Report - Aktuell "Runter vom Gas": Sicherheit vor Eitelkeit - Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
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report DV R 4/2019 Fa c h m a g a z i n f ü r Ve r ke h rs s i c h e r h e i t Aktuell „Runter vom Gas“: Sicherheit vor Eitelkeit Mitglieder Im Blickpunkt Europa 60 Jahre Eco Safety Training DVR-Exkursion nach „Kavalier der Straße“ Skandinavien
Verkehrssicherheit muss Vorrang haben Im vergangenen Jahr sind 3.275 Menschen auf an den Straßenverkehr gerecht zu werden und unseren Straßen ums Leben gekommen, knapp eine sichere Mobilität zu ermöglichen. Gefahren 68.000 wurden schwer verletzt. Die Anzahl getö- müssen entschärft werden. So sieht es auch die teter Radfahrender ist im Vergleich zum Vorjahr Vision Zero vor, zu der sich die Bundesregierung um rund 16 Prozent gestiegen. Angesichts die- in ihrem Koalitionsvertrag bekannt hat. ser Zahlen muss Mobilität in Deutschland neu gedacht werden. Das wollen übrigens auch die Verkehrsteil- nehmenden. Eine von der Stiftung Mercator Das kürzlich gegründete „Bündnis für moderne geförderte Studie des RWI – Leibniz-Institut für Mobilität“, das sich aus Bundesverkehrsminister Wirtschaftsforschung und des Wissenschaftszen- Andreas Scheuer, der Verkehrsministerkonferenz trums Berlin für Sozialforschung aus diesem Jahr der Länder und den kommunalen Spitzenver- zeigt: Eine Mehrheit befürwortet eine Neuauftei- bänden zusammensetzt, ist ein richtiger Schritt, lung des öffentlichen Raums zugunsten von Fahr- allerdings muss die Verkehrssicherheit ein fester rad und ÖPNV, auch auf Kosten von Parkplätzen Bestandteil des Bündnisses werden. und Fahrspuren für den Autoverkehr. EDITORIAL Der Schutz von Menschenleben muss bei allen Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre, Planungs- und Gestaltungsvorhaben Vorrang herzlichst, Ihr haben. Was nutzen der Bau von unzähligen Radwegen oder neue Formen der Mobilität, wenn man sich auf oder mit ihnen nicht sicher fortbewegen kann? Gefragt sind intelligente Lösungen zur sicheren und gerechten Aufteilung Sven Rademacher, Chefredakteur des Verkehrsraums, denn der Straßenverkehr rademacher@vkm-dvr.de in unseren Städten wird immer komplexer und unübersichtlicher. Autos stehen im Stau, der Anteil an Fahrrädern und Pedelecs steigt, und es kommen neue Verkehrsmittel wie die E-Scooter hinzu. Dazwischen parken Lkw und Transporter auf der Straße oder auf Radwegen, um Waren oder Pakete ausliefern zu können. Auf Gehwegen geparkte Pkw verhindern das Durchkommen von Menschen, die mit einem Rollator unterwegs sind, oder von Eltern mit Kinderwagen. Tagtäglich wird auf unseren Straßen um den immer knapper werdenden Platz gerungen. Der Verkehr wird unübersichtlicher und damit gefährlicher, insbe- sondere für den Fuß- und Radverkehr. Eine Neuverteilung des Verkehrsraums ist daher notwendig, um den aktuellen Anforderungen der verschiedenen Verkehrsteilnehmergruppen 2 DVR-report 4/2019
ifz/DVR-Spot mit „OttoCar“ ausgezeichnet Der aktuelle ifz/DVR-Spot „Motorrad: Mit Sicher- humorvolle Weise: „Bleib konzentriert! Die Ande- heit!“ erhielt auf der Internationalen Automo- ren sind es vielleicht nicht!“. Denn häufig ist es die bil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main einen mangelnde Konzentration im Straßenverkehr, die der begehrten „OttoCar Awards“. zu Unfällen führt. RUNDSCHAU Mit dem Preis wurde die jahrelange und tradi- Den Spot ist auf den Facebook-Seiten des ifz und tionell erfolgreiche Zusammenarbeit der Esse- des DVR, auf dem ifz-YouTube-Kanal und auch ner Motorrad-Sicherheitsexperten mit dem DVR unter https://www.ifz.de/kampagne-bleib-kon- und der Agentur RIDDER WERKE ausgezeichnet. zentriert/ zu finden. ifz-Forschungsleiter Matthias Haasper (3.v.l.) und DVR-Referatsleiter Jürgen Bente (2.v.l.) nahmen die Trophäe in Empfang: „Es ist natürlich ein tol- ler Erfolg und eine Bestätigung unserer täglichen Arbeit. Motorradfahrer werden leider zu oft von Pkw-Fahrern übersehen. Die erneute Auszeich- nung ehrt uns und dokumentiert, dass wir mit Hilfe unserer Partner dank frischer Ideen für das Thema Motorradsicherheit sensibilisieren“, kom- mentierte Haasper die Preisverleihung der inter- nationalen Experten-Jury. Für den Social-Media-Spot „Motorrad: Mit Sicherheit“ Bei der Produktion handelt es sich um einen erhielten die Partner ifz, DVR und die Agentur RIDDER Social-Media-Spot. In 40 Sekunden mahnt er auf WERKE den „OttoCar“. Foto: ifz Inhaltsverzeichnis EDITORIAL2 RUNDSCHAU3 AKTUELL6 MITGLIEDER8 IM BLICKPUNKT 16 JOURNAL18 E U RO PA 22 INTERVIEW 24 WISSENSCHAFT26 IMPRESSUM 27 4/2019 DVR-report 3
Verkehrssicherheit in der Mongolei Der DVR hat in diesem Jahr Vertreter Hammer zeigte sich beeindruckt vom der Bundesanstalt für Straßenwesen Engagement der mongolischen Kol- (BASt) zur „ROAD EXPO MONGOLIA leginnen und Kollegen: „Sie wollen 2019“ begleitet. Die zweitägige Fach- bei der Verkehrssicherheit unbedingt konferenz fand in der mongolischen etwas erreichen und von unseren Hauptstadt Ulaanbaatar statt. Aufgrund Erfahrungen lernen.“ des hohen Interesses an Fragen der Verkehrssicherheit referierte DVR-Ge- Weitere Kooperationspartner sind schäftsführerin Ute Hammer über die die Landesstraßenbaubehörde Sach- verkehrssichere Gestaltung von Infra- sen-Anhalt (LSBB) und die Vereinigung struktur im Sinne der Vision Zero. Die der Straßenbau- und Verkehrsingeni- Mongolei hat bei einem Fahrzeugbe- eure Sachsen-Anhalt e.V. (VSVI). BASt, stand von circa einer Million Pkw jähr- DVR und VSVI verständigen sich zurzeit lich rund 500 Verkehrstote zu bekla- mit dem mongolischen Straßenbau- gen. In Relation zur Anzahl der Pkw verband auf Eckpunkte einer vertieften Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fach- würde das circa 28.500 Verkehrstoten Zusammenarbeit. konferenz in der Mongolei. Foto: DVR in Deutschland entsprechen. „Excellence in Road Safety Award“ für DVR-Motorradtrainings Das Europäische Qualitätssiegel für ausgebildete Motorradfahrende erken- Motorradtrainings des DVR, der Inter- nen, welche Trainingsprogramme in nationalen Motorradföderation (FIM) Europa qualitativ hochwertig sind. Dazu und des Europäischen Verbands der gehören bereits 29 Motorrad-Trainings- Motorradhersteller (ACEM) wurde von programme in Österreich, Belgien, der Europäischen Kommission mit dem Frankreich, Deutschland, den Nieder- Preis „Excellence in Road Safety Award“ landen, Spanien und Schweden. Das ausgezeichnet. Der Preis wird seit 2006 Zertifizierungssystem ist freiwillig. Jede jährlich an Initiativen verliehen, die aktiv Organisation oder auch Unternehmen zu mehr Sicherheit auf Europas Straßen können sich hierfür bewerben. beitragen. ACEM-Generalsekretär Antonio Perlot Zusammen mit den Partnern ACEM und nahm die Auszeichnung von der Das Qualitätssiegel erleichtert die Suche nach hochwertigen Trainingsangeboten. FIM entwickelte der DVR 2016 das Qua- EU-Kommissarin für Verkehr, Violeta Foto: Gerhard Herrmann litätssiegel. Durch das Siegel können Bulc, in Brüssel entgegen. 4 DVR-report 4/2019
Unterschätzte Gefahr: Kollisionen von Radfahrenden mit Fahrzeugtüren DVR veröffentlicht Umfrage zur mangelnden Rücksicht beim Aussteigen Fahrzeuginsassen vor dem Aussteigen selten oder nie das Umfeld mit einem Spiegel- oder Schulterblick überprüfen. „Holländischer Griff“ Pkw-Fahrende und ihre Mitfahrenden sollten daher beim Aussteigen die Tür erst aufmachen, wenn keine Radfah- renden in Sichtweite sind und vor dem Öffnen der Tür am besten den „hollän- dischen Griff“ anwenden. Dabei öffnet man die Autotür nicht mit der Hand, die der Tür am nächsten ist, sondern mit der anderen Hand, um sich dadurch leichter nach hinten zu drehen und zurückschauen zu können. Pkw-Fah- rende sollten davor noch den Rück- und Seitenspiegel nutzen und sind zudem aufgefordert, mitfahrende Erwachsene Von Anna-Sophie Börries Mangelnde Sorgfaltspflicht auf den Schulterblick hinzuweisen und Der Umfrage nach prüft mehr als jeder Kinder beim sicheren Aussteigen zu Nur mal schnell anhalten, Tür auf- zehnte befragte Autofahrende beim unterstützen. reißen, ohne nach hinten zu schauen, Aussteigen nicht, ob sich Radfahrende aus dem Auto springen und ein paar von hinten nähern. 16 Prozent der Die Autorin ist Referentin Öffentlichkeits- Brötchen holen – ein solches Verhal- befragten Autofahrenden machen sel- arbeit beim DVR. ten kann schwere Folgen haben: Von ten oder nie einen Schulterblick, sie- asboerries@dvr.de hinten kommende Radfahrende haben ben Prozent nutzen selten oder nie die keine Zeit zu bremsen und prallen Spiegel. gegen die Fahrzeugtür. Diese soge- nannten „Dooring-Unfälle“ und die Insgesamt 45 Prozent der befragten Relevanz eines Schulterblicks vor dem Radfahrenden waren mindestens schon Aussteigen werden oft unterschätzt. einmal beinahe in eine Kollision mit Dies zeigt eine aktuelle Forsa-Umfrage einer geöffneten Fahrzeugtür verwi- unter 1.000 regelmäßig Radfahrenden ckelt. Rund sechs Prozent der Befrag- und 1.000 regelmäßig Autofahrenden ten gaben an, dass ihnen ein solcher im Rahmen der Kampagne „Kopf dre- Unfall bereits passiert ist. Mehr als hen, Rad Fahrende sehen!“ mit Unter- ein Drittel der regelmäßig Radfahren- stützung des Bundesministeriums den (38 Prozent) hat fast immer oder für Verkehr und digitale Infrastruktur generell die Befürchtung, mit einer (BMVI) und der Deutschen Gesetzlichen sich plötzlich öffnenden Fahrzeug- Unfallversicherung (DGUV). tür zusammenzustoßen und zu stür- zen. Ganze 65 Prozent der befragten In einem solchen Fall ist eine Kollision kaum Radfahrenden sind der Ansicht, dass noch zu vermeiden. Foto: DVR 4/2019 DVR-report 5
Sicherheit vor Eitelkeit Vier hochrangige Auszeichnungen für Fahrradhelm-Aktion „Looks like shit. But saves my life.” Große Freude bei den Verantwortlichen der „Runter vom Gas“-Kampagne über drei Auszeichnungen beim PR Report AKTUELL Award. Foto: Marco Drews Von Carla Bormann „Germany‘s next Topmodel“ Um speziell junge Frauen für das Tragen eines Am 22. März 2019 startete die Verkehrssicher- Kopfschutzes zu sensibilisieren, setzte „Runter heitskampagne „Runter vom Gas“ des Bundesmi- vom Gas“ auf die TV-Show „Germany‘s next Top- nisteriums für Verkehr und digitale Infrastruktur model“ (GNTM) und inszenierte den Kopfschutz (BMVI) und des DVR eine Fahrradhelm-Aktion mit als Fashion-Thema. Der Clou: Zum ersten Mal prominenter Unterstützung, die für enormes Auf- in der 14-jährigen Geschichte des TV-Formats sehen und öffentliche Diskussionen sorgte. wurde eine Präventionskampagne rein redakti- onell in die Sendung eingebunden. Starfotograf Der Hintergrund: Laut einer repräsentativen Rankin fotografierte GNTM-Kandidatin Alicija Umfrage im Auftrag der Kampagne sind jun- sowie weitere Models in sexy Outfits und Posen gen Radfahrenden die Gefahren und das per- mit Fahrradhelmen. Das sahen mehr als 2,5 Milli- sönliche Risiko eines schweren Fahrradunfalls onen Zuschauer. Die Sendung bildete den Auftakt durchaus bewusst. Trotzdem tragen die wenigs- zu der unkonventionellen Fahrradhelm-Kampa- ten immer einen Fahrradhelm, denn er gilt vor gne. Im Anschluss rückten innerstädtische Pla- allem bei jungen Frauen als unästhetisch. Und kate in fünf Großstädten – unterstützt durch den auch Verkehrsbeobachtungen der Bundesanstalt Kooperationspartner Wall GmbH – sowie Online- für Straßenwesen (BASt) zeigen, dass nur acht und Social-Media-Aktionen die Kampagnenmotive Prozent der Radfahrenden im Alter zwischen in den Fokus und lieferten sachliche Argumente 17 und 30 Jahren einen Helm tragen. Das ist die für das Tragen des lebensrettenden Kopfschutzes. geringste Helmtragequote aller beobachteten Altersgruppen. 6 DVR-report 4/2019
Auch in Köln war die Kampagne präsent. Fotos: Runter vom Gas Hashtag #HelmerettenLeben dazu auf, selben Tag erhielt die Aktion auch einen selbst ein Foto mit einem Fahrradhelm silbernen Effie-Award des Gesamtver- Großer medialer Erfolg zu posten und sich zum Lebensret- bands Kommunikationsagenturen GWA Die Kooperation mit GNTM und das ter Fahrradhelm zu bekennen. Unter in der Kategorie „Public Relations“ in sexy „Helm-Shooting“ polarisierte allen Teilnehmenden wurden bis Ende Frankfurt am Main. Die Kampagnen und wurde von einigen Menschen und Juli von Rankin und Alicija signierte initiatoren BMVI und DVR freuten sich Medien als „sexistisch“ empfunden. Fahrradhelme sowie Aktionskalender gemeinsam mit der Agentur Scholz Doch gerade Vorbilder aus der eige- verlost. & Friends Berlin sehr darüber, dass nen Altersgruppe können am bes- diese insbesondere für öffentliche Ins- ten für die Botschaft „Sicherheit vor Der mediale Erfolg war überwältigend. titutionen mutige Zielgruppenstrategie Eitelkeit“ plädieren. Und besonders Die Aktion „Looks like shit. But saves aufging und mit mehrfachen Awards der Kontrast zwischen Model-Look my life.“ erzielte eine Reichweite von belohnt wurde. und leichter Bekleidung in Kombina- mehr als 1,5 Milliarden Kontakten. In tion mit dem Fahrradhelm sorgte für manchen Medien zunächst kritisiert, Die Autorin ist Referatsleiterin Öffent- Irritation und vermittelte die wichtige fand sie in der „Generation Instagram“ lichkeitsarbeit Kampagnen/Medienarbeit Botschaft zielgruppengerecht und mit größten Beifall. Unabhängige Mei- und stellvertretende Pressesprecherin Augenzwinkern. Gleichzeitig trans- nungsumfragen von yougov.de und beim DVR portierte das selbstbewusste Auf- der Zeitschrift FOCUS zeigten zudem, cbormann@dvr.de treten der Models den Fahrradhelm dass auch eine deutliche Mehrheit der selbst im ungewöhnlichsten Umfeld Bevölkerung die Aktion sehr gut oder wie eine ganz natürliche Selbstver- gut fand. ständlichkeit. In sozialen Netzwer- ken rief „Runter vom Gas“ unter dem Das sahen auch die Jurymitglieder von zwei renommierten Awards der Kom- munikationsbranche so und würdig- ten die Aktion jetzt mit insgesamt vier Preisen. Die aufsehenerregende Fahrrad- helm-Aktion wurde am 14. November in Berlin gleich drei Mal ausgezeich- net – mit dem PR Report Award in den Kategorien „kreative und innovative Kommunikation“ und „Kommunika- Der Effie-Award des Gesamtverbands tion im öffentlichen Raum“ sowie der Kommunikationsagenturen GWA Wahl zur „Kampagne des Jahres“. Am Plakate in fünf deutschen Großstädten 4/2019 DVR-report 7
Helfen statt Gaffen 60 Jahre „Kavalier der Straße“ MITGLIEDER 28 „Kavaliere der Straße“ wurden im Spiegelsaal der Regierung der Oberpfalz in Regensburg geehrt. Fotos: LEX TINO Bei ihrer 60. Jahrestagung zeichnete die Arbeits- Regierungspräsident Bartelt, in der heutigen Zeit gemeinschaft Deutscher Tageszeitungen „Kavalier immer seltener zu beobachten. der Straße“ 28 Menschen aus, die ohne zu zögern anderen im Straßenverkehr geholfen haben. Die Kavaliere als Vorbilder Kavaliere wurden in Regensburg im Beisein des Damit sind die Kavaliere der Straße Vorbilder Regierungspräsidenten der Oberpfalz Axel Bartelt, für alle Menschen, die am Straßenverkehr teil- Gabriele Opitz, Stadträtin der Stadt Regensburg nehmen. Vielen Helferinnen und Helfern fiel bei sowie Andrea Jakob, stellvertretende Chefredak- ihren Rettungseinsätzen auf, dass sie gestört und teurin der Mittelbayerischen Zeitung, geehrt. gefilmt wurden oder die Rettungsgasse blockiert wurde. „Sowohl als Regierungspräsident als auch Kavaliere der Straße zeichnet aus, dass sie Men- als Privatperson finde ich es abstoßend, wenn sich schen, die im Straßenverkehr in Not geraten, andere am Leid Dritter ergötzen, und kann nur helfen. Wie unterschiedlich diese Hilfe aussehen appellieren, sich auf den Verkehr zu konzentrieren kann, zeigten die Geschichten der 28 Ausgezeich- und nicht zum Katastrophentouristen zu werden“, neten. Der eine stellte einen Lkw-Fahrer, der sagte es der Regierungspräsident in klaren Wor- Fahrerflucht beging, andere leisteten lebensret- ten. Er überreichte den 28 Kavalieren die Plakette tende Erste Hilfe oder alarmierten Feuerwehr und und Anstecknadel für ihre herausragende Hilfsbe- Polizei. Gemeinsam ist allen, dass sie mit ihrem reitschaft im Straßenverkehr. „Glücklicherweise Handeln zu einem partnerschaftlichen Mitein- gibt es noch Menschen wie Sie“, dankte er den ander im Straßenverkehr beitragen. Das sei, so Kavalieren. 8 DVR-report 4/2019
Das unterstrich der Sprecher der der Verletzten. Unverletzt blieb glückli- Jahren um dramatische Notfälle. Und Arbeitsgemeinschaft Hermann Fetsch: cherweise ein acht Wochen altes Baby. rund 15.000 Verkehrstote pro Jahr „Wir brauchen mehr denn je Menschen, waren einer der Gründe, warum die die ritterliche Tugenden im Straßenver- Und es gab weitere von Laudator Gerd Initiative der Tageszeitungen über- kehr unter Beweis stellen.“ Brunner vorgetragene Kavalierge- haupt ins Leben gerufen wurde. Ziel schichten, die eine Gänsehaut auslös- der Arbeitsgemeinschaft war und ist Auch Andrea Jakob sprach die abneh- ten. Etwa als er von dem Familienvater es, Kavaliere auszuzeichnen und über mende Bedeutung von rücksichtsvol- erzählte, der gerade erst seine Frau ihre Taten zu berichten. Dadurch sol- lem Verhalten und Hilfsbereitschaft verloren hatte und nun selbst aufgrund len alle anderen motiviert werden, im Straßenverkehr an. „Anstatt stehen von gesundheitlichen Problemen auf ebenfalls zu helfen. Aktuell sind etwa zu bleiben, um zu helfen, bleiben viele der A 94 in einem engen Baustellen- 30 Tageszeitungen Mitglieder in der stehen, um zu gaffen.“ Längst seien das bereich verunglückte. Michaela Eschle, Arbeitsgemeinschaft. keine Einzelfälle mehr. Philipp Metzger und Zoltan Sabo wech- selten sich über längere Zeit mit den Immer wieder wurden in den vergan- Beeindruckende Wiederbelebungsmaßnahmen ab. „Wir genen 60 Jahren auch Prominente wie Rettungseinsätze haben einfach nur noch funktioniert“, Maria Schell oder Prinz Adalbert von Wie es anders geht, stellen die Kava- sagte Metzger. Sie konnten den 48-jäh- Bayern als Kavaliere der Straße aus- liere der Straße unter Beweis. Men- rigen Witwer retten und so verhindern, gezeichnet. Nun kommt ein weiterer schen wie Christiane Niebler aus Küh- dass seine kleinen Kinder zu Vollwaisen bekannter Name hinzu: Der bayerische lenthal im Landkreis Augsburg, die wurden. Innenminister Joachim Herrmann hat auf der A 6 bei Amberg gleich bei zwei bei einem schweren Verkehrsunfall aufeinanderfolgenden Unfällen beherzt Über die Arbeitsgemeinschaft auf der A 3 bei Erlangen Erste Hilfe geholfen hat. Zunächst kümmerte sie Mehr als 65.000 Kavaliere sind seit geleistet. Er habe „Kavaliersqualitäten“ sich um sieben rumänische Insas- Gründung der Arbeitsgemeinschaft im bewiesen, lobte Regierungspräsident sen eines verunglückten Kleinbusses. Jahr 1959 für ihr Engagement geehrt Bartelt. Die Auszeichnung will Herr- Während der Unfallaufnahme ereig- worden. Der erste ausgezeichnete mann allerdings nicht an die große Glo- nete sich auf der Gegenfahrbahn ein Kavalier der Straße war übrigens Wal- cke hängen. Sie wird in seinem Ministe- weiterer schwerer Unfall – vermutlich ter Weber aus Schierling im Landkreis rium überreicht. aufgrund Schaulustiger und Unacht- Regensburg. Er half damals einem samkeit. Christiane Niebler übernahm Ehepaar mitten in der Nacht mit einem Mehr Informationen über die Arbeits- auch hier zusammen mit einem Teil Abschleppseil, das er aus Hosenträ- gemeinschaft unter: der bereits im Einsatz befindlichen gern und Perlonstrümpfen bastelte. http://www.kavalier-der-strasse.com Feuerwehrkräfte die Erstversorgung Aber nicht selten ging es auch vor 60 Sie haben beherzt und mutig geholfen. 4/2019 DVR-report 9
Sicher zu Fuß Allianz-Studie: Ältere besonders gefährdet Telefonieren die häufigste Ablenkung, spiele aber beim Gehen eine gerin- gere Rolle für das Unfallgeschehen. Im Gegensatz zu Autofahrenden würden Fußgängerinnen und Fußgänger in der Regel selbst entscheiden, wann sie sich in eine konfliktträchtige Verkehrssi- tuation begäben, beispielsweise beim Überqueren einer Straße, und dürften demnach besser in der Lage sein, das Telefonieren auf die jeweilige Situation abzustellen. Sicherheit durch Notbremssysteme Eine umfangreiche Analyse der Fuß- Mehr als die Hälfte der über 400 getöteten Fußgängerinnen und Fußgänger in Deutschland ist gängerunfälle der Allianz Versiche- älter als 64 Jahre. Foto: DVR rung zeigt zunächst erwartungsgemäß, Der Anteil der im Straßenverkehr Schadenvorstand der Allianz Versiche- dass in einem Großteil der Fälle (42 getöteten Fußgängerinnen und Fuß- rungs-AG. „Und der Anteil stieg ver- Prozent) der Anprall im Frontbereich gänger lag 2018 bei rund 14 Prozent gangenes Jahr nochmals stark an, von stattfindet. Bemerkenswert ist jedoch, (457). Eine Verkehrssicherheitsstudie 51 auf 56 Prozent.“ dass sich 23 Prozent der Unfälle beim des Allianz Zentrums für Technik (AZT) Rückwärtsfahren ereignen. Versuche in Zusammenarbeit mit dem Institut Unfallrisiko durch Ablenkung im AZT zeigen, dass bereits ein durch Mensch-Verkehr-Umwelt (München) Auch Ablenkung spielt eine erhebliche einen Anprall mit drei km/h resultie- und MAKAM Research (Wien) zur Mobi- Rolle. Laut der repräsentativen Erhe- render Sturz Kopfverletzungen nach lität und Sicherheit von Fußgänger bung der Allianz „tippen“ beziehungs- sich ziehen kann. Die Untersuchungen innen und Fußgängern zeigt, welche weise „texten“ 43 Prozent der Befrag- belegen, dass neben der Warnfunk- Unfallsituationen am gefährlichsten ten beim Gehen. Fast jeder Zweite tion eines Systems auch die automati- sind, wie hoch das Ablenkungspoten- (45 Prozent) nutzt das Handy, um zu sche Notbremsung lebenswichtig ist, zial durch Smartphone & Co. ist und fotografieren. 28 Prozent hören Musik, wenn trotz Warnton nicht reagiert wird. welche Technik helfen kann, Unfälle zu und zwei Drittel (67 Prozent) telefo- „Nachdem sich in den vergangenen vermeiden. nieren beim Gehen. Dies zeigt, dass Jahren Notbremssysteme für Fußgän- Ablenkung nicht nur beim Autofahren, ger im Frontbereich als Marktstandard Besonders gefährdet sind sie in der sondern auch zu Fuß ein nachweis- für neue Fahrzeugmodelle etabliert Zeit von Oktober bis Februar, innerorts bares Unfallrisiko birgt. „Die Nutzung haben, müssen wir jetzt im nächsten und in der Dämmerung beziehungs- elektronischer Geräte erhöht die Wahr- Schritt auch die Notbremsung beim weise bei Dunkelheit. Die Leidtragen- scheinlichkeit für einen Fußgänger, Rückwärtsfahren weiterentwickeln, den sind vor allem Senioren, die auf einen Unfall zu erleiden“, sagt Haug. um die Sicherheit für Fußgänger zu das Zufußgehen mehr angewiesen sind Speziell beim Musikhören steige das erhöhen. Fußgänger müssen in jeder als Jüngere. „Mehr als die Hälfte der Risiko um mehr als das Vierfache, beim Situation sicher erkannt werden“, sagt getöteten Fußgänger in Deutschland ist Texten um das Doppelte. Wie beim AZT-Geschäftsführer Dr. Christoph älter als 64 Jahre“, sagt Jochen Haug, Autofahren sei auch im Fußverkehr das Lauterwasser. 10 DVR-report 4/2019
Pro Jahr verunglücken rund 30.000 Fußgängerinnen und Fußgänger im Straßenverkehr. Foto: connel_design - stock.adobe.com Strategie für sicheren Fußgängersicherheit dürfe nach ihre Belange sind andere als die der Fußverkehr Ansicht der Allianz nicht im breiten Zweiradfahrer“, erläutert Haug. „Eine Seit vielen Jahren sind die Verkehrs Spektrum der Probleme „ungeschütz- Aktualisierung der Fußgänger-Charta opferzahlen in Deutschland rückläufig – ter“ Verkehrsteilnehmender unter- des Europaparlaments aus den 1980er auch die der getöteten Fußgängerinnen gehen. „Fußgänger benötigen eine Jahren wäre ein hilfreicher Impuls für und Fußgänger. Die jüngsten Zahlen eigenständige Außendarstellung, denn die Verkehrssicherheit in Europa.“ des Statistischen Bundesamtes für 2018 zeigen jedoch wieder einen leichten Anstieg der Anzahl aller Getöteten (plus drei Prozent), aber die Anzahl der getö- teten Fußgängerinnen und Fußgänger ging leicht zurück (minus fünf Prozent). Dass das kein Grund zur Entwarnung ist, zeigt die Allianz-Sicherheitsstudie. „Der Anteil der getöteten Fußgänger im Vergleich zu allen Unfalltoten steigt langjährig leicht an, und immer noch verunglücken jährlich 30.000 Fußgän- ger im Straßenverkehr“, sagt Haug. „Ihrer Sicherheit muss stärkere Beach- tung geschenkt werden, wenn wir die Vision Zero, den Straßenverkehr ohne Tote, bis zum Jahr 2050 erreichen wollen.“ Zwei Drittel der Verkehrsteilnehmenden telefonieren beim Gehen. Foto: AZT 4/2019 DVR-report 11
Lkw von morgen: sicher und vernetzt 3. DEKRA Zukunftskongress Nutzfahrzeuge in Berlin Vor rund 300 Gästen ging es um die Potenziale innovativer Technologien. Foto: Thomas Kueppers Beim 3. DEKRA Zukunftskongress Staatssekretär im Bundesverkehrs verpflichtend. „Wir hätten uns einen Nutzfahrzeuge am 19./20. November ministerium, in seiner Keynote auch deutlich früheren Zeitpunkt gewünscht, in Berlin diskutierten Fachleute aus mit der Verkehrssicherheit von Nutz- freuen uns aber über jeden Transport- Politik, Industrie, Forschung und Trans- fahrzeugen und richtete im Zusam- unternehmer, der dieses System heute portgewerbe vor rund 300 Gästen die menhang mit dem Abbiegeassistenten schon für seine Fahrzeuge bestellt und Potenziale innovativer Technologien kritische Worte in Richtung EU. Hin- so vor allem beim Rechtsabbiegen zum rund um das Nutzfahrzeug. tergrund: Für neue Lkw-Fahrzeug Schutz von Radfahrern und Fußgängern typen wird der Abbiegeassistent erst beiträgt“, sagte Bilger. Die Nutzfahrzeugbranche hat sich in ab 2022 und für alle neuen Lkw ab 2024 den letzten Jahren durch eine Vielzahl an Innovationen technologisch rasant entwickelt. Doch bei allen Fortschrit- ten steht die Nutzfahrzeugindustrie vor großen Herausforderungen, die in den kommenden Jahren die Prozessab- läufe und Investitionsentscheidungen in Transportunternehmen und Spedi- tionen bestimmen werden – etwa im Blick auf automatisiertes Fahren, Digi- talisierung, Vernetzung oder alternative Antriebe. Schutz bei Rechtsabbiegeunfällen Seitens der Politik beschäftigte sich Für neue Lkw-Fahrzeugtypen wird der Abbiegeassistent erst ab 2022 und für alle neuen Lkw ab Steffen Bilger, Parlamentarischer 2024 verpflichtend. Foto: Daimler AG 12 DVR-report 4/2019
Dass der Abbiegeassistent die Sicher- anbietet. Ebenso, versprach Schoch, deren Folgen vermindern. „Selbstver- heit ungeschützter Verkehrsteil- werde der Notbremsassistent Aktive ständlich muss in diesem Zusammen- nehmender deutlich erhöhen kann, Brake Assist der fünften Generation hang gewährleistet sein, dass die Sys- untermauerten die Ausführungen zur mit Fußgängererkennung ab Januar teme im Lauf der Entwicklung und im Herstellerlösung von Mercedes-Benz 2020 in allen neuen Actros und Arocs in Rahmen der Typgenehmigung umfas- Lkw sowie zu den Nachrüstlösungen Europa serienmäßig verbaut sein. send getestet und geprüft werden“, gab etwa von Luis Technology oder von DEKRA-Geschäftsführer Jann Fehlauer Wüllhorst Fahrzeugbau und Edeka Automatisiertes Fahren zu bedenken. Zudem müssten die Sys- Südbayern. Bei dieser Gelegenheit ver- Angesichts der Tatsache, dass fast 90 teme über den gesamten Lebenszyk- kündete Dieter Schoch von der Daimler Prozent aller Straßenverkehrsunfälle lus des Fahrzeugs hinweg zuverlässig AG, dass Mercedes-Benz den seit 2016 auf menschliches Versagen zurückge- funktionieren, also auch im Rahmen ab Werk erhältlichen Abbiegeassis- hen, bieten Fahrerassistenzsysteme der Periodischen Fahrzeugüberwa- tenten seit Neuestem für zahlreiche und automatisierte Fahrfunktionen ein chung geprüft werden können. Modelle der Baureihen Actros, Arocs großes Sicherheitspotenzial, indem sie oder Econic auch als Nachrüstlösung Fehler des Menschen verhindern oder Dr. Stefan Guserle mit dem Europäischen Sicherheitspreis Nutzfahrzeuge ausgezeichnet Gemeinsame Ehrung von EVU, DVR und DEKRA Dr. Stefan Guserle ist mit dem Euro- Dr. Stefan Guserle studierte an Festigkeitsberechnungen für Lkw und päischen Sicherheitspreis Nutzfahr- der TU München Maschinenwesen Busse, außerdem die Entwicklung zeuge 2019 ausgezeichnet worden. und promovierte im Jahr 2001 zum von Methoden zum virtuellen Testen Der 52-jährige Abteilungsleiter Simu- Dr.-Ing. Im Jahr 2000 begann er seine und für die Homologation über vir- lation Karosserie & Crasherprobung Tätigkeit bei MAN als Berechnungs tuelle Verfahren. Aktuell rückt dabei bei der MAN Truck & Bus SE wurde ingenieur im Bereich Festigkeitsbe- die passive Sicherheit von Nutzfahr- im Rahmen des DEKRA Zukunfts- rechnung und Crashsimulation von zeugen mit elektrischen Antrieben kongresses Nutzfahrzeuge in Berlin Lkw-Fahrerhäusern. 2006 wurde er zunehmend in den Fokus. geehrt. Der Preis wurde in diesem Abteilungsleiter und ist als solcher Jahr zum 30. Mal gemeinsam von der bei MAN für die passive Sicherheit Auch für die Bereiche Unfallstatistik Europäischen Vereinigung für Unfall- und den Insassenschutz zuständig. und Unfallanalyse bei Lkw und Bus forschung und Unfallanalyse (EVU), ist er verantwortlich – eine wichtige dem DVR und DEKRA vergeben. In seinen Verantwortungsbereich Grundlage für die Bewertung von fallen unter anderem die Crash- Risiken bei der Fahrzeugentwicklung. „Mit Herrn Dr. Guserle zeichnen wir in berechnung und -erprobung sowie auch in diesem Jahr eine Persönlich- keit aus, die sich mit ihren beruflichen Leistungen in besonderer Weise um die Sicherheit des Nutzfahrzeugs ver- dient gemacht hat“, sagte EVU-Prä- sident Jörg Ahlgrimm in seiner Lau- datio. „Er ist verantwortlich für eine ganze Reihe von Projekten, die sich letztlich alle mit der Optimierung der passiven Sicherheit und dem Insas- senschutz befassen. Dabei gehen die Arbeiten im Bereich der Simulation, der Erprobung und der Definition von Dr. Stefan Guserle (2.v.r.) ist mit dem Europäischen Sicherheitspreis Nutzfahrzeuge 2019 aus- gezeichnet worden. Es gratulieren Jann Fehlauer (rechts), Geschäftsführer der DEKRA Auto- Crashlastfällen weit über die gesetzli- mobil GmbH, EVU-Präsident Jörg Ahlgrimm (links) und Welf Stankowitz, Referatsleiter Fahr- chen Anforderungen hinaus.“ zeugtechnik beim DVR. Foto: Thomas Kueppers 4/2019 DVR-report 13
Sichere Kreuzungen für den Radverkehr ADFC-Fachtagung präsentierte neue Konzepte Geschützte Kreuzungen Mit dem Vortrag von Johan Diepens von Mobycon, einem Beratungsunterneh- men für nachhaltige Mobilitätslösun- gen, ging der Blick in die Niederlande. „Eine Kreuzung muss einfach und selbsterklärend sein“, betonte auch er und berichtete von unterschiedli- chen Kreuzungslösungen, die in den Niederlanden je nach Geschwindigkeit gestaltet werden. Kreisverkehre, bei denen Fuß- und Radverkehr Vorrang vor dem Autoverkehr haben, würden gut funktionieren, weil es weniger Konfliktpunkte gebe. Schlüsselaspekt sei der 90-Grad-Winkel, der eine gute Sichtbeziehung zwischen Rad- und Autoverkehr erlaube. Auch geschützte ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork eröffnete die Fachtagung. Fotos: ADFC/Michael Kreuzungen, bei denen es zusätzli- Handelmann che Bordsteine gibt und die mit Farbe Neue Konzepte für fahrradfreundli- Unfallforschung der Versicherer (UDV) markiert sind, würden gerne errichtet. che Kreuzungen standen im Fokus der die Fachvorträge und wies darauf hin, Bei dieser Lösung seien die Halteli- diesjährigen Fachtagung des Allgemei- dass rund zwei Drittel der Unfälle nien für den Autoverkehr zurückgesetzt nen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC). an Kreuzungen, Einmündungen und und es gebe ausreichend Platz für den Zufahrten passieren. Er plädierte dafür, Fußverkehr. ADFC-Bundesgeschäftsführer Burk- Kreuzungen zu vereinfachen und zu hard Stork begrüßte die etwa 170 Teil- entzerren. Wesentlich sei, dass man Getrennte Ampelphasen nehmenden: „Man muss die Menschen schnell erkennen und begreifen könne, Über das Thema Ampelschaltungen zum Radfahren einladen und dafür wie sie funktionieren. Vor allem eine referierte Emil Tin von der Stadt Kopen- braucht es einladende Infrastruktur.“ gute Sichtbeziehung zwischen den hagen. „Komplett getrennte Ampelpha- Deshalb sei es jetzt, wo die Debatte Verkehrsteilnehmenden sei wichtig. sen sind für die Sicherheit am besten“, um mehr Radverkehr in der Mitte der Ob nun geschützte Kreuzungen, die sagte er, zum Beispiel, wenn Radfah- Gesellschaft angekommen sei, an der es in den Niederlanden gibt und die in rende vor den Autos Grün bekommen. Zeit, sich dem Thema fahrradfreund- anderen Ländern wie den USA, Groß- Das sei vorteilhaft, wenn die Radfah- liche Kreuzungen anzunehmen. „Eine britannien und Kanada adaptiert wur- renden vorher an der Ampel gestan- deutsche Lösung für sichere Kreuzun- den, die Lösung seien, dafür fehlten den haben; kommen sie hingegen bei gen gibt es noch nicht. Wir müssen sie bisher belastbare Zahlen. „Das muss Grün an, sei der Vorteil weg. Er gab zu gemeinsam suchen“, meinte Stork. man ausprobieren und nachschauen“, bedenken, dass getrennte Ampelpha- sagte Ortlepp. Getrennte Signali- sen den Verkehr insgesamt langsamer Situation in Deutschland sierung sei ein gutes Mittel, um die machen würden. Außerdem berichtete „Wir müssen etwas für die Ver- Sicherheit an Kreuzungen zu verbes- er von einigen Projekten wie der Grü- kehrssicherheit des Radverkehrs sern, ebenso wie die Einführung eines nen Welle für Radfahrende bei 20 km/h, tun“, eröffnete Jörg Ortlepp von der Lkw-Abbiegeassistenten. intelligenter Straßenbeleuchtung oder 14 DVR-report 4/2019
Etwa 170 Teilnehmende, darunter Planerinnen und Planer, aber auch Das Publikum konnte Fragen an die Experten stellen. Fachleute aus Politik und Verbänden, waren zu Gast. der App „Green Catch“, die Kreuzungen Kreuzungsentwurf, sondern verschie- Durch andere Gesetze in Großbritan- für Radfahrende sicherer machen und dene Elemente, die in unterschiedli- nien ließen sich diese nicht eins zu ein besseres Vorankommen ermögli- chen Situationen angewendet werden. eins übertragen. Mit den sogenannten chen sollen. Da belastbare Zahlen zur Sicherheit „Cyclops“ gebe es aber ein ähnliches von geschützten Kreuzungen fehlen, Modell. Impulse aus der Praxis soll es 2020 Verkehrsversuche geben, Kürzere Impulsvorträge gaben die anschließend ausgewertet werden. Die Podiumsdiskussion zum Abschluss anschließend einen Einblick in die Pra- diskutierte strittige Punkte. Ludger xis. Timm Schwendy von „Darmstadt In Großbritannien gibt es bereits Koopmann vom ADFC-Bundesvor- fährt Rad“ erzählte von den Erfolgen geschützte Kreuzungen, wie Richard stand sprach das Kernproblem an: „In durch den Radentscheid. So sei in nur Butler von der Metropolregion Grea- Deutschland sind wir zu zurückhaltend, zwei Tagen der erste geschützte Rad- ter Manchester berichtete. Bisherige zu feige. Wir müssen mehr auspro- fahrstreifen errichtet worden. Durch Kreuzungskonzepte hätten verschie- bieren. In dem Tempo werden wir die kleinere Sofortmaßnahmen wie Tri- dene Schwachstellen, daher habe man Verkehrswende nicht mal ansatzweise xi-Spiegel oder vorgezogene Halteli- sich die geschützten Kreuzungen in den schaffen.“ nien für Radfahrende sollen Kreuzun- Niederlanden zum Vorbild genommen. gen sicherer werden. Außerdem habe sich die Stadt zu Schutzkreuzungen bekannt. Merja Spott von der Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz berichtete, wie Berlin den Umgestal- tungsprozess von Kreuzungen angehe. Mit dem Mobilitätsgesetz habe sich die Hauptstadt der Vision Zero ver- schrieben und werde in den nächsten Jahren viele unfallträchtige Kreuzun- gen umbauen. In einem Workshop, der zusammen mit einem niederländischen Planungsbüro stattfand, habe sich die Senatsverwaltung mit dem Thema „Geschützte Kreuzungen“ befasst. Ihr Fazit: Es gibt nicht den einen idealen Die Podiumsdiskussion zum Abschluss diskutierte strittige Punkte. 4/2019 DVR-report 15
Sicher und umweltverträglich ankommen Eco Safety Trainings des DVR IM BLICKPUNKT Training im Realverkehr: vorausschauend fahren und ausreichenden Sicherheitsabstand einhalten. Foto: Martin Lukas Kim Wenn auf Wegen oder Dienstwegen Unfälle pas- eine Bremsübung an. Drei DVR-Trainer analy- sieren, müssen Betriebe mit längeren Ausfallzei- sierten währenddessen das Fahrverhalten in Not- ten und teilweise hohen Kosten für Sachschäden fallsituationen. Anschließend wurde die Gruppe rechnen. Hier setzen die Eco Safety Trainings des geteilt, damit sich die Trainer individueller um die DVR an. Unternehmen, denen die Sicherheit ihrer Teilnehmenden kümmern konnten. Belegschaft, ökologisches und umweltverträgli- ches Fahren ein Anliegen ist, können mit diesen Fahrpraxis auf dem Trainingsplatz Trainings einen Beitrag dazu leisten. Während eine Gruppe direkt mit dem Eco Safety Training im Realverkehr begann, absolvierte die Kay Kutschbach, Leiter der Geschäftseinheit andere den fahrphysikalischen Teil des Trainings „Refinery“ der Clariant Produkte (Deutschland) auf dem Übungsplatz. GmbH, wollte schon lange ein Fahrsicherheitstrai- ning für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in Dort waren weitere Bremsübungen ein zentra- Deutschland anbieten. „Wegeunfälle in der Ver- ler Bestandteil. Ziel war es, selbst zu erfahren, gangenheit wurden zwar inhaltlich aufgearbeitet, wie sehr sich der Bremsweg bei zunehmender was sicherlich zu einem gesteigerten Sicherheits- Geschwindigkeit verlängert. Im Mittelpunkt stand bewusstsein führt, andererseits ist sicherheits- die Notbremsung aus 40 km/h. konformes Verhalten permanent zu üben und noch stärker zu verinnerlichen“. Unfallrisiko Ablenkung Auch Ablenkung spielte bei diesem Teil des Trai- In Gründau auf dem Gelände des ADAC-Fahrsi- nings eine wichtige Rolle. Denn schon ganz ein- cherheitszentrums Rhein-Main ging es für zwölf fache Tätigkeiten wie das Fensteröffnen können Beschäftigte seiner Firma los. Als erstes stand vom Verkehrsgeschehen ablenken. Das bekamen 16 DVR-report 4/2019
alle beim Fahren entlang eines Par- Eco Safety Trainingsangebote cours mit Tempo 40 km/h zu spüren. Über Funk fordert Trainer Henning Ziel der Eco Safety Trainings des DVR ist es, die Zahl der Unfälle zu reduzie- Swirski eine der Teilnehmerinnen auf, ren, den Spritverbrauch zu senken und weniger Material zu verschleißen. Die das Licht umzustellen. Die Frau ver- Trainings richten sich in erster Linie an Betriebe, können aber auch von Einzel- sucht sich im Cockpit zurechtzufinden. personen gebucht werden. Häufig ist ein Zuschuss für die Eco Safety Trainings Dann ist das Licht an. Eine Pylone hat durch die jeweilige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse möglich. sie umgefahren. Da kommt auch schon die nächste Aufgabe: „Was ergibt 17 Aktuell bietet der DVR vier Varianten des Eco Safety Trainings an: mal 48?“, fragt Swirski. Eine weitere – individuelles Eco Safety Training für Einzelpersonen Pylone fällt und noch eine. „Das funk- – flexibles Eco Safety Training für sechs Personen tioniert nicht“, erklärt die Fahrerin, „ich – klassisches Eco Safety Training für drei bis sechs Personen kann mich nicht konzentrieren“. Genau – Kombi Eco Safety Training für bis zu zwölf Teilnehmende das soll den Teilnehmenden vermittelt werden: Ob eine Rechenaufgabe oder Weitere Informationen zu den Trainings unter: die Annahme eines Telefonats per Frei- www.ecosafetytrainings.de oder direkt über den Deutschen sprechanlage – beides lenkt vom Ver- Verkehrssicherheitsrat kehrsgeschehen ab und erhöht somit Kathrin Jähns I Tel. 030/22 66 77 114 I KJaehns@dvr.de das Risiko für einen Unfall. Eco Safety Training im Realverkehr ein Fahrsicherheitstraining für die Vom geschützten Übungsplatz ging es Belegschaft zu buchen. Ich denke, anschließend in den Realverkehr. Beim es ist enorm wichtig, die Bedeutung Coaching im öffentlichen Straßenver- von sicherheitskonformem Verhalten kehr wurde das Fahrverhalten in rea- im Berufsalltag wie auch im Privaten len Fahrsituationen trainiert. Bevor zu verinnerlichen. Denn statistisch es losging, legten die Teilnehmenden gesehen passieren mehr Unfälle auf gemeinsam mit dem Trainer die Ziele dem Weg zur Arbeit als während der und Techniken fest, die im Rahmen Arbeitszeit. des Trainings umgesetzt werden soll- ten: zum Beispiel Tipps für defensives Wie sind Sie auf die Trainings- Fahren, das Abstandsverhalten zu trai- variante des DVR gestoßen? nieren, aber auch den CO2-Ausstoß zu Foto: Privat Das ergab eine Internetrecherche. reduzieren. Außerdem ist der DVR vielen durch Drei Fragen an … verschiedene Aktionen und Kampa- Rückmeldung Kay Kutschbach, Clariant gnen, so zum Beispiel die Autobahn- Nach insgesamt etwa acht Stunden tra- Produkte (Deutschland) GmbH plakate „Runter vom Gas“, bekannt. fen sich alle wieder auf dem Trainings- gelände in Gründau. Hat das Training Herr Kutschbach, für Ihre Mit- Wie waren die Erfahrungen den Erwartungen entsprochen? Am arbeiter fand im Mai dieses der Teilnehmenden? Ende des Eco Safety Trainings gaben Jahres ein Kombi Eco Safety Die Rückmeldungen meiner Mitar- und bekamen sie Feedback und ließen Training statt. Wie kamen Sie beiter waren durchweg positiv. Eine den Tag noch einmal Revue passie- auf die Idee, das Training Mitarbeiterin berichtete, dass sie ren. Das Resümee von Kay Kutsch- anzubieten? sich seit dem Training an eine ganze bach: „Das Training hat nicht nur Spaß Sicherheit ist in unserem Unterneh- Reihe von „Denkanstößen“ erinnert gemacht, sondern auch praktische men ein wichtiges Thema. Wegeun- und jetzt auch umsetzt. Aber auch Tipps gegeben, wie wir unser Fahrver- fälle in der Vergangenheit waren viele Informationen und praktische halten tagtäglich anpassen können, Anlass, das Thema noch intensiver Erläuterungen der Trainer haben um sicher anzukommen“. Ein weiteres anzugehen. Daher hatte ich die Idee, sich verinnerlicht. Training ist bereits fest eingeplant. 4/2019 DVR-report 17
E-Scooter fahren in der kalten Jahreszeit Tipps für ein sicheres Ankommen JOURNAL Auch im Winter sind E-Scooter im Einsatz. Foto: Pixabay Von Athanasia Theel Risiko Wetter Nasses Laub, Glätte oder Schnee erhöhen das Etliche Sharing-Anbieter haben bereits angekün- Risiko zu stürzen. Nutzerinnen und Nutzer von digt, die Kraftfahrzeuge auch im Herbst und Win- E-Scootern müssen damit rechnen, dass das ter anzubieten. Sicheres Ankommen ist jedoch Bremsen und Fahren um Kurven bei dieser Wit- nur möglich, wenn man den Fahrstil anpasst. terung gefährlich werden kann. Der geringe Rei- fendurchmesser beim E-Scooter verschärft das Kälte, Nässe oder Dunkelheit sind Risikofaktoren, Risiko, besonders bei reifbedecktem Kopfstein- mit denen sich E-Scooter-Nutzende zur kalten pflaster oder unebenen, nassen Fahrbahnflächen. Jahreszeit auseinandersetzen müssen. Wer bei sinkenden Temperaturen nicht auf den kleinen Praxistipps Flitzer verzichten möchte, der sollte die geltenden Bevor man sich im Herbst oder Winter entschei- Regeln beherzigen und seine Fahrweise an die det, E-Scooter zu fahren, sollte man genau über- Witterung anpassen. legen, ob die Witterung eine sichere Fahrt mit dem Elektrokleinstfahrzeug erlaubt. Der DVR 18 DVR-report 4/2019
empfiehlt generell, E-Scooter bei Eis, Kurze Sicherheitschecks vor Fahrverhalten anpassen Schnee oder auch starkem Regen nicht Fahrtantritt – Tempo anpassen: Dunkelheit und zu nutzen. Sicherer unterwegs ist man – Lichttest machen: E-Scooter sind nasse Fahrbahnen erfordern die dann mit dem öffentlichen Personen- besonders schmal und werden im Geschwindigkeit anzupassen, also nahverkehr oder auch zu Fuß. Straßenverkehr leicht übersehen. zu senken. Nur so können Gefahren- Vorder- und Rücklicht müssen situationen rechtzeitig erkannt und Ist es dagegen trocken, scheint viel- funktionieren. entsprechend gehandelt werden. leicht sogar die Sonne, sollten folgende – Bremsen testen: Vor Fahrtantritt ist – Vor Ampeln, Kreuzungen, Einmün- Tipps beachtet werden, um sicher ans es wichtig zu testen, ob die Bremsen dungen und Kurven rechtzeitig und Ziel zu gelangen: funktionstüchtig sind. Feuchtigkeit langsam abbremsen, um die Rutsch- und Kälte können jetzt dazu führen, gefahr zu verringern. Die richtige Kleidung dass die Bremsen einfrieren und – Festes Schuhwerk mit rutschfester blockieren. Die Autorin ist Volontärin in der Presse- Sohle und mehr Profil, um einen stelle des DVR. festen Stand auf dem E-Scooter bei atheel@dvr.de Nässe und Tau zu haben. – Handschuhe gegen die Kälte tragen, Trainingskurse für E-Scooter damit die Hände sicher die Brems- Die örtlichen Verkehrswachten bieten zu verschiedenen Zeitpunkten Trainings- hebel betätigen können. parcours für E-Scooter an. Verkehrsteilnehmende erlernen auf diese Weise, den – Helle Kleidung und am besten eine E-Scooter sicher zu nutzen und die relevanten Verkehrsregeln zu kennen. Schutzweste anziehen, denn es wird später hell und früher dunkel. Gene- Mehr Infos unter: https://deutsche-verkehrswacht.de/deutsche-verkehrswacht- rell ist es empfehlenswert, freiwillig startet-training-fuer-e-scooter-fahrer/ einen Fahrradhelm zu tragen. uns darauf ein, dass es im Winter Im Zweifelsfall also langsamer und weniger Nutzer werden, aber immer vorausschauend fahren, um zum Bei- noch so viele, dass wir den Betrieb spiel Glätte und Rutschgefahr besser regulär aufrechterhalten. Aus ande- antizipieren zu können. ren Ländern wissen wir, dass Kälte In diesen Tagen führen wir ein neues weniger ausschlaggebend ist als E-Scooter-Modell in Deutschland Nässe. In der Kälte 20 Minuten auf ein. Diese neue Generation von TIER den Bus zu warten ist auch kein Spaß, E-Scootern sorgt mit einem größe- da kann der E-Scooter eine gute ren Vorderrad, Hinterradantrieb und Alternative sein. Vielleicht erwar- einem höheren Gewicht für bessere tet uns ja auch ein milder Winter, da Bodenhaftung. Die E-Scooter kom- wären unsere Kunden umso mehr men mit rutschigem Untergrund enttäuscht, wenn das entsprechende deutlich besser zurecht und weisen Foto: TIER Mobility Angebot an E-Scootern fehlen würde. eine nochmal verbesserte Bremsleis- Ganz klar aber auch: Bei riskanten tung auf. Auch das Licht des E-Scoo- Drei Fragen an … Wetterlagen werden wir den Betrieb ters ist auf die dunkle Jahreszeit Bodo von Braunmühl, einstellen. angepasst, also noch heller. Leiter Kommunikation bei TIER Mobility Worauf muss in der kalten Jahreszeit Für welche Strecken werden Sie den vor allem geachtet werden? E-Scooter im Winter nutzen? Herr von Braunmühl, warum bieten Im Grunde genommen kommt es – Wie die meisten Mitarbeiter und Mit- Sie auch in den Wintermonaten den wie bei allen Zweirädern – auf eine arbeiterinnen von TIER bin ich Ganz- E-Scooter-Verleih an? den Witterungsbedingungen ange- jahresfahrer. Ich beispielsweise nutze Generell bleiben TIER E-Scooter passte Fahrweise an. Darauf weisen den E-Scooter für den letzten Kilo ganzjährig auf der Straße. Wir stellen wir unsere Kunden auch per App hin. meter vom S-Bahnhof zum Büro. 4/2019 DVR-report 19
Für die Gefahr von Müdigkeit am Steuer sensibilisieren Bilanz der Kampagne „Vorsicht Sekundenschlaf!“ Fernfahrerstammtischen über Präven- tionsmöglichkeiten aufgeklärt. Ältere Menschen wurden durch die Auslage von Faltblättern in Arztpraxen auf die Gefahr von Müdigkeit am Steuer aufmerksam gemacht. Beschäftigte in Schichtarbeit sowie Pendlerinnen und Pendler hatten die Möglichkeit, bei Lesertelefon-Ak- tionen mit Zeitungen ihre Fragen an Fachleute zu richten. Unternehmen vor allem aus der Transportbranche wurden über die strafrechtlichen Konsequenzen eines Sekundenschlafes und die weitrei- chenden Vorteile einer Präventionskul- tur (weniger Unfälle, weniger Kosten) aufgeklärt. Breite Unterstützung Die Kampagne wurde bei diesen und weiteren Maßnahmen fachlich, aber auch finanziell vielfach unterstützt. Die Ausgabe von Informationsmaterial im Park-and-Ride-Parkhaus in München. Foto: DVR Schlafexperten Dr. Wilfried Böhning, Dr. Von Anna-Sophie Börries sensibilisieren und die Zahl der durch Alfred Wiater, Dr. Hans-Günter Weeß, Müdigkeit verursachten Straßenver- Prof. Dr. Maritta Orth und Werner Wald- Einer Umfrage des DVR zufolge ist jeder kehrsunfälle zu reduzieren. mann, aber auch Psychologe Dr. Mar- vierte Pkw-Fahrende bereits einmal kus Schumacher, der Truck-Rennfahrer hinter dem Steuer eingenickt. Trotz- Zielgruppenspezifische Jochen Hahn sowie die Berufskraftfah- dem unterschätzen viele die Gefahr, Maßnahmen rerin Christina Scheib brachten sich überschätzen ihre eigenen Fähigkeiten Die Kampagne „Vorsicht Sekunden- mit ihrer Expertise ein. Die Tank & Rast und machen nur selten eine Pause. Der schlaf!“ zeigte, wie wichtig es ist, GmbH (T&R), die Euro Rastpark GmbH DVR hat daher mit Unterstützung des besonders vor längeren Fahrten für und die Park & Ride GmbH in München Bundesministeriums für Verkehr und erholsamen Schlaf und damit für eine unterstützten die insgesamt 22 Aktio- digitale Infrastruktur (BMVI), der Deut- ausreichende Leistungsfähigkeit zu nen an Autobahnraststätten oder auf schen Gesetzlichen Unfallversicherung sorgen und während der Fahrt erste Park-and-Ride-Plätzen. (DGUV) sowie weiterer Partner auf die- Müdigkeitsanzeichen ernst zu neh- ses mangelnde Gefahrenbewusstsein men und sofort eine Pause einzulegen. Die Berufsgenossenschaft Nahrungs- mit der Kampagne „Vorsicht Sekun- Pkw-Fahrende wurden unter ande- mittel und Gastgewerbe (BGN), der denschlaf!“ reagiert. Sie wurde Ende rem durch Aktionen an Autobahn- Automobil-Club Verkehr (ACV) und 2016 gestartet und wird Ende 2019 raststätten und damit in der konkre- die Deutsche Gesellschaft für Schlaf- abgeschlossen. ten Gefahrensituation sensibilisiert. forschung und Schlafmedizin (DGSM) Lkw-Fahrende wurden mit speziellen unterstützten die Kampagne finanziell Ziele der Kampagne waren, für die Medien an ihre Verantwortung erin- und beteiligten sich an der Umsetzung Gefahr von Müdigkeit am Steuer zu nert und auf den deutschlandweiten einzelner Maßnahmen. 20 DVR-report 4/2019
Große Reichweite von über 325 Millionen Kontakten und Die Kampagne „Vorsicht Sekunden- war somit über die drei Jahre hinweg schlaf!“ appellierte auf diese Weise an sehr präsent in der Öffentlichkeit. das Verantwortungsbewusstsein der Verkehrsteilnehmenden und leistete Weitere Informationen unter: dadurch einen Beitrag zu einer ausge- www.dvr.de/vorsicht-sekundenschlaf schlafeneren und damit leistungsfähi- geren Gesellschaft. Sie erzielte wäh- Die Autorin ist Referentin Öffentlichkeits- rend der gesamten Laufzeit über alle arbeit beim DVR. Maßnahmen hinweg eine Reichweite asboerries@dvr.de Jeder vierte Autofahrende ist schon mal am Steuer eingeschlafen. Grafik: DVR © Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR) e.V. „Deutschlands beste Autofahrer 2019“ Jonas A. aus Südhessen ist Sieger des fahren. Neu in diesem Jahr war, dass es Unfallversicherung (DGUV), dem Bun- Wettbewerbs „Deutschlands beste ein Quiz zum Thema Erdgas-Antriebe desministerium für Verkehr und digi- Autofahrer 2019“. Den zweiten Platz gab. Die 15 Besten erhielten Preise tale Infrastruktur (BMVI), Seat, like2 belegt Marco P. aus Mecklenburg-Vor- der Sponsoren. Im Rahmen einer fest- drive und Apollo. Ziel ist es, für eine pommern. Sie überzeugten sowohl mit lichen Gala wurden sie im Axel-Sprin- sichere Teilnahme am Straßenverkehr ihrem theoretischen Wissen als auch ger-Hochhaus in Berlin verliehen. zu sensibilisieren, indem Menschen für durch ihr Fahrkönnen. Und nehmen ihr Fahrkönnen ausgezeichnet werden. damit auch eine Vorbildfunktion für alle Seit 1988 begleitet den Wettbewerb Der Wettbewerb möchte animieren, Autofahrenden ein. die Zeitschrift AutoBild redaktionell. vorausschauend, rücksichtsvoll und Der DVR unterstützt ihn gemein- umsichtig Auto zu fahren. „Im vergangenen Jahr kamen 3.275 sam mit der Deutschen Gesetzlichen Menschen im Straßenverkehr ums Leben. Meine Bitte ist an Deutschlands beste Autofahrer und damit an Sie als Vorbilder: Reden Sie mit allen über die Gefahren im Straßenverkehr, animieren Sie dazu, sich an die Verkehrsregeln zu halten und sicher Auto zu fahren“, sagte DVR-Präsident Prof. Dr. Walter Eichendorf bei der Preisverleihung in Berlin. Sowohl in der Vorrunde als auch im Finale mussten die Teilnehmenden ihr Können und Wissen unter Beweis stel- len. Dort erwarteten sie verschiedene Aufgaben. Dazu zählte, einen theoreti- schen Fragebogen zu beantworten und Jonas A. aus Südhessen ist Sieger bei „Deutschlands beste Autofahrer 2019“. jeweils sechs praktische Aufgaben zu Foto: Harald Almonat/AutoBild 4/2019 DVR-report 21
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