OForum - Pro Bahn Schweiz
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Fo rum I n fo www.pro-bahn.ch Pro Bahn Schweiz • Pro Rail Suisse • Pro Rail Svizzera Interessenvertretung der Kundinnen und Kunden des öffentlichen Verkehrs 1/12 Bild: SBB Ein Netz für Güter und Personen Wie sich das Bahnland Schweiz mit FABI fit für die Zukunft macht Der lange und mühsame Weg der Verlagerung SchwerpunktSchwerpunkt „Güterverkehr“ ab Seite 2/2011 3 InfoForum 1
Editorial Inhalt Schwerpunkt Güterverkehr FABI weist in die Zukunft..................................3 Interview mit BAV-Direktor Peter Füglistaler........................................... 4-5 Die Krux mit der Verlagerung....................... 6-7 Bessere Rahmenbedingungen für Verlad...... 8-9 Hupac braucht die Luino-Linie..........................9 Die Bündner Güterbahn: Ein Porträt......... 10-11 Kurt Schreiber Bahnhof Zernez in neuem Glanz....................11 VöV-Chef Ueli Stückelberger zum Präsident Güterverkehr.................................................12 Pro Bahn Schweiz Aktuell Neue Preisrunde im öV...................................13 Rückbau und Folgekosten..............................14 Überholt werden … Weiterbildung für öV-Spezialisten..................15 D Als Automobilistin oder Automobilist schätzt man die Lastwagen nicht. Sie versperren die Sicht, sind zu langsam und zwingen zum Überholen oder Geduld-Haben – also kein Westschweiz Startschuss für CEVA in Genf.........................16 gutes Gefühl. Bei Eisenbahnfahrten tritt dieses Gefühl weniger auf, denn in der Regel Raum Genf als hartes öV-Pflaster...................17 gewährt der Güterzug dem Personenzug Vorfahrt – mit dem Resultat, dass er deshalb möglicherweise zu spät eintrifft und somit nicht konkurrenzfähig ist. Verschiedene Artikel Reisesplitter in dieser Ausgabe gehen dieser Frage nach, zeigen auf, dass ein vernünftiges Nebenei- Freud und Leid auf Reisen........................ 18-19 nander zwischen Schiene und Strasse möglich und erfolgversprechend ist. Dafür braucht der Eisenbahn- Güterverkehr die dafür notwendigen Prioritäten, was dazu führen kann, Pro Bahn intern dass in einzelnen Fällen ein Güterzug einen Regional- oder gar S- Bahn- Zug überholt. Luzerns Ärger mit den Billettautomaten.........22 Wenn sich damit der Anteil der Güter auf der Schiene steigern und die Umwelt- und News von der Präsidentenkonferenz..............23 Verkehrsbelastung auf den Strassen senken lässt, sollten solche Kompromisse nicht zum Anmeldung zur DV in Bellinzona....................24 Vorneherein ausgeschlossen werden. Impressum Etre dépassé … F InfoForum 1/2012, Versand: 15. März 2012 D’un point de vue d’automobiliste, la présence des camions sur la chaussée est Herausgeber Pro Bahn Schweiz (pbs) généralement plutôt gênante. Ils bouchent la vue, roulent lentement et ne vous laissent Interessenvertretung der Bahn-, Tram- und Busbenützer d’autre choix que celui de les dépasser, ou de faire preuve d’une infinie patience. Pas Postfach 2224, 8021 Zürich très réjouissant. Il en va différemment avec le rail, car les trains de marchandises cèdent T 044 741 49 90, M 079 401 05 40 www.pro-bahn.ch, info@pro-bahn.ch généralement la priorité aux convois de passagers, ce qui peut parfois entrainer des Postkonto: 82-4920-4 retards pour le ferroutage et le rendre moins compétitif. Dans cette édition, plusieurs Redaktion Gerhard Lob (gl) articles démontrent qu’un aménagement raisonnable, entre le rail et la route peut être la cp 361, 6604 Locarno T 091 752 38 29 clé du succès. A condition, d’accorder au train et au ferroutage les priorités nécessaires, cescato.lob@ticino.com quitte à ce que, dans certains cas, un train de marchandises doive dépasser une rame Mitarbeit Pro Bahn régionale, voire même une liaison pendulaire (S-Bahn). Si une telle solution peut Karin Blättler, Romeo Degiacomi, Edith Dutler, Edwin Dutler, Johann Holenweg, Federico Rossi, Hans Schärer, permettre de favoriser le passage de la route au rail, et partant, de diminuer la pollution Kurt Schreiber et la surcharge de trafic routier, il serait bon de ne pas écarter totalement ce type de Bilder Pressedienste, Redaktion, soweit nicht anders erwähnt solution. Korrektorat Stefan Schweizer Inserate und Druck Venir superati … I Rub Graf-Lehmann AG Murtenstrasse 40, 3001 Bern Come automobilisti si tende a non gradire la presenza dei camion sulla carreggiata. T 031 380 14 95, F 031 380 14 91 Ostruiscono la visuale, sono troppo lenti e obbligano quasi a superarli oppure bisogna ar- presseverlag@rubmedia.ch marsi di molta pazienza: una sensazione non molto gradevole. A differenza se si viaggia Grafisches Konzept und Layout mbDesign Marco Bernet, Konzept und Gestaltung con il treno questa sensazione sgradevole è quasi inesistente, siccome i treni passeggeri Holderbachweg 24, 8046 Zürich T 044 362 76 77, M 079 472 35 62 godono della precedenza rispetto ai treni merci. Conseguenza di questa regola è che marco.bernet@bluewin.ch spesso i treni merci arrivano in ritardo alla destinazione prefissata , diventando così meno Auflage concorrenziali rispetto alla strada. Svariati articoli in quest’edizione approfondiscono que- 2000 Exemplare, 4 x jährlich sti aspetti, dimostrando che la coesistenza tra strada e ferrovia non solo è possibile, ma Mitgliedschaften addirittura molto promettente. Diventa però necessario modificare le priorità in modo Europäischer Fahrgastverband, Europäischer Verband für die Entwicklung des Schienenverkehrs che il traffico merci divenga in alcuni casi prioritario rispetto ai treni regionali o suburbani. Nächste Ausgaben Non bisogna quindi escludere di principio questi compromessi, se grazie ad essi è possibi- InfoForum 2/2012 14. Juni 2012 Inserate- und Redaktionsschluss 22. Mai 2012 le aumentare la quota di merci trasportata sulle rotaie e al contempo diminuire l’impatto InfoForum 3/2012 13. September 2012 ambientale e il traffico stradale. Inserate- und Redaktionsschluss 22. August 2012 2 InfoForum 1/2012 Editorial
Schwerpunkt Güterverkehr Die Weichen für die Zukunft stellen Der Bundesrat hat Anfang Jahr die Vorlage zu Finanzierung und Ausbau der Bahninfrastruktur (FABI) ans Parlament überwiesen. Sie dient dazu, die Finanzierung und den Ausbau der Bahninfrastruktur langfristig zu sichern. Gerhard Lob Die Finanzierung der Bahninfra- struktur soll einfacher und übersichtlicher wer- den: die Kosten für Substanzerhalt, Betrieb und Ausbau werden aus einem einzigen Fonds gedeckt, dem Bahninfrastruktur-Fonds BIF. Die heute bestehende finanzielle Lücke, namentlich beim Substanzerhalt, wird mit zusätzlichen Bei- trägen von allen Beteiligten – Bund, Kantonen, Passagieren sowie Pendlerinnen und Pendlern – gedeckt. Der Ausbau der Bahninfrastruktur ist laut Bundesrat nötig; denn bis 2030 wird eine Zunahme des Personen- und des Güterverkehrs von rund 60 respektive 70 Prozent erwartet. Entschieden hat der Bundesrat über die Form des Kantonsbeitrags von 200 Millionen Franken. Er schlägt eine Neuregelung der Aufgabentei- lung zwischen Bund und Kantonen vor, welche den Mittelbedarf für den Bund beziehungsweise den BIF um 200 Mio reduziert und die Ausga- ben der Kantone zugunsten der Bahn entspre- chend erhöht. Die vorgeschlagene Lösung sieht vor, dass die Kantone neu die sogenannten Pu- blikumsanlagen in den Bahnhöfen finanzieren (etwa Perrons, Treppen, Rampen, Über- oder Unterführungen). „Die Bundesfinanzierung hört an der Bahnsteigkante auf“, sagt BAV-Direktor Beanspruchtes Netz: Bis 2030 wird eine Zunahme des Personen- und des Güterverkehrs von rund 60 respektive 70 Prozent erwartet. Bild: SBB Peter Füglistaler. Im Gegenzug übernimmt der Bund die Finanzierung der Privatbahn-Infra- struktur mit Ausnahme der Publikumsanlagen. Öffentlicher Verkehr hält diesen Finanzrahmen zugunsten des öffentlichen Verkehrs und der für zu niedrig und forderte bereits 6 Milliarden Verlagerung einzusetzen. Damit würde die zu- Kapazitäten für Schienengüterverkehr im ersten Ausbauschritt. künftige Finanzierung der Strasseninfrastruktur Auf der Basis eines künftigen Bahn-Angebots Mit FABI stellt der Bundesrat der Volksiniti- laut Landesregierung in Frage gestellt. Der Bun- legt der Bundesrat im Rahmen des Strate- ative „Für den öffentlichen Verkehr“ einen di- desrat lehnt deshalb die Initiative ab und regelt gischen Entwicklungsprogramms (STEP) die rekten Gegenentwurf gegenüber. Die Initiative mit FABI die künftige Finanzierung der Bahn- Bahninfrastruktur fest. Dieses Programm um- sieht vor, Gelder aus der Mineralölsteuer, die infrastruktur so, dass der Strasse keine zusätz- fasst Massnahmen und Bauprojekte unter- heute dem Strassenverkehr zu Gute kommen, lichen Mittel entzogen werden. schiedlicher Dringlichkeit. Künftig sollen dem Parlament in der Regel alle vier oder acht Jahre die weiteren Ausbauschritte vorgelegt werden. Der Beitrag der Pendlerinnen und Pendler Der erste Ausbauschritt 2025 umfasst Projekte im Umfang von 3,5 Milliarden Franken. Diese Um die Bahninfrastrukturen erhalten und ausbauen zu können, sollen auch Arbeitspendler ei- sollen parallel zu den Massnahmen im bereits nen höheren Beitrag leisten. Sie sollen künftig bei der Berechnung der direkten Bundessteuer früher beschlossenen 5,4-Milliarden-Programm für nachweisbare Fahrkosten höchstens noch 3000 Franken als Abzug geltend machen kön- ZEB (Zukünftige Entwicklung der Bahninfra- nen. Dadurch lassen sich zirka 200 Millionen Franken in die Bundeskasse spülen. Ursprünglich struktur) realisiert werden. Die Bahnreisenden hatte Verkehrsministerin Doris Leuthard vorgeschlagen, den maximalen Fahrkostenabzug auf in der Schweiz erhalten dadurch ein besse- eine Pauschale von 800 Franken zu senken. Dieser Vorschlag stiess auf breite Kritik, insbe- res Angebot mit mehr Sitzplätzen, dichteren sondere auch der Autoverbände, da Autopendler von der Massnahme überdurchschnittlich Fahrplänen und teilweise kürzeren Fahrzeiten, stark betroffen gewesen wären. Der Vorschlag von 3000 Franken erscheint in der Tat recht während für den Schienengüterverkehr die nö- vernünftig, denn er liegt in der Grössenordnung des Preises eines GA 2. Klasse. Somit werden tige Beförderungskapazität gesichert und die Zugfahrer bei den Abzügen nicht gegenüber Autofahrern benachteiligt. Transportqualität erhöht werden. Der Verband Schwerpunkt Güterverkehr 1/2012 InfoForum 3
„Wir relativieren die absolute Priorität für den Personenverkehr“ Der Direktor des Bundesamtes für Verkehr (BAV), Peter Füglistaler, zu den wichtigsten Auswirkungen der FABI-Vorlage auf den Schienengüterverkehr. Interview: Gerhard Lob mit die Trassen insbesondere für den Güterver- Luino-Linie sind die Ausbauten zur Zugslänge kehr langfristig gesichert werden können. Inso- beschlossen und von Italien nicht umstritten. InfoForum: Welche sind die wichtigsten fern relativieren wir in einem gewissen Sinne die Aber Italien lehnt die Erhöhung des Profils auf Auswirkungen der FABI-Vorlage auf den absolute Priorität für den Personenverkehr. 4 Meter auf der Luino-Linie ab, während diesem Güterverkehr? Ausbau im Prinzip auf der Strecke nach Chiasso Peter Füglistaler: Bei der FABI-Vorlage wur- Offenbar ist die Einsicht gewachsen, dass zugestimmt wird. Da werden wir weitere Dis- den insbesondere die Bedürfnisse des Binnen- es auch im Güterverkehr Pünktlichkeit kussionen führen müssen. Für uns ist klar, dass güterverkehrs berücksichtigt. Der Ausbau am braucht, um erfolgreich sein zu können. es im Süden alle drei Übergänge braucht – Do- Jurasüdfuss inklusive Ligerzer Tunnel ist mit be- Das sagt sogar der Verband Öffentlicher modossola, Luino und Chiasso, damit wir den sonderer Berücksichtigung dieses Verkehrs ge- Verkehr. Verlagerungsauftrag umsetzen können. plant. Für den Transitverkehr gibt es bereits die Diese Botschaft ist auch bei uns angekom- ZEB-Vorlage (Zukünftige Entwicklung der Bah- men. Wir müssen den Trassenprioritäten mehr Sie haben signalisiert, dass Sie die Italie- ninfrastruktur). Daher wird dieser in einem er- Gewicht einräumen. Die Infrastrukturbetreiber ner ein Stück weit verstehen, wenn diese sten Schritt nicht berücksichtigt. Die Güterver- brauchen für den Güterverkehr, vor allem auf die Luino-Linie nicht ausbauen und bei kehrstransitkapazität wird erst in einem zweiten der Nord-Süd-Route, aber auch Ost-West, quali- 90 Güterzügen stabil halten wollen, auch Ausbauschritt erhöht. tativ hoch stehende Trassen, durchgehend ohne weil es zu viel Lärm gibt. In der Schweiz Halt, um von A nach B durchfahren zu können. hätten sie Klagen von Anwohnern, die Sie sprachen von der Qualität im Güterver- an Strecken mit wesentlich geringerem kehr. Was ist darunter zu verstehen? Damit kommen wir zum Transitverkehr. Zugsaufkommen wohnen. Betreiben die Qualität heisst infrastrukturseitig vor allem In Italien stossen die Schweizer Wünsche Schweizer zu viel Nabelschau? längere und einheitliche europäische Zugs- für einen Ausbau der Luino-Linie nicht auf Wir haben viel gemacht und erreicht; und längen, auch einheitliche europäische Pro- grosse Gegenliebe. Ist damit die Verlage- wird sind sicherlich die Vorreiter in Europa. Das file. Stichwort: 4-Meter-Korridor. Hier hat die rung des Güterverkehrs gefährdet? gibt manchmal den Eindruck, dass wir etwas Schweiz noch Nachholbedarf. Das werden wir Wir sind im Kontakt mit Italien gefordert, schulmeisterlich in den Nachbarländern auftre- mit der Botschaft zum 4-Meter-Korridor auf der um brauchbare Lösungen zu finden. Bei der ten. Und das sollten wir unbedingt vermeiden. Gotthard-Achse korrigieren. Der Lärm des Güterverkehrs ist ein europäisches Problem. Wir haben in Bezug auf die Lärmsa- Wie teuer wird dieser Korridor? Und wann nierung den Vorschlag gemacht, dass die Grau- ist mit der Botschaft zu rechnen? gusssohlen der Güterwagen per 2020 verboten Die Grössenordnung der Kosten liegt bei werden. Dieser Vorschlag wurde sehr gut ange- knapp einer Milliarde Franken. Die Vernehmlas- nommen. sung zur Botschaft wird noch im ersten Halbjahr 2012 eröffnet; die Botschaft folgt dann gegen Zurück zum Nord-Süd-Verkehr. Hupac Ende dieses Jahres beziehungsweise Anfang als UKV-Betreiber hält wenig von der 2013. Chiasso-Linie, da der Raum vor Mailand verstopft ist und die Güterzüge von Das ist viel Geld. Wo nehmen Sie dieses her? Chiasso häufig nicht durchkommen und Es zahlt immer der Steuerzahler. Wir werden auf den FinöV-Fonds oder auf Mineralölsteuer- Gelder zurückgreifen müssen. Im FABI geht es um den Ausbau und „Wir haben viel ge- Unterhalt des Bahnnetzes. Da stehen viele macht und erreicht; und Begehrlichkeiten an, unterschiedliche Regionen, aber auch Verkehrsarten wie wird sind sicherlich die Güter- und Personenverkehr. Beide wollen Vorreiter in Europa.“ möglichst prioritär auf dem Netz fahren. Wie lösen sie diesen Konflikt? Wir werden im Bundesamt für Verkehr so genannte Netznutzungspläne vorbereiten, da- BAV-Chef Peter Füglistaler. Bild: Béatrice Devènes 4 InfoForum 1/2012 Schwerpunkt Güterverkehr
Nicht nur bei Personenzügen, sondern auch bei Güterzügen ist Pünktlichkeit gefragt. Bilder: SBB viele Stunden brauchen, bis sie auf den Terminals sind. Tropfen auf heisse Steine Das kann es vielleicht mal bei Sperrungen Die Position von Pro Bahn Schweiz zur FABI-Vorlage. geben. In der Regel haben wir auf der Gott- hard-Achse aber eine vernünftige Trassierung. Kurt Schreiber Die Botschaft des Bundes- VCS-Initiative „für den öffentlichen Verkehr“ Auf der Lötschberg-Simplon-Achse ist es mit rats über die Finanzierung und den Ausbau eher geeignet, diese Zusatzmittel bereit zu dem SIM-Korridor (SImplon-Inter-Modal) etwas des öffentlichen Verkehrs zeigt auf, dass die stellen. Deshalb kann auch die Botschaft des schwieriger. Aber da sind wir beim bereits ange- anstehenden Projekte nur mit dem Trop- Bundesrats gegenwärtig kaum als Alternative sprochenen Thema, dass es mit der Qualität der fenzählersystem verwirklicht werden sollen. zur Initiative bezeichnet werden. Trassen im Güterverkehr nicht stimmt. Pro Bahn Schweiz ist darob enttäuscht. Bis 2025 sollen es 3,5 Milliarden Franken sein, Kleine Tropfen – grosse Preiserhöhungen Italien hat der Schweiz vorgeworfen, auf dies bei einem Gesamtbedarf von mehr als Die Transportunternehmungen werden der Gotthard-Achse den Ausbau zwischen 40 Milliarden. Geht es in diesem Rhythmus höhere Entgelte für die Trassenbenutzung zu Lugano und Chiasso selbst nicht genug weiter, lassen sich alle Projekte frühestens in entrichten haben. Der grösste Teil wird auf voran zu treiben. Was entgegnen Sie? 50 Jahren verwirklichen. die Bahnpassagiere zurückfallen – eine uner- Das haben wir bereinigt. Denn wir haben klar freuliche Aussicht. In diesem Zusammenhang kommuniziert, dass die bestehenden drei Über- Verteilkampf vermeiden wiederholt Pro Bahn Schweiz ihre Forderung gänge noch für sehr lange die massgebenden Die in der 1. Etappe vorgesehenen Projekte nach Preiserhöhungen mit Augenmass. Übergänge sind. Neue Südanschlüsse kommen sind für Pro Bahn Schweiz ausgewiesen, ob 10 Prozent gehören nicht dazu. sicherlich nicht vor 2050. Sie sind daher auch sie sich aber nach Verabschiedung der Vorla- Zum heutigen Zeitpunkt sagt Pro Bahn nicht in der FABI-Botschaft enthalten. ge durchs Parlament und nach der Beratung Schweiz nicht „nein“ zur Vorlage. Sie hat noch gleich darstellen, darf kritisch hinter- Verbesserungspotential, insbesondere müs- Was sagt Ihr Bauchgefühl zur FABI- fragt werden. Der erste Ausbauschritt wird sen die einzelnen Tranchen wesentlich höher Vorlage? die dringlichsten Engpässe beseitigen, aber ausfallen. Als Mindestwert wird ein Betrag Diese wird sicherlich durchkommen. Das Par- es gibt durchaus noch weitere, die ebenfalls von 6 Milliarden Franken für die näch- lament wird einige Retouchen machen, das ist einer dringenden Erledigung harren. Deshalb sten fünf Jahre erachtet, soll ein weiterhin die Aufgabe des Parlaments. Ich bin aber über- ist das Ausmass der bereitgestellten Mit- effizientes und freiwilliges Umsteigen von zeugt, dass die Vorlage – schliesslich auch beim tel zu gering und es gilt, Verteilkämpfe zu der Strasse auf die Schiene bewerkstelligt Volk – gut ankommen wird. Aber wir müssen vermeiden. In diesem Zusammenhang ist die werden. uns dafür engagieren. Schwerpunkt Güterverkehr 1/2012 InfoForum 5
Die Krux mit der Verlagerung Die stockenden Ausbauten der Zulaufstrecken zur NEAT wurden schon häufig angeprangert. 2011 beklagten einige Güterbahnen nun erstmals Engpässe bei den zur Verfügung stehenden Trassen im Transitverkehr. Zunehmend kritisch wird die Ver- Federico Rossi von den Kunden bestellte Transportvolumen bauen zu lassen, der Variantenentscheid gefällt fügbarkeit der Infrastruktur auf den Transitach- auf der Lötschberg-Simplon-Achse zur Verfü- werden: den gordischen Knoten zerschlug der sen für den Güterverkehr. Kurzzeitig bestand gung. Deshalb führte die Trassenvergabestelle damalige Verkehrsminister Ogi, indem er als wegen der Sanierungsarbeiten nach dem Brand erstmals ein Bietverfahren durch. Dieses hat für neuen Vorschlag die Netzvariante einbrachte. im Simplontunnel (Juni 2011) ein spürbarer Eng- die Güterbahnen Unsicherheiten und erheb- 1992 nahmen die Stimmberechtigten die Vorla- pass auf der Lötschberg-Simplon-Achse. Dieser liche Mehrkosten zur Folge, zudem kann es die ge zu den neuen Eisenbahn-Alpentransversalen Sanierung folgen nahtlos weitere umfangreiche fehlenden Trassenkapazitäten nicht ersetzen. (NEAT) mit 64 Prozent Ja-Stimmen an. Einschränkungen durch geplante und notwen- Bereits 1996 redimensionierte der Bundes- dige Bauarbeiten an der Tunnelinfrastruktur, die Vorgeschichte rat die NEAT: Der Lötschberg wurde einspurig bis 2014 dauern werden. Die dadurch entste- Mitte der 1980er-Jahre kam die Idee einer Flach- projektiert, der Hirzeltunnel fiel ganz weg. 1998 henden Engpässe erschweren die Betriebsab- bahn durch die Alpen aufs Tapet der politischen stimmte das Volk schliesslich der etappierten läufe erheblich und limitieren weitere Wachs- Diskussionen in der Schweiz. 1989 konnte nach NEAT zu: Mit der Annahme der leistungsab- tumsmöglichkeiten für den Güterverkehr. Für langen Diskussionen, während der sich ver- hängigen Schwerverkehrsabgabe (LSVA) und das Fahrplanjahr 2012 stehen den Güterbahnen schiedene Regionen darum bemühten, die neue damit der Finanzierung gab die Schweizer Be- erstmals nicht mehr genügend Trassen für das Verkehrsachse möglichst nahe vor ihrer Haustür völkerung grünes Licht für den Bau der Neuen Eisenbahn-Alpentransversalen. Zudem wurde 1994 der sogenannte Alpen- schutz-Artikel in die Verfassung aufgenommen: Dieser Verfassungsartikel wurde am 20. Februar 1994 von Volk und Ständen angenommen. Er begrenzt die Verkehrsbelastung auf ein Mass, das für Mensch und Umwelt unschädlich ist, und verbietet eine Erhöhung der Kapazität auf Transitstrassen im Alpengebiet. Die Übergangs- bestimmungen ergänzen, dass innert 10 Jahren eine Verlagerung von alpenquerendem Güter- verkehr auf die Schiene erfolgen soll. Wo stehen wir? 2007 ging als erstes Teilstück der Lötschberg- Basistunnel in Betrieb. Das ursprüngliche Be- triebskonzept sah 110 bis 120 Züge am Tag durch den neuen Basistunnel vor, davon 42 Reisezüge und 70 bis 80 Güterzüge. Die Zahl der Reisezüge liegt heute mit 56 etwas höher, diejenige der Güterzüge daher unter dem vor- gesehenen Wert. Die Angaben variieren jedoch je nach Quelle. Die BLS propagiert aufgrund der hohen Aus- lastung des Lötschberg-Basistunnels, die nach wenigen Betriebsjahren gemäss ihren eigenen Angaben 80 Prozent, an einzelnen Spitzenta- gen sogar 100 Prozent beträgt, den weiteren Ausbau des Lötschberg-Basistunnels, welcher 1996 zurückgestellt worden war. Eine spürbare Entlastung der Lötschberg- Simplon-Achse könnte mit der Inbetriebnahme des Basistunnels am Gotthard erwartet werden; diese ist auf 2016 terminiert. Die Zufahrtsstre- cken der Gotthard-Achse sind zurzeit jedoch noch nicht für ein gleich grosses Profil ausge- Licht am Ende des Tunnels? Weströhre des neuen Gotthard-Basistunnels bei Bodio. Bild: AlpTransit Gotthard AG baut wie der SIM-Korridor der Lötschberg-Sim- 6 InfoForum 1/2012 Schwerpunkt Güterverkehr
Mögliche Ausbaumassnahmen Federico Rossi Unbestritten ist, dass für eine Leistungssteigerung der Güterverkehrs- Achsen Ausbauten auch in den Nachbar- ländern notwendig sind, in Deutschland namentlich der bedeutendsten nördlichen Zulaufstrecke im Oberrheintal zwischen Offenburg und Basel; in Italien sind meh- reren Strecken betroffen, die nebst den bekannten auch vom Personenverkehr ge- nutzten Strecken vor allem dem Güterver- kehr dienen: zum Beispiel Luino – Gallarate sowie Domodossola – Novara. Unabdingbar sind aber auch Ausbauten in der Schweiz; bezogen auf den Korridor Lötschberg-Simplon sind dies: – dritter Juradurchstich im Raum Basel – Olten/Aarau – Kapazitätsausbau Aaretal Bern – Thun Unter den Prognosen: Güterverkehr am Lötschberg-Basistunnel. Bild: BLS (mindestens teilweise auf drei oder vier Gleise) – neues Konzept für Betriebswechsel im plon-Achse. Die Behebung dieses eklatanten Transitverkehr irgendwie nutzbar sind, mehr Raum Thun – Spiez – Frutigen und Aus- Mangels ist erst vor einigen Monaten zum Poli- oder weniger aufwendig den zunehmenden bau einer darauf ausgelegten Anlage tikum geworden und nun scheint es, dass eine Verkehr abzuwickeln. – Entflechtungen in diversen Knoten (kreu- Lösung mit Hochdruck angegangen werden soll Eine hohe Auslastung dieser Infrastrukturen zungsfreie, nicht niveaugleiche Verzwei- (siehe Interview mit BAV-Chef Füglistaler Seite mag für deren Betreiber wirtschaftlich sein, für gungen) 4/5). Noch ist aber nichts gesichert, finanziert die Eisenbahnverkehrsunternehmen als Nutzer – zusätzliche Überholgleise für lange Güter- oder gebaut und es ist nicht gewährleistet, dass hingegen ist sie in hohem Masse unattraktiv, züge auf stark belasteten Strecken diese Ausbauten rechtzeitig zur Inbetriebnahme unproduktiv und ineffizient. Die sogenannte – Modernisierung und Leistungssteigerung der Tunnels zur Verfügung stehen werden. Netzvariante, die den Bau dreier Basistunnels Knoten Brig am Lötschberg, Gotthard und Monte Ceneri – Leistungssteigerung Simplontunnel Fazit ohne den sofortigen Bau von Zufahrtsstrecken Für die Verlagerung des Gütertransitverkehrs anstelle einer einzigen leistungsfähigen Ach- Auch im unmittelbar daran angrenzenden von der Strasse auf die Schiene gibt es so- se vorschlug, droht nun für den Güterverkehr norditalienischen Abschnitt der Simplonlinie wohl notwendige wie auch hinreichende Be- zu einer Milliarden teuren Investitionsruine zu sind leistungssteigernde Ausbauten absolut dingungen. Während sich die Schweizerische führen, wenn die dringend notwendigen, aber unabdingbar. Das Potential dafür ist sehr Verkehrspolitik zur Zeit wieder einmal damit im Projekt nicht enthaltenen Ausbauten auf gross: beschäftigt, mit welchen Anreizen die Verkehrs- den Zulaufstrecken nun nicht doch möglichst – zweites Gleis Domo II – Domodossola verlagerung erwirkt werden könnte, die bisher rasch an die Hand genommen werden. Andern- inklusive dichterer Blockteilung nicht in dem durch den Alpenschutzartikel in falls muss die Verlagerung des Güterverkehrs – Erweiterung des Lichtraumprofils des der Bundesverfassung geforderten Ausmass zwangsläufig scheitern, nicht nur an fehlenden zweiten Gleises Varzo – Preglia für Güter- eingetreten ist, hat sie es versäumt, rechtzeitig Anreizen, sondern an der fehlenden Kapazität. züge mit grösserer Eckhöhe (SIM-Züge) dafür auch die notwendigen Voraussetzungen Die Suche nach besseren Mechanismen zur Ver- – schienenfreie Zugänge für die Reisenden zu schaffen: eine ausreichende Verfügbarkeit lagerung des Verkehrs ist daher für sich alleine – Verlängerung der Bahnhofsgleise in von Güterverkehrs-Trassen. Von einer leistungs- ein untauglicher Ansatz und kann nicht zum Ziel Preglia und Iselle durch Verlegen der fähigen Transitstrecke durch die Schweiz aus führen. Spurwechsel einem Guss kann keine Rede sein; vielmehr wird Offen bleibt, ob diesem Mangel eher die – seitenrichtige Überholgleise für lange weiterhin mit mässigem Erfolg versucht, auf fehlende Erkenntnis über die unbefriedigende Güterzüge am Übergangspunkt zwischen den unterschiedlichen einzelnen Abschnitten Situation oder der mangelnde politische Wille, Rampe und Tunnelstrecke in Iselle des gewachsenen Streckennetzes, die für den daran etwas zu ändern, zu Grunde liegt. Schwerpunkt Güterverkehr 1/2012 InfoForum 7
Fehlenden Kapazitäten im Süden: Ein Hupac-Zug ist auf der Luino-Linie bei Magadino-Vira in Richtung Italien unterwegs. Bild: SBB Länger, schwerer, höher Die Verbesserung der Rahmenbedingungen für die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene war grosses Thema bei einer Veranstaltung des Verbands der verladenden Wirtschaft in Zürich. Für den Verband der verladenden Kurt Schreiber sei und es auch bleiben wolle. Er setzt auf eine Kostenwahrheit gefordert Wirtschaft (VAP) bedeutet „Förderung“ die gute Zusammenarbeit zwischen Strasse und Transwaggon vermietet Güterwagen, welche Verbesserung der Rahmenbedingungen und Schiene, weist aber auch darauf hin, dass bei SBB auf die Bedürfnisse der verladenden Industrie damit der Wettbewerbsfähigkeit des Bahngü- Cargo 28 Prozent aller Verladepunkte im schwei- abgestimmt sind. Es gilt den Laderaum zu op- terverkehrs. Die Produktivität muss erhöht, die zerischen Bahngüterverkehr 90 Prozent des Wa- timieren, indem die Güterwagen immer höher Bedürfnisse des Marktes müssen berücksichtigt genladungsaufkommens generieren. Auf die üb- oder ggf. auch länger werden mit dem Resultat, und der Wettbewerb gefördert werden. rigen 72 Prozent verteilen sich die restlichen 10 dass einzelne Typen, weil zu gross, gar nicht in Zwecks Effizienzsteigerung und Kosten- Prozent und verständlicherweise ist die Begeis- der Schweiz verkehren können. Hingegen wird senkung sollen die Züge länger, schwerer und terung nicht sehr gross, wenn er als Grosskunde anerkannt, dass dank der Einrichtung des 4-Me- höher werden. Trassen für Güterzüge seien zu einen Beitrag an unrentable Verladepunkte zu ter-Korridors die Ladehöhe in den Waggons auf sichern und gegebenenfalls sei den Güterzügen leisten hat, die besser geschlossen würden (sie- 3 Meter erhöht werden kann, was die Stapelung Vorfahrt vor Personenzügen zu gewähren. Bei he Kasten). Das Verlagerungsziel 2018 gemäss der Paletten erleichtert und höhere Kapazitäten schlechten Trassenangeboten seien Rabatte zu Verlagerungsbericht 2011 des Bundesrates lasse mit positivem Einfluss auf die Kosten ermöglicht. gewähren. Für Kosten wegen Infrastrukurver- sich per 2018 nicht erreichen. Diese klare Mei- Kritisch wird von Pro Bahn Schweiz die immer besserungen zu Gunsten des Personenverkehrs nungsäusserung von Bundesrätin Doris Leuthard weiter gesteigerte Höhe und Länge der Wagen sei der Güterverkehr nicht verantwortlich – so- wird in der Branche geschätzt. Es fehle also nicht hinterfragt, weil auf diese Weise immer neu auf- mit dürfen sie ihm auch nicht belastet werden. am Willen, sondern vielmehr am Können. Feh- wändige Infrastrukturan passungen notwendig len die entsprechenden Kapazitäten, weiche die werden. Kritischer Grosskunde Branche noch mehr auf die Strasse aus. (Anzu- Kein Strassenrappen für die Schiene: So – Bernhard Metzger, Leiter Logistik/Transport fügen ist, dass es sich hier um einen vom Volk überspitzt formuliert – die Aussage des Vertre- des Migros-Genossenschafts-Bunds und auch erteilten Verfassungsauftrag handelt, der innert ters von Economiesuisse. Auch dieser Verband grösster Kunde von SBB Cargo, wies darauf hin, Frist umzusetzen und nicht auf den St. Nimmer- plädiert für ein Nebeneinander von Schiene und dass sein Arbeitgeber bahnfreundlich eingestellt leinstag zu verschieben wäre.) Strasse, fordert aber die absolute Kostenwahr- 8 InfoForum 1/2012 Schwerpunkt Güterverkehr
Hupac – Weiterfahrt mit angezogener Handbremse? 1967 gegründet, befördert Hupac auf den alpenquerenden Strecken im kombinierten Verkehr mehr Güter als der Strassenverkehr (17 Mio. Tonnen gegenüber 14 Mio. Ton- nen), ist stärker gewachsen als die Strasse (+ 65% gegenüber + 61%). Der Bevölkerung wird damit der Transit von etwa 800‘000 Lastwagenfahrten pro Jahr erspart. Eine respek- table Leistung, die aber im Süden der Schweiz an Grenzen stösst, denn bei der Diskussion um die Streckenführung des 4-Meter-Korridors zeichnet sich in Italien ein Strategiewech- sel ab. Die Priorität wird zunehmend auf die Chiasso-Linie gelegt, während die Linie via Luino aus Kostengründen aufs Abstellgleis gerät. Die neuerdings favorisierte Route Chiasso– Mailand verfügt über ungenügende Kapazitäten für die Einrichtung eines leistungsfä- SBB Cargo streicht higen Güterverkehrskorridors. Direktor Bernhard Kunz plädiert deshalb für eine Zwei- Bedienpunkte Stufen-Strategie mit dem massvollen Ausbau der Linie Bellinzona–Luino–Novara für den bestehenden und der Einrichtung eines Güterverkehrskorridors Chiasso–Seregno–Ber- SBB Cargo als Gütertransporteurin der SBB gamo für den künftigen Verkehr. Auf diese Weise kann der kombinierte Verkehr ausge- plant schwach genutzte Bedienpunkte in wogen über die drei bestehenden Linien via Luino, Chiasso und Domodossola geleitet der Schweiz zu schliessen. Das Unterneh- werden. (ks) men prüft derzeit die Schliessung von 155 Umschlagstationen. Dies sagte SBB-Cargo- heit, wobei generell gilt, dass sich die Kosten zwischen Schiene und Strasse. Mit von 15 auf Chef Nicolas Perrin bereits am 10. Januar in engsten Grenzen zu halten hätten. Sei der 10 reduzierten schienenseitiger Bedienpunkte 2012 bei der VöV-Medienkonferenz in Bern. Preis für ein Angebot zu billig, würde es über- in der ganzen Schweiz werden pro Jahr 100 000 Welche Umschlagstationen betroffen sind, nutzt, wie dies gegenwärtig im Personenver- Lastwagensendungen bewegt. Die langen Stre- wird noch nicht bekannt gegeben. Die kehr der Fall sei. In einem Mini-Schlagabtausch cken (mehr als 60 km) auf der Schiene mit SBB Entscheide sollen im Juni 2012 kommuni- mit dem Präsidenten von Pro Bahn Schweiz, ob Cargo, die Feinverteilung auf der Strasse. Dies ziert werden. Mit 500 Umschlagstationen Economiesuisse denn im Personenverkehr die ermöglicht einen 24 Stunden Service, der erst ist das Netz in der Schweiz das bei wei- quasi unrentablen Generalabonnemente (GA) noch ökonomisch und ökologisch ist und eine tem dichteste in Europa. Wirtschaftliches abschaffen wolle, verneinte er diese Absicht, Verminderung von 25 Prozent des CO2 Aussto- Hauptproblem ist dabei die Verteilung. Auf führte aber aus, dass die Tarifkonstellation nicht sses gebracht hat. Kritisch wird vermerkt, dass 28 Prozent dieser Standorte wird mehr als stimme, weil die Streckenabonnemente teurer die Preissteigerungen bei SBB Cargo wesentlich 90 Prozent des Güterumschlags erledigt; als die Generalabonnemente seien. Allerdings höher ausgefallen seien, als beim Strassentrans- umgekehrt fertigten etwa die Hälfte von blieb er die Antwort auf die Frage schuldig, um portgewerbe. ihnen nur 3 Prozent des Handels ab. welchen Faktor die Preise der normalen Fahr- Wünsche betreffen eine Verbesserung der Im Oktober 2011 hatte SBB Cargo die ausweise erhöht werden sollten. Fahrpläne und ein Abbau der Bürokratie. So Streichung von rund 200 Arbeitsstellen daure es heute dreimal so lange als seinerzeit angekündigt. Die Massnahme soll ohne Strasse und Schiene bei SBB Cargo, bis ein Bahnanschlussgeleise Entlassungen umgesetzt werden. Gemein- Vom Defizit zum Überschuss: Cargo Domizil, ein vom Bundesamt für Verkehr genehmigt wer- sam mit weiteren Sparmassnahmen will das Zusammenschluss verschiedener Strassentrans- de. Subventionen seien nicht notwendig, da- Unternehmen rund 80 Millionen Franken portunternehmer, hat dieses Ziel erreicht und für gute Rahmenbedingungen und bahnseitig einsparen und bis 2013 eine ausgeglichene zwar dank einer optimalen Zusammenarbeit mehr Wettbewerb. Bilanz aufweisen. (gl) Pro Bahn in der Klemme? Kurt Schreiber Verschiedene Referenten bei 300 Tonnen innert kurzer Zeit auf 80 km/h zu Alpentransitbörse die Lastwagenfahrten der VAP-Tagung haben darauf hingewiesen, beschleunigen als einen Güterzug mit 1400 durch die Schweiz vermindern, weil je nach dass der Güterverkehr vom Personenverkehr Tonnen. Also lieber einen Güterzug mit 80 Nachfrage ein Zuschlag bezahlt werden diskriminiert werde, die Trassenpreise zu hoch km/h ohne Halt passieren lassen – denn so ist müsste. Auf diese Weise lässt sich das Ver- seien und die Effizienz gesteigert werden der Streckenteil nur für kurze Zeit blockiert. lagerungsziel eher erreichen. Bei den Zügen müsse. In diesem Zusammenhang hat sich Wenn der Slogan „für Güter die Bahn“ wei- ist es ähnlich, mit Zuschlägen könnten die Pro Bahn Schweiz vor zwei Jahren (siehe terhin Gültigkeit haben soll, muss wohl dem Frequenzen ausgeglichener gestaltet werden. InfoForum 4/09 „Vorfahrt Güterzug oder Güterzug vor S-Bahn-Zug, Regio-Express oder Trotzdem plädiert Pro Bahn Schweiz für den S-Bahn“) für den Personenzug entschieden. Regionalzug Vorfahrt gewährt werden. freien Zugang, denn Bahnbenutzerinnen und Ob sich diese Forderung aufrechterhalten Die gleiche Frage stellt sich auch beim alpen- -benutzer bewegen sich umweltfreundlich lässt, muss hinterfragt werden. Tatsächlich ist querenden Transitverkehr. Wohl würde eine und nehmen erst noch mehr Zeit für den es einfacher, einen Regionaltriebzug mit etwa – auch von Pro Bahn Schweiz – befürwortete Reiseweg in Kauf. Schwerpunkt Güterverkehr 1/2012 InfoForum 9
Güter und Personen im Einklang durchs Gebirge Die „Bündner Güterbahn“ – im Einsatz für die Wirtschaft, für die Bevölkerung im Land der 1000 Gipfel und 150 Täler, für die Feriengäste und für unsere Umwelt. Edwin Dutler Die Bündner Güterbahn mit ihren den recht unterschiedlich, in Landquart kommt Im Laufe des Vormittags erhalte ich mei- auf dem ganzen Kantonsgebiet verteilten Gü- das Heizöl aus den Nordseehäfen mit normal- ne Post. Meine Zeitungen und Briefe wurden terumschlagszentren erspart dem Kanton Grau- spurigen Kesselwagen, in Campogologno aus während der Nacht mit der Bahn in Wech- bünden jährlich fast 100 000 Lastwagenfahrten. den italienischen Raffinerien, in der Regel per selbehältern vom Postverteilzentrum Zürich- Dieser Erfolg wird durch ein durchdachtes Kon- Tanklastwagen bis zur Grenze nach Campoco- Mülligen nach Landquart geliefert, wo sie um zept mit Güterzügen sowie Regionalzügen mit logno. „Mein Heizöl“ hat vor dem Verbrauch vier Uhr angekommen sind. Sie wurden dann Güterwagenbeförderung erbracht und ist in also bereits die Kehren der Albulabahn oder die zusammen mit den Wechselbehältern der Post, dieser Form einzigartig. So ist der Güterverkehr Wasserscheide auf dem Berninapass gesehen. welche mit Paketen beladen von Frauenfeld RhB Teil einer Logistikkette im Kombinierten her ebenfalls um kurz vor vier Uhr morgens in Verkehr, welcher jährliche Zuwachsraten von Zeitungen aus Zürich Landquart angekommen sind, mit dem RhB- 2-3 Prozent aufweist. Diese Leistung wird Som- Am Frühstückstisch ist die Bündner Güterbahn Kran von den Normalspurwagen der SBB auf mer und Winter tagtäglich mit einer Präzision wieder präsent. Praktisch jeder Lebensmittel- die Container-Tragwagen der RhB umgeladen. auf einem Streckennetz von rund 400 Kilome- Grossverteiler im Unterengadin bezieht sein Um 04.50 Uhr startet dann der erste Regio- tern erbracht, die unerreichbar ist. Gerade der gesamtes Sortiment inkl. Tiefkühlprodukte von nalzug mit Post- und Güterwagen in Richtung abgelaufene schneereiche Winter hat mehrmals den RhB-Umschlagsplätzen Zernez oder Scuol- Davos. Kurz darauf verlässt dann der Postzug gezeigt, dass allein die Bündner Güterbahn in Tarasp. Und dank den zahlreichen Güterzügen mit einem Allegra-Triebwagen und mehreren der Lage ist, alle Gebiete des grössten Kantons und Regionalzügen mit Güterwagenbeförde- Post- und Güterwagen Landquart in Richtung der Schweiz zeitgerecht mit dem Lebensnot- rung ist der Nachschub mit der notwendigen Klosters und weiter durch den Vereinatunnel wendigen zu versorgen. Als Beispiel nehme ich Kühlkette jederzeit gewährleistet. nach Zernez und Samedan. das schöne Dorf Scuol im Unterengadin. Wenn ich dort am Morgen aufstehe und zu- erst eine warme Dusche geniesse, so weiss ich, dass das Heizöl unserer Siedlung aus dem Kes- selwagen der Rhätischen Bahn kommt, welcher auf den Abstellgleisen im Bahnhof Scuol-Tarasp steht. Der Heizöllieferant, Arnica Scuol AG von Hanspeter Zogg, ein überzeugter Benützer der Bündner Güterbahn, ordert seine Kesselwagen entweder in Landquart oder Campocologno. Je nach Wasserstand des Rheins sind die Einkaufs- kosten für das Heizöl an den beiden Kantonsen- Rhätische Bahn: Kennzahlen Güterverkehr Ob Rundholz, Lebensmittel oder Zei- tungen: Die Bündner Güterbahn ist ein wichtiges Verbindungsglied in der Trans- portkette zwischen Schiene und Strasse. Der Anteil des Betriebsertrags aus dem Güterverkehr bei der Rhätischen Bahn beträgt 8,9 Prozent (2010) und liegt bei rund 19 Millionen Franken. Im Profil 2011 werden 16 Mitarbeiter für die Güterver- kehrssparte aufgeführt. Die Entwicklung in Bezug auf die transportierte Menge ist leicht rückläufig und hat 680 Tausend Ton- nen pro Jahr erreicht (2010). 1995 waren es 875 Tausend Tonnen. Weitere Infos: www.rhb.ch Gleichzeitiger Transport von Gütern und Personen: Die Rhätische Bahn macht‘s vor. Bild: RhB 10 InfoForum 1/2012 Schwerpunkt Güterverkehr
Zur gleichen Zeit startet in Chur der Coop- Zug, der ebenfalls über Landquart und die Ve- reinalinie nach Samedan unterwegs ist. In Zer- nez wird dann um sechs Uhr eifrig rangiert. Die Güterwagen und die Wagen mit den Postsen- dungen für das Münstertal und das Unteren- gadin werden abgehängt. Das gleiche wird mit dem Coop-Zug gemacht. Post- und Güterwa- gen werden dann dem nächsten Regionalzug in Richtung Unterengadin mitgegeben. So sind meine Postsendungen und die Frischprodukte für die Lebensmittelgeschäfte bereits kurz nach 7 Uhr am Bahnhof in Scuol-Tarasp. Ein sehr ef- fizientes und durchdachtes Konzept, welches dank dem Bau der Vereinalinie so realisiert wer- den konnte. Damit auch im Unterengadin alle Produkte des täglichen Lebens erhältlich sind, verkehren auf dem Netz der Rhätischen Bahn zahlreiche Güterzüge, davon drei nach Scuol-Tarasp. Die Wagenflotte der Bündner Güterbahn umfasst 12 verschiedene Güterwagentypen, es gibt nichts, was nicht transportierbar ist. Bemer- Praktisches Umsteigen im umgebauten Bahnhof Zernez Bild: Edith Dutler kenswert ist auch, dass der Kehricht aus dem Unterengadin mit speziellen Containern nach Nordbünden zur Kehrichtverbrennung in Unter- vaz-Trimmis transportiert wird. Bahnhof Zernez in neuem Glanz Wichtige Drehscheibe des öffentlichen Verkehrs im Engadin erneuert – auch für den Qualität und Zuverlässigkeit Aber nicht nur das Unterengadin profitiert von Umschlag des Güterverkehrs. der Bündner Güterbahn. Die bekannten gros- sen Getränkeproduzenten aus Vals und auch Edith DutlerAm 1. Juli 1913, also vor genau 99 anlagen behindertengerecht ausgestattet und die Heineken Switzerland AG transportieren Jahren, wurde der Bahnhof Zernez – ein schmu- – was besonders ins Auge sticht – an einem ihre Tranksame sowohl mit konventionellen cker Bahnhof im Engadiner Stil – als wichtiger gemeinsamen überdachten Perron steigen die Bahnwagen, aber auch im kombinierten Ver- Knotenpunkt der Bahnlinie von Bever nach Fahrgäste bequem, also ohne Treppensteigen kehr auf dem Netz der Rhätischen Bahn. Und Scuol-Tarasp eröffnet. In der Transportkette des über lange Rampen von der RhB ins Postauto die NEAT-Baustelle bei Sedrun ist ein wichtiger öffentlichen Verkehrs spielt dieser Bahnhof eine über den Ofenpass oder über den Flüela-Pass Kunde, täglich wird Zement von Untervaz-Trim- zentrale Rolle. Die Eröffnung der Vereinalinie nach Davos, in den Engadin Bus nach Zuoz so- mis nach Sedrun transportiert. mit der Einführung von teilweise umsteigefrei- wie mit Autoservizi Silvestri nach Livigno um. Zu den wichtigen Transportgütern der Bünd- en Verbindungen ab Landquart nach Zernez, Bequemer geht es nicht mehr! Ein grosses Lob ner Güterbahn zählen Rundholz, Rohbau- und die Wiederaufname des Betriebs der Vinschger- an alle Beteiligten für dieses gute Projekt. Baustoffe, Lebensmittel- und Getränketrans- bahn und Neuausrichtung des Schweizerischen porte, Mineralöltransporte sowie die ganze Nationalparks mit dem Bau des attraktiven Be- Güter- und Personenverkehr getrennt Palette an Kehricht- und Recyclingprodukten. sucherzentrums bescheren der ganzen Region Der Güterverkehr findet vollumfänglich und ge- Zu gewissen Jahreszeiten werden in praktisch einen touristischen Aufschwung. Zernez ent- trennt vom Personenverkehr auf der Inn-Seite allen Bernina-Zügen mehrere Holzwagen nach wickelte sich somit zu einem wichtigen Glied des Bahnhofs statt. Mit effizienter Infrastruktur Campocologno mitgeführt. In der Hochsaison in der Transportkette der Rhätischen Bahn im werden hier Lebensmittel, Post, Baumaterialien, im Sommer sind Gütertransporte mit Regio- touristischen Reiseverkehr, aber auch im Lokal- Rohbaustoffe, Rundholz und weitere Güter zwi- nalzügen aus Kapazitätsgründen nur in Rand- verkehr sowie im Güterverkehr. schen Schiene und Strasse umgeschlagen. Die stunden möglich, dann fahren zusätzlich noch RhB setzt auf den kombinierten Güterverkehr Güterzüge. Zweijähriger Umbau und hat in den letzten Jahren laufend in die Die Bündner Güterbahn zeigt täglich auf, Ende November 2011 wurde das Bahnhofsge- notwendige Infrastruktur und neues Rollmate- wie mit Qualität und Zuverlässigkeit der ganzen lände von Zernez nach zweijährigem Umbau rial investiert. Zernez bildet nun auch im Un- Bevölkerung des Kantons Graubünden und den eingeweiht. Über 21 Millionen Franken hat terengadin ein modernes und effizientes Zen- unzähligen Gästen in der grössten touristischen die Rhätische Bahn in neue bahntechnische trum für den Güterumschlag Schiene/Strasse. Region der Schweiz eine optimale Lebens- Anlagen und in den Umbau des historischen Damit können die Zufahrtsstrassen ins Engadin grundlage ermöglicht wird. Bahnhofgebäudes von Zernez investiert. Beim wesentlich von zusätzlichen Lastwagenfahrten Dies verdient Anerkennung. Umbau des Bahnhofs wurden die Publikums- entlastet werden. Schwerpunkt Güterverkehr 1/2012 InfoForum 11
„Nicht Personen- gegen Güterverkehr ausspielen“ VöV-Direktor Ueli Stückelberger zur Verlagerungspolitik und den Auswirkungen auf den Personenverkehr. Interview: Gerhard Lob VöV-Forderungskatalog zum InfoForum: Herr Stückelberger, der VöV ist Güterverkehr vor allem für die Tarifpolitik im Personen- verkehr bekannt. Warum hat er sich dieses Der Schienengüterverkehr in der und Jahr zum Güterverkehr engagiert? durch die Schweiz weist im europäischen Ueli Stückelberger: Der Güterverkehr ist für Vergleich noch immer sehr hohe An- mich ein Teil des öffentlichen Verkehrs. Natür- teile aus, doch der Strassengüterverkehr lich steht der Personenverkehr im Vordergrund. erweist sich als hartnäckigerer Konkurrent Aber der Güterverkehr ist auch von grosser als erwartet. Angesichts dieses Befunds Wichtigkeit. Man denke an die Versorgung der hat der Verband öffentlicher Verkehr Bevölkerung. Da erfüllt der Güterverkehr eine (VöV) ein mit der Schienengüterverkehrs- Service-Public-Funktion. Branche (SBB Cargo, BLS Cargo, Rhätische Bahn) abgestimmtes Positionspapier Es gibt eine Konkurrenz zwischen Gü- erarbeitet, in dem die Probleme der ter- und Personenverkehr, da diese auf beiden Güterverkehrs-Sparten „Fläche“ demselben Netz verkehren. So wird von (Inland) und „Alpentransit“ analysiert und beiden Seiten eine prioritäre Behandlung entsprechende Forderungen aufgestellt verlangt. Das geht aber nicht. werden. Das Papier wurde im Januar in Es gibt diese Konkurrenz zwischen Personen- Bern vorgestellt. und Güterverkehr. Deshalb ist es Aufgabe un- seres Verbandes, die unterschiedlichsten Inte- „Die Verlagerung ist nicht gescheitert“, ressen zwischen den Unternehmen, teilweise gab man als Losung aus, und versuchte, sogar unternehmensintern, gegeneinander ab- VöV-Direktor Ueli Stückelberger: „Verlagerung ist nicht Optimismus zu verströmen. Doch ohne zuwägen, um zu einer Position zu kommen, die gescheitert.“ Bild: zVg die Umsetzung neuer Infrastrukturen von der ganzen Branche getragen wird. beziehungsweise Weiterführung von staatlichen Stützungsmassnahmen geht es Das heisst? nicht. Gefordert wurde die rasche Realisie- Im Güterverkehr sind wir klar der Meinung, Die Eröffnung steht in wenigen Jahren rung eines Vier-Meter-Korridors durch die dass pünktliche Güterzüge Priorität gegenüber bevor. Schweiz, der Ausbau der Anschlüsse im verspäteten, teils schlecht genutzten Personen- Dort besteht das eigentliche Risiko. Und Norden und im Süden sowie die Förde- verkehrszügen haben müssen. Vor allem müs- man muss effektiv rechtzeitig nach Lösungen rung des Einzelwagenladungsverkehrs sen die Trassen, die man langfristig für den Gü- suchen. Eine Lösung kann sein, dass man die (EWLV) mit neuen Geschäftsmodellen und terverkehr einplant, tatsächlich zur Verfügung Personenfernverkehrszüge etwas langsamer Innovationen auf verschiedenen Ebenen gestellt werden. durch den Tunnel fahren lässt, um die Kapazität durch den Bund. Die bewährten Len- zugunsten des Güterverkehrs zu erhöhen. kungsinstrumente – Nacht- und Sonntags- Der Lötschberg-Basistunnel wurde ei- fahrverbot, LSVA und Längenbegrenzung gentlich für den Güterverkehr – Stichwort Der VöV hat im Januar eine Medienkonfe- der LKW – dürfen laut VöV nicht aufge- Verlagerung – gebaut. Doch in der Realität renz abgehalten, in der diverse Schienen- weicht werden, damit der Schienenanteil der Nutzung steht nun der Personen- güter-Verkehrsunternehmen die Botschaft des Transitverkehrs hoch bleibt. verkehr im Vordergrund. Was halten Sie ausgaben: Die Verlagerung ist nicht davon? gescheitert. Ist das angesichts der realen Mehr Infos unter: www.voev.ch Ich möchte nicht Personen- gegen Güterver- Zahlen nicht ein wenig Zweckoptimismus? kehr ausspielen. Der neue Lötschberg-Basistun- Nein, überhaupt nicht. Allein die Tatsache, nel wurde und wird auch vom Güterverkehr dass 64 Prozent des Transitgüterverkehrs auf stark benutzt. Es stimmt, dass teilweise Trassen der Schiene erfolgt, ist ein Erfolg für die Verla- für den Güterverkehr gestrichen wurden. Aber gerungspolitik. Nur die Ziele waren zu ehrgei- der Schiene zu befördern, denn realisti- jetzt hat man eine gute Lösung zwischen SBB zig. Man wird sie in der vorgegebenen gesetz- scherweise erreicht werden? Personenverkehr und den dort verkehrenden lichen Frist nicht erreichen. Da will ich keine Prognose abgaben. Aber Cargo-Unternehmungen gefunden. man muss sich nach diesem Ziel strecken. Das Wann kann das Ziel, die alpenquerenden kann auch die Schweiz nicht alleine; man muss Wie steht es um diese beiden Nutzungs- Durchfahrten von Camions auf 650 000 zu mit den anderen europäischen Staaten an Lö- arten beim neuen Gotthard-Basistunnel. beschränken und den Rest der Güter auf sungen arbeiten. 12 InfoForum 1/2012 Schwerpunkt Güterverkehr
Aktuell Billette und Abonnemente Finanzielle Beule schlagen auf Mit dem Kopf durch die Kurt Schreiber Wand wollte der Bundesrat, als er Bahnfahren wird Ende Jahr schon wieder teurer. Nach der Erhöhung vom ankündigte, dass die Trassenpreiserhö- Dezember 2011 steht bereits die nächste Preisrunde an. hungen – eigentlich eine Bundesaufga- be - ab Dezember 2012 durch die Trans- Gerhard Lob Wer Bahn, Tram oder Bus fährt, muss portunternehmungen zu tragen seien. ab Dezember 2012 tiefer in die Tasche greifen. Die Folgen sind eine finanzielle Beule, Das Halbtax-Abo für ein Jahr wird beispielswei- die weh tut: Kaum ist die letzte öV- se 10 Franken teurer, das 3-Jahres-Halbtax gar Tariferhöhung angekündigt, kommt die 60 Franken. Happig sind die Aufschläge bei den nächste mit rund 6 Prozent Preiserhö- Generalabonnements (GA): Ein GA Erwachse- hung. Damit ist Pro Bahn Schweiz nicht ne für die 2. Klasse kostet ab Dezember 2012 einverstanden, denn es trifft diejenigen, 3560 Franken, 210 Franken mehr als bisher. Das welche die Umwelt schonen und dafür Junior-GA schlägt 150 Franken auf. Wer 1. Klas- länger unterwegs sind. se fahren will, bezahlt für ein GA künftig 5800 Franken, 450 Franken mehr als heute. Eigentlich würde sich die angekün- Praktisch alle Abonnemente schlagen mehr digte Massnahme mit 10 Prozent auf als 6 Prozent auf. Auch Einzelbillette werden die Fahrpreise auswirken. Dank den teurer, die Preissteigerung fällt mit 4 Prozent in von den Transportunternehmungen der 2. Klasse aber moderater aus. Der Preis für getroffenen Rationalisierungsmassnah- diese Kategorie war bei der letzten Tarifrunde men sind es 5,7 Prozent. Dieses Element unverändert geblieben. Anders die 1.-Klasse- ist durchaus positiv zu gewichten. Die Tickets, die auch dieses Jahr noch einmal 7,3 Teurere Tickets, reduzierte Öffnungszeiten. Bild: SEV bittere Pille aber bleibt, zumal mit dem Prozent aufschlagen. Unverändert bleiben die Anstieg der GA-Preise vor allem treue Preise für Gleis-7-Abonnemente sowie für Ju- Kunden zur Kasse gebeten werden. nior- und Enkelkarten. Im Durchschnitt steigen Laut VöV werden sich bis 2018 die Tarife um die Preise gemäss Verband öffentlicher Verkehr insgesamt 20 Prozent verteuern. Ein GA würde Der Bundesrat will die Trassenpreiserhö- (VöV) per 9. Dezember 2012 um 5,6 Prozent. dann über 4000 Franken kosten. Dessen Preis hung nicht übernehmen – dafür wird Als Grund werden die um 200 Millionen Fran- dürfte nämlich auch in Zukunft überdurch- beim Bund sehr wohl mit der grossen ken erhöhten Trassenpreise genannt. Es handelt schnittlich stark steigen. Grund ist, dass die GA- Kelle angerichtet. Als Beispiel sei die sich dabei um das Entgelt, welches die Bahn- Kunden aus Sicht des VöV in den meisten Fällen Unternehmenssteuerreform mit Einnah- unternehmen für die Benutzung der Bahninfra- nicht kostendeckend sind. Man will die Lücke menverlusten in Milliardenhöhe erwähnt. struktur bezahlen müssen. Beschlossen hat die zwischen Kosten und Ertrag verkleinern. Korrekturen sind keine vorgehen. Aus Erhöhung der Trassenpreise der Bundesrat, und Es ist zu erwarten, dass sich der Preisüberwa- diesen Überlegungen heraus ist eigent- zwar gerade mit dem Ziel, die Kundinnen und cher noch zu den Tariferhöhungen äussern lich zu fordern, dass das Volk – ähnlich Kunden des öffentlichen Verkehrs stärker an wird. Es könnte das letzte Mal sein, denn das wie bei gewissen Autosteuervorlagen – den steigenden Kosten für das immer grössere Parlament will die Rolle des Preisüberwachers über öV-Tariferhöhungen befinden soll. Angebot zu beteiligen. bei der Festlegung der öV-Tarife einschränken. Das Resultat käme wohl anders heraus. Sonntags geschlossen Die SBB schränken die Schalterzeiten an Tessiner Bahnhöfen weiter ein. Selbst die SBB-Angestellten haben mit dem Service-Abbau Mühe. Gerhard Lob Locarno ist die Tessiner Feriendestina- zona zu wenden. Aber auch in Bellinzona haben cierte im Januar eine Petition gegen die neuen tion mit den meisten Logiernächten. Gäste, die die SBB die Schalterzeiten eingeschränkt. Mor- Schalterzeiten, weil diese kundenunfreundlich sonntags ein Billett am Bahnhof erwerben wol- gens wird erst um 7 Uhr geöffnet (statt 6.20 Uhr) seien und die touristische Seite des Tessins nicht len, stehen allerdings vor verschlossenen Türen und am Wochenende bereits um 18 Uhr dicht berücksichtigten. SBB-Sprecher Alessandro Mal- – zumindest in der Wintersaison. Bis 31. März gemacht (statt 19 Uhr). Gegen den Abbau der fanti hingegen verteidigte die neuen Zeiten von sind die Billettschalter sonn- und feiertags nicht Schalterzeiten haben nicht nur Konsumenten- Bellinzona gegenüber den lokalen Medien. Sie bedient. Ein Schild an der Glastür (nur auf Itali- und Tourismusverbände protestiert, sondern neu erlaubten es, in den Stosszeiten die Kunden bes- enisch!) fordert die Kunden auf, die Automaten auch die SBB-Angestellten selbst. Der Schweize- ser und schneller zu bedienen, weil dann mehr zu benützen oder sich an die Schalter in Bellin- rische Eisenbahner Verband im Tessin (SEV) lan- Personal eingesetzt werden könnte. Aktuell 1/2012 InfoForum 13
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