OForum - Pro Bahn Schweiz

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OForum - Pro Bahn Schweiz
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                                                               www.pro-bahn.ch

         Pro Bahn Schweiz • Pro Rail Suisse • Pro Rail Svizzera
         Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des öffentlichen Verkehrs
1/12

                                                                                                          Bild: SBB

           Ein Netz für Güter und Personen
                                Wie sich das Bahnland Schweiz mit FABI fit für die Zukunft macht
                                                        Der lange und mühsame Weg der Verlagerung

                                                                           SchwerpunktSchwerpunkt
                                                                                       „Güterverkehr“ ab Seite
                                                                                                  2/2011       3
                                                                                                          InfoForum 1
OForum - Pro Bahn Schweiz
Editorial

                                                                                                          Inhalt

                                                                                                          Schwerpunkt Güterverkehr
                                                                                                          FABI weist in die Zukunft..................................3
                                                                                                          Interview mit BAV-Direktor
                                                                                                          Peter Füglistaler........................................... 4-5
                                                                                                          Die Krux mit der Verlagerung....................... 6-7
                                                                                                          Bessere Rahmenbedingungen für Verlad...... 8-9
                                                                                                          Hupac braucht die Luino-Linie..........................9
                                                                                                          Die Bündner Güterbahn: Ein Porträt......... 10-11
                        Kurt Schreiber                                                                    Bahnhof Zernez in neuem Glanz....................11
                                                                                                          VöV-Chef Ueli Stückelberger zum
                        Präsident                                                                         Güterverkehr.................................................12
                        Pro Bahn Schweiz
                                                                                                          Aktuell
                                                                                                          Neue Preisrunde im öV...................................13
                                                                                                          Rückbau und Folgekosten..............................14
      Überholt werden …                                                                                   Weiterbildung für öV-Spezialisten..................15

D     Als Automobilistin oder Automobilist schätzt man die Lastwagen nicht. Sie versperren
      die Sicht, sind zu langsam und zwingen zum Überholen oder Geduld-Haben – also kein
                                                                                                          Westschweiz
                                                                                                          Startschuss für CEVA in Genf.........................16
      gutes Gefühl. Bei Eisenbahnfahrten tritt dieses Gefühl weniger auf, denn in der Regel
                                                                                                          Raum Genf als hartes öV-Pflaster...................17
      gewährt der Güterzug dem Personenzug Vorfahrt – mit dem Resultat, dass er deshalb
      möglicherweise zu spät eintrifft und somit nicht konkurrenzfähig ist. Verschiedene Artikel
                                                                                                          Reisesplitter
      in dieser Ausgabe gehen dieser Frage nach, zeigen auf, dass ein vernünftiges Nebenei-
                                                                                                          Freud und Leid auf Reisen........................ 18-19
      nander zwischen Schiene und Strasse möglich und erfolgversprechend ist. Dafür braucht
      der Eisenbahn- Güterverkehr die dafür notwendigen Prioritäten, was dazu führen kann,
                                                                                                          Pro Bahn intern
      dass in einzelnen Fällen ein Güterzug einen Regional- oder gar S- Bahn- Zug überholt.
                                                                                                          Luzerns Ärger mit den Billettautomaten.........22
      Wenn sich damit der Anteil der Güter auf der Schiene steigern und die Umwelt- und                   News von der Präsidentenkonferenz..............23
      Verkehrsbelastung auf den Strassen senken lässt, sollten solche Kompromisse nicht zum               Anmeldung zur DV in Bellinzona....................24
      Vorneherein ausgeschlossen werden.

                                                                                                          Impressum
      Etre dépassé …
F
                                                                                                          InfoForum 1/2012, Versand: 15. März 2012

      D’un point de vue d’automobiliste, la présence des camions sur la chaussée est                      Herausgeber
                                                                                                          Pro Bahn Schweiz (pbs)
      généralement plutôt gênante. Ils bouchent la vue, roulent lentement et ne vous laissent             Interessenvertretung
                                                                                                          der Bahn-, Tram- und Busbenützer
      d’autre choix que celui de les dépasser, ou de faire preuve d’une infinie patience. Pas             Postfach 2224, 8021 Zürich
      très réjouissant. Il en va différemment avec le rail, car les trains de marchandises cèdent         T 044 741 49 90, M 079 401 05 40
                                                                                                          www.pro-bahn.ch, info@pro-bahn.ch
      généralement la priorité aux convois de passagers, ce qui peut parfois entrainer des                Postkonto: 82-4920-4

      retards pour le ferroutage et le rendre moins compétitif. Dans cette édition, plusieurs             Redaktion
                                                                                                          Gerhard Lob (gl)
      articles démontrent qu’un aménagement raisonnable, entre le rail et la route peut être la           cp 361, 6604 Locarno
                                                                                                          T 091 752 38 29
      clé du succès. A condition, d’accorder au train et au ferroutage les priorités nécessaires,         cescato.lob@ticino.com
      quitte à ce que, dans certains cas, un train de marchandises doive dépasser une rame                Mitarbeit Pro Bahn
      régionale, voire même une liaison pendulaire (S-Bahn). Si une telle solution peut                   Karin Blättler, Romeo Degiacomi, Edith Dutler, Edwin
                                                                                                          Dutler, Johann Holenweg, Federico Rossi, Hans Schärer,
      permettre de favoriser le passage de la route au rail, et partant, de diminuer la pollution         Kurt Schreiber
      et la surcharge de trafic routier, il serait bon de ne pas écarter totalement ce type de            Bilder
                                                                                                          Pressedienste, Redaktion, soweit nicht anders erwähnt
      solution.
                                                                                                          Korrektorat
                                                                                                          Stefan Schweizer

                                                                                                          Inserate und Druck
      Venir superati …
 I
                                                                                                          Rub Graf-Lehmann AG
                                                                                                          Murtenstrasse 40, 3001 Bern
      Come automobilisti si tende a non gradire la presenza dei camion sulla carreggiata.                 T 031 380 14 95, F 031 380 14 91
      Ostruiscono la visuale, sono troppo lenti e obbligano quasi a superarli oppure bisogna ar-          presseverlag@rubmedia.ch

      marsi di molta pazienza: una sensazione non molto gradevole. A differenza se si viaggia             Grafisches Konzept und Layout
                                                                                                          mbDesign Marco Bernet, Konzept und Gestaltung
      con il treno questa sensazione sgradevole è quasi inesistente, siccome i treni passeggeri           Holderbachweg 24, 8046 Zürich
                                                                                                          T 044 362 76 77, M 079 472 35 62
      godono della precedenza rispetto ai treni merci. Conseguenza di questa regola è che                 marco.bernet@bluewin.ch
      spesso i treni merci arrivano in ritardo alla destinazione prefissata , diventando così meno
                                                                                                          Auflage
      concorrenziali rispetto alla strada. Svariati articoli in quest’edizione approfondiscono que-       2000 Exemplare, 4 x jährlich
      sti aspetti, dimostrando che la coesistenza tra strada e ferrovia non solo è possibile, ma          Mitgliedschaften
      addirittura molto promettente. Diventa però necessario modificare le priorità in modo               Europäischer Fahrgastverband, Europäischer Verband für
                                                                                                          die Entwicklung des Schienenverkehrs
      che il traffico merci divenga in alcuni casi prioritario rispetto ai treni regionali o suburbani.
                                                                                                          Nächste Ausgaben
      Non bisogna quindi escludere di principio questi compromessi, se grazie ad essi è possibi-          InfoForum 2/2012 		                     14. Juni 2012
                                                                                                          Inserate- und Redaktionsschluss         22. Mai 2012
      le aumentare la quota di merci trasportata sulle rotaie e al contempo diminuire l’impatto           InfoForum 3/2012 		                     13. September 2012
      ambientale e il traffico stradale.                                                                  Inserate- und Redaktionsschluss         22. August 2012

2 InfoForum 1/2012 Editorial
OForum - Pro Bahn Schweiz
Schwerpunkt Güterverkehr

Die Weichen für die Zukunft stellen
Der Bundesrat hat Anfang Jahr die Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) ans
Parlament überwiesen. Sie dient dazu, die Finanzierung und den Ausbau der Bahninfrastruktur langfristig zu
sichern.

Gerhard Lob Die Finanzierung der Bahninfra-
struktur soll einfacher und übersichtlicher wer-
den: die Kosten für Substanzerhalt, Betrieb
und Ausbau werden aus einem einzigen Fonds
gedeckt, dem Bahninfrastruktur-Fonds BIF. Die
heute bestehende finanzielle Lücke, namentlich
beim Substanzerhalt, wird mit zusätzlichen Bei-
trägen von allen Beteiligten – Bund, Kantonen,
Passagieren sowie Pendlerinnen und Pendlern –
gedeckt. Der Ausbau der Bahninfrastruktur ist
laut Bundesrat nötig; denn bis 2030 wird eine
Zunahme des Personen- und des Güterverkehrs
von rund 60 respektive 70 Prozent erwartet.
    Entschieden hat der Bundesrat über die Form
des Kantonsbeitrags von 200 Millionen Franken.
Er schlägt eine Neuregelung der Aufgabentei-
lung zwischen Bund und Kantonen vor, welche
den Mittelbedarf für den Bund beziehungsweise
den BIF um 200 Mio reduziert und die Ausga-
ben der Kantone zugunsten der Bahn entspre-
chend erhöht. Die vorgeschlagene Lösung sieht
vor, dass die Kantone neu die sogenannten Pu-
blikumsanlagen in den Bahnhöfen finanzieren
(etwa Perrons, Treppen, Rampen, Über- oder
Unterführungen). „Die Bundesfinanzierung hört
an der Bahnsteigkante auf“, sagt BAV-Direktor      Beanspruchtes Netz: Bis 2030 wird eine Zunahme des Personen- und des Güterverkehrs von rund 60 respektive 70 Prozent
                                                   erwartet.                                                                                                      Bild: SBB
Peter Füglistaler. Im Gegenzug übernimmt der
Bund die Finanzierung der Privatbahn-Infra-
struktur mit Ausnahme der Publikumsanlagen.        Öffentlicher Verkehr hält diesen Finanzrahmen                 zugunsten des öffentlichen Verkehrs und der
                                                   für zu niedrig und forderte bereits 6 Milliarden              Verlagerung einzusetzen. Damit würde die zu-
Kapazitäten für Schienengüterverkehr               im ersten Ausbauschritt.                                      künftige Finanzierung der Strasseninfrastruktur
Auf der Basis eines künftigen Bahn-Angebots           Mit FABI stellt der Bundesrat der Volksiniti-              laut Landesregierung in Frage gestellt. Der Bun-
legt der Bundesrat im Rahmen des Strate-           ative „Für den öffentlichen Verkehr“ einen di-                desrat lehnt deshalb die Initiative ab und regelt
gischen Entwicklungsprogramms (STEP) die           rekten Gegenentwurf gegenüber. Die Initiative                 mit FABI die künftige Finanzierung der Bahn-
Bahninfrastruktur fest. Dieses Programm um-        sieht vor, Gelder aus der Mineralölsteuer, die                infrastruktur so, dass der Strasse keine zusätz-
fasst Massnahmen und Bauprojekte unter-            heute dem Strassenverkehr zu Gute kommen,                     lichen Mittel entzogen werden.
schiedlicher Dringlichkeit. Künftig sollen dem
Parlament in der Regel alle vier oder acht Jahre
die weiteren Ausbauschritte vorgelegt werden.
                                                    Der Beitrag der Pendlerinnen und Pendler
Der erste Ausbauschritt 2025 umfasst Projekte
im Umfang von 3,5 Milliarden Franken. Diese
                                                    Um die Bahninfrastrukturen erhalten und ausbauen zu können, sollen auch Arbeitspendler ei-
sollen parallel zu den Massnahmen im bereits
                                                    nen höheren Beitrag leisten. Sie sollen künftig bei der Berechnung der direkten Bundessteuer
früher beschlossenen 5,4-Milliarden-Programm
                                                    für nachweisbare Fahrkosten höchstens noch 3000 Franken als Abzug geltend machen kön-
ZEB (Zukünftige Entwicklung der Bahninfra-
                                                    nen. Dadurch lassen sich zirka 200 Millionen Franken in die Bundeskasse spülen. Ursprünglich
struktur) realisiert werden. Die Bahnreisenden
                                                    hatte Verkehrsministerin Doris Leuthard vorgeschlagen, den maximalen Fahrkostenabzug auf
in der Schweiz erhalten dadurch ein besse-
                                                    eine Pauschale von 800 Franken zu senken. Dieser Vorschlag stiess auf breite Kritik, insbe-
res Angebot mit mehr Sitzplätzen, dichteren
                                                    sondere auch der Autoverbände, da Autopendler von der Massnahme überdurchschnittlich
Fahrplänen und teilweise kürzeren Fahrzeiten,
                                                    stark betroffen gewesen wären. Der Vorschlag von 3000 Franken erscheint in der Tat recht
während für den Schienengüterverkehr die nö-
                                                    vernünftig, denn er liegt in der Grössenordnung des Preises eines GA 2. Klasse. Somit werden
tige Beförderungskapazität gesichert und die
                                                    Zugfahrer bei den Abzügen nicht gegenüber Autofahrern benachteiligt.
Transportqualität erhöht werden. Der Verband

                                                                                                               Schwerpunkt Güterverkehr 1/2012 InfoForum 3
OForum - Pro Bahn Schweiz
„Wir relativieren die absolute Priorität
     für den Personenverkehr“
     Der Direktor des Bundesamtes für Verkehr (BAV), Peter Füglistaler, zu den wichtigsten Auswirkungen
     der FABI-Vorlage auf den Schienengüterverkehr.

     Interview: Gerhard Lob                              mit die Trassen insbesondere für den Güterver-            Luino-Linie sind die Ausbauten zur Zugslänge
                                                         kehr langfristig gesichert werden können. Inso-           beschlossen und von Italien nicht umstritten.
     InfoForum: Welche sind die wichtigsten              fern relativieren wir in einem gewissen Sinne die         Aber Italien lehnt die Erhöhung des Profils auf
     Auswirkungen der FABI-Vorlage auf den               absolute Priorität für den Personenverkehr.               4 Meter auf der Luino-Linie ab, während diesem
     Güterverkehr?                                                                                                 Ausbau im Prinzip auf der Strecke nach Chiasso
        Peter Füglistaler: Bei der FABI-Vorlage wur-     Offenbar ist die Einsicht gewachsen, dass                 zugestimmt wird. Da werden wir weitere Dis-
     den insbesondere die Bedürfnisse des Binnen-        es auch im Güterverkehr Pünktlichkeit                     kussionen führen müssen. Für uns ist klar, dass
     güterverkehrs berücksichtigt. Der Ausbau am         braucht, um erfolgreich sein zu können.                   es im Süden alle drei Übergänge braucht – Do-
     Jurasüdfuss inklusive Ligerzer Tunnel ist mit be-   Das sagt sogar der Verband Öffentlicher                   modossola, Luino und Chiasso, damit wir den
     sonderer Berücksichtigung dieses Verkehrs ge-       Verkehr.                                                  Verlagerungsauftrag umsetzen können.
     plant. Für den Transitverkehr gibt es bereits die      Diese Botschaft ist auch bei uns angekom-
     ZEB-Vorlage (Zukünftige Entwicklung der Bah-        men. Wir müssen den Trassenprioritäten mehr               Sie haben signalisiert, dass Sie die Italie-
     ninfrastruktur). Daher wird dieser in einem er-     Gewicht einräumen. Die Infrastrukturbetreiber             ner ein Stück weit verstehen, wenn diese
     sten Schritt nicht berücksichtigt. Die Güterver-    brauchen für den Güterverkehr, vor allem auf              die Luino-Linie nicht ausbauen und bei
     kehrstransitkapazität wird erst in einem zweiten    der Nord-Süd-Route, aber auch Ost-West, quali-            90 Güterzügen stabil halten wollen, auch
     Ausbauschritt erhöht.                               tativ hoch stehende Trassen, durchgehend ohne             weil es zu viel Lärm gibt. In der Schweiz
                                                         Halt, um von A nach B durchfahren zu können.              hätten sie Klagen von Anwohnern, die
     Sie sprachen von der Qualität im Güterver-                                                                    an Strecken mit wesentlich geringerem
     kehr. Was ist darunter zu verstehen?                Damit kommen wir zum Transitverkehr.                      Zugsaufkommen wohnen. Betreiben die
         Qualität heisst infrastrukturseitig vor allem   In Italien stossen die Schweizer Wünsche                  Schweizer zu viel Nabelschau?
     längere und einheitliche europäische Zugs-          für einen Ausbau der Luino-Linie nicht auf                   Wir haben viel gemacht und erreicht; und
     längen, auch einheitliche europäische Pro-          grosse Gegenliebe. Ist damit die Verlage-                 wird sind sicherlich die Vorreiter in Europa. Das
     file. Stichwort: 4-Meter-Korridor. Hier hat die     rung des Güterverkehrs gefährdet?                         gibt manchmal den Eindruck, dass wir etwas
     Schweiz noch Nachholbedarf. Das werden wir             Wir sind im Kontakt mit Italien gefordert,             schulmeisterlich in den Nachbarländern auftre-
     mit der Botschaft zum 4-Meter-Korridor auf der      um brauchbare Lösungen zu finden. Bei der                 ten. Und das sollten wir unbedingt vermeiden.
     Gotthard-Achse korrigieren.                                                                                   Der Lärm des Güterverkehrs ist ein europäisches
                                                                                                                   Problem. Wir haben in Bezug auf die Lärmsa-
     Wie teuer wird dieser Korridor? Und wann                                                                      nierung den Vorschlag gemacht, dass die Grau-
     ist mit der Botschaft zu rechnen?                                                                             gusssohlen der Güterwagen per 2020 verboten
         Die Grössenordnung der Kosten liegt bei                                                                   werden. Dieser Vorschlag wurde sehr gut ange-
     knapp einer Milliarde Franken. Die Vernehmlas-                                                                nommen.
     sung zur Botschaft wird noch im ersten Halbjahr
     2012 eröffnet; die Botschaft folgt dann gegen                                                                 Zurück zum Nord-Süd-Verkehr. Hupac
     Ende dieses Jahres beziehungsweise Anfang                                                                     als UKV-Betreiber hält wenig von der
     2013.                                                                                                         Chiasso-Linie, da der Raum vor Mailand
                                                                                                                   verstopft ist und die Güterzüge von
     Das ist viel Geld. Wo nehmen Sie dieses her?                                                                  Chiasso häufig nicht durchkommen und
        Es zahlt immer der Steuerzahler. Wir werden
     auf den FinöV-Fonds oder auf Mineralölsteuer-
     Gelder zurückgreifen müssen.

     Im FABI geht es um den Ausbau und                                                                             „Wir haben viel ge-
     Unterhalt des Bahnnetzes. Da stehen viele
                                                                                                                   macht und erreicht; und
     Begehrlichkeiten an, unterschiedliche
     Regionen, aber auch Verkehrsarten wie                                                                         wird sind sicherlich die
     Güter- und Personenverkehr. Beide wollen                                                                      Vorreiter in Europa.“
     möglichst prioritär auf dem Netz fahren.
     Wie lösen sie diesen Konflikt?
       Wir werden im Bundesamt für Verkehr so
     genannte Netznutzungspläne vorbereiten, da-         BAV-Chef Peter Füglistaler.     Bild: Béatrice Devènes

4 InfoForum 1/2012 Schwerpunkt Güterverkehr
OForum - Pro Bahn Schweiz
Nicht nur bei Personenzügen, sondern auch bei Güterzügen ist Pünktlichkeit gefragt.                                                                      Bilder: SBB

viele Stunden brauchen, bis sie auf den
Terminals sind.                                                  Tropfen auf heisse Steine
   Das kann es vielleicht mal bei Sperrungen
                                                                 Die Position von Pro Bahn Schweiz zur FABI-Vorlage.
geben. In der Regel haben wir auf der Gott-
hard-Achse aber eine vernünftige Trassierung.                    Kurt Schreiber Die Botschaft des Bundes-           VCS-Initiative „für den öffentlichen Verkehr“
Auf der Lötschberg-Simplon-Achse ist es mit                      rats über die Finanzierung und den Ausbau          eher geeignet, diese Zusatzmittel bereit zu
dem SIM-Korridor (SImplon-Inter-Modal) etwas                     des öffentlichen Verkehrs zeigt auf, dass die      stellen. Deshalb kann auch die Botschaft des
schwieriger. Aber da sind wir beim bereits ange-                 anstehenden Projekte nur mit dem Trop-             Bundesrats gegenwärtig kaum als Alternative
sprochenen Thema, dass es mit der Qualität der                   fenzählersystem verwirklicht werden sollen.        zur Initiative bezeichnet werden.
Trassen im Güterverkehr nicht stimmt.                            Pro Bahn Schweiz ist darob enttäuscht. Bis
                                                                 2025 sollen es 3,5 Milliarden Franken sein,        Kleine Tropfen – grosse Preiserhöhungen
Italien hat der Schweiz vorgeworfen, auf                         dies bei einem Gesamtbedarf von mehr als           Die Transportunternehmungen werden
der Gotthard-Achse den Ausbau zwischen                           40 Milliarden. Geht es in diesem Rhythmus          höhere Entgelte für die Trassenbenutzung zu
Lugano und Chiasso selbst nicht genug                            weiter, lassen sich alle Projekte frühestens in    entrichten haben. Der grösste Teil wird auf
voran zu treiben. Was entgegnen Sie?                             50 Jahren verwirklichen.                           die Bahnpassagiere zurückfallen – eine uner-
   Das haben wir bereinigt. Denn wir haben klar                                                                     freuliche Aussicht. In diesem Zusammenhang
kommuniziert, dass die bestehenden drei Über-                    Verteilkampf vermeiden                             wiederholt Pro Bahn Schweiz ihre Forderung
gänge noch für sehr lange die massgebenden                       Die in der 1. Etappe vorgesehenen Projekte         nach Preiserhöhungen mit Augenmass.
Übergänge sind. Neue Südanschlüsse kommen                        sind für Pro Bahn Schweiz ausgewiesen, ob          10 Prozent gehören nicht dazu.
sicherlich nicht vor 2050. Sie sind daher auch                   sie sich aber nach Verabschiedung der Vorla-       Zum heutigen Zeitpunkt sagt Pro Bahn
nicht in der FABI-Botschaft enthalten.                           ge durchs Parlament und nach der Beratung          Schweiz nicht „nein“ zur Vorlage. Sie hat
                                                                 noch gleich darstellen, darf kritisch hinter-      Verbesserungspotential, insbesondere müs-
Was sagt Ihr Bauchgefühl zur FABI-                               fragt werden. Der erste Ausbauschritt wird         sen die einzelnen Tranchen wesentlich höher
Vorlage?                                                         die dringlichsten Engpässe beseitigen, aber        ausfallen. Als Mindestwert wird ein Betrag
   Diese wird sicherlich durchkommen. Das Par-                   es gibt durchaus noch weitere, die ebenfalls       von 6 Milliarden Franken für die näch-
lament wird einige Retouchen machen, das ist                     einer dringenden Erledigung harren. Deshalb        sten fünf Jahre erachtet, soll ein weiterhin
die Aufgabe des Parlaments. Ich bin aber über-                   ist das Ausmass der bereitgestellten Mit-          effizientes und freiwilliges Umsteigen von
zeugt, dass die Vorlage – schliesslich auch beim                 tel zu gering und es gilt, Verteilkämpfe zu        der Strasse auf die Schiene bewerkstelligt
Volk – gut ankommen wird. Aber wir müssen                        vermeiden. In diesem Zusammenhang ist die          werden.
uns dafür engagieren.

                                                                                                                   Schwerpunkt Güterverkehr 1/2012 InfoForum 5
OForum - Pro Bahn Schweiz
Die Krux mit der Verlagerung
     Die stockenden Ausbauten der Zulaufstrecken zur NEAT wurden schon häufig angeprangert. 2011 beklagten
     einige Güterbahnen nun erstmals Engpässe bei den zur Verfügung stehenden Trassen im Transitverkehr.

                  Zunehmend kritisch wird die Ver-
     Federico Rossi                                                von den Kunden bestellte Transportvolumen                  bauen zu lassen, der Variantenentscheid gefällt
     fügbarkeit der Infrastruktur auf den Transitach-              auf der Lötschberg-Simplon-Achse zur Verfü-                werden: den gordischen Knoten zerschlug der
     sen für den Güterverkehr. Kurzzeitig bestand                  gung. Deshalb führte die Trassenvergabestelle              damalige Verkehrsminister Ogi, indem er als
     wegen der Sanierungsarbeiten nach dem Brand                   erstmals ein Bietverfahren durch. Dieses hat für           neuen Vorschlag die Netzvariante einbrachte.
     im Simplontunnel (Juni 2011) ein spürbarer Eng-               die Güterbahnen Unsicherheiten und erheb-                  1992 nahmen die Stimmberechtigten die Vorla-
     pass auf der Lötschberg-Simplon-Achse. Dieser                 liche Mehrkosten zur Folge, zudem kann es die              ge zu den neuen Eisenbahn-Alpentransversalen
     Sanierung folgen nahtlos weitere umfangreiche                 fehlenden Trassenkapazitäten nicht ersetzen.               (NEAT) mit 64 Prozent Ja-Stimmen an.
     Einschränkungen durch geplante und notwen-                                                                                  Bereits 1996 redimensionierte der Bundes-
     dige Bauarbeiten an der Tunnelinfrastruktur, die              Vorgeschichte                                              rat die NEAT: Der Lötschberg wurde einspurig
     bis 2014 dauern werden. Die dadurch entste-                   Mitte der 1980er-Jahre kam die Idee einer Flach-           projektiert, der Hirzeltunnel fiel ganz weg. 1998
     henden Engpässe erschweren die Betriebsab-                    bahn durch die Alpen aufs Tapet der politischen            stimmte das Volk schliesslich der etappierten
     läufe erheblich und limitieren weitere Wachs-                 Diskussionen in der Schweiz. 1989 konnte nach              NEAT zu: Mit der Annahme der leistungsab-
     tumsmöglichkeiten für den Güterverkehr. Für                   langen Diskussionen, während der sich ver-                 hängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) und
     das Fahrplanjahr 2012 stehen den Güterbahnen                  schiedene Regionen darum bemühten, die neue                damit der Finanzierung gab die Schweizer Be-
     erstmals nicht mehr genügend Trassen für das                  Verkehrsachse möglichst nahe vor ihrer Haustür             völkerung grünes Licht für den Bau der Neuen
                                                                                                                              Eisenbahn-Alpentransversalen.
                                                                                                                                 Zudem wurde 1994 der sogenannte Alpen-
                                                                                                                              schutz-Artikel in die Verfassung aufgenommen:
                                                                                                                              Dieser Verfassungsartikel wurde am 20. Februar
                                                                                                                              1994 von Volk und Ständen angenommen. Er
                                                                                                                              begrenzt die Verkehrsbelastung auf ein Mass,
                                                                                                                              das für Mensch und Umwelt unschädlich ist,
                                                                                                                              und verbietet eine Erhöhung der Kapazität auf
                                                                                                                              Transitstrassen im Alpengebiet. Die Übergangs-
                                                                                                                              bestimmungen ergänzen, dass innert 10 Jahren
                                                                                                                              eine Verlagerung von alpenquerendem Güter-
                                                                                                                              verkehr auf die Schiene erfolgen soll.

                                                                                                                              Wo stehen wir?
                                                                                                                              2007 ging als erstes Teilstück der Lötschberg-
                                                                                                                              Basistunnel in Betrieb. Das ursprüngliche Be-
                                                                                                                              triebskonzept sah 110 bis 120 Züge am Tag
                                                                                                                              durch den neuen Basistunnel vor, davon 42
                                                                                                                              Reisezüge und 70 bis 80 Güterzüge. Die Zahl
                                                                                                                              der Reisezüge liegt heute mit 56 etwas höher,
                                                                                                                              diejenige der Güterzüge daher unter dem vor-
                                                                                                                              gesehenen Wert. Die Angaben variieren jedoch
                                                                                                                              je nach Quelle.
                                                                                                                                  Die BLS propagiert aufgrund der hohen Aus-
                                                                                                                              lastung des Lötschberg-Basistunnels, die nach
                                                                                                                              wenigen Betriebsjahren gemäss ihren eigenen
                                                                                                                              Angaben 80 Prozent, an einzelnen Spitzenta-
                                                                                                                              gen sogar 100 Prozent beträgt, den weiteren
                                                                                                                              Ausbau des Lötschberg-Basistunnels, welcher
                                                                                                                              1996 zurückgestellt worden war.
                                                                                                                                  Eine spürbare Entlastung der Lötschberg-
                                                                                                                              Simplon-Achse könnte mit der Inbetriebnahme
                                                                                                                              des Basistunnels am Gotthard erwartet werden;
                                                                                                                              diese ist auf 2016 terminiert. Die Zufahrtsstre-
                                                                                                                              cken der Gotthard-Achse sind zurzeit jedoch
                                                                                                                              noch nicht für ein gleich grosses Profil ausge-
     Licht am Ende des Tunnels? Weströhre des neuen Gotthard-Basistunnels bei Bodio.          Bild: AlpTransit Gotthard AG   baut wie der SIM-Korridor der Lötschberg-Sim-

6 InfoForum 1/2012 Schwerpunkt Güterverkehr
OForum - Pro Bahn Schweiz
Mögliche
                                                                                                           Ausbaumassnahmen
                                                                                                           Federico Rossi Unbestritten ist, dass für
                                                                                                           eine Leistungssteigerung der Güterverkehrs-
                                                                                                           Achsen Ausbauten auch in den Nachbar-
                                                                                                           ländern notwendig sind, in Deutschland
                                                                                                           namentlich der bedeutendsten nördlichen
                                                                                                           Zulaufstrecke im Oberrheintal zwischen
                                                                                                           Offenburg und Basel; in Italien sind meh-
                                                                                                           reren Strecken betroffen, die nebst den
                                                                                                           bekannten auch vom Personenverkehr ge-
                                                                                                           nutzten Strecken vor allem dem Güterver-
                                                                                                           kehr dienen: zum Beispiel Luino – Gallarate
                                                                                                           sowie Domodossola – Novara.

                                                                                                           Unabdingbar sind aber auch Ausbauten
                                                                                                           in der Schweiz; bezogen auf den Korridor
                                                                                                           Lötschberg-Simplon sind dies:
                                                                                                           – dritter Juradurchstich im Raum Basel –
                                                                                                              Olten/Aarau
                                                                                                           – Kapazitätsausbau Aaretal Bern – Thun
Unter den Prognosen: Güterverkehr am Lötschberg-Basistunnel.		                              Bild: BLS
                                                                                                              (mindestens teilweise auf drei oder vier
                                                                                                              Gleise)
                                                                                                           – neues Konzept für Betriebswechsel im
plon-Achse. Die Behebung dieses eklatanten          Transitverkehr irgendwie nutzbar sind, mehr               Raum Thun – Spiez – Frutigen und Aus-
Mangels ist erst vor einigen Monaten zum Poli-      oder weniger aufwendig den zunehmenden                    bau einer darauf ausgelegten Anlage
tikum geworden und nun scheint es, dass eine        Verkehr abzuwickeln.                                   – Entflechtungen in diversen Knoten (kreu-
Lösung mit Hochdruck angegangen werden soll             Eine hohe Auslastung dieser Infrastrukturen           zungsfreie, nicht niveaugleiche Verzwei-
(siehe Interview mit BAV-Chef Füglistaler Seite     mag für deren Betreiber wirtschaftlich sein, für          gungen)
4/5). Noch ist aber nichts gesichert, finanziert    die Eisenbahnverkehrsunternehmen als Nutzer            – zusätzliche Überholgleise für lange Güter-
oder gebaut und es ist nicht gewährleistet, dass    hingegen ist sie in hohem Masse unattraktiv,              züge auf stark belasteten Strecken
diese Ausbauten rechtzeitig zur Inbetriebnahme      unproduktiv und ineffizient. Die sogenannte            – Modernisierung und Leistungssteigerung
der Tunnels zur Verfügung stehen werden.            Netzvariante, die den Bau dreier Basistunnels             Knoten Brig
                                                    am Lötschberg, Gotthard und Monte Ceneri               – Leistungssteigerung Simplontunnel
Fazit                                               ohne den sofortigen Bau von Zufahrtsstrecken
Für die Verlagerung des Gütertransitverkehrs        anstelle einer einzigen leistungsfähigen Ach-          Auch im unmittelbar daran angrenzenden
von der Strasse auf die Schiene gibt es so-         se vorschlug, droht nun für den Güterverkehr           norditalienischen Abschnitt der Simplonlinie
wohl notwendige wie auch hinreichende Be-           zu einer Milliarden teuren Investitionsruine zu        sind leistungssteigernde Ausbauten absolut
dingungen. Während sich die Schweizerische          führen, wenn die dringend notwendigen, aber            unabdingbar. Das Potential dafür ist sehr
Verkehrspolitik zur Zeit wieder einmal damit        im Projekt nicht enthaltenen Ausbauten auf             gross:
beschäftigt, mit welchen Anreizen die Verkehrs-     den Zulaufstrecken nun nicht doch möglichst            – zweites Gleis Domo II – Domodossola
verlagerung erwirkt werden könnte, die bisher       rasch an die Hand genommen werden. Andern-                inklusive dichterer Blockteilung
nicht in dem durch den Alpenschutzartikel in        falls muss die Verlagerung des Güterverkehrs           – Erweiterung des Lichtraumprofils des
der Bundesverfassung geforderten Ausmass            zwangsläufig scheitern, nicht nur an fehlenden            zweiten Gleises Varzo – Preglia für Güter-
eingetreten ist, hat sie es versäumt, rechtzeitig   Anreizen, sondern an der fehlenden Kapazität.             züge mit grösserer Eckhöhe (SIM-Züge)
dafür auch die notwendigen Voraussetzungen          Die Suche nach besseren Mechanismen zur Ver-           – schienenfreie Zugänge für die Reisenden
zu schaffen: eine ausreichende Verfügbarkeit        lagerung des Verkehrs ist daher für sich alleine       – Verlängerung der Bahnhofsgleise in
von Güterverkehrs-Trassen. Von einer leistungs-     ein untauglicher Ansatz und kann nicht zum Ziel           Preglia und Iselle durch Verlegen der
fähigen Transitstrecke durch die Schweiz aus        führen.                                                   Spurwechsel
einem Guss kann keine Rede sein; vielmehr wird          Offen bleibt, ob diesem Mangel eher die            – seitenrichtige Überholgleise für lange
weiterhin mit mässigem Erfolg versucht, auf         fehlende Erkenntnis über die unbefriedigende              Güterzüge am Übergangspunkt zwischen
den unterschiedlichen einzelnen Abschnitten         Situation oder der mangelnde politische Wille,            Rampe und Tunnelstrecke in Iselle
des gewachsenen Streckennetzes, die für den         daran etwas zu ändern, zu Grunde liegt.

                                                                                                         Schwerpunkt Güterverkehr 1/2012 InfoForum 7
OForum - Pro Bahn Schweiz
Fehlenden Kapazitäten im Süden: Ein Hupac-Zug ist auf der Luino-Linie bei Magadino-Vira in Richtung Italien unterwegs.	                                             Bild: SBB

     Länger, schwerer, höher
     Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene war grosses
     Thema bei einer Veranstaltung des Verbands der verladenden Wirtschaft in Zürich.

                  Für den Verband der verladenden
     Kurt Schreiber                                                  sei und es auch bleiben wolle. Er setzt auf eine           Kostenwahrheit gefordert
     Wirtschaft (VAP) bedeutet „Förderung“ die                       gute Zusammenarbeit zwischen Strasse und                   Transwaggon vermietet Güterwagen, welche
     Verbesserung der Rahmenbedingungen und                          Schiene, weist aber auch darauf hin, dass bei SBB          auf die Bedürfnisse der verladenden Industrie
     damit der Wettbewerbsfähigkeit des Bahngü-                      Cargo 28 Prozent aller Verladepunkte im schwei-            abgestimmt sind. Es gilt den Laderaum zu op-
     terverkehrs. Die Produktivität muss erhöht, die                 zerischen Bahngüterverkehr 90 Prozent des Wa-              timieren, indem die Güterwagen immer höher
     Bedürfnisse des Marktes müssen berücksichtigt                   genladungsaufkommens generieren. Auf die üb-               oder ggf. auch länger werden mit dem Resultat,
     und der Wettbewerb gefördert werden.                            rigen 72 Prozent verteilen sich die restlichen 10          dass einzelne Typen, weil zu gross, gar nicht in
        Zwecks Effizienzsteigerung und Kosten-                       Prozent und verständlicherweise ist die Begeis-            der Schweiz verkehren können. Hingegen wird
     senkung sollen die Züge länger, schwerer und                    terung nicht sehr gross, wenn er als Grosskunde            anerkannt, dass dank der Einrichtung des 4-Me-
     höher werden. Trassen für Güterzüge seien zu                    einen Beitrag an unrentable Verladepunkte zu               ter-Korridors die Ladehöhe in den Waggons auf
     sichern und gegebenenfalls sei den Güterzügen                   leisten hat, die besser geschlossen würden (sie-           3 Meter erhöht werden kann, was die Stapelung
     Vorfahrt vor Personenzügen zu gewähren. Bei                     he Kasten). Das Verlagerungsziel 2018 gemäss               der Paletten erleichtert und höhere Kapazitäten
     schlechten Trassenangeboten seien Rabatte zu                    Verlagerungsbericht 2011 des Bundesrates lasse             mit positivem Einfluss auf die Kosten ermöglicht.
     gewähren. Für Kosten wegen Infrastrukurver-                     sich per 2018 nicht erreichen. Diese klare Mei-            Kritisch wird von Pro Bahn Schweiz die immer
     besserungen zu Gunsten des Personenverkehrs                     nungsäusserung von Bundesrätin Doris Leuthard              weiter gesteigerte Höhe und Länge der Wagen
     sei der Güterverkehr nicht verantwortlich – so-                 wird in der Branche geschätzt. Es fehle also nicht         hinterfragt, weil auf diese Weise immer neu auf-
     mit dürfen sie ihm auch nicht belastet werden.                  am Willen, sondern vielmehr am Können. Feh-                wändige Infrastrukturan­   passungen notwendig
                                                                     len die entsprechenden Kapazitäten, weiche die             werden.
     Kritischer Grosskunde                                           Branche noch mehr auf die Strasse aus. (Anzu-                  Kein Strassenrappen für die Schiene: So –
     Bernhard Metzger, Leiter Logistik/Transport                     fügen ist, dass es sich hier um einen vom Volk             überspitzt formuliert – die Aussage des Vertre-
     des Migros-Genossenschafts-Bunds und auch                       erteilten Verfassungsauftrag handelt, der innert           ters von Economiesuisse. Auch dieser Verband
     grösster Kunde von SBB Cargo, wies darauf hin,                  Frist umzusetzen und nicht auf den St. Nimmer-             plädiert für ein Nebeneinander von Schiene und
     dass sein Arbeitgeber bahnfreundlich eingestellt                leinstag zu verschieben wäre.)                             Strasse, fordert aber die absolute Kostenwahr-

8 InfoForum 1/2012 Schwerpunkt Güterverkehr
OForum - Pro Bahn Schweiz
Hupac – Weiterfahrt mit angezogener Handbremse?

 1967 gegründet, befördert Hupac auf den alpenquerenden Strecken im kombinierten
 Verkehr mehr Güter als der Strassenverkehr (17 Mio. Tonnen gegenüber 14 Mio. Ton-
 nen), ist stärker gewachsen als die Strasse (+ 65% gegenüber + 61%). Der Bevölkerung
 wird damit der Transit von etwa 800‘000 Lastwagenfahrten pro Jahr erspart. Eine respek-
 table Leistung, die aber im Süden der Schweiz an Grenzen stösst, denn bei der Diskussion
 um die Streckenführung des 4-Meter-Korridors zeichnet sich in Italien ein Strategiewech-
 sel ab.
 Die Priorität wird zunehmend auf die Chiasso-Linie gelegt, während die Linie via Luino
 aus Kostengründen aufs Abstellgleis gerät. Die neuerdings favorisierte Route Chiasso–
 Mailand verfügt über ungenügende Kapazitäten für die Einrichtung eines leistungsfä-                      SBB Cargo streicht
 higen Güterverkehrskorridors. Direktor Bernhard Kunz plädiert deshalb für eine Zwei-
                                                                                                          Bedienpunkte
 Stufen-Strategie mit dem massvollen Ausbau der Linie Bellinzona–Luino–Novara für den
 bestehenden und der Einrichtung eines Güterverkehrskorridors Chiasso–Seregno–Ber-
                                                                                                          SBB Cargo als Gütertransporteurin der SBB
 gamo für den künftigen Verkehr. Auf diese Weise kann der kombinierte Verkehr ausge-
                                                                                                          plant schwach genutzte Bedienpunkte in
 wogen über die drei bestehenden Linien via Luino, Chiasso und Domodossola geleitet
                                                                                                          der Schweiz zu schliessen. Das Unterneh-
 werden. (ks)
                                                                                                          men prüft derzeit die Schliessung von 155
                                                                                                          Umschlagstationen. Dies sagte SBB-Cargo-
heit, wobei generell gilt, dass sich die Kosten      zwischen Schiene und Strasse. Mit von 15 auf         Chef Nicolas Perrin bereits am 10. Januar
in engsten Grenzen zu halten hätten. Sei der         10 reduzierten schienenseitiger Bedienpunkte         2012 bei der VöV-Medienkonferenz in Bern.
Preis für ein Angebot zu billig, würde es über-      in der ganzen Schweiz werden pro Jahr 100 000        Welche Umschlagstationen betroffen sind,
nutzt, wie dies gegenwärtig im Personenver-          Lastwagensendungen bewegt. Die langen Stre-          wird noch nicht bekannt gegeben. Die
kehr der Fall sei. In einem Mini-Schlagabtausch      cken (mehr als 60 km) auf der Schiene mit SBB        Entscheide sollen im Juni 2012 kommuni-
mit dem Präsidenten von Pro Bahn Schweiz, ob         Cargo, die Feinverteilung auf der Strasse. Dies      ziert werden. Mit 500 Umschlagstationen
Economiesuisse denn im Personenverkehr die           ermöglicht einen 24 Stunden Service, der erst        ist das Netz in der Schweiz das bei wei-
quasi unrentablen Generalabonnemente (GA)            noch ökonomisch und ökologisch ist und eine          tem dichteste in Europa. Wirtschaftliches
abschaffen wolle, verneinte er diese Absicht,        Verminderung von 25 Prozent des CO2 Aussto-          Hauptproblem ist dabei die Verteilung. Auf
führte aber aus, dass die Tarifkonstellation nicht   sses gebracht hat. Kritisch wird vermerkt, dass      28 Prozent dieser Standorte wird mehr als
stimme, weil die Streckenabonnemente teurer          die Preissteigerungen bei SBB Cargo wesentlich       90 Prozent des Güterumschlags erledigt;
als die Generalabonnemente seien. Allerdings         höher ausgefallen seien, als beim Strassentrans-     umgekehrt fertigten etwa die Hälfte von
blieb er die Antwort auf die Frage schuldig, um      portgewerbe.                                         ihnen nur 3 Prozent des Handels ab.
welchen Faktor die Preise der normalen Fahr-            Wünsche betreffen eine Verbesserung der           Im Oktober 2011 hatte SBB Cargo die
ausweise erhöht werden sollten.                      Fahrpläne und ein Abbau der Bürokratie. So           Streichung von rund 200 Arbeitsstellen
                                                     daure es heute dreimal so lange als seinerzeit       angekündigt. Die Massnahme soll ohne
Strasse und Schiene                                  bei SBB Cargo, bis ein Bahnanschlussgeleise          Entlassungen umgesetzt werden. Gemein-
Vom Defizit zum Überschuss: Cargo Domizil, ein       vom Bundesamt für Verkehr genehmigt wer-             sam mit weiteren Sparmassnahmen will das
Zusammenschluss verschiedener Strassentrans-         de. Subventionen seien nicht notwendig, da-          Unternehmen rund 80 Millionen Franken
portunternehmer, hat dieses Ziel erreicht und        für gute Rahmenbedingungen und bahnseitig            einsparen und bis 2013 eine ausgeglichene
zwar dank einer optimalen Zusammenarbeit             mehr Wettbewerb.                                     Bilanz aufweisen. (gl)

 Pro Bahn in der Klemme?
 Kurt Schreiber Verschiedene Referenten bei          300 Tonnen innert kurzer Zeit auf 80 km/h zu       Alpentransitbörse die Lastwagenfahrten
 der VAP-Tagung haben darauf hingewiesen,            beschleunigen als einen Güterzug mit 1400          durch die Schweiz vermindern, weil je nach
 dass der Güterverkehr vom Personenverkehr           Tonnen. Also lieber einen Güterzug mit 80          Nachfrage ein Zuschlag bezahlt werden
 diskriminiert werde, die Trassenpreise zu hoch      km/h ohne Halt passieren lassen – denn so ist      müsste. Auf diese Weise lässt sich das Ver-
 seien und die Effizienz gesteigert werden           der Streckenteil nur für kurze Zeit blockiert.     lagerungsziel eher erreichen. Bei den Zügen
 müsse. In diesem Zusammenhang hat sich              Wenn der Slogan „für Güter die Bahn“ wei-          ist es ähnlich, mit Zuschlägen könnten die
 Pro Bahn Schweiz vor zwei Jahren (siehe             terhin Gültigkeit haben soll, muss wohl dem        Frequenzen ausgeglichener gestaltet werden.
 InfoForum 4/09 „Vorfahrt Güterzug oder              Güterzug vor S-Bahn-Zug, Regio-Express oder        Trotzdem plädiert Pro Bahn Schweiz für den
 S-Bahn“) für den Personenzug entschieden.           Regionalzug Vorfahrt gewährt werden.               freien Zugang, denn Bahnbenutzerinnen und
 Ob sich diese Forderung aufrechterhalten            Die gleiche Frage stellt sich auch beim alpen-     -benutzer bewegen sich umweltfreundlich
 lässt, muss hinterfragt werden. Tatsächlich ist     querenden Transitverkehr. Wohl würde eine          und nehmen erst noch mehr Zeit für den
 es einfacher, einen Regionaltriebzug mit etwa       – auch von Pro Bahn Schweiz – befürwortete         Reiseweg in Kauf.

                                                                                                        Schwerpunkt Güterverkehr 1/2012 InfoForum 9
OForum - Pro Bahn Schweiz
Güter und Personen im Einklang durchs Gebirge
     Die „Bündner Güterbahn“ – im Einsatz für die Wirtschaft, für die Bevölkerung im Land der 1000 Gipfel und
     150 Täler, für die Feriengäste und für unsere Umwelt.

     Edwin Dutler Die Bündner Güterbahn mit ihren       den recht unterschiedlich, in Landquart kommt                     Im Laufe des Vormittags erhalte ich mei-
     auf dem ganzen Kantonsgebiet verteilten Gü-        das Heizöl aus den Nordseehäfen mit normal-                    ne Post. Meine Zeitungen und Briefe wurden
     terumschlagszentren erspart dem Kanton Grau-       spurigen Kesselwagen, in Campogologno aus                      während der Nacht mit der Bahn in Wech-
     bünden jährlich fast 100 000 Lastwagenfahrten.     den italienischen Raffinerien, in der Regel per                selbehältern vom Postverteilzentrum Zürich-
     Dieser Erfolg wird durch ein durchdachtes Kon-     Tanklastwagen bis zur Grenze nach Campoco-                     Mülligen nach Landquart geliefert, wo sie um
     zept mit Güterzügen sowie Regionalzügen mit        logno. „Mein Heizöl“ hat vor dem Verbrauch                     vier Uhr angekommen sind. Sie wurden dann
     Güterwagenbeförderung erbracht und ist in          also bereits die Kehren der Albulabahn oder die                zusammen mit den Wechselbehältern der Post,
     dieser Form einzigartig. So ist der Güterverkehr   Wasserscheide auf dem Berninapass gesehen.                     welche mit Paketen beladen von Frauenfeld
     RhB Teil einer Logistikkette im Kombinierten                                                                      her ebenfalls um kurz vor vier Uhr morgens in
     Verkehr, welcher jährliche Zuwachsraten von        Zeitungen aus Zürich                                           Landquart angekommen sind, mit dem RhB-
     2-3 Prozent aufweist. Diese Leistung wird Som-     Am Frühstückstisch ist die Bündner Güterbahn                   Kran von den Normalspurwagen der SBB auf
     mer und Winter tagtäglich mit einer Präzision      wieder präsent. Praktisch jeder Lebensmittel-                  die Container-Tragwagen der RhB umgeladen.
     auf einem Streckennetz von rund 400 Kilome-        Grossverteiler im Unterengadin bezieht sein                    Um 04.50 Uhr startet dann der erste Regio-
     tern erbracht, die unerreichbar ist. Gerade der    gesamtes Sortiment inkl. Tiefkühlprodukte von                  nalzug mit Post- und Güterwagen in Richtung
     abgelaufene schneereiche Winter hat mehrmals       den RhB-Umschlagsplätzen Zernez oder Scuol-                    Davos. Kurz darauf verlässt dann der Postzug
     gezeigt, dass allein die Bündner Güterbahn in      Tarasp. Und dank den zahlreichen Güterzügen                    mit einem Allegra-Triebwagen und mehreren
     der Lage ist, alle Gebiete des grössten Kantons    und Regionalzügen mit Güterwagenbeförde-                       Post- und Güterwagen Landquart in Richtung
     der Schweiz zeitgerecht mit dem Lebensnot-         rung ist der Nachschub mit der notwendigen                     Klosters und weiter durch den Vereinatunnel
     wendigen zu versorgen. Als Beispiel nehme ich      Kühlkette jederzeit gewährleistet.                             nach Zernez und Samedan.
     das schöne Dorf Scuol im Unterengadin.
        Wenn ich dort am Morgen aufstehe und zu-
     erst eine warme Dusche geniesse, so weiss ich,
     dass das Heizöl unserer Siedlung aus dem Kes-
     selwagen der Rhätischen Bahn kommt, welcher
     auf den Abstellgleisen im Bahnhof Scuol-Tarasp
     steht. Der Heizöllieferant, Arnica Scuol AG von
     Hanspeter Zogg, ein überzeugter Benützer der
     Bündner Güterbahn, ordert seine Kesselwagen
     entweder in Landquart oder Campocologno. Je
     nach Wasserstand des Rheins sind die Einkaufs-
     kosten für das Heizöl an den beiden Kantonsen-

      Rhätische Bahn:
      Kennzahlen Güterverkehr

      Ob Rundholz, Lebensmittel oder Zei-
      tungen: Die Bündner Güterbahn ist ein
      wichtiges Verbindungsglied in der Trans-
      portkette zwischen Schiene und Strasse.
      Der Anteil des Betriebsertrags aus dem
      Güterverkehr bei der Rhätischen Bahn
      beträgt 8,9 Prozent (2010) und liegt bei
      rund 19 Millionen Franken. Im Profil 2011
      werden 16 Mitarbeiter für die Güterver-
      kehrssparte aufgeführt. Die Entwicklung
      in Bezug auf die transportierte Menge ist
      leicht rückläufig und hat 680 Tausend Ton-
      nen pro Jahr erreicht (2010). 1995 waren
      es 875 Tausend Tonnen.
      Weitere Infos: www.rhb.ch                         Gleichzeitiger Transport von Gütern und Personen: Die Rhätische Bahn macht‘s vor.                    Bild: RhB

10 InfoForum 1/2012 Schwerpunkt Güterverkehr
Zur gleichen Zeit startet in Chur der Coop-
Zug, der ebenfalls über Landquart und die Ve-
reinalinie nach Samedan unterwegs ist. In Zer-
nez wird dann um sechs Uhr eifrig rangiert. Die
Güterwagen und die Wagen mit den Postsen-
dungen für das Münstertal und das Unteren-
gadin werden abgehängt. Das gleiche wird mit
dem Coop-Zug gemacht. Post- und Güterwa-
gen werden dann dem nächsten Regionalzug
in Richtung Unterengadin mitgegeben. So sind
meine Postsendungen und die Frischprodukte
für die Lebensmittelgeschäfte bereits kurz nach
7 Uhr am Bahnhof in Scuol-Tarasp. Ein sehr ef-
fizientes und durchdachtes Konzept, welches
dank dem Bau der Vereinalinie so realisiert wer-
den konnte.
    Damit auch im Unterengadin alle Produkte
des täglichen Lebens erhältlich sind, verkehren
auf dem Netz der Rhätischen Bahn zahlreiche
Güterzüge, davon drei nach Scuol-Tarasp. Die
Wagenflotte der Bündner Güterbahn umfasst
12 verschiedene Güterwagentypen, es gibt
nichts, was nicht transportierbar ist. Bemer-      Praktisches Umsteigen im umgebauten Bahnhof Zernez		                                     Bild: Edith Dutler
kenswert ist auch, dass der Kehricht aus dem
Unterengadin mit speziellen Containern nach
Nordbünden zur Kehrichtverbrennung in Unter-
vaz-Trimmis transportiert wird.
                                                   Bahnhof Zernez in neuem Glanz
                                                   Wichtige Drehscheibe des öffentlichen Verkehrs im Engadin erneuert – auch für den
Qualität und Zuverlässigkeit
Aber nicht nur das Unterengadin profitiert von
                                                   Umschlag des Güterverkehrs.
der Bündner Güterbahn. Die bekannten gros-
sen Getränkeproduzenten aus Vals und auch          Edith DutlerAm 1. Juli 1913, also vor genau 99       anlagen behindertengerecht ausgestattet und
die Heineken Switzerland AG transportieren         Jahren, wurde der Bahnhof Zernez – ein schmu-        – was besonders ins Auge sticht – an einem
ihre Tranksame sowohl mit konventionellen          cker Bahnhof im Engadiner Stil – als wichtiger       gemeinsamen überdachten Perron steigen die
Bahnwagen, aber auch im kombinierten Ver-          Knotenpunkt der Bahnlinie von Bever nach             Fahrgäste bequem, also ohne Treppensteigen
kehr auf dem Netz der Rhätischen Bahn. Und         Scuol-Tarasp eröffnet. In der Transportkette des     über lange Rampen von der RhB ins Postauto
die NEAT-Baustelle bei Sedrun ist ein wichtiger    öffentlichen Verkehrs spielt dieser Bahnhof eine     über den Ofenpass oder über den Flüela-Pass
Kunde, täglich wird Zement von Untervaz-Trim-      zentrale Rolle. Die Eröffnung der Vereinalinie       nach Davos, in den Engadin Bus nach Zuoz so-
mis nach Sedrun transportiert.                     mit der Einführung von teilweise umsteigefrei-       wie mit Autoservizi Silvestri nach Livigno um.
    Zu den wichtigen Transportgütern der Bünd-     en Verbindungen ab Landquart nach Zernez,            Bequemer geht es nicht mehr! Ein grosses Lob
ner Güterbahn zählen Rundholz, Rohbau- und         die Wiederaufname des Betriebs der Vinschger-        an alle Beteiligten für dieses gute Projekt.
Baustoffe, Lebensmittel- und Getränketrans-        bahn und Neuausrichtung des Schweizerischen
porte, Mineralöltransporte sowie die ganze         Nationalparks mit dem Bau des attraktiven Be-        Güter- und Personenverkehr getrennt
Palette an Kehricht- und Recyclingprodukten.       sucherzentrums bescheren der ganzen Region           Der Güterverkehr findet vollumfänglich und ge-
Zu gewissen Jahreszeiten werden in praktisch       einen touristischen Aufschwung. Zernez ent-          trennt vom Personenverkehr auf der Inn-Seite
allen Bernina-Zügen mehrere Holzwagen nach         wickelte sich somit zu einem wichtigen Glied         des Bahnhofs statt. Mit effizienter Infrastruktur
Campocologno mitgeführt. In der Hochsaison         in der Transportkette der Rhätischen Bahn im         werden hier Lebensmittel, Post, Baumaterialien,
im Sommer sind Gütertransporte mit Regio-          touristischen Reiseverkehr, aber auch im Lokal-      Rohbaustoffe, Rundholz und weitere Güter zwi-
nalzügen aus Kapazitätsgründen nur in Rand-        verkehr sowie im Güterverkehr.                       schen Schiene und Strasse umgeschlagen. Die
stunden möglich, dann fahren zusätzlich noch                                                            RhB setzt auf den kombinierten Güterverkehr
Güterzüge.                                         Zweijähriger Umbau                                   und hat in den letzten Jahren laufend in die
    Die Bündner Güterbahn zeigt täglich auf,       Ende November 2011 wurde das Bahnhofsge-             notwendige Infrastruktur und neues Rollmate-
wie mit Qualität und Zuverlässigkeit der ganzen    lände von Zernez nach zweijährigem Umbau             rial investiert. Zernez bildet nun auch im Un-
Bevölkerung des Kantons Graubünden und den         eingeweiht. Über 21 Millionen Franken hat            terengadin ein modernes und effizientes Zen-
unzähligen Gästen in der grössten touristischen    die Rhätische Bahn in neue bahntechnische            trum für den Güterumschlag Schiene/Strasse.
Region der Schweiz eine optimale Lebens-           Anlagen und in den Umbau des historischen            Damit können die Zufahrtsstrassen ins Engadin
grundlage ermöglicht wird.                         Bahnhofgebäudes von Zernez investiert. Beim          wesentlich von zusätzlichen Lastwagenfahrten
    Dies verdient Anerkennung.                     Umbau des Bahnhofs wurden die Publikums-             entlastet werden.

                                                                                                      Schwerpunkt Güterverkehr 1/2012 InfoForum 11
„Nicht Personen- gegen Güterverkehr ausspielen“
     VöV-Direktor Ueli Stückelberger zur Verlagerungspolitik und den Auswirkungen auf den Personenverkehr.

     Interview: Gerhard Lob
                                                                                                                          VöV-Forderungskatalog zum
     InfoForum: Herr Stückelberger, der VöV ist                                                                           Güterverkehr
     vor allem für die Tarifpolitik im Personen-
     verkehr bekannt. Warum hat er sich dieses                                                                            Der Schienengüterverkehr in der und
     Jahr zum Güterverkehr engagiert?                                                                                     durch die Schweiz weist im europäischen
         Ueli Stückelberger: Der Güterverkehr ist für                                                                     Vergleich noch immer sehr hohe An-
     mich ein Teil des öffentlichen Verkehrs. Natür-                                                                      teile aus, doch der Strassengüterverkehr
     lich steht der Personenverkehr im Vordergrund.                                                                       erweist sich als hartnäckigerer Konkurrent
     Aber der Güterverkehr ist auch von grosser                                                                           als erwartet. Angesichts dieses Befunds
     Wichtigkeit. Man denke an die Versorgung der                                                                         hat der Verband öffentlicher Verkehr
     Bevölkerung. Da erfüllt der Güterverkehr eine                                                                        (VöV) ein mit der Schienengüterverkehrs-
     Service-Public-Funktion.                                                                                             Branche (SBB Cargo, BLS Cargo, Rhätische
                                                                                                                          Bahn) abgestimmtes Positionspapier
     Es gibt eine Konkurrenz zwischen Gü-                                                                                 erarbeitet, in dem die Probleme der
     ter- und Personenverkehr, da diese auf                                                                               beiden Güterverkehrs-Sparten „Fläche“
     demselben Netz verkehren. So wird von                                                                                (Inland) und „Alpentransit“ analysiert und
     beiden Seiten eine prioritäre Behandlung                                                                             entsprechende Forderungen aufgestellt
     verlangt. Das geht aber nicht.                                                                                       werden. Das Papier wurde im Januar in
        Es gibt diese Konkurrenz zwischen Personen-                                                                       Bern vorgestellt.
     und Güterverkehr. Deshalb ist es Aufgabe un-
     seres Verbandes, die unterschiedlichsten Inte-                                                                       „Die Verlagerung ist nicht gescheitert“,
     ressen zwischen den Unternehmen, teilweise                                                                           gab man als Losung aus, und versuchte,
     sogar unternehmensintern, gegeneinander ab-        VöV-Direktor Ueli Stückelberger: „Verlagerung ist nicht           Optimismus zu verströmen. Doch ohne
     zuwägen, um zu einer Position zu kommen, die       gescheitert.“	                                      Bild: zVg
                                                                                                                          die Umsetzung neuer Infrastrukturen
     von der ganzen Branche getragen wird.                                                                                beziehungsweise Weiterführung von
                                                                                                                          staatlichen Stützungsmassnahmen geht es
     Das heisst?                                                                                                          nicht. Gefordert wurde die rasche Realisie-
        Im Güterverkehr sind wir klar der Meinung,      Die Eröffnung steht in wenigen Jahren                             rung eines Vier-Meter-Korridors durch die
     dass pünktliche Güterzüge Priorität gegenüber      bevor.                                                            Schweiz, der Ausbau der Anschlüsse im
     verspäteten, teils schlecht genutzten Personen-       Dort besteht das eigentliche Risiko. Und                       Norden und im Süden sowie die Förde-
     verkehrszügen haben müssen. Vor allem müs-         man muss effektiv rechtzeitig nach Lösungen                       rung des Einzelwagenladungsverkehrs
     sen die Trassen, die man langfristig für den Gü-   suchen. Eine Lösung kann sein, dass man die                       (EWLV) mit neuen Geschäftsmodellen und
     terverkehr einplant, tatsächlich zur Verfügung     Personenfernverkehrszüge etwas langsamer                          Innovationen auf verschiedenen Ebenen
     gestellt werden.                                   durch den Tunnel fahren lässt, um die Kapazität                   durch den Bund. Die bewährten Len-
                                                        zugunsten des Güterverkehrs zu erhöhen.                           kungsinstrumente – Nacht- und Sonntags-
     Der Lötschberg-Basistunnel wurde ei-                                                                                 fahrverbot, LSVA und Längenbegrenzung
     gentlich für den Güterverkehr – Stichwort          Der VöV hat im Januar eine Medienkonfe-                           der LKW – dürfen laut VöV nicht aufge-
     Verlagerung – gebaut. Doch in der Realität         renz abgehalten, in der diverse Schienen-                         weicht werden, damit der Schienenanteil
     der Nutzung steht nun der Personen-                güter-Verkehrsunternehmen die Botschaft                           des Transitverkehrs hoch bleibt.
     verkehr im Vordergrund. Was halten Sie             ausgaben: Die Verlagerung ist nicht
     davon?                                             gescheitert. Ist das angesichts der realen                        Mehr Infos unter: www.voev.ch
        Ich möchte nicht Personen- gegen Güterver-      Zahlen nicht ein wenig Zweckoptimismus?
     kehr ausspielen. Der neue Lötschberg-Basistun-         Nein, überhaupt nicht. Allein die Tatsache,
     nel wurde und wird auch vom Güterverkehr           dass 64 Prozent des Transitgüterverkehrs auf
     stark benutzt. Es stimmt, dass teilweise Trassen   der Schiene erfolgt, ist ein Erfolg für die Verla-
     für den Güterverkehr gestrichen wurden. Aber       gerungspolitik. Nur die Ziele waren zu ehrgei-                   der Schiene zu befördern, denn realisti-
     jetzt hat man eine gute Lösung zwischen SBB        zig. Man wird sie in der vorgegebenen gesetz-                    scherweise erreicht werden?
     Personenverkehr und den dort verkehrenden          lichen Frist nicht erreichen.                                       Da will ich keine Prognose abgaben. Aber
     Cargo-Unternehmungen gefunden.                                                                                      man muss sich nach diesem Ziel strecken. Das
                                                        Wann kann das Ziel, die alpenquerenden                           kann auch die Schweiz nicht alleine; man muss
     Wie steht es um diese beiden Nutzungs-             Durchfahrten von Camions auf 650 000 zu                          mit den anderen europäischen Staaten an Lö-
     arten beim neuen Gotthard-Basistunnel.             beschränken und den Rest der Güter auf                           sungen arbeiten.

12 InfoForum 1/2012 Schwerpunkt Güterverkehr
Aktuell

Billette und Abonnemente                                                                                              Finanzielle Beule
schlagen auf                                                                                                                       Mit dem Kopf durch die
                                                                                                                      Kurt Schreiber
                                                                                                                      Wand wollte der Bundesrat, als er
Bahnfahren wird Ende Jahr schon wieder teurer. Nach der Erhöhung vom
                                                                                                                      ankündigte, dass die Trassenpreiserhö-
Dezember 2011 steht bereits die nächste Preisrunde an.                                                                hungen – eigentlich eine Bundesaufga-
                                                                                                                      be - ab Dezember 2012 durch die Trans-
Gerhard Lob Wer Bahn, Tram oder Bus fährt, muss                                                                       portunternehmungen zu tragen seien.
ab Dezember 2012 tiefer in die Tasche greifen.                                                                        Die Folgen sind eine finanzielle Beule,
Das Halbtax-Abo für ein Jahr wird beispielswei-                                                                       die weh tut: Kaum ist die letzte öV-
se 10 Franken teurer, das 3-Jahres-Halbtax gar                                                                        Tariferhöhung angekündigt, kommt die
60 Franken. Happig sind die Aufschläge bei den                                                                        nächste mit rund 6 Prozent Preiserhö-
Generalabonnements (GA): Ein GA Erwachse-                                                                             hung. Damit ist Pro Bahn Schweiz nicht
ne für die 2. Klasse kostet ab Dezember 2012                                                                          einverstanden, denn es trifft diejenigen,
3560 Franken, 210 Franken mehr als bisher. Das                                                                        welche die Umwelt schonen und dafür
Junior-GA schlägt 150 Franken auf. Wer 1. Klas-                                                                       länger unterwegs sind.
se fahren will, bezahlt für ein GA künftig 5800
Franken, 450 Franken mehr als heute.                                                                                  Eigentlich würde sich die angekün-
Praktisch alle Abonnemente schlagen mehr                                                                              digte Massnahme mit 10 Prozent auf
als 6 Prozent auf. Auch Einzelbillette werden                                                                         die Fahrpreise auswirken. Dank den
teurer, die Preissteigerung fällt mit 4 Prozent in                                                                    von den Transportunternehmungen
der 2. Klasse aber moderater aus. Der Preis für                                                                       getroffenen Rationalisierungsmassnah-
diese Kategorie war bei der letzten Tarifrunde                                                                        men sind es 5,7 Prozent. Dieses Element
unverändert geblieben. Anders die 1.-Klasse-                                                                          ist durchaus positiv zu gewichten. Die
Tickets, die auch dieses Jahr noch einmal 7,3          Teurere Tickets, reduzierte Öffnungszeiten.	   Bild: SEV      bittere Pille aber bleibt, zumal mit dem
Prozent aufschlagen. Unverändert bleiben die                                                                          Anstieg der GA-Preise vor allem treue
Preise für Gleis-7-Abonnemente sowie für Ju-                                                                          Kunden zur Kasse gebeten werden.
nior- und Enkelkarten. Im Durchschnitt steigen            Laut VöV werden sich bis 2018 die Tarife um
die Preise gemäss Verband öffentlicher Verkehr         insgesamt 20 Prozent verteuern. Ein GA würde                   Der Bundesrat will die Trassenpreiserhö-
(VöV) per 9. Dezember 2012 um 5,6 Prozent.             dann über 4000 Franken kosten. Dessen Preis                    hung nicht übernehmen – dafür wird
Als Grund werden die um 200 Millionen Fran-            dürfte nämlich auch in Zukunft überdurch-                      beim Bund sehr wohl mit der grossen
ken erhöhten Trassenpreise genannt. Es handelt         schnittlich stark steigen. Grund ist, dass die GA-             Kelle angerichtet. Als Beispiel sei die
sich dabei um das Entgelt, welches die Bahn-           Kunden aus Sicht des VöV in den meisten Fällen                 Unternehmenssteuerreform mit Einnah-
unternehmen für die Benutzung der Bahninfra-           nicht kostendeckend sind. Man will die Lücke                   menverlusten in Milliardenhöhe erwähnt.
struktur bezahlen müssen. Beschlossen hat die          zwischen Kosten und Ertrag verkleinern.                        Korrekturen sind keine vorgehen. Aus
Erhöhung der Trassenpreise der Bundesrat, und          Es ist zu erwarten, dass sich der Preisüberwa-                 diesen Überlegungen heraus ist eigent-
zwar gerade mit dem Ziel, die Kundinnen und            cher noch zu den Tariferhöhungen äussern                       lich zu fordern, dass das Volk – ähnlich
Kunden des öffentlichen Verkehrs stärker an            wird. Es könnte das letzte Mal sein, denn das                  wie bei gewissen Autosteuervorlagen –
den steigenden Kosten für das immer grössere           Parlament will die Rolle des Preisüberwachers                  über öV-Tariferhöhungen befinden soll.
Angebot zu beteiligen.                                 bei der Festlegung der öV-Tarife einschränken.                 Das Resultat käme wohl anders heraus.

Sonntags geschlossen
Die SBB schränken die Schalterzeiten an Tessiner Bahnhöfen weiter ein. Selbst die SBB-Angestellten haben
mit dem Service-Abbau Mühe.

Gerhard Lob  Locarno ist die Tessiner Feriendestina-   zona zu wenden. Aber auch in Bellinzona haben               cierte im Januar eine Petition gegen die neuen
tion mit den meisten Logiernächten. Gäste, die         die SBB die Schalterzeiten eingeschränkt. Mor-              Schalterzeiten, weil diese kundenunfreundlich
sonntags ein Billett am Bahnhof erwerben wol-          gens wird erst um 7 Uhr geöffnet (statt 6.20 Uhr)           seien und die touristische Seite des Tessins nicht
len, stehen allerdings vor verschlossenen Türen        und am Wochenende bereits um 18 Uhr dicht                   berücksichtigten. SBB-Sprecher Alessandro Mal-
– zumindest in der Wintersaison. Bis 31. März          gemacht (statt 19 Uhr). Gegen den Abbau der                 fanti hingegen verteidigte die neuen Zeiten von
sind die Billettschalter sonn- und feiertags nicht     Schalterzeiten haben nicht nur Konsumenten-                 Bellinzona gegenüber den lokalen Medien. Sie
bedient. Ein Schild an der Glastür (nur auf Itali-     und Tourismusverbände protestiert, sondern neu              erlaubten es, in den Stosszeiten die Kunden bes-
enisch!) fordert die Kunden auf, die Automaten         auch die SBB-Angestellten selbst. Der Schweize-             ser und schneller zu bedienen, weil dann mehr
zu benützen oder sich an die Schalter in Bellin-       rische Eisenbahner Verband im Tessin (SEV) lan-             Personal eingesetzt werden könnte.

                                                                                                                                       Aktuell 1/2012 InfoForum 13
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