. Aus dem grosszügigen Atrium kann man nun via Rolltreppe die Unterführung erreichen, und via Rampe oder Lift auf den je- weiligen Bahnsteig gelangen. Eine Kuriosität Schön, aber rutschig: Das Atrium im Bahnhof Bellinzona. Bilder: G. Lob von Bellinzona bleibt die Tatsache, dass es sechs Bahnsteige gibt, aber nicht die Nummer 5. Auf Tessiner Granit gesehen hätten. Bedenklich ist von Luzern. Die Billettschalter werden auch sonn- einem Seitengleis ist dafür Bahnsteig 809 zu er- allerdings, dass sich der verwendete Belag bei tags geöffnet bleiben. Integriert ins Reisezentrum blicken, eine Nummerierung, die an Bahnsteig Regen in eine spiegelglatte Fläche verwandelt. ist ein InfoPoint von Bellinzona Tourismus. „9 3/4“ aus Harry-Potter-Romanen erinnert. Die Rutschgefahr muss nun mit hässlichen gel- Nicht nur Bellinzona Tourismus, sondern Dreh- und Angelpunkt des neugestalteten ben Plastikschildern signalisiert werden. auch die SBB rechnen als Folge des neuen Gott- Bahnhofs ist das „City Bistro“, das sich schon hard-Basistunnels mit steigenden Passagierzah- seit seiner Eröffnung Anfang Mai als Treff- Mehr Passagiere erwartet len im Bahnhof Bellinzona: Von aktuell 9000 punkt entwickelt hat. Es ist von 5 Uhr bis 22 Wie andere Bahnhöfe der Schweiz hat nun auch soll die Zahl der täglichen Passagiere dereinst Uhr geöffnet. Ausgesprochen kühl und wenig Bellinzona in der Bahnhofspassage einen eigenen auf 15 000 hochschnellen. Neben Bellinzona einladend ist dafür der nahe gelegene Warte- Laden (Coop) sowie einen Take-Away (Migros). wurde auch der Bahnhof Lugano erneuert. Dort raum. Es ist zu hoffen, dass hier noch etwas Etwas versteckt befindet sich der Brezelkönig gibt es eine neue Passage, die einen direkten nachgebessert wird. Nachbessern muss man in einer Ecke, gleich gegenüber den Schliessfä- Übergang zur Standseilbahn ohne mühsames wohl auch im grossen Atrium. Dort wurde als chern. Im Erdgeschoss lassen sich im neuen Rei- Treppensteigen bietet. Auch der Weg zur Pon- Belag römischer Travertin verwendet, was be- sezentrum Billette kaufen, glücklicherweise nicht te-Tresa-Schmalspurbahn ist angenehmer und reits zu Protesten der Tessiner führte, die gerne so versteckt wie etwa im umgestalteten Bahnhof kundenfreundlicher geworden. Petition für Alptransit-Süd Im Tessin hat sich ein Initiativkomitee gegrün- worden, darunter auch eine Untertunnelung det, das unter dem Namen „Pro San Got- des Luganer Sees. Bis anhin bleibt das Projekt tardo“ eine Petition lanciert hat, um den Bun- Alptransit am Gotthard ein Stückwerk. Ab Lu- desrat zur Verwirklichung des ursprünglichen gano rollt der gesamte Bahnverkehr auf der Alptransit-Projekts – von Grenze zu Grenze alten Gotthard-Linie weiter, teilweise durch – zu drängen. Die erst für 2050 vorgese- dicht besiedelte Gebiete und über den Damm hen Verlängerung von Alptransit zwischen von Melide. Dasselbe Problem gibt es in Lugano und der Landesgrenze bei Chiasso Bellinzona, wo auf die Umfahrung mit Tunnel soll gemäss diesem Komitee unbedingt aus Kostengründen verzichtet wurde. Alle vorgezogen werden, möglichst auf 2035, Güter- und Personenzüge via Gotthard fahren ebenso wie der Ausbau nördlich von Erstfeld daher mitten durch die Kantonshauptstadt. in Richtung Deutschland. Bisher haben fast 3000 Personen diese Petition unterschrieben. Einst waren mehrere Lösungen angedacht Internet: www.change.org/p/alptransit Wenig einladend: der neue Warteraum in Bellinzona. Aktuell 4/2016 InfoForum 11
Lugano – Mailand mit Fahrzeitverlängerung Beschleunigung dank Gotthard-Basistunnel: Doch südlich von Lugano verkehren EuroCity-Züge langsamer nach Mailand als bisher. Gerhard Lob Ab dem 11. Dezember 2016 gilt mindest theoretisch, wenn diese pannenanfäl- der neue Fahrplan im Bahnverkehr. Bekannt- Tempi di percorrenza ligen Neigezüge pünktlich unterwegs waren. lich betrifft die grösste Veränderung die Inbe- Milano Centrale - Lugano Nun werden die Fahrzeiten wieder länger. SBB- triebnahme des Gotthard-Basistunnels (GBT). TEE/EC* TILO RE TILO S10 Sprecherin Roberta Trevisan bestätigt diesen Be- Die Reisezeit auf der Nord-Süd-Achse verkürzt 1964 64 min. fund. Sie weist darauf hin, dass es auf diesem sich um rund 30 Minuten. Zwischen Zürich und 1982 62 min. Abschnitt viele Baustellen gebe, unter anderem 2005 59 min. Mailand brauchen Bahnfahrer im EuroCity statt wegen des Ausbaus für den Vier-Meter-Korri- 2013 60 min. der bisherigen 4 Stunden und 3 Minuten fahr- 2016 67 min. 68 min. 76 min. dor: „Dazu kommt ein kurzer Halt in Chiasso planmässig nur noch 3 Stunden und 26 Minu- 2017 76-86 min. 68 min. 75 min. für die Kontrollen der Grenzwacht.“ Besonders ten – eine Fahrzeitverkürzung von 37 Minuten. *TEE: Trans Europ Express / EC: EuroCity problematisch sei aber die Situation im Gross- Der gleiche Zeitgewinn resultiert zwischen Lu- Fahrzeiten Milano Centrale – Lugano raum Mailand mit regelrechten Staus auf dem zern und Mailand, wobei – mit Ausnahme eines Gleisnetz. Züge könnten nur in einem bestimm- direkten Zuges – in Arth-Goldau umgestiegen in der lombardischen Metropole (10.15 Uhr) ten „Slot“ in Milano Centrale ein- beziehungs- werden muss. ganze 86 Minuten bis Lugano benötigen wird, weise ausfahren. Zudem geniesst der Regional- Diese globale Zeitersparnis verschleierte al- fast eineinhalb Stunden für gut 80 Kilometer. verkehr in Italien Vorrang vor dem Fernverkehr. lerdings die Tatsache, dass die internationalen Selbst die S-Bahn TILO (Ticino-Lombardia) mit Aus diesen Gründen wurden Zeitpuffer ein- Züge auf dem Teilabschnitt Lugano – Mailand Halt in allen Stationen auf dieser Strecke ist gebaut, um den Fahrplan für die EuroCity ein- länger unterwegs sein werden als bisher. Wäh- schneller als der EuroCity und braucht nur 75 halten zu können. Gemäss dem Motto: Lieber rend ein in Italien zuschlags- und reservations- Minuten. fahrplanmässig, aber länger unterwegs sein, pflichtiger EuroCity heute in 67 Minuten von als mit Verspätung. Nach der Inbetriebnahme Lugano nach Milano Centrale fährt, wird er mit Langsamer als 1964 des Ceneri-Basistunnels im Jahr 2021 wird laut der Fahrplanumstellung mindestens 76 Minuten Im Jahr 1964 brauchten die legendären TEE ge- Trevisan eine Fahrzeit von 70 Minuten bei den benötigen. Das gilt auch für die Gegenrichtung. nau 64 Minuten zwischen Lugano und Mailand. Fernverkehrszügen zwischen Lugano und Mai- Besonders extrem ist der EC 158 von Mailand In der Ära Cisalpino reduzierte sich die Fahrzeit land die Regel sein. Das ist immer noch 6 Minu- nach Basel via Luzern, der nach seiner Abfahrt sogar kurzzeitig (2005) auf 59 Minuten – zu- ten länger als mit dem TEE vor über 50 Jahren. Vertrauen auf italienisches Rollmaterial Nur ein Drittel der internationalen Verbindungen zwischen der Schweiz und Italien durch den neuen Gotthard-Basistunnel wird mit Zügen der SBB bestritten. Edwin Dutler Die völlig verfehlte Rollmaterial- gesprochen. Offenbar wurde hier wieder ein- Beschaffungspolitik des SBB-Managements in mal Wunschdenken und Realität verwechselt. Zusammenhang mit dem Gotthard-Basistunnel Ab Karfreitag, 14. April 2017 verkehrt an mit der leider viel zu späten Bestellung des Gi- Feiertagen und Wochenenden, in den Som- runo zeigt sich im neuen Fahrplan: Von den mermonaten täglich, der Gotthard-Panorama- täglich 18 EC-Verbindungen werden 12 mit Express über die Gotthard-Bergstrecke. Der Zug Rollmaterial von Trenitalia – teilweise sogar in fährt ein Mal pro Tag in beide Richtungen und Doppeltraktion – geleistet, nur sechs Verbin- darf nur mit einer Sitzplatzreservation mit Zu- dungen können mit SBB-eigenem Rollmaterial schlag benützt werden. Der Zuschlag inklusive sichergestellt werden. Ein italienfähiger Dis- Sitzplatzreservation beträgt 24 Franken, wenn pozug, der früher einmal versprochen wurde, vor dem Scheiteltunnel ausgestiegen wird 12 kann auch das Christkind nicht hervorzaubern. Franken. Der Zug besteht aus drei Panoramawa- Beim grössten Teil der internationalen Verbin- gen der 1. Klasse und zwei Wagen der 2. Klas- Bald bis zu 24 Franken Zuschlag: der Gotthard-Panorama- dungen haben die SBB in den nächsten drei Jah- Express. Bild: G.Lob se, wobei bei einem Wagen zum Fotografieren ren somit keinen Einfluss auf die Zuverlässigkeit, die Fenster geöffnet werden können. Positiv ist, die Verfügbarkeit, die Servicequalität sowie auf neut verlängert (siehe weiterer Artikel auf die- dass an den Wochenenden ab Juni 2017 wieder die gastronomische Qualität. Und damit die ser Seite). Wie wurde doch an der Eröffnung ein Direkt-EC von Zürich nach Venedig verkehrt Verspätungen nicht nochmals ansteigen, wurde des Gotthard-Basistunnels von den Rednern (Zürich ab 06.09 Uhr, Venedig an 12.40 Uhr; die Fahrzeit zwischen Lugano und Milano er- begeisternd von Hochgeschwindigkeitsverkehr Venedig ab 15.20, Zürich an 21.51 Uhr). 12 InfoForum 4/2016 Aktuell
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