Reformationsjubiläum - Ein Bild von einer Kirche - Jubilé de la Réforme - Une image d'une Eglise - Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn
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N r . / N o 2 2 —— O k t o b e r / O c t o b r e 2 0 1 7
Das Magazin der
Reformierten Kirchen
Bern-Jura-Solothurn
Le Magazine des
Eglises réformées
Berne-Jura-Soleure
Reformationsjubiläum — Ein Bild von einer Kirche
Jubilé de la Réforme – Une image d’une Eglise
I N H A L T
4 DOSSIER
REFORMATIONSJUBILÄUM
JUBILÉ DE LA RÉFORME
4 Ein Bild von einer Kirche
Une image d’une Eglise
10 La révolution de l’imprimerie et la Réforme
Revolutionierung des Druckwesens und Reformation
14 L’illumination du Palais fédéral
Lichtspiel am Bundeshaus
IM PRES S UM
16 Glaubenstweets Kirchenbund: Freiheit feiern?!
ENSEMBLE — Magazin für mitarbeitende,
17 Jeunesse: Premier Festival protestant ehrenamtliche und engagierte Mitglieder der
Reformierten Kirchen Bern-Jura-Solothurn /
Magazine pour les membres engagés, colla
borateurs et bénévoles des Eglises réformées
18 FOKUS Berne-Jura-Soleure — Herausgeberin / Editeur:
Reformierte Kirchen Bern-Jura-Solothurn / Eglises
Aktuelles aus Bern-Jura-Solothurn réformées Berne- Jura-S oleure / Altenb erg-
strasse 66, Postfach / Case postale, 3000 Bern 22,
FOCUS Actualités de Berne-Jura-Soleure ENSEMBLE@refbejuso.ch (auch für Abobestel
lungen)
25 KREUZ UND QUER Erscheinungsweise / Parution: 10-mal pro Jahr /
10 fois par année — Auflage / Tirage: 5500 —
Aus den Bezirken, Kirchgemeinden und dem Haus der Kirche Nächste Ausgabe / Prochaine parution: Ende
Oktober / fin octobre
DE LONG EN LARGE Régions, paroisses et Maison de l’Eglise
Redaktion / Rédaction: Adrian Hauser (verant
31 KURZ UND BÜNDIG
wortlich / responsable), Nathalie Ogi, Alena Lea
Bucher (Assistenz und S ekretariat), Karin Freiburg-
haus (Kreisschreiben), Irene Beyeler (Schaufenster),
Kreisschreiben des Synodalrats Tony Marchand (Cartoon)— Übers etzungen /
Traductions: André Carruzzo, Antoinette Prince,
EN BREF Circulaire du Conseil synodal ivier, Nadya Rohrbach — Korrekto-
G abrielle R
rat / Corrections: Renate Kinzl — T itelbild / Image
35 SCHAUFENSTER
de couverture: Atemwolke bei Weggis im Vier-
waldstättersee, Luzern. (Foto und Installation:
Micha Aregger)
VITRINE
Grafisches Konzept / Concept graphique: Neid-
hart Grafik, Klösterlistutz 18, 3013 Bern —Inhalt-
liches Konzept und Beratung / Concept du
c ontenu et conseil: hpe Kommunikation,
S ustenweg 64, 3014 Bern — Layout / Druck /
Impression: Jost Druck AG, Stationss trasse 5,
Postfach 102, 3626 Hünibach
Inhalt —– ENSEMBLE 2017/22
E D I T O R I A L
LIEBE LESERINNEN
UND LESER
CHÈRE LECTRICE, CHER LECTEUR
Le protestantisme est-il une religion sans images? Ist der Protestantismus eine Religion ohne
D
L’iconoclasme qui a suivi la publication des thèses Bilder? Der Bildersturm nach der Veröffent-
de Luther il y a 500 ans pourrait le faire penser. Et lichung von Luthers Thesen vor 500 Jahren lässt
le vide, comme le dénuement restent aujourd’hui uns dies vermuten. Leere und Kargheit gehören
les ornements préférés des églises protestantes. heute zur bevorzugten Innenausstattung von re-
Pour autant, l’Eglise réformée n’a pas totalement formierten Kirchen. Trotzdem hat die reformierte
banni les représentations artistiques ou religieuses Kirche künstlerische oder religiöse Darbietungen
de son univers, comme le montrent les diverses nicht aus ihrer Welt verbannt. Dies zeigen verschie-
œuvres et manifestations créées cette année à dene Werke und Veranstaltungen rund um das
l’occasion du Jubilé de la Réforme. Reformationsjubiläum.
Ainsi à Berne, le Palais fédéral sera ces mois So wird das Bundeshaus während der Monate
d’octobre et novembre prochains, fastueusement Oktober und November farbenfroh mit Bildern zur
illuminé par les images de la Réforme, puisque Reformation beleuchtet sein. Denn dies ist das
c’est le thème retenu pour cette septième édition Thema der siebten Ausgabe von «Rendez-vous
de «Rendez-vous Bundesplatz». Le spectacle son et B undesplatz». Das Ton- und Lichtspektakel lockt
lumière attire chaque automne depuis 2011 des seit 2011 jeden Herbst Hunderttausende in die Bun-
centaines de milliers de personnes dans la capitale deshauptstadt. Es waren die Kirchen selbst, die den
fédérale. Et ce sont les Eglises elles-mêmes qui ont Organisatoren des Anlasses dieses historische und
suggéré ce thème historique et religieux aux religiöse Thema nahegelegt haben.
organisateurs de l’événement. In dieser Ausgabe setzt sich ein Artikel zudem
Dans ce numéro, un article se penche égale- mit den Beiträgen eines Künstlers, eines Vikars und
ment sur les contributions d’un artiste, d’un sta- eines Universitätsprofessors auseinander. Diese
giaire pastoral et d’un professeur d’université à geben einen aktuellen Blick auf den reformierten
quelques représentations actuelles de la foi ré Glauben. Dadurch wird verständlich, dass das Bild
formée. Où l’on comprend que l’image peut être für die Kirche ein interessantes Mittel sein kann,
pour l’Eglise un moyen intéressant d’affirmer son um die eigene Identität zu schärfen. Illustrationen
identité. Des illustrations, on en retrouve égale- findet man ebenfalls in der Bibel, die im Inter
ment dans cette Bible entièrement imprimée à la nationalen Museum der Reformation ganz von
main à Genève par le Musée international de la Hand gedruckt wird. Zum diesjährigen Jubiläums-
Réforme. En cette année de jubilé, l’institution a jahr hat das Museum eine riesige Gutenbergpresse
reconstitué une presse géante de Gutenberg et les nachgebildet, und die Besuchenden sind dazu ein-
visiteurs sont invités à participer à l’impression du geladen, sich am Druck des Bestsellers des 16. Jahr-
best-seller du XVIe siècle. Le musée a voulu montrer hunderts zu beteiligen. Die Organisatoren wollen
comment l’invention de l’imprimerie a permis la damit zeigen, wie die Erfindung des Buchdrucks
diffusion extraordinaire des thèses de Luther à tra- die aussergewöhnliche Verbreitung von Luthers
vers l’Europe. Thesen in ganz Europa ermöglichte.
Enfin, vous découvrirez également dans cette Schliesslich können Sie in dieser Nummer auch
édition que dans ce monde où l’image est en entdecken, dass sich in einer Welt, in der das Bild
passe de remplacer l’écrit, l’austère Réforme inté- immer mehr die Schrift ablöst, sogar Jugendliche
resse néanmoins encore les jeunes. La Cité de für die sittenstrenge Reformation interessieren.
Calvin accueillera en novembre le premier Festival Die Calvinstadt Genf wird im November zum ersten
de la jeunesse protestante de Suisse, intitulé Festival der reformierten Schweizer Jugend emp-
«Reformaction». fangen.
Nous vous souhaitons une lecture riche en images,
Wir wünschen Ihnen eine bildhafte Lektüre
Nathalie Ogi, rédactrice / Redaktorin ENSEMBLE
ENSEMBLE 2017/22 —– Editorial 3
EIN BILD VON
EINER KIRCHE
REFORMATIONSJUBILÄUM 2017
UNE IMAGE D’UNE ÉGLISE
JUBILÉ DE LA RÉFORME 2017
Auch ein halbes Jahrtausend nach dem Sie schlängeln sich um den Kirchturm, umschlies-
Bildersturm bringt der reformierte Glaube sen das stolze, starre Monument wie ein lebendig-
Bilder hervor. Künstler kreieren Werke pulsierender Froschlaich – oder wie flüchtiger
zum Reformationsjubiläum, Pfarrerinnen Schaum. Einige Bälle «durchbrechen» die Kirchen-
bauen auf prägenden Bildern auf. mauern, stossen unterhalb des Chorfensters ins
Was verraten sie über Zustand und Potenzial Innere vor. Die neugotische Kirche ist ansonsten
der reformierten Kirche? leer. Schön leer. Es ist keine menschenleere Kirche,
die ihren eigenen Bedeutungsverlust betrauert,
sondern ein selbstbewusst schlichter Raum, der
Von Remo Wiegand* jeglicher spirituell-religiösen Effekthascherei eine
Absage erteilt.
Kurz nach Luthers Thesenanschlag fegte der Bil- Im Tiefparterre des benachbarten Kirchge-
dersturm über Europa hinweg. Auch in der meindehauses liegt ein Gruppenraum: Sichtbe-
Schweiz wurden Bilder, Gemälde und Skulpturen ton, olivgrüner Spannteppich, 70er-Jahre-Ästhe-
aus den Kirchen verbannt. Alles, was stellvertre- tik. Es ist muffig. Eine Gruppe von Leuten sitzt um
tend für den allein in der Bibel geoffenbarten Gott einen Tisch und trinkt Apfelschorle. In der Mitte
Verehrung erfuhr, sollte von der Bildfläche einer liegen einige Blätter. Die Leute sprechen mitein-
Kirche verschwinden, die allein das Wort ins ander, harmonisch, kaum kontrovers. Stirnfalten
Zentrum stellte. verraten ein Bemühen um angemessene Ernst-
Doch trotz einer reichen Predigtkultur, trotz haftigkeit. An der Wand des Gruppenraums hän-
bahnbrechender biblischer Erkenntnisse, trotz al- gen zwei Bilder. Auf dem einen dominiert ein
ler berechtigten Skepsis gegen missbräuchliche Buch, dessen geöffnete Seiten wie die zwei Flügel
Bildwelten: Die reformierte Kirche konnte und eines Vogels – einer Taube? – wirken, darunter
kann sich der Bilder nicht erwehren. Der Glaube eine wilde Kritzelei, darüber bunte, aber geord-
nimmt Gestalt an, er bekommt eine Form. Men- nete Buchstaben und Worte. Auf dem zweiten
schen suchen Geborgenheit und Beheimatung in Bild: eine Kalligrafie arabischer Buchstaben, die
Räumen, schlüpfen in Bilder, die sie anziehen. als Boote auf dem Meer schwimmen. Segel sind
Bilder drängen umso mehr ins Bewusstsein, je in Richtung der weiss-gleissenden Sonne gehisst,
mehr sie im Namen einer bildfeindlichen Gottheit auf die die Boote zusteuern. Das Meer unter den
verbannt werden. Ein menschen- und weltzuge- Buchstaben wirkt schwungvoll aufgewühlt – und
wandter Glaube kann sie nicht ignorieren. Be- gezähmt zugleich.
trachten wir einige Darstellungen reformierten
Glaubens von heute, zu denen ein Künstler, ein Leichtigkeit und Schwere
V ikar, eine Pfarrerin und ein Universitätsdozent Was sind die möglichen Kernaussagen dieses Ge-
beigetragen haben. samtbildes, dessen Einzelteile der Autor mitein-
ander verwoben hat? Was sagt es über die refor-
Reformierte Bildwelten mierte Kirche aus? Ein Interpretationsversuch: In
An einer reformierten Kirche einer Schweizer der Luft liegt – sprichwörtlich – das grosse Thema
Kleinstadt hängen unzählige pralle, gräulich der Reformation: die Freiheit. Der Künstler Micha
schimmernde, fest zusammengezurrte Luftbälle. Aregger hat die Installation «Atemwolke» geschaf-
fen, die im Reformationsjubiläumsjahr verschie-
* Freischaffender Journalist und Theologe dene reformierte Kirchen im Raum Luzern ziert.
4 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 7/ 2 2
© Micha Aregger / www.michaa.ch «Wie ein lebendig- pulsierender Froschlaich»: Installation «Atemwolke» des Künstlers Micha Aregger. «Comme un frai de grenouille vivant et palpitant»: installation de ballons «Nuage du souffle» de l’artiste Micha Aregger. EN S EM B L E 20 1 7/ 2 2 —– D oss i e r 5
Die aufgeblasenen Bälle verweisen für den Künst- ungserlebnis, das im Lesen liegt, speziell an das
ler auf das gottgegebene Material der Luft, das Turmerlebnis des Mönchs Martin Luther, dem in
alle Menschen verbindet. Eine himmlisch-luftige der Lektüre des Römerbriefs endlich ein gnädiger
Leichtigkeit und Verspieltheit umgibt die Atem- Gott entgegenkam. Unzählige Menschen erfuhren
wolke, die zugleich die Schwere einer frontal- im Nachgang der Reformation die emanzipato
sprachlichen Glaubensvermittlung freilegt. Der rische Kraft der Bibel, aber auch von Bildung und
Freiraum, für den die Luft steht, erinnert implizit Büchern im Allgemeinen.
auch an die reformatorische Freilassung der Kunst Warum aber wirken die Texte, um die sich das
aus der sakralen in die weltliche Sphäre, die einen reformierte Gesprächsgrüppchen versammelt,
immensen Kreativitätsschub auslöste. Der Glaube nicht ähnlich befreiend? Vielleicht, weil noch die
der Freiheit schafft so bis heute Gegensätze, die besten Bücher ihre tiefen Geheimnisse nicht in
in bleibender Verbundenheit zusammen schöpfe- gemeinsamer Lektüre preisgeben, sondern wie bei
risch wirken. Luther im intimen Tête-à-Tête zwischen Leser und
Das Gegenstück der Atemwolke spielt im muf- Autorin? Vielleicht gibt auch der Raum zwischen
figen Gruppenraum des Kirchgemeindehauses. muffigem Kirchgemeinde-Untergeschoss und
Das Bild entstammt der Vorstellung des jungen Atemwolke-geschmücktem Kirchturm eine Ant-
Theologen Dominik von Allmen, der eben sein wort: der schlichte reformierte Kirchenraum. Uni-
Vikariat in Bürglen bei Biel begonnen hat. Von sono loben alle angefragten Gesprächspartner
Allmen gibt seinem Bild den ironischen Titel dessen würdevolle Leere, die glanzlose Nüchtern-
«Protestantische Spiritualität». Es demaskiert das heit, die Sperrigkeit gegenüber jeglichem Pomp.
Treffen als kopflastiges Gruppengebet, dessen ge- Für Johannes Stückelberger, Dozent für Religions-
meinsames Signum das Stirnrunzeln ist. Ein un- und Kirchenästhetik an der Universität Bern, ist
gezwungenes, lebendiges Miteinander will nicht eine reformierte Kirche in ihrer Bildlosigkeit die
aufkommen. Was fehlt, damit auch diese «eccle- «visuelle Manifestation der befreienden Botschaft,
siola», diese Kirche im Kleinen, zum Leben er- die dem reformierten Glauben zugrunde liegt».
wacht? Hier kann mensch einfach sein, muss nichts tun,
nichts leisten. Er wird mit leeren Händen geliebt
«Geöffnete Seiten Lebendige Buchstaben und zur vorbehaltlosen Selbstliebe befreit. Er kann
wie die zwei Die Bilder, die im imaginierten Gesamtbild an der die pure Gnade des Daseins atmen, wie die Luft,
Flügel eines
Vogels»: Bild eins Wand des Gruppenraums hängen, können als Ant- die alle Menschen verbindet.
im imaginären wortversuch verstanden werden. Sie entspringen
Gruppenraum. Orte der Wandlung
der Erinnerung der Bieler Pfarrerin Kathrin Reh-
«Pages ouvertes
comme les ailes mat, die selber mehrere künstlerische Projekte Leere Räume sind anziehend, weil wir voll sind
d’un oiseau»: zum Reformationsjubiläum mitinitiiert hat; er- mit Vergangenem. Schmerzhaftem. Trennendem.
image d’un ta
bleau d’ensemble
blickt hat Rehmat die Bilder anlässlich des Kir- Die reformierte Kirche, selber Frucht eines Tren-
imaginaire. chentags in Berlin. Beide erinnern an das Befrei- nungsdramas, kennt selbst solche «Leichen im
Keller». Sinnigerweise wird in ihren Räumen bis
heute Getrenntheit reproduziert und reinszeniert,
so auch im muffigen Untergeschoss des Kirchge-
meindehauses. Menschen finden nicht zueinan-
der. Wo das geschieht – und es passiert alltäglich
– und wahrgenommen wird, kann ein spirituelles
Intermezzo oder Finale befreiend wirken. Der lee-
re Kirchenraum, zukunftsoffen und hoffnungsge-
tränkt, bietet sich als geschützter Ort dafür an. In
Stille, vielleicht im Gebet kann Ungesagtes, Ge-
fühltes, Verletzliches an die Oberfläche schwap-
pen. Im Aufatmen, in Annahme und Verwandlung,
die darin erfahren werden kann, vollzieht sich
zwischenmenschliche Nähe, geschieht Gott.
Ein Bild sagt mehr als die rund tausend Worte,
© Kathrin Rehmat / Künstler unbekannt
die Sie bis hier gelesen haben. Bilder sind eine
Selbstvergewisserung, sie bestätigen den Wert
und die Weisheit einer Wirklichkeit. Die refor-
mierte Kirche telquel, fern jeglicher Überlebens-
ängste, fern eines dauerreformatorischen oder
missionarischen Aktivismus, kann sich sehen
lassen.
6 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 7/ 2 2
© Micha Aregger / www.michaa.ch
Un demi-millénaire après la flambée de plongent dans des images qui les attirent. Les «Les ballons gon
F flés symbolisent
l’iconoclasme, la foi protestante continue images s’imposent d’autant plus à notre conscience l’air en tant que
de produire des images. Des artistes créent des qu’elles sont bannies au nom d’une divinité matière et don
de Dieu.»
œuvres à l’occasion du jubilé de la Réforme, des qui leur serait hostile. Une foi tournée vers les
«Die aufgeblase-
pasteurs s’inspirent d’images marquantes. humains et vers le monde ne saurait les ignorer. nen Bälle verwei-
Que révèlent-elles de l’état actuel et du poten- Jetons un regard sur quelques représentations ac- sen auf das gott-
gegebene Material
tiel de l’Eglise réformée? tuelles de la foi réformée auxquelles ont contribué der Luft.»
un artiste, un pasteur stagiaire, une pasteure et
un professeur d’université.
Par Remo Wiegand*
Univers visuels réformés
Peu après l’affichage des thèses de Luther, une D’innombrables ballons d’un gris scintillant, soli-
vague d’iconoclasme a déferlé sur l’Europe. En dement attachés les uns aux autres, sont suspen-
Suisse aussi, des images, des peintures et des dus à la façade de l’église réformée d’une petite
sculptures ont été bannies des églises. Tout ce qui ville de Suisse. Ils s’enroulent autour du clocher,
avait été vénéré à la place du Dieu révélé dans la encerclent le fier et rigide monument comme un
seule Bible devait disparaître d’une Eglise qui en- frai de grenouille vivant et palpitant, ou comme
tendait mettre la seule Parole en son centre. une mousse légère. Quelques ballons «trans-
Pourtant, malgré sa culture de prédication percent» les murs, resurgissent à l’intérieur sous
d’une grande richesse, malgré ses exégèses bi- les vitraux du chœur. A part cela, l’église néogo-
bliques révolutionnaires, malgré un scepticisme thique est vide. Ce n’est pas une église désertée
justifié face à l’utilisation abusive de l’univers déplorant sa perte de signification, mais un espace
visuel, l’Eglise réformée n’a jamais pu totalement volontairement sobre qui refuse toute forme de
se défaire des images. Ces dernières donnent un tape-à-l’œil spirituel et religieux.
aspect tangible à la foi, l’aident à prendre forme. Au sous-sol du bâtiment paroissial voisin se
Les humains cherchent dans les espaces intérieurs trouve une salle de réunion: béton apparent, mo-
un sentiment de sécurité, d’attachement et se quette vert olive, esthétique des années 1970. Ce-
la sent le renfermé. Un groupe de personnes est
* Journaliste indépendant et théologien assis autour d’une table et boit du jus de pomme.
EN S EM B L E 20 1 7/ 2 2 —– D oss i e r 7
Quelques feuilles sont disposées au centre. Les à la libération de l’art de la sphère sacrée et son
personnes discutent entre elles dans l’harmonie, ouverture à la sphère profane, qui a entraîné un
en évitant la controverse. Leurs sourcils froncés immense élan de créativité. Ainsi, la foi de la
trahissent la volonté de garder un sérieux adapté liberté suscite aujourd’hui encore des contradic-
à la circonstance. Deux tableaux sont accrochés à tions durables et étroitement liées qui sont source
la paroi de la salle. L’un d’eux a pour principal de créativité.
motif un livre dont les pages ouvertes font penser L’antithèse au nuage du souffle se joue dans la
aux ailes d’un oiseau – une colombe? –; sous le salle de réunion à l’atmosphère renfermée du
livre, un griffonnage sauvage, au-dessus, des bâtiment paroissial. L’image est née de l’imagina-
lettres et des mots multicolores formant un en- tion du jeune théologien Dominik von Allmen, qui
semble bigarré mais néanmoins ordonné. Le vient de commencer son stage pastoral à Bürglen
deuxième tableau présente une calligraphie de près de Bienne. Dominik von Allmen a intitulé son
caractères arabes qui voguent comme des navires «tableau» avec ironie: «spiritualité protestante».
sur la mer. Les voiles sont hissées en direction d’un Il y démasque la réunion comme une prière céré-
soleil d’une blancheur éblouissante vers lequel se brale en groupe, illustrée par le signe commun du
dirigent les bateaux. Sous les caractères, la mer froncement de sourcils. Une prière qui ne parvient
semble très agitée, mais en même temps domptée. pas à déboucher sur un moment de partage
détendu et vivant. Que manque-t-il à cette «eccle-
Légèreté et gravité siola», cette Eglise en miniature pour qu’elle
Quels sont les principaux messages véhiculés par devienne aussi vivante?
ce tableau d’ensemble imaginaire, dont les diffé-
Des caractères rentes parties ont été assemblées par l’auteur de Des lettres vivantes
arabes qui voguent
comme des navires cet article; comment l’interpréter par rapport à Les peintures suspendues à la paroi de la salle de
sur la mer»: l’Eglise réformée? Le thème dominant qui s’en réunion dans le tableau d’ensemble imaginaire
deuxième image du
tableau d’ensemble dégage est l’une des préoccupations fonda constituent une tentative de réponse. Elles pro-
imaginaire. mentales de la Réforme: la liberté. Intitulée viennent du souvenir de la pasteure biennoise
«Buchstaben, die
«Atemwolke» (nuage du souffle), l’installation de Kathrin Rehmat, qui a elle-même participé au
als Boote auf dem
Meer schwimmen»: ballons est une œuvre de Micha Aregger qui orne lancement de plusieurs projets artistiques. Kathrin
Bild zwei
im imaginären
différentes églises réformées de la région de Rehmat les a vues lors du Kirchentag à Berlin. Les
Gruppenraum. Lucerne durant l’année commémorative de la deux tableaux rappellent une expérience libéra-
trice vécue dans la lecture, et notamment l’«expé-
rience de la tour» au cours de laquelle le moine
Martin Luther découvre enfin un Dieu miséricor-
dieux dans la lecture de l’Epître aux Romains. Dans
le prolongement de la Réforme, d’innombrables
personnes ont ensuite pu éprouver la force éman-
cipatrice de la Bible, mais aussi de l’éducation et
des livres en général.
Alors, pourquoi les textes autour desquels est
assemblé le petit groupe de discussion réformé
n’ont-ils pas le même effet libérateur? Peut-être
parce que ce n’est pas dans la lecture commune
que les meilleurs ouvrages livrent leurs secrets,
mais, à l’instar de Luther, dans un tête-à-tête
intime entre le lecteur et l’auteur? Peut-être faut-
il aussi chercher la réponse dans l’espace entre le
© Shahid Alam
sous-sol renfermé de la maison de paroisse et le
clocher orné du nuage du souffle: dans la simpli-
cité de l’intérieur de l’église réformée. Tous les
interlocuteurs interrogés s’accordent à louer la
éforme. Selon l’artiste, les ballons gonflés sym-
R dignité de son dépouillement, sa sobriété discrète,
bolisent l’air en tant que matière et don de Dieu témoignant d’une réticence envers toute forme
qui unit tous les humains. Une légèreté, une allé- de faste. Pour Johannes Stückelberger, professeur
gresse aériennes et célestes enveloppent ce nuage d’esthétique religieuse et ecclésiale à l’Université
auquel fait en même temps écho la gravité d’une de Berne, une église réformée, dans son dénue-
transmission frontale de la foi par la parole. ment, est «la manifestation visuelle du message
L’espace de liberté représenté par l’air rappelle libérateur dans lequel la foi protestante trouve son
aussi implicitement la contribution de la Réforme fondement». Ici, l’individu peut simplement être
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© Micha Aregger / www.michaa.ch
lui-même, sans avoir rien à faire, rien à produire. un intermède de spiritualité peut avoir un effet «Une légèreté, une
allégresse aériennes
Il est aimé les mains vides et libéré pour retrouver libérateur. L’intérieur dépouillé de l’église, ouvert et célestes.»
une estime de soi inconditionnelle. Il peut y à l’avenir, imprégné d’espérance, offre à cet égard «Eine himmlisch-
respirer la pure grâce de l’existence, comme l’air un espace protégé privilégié. Dans le silence, peut- luftige Leichtigkeit
und Verspieltheit.»
qui unit tous les humains. être dans la prière, l’inexprimé, les sentiments
éprouvés, les blessures peuvent s’épancher. Et c’est
Un lieu de transformation dans l’apaisement, l’acceptation et la transfor
Les espaces vides nous attirent, car nous sommes mation pouvant être vécus en ces instants que
emplis de notre passé, de nos souffrances, de nos s’accomplit le rapprochement des humains, que
ruptures. L’Eglise réformée, elle-même fruit d’un se produit Dieu.
drame de la séparation, porte aussi un lourd hé- Une image dit plus que les quelque mille mots
ritage. Aujourd’hui encore, cette séparation est que vous avez lus jusqu’ici. Les images affirment
reproduite et mise en scène dans ses locaux, une identité, elles confirment la valeur et la
comme dans le sous-sol de la maison de paroisse. sagesse d’une réalité. Loin de toute crainte de sur-
Des individus n’arrivent pas à se rapprocher. vie et de tout activisme réformateur ou mission-
Lorsque cette situation se présente – ce qui arrive naire, l’Eglise réformée peut être fière de se pré-
quotidiennement – et que l’on en prend conscience, senter telle qu’elle est.
EN S EM B L E 20 1 7/ 2 2 —– D oss i e r 9
LA RÉVOLUTION
DE L’IMPRIMERIE ET
LA RÉFORME
LE MUSÉE INTERNATIONAL DE LA RÉFORME
REVOLUTIONIERUNG DES DRUCKWESENS UND REFORMATION
INTERNATIONALES MUSEUM DER REFORMATION
A l’occasion des 500 ans de la naissance du savoir la Bible. Depuis le 4 juin dernier, un exem-
protestantisme, le Musée international de la plaire unique est ainsi en cours de constitution,
Réforme de Genève présente une presse géante de la Genèse à l’Apocalypse, à raison de dix pages
de Gutenberg reconstituée qui permet d’impri- imprimées par jour. Cette Bible anniversaire de
mer une Bible à la main. Les réflexions de 800 pages est enrichie d’illustrations inédites réa
son nouveau directeur, le théologien d’origine lisées en direct sur la presse par quatre artistes
neuchâteloise Gabriel de Montmollin. contemporains. Durant 130 jours, le public est in-
vité à participer à cet événement au cœur d’une
exposition qui présente également 17 best-sellers
des premiers temps de l’imprimerie. Les visiteurs
Par Nathalie Ogi peuvent ainsi découvrir, souvent dans des éditions
premières, des documents tels que les 95 thèses
Pourquoi exposer une presse de Gutenberg pour le de Luther, son Nouveau Testament de 1524, mais
Jubilé de la Réforme? aussi l’Eloge de la folie d’Erasme, un Index catho-
L’idée est de montrer à quel point la révolution lique des livres interdits ou encore les Essais de
fulgurante de l’imprimerie, survenue environ Montaigne. Ces livres, très rares, nous ont été
70 ans avant la Réforme, a été décisive pour l’ex- prêtés par d’importants musées et permettent
pansion du protestantisme. Sans elle, ni Martin de mettre en évidence les effets de l’imprimerie
Luther, ni Ulrich Zwingli n’auraient connu un tel non seulement sur la religion, mais aussi sur les
succès au XVIe siècle. L’imprimerie a véritablement développements littéraires et philosophiques de
permis la diffusion de leurs écrits et la création l’époque.
d’une vaste opinion publique. Cette invention a
aussi permis de donner naissance à la démocratie, Le public est-il au rendez-vous?
à l’information et a facilité l’accès à la lecture. La Le bilan est d’ores et déjà très positif, malgré
Réforme est en fait arrivée au bon moment et cette la saison estivale traditionnellement moins favo-
révolution technique, aussi puissante que celle rable aux visites de musées. L’exposition remporte
d’internet, a beaucoup profité à la diffusion des un grand succès, avec 40 pour cent de visiteurs en
95 thèses de Luther contre le trafic des indul- plus que d’ordinaire. Durant le mois de mai, nous
gences. Plus de 300 000 exemplaires de ses écrits avons même doublé le nombre d’entrées. Le public
sortirent de presse entre 1517 et 1520 et près de apprécie beaucoup le côté interactif de l’exposi-
3700 éditions différentes de ses œuvres furent im- tion et le fait de pouvoir imprimer lui-même des
primées durant les 30 dernières années de sa vie. pages de la Bible. Il peut aussi assister à une dou-
zaine de conférences-débats, suivre des visites
En quoi consiste exactement cette exposition? guidées insolites et assister à la participation ex-
Nous avons fait construire une presse de trois ceptionnelle de diverses personnalités qui
mètres de haut sur laquelle nous imprimons en- viennent « serrer la vis» et imprimer une page qui
tièrement à la main le best-seller de l’époque, à intégrera le recueil final.
10 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 7/ 2 2© Nicolas Righetti
Votre musée a-t-il besoin de réformes? Comment améliorer encore la fréquentation? Gabriel
de Montmollin
J’ai repris la direction de ce musée il y a huit Habituellement, le musée compte environ
mois et il est vrai que cette exposition du Jubilé 60 visiteurs par jour. La fréquentation est bonne,
de la Réforme devait un peu servir de laboratoire mais nous pourrions l’améliorer encore. Il s’agit
pour tester de nouvelles formules. L’institution de mieux nous faire connaître, en créant de nom-
propose déjà passablement d’activités au public breux événements pour que le public vienne, mais
et c’est d’ailleurs une des raisons de son succès. surtout revienne. Nous avons mis sur pied des
L’idée est d’intéresser les gens sans que ces der- médiations culturelles, nous nous associons éga-
niers aient besoin pour autant de rédiger une lement à la vie des autres musées genevois, avec
profession de foi avant de visiter le musée. Il ne des manifestations comme la Nuit des musées, ou
s’agirait pas d’effaroucher des visiteurs davantage les Journées du patrimoine. Aujourd’hui, un musée
attirés par l’aspect historique de la Réforme. Mais est aussi un lieu de rencontre et non plus le simple
nous recevons aussi de nombreux visiteurs amé- défilé devant des vitrines muettes. Je dois dire que
ricains qui veulent découvrir l’origine de leur foi je peux travailler sur un socle positif, construit par
et de leur Eglise. Le défi consiste donc à présenter tous les fondateurs du musée. Je bénéficie d’un
la Réforme de manière compréhensible pour une héritage solide et cette institution est une véri-
visite rapide d’un quart d’heure, mais également table réussite dans le monde de la Réforme.
de proposer une visite plus longue de deux
heures, qui permette aussi de se plonger dans les Comment évaluez-vous le Jubilé de la Réforme?
nombreux documents originaux qui y sont pré- Jusqu’au 10 septembre prochain, je dirige aus-
sentés. Quoiqu’il en soit, nous avons beaucoup si un autre projet d’exposition, celui du pavillon
d’idées pour de futures expositions, mais l’objec- suisse «Prophezey» à l’exposition mondiale de la
tif n’est pas de révolutionner le musée, mais de Réforme de Wittenberg. Il est destiné à faire com-
le réformer progressivement. De nombreux objets prendre la Réforme suisse aux Allemands. En
dorment aussi dans nos dépôts et il serait bon de Suisse, les activités sont encore à venir. Les églises
les exposer de temps en temps. Mais nous avons se sont plus ou moins mobilisées pour cet anni-
aussi l’obligation de créer une réflexion plus versaire. De nombreux événements ont été orga-
générale afin de faire comprendre ce qu’est la nisés dans le canton de Vaud. A mon avis, le
Réforme. battage est un peu moins important pour ce j ubilé
EN S EM B L E 20 1 7/ 2 2 —– D oss i e r 11que pour le 500e anniversaire de la naissance de Druckwesens rund 70 Jahre vor der Reformation
Calvin en 2009. Il est vrai que Martin Luther a für den Protestantismus war. Ohne diese Revolu-
p ublié ces thèses en Allemagne. Les activités tion hätten weder Martin Luther noch Ulrich
seront peut-être plus importantes l’an prochain Zwingli im 16. Jahrhundert einen derartigen Erfolg
avec les commémorations autour de Zwingli gehabt. Das Druckwesen hat es letztlich ermög-
à Zurich. A deux mois du 31 octobre 2017, date licht, ihre Schriften zu verbreiten und die öffent-
anniversaire du jubilé de la Réforme, tout ne s’est liche Meinung zu verändern. Die Erfindung der
toutefois pas encore déployé. Le Musée inter Druckpresse hat der Demokratie, der Verbreitung
national de la Réforme, lui, reliera ce jour-là son von Informationen den Weg erleichtert und den
exemplaire unique de Bible anniversaire, pour ce Zugang zur Lektüre vereinfacht. Die Reformation
qui sera également son dernier jour d’exposition. kam gerade zur rechten Zeit. Die technische Inno-
Il s’agit sans aucun doute d’un événement mar- vation, vergleichbar mit der heutigen Auswirkung
quant de ce 500e. des Internets, konnte viele Vorteile aus der Ver-
breitung der 95 Thesen von Luther gegen den
Ablasshandel ziehen. Über 300 000 Exemplare
Das Internationale Museum der Reforma- seiner Schriften verliessen zwischen 1517 und 1520
D
tion in Genf zeigt eine riesige, nachgebau- die Druckpresse. Während seiner letzten 30 Le-
te Gutenberg-Druckpresse, mit der man von bensjahre erschienen zudem gegen 3700 verschie-
Hand eine Bibel drucken kann. Ein paar Über- dene Ausgaben seiner Schriften.
legungen dazu vom neuen Museumsdirektor,
dem ursprünglich aus Neuenburg stammenden Was ist in der Ausstellung konkret zu sehen?
Theologen Gabriel de Montmollin. Wir haben eine Druckpresse von drei Metern
Höhe in Auftrag gegeben. Auf dieser Presse dru-
cken wir ausschliesslich von Hand den Bestseller
Von Nathalie Ogi jener Zeit: die Bibel. Seit dem 4. Juni wird ein ex-
klusives Exemplar hergestellt. Von der «Genesis»
Aus welchen Gründen wird zum Reformations bis zur «Apokalypse» werden pro Tag zehn Seiten
jubiläum eine Gutenberg-Presse ausgestellt? gedruckt. Diese Jubiläumsbibel umfasst 800 Seiten
Gabriel
Die Idee dahinter ist folgende: Wir wollen zei- und enthält speziell dafür kreierte Illustrationen.
de Montmollin gen, wie entscheidend die rasante Revolution des Diese werden von vier zeitgenössischen Künstlern
direkt auf der Presse hergestellt. Während 130 Ta-
gen ist das Publikum eingeladen, die Produktion
mitzuverfolgen. In der Ausstellung werden eben-
falls 17 Bestseller aus den Anfangszeiten des
Druckwesens gezeigt. Die Besuchenden können
Dokumente wie beispielsweise die 95 Thesen von
Luther, sein Neues Testament von 1524, aber auch
das «Lob der Torheit» von Erasmus, ein katholi-
sches Verzeichnis der verbotenen Bücher oder die
Essais von Montaigne entdecken. Einige dieser
Druckwerke sind in ihrer Erstausgabe ausgestellt.
Die sehr seltenen Bücher wurden uns von renom-
mierten Museen ausgeliehen. Damit wird aufge-
zeigt, dass sich der Buchdruck nicht nur auf die
Religion, sondern auch auf die literarischen und
philosophischen Entwicklungen jener Zeit ausge-
wirkt hat.
Zieht das Publikum mit?
Die Bilanz fällt schon jetzt trotz der Sommer-
saison, in der Museumsbesuche nicht unbedingt
die erste Wahl sind, positiv aus. Die Ausstellung
ist ein grosser Erfolg, denn wir haben 40 Prozent
mehr Besucher als gewöhnlich. Im Mai konnten
wir die Besucherzahlen sogar verdoppeln. Das Pu-
© Nicolas Righetti
blikum schätzt den interaktiven Teil der Ausstel-
lung und die Möglichkeit, selber Seiten aus der
Bibel drucken zu können. Es gibt zudem ein Dut-
12 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 7/ 2 2zend Konferenzen und Diskussionsanlässe. Man useums aufbauen. Ich profitiere von einem so-
M
kann an speziellen Führungen teilnehmen und liden Erbe. Diese Institution ist ein echter Erfolg
verschiedene Aktivitäten beobachten, wie zum in der Welt der Reformation.
Beispiel die Wartung der Druckpresse oder das
Drucken von Seiten. Wie schätzen Sie das Reformationsjubiläum ein?
Bis zum kommenden 10. September leite ich
Braucht Ihr Museum eine Reformation? auch noch ein anderes Ausstellungsprojekt: den
Ich habe die Leitung des Museums vor acht Schweizer Pavillon «Prophezey» an der Weltaus-
Monaten übernommen, und es stimmt schon: Die stellung Reformation in Wittenberg. Mit dem Pa-
Ausstellung Reformationsjubiläum soll auch ein villon soll den deutschen Besuchenden die Schwei-
wenig als Versuchslabor dienen, um neue Ange- zer Reformation nähergebracht werden. In der
bote zu testen. Wir bieten dem Publikum schon Schweiz sind die Aktivitäten erst am Anlaufen. Die
heute recht viele Aktivitäten. Das ist übrigens
auch einer der Gründe für den Erfolg. Die Idee
dahinter: Wir wollen bei den Leuten das Interesse
wecken und auch jene ansprechen, die keinen
kirchlichen Beruf ausüben. Dabei sollen diejeni-
gen, die sich für die historischen Aspekte der Re-
formation interessieren, natürlich nicht abge-
schreckt werden. Wir haben aber auch viele
amerikanische Besucher, welche die Ursprünge
ihres Glaubens und ihrer Kirche kennenlernen
möchten. Die Ausstellung sollte man in einer Vier-
telstunde besuchen können. Sie sollte aber auch
genügend Stoff für zweistündige Aufenthalte bie-
ten. Die Herausforderung besteht also darin, die
Reformation so darzustellen, dass sie einerseits im
Rahmen eines Kurzbesuches verständlich wird,
aber auch einen längeren Aufenthalt ermöglicht,
bei dem man sich in die Originaldokumente ver-
tiefen kann. Wir haben jedenfalls viele Ideen für
künftige Ausstellungen, wobei das Ziel nicht ist,
das Museum zu revolutionieren. Wir wollen es
vielmehr nach und nach neu gestalten. Wir ver-
fügen über viele Ausstellungsstücke, die in unse-
ren Lagerräumen «schlummern». Es wäre schön,
© Nicolas Righetti
wenn wir sie von Zeit zu Zeit präsentieren können.
Wir haben aber auch die Verpflichtung, tiefergrei-
fende Überlegungen anzustellen, um zu verste-
hen, was die Reformation im Kern genau ist.
Kirchen haben sich mehrheitlich für das Jubiläum Gabriel
de Montmollin
Wie könnten die Besucherzahlen auch noch erhöht mobilisiert. Im Kanton Waadt wurden zahlreiche
werden? Anlässe organisiert. Nach meiner Einschätzung
Für gewöhnlich wird das Museum von 60 Per- wirft das Jubiläum ein bisschen weniger hohe
sonen pro Tag besucht. Die Besucherzahlen sind Wellen als der 500. Jahrestag der Geburt von
gut, aber wir können sie noch verbessern. Es geht Calvin im Jahr 2009. Es ist natürlich schon so, dass
darum, unseren Bekanntheitsgrad zu erhöhen, Martin Luther die Thesen in Deutschland publi-
indem wir viele Anlässe auf die Beine stellen, die ziert hat. Vielleicht wird es nächstes Jahr anläss-
das Publikum anziehen. Wir möchten es aber auch lich der Gedenkfeiern rund um Zwingli in Zürich
dazu bringen, uns wieder zu besuchen. Wir haben mehr Aktivitäten geben. Zwei Monate vor dem
Kulturvermittlungen organisiert und suchen die 31. Oktober 2017, dem Jahrestag des Reformations-
Zusammenarbeit mit anderen Genfer Museen, et- jubiläums, ist noch nicht alles Pulver verschossen.
wa bei Anlässen wie der Nacht der Museen oder Das Internationale Museum der Reformation wird
den Tagen des Denkmals. Heute ist ein Museum an diesem Tag das Unikat seiner Jubiläumsbibel
auch ein Ort der Begegnung. Man spaziert nicht binden. Die Fertigstellung des Buches fällt zusam-
mehr einfach an den stummen Ausstellungs men mit dem letzten Ausstellungstag. Es wird
stücken in den Schaukästen vorbei. Ich kann auf zweifellos ein Ereignis sein, das den 500. Jahrestag
einem positiven Fundament der Gründer des prägen wird.
EN S EM B L E 20 1 7/ 2 2 —– D oss i e r 13L ’ I L L U M I N AT I O N DU PA L A I S F É DÉ R AL
«Rendez-vous Bundesplatz» avec la Réforme
Le fabuleux spectacle son et lumière Contenu non dévoilé encore
«Rendez-vous Bundesplatz» clôturera cet Le secret reste entier sur le contenu de la manifes-
automne les festivités du Jubilé de la Réforme. tation qui entend surprendre ses spectateurs. Tout
Du 13 octobre au 25 novembre, l’illumination au plus sait-on que la première aura lieu le 13 oc-
du Palais fédéral à Berne permettra de tou- tobre à 19 heures en plein cœur de la ville fédérale
cher un large public. et que le spectacle compilera 17 scènes et un mon-
tage rassemblant au total 75 000 images. La direc-
trice de Starlight Events ne dévoilera pas davan-
Par Nathalie Ogi tage d’informations sur la musique, même si elle
affirme qu’il devrait y en avoir pour tous les goûts.
La Fédération des Eglises protestantes de Suisse Mais pas d’impatience: dès la mi-septembre, un
(FEPS) est à l’origine du projet. C’est elle qui a résumé de l’histoire sera disponible sur le site in-
contacté en début d’année Brigitte Roux, proprié- ternet www.rendez-vousbundesplatz.ch. Au t otal,
taire et directrice de l’entreprise Starlight Events six mois de travail intenses sont nécessaires aux
afin qu’elle organise un événement sur ce thème. artistes pour produire ce spectacle de haute qua-
L’historien et journaliste Martin Hauzenberger a lité technique, dont le budget est conséquent. Le
transmis à l’organisatrice son enthousiasme pour Pourcent culturel Migros, la FEPS, la ville de Berne,
la Réforme et achevé de la convaincre de réaliser les Eglises réformées et de nombreux autres petits
un spectacle sur ce sujet historique et religieux. sponsors permettront au public d’assister gratui-
Les artistes membres de Casa Magica à Tübingen tement à cette manifestation sur la Place fédérale.
ont également collaboré au projet: Friedrich Förs- A la différence des éditions précédentes, ce spec-
ter est scientifique de formation et développe des tacle présentera cette année une production plus
projets culturels multimédia, utilisant la projec- intellectuelle et historique, soulignent les organi-
tion et le laser, tandis que Sabine Weissinger a sateurs. Rappelons que «Rendez-vous Bundesplatz»
étudié la science des religions. Ils étaient les mieux est réalisé pour la septième année consécutive à
à même de réaliser cette production. «Nous avons Berne. L’an dernier, le rendez-vous était dédié à la
visité le Musée historique de Berne et de nom- Croix-Rouge suisse, à l’occasion de son 150e anni-
Le spectacle son
et lumière compile breuses autres expositions afin d’échafauder en- versaire. En 2015, le spectacle était consacré au
17 scènes de semble le storyboard du spectacle», souligne Bri- Cervin et en 2014 au Pilate. En 2011, le premier évé-
la Réforme.
gitte Roux. La FEPS a ensuite donné son feu vert nement son et images avait époustouflé les Bernois
Das Lichtspiel
umfasst 17 Szenen
aux artistes afin qu’ils poursuivent librement leur avant de prendre rapidement une dimension su-
zur Reformation. création jusqu’à la fin septembre. prarégionale. Chaque année, ce sont plus d’un
demi-million de spectateurs qui assistent à l’évé-
nement.
L I C H TS P I E L A M B U N D E S H AU S
D «Rendez-vous Bundesplatz»
mit der Reformation
Das wunderbare Ton- und Lichtspektakel «Ren-
dez-vous Bundesplatz» schliesst diesen Herbst
die Feierlichkeiten zum Jubiläum der Reforma-
tion ab. Vom 13. Oktober bis 25. November wird
das Lichtspiel am Bundeshaus in Bern ein brei-
tes Publikum ansprechen.
Von Nathalie Ogi – Der Schweizerische Evangeli-
sche Kirchenbund (sek) war Ausgangspunkt des
Projekts. Er kontaktierte Anfang Jahr Brigitte
© Starlight Events
Roux, die Inhaberin und Direktorin von Starlight
Events. Dies um mit ihr einen Anlass zum Refor-
mationsjubiläum zu organisieren. Der Historiker
14 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 7/ 2 2© Starlight Events
und Journalist Martin Hauzenberger konnte seine irektorin von Starlight Events wird vorgängig
D Ein Spektakel von
hoher technischer
Begeisterung für die Reformation auf die Organi- keine Informationen zur Musik verraten, sie ist Qualität.
satorin übertragen und sie dafür gewinnen, ein jedoch überzeugt, dass es für jeden Geschmack Un spectacle
Spektakel zu diesem historischen und religiösen etwas haben wird. Aber Geduld, Geduld: Ab Mitte de haute qualité
Thema zu realisieren. Die in der Casa Magica in September wird auf der Website www.rendez- technique.
Tübingen tätigen Künstler sprangen ebenfalls auf vousbundesplatz.ch immerhin eine Zusammen-
den Zug auf: Friedrich Förster ist Wissenschaftler fassung der Geschichte aufgeschaltet. Die Künstler
und entwickelt Multimedia-Kulturprojekte, bei benötigten sechs Monate intensiver Arbeit, um
denen er Film- und Diaprojektionen sowie Laser dieses Spektakel von hoher technischer Qualität –
einsetzt, während Sabine Weissinger Religions- was auch ein entsprechendes Budget voraus-
wissenschaften studiert hat. Sie bildeten das ide- setzt – auf die Beine zu stellen. Das Migros-Kultur-
ale Gespann, um diese Produktion zu realisieren. prozent, der SEK, die Stadt Bern, die Reformierten
«Wir haben das Bernische Historische Museum Kirchen Bern-Jura-Solothurn und zahlreiche wei-
und zahlreiche weitere Ausstellungen besucht, tere kleinere Sponsoren ermöglichen es dem
um das Storyboard für das Spektakel zu gestal- P ublikum, der Show auf dem Bundesplatz unent-
ten», erzählt Brigitte Roux. Der SEK gab den Künst- geltlich beizuwohnen. Im Unterschied zu den vor-
lern anschliessend grünes Licht, damit sie ihr herigen Ausgaben wird das Spektakel dieses Jahr
Werk bis Ende September ohne weitere Vorgaben intellektueller und historischer, betonen die Or-
fertigstellen konnten. ganisatoren. «Rendez-vous Bundesplatz» in Bern
findet bereits zum siebten aufeinanderfolgenden
Einzelheiten noch geheim Mal statt. Letztes Jahr war der Anlass dem 150-jäh-
Der Schleier soll noch nicht gelüftet werden, denn rigen Bestehen des Schweizerischen Roten Kreuzes
die Besucherinnen und Besucher dürfen sich über- gewidmet. 2015 stand das Matterhorn im Zentrum
raschen lassen. Das einzige, was bis jetzt bekannt und 2014 der Pilatus. 2011 hatte der Event noch
ist: Die Premiere wird am 13. Oktober um 19 Uhr fast ausschliesslich die Bundesstädter begeistert,
mitten in der Bundesstadt über die Bühne gehen. danach nahm er rasch eine überregionale Dimen-
Das Lichtspiel wird 17 Szenen umfassen und es sion an. Jährlich wird er von mehr als einer halben
werden insgesamt 75 000 Bilder gezeigt. Die Million Zuschauern besucht.
EN S EM B L E 20 1 7/ 2 2 —– D oss i e r 15G L AUBENSTWEETS KIRCH ENB UN D
Freiheit feiern?!
Ab Ende September verbreitet der Schweize-
rische Evangelische Kirchenbund (SEK) so-
genannte Glaubenstweets auf sozialen Medien
als Beitrag zum Reformationsjubiläum.
Doch was sollen sie uns sagen?
Von Frank Mathwig*
Wie feiern Sie Ihre Freiheit? Das ist eine ähnlich
seltsame Frage wie diejenige danach, was der Reformatorische
Wind tut, wenn er nicht weht. Wir feiern ausser- Verkehrspolitik:
ohne Staus und U
gewöhnliche Ereignisse und die Erinnerung daran, mleitungen
nicht aber Selbstverständlichkeiten. Es gibt keine direkt zu Gott
Gründe, um sich an völlig Vertrautes zu erinnern
und darüber nachzudenken, wo es herkommt und
© SEK
wem wir es verdanken. Der Wert des Selbstver-
ständlichen kommt erst dann in den Blick, wenn
es aufgehört hat, selbstverständlich zu sein.
heit für die permanente Erneuerung, ist keine
Selbstverständliche Freiheiten? reformatorische Erfindung. Sie entspringt der
Die Erinnerung an die Reformation vor 500 Jahren biblischen Einsicht, dass es nur einen Herrn der
bricht mit solchen Gewohnheiten und lenkt die Kirche und Welt gibt: «solus» Jesus Christus. Alle
Aufmerksamkeit auf das Selbstverständliche: die menschlichen Bemühungen bleiben vorläufig und
Vorstellung von der Glaubens- und Gewissensfrei- sind allenfalls Mittel in Gottes Bauplan für seine
heit, aus der sich viel später die moderne Idee der Welt und Kirche. Der reformatorische Mut, die
Menschenrechte entwickelte, die Forderung nach Gestaltung der Kirche und Welt in die Hände aller
Bildung für alle, die synodale Organisation der Menschen zu legen, wäre blanker Übermut ohne
Kirche als Musterbeispiel demokratischer Struk- das Wissen, dass es Gottes Kirche und Welt ist und
turen, die Säkularisierung von Beruf und welt bleibt. Auch die aus Stein gebauten Kathedralen
lichen Institutionen als Impulsgeber für die mo- sind nicht für die Ewigkeit gemacht. Folgerichtig
derne arbeitsteilige Gesellschaft usw. Während war der Genfer Reformator Johannes Calvin ein
sich diese reformatorischen Folgen zu Fundamen- ekklesiologischer Camper und kein kirchlicher
ten unserer Kultur und Gesellschaft verselbstän- Monumentalarchitekt.
digten, gerieten die Motive und Gründe dahinter Die Glaubenstweets greifen diese Rückseite der
immer mehr in Vergessenheit. Wir beanspruchen politischen und gesellschaftlichen Errungenschaf-
ganz selbstverständlich die Freiheiten, die wir den ten der Reformation auf, die eigentlich die Vorder-
damaligen Aufbrüchen verdanken. Aber die Ab- seite ist, auf die es ausschliesslich ankommt. Die
sichten und Ziele dieser revolutionären kirch Botschaften sind geistliche Powerdrinks für die
lichen Befreiungsbewegung sind vielen fremd wandernde Kirche. Sie befreien von dem Ballast,
geworden. der das wandernde Gottesvolk auf seiner Reise un-
nötig belasten oder sein Vorwärtskommen unmög-
Ekklesiologischer Camper lich machen würde. Und selbstverständlich stellen
Gegen dieses kollektive Vergessen erinnern die die Tweets alle unsere liebgewordenen Selbstver-
Kirchen an die Reformation. Ungeachtet aller, aus ständlichkeiten auf den Kopf.
dem Alltag weder wegzudenkenden noch wegzu-
wünschenden Folgen ging es den Reformatoren Tweet me!
um etwas ganz anderes: Sie wussten, dass nichts Die Glaubenstweets werden ab 25. September
so bleibt, wie es ist – nicht einmal die Kirche. 2017 veröffentlicht und laden zum Nachdenken
« Zurück auf Vorwärts», lautete ihr Motto, das über den eigenen Glauben ein.
nichts von seiner Aktualität verloren hat. Die viel Alle interessierten Personen können die Bei-
zitierte Formel «semper reformanda», die Offen- träge auf Twitter (twitter.com/sekfeps) und
Facebook (www.facebook.com/sek.feps) teilen.
* Beauftragter für Theologie und Ethik SEK
16 D oss i e r —– EN S EM B L E 20 1 7/ 2 2Sie können auch lesen
