Report - Aktuell "Runter vom Gas": Sicherheit vor Eitelkeit - Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)

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Report - Aktuell "Runter vom Gas": Sicherheit vor Eitelkeit - Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
report
DV R

4/2019   Fa c h m a g a z i n         f ü r Ve r ke h rs s i c h e r h e i t

                                                                     Aktuell
                                                                     „Runter vom Gas“:
                                                                     Sicherheit vor Eitelkeit

Mitglieder                      Im Blickpunkt                       Europa
60 Jahre                        Eco Safety Training                 DVR-Exkursion nach
„Kavalier der Straße“                                               Skandinavien
Report - Aktuell "Runter vom Gas": Sicherheit vor Eitelkeit - Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
Verkehrssicherheit muss Vorrang haben

                        Im vergangenen Jahr sind 3.275 Menschen auf         an den Straßenverkehr gerecht zu werden und
                        unseren Straßen ums Leben gekommen, knapp           eine sichere Mobilität zu ermöglichen. Gefahren
                        68.000 wurden schwer verletzt. Die Anzahl getö-     müssen entschärft werden. So sieht es auch die
                        teter Radfahrender ist im Vergleich zum Vorjahr     Vision Zero vor, zu der sich die Bundesregierung
                        um rund 16 Prozent gestiegen. Angesichts die-       in ihrem Koalitionsvertrag bekannt hat.
                        ser Zahlen muss Mobilität in Deutschland neu
                        gedacht werden.                                     Das wollen übrigens auch die Verkehrsteil-
                                                                            nehmenden. Eine von der Stiftung Mercator
                        Das kürzlich gegründete „Bündnis für moderne        geförderte Studie des RWI – Leibniz-Institut für
                        Mobilität“, das sich aus Bundesverkehrsminister     Wirtschaftsforschung und des Wissenschaftszen-
                        Andreas Scheuer, der Verkehrsministerkonferenz      trums Berlin für Sozialforschung aus diesem Jahr
                        der Länder und den kommunalen Spitzenver-           zeigt: Eine Mehrheit befürwortet eine Neuauftei-
                        bänden zusammensetzt, ist ein richtiger Schritt,    lung des öffentlichen Raums zugunsten von Fahr-
                        allerdings muss die Verkehrssicherheit ein fester   rad und ÖPNV, auch auf Kosten von Parkplätzen
                        Bestandteil des Bündnisses werden.                  und Fahrspuren für den Autoverkehr.
EDITORIAL

                        Der Schutz von Menschenleben muss bei allen         Ich wünsche Ihnen viel Vergnügen bei der Lektüre,
                        Planungs- und Gestaltungsvorhaben Vorrang           herzlichst, Ihr
                        haben. Was nutzen der Bau von unzähligen
                        Radwegen oder neue Formen der Mobilität,
                        wenn man sich auf oder mit ihnen nicht sicher
                        fortbewegen kann? Gefragt sind intelligente
                        Lösungen zur sicheren und gerechten Aufteilung      Sven Rademacher, Chefredakteur
                        des Verkehrsraums, denn der Straßenverkehr          rademacher@vkm-dvr.de
                        in unseren Städten wird immer komplexer und
                        unübersichtlicher. Autos stehen im Stau, der
                        Anteil an Fahrrädern und Pedelecs steigt, und es
                        kommen neue Verkehrsmittel wie die E-Scooter
                        hinzu. Dazwischen parken Lkw und Transporter
                        auf der Straße oder auf Radwegen, um Waren
                        oder Pakete ausliefern zu können. Auf Gehwegen
                        geparkte Pkw verhindern das Durchkommen von
                        Menschen, die mit einem Rollator unterwegs
                        sind, oder von Eltern mit Kinderwagen. Tagtäglich
                        wird auf unseren Straßen um den immer knapper
                        werdenden Platz gerungen. Der Verkehr wird
                        unübersichtlicher und damit gefährlicher, insbe-
                        sondere für den Fuß- und Radverkehr.

                        Eine Neuverteilung des Verkehrsraums ist daher
                        notwendig, um den aktuellen Anforderungen
                        der verschiedenen Verkehrsteilnehmergruppen

  2 DVR-report 4/2019
Report - Aktuell "Runter vom Gas": Sicherheit vor Eitelkeit - Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
ifz/DVR-Spot mit „OttoCar“ ausgezeichnet

            Der aktuelle ifz/DVR-Spot „Motorrad: Mit Sicher-     humorvolle Weise: „Bleib konzentriert! Die Ande-
            heit!“ erhielt auf der Internationalen Automo-       ren sind es vielleicht nicht!“. Denn häufig ist es die
            bil-Ausstellung (IAA) in Frankfurt am Main einen     mangelnde Konzentration im Straßenverkehr, die
            der begehrten „OttoCar Awards“.                      zu Unfällen führt.
RUNDSCHAU

            Mit dem Preis wurde die jahrelange und tradi-        Den Spot ist auf den Facebook-Seiten des ifz und
            tionell erfolgreiche Zusammenarbeit der Esse-        des DVR, auf dem ifz-YouTube-Kanal und auch
            ner Motorrad-Sicherheitsexperten mit dem DVR         unter     https://www.ifz.de/kampagne-bleib-kon-
            und der Agentur RIDDER WERKE ausgezeichnet.          zentriert/ zu finden.
            ifz-Forschungsleiter Matthias Haasper (3.v.l.) und
            DVR-Referatsleiter Jürgen Bente (2.v.l.) nahmen
            die Trophäe in Empfang: „Es ist natürlich ein tol-
            ler Erfolg und eine Bestätigung unserer täglichen
            Arbeit. Motorradfahrer werden leider zu oft von
            Pkw-Fahrern übersehen. Die erneute Auszeich-
            nung ehrt uns und dokumentiert, dass wir mit
            Hilfe unserer Partner dank frischer Ideen für das
            Thema Motorradsicherheit sensibilisieren“, kom-
            mentierte Haasper die Preisverleihung der inter-
            nationalen Experten-Jury.

                                                                 Für den Social-Media-Spot „Motorrad: Mit Sicherheit“
            Bei der Produktion handelt es sich um einen          erhielten die Partner ifz, DVR und die Agentur RIDDER
            Social-Media-Spot. In 40 Sekunden mahnt er auf       WERKE den „OttoCar“. Foto: ifz

            Inhaltsverzeichnis
            EDITORIAL2

            RUNDSCHAU3

            AKTUELL6

            MITGLIEDER8

            IM BLICKPUNKT                                                                                               16

            JOURNAL18

            E U RO PA 22

            INTERVIEW                                                                                                    24

            WISSENSCHAFT26

            IMPRESSUM                                                                                                   27

                                                                                                     4/2019 DVR-report 3
Report - Aktuell "Runter vom Gas": Sicherheit vor Eitelkeit - Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
Verkehrssicherheit in der Mongolei

                                                 Der DVR hat in diesem Jahr Vertreter           Hammer zeigte sich beeindruckt vom
                                                 der Bundesanstalt für Straßenwesen             Engagement der mongolischen Kol-
                                                 (BASt) zur „ROAD EXPO MONGOLIA                 leginnen und Kollegen: „Sie wollen
                                                 2019“ begleitet. Die zweitägige Fach-          bei der Verkehrssicherheit unbedingt
                                                 konferenz fand in der mongolischen             etwas erreichen und von unseren
                                                 Hauptstadt Ulaanbaatar statt. Aufgrund         Erfahrungen lernen.“
                                                 des hohen Interesses an Fragen der
                                                 Verkehrssicherheit referierte DVR-Ge-          Weitere Kooperationspartner sind
                                                 schäftsführerin Ute Hammer über die            die Landesstraßenbaubehörde Sach-
                                                 verkehrssichere Gestaltung von Infra-          sen-Anhalt (LSBB) und die Vereinigung
                                                 struktur im Sinne der Vision Zero. Die         der Straßenbau- und Verkehrsingeni-
                                                 Mongolei hat bei einem Fahrzeugbe-             eure Sachsen-Anhalt e.V. (VSVI). BASt,
                                                 stand von circa einer Million Pkw jähr-        DVR und VSVI verständigen sich zurzeit
                                                 lich rund 500 Verkehrstote zu bekla-           mit dem mongolischen Straßenbau-
                                                 gen. In Relation zur Anzahl der Pkw            verband auf Eckpunkte einer vertieften
Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Fach-
                                                 würde das circa 28.500 Verkehrstoten           Zusammenarbeit.
konferenz in der Mongolei. Foto: DVR             in Deutschland entsprechen.

       „Excellence in Road Safety Award“
       für DVR-Motorradtrainings

                                                 Das Europäische Qualitätssiegel für            ausgebildete Motorradfahrende erken-
                                                 Motorradtrainings des DVR, der Inter-          nen, welche Trainingsprogramme in
                                                 nationalen Motorradföderation (FIM)            Europa qualitativ hochwertig sind. Dazu
                                                 und des Europäischen Verbands der              gehören bereits 29 Motorrad-Trainings-
                                                 Motorradhersteller (ACEM) wurde von            programme in Österreich, Belgien,
                                                 der Europäischen Kommission mit dem            Frankreich, Deutschland, den Nieder-
                                                 Preis „Excellence in Road Safety Award“        landen, Spanien und Schweden. Das
                                                 ausgezeichnet. Der Preis wird seit 2006        Zertifizierungssystem ist freiwillig. Jede
                                                 jährlich an Initiativen verliehen, die aktiv   Organisation oder auch Unternehmen
                                                 zu mehr Sicherheit auf Europas Straßen         können sich hierfür bewerben.
                                                 beitragen.
                                                                                                ACEM-Generalsekretär Antonio Perlot
                                                 Zusammen mit den Partnern ACEM und             nahm die Auszeichnung von der
Das Qualitätssiegel erleichtert die Suche nach
hochwertigen Trainingsangeboten.
                                                 FIM entwickelte der DVR 2016 das Qua-          EU-Kommissarin für Verkehr, Violeta
Foto: Gerhard Herrmann                           litätssiegel. Durch das Siegel können          Bulc, in Brüssel entgegen.

4 DVR-report 4/2019
Report - Aktuell "Runter vom Gas": Sicherheit vor Eitelkeit - Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
Unterschätzte Gefahr: Kollisionen von
     Radfahrenden mit Fahrzeugtüren
     DVR veröffentlicht Umfrage zur mangelnden Rücksicht beim Aussteigen

                                                                                  Fahrzeuginsassen vor dem Aussteigen
                                                                                  selten oder nie das Umfeld mit einem
                                                                                  Spiegel- oder Schulterblick überprüfen.

                                                                                  „Holländischer Griff“
                                                                                  Pkw-Fahrende und ihre Mitfahrenden
                                                                                  sollten daher beim Aussteigen die Tür
                                                                                  erst aufmachen, wenn keine Radfah-
                                                                                  renden in Sichtweite sind und vor dem
                                                                                  Öffnen der Tür am besten den „hollän-
                                                                                  dischen Griff“ anwenden. Dabei öffnet
                                                                                  man die Autotür nicht mit der Hand,
                                                                                  die der Tür am nächsten ist, sondern
                                                                                  mit der anderen Hand, um sich dadurch
                                                                                  leichter nach hinten zu drehen und
                                                                                  zurückschauen zu können. Pkw-Fah-
                                                                                  rende sollten davor noch den Rück- und
                                                                                  Seitenspiegel nutzen und sind zudem
                                                                                  aufgefordert, mitfahrende Erwachsene
Von Anna-Sophie Börries                  Mangelnde Sorgfaltspflicht               auf den Schulterblick hinzuweisen und
                                         Der Umfrage nach prüft mehr als jeder    Kinder beim sicheren Aussteigen zu
Nur mal schnell anhalten, Tür auf-       zehnte befragte Autofahrende beim        unterstützen.
reißen, ohne nach hinten zu schauen,     Aussteigen nicht, ob sich Radfahrende
aus dem Auto springen und ein paar       von hinten nähern. 16 Prozent der        Die Autorin ist Referentin Öffentlichkeits-
Brötchen holen – ein solches Verhal-     befragten Autofahrenden machen sel-      arbeit beim DVR.
ten kann schwere Folgen haben: Von       ten oder nie einen Schulterblick, sie-   asboerries@dvr.de
hinten kommende Radfahrende haben        ben Prozent nutzen selten oder nie die
keine Zeit zu bremsen und prallen        Spiegel.
gegen die Fahrzeugtür. Diese soge-
nannten „Dooring-Unfälle“ und die        Insgesamt 45 Prozent der befragten
Relevanz eines Schulterblicks vor dem    Radfahrenden waren mindestens schon
Aussteigen werden oft unterschätzt.      einmal beinahe in eine Kollision mit
Dies zeigt eine aktuelle Forsa-Umfrage   einer geöffneten Fahrzeugtür verwi-
unter 1.000 regelmäßig Radfahrenden      ckelt. Rund sechs Prozent der Befrag-
und 1.000 regelmäßig Autofahrenden       ten gaben an, dass ihnen ein solcher
im Rahmen der Kampagne „Kopf dre-        Unfall bereits passiert ist. Mehr als
hen, Rad Fahrende sehen!“ mit Unter-     ein Drittel der regelmäßig Radfahren-
stützung des Bundesministeriums          den (38 Prozent) hat fast immer oder
für Verkehr und digitale Infrastruktur   generell die Befürchtung, mit einer
(BMVI) und der Deutschen Gesetzlichen    sich plötzlich öffnenden Fahrzeug-
Unfallversicherung (DGUV).               tür zusammenzustoßen und zu stür-
                                         zen. Ganze 65 Prozent der befragten      In einem solchen Fall ist eine Kollision kaum
                                         Radfahrenden sind der Ansicht, dass      noch zu vermeiden. Foto: DVR

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Report - Aktuell "Runter vom Gas": Sicherheit vor Eitelkeit - Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
Sicherheit vor Eitelkeit
       Vier hochrangige Auszeichnungen für Fahrradhelm-Aktion

       „Looks like shit. But saves my life.”

                       Große Freude bei den Verantwortlichen der „Runter vom Gas“-Kampagne über drei Auszeichnungen beim PR Report
AKTUELL

                       Award. Foto: Marco Drews

                       Von Carla Bormann                                      „Germany‘s next Topmodel“
                                                                              Um speziell junge Frauen für das Tragen eines
                       Am 22. März 2019 startete die Verkehrssicher-          Kopfschutzes zu sensibilisieren, setzte „Runter
                       heitskampagne „Runter vom Gas“ des Bundesmi-           vom Gas“ auf die TV-Show „Germany‘s next Top-
                       nisteriums für Verkehr und digitale Infrastruktur      model“ (GNTM) und inszenierte den Kopfschutz
                       (BMVI) und des DVR eine Fahrradhelm-Aktion mit         als Fashion-Thema. Der Clou: Zum ersten Mal
                       prominenter Unterstützung, die für enormes Auf-        in der 14-jährigen Geschichte des TV-Formats
                       sehen und öffentliche Diskussionen sorgte.             wurde eine Präventionskampagne rein redakti-
                                                                              onell in die Sendung eingebunden. Starfotograf
                       Der Hintergrund: Laut einer repräsentativen            Rankin fotografierte GNTM-Kandidatin Alicija
                       Umfrage im Auftrag der Kampagne sind jun-              sowie weitere Models in sexy Outfits und Posen
                       gen Radfahrenden die Gefahren und das per-             mit Fahrradhelmen. Das sahen mehr als 2,5 Milli-
                       sönliche Risiko eines schweren Fahrradunfalls          onen Zuschauer. Die Sendung bildete den Auftakt
                       durchaus bewusst. Trotzdem tragen die wenigs-          zu der unkonventionellen Fahrradhelm-Kampa-
                       ten immer einen Fahrradhelm, denn er gilt vor          gne. Im Anschluss rückten innerstädtische Pla-
                       allem bei jungen Frauen als unästhetisch. Und          kate in fünf Großstädten – unterstützt durch den
                       auch Verkehrsbeobachtungen der Bundesanstalt           Kooperationspartner Wall GmbH – sowie Online-
                       für Straßenwesen (BASt) zeigen, dass nur acht          und Social-Media-Aktionen die Kampagnenmotive
                       Prozent der Radfahrenden im Alter zwischen             in den Fokus und lieferten sachliche Argumente
                       17 und 30 Jahren einen Helm tragen. Das ist die        für das Tragen des lebensrettenden Kopfschutzes.
                       geringste Helmtragequote aller beobachteten
                       Altersgruppen.

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Report - Aktuell "Runter vom Gas": Sicherheit vor Eitelkeit - Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
Auch in Köln war die Kampagne präsent.
Fotos: Runter vom Gas                     Hashtag #HelmerettenLeben dazu auf,       selben Tag erhielt die Aktion auch einen
                                          selbst ein Foto mit einem Fahrradhelm     silbernen Effie-Award des Gesamtver-
Großer medialer Erfolg                    zu posten und sich zum Lebensret-         bands Kommunikationsagenturen GWA
Die Kooperation mit GNTM und das          ter Fahrradhelm zu bekennen. Unter        in der Kategorie „Public Relations“ in
sexy „Helm-Shooting“ polarisierte         allen Teilnehmenden wurden bis Ende       Frankfurt am Main. Die Kampagnen­
und wurde von einigen Menschen und        Juli von Rankin und Alicija signierte     initiatoren BMVI und DVR freuten sich
Medien als „sexistisch“ empfunden.        Fahrradhelme sowie Aktionskalender        gemeinsam mit der Agentur Scholz
Doch gerade Vorbilder aus der eige-       verlost.                                  & Friends Berlin sehr darüber, dass
nen Altersgruppe können am bes-                                                     diese insbesondere für öffentliche Ins-
ten für die Botschaft „Sicherheit vor     Der mediale Erfolg war überwältigend.     titutionen mutige Zielgruppenstrategie
Eitelkeit“ plädieren. Und besonders       Die Aktion „Looks like shit. But saves    aufging und mit mehrfachen Awards
der Kontrast zwischen Model-Look          my life.“ erzielte eine Reichweite von    belohnt wurde.
und leichter Bekleidung in Kombina-       mehr als 1,5 Milliarden Kontakten. In
tion mit dem Fahrradhelm sorgte für       manchen Medien zunächst kritisiert,       Die Autorin ist Referatsleiterin Öffent-
Irritation und vermittelte die wichtige   fand sie in der „Generation Instagram“    lichkeitsarbeit Kampagnen/Medienarbeit
Botschaft zielgruppengerecht und mit      größten Beifall. Unabhängige Mei-         und stellvertretende Pressesprecherin
Augenzwinkern. Gleichzeitig trans-        nungsumfragen von yougov.de und           beim DVR
portierte das selbstbewusste Auf-         der Zeitschrift FOCUS zeigten zudem,      cbormann@dvr.de
treten der Models den Fahrradhelm         dass auch eine deutliche Mehrheit der
selbst im ungewöhnlichsten Umfeld         Bevölkerung die Aktion sehr gut oder
wie eine ganz natürliche Selbstver-       gut fand.
ständlichkeit. In sozialen Netzwer-
ken rief „Runter vom Gas“ unter dem       Das sahen auch die Jurymitglieder von
                                          zwei renommierten Awards der Kom-
                                          munikationsbranche so und würdig-
                                          ten die Aktion jetzt mit insgesamt vier
                                          Preisen.

                                          Die    aufsehenerregende     Fahrrad-
                                          helm-Aktion wurde am 14. November
                                          in Berlin gleich drei Mal ausgezeich-
                                          net – mit dem PR Report Award in den
                                          Kategorien „kreative und innovative
                                          Kommunikation“ und „Kommunika-
Der Effie-Award des Gesamtverbands
                                          tion im öffentlichen Raum“ sowie der
Kommunikationsagenturen GWA               Wahl zur „Kampagne des Jahres“. Am        Plakate in fünf deutschen Großstädten

                                                                                                           4/2019 DVR-report 7
Report - Aktuell "Runter vom Gas": Sicherheit vor Eitelkeit - Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
Helfen statt Gaffen
        60 Jahre „Kavalier der Straße“
MITGLIEDER

                        28 „Kavaliere der Straße“ wurden im Spiegelsaal der Regierung der Oberpfalz in Regensburg geehrt. Fotos: LEX TINO

                        Bei ihrer 60. Jahrestagung zeichnete die Arbeits-            Regierungspräsident Bartelt, in der heutigen Zeit
                        gemeinschaft Deutscher Tageszeitungen „Kavalier              immer seltener zu beobachten.
                        der Straße“ 28 Menschen aus, die ohne zu zögern
                        anderen im Straßenverkehr geholfen haben. Die                Kavaliere als Vorbilder
                        Kavaliere wurden in Regensburg im Beisein des                Damit sind die Kavaliere der Straße Vorbilder
                        Regierungspräsidenten der Oberpfalz Axel Bartelt,            für alle Menschen, die am Straßenverkehr teil-
                        Gabriele Opitz, Stadträtin der Stadt Regensburg              nehmen. Vielen Helferinnen und Helfern fiel bei
                        sowie Andrea Jakob, stellvertretende Chefredak-              ihren Rettungseinsätzen auf, dass sie gestört und
                        teurin der Mittelbayerischen Zeitung, geehrt.                gefilmt wurden oder die Rettungsgasse blockiert
                                                                                     wurde. „Sowohl als Regierungspräsident als auch
                        Kavaliere der Straße zeichnet aus, dass sie Men-             als Privatperson finde ich es abstoßend, wenn sich
                        schen, die im Straßenverkehr in Not geraten,                 andere am Leid Dritter ergötzen, und kann nur
                        helfen. Wie unterschiedlich diese Hilfe aussehen             appellieren, sich auf den Verkehr zu konzentrieren
                        kann, zeigten die Geschichten der 28 Ausgezeich-             und nicht zum Katastrophentouristen zu werden“,
                        neten. Der eine stellte einen Lkw-Fahrer, der                sagte es der Regierungspräsident in klaren Wor-
                        Fahrerflucht beging, andere leisteten lebensret-             ten. Er überreichte den 28 Kavalieren die Plakette
                        tende Erste Hilfe oder alarmierten Feuerwehr und             und Anstecknadel für ihre herausragende Hilfsbe-
                        Polizei. Gemeinsam ist allen, dass sie mit ihrem             reitschaft im Straßenverkehr. „Glücklicherweise
                        Handeln zu einem partnerschaftlichen Mitein-                 gibt es noch Menschen wie Sie“, dankte er den
                        ander im Straßenverkehr beitragen. Das sei, so               Kavalieren.

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Report - Aktuell "Runter vom Gas": Sicherheit vor Eitelkeit - Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
Das unterstrich der Sprecher der          der Verletzten. Unverletzt blieb glückli-   Jahren um dramatische Notfälle. Und
Arbeitsgemeinschaft Hermann Fetsch:       cherweise ein acht Wochen altes Baby.       rund 15.000 Verkehrstote pro Jahr
„Wir brauchen mehr denn je Menschen,                                                  waren einer der Gründe, warum die
die ritterliche Tugenden im Straßenver-   Und es gab weitere von Laudator Gerd        Initiative der Tageszeitungen über-
kehr unter Beweis stellen.“               Brunner vorgetragene Kavalierge-            haupt ins Leben gerufen wurde. Ziel
                                          schichten, die eine Gänsehaut auslös-       der Arbeitsgemeinschaft war und ist
Auch Andrea Jakob sprach die abneh-       ten. Etwa als er von dem Familienvater      es, Kavaliere auszuzeichnen und über
mende Bedeutung von rücksichtsvol-        erzählte, der gerade erst seine Frau        ihre Taten zu berichten. Dadurch sol-
lem Verhalten und Hilfsbereitschaft       verloren hatte und nun selbst aufgrund      len alle anderen motiviert werden,
im Straßenverkehr an. „Anstatt stehen     von gesundheitlichen Problemen auf          ebenfalls zu helfen. Aktuell sind etwa
zu bleiben, um zu helfen, bleiben viele   der A 94 in einem engen Baustellen-         30 Tageszeitungen Mitglieder in der
stehen, um zu gaffen.“ Längst seien das   bereich verunglückte. Michaela Eschle,      Arbeitsgemeinschaft.
keine Einzelfälle mehr.                   Philipp Metzger und Zoltan Sabo wech-
                                          selten sich über längere Zeit mit den       Immer wieder wurden in den vergan-
Beeindruckende                            Wiederbelebungsmaßnahmen ab. „Wir           genen 60 Jahren auch Prominente wie
Rettungseinsätze                          haben einfach nur noch funktioniert“,       Maria Schell oder Prinz Adalbert von
Wie es anders geht, stellen die Kava-     sagte Metzger. Sie konnten den 48-jäh-      Bayern als Kavaliere der Straße aus-
liere der Straße unter Beweis. Men-       rigen Witwer retten und so verhindern,      gezeichnet. Nun kommt ein weiterer
schen wie Christiane Niebler aus Küh-     dass seine kleinen Kinder zu Vollwaisen     bekannter Name hinzu: Der bayerische
lenthal im Landkreis Augsburg, die        wurden.                                     Innenminister Joachim Herrmann hat
auf der A 6 bei Amberg gleich bei zwei                                                bei einem schweren Verkehrsunfall
aufeinanderfolgenden Unfällen beherzt     Über die Arbeitsgemeinschaft                auf der A 3 bei Erlangen Erste Hilfe
geholfen hat. Zunächst kümmerte sie       Mehr als 65.000 Kavaliere sind seit         geleistet. Er habe „Kavaliersqualitäten“
sich um sieben rumänische Insas-          Gründung der Arbeitsgemeinschaft im         bewiesen, lobte Regierungspräsident
sen eines verunglückten Kleinbusses.      Jahr 1959 für ihr Engagement geehrt         Bartelt. Die Auszeichnung will Herr-
Während der Unfallaufnahme ereig-         worden. Der erste ausgezeichnete            mann allerdings nicht an die große Glo-
nete sich auf der Gegenfahrbahn ein       Kavalier der Straße war übrigens Wal-       cke hängen. Sie wird in seinem Ministe-
weiterer schwerer Unfall – vermutlich     ter Weber aus Schierling im Landkreis       rium überreicht.
aufgrund Schaulustiger und Unacht-        Regensburg. Er half damals einem
samkeit. Christiane Niebler übernahm      Ehepaar mitten in der Nacht mit einem       Mehr Informationen über die Arbeits-
auch hier zusammen mit einem Teil         Abschleppseil, das er aus Hosenträ-         gemeinschaft unter:
der bereits im Einsatz befindlichen       gern und Perlonstrümpfen bastelte.          http://www.kavalier-der-strasse.com
Feuer­wehrkräfte die Erstversorgung       Aber nicht selten ging es auch vor 60

Sie haben beherzt und mutig geholfen.

                                                                                                           4/2019 DVR-report 9
Report - Aktuell "Runter vom Gas": Sicherheit vor Eitelkeit - Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR)
Sicher zu Fuß
      Allianz-Studie: Ältere besonders gefährdet

                                                                                             Telefonieren die häufigste Ablenkung,
                                                                                             spiele aber beim Gehen eine gerin-
                                                                                             gere Rolle für das Unfallgeschehen. Im
                                                                                             Gegensatz zu Autofahrenden würden
                                                                                             Fußgängerinnen und Fußgänger in der
                                                                                             Regel selbst entscheiden, wann sie sich
                                                                                             in eine konfliktträchtige Verkehrssi-
                                                                                             tuation begäben, beispielsweise beim
                                                                                             Überqueren einer Straße, und dürften
                                                                                             demnach besser in der Lage sein, das
                                                                                             Telefonieren auf die jeweilige Situation
                                                                                             abzustellen.

                                                                                             Sicherheit durch
                                                                                             Notbremssysteme
                                                                                             Eine umfangreiche Analyse der Fuß-
Mehr als die Hälfte der über 400 getöteten Fußgängerinnen und Fußgänger in Deutschland ist
                                                                                             gängerunfälle der Allianz Versiche-
älter als 64 Jahre. Foto: DVR
                                                                                             rung zeigt zunächst erwartungsgemäß,
Der Anteil der im Straßenverkehr               Schadenvorstand der Allianz Versiche-         dass in einem Großteil der Fälle (42
getöteten Fußgängerinnen und Fuß-              rungs-AG. „Und der Anteil stieg ver-          Prozent) der Anprall im Frontbereich
gänger lag 2018 bei rund 14 Prozent            gangenes Jahr nochmals stark an, von          stattfindet. Bemerkenswert ist jedoch,
(457). Eine Verkehrssicherheitsstudie          51 auf 56 Prozent.“                           dass sich 23 Prozent der Unfälle beim
des Allianz Zentrums für Technik (AZT)                                                       Rückwärtsfahren ereignen. Versuche
in Zusammenarbeit mit dem Institut             Unfallrisiko durch Ablenkung                  im AZT zeigen, dass bereits ein durch
Mensch-Verkehr-Umwelt       (München)          Auch Ablenkung spielt eine erhebliche         einen Anprall mit drei km/h resultie-
und MAKAM Research (Wien) zur Mobi-            Rolle. Laut der repräsentativen Erhe-         render Sturz Kopfverletzungen nach
lität und Sicherheit von Fußgänger­            bung der Allianz „tippen“ beziehungs-         sich ziehen kann. Die Untersuchungen
innen und Fußgängern zeigt, welche             weise „texten“ 43 Prozent der Befrag-         belegen, dass neben der Warnfunk-
Unfallsituationen am gefährlichsten            ten beim Gehen. Fast jeder Zweite             tion eines Systems auch die automati-
sind, wie hoch das Ablenkungspoten-            (45 Prozent) nutzt das Handy, um zu           sche Notbremsung lebenswichtig ist,
zial durch Smartphone & Co. ist und            fotografieren. 28 Prozent hören Musik,        wenn trotz Warnton nicht reagiert wird.
welche Technik helfen kann, Unfälle zu         und zwei Drittel (67 Prozent) telefo-         „Nachdem sich in den vergangenen
vermeiden.                                     nieren beim Gehen. Dies zeigt, dass           Jahren Notbremssysteme für Fußgän-
                                               Ablenkung nicht nur beim Autofahren,          ger im Frontbereich als Marktstandard
Besonders gefährdet sind sie in der            sondern auch zu Fuß ein nachweis-             für neue Fahrzeugmodelle etabliert
Zeit von Oktober bis Februar, innerorts        bares Unfallrisiko birgt. „Die Nutzung        haben, müssen wir jetzt im nächsten
und in der Dämmerung beziehungs-               elektronischer Geräte erhöht die Wahr-        Schritt auch die Notbremsung beim
weise bei Dunkelheit. Die Leidtragen-          scheinlichkeit für einen Fußgänger,           Rückwärtsfahren      weiterentwickeln,
den sind vor allem Senioren, die auf           einen Unfall zu erleiden“, sagt Haug.         um die Sicherheit für Fußgänger zu
das Zufußgehen mehr angewiesen sind            Speziell beim Musikhören steige das           erhöhen. Fußgänger müssen in jeder
als Jüngere. „Mehr als die Hälfte der          Risiko um mehr als das Vierfache, beim        Situation sicher erkannt werden“, sagt
getöteten Fußgänger in Deutschland ist         Texten um das Doppelte. Wie beim              AZT-Geschäftsführer Dr. Christoph
älter als 64 Jahre“, sagt Jochen Haug,         Autofahren sei auch im Fußverkehr das         Lauterwasser.

10 DVR-report 4/2019
Pro Jahr verunglücken rund 30.000 Fußgängerinnen und Fußgänger im Straßenverkehr. Foto: connel_design - stock.adobe.com

Strategie für sicheren                          Fußgängersicherheit    dürfe    nach            ihre Belange sind andere als die der
Fußverkehr                                      Ansicht der Allianz nicht im breiten            Zweiradfahrer“, erläutert Haug. „Eine
Seit vielen Jahren sind die Verkehrs­           Spektrum der Probleme „ungeschütz-              Aktualisierung der Fußgänger-Charta
opferzahlen in Deutschland rückläufig –         ter“ Verkehrsteilnehmender unter-               des Europaparlaments aus den 1980er
auch die der getöteten Fußgängerinnen           gehen. „Fußgänger benötigen eine                Jahren wäre ein hilfreicher Impuls für
und Fußgänger. Die jüngsten Zahlen              eigenständige Außendarstellung, denn            die Verkehrssicherheit in Europa.“
des Statistischen Bundesamtes für 2018
zeigen jedoch wieder einen leichten
Anstieg der Anzahl aller Getöteten (plus
drei Prozent), aber die Anzahl der getö-
teten Fußgängerinnen und Fußgänger
ging leicht zurück (minus fünf Prozent).
Dass das kein Grund zur Entwarnung
ist, zeigt die Allianz-Sicherheitsstudie.
„Der Anteil der getöteten Fußgänger
im Vergleich zu allen Unfalltoten steigt
langjährig leicht an, und immer noch
verunglücken jährlich 30.000 Fußgän-
ger im Straßenverkehr“, sagt Haug.
„Ihrer Sicherheit muss stärkere Beach-
tung geschenkt werden, wenn wir die
Vision Zero, den Straßenverkehr ohne
Tote, bis zum Jahr 2050 erreichen
wollen.“                                        Zwei Drittel der Verkehrsteilnehmenden telefonieren beim Gehen. Foto: AZT

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Lkw von morgen: sicher und vernetzt
       3. DEKRA Zukunftskongress Nutzfahrzeuge in Berlin

Vor rund 300 Gästen ging es um die Potenziale innovativer Technologien. Foto: Thomas Kueppers

Beim 3. DEKRA Zukunftskongress                   Staatssekretär im Bundesverkehrs­               verpflichtend. „Wir hätten uns einen
Nutzfahrzeuge am 19./20. November                ministerium, in seiner Keynote auch             deutlich früheren Zeitpunkt gewünscht,
in Berlin diskutierten Fachleute aus             mit der Verkehrssicherheit von Nutz-            freuen uns aber über jeden Transport-
Politik, Industrie, Forschung und Trans-         fahrzeugen und richtete im Zusam-               unternehmer, der dieses System heute
portgewerbe vor rund 300 Gästen die              menhang mit dem Abbiegeassistenten              schon für seine Fahrzeuge bestellt und
Potenziale innovativer Technologien              kritische Worte in Richtung EU. Hin-            so vor allem beim Rechtsabbiegen zum
rund um das Nutzfahrzeug.                        tergrund: Für neue Lkw-Fahrzeug­                Schutz von Radfahrern und Fußgängern
                                                 typen wird der Abbiegeassistent erst            beiträgt“, sagte Bilger.
Die Nutzfahrzeugbranche hat sich in              ab 2022 und für alle neuen Lkw ab 2024
den letzten Jahren durch eine Vielzahl
an Innovationen technologisch rasant
entwickelt. Doch bei allen Fortschrit-
ten steht die Nutzfahrzeugindustrie vor
großen Herausforderungen, die in den
kommenden Jahren die Prozessab-
läufe und Investitionsentscheidungen
in Transportunternehmen und Spedi-
tionen bestimmen werden – etwa im
Blick auf automatisiertes Fahren, Digi-
talisierung, Vernetzung oder alternative
Antriebe.

Schutz bei
Rechtsabbiegeunfällen
Seitens der Politik beschäftigte sich            Für neue Lkw-Fahrzeug­typen wird der Abbiegeassistent erst ab 2022 und für alle neuen Lkw ab
Steffen Bilger, Parlamentarischer                2024 verpflichtend. Foto: Daimler AG

12 DVR-report 4/2019
Dass der Abbiegeassistent die Sicher-        anbietet. Ebenso, versprach Schoch,              deren Folgen vermindern. „Selbstver-
heit    ungeschützter    Verkehrsteil-       werde der Notbremsassistent Aktive               ständlich muss in diesem Zusammen-
nehmender deutlich erhöhen kann,             Brake Assist der fünften Generation              hang gewährleistet sein, dass die Sys-
untermauerten die Ausführungen zur           mit Fußgängererkennung ab Januar                 teme im Lauf der Entwicklung und im
Herstellerlösung von Mercedes-Benz           2020 in allen neuen Actros und Arocs in          Rahmen der Typgenehmigung umfas-
Lkw sowie zu den Nachrüstlösungen            Europa serienmäßig verbaut sein.                 send getestet und geprüft werden“, gab
etwa von Luis Technology oder von                                                             DEKRA-Geschäftsführer Jann Fehlauer
Wüllhorst Fahrzeugbau und Edeka              Automatisiertes Fahren                           zu bedenken. Zudem müssten die Sys-
Südbayern. Bei dieser Gelegenheit ver-       Angesichts der Tatsache, dass fast 90            teme über den gesamten Lebenszyk-
kündete Dieter Schoch von der Daimler        Prozent aller Straßenverkehrsunfälle             lus des Fahrzeugs hinweg zuverlässig
AG, dass Mercedes-Benz den seit 2016         auf menschliches Versagen zurückge-              funktionieren, also auch im Rahmen
ab Werk erhältlichen Abbiegeassis-           hen, bieten Fahrerassistenzsysteme               der Periodischen Fahrzeugüberwa-
tenten seit Neuestem für zahlreiche          und automatisierte Fahrfunktionen ein            chung geprüft werden können.
Modelle der Baureihen Actros, Arocs          großes Sicherheitspotenzial, indem sie
oder Econic auch als Nachrüstlösung          Fehler des Menschen verhindern oder

  Dr. Stefan Guserle mit dem Europäischen Sicherheitspreis Nutzfahrzeuge ausgezeichnet
  Gemeinsame Ehrung von EVU, DVR und DEKRA

  Dr. Stefan Guserle ist mit dem Euro-       Dr. Stefan Guserle studierte an                 Festigkeitsberechnungen für Lkw und
  päischen Sicherheitspreis Nutzfahr-        der TU München Maschinenwesen                   Busse, außerdem die Entwicklung
  zeuge 2019 ausgezeichnet worden.           und promovierte im Jahr 2001 zum                von Methoden zum virtuellen Testen
  Der 52-jährige Abteilungsleiter Simu-      ­Dr.-Ing. Im Jahr 2000 begann er seine          und für die Homologation über vir-
  lation Karosserie & Crasherprobung          Tätigkeit bei MAN als Berechnungs­             tuelle Verfahren. Aktuell rückt dabei
  bei der MAN Truck & Bus SE wurde            ingenieur im Bereich Festigkeitsbe-            die passive Sicherheit von Nutzfahr-
  im Rahmen des DEKRA Zukunfts-               rechnung und Crashsimulation von               zeugen mit elektrischen Antrieben
  kongresses Nutzfahrzeuge in Berlin          Lkw-Fahrerhäusern. 2006 wurde er               zunehmend in den Fokus.
  geehrt. Der Preis wurde in diesem           Abteilungsleiter und ist als solcher
  Jahr zum 30. Mal gemeinsam von der          bei MAN für die passive Sicherheit             Auch für die Bereiche Unfallstatistik
  Europäischen Vereinigung für Unfall-        und den Insassenschutz zuständig.              und Unfallanalyse bei Lkw und Bus
  forschung und Unfallanalyse (EVU),                                                         ist er verantwortlich – eine wichtige
  dem DVR und DEKRA vergeben.                In seinen Verantwortungsbereich                 Grundlage für die Bewertung von
                                             fallen unter anderem die Crash-                 Risiken bei der Fahrzeugentwicklung.
  „Mit Herrn Dr. Guserle zeichnen wir in     berechnung und -erprobung sowie
  auch in diesem Jahr eine Persönlich-
  keit aus, die sich mit ihren beruflichen
  Leistungen in besonderer Weise um
  die Sicherheit des Nutzfahrzeugs ver-
  dient gemacht hat“, sagte EVU-Prä-
  sident Jörg Ahlgrimm in seiner Lau-
  datio. „Er ist verantwortlich für eine
  ganze Reihe von Projekten, die sich
  letztlich alle mit der Optimierung der
  passiven Sicherheit und dem Insas-
  senschutz befassen. Dabei gehen die
  Arbeiten im Bereich der Simulation,
  der Erprobung und der Definition von       Dr. Stefan Guserle (2.v.r.) ist mit dem Europäischen Sicherheitspreis Nutzfahrzeuge 2019 aus-
                                             gezeichnet worden. Es gratulieren Jann Fehlauer (rechts), Geschäftsführer der DEKRA Auto-
  Crashlastfällen weit über die gesetzli-    mobil GmbH, EVU-Präsident Jörg Ahlgrimm (links) und Welf Stankowitz, Referatsleiter Fahr-
  chen Anforderungen hinaus.“                zeugtechnik beim DVR. Foto: Thomas Kueppers

                                                                                                                      4/2019 DVR-report 13
Sichere Kreuzungen für den Radverkehr
      ADFC-Fachtagung präsentierte neue Konzepte

                                                                                          Geschützte Kreuzungen
                                                                                          Mit dem Vortrag von Johan Diepens von
                                                                                          Mobycon, einem Beratungsunterneh-
                                                                                          men für nachhaltige Mobilitätslösun-
                                                                                          gen, ging der Blick in die Niederlande.
                                                                                          „Eine Kreuzung muss einfach und
                                                                                          selbsterklärend sein“, betonte auch
                                                                                          er und berichtete von unterschiedli-
                                                                                          chen Kreuzungslösungen, die in den
                                                                                          Niederlanden je nach Geschwindigkeit
                                                                                          gestaltet werden. Kreisverkehre, bei
                                                                                          denen Fuß- und Radverkehr Vorrang
                                                                                          vor dem Autoverkehr haben, würden
                                                                                          gut funktionieren, weil es weniger
                                                                                          Konfliktpunkte gebe. Schlüsselaspekt
                                                                                          sei der 90-Grad-Winkel, der eine gute
                                                                                          Sichtbeziehung zwischen Rad- und
                                                                                          Autoverkehr erlaube. Auch geschützte
ADFC-Bundesgeschäftsführer Burkhard Stork eröffnete die Fachtagung. Fotos: ADFC/Michael   Kreuzungen, bei denen es zusätzli-
Handelmann                                                                                che Bordsteine gibt und die mit Farbe
Neue Konzepte für fahrradfreundli-           Unfallforschung der Versicherer (UDV)        markiert sind, würden gerne errichtet.
che Kreuzungen standen im Fokus der          die Fachvorträge und wies darauf hin,        Bei dieser Lösung seien die Halteli-
diesjährigen Fachtagung des Allgemei-        dass rund zwei Drittel der Unfälle           nien für den Autoverkehr zurückgesetzt
nen Deutschen Fahrrad-Clubs (ADFC).          an Kreuzungen, Einmündungen und              und es gebe ausreichend Platz für den
                                             Zufahrten passieren. Er plädierte dafür,     Fußverkehr.
ADFC-Bundesgeschäftsführer      Burk-        Kreuzungen zu vereinfachen und zu
hard Stork begrüßte die etwa 170 Teil-       entzerren. Wesentlich sei, dass man          Getrennte Ampelphasen
nehmenden: „Man muss die Menschen            schnell erkennen und begreifen könne,        Über das Thema Ampelschaltungen
zum Radfahren einladen und dafür             wie sie funktionieren. Vor allem eine        referierte Emil Tin von der Stadt Kopen-
braucht es einladende Infrastruktur.“        gute Sichtbeziehung zwischen den             hagen. „Komplett getrennte Ampelpha-
Deshalb sei es jetzt, wo die Debatte         Verkehrsteilnehmenden sei wichtig.           sen sind für die Sicherheit am besten“,
um mehr Radverkehr in der Mitte der          Ob nun geschützte Kreuzungen, die            sagte er, zum Beispiel, wenn Radfah-
Gesellschaft angekommen sei, an der          es in den Niederlanden gibt und die in       rende vor den Autos Grün bekommen.
Zeit, sich dem Thema fahrradfreund-          anderen Ländern wie den USA, Groß-           Das sei vorteilhaft, wenn die Radfah-
liche Kreuzungen anzunehmen. „Eine           britannien und Kanada adaptiert wur-         renden vorher an der Ampel gestan-
deutsche Lösung für sichere Kreuzun-         den, die Lösung seien, dafür fehlten         den haben; kommen sie hingegen bei
gen gibt es noch nicht. Wir müssen sie       bisher belastbare Zahlen. „Das muss          Grün an, sei der Vorteil weg. Er gab zu
gemeinsam suchen“, meinte Stork.             man ausprobieren und nachschauen“,           bedenken, dass getrennte Ampelpha-
                                             sagte Ortlepp. Getrennte Signali-            sen den Verkehr insgesamt langsamer
Situation in Deutschland                     sierung sei ein gutes Mittel, um die         machen würden. Außerdem berichtete
„Wir müssen etwas für die Ver-               Sicherheit an Kreuzungen zu verbes-          er von einigen Projekten wie der Grü-
kehrssicherheit    des    Radverkehrs        sern, ebenso wie die Einführung eines        nen Welle für Radfahrende bei 20 km/h,
tun“, eröffnete Jörg Ortlepp von der         Lkw-Abbiegeassistenten.                      intelligenter Straßenbeleuchtung oder

14 DVR-report 4/2019
Etwa 170 Teilnehmende, darunter Planerinnen und Planer, aber auch     Das Publikum konnte Fragen an die Experten stellen.
Fachleute aus Politik und Verbänden, waren zu Gast.

der App „Green Catch“, die Kreuzungen         Kreuzungsentwurf, sondern verschie-              Durch andere Gesetze in Großbritan-
für Radfahrende sicherer machen und           dene Elemente, die in unterschiedli-             nien ließen sich diese nicht eins zu
ein besseres Vorankommen ermögli-             chen Situationen angewendet werden.              eins übertragen. Mit den sogenannten
chen sollen.                                  Da belastbare Zahlen zur Sicherheit              „Cyclops“ gebe es aber ein ähnliches
                                              von geschützten Kreuzungen fehlen,               Modell.
Impulse aus der Praxis                        soll es 2020 Verkehrsversuche geben,
Kürzere      Impulsvorträge      gaben        die anschließend ausgewertet werden.             Die Podiumsdiskussion zum Abschluss
anschließend einen Einblick in die Pra-                                                        diskutierte strittige Punkte. Ludger
xis. Timm Schwendy von „Darmstadt             In Großbritannien gibt es bereits                Koopmann vom ADFC-Bundesvor-
fährt Rad“ erzählte von den Erfolgen          geschützte Kreuzungen, wie Richard               stand sprach das Kernproblem an: „In
durch den Radentscheid. So sei in nur         Butler von der Metropolregion Grea-              Deutschland sind wir zu zurückhaltend,
zwei Tagen der erste geschützte Rad-          ter Manchester berichtete. Bisherige             zu feige. Wir müssen mehr auspro-
fahrstreifen errichtet worden. Durch          Kreuzungskonzepte hätten verschie-               bieren. In dem Tempo werden wir die
kleinere Sofortmaßnahmen wie Tri-             dene Schwachstellen, daher habe man              Verkehrswende nicht mal ansatzweise
xi-Spiegel oder vorgezogene Halteli-          sich die geschützten Kreuzungen in den           schaffen.“
nien für Radfahrende sollen Kreuzun-          Niederlanden zum Vorbild genommen.
gen sicherer werden. Außerdem habe
sich die Stadt zu Schutzkreuzungen
bekannt.

Merja Spott von der Senatsverwaltung
für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz
berichtete, wie Berlin den Umgestal-
tungsprozess von Kreuzungen angehe.
Mit dem Mobilitätsgesetz habe sich
die Hauptstadt der Vision Zero ver-
schrieben und werde in den nächsten
Jahren viele unfallträchtige Kreuzun-
gen umbauen. In einem Workshop, der
zusammen mit einem niederländischen
Planungsbüro stattfand, habe sich die
Senatsverwaltung mit dem Thema
„Geschützte Kreuzungen“ befasst. Ihr
Fazit: Es gibt nicht den einen idealen        Die Podiumsdiskussion zum Abschluss diskutierte strittige Punkte.

                                                                                                                     4/2019 DVR-report 15
Sicher und umweltverträglich ankommen
        Eco Safety Trainings des DVR
IM BLICKPUNKT

                         Training im Realverkehr: vorausschauend fahren und ausreichenden Sicherheitsabstand einhalten. Foto: Martin Lukas Kim

                         Wenn auf Wegen oder Dienstwegen Unfälle pas-                   eine Bremsübung an. Drei DVR-Trainer analy-
                         sieren, müssen Betriebe mit längeren Ausfallzei-               sierten währenddessen das Fahrverhalten in Not-
                         ten und teilweise hohen Kosten für Sachschäden                 fallsituationen. Anschließend wurde die Gruppe
                         rechnen. Hier setzen die Eco Safety Trainings des              geteilt, damit sich die Trainer individueller um die
                         DVR an. Unternehmen, denen die Sicherheit ihrer                Teilnehmenden kümmern konnten.
                         Belegschaft, ökologisches und umweltverträgli-
                         ches Fahren ein Anliegen ist, können mit diesen                Fahrpraxis auf dem Trainingsplatz
                         Trainings einen Beitrag dazu leisten.                          Während eine Gruppe direkt mit dem Eco Safety
                                                                                        Training im Realverkehr begann, absolvierte die
                         Kay Kutschbach, Leiter der Geschäftseinheit                    andere den fahrphysikalischen Teil des Trainings
                         „Refinery“ der Clariant Produkte (Deutschland)                 auf dem Übungsplatz.
                         GmbH, wollte schon lange ein Fahrsicherheitstrai-
                         ning für seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in             Dort waren weitere Bremsübungen ein zentra-
                         Deutschland anbieten. „Wegeunfälle in der Ver-                 ler Bestandteil. Ziel war es, selbst zu erfahren,
                         gangenheit wurden zwar inhaltlich aufgearbeitet,               wie sehr sich der Bremsweg bei zunehmender
                         was sicherlich zu einem gesteigerten Sicherheits-              Geschwindigkeit verlängert. Im Mittelpunkt stand
                         bewusstsein führt, andererseits ist sicherheits-               die Notbremsung aus 40 km/h.
                         konformes Verhalten permanent zu üben und
                         noch stärker zu verinnerlichen“.                               Unfallrisiko Ablenkung
                                                                                        Auch Ablenkung spielte bei diesem Teil des Trai-
                         In Gründau auf dem Gelände des ADAC-Fahrsi-                    nings eine wichtige Rolle. Denn schon ganz ein-
                         cherheitszentrums Rhein-Main ging es für zwölf                 fache Tätigkeiten wie das Fensteröffnen können
                         Beschäftigte seiner Firma los. Als erstes stand                vom Verkehrsgeschehen ablenken. Das bekamen

  16 DVR-report 4/2019
alle beim Fahren entlang eines Par-           Eco Safety Trainingsangebote
cours mit Tempo 40 km/h zu spüren.
Über Funk fordert Trainer Henning             Ziel der Eco Safety Trainings des DVR ist es, die Zahl der Unfälle zu reduzie-
Swirski eine der Teilnehmerinnen auf,         ren, den Spritverbrauch zu senken und weniger Material zu verschleißen. Die
das Licht umzustellen. Die Frau ver-          Trainings richten sich in erster Linie an Betriebe, können aber auch von Einzel-
sucht sich im Cockpit zurechtzufinden.        personen gebucht werden. Häufig ist ein Zuschuss für die Eco Safety Trainings
Dann ist das Licht an. Eine Pylone hat        durch die jeweilige Berufsgenossenschaft oder Unfallkasse möglich.
sie umgefahren. Da kommt auch schon
die nächste Aufgabe: „Was ergibt 17           Aktuell bietet der DVR vier Varianten des Eco Safety Trainings an:
mal 48?“, fragt Swirski. Eine weitere         – individuelles Eco Safety Training für Einzelpersonen
Pylone fällt und noch eine. „Das funk-        – flexibles Eco Safety Training für sechs Personen
tioniert nicht“, erklärt die Fahrerin, „ich   – klassisches Eco Safety Training für drei bis sechs Personen
kann mich nicht konzentrieren“. Genau         – Kombi Eco Safety Training für bis zu zwölf Teilnehmende
das soll den Teilnehmenden vermittelt
werden: Ob eine Rechenaufgabe oder            Weitere Informationen zu den Trainings unter:
die Annahme eines Telefonats per Frei-        www.ecosafetytrainings.de oder direkt über den Deutschen
sprechanlage – beides lenkt vom Ver-          Verkehrssicherheitsrat
kehrsgeschehen ab und erhöht somit            Kathrin Jähns I Tel. 030/22 66 77 114 I KJaehns@dvr.de
das Risiko für einen Unfall.

Eco Safety Training im
Realverkehr                                                                             ein Fahrsicherheitstraining für die
Vom geschützten Übungsplatz ging es                                                     Belegschaft zu buchen. Ich denke,
anschließend in den Realverkehr. Beim                                                   es ist enorm wichtig, die Bedeutung
Coaching im öffentlichen Straßenver-                                                    von sicherheitskonformem Verhalten
kehr wurde das Fahrverhalten in rea-                                                    im Berufsalltag wie auch im Privaten
len Fahrsituationen trainiert. Bevor                                                    zu verinnerlichen. Denn statistisch
es losging, legten die Teilnehmenden                                                    gesehen passieren mehr Unfälle auf
gemeinsam mit dem Trainer die Ziele                                                     dem Weg zur Arbeit als während der
und Techniken fest, die im Rahmen                                                       Arbeitszeit.
des Trainings umgesetzt werden soll-
ten: zum Beispiel Tipps für defensives                                                  Wie sind Sie auf die Trainings-
Fahren, das Abstandsverhalten zu trai-                                                  variante des DVR gestoßen?
nieren, aber auch den CO2-Ausstoß zu           Foto: Privat                             Das ergab eine Internetrecherche.
reduzieren.                                                                             Außerdem ist der DVR vielen durch
                                              Drei Fragen an …                          verschiedene Aktionen und Kampa-
Rückmeldung                                   Kay Kutschbach, Clariant                  gnen, so zum Beispiel die Autobahn-
Nach insgesamt etwa acht Stunden tra-         Produkte (Deutschland) GmbH               plakate „Runter vom Gas“, bekannt.
fen sich alle wieder auf dem Trainings-
gelände in Gründau. Hat das Training          Herr Kutschbach, für Ihre Mit-            Wie waren die Erfahrungen
den Erwartungen entsprochen? Am               arbeiter fand im Mai dieses               der Teilnehmenden?
Ende des Eco Safety Trainings gaben           Jahres ein Kombi Eco Safety               Die Rückmeldungen meiner Mitar-
und bekamen sie Feedback und ließen           Training statt. Wie kamen Sie             beiter waren durchweg positiv. Eine
den Tag noch einmal Revue passie-             auf die Idee, das Training                Mitarbeiterin berichtete, dass sie
ren. Das Resümee von Kay Kutsch-              anzubieten?                               sich seit dem Training an eine ganze
bach: „Das Training hat nicht nur Spaß        Sicherheit ist in unserem Unterneh-       Reihe von „Denkanstößen“ erinnert
gemacht, sondern auch praktische              men ein wichtiges Thema. Wegeun-          und jetzt auch umsetzt. Aber auch
Tipps gegeben, wie wir unser Fahrver-         fälle in der Vergangenheit waren          viele Informationen und praktische
halten tagtäglich anpassen können,            Anlass, das Thema noch intensiver         Erläuterungen der Trainer haben
um sicher anzukommen“. Ein weiteres           anzugehen. Daher hatte ich die Idee,      sich verinnerlicht.
Training ist bereits fest eingeplant.

                                                                                                            4/2019 DVR-report 17
E-Scooter fahren in der kalten Jahreszeit
       Tipps für ein sicheres Ankommen
JOURNAL

                        Auch im Winter sind E-Scooter im Einsatz. Foto: Pixabay

                        Von Athanasia Theel                                       Risiko Wetter
                                                                                  Nasses Laub, Glätte oder Schnee erhöhen das
                        Etliche Sharing-Anbieter haben bereits angekün-           Risiko zu stürzen. Nutzerinnen und Nutzer von
                        digt, die Kraftfahrzeuge auch im Herbst und Win-          E-Scootern müssen damit rechnen, dass das
                        ter anzubieten. Sicheres Ankommen ist jedoch              Bremsen und Fahren um Kurven bei dieser Wit-
                        nur möglich, wenn man den Fahrstil anpasst.               terung gefährlich werden kann. Der geringe Rei-
                                                                                  fendurchmesser beim E-Scooter verschärft das
                        Kälte, Nässe oder Dunkelheit sind Risikofaktoren,         Risiko, besonders bei reifbedecktem Kopfstein-
                        mit denen sich E-Scooter-Nutzende zur kalten              pflaster oder unebenen, nassen Fahrbahnflächen.
                        Jahreszeit auseinandersetzen müssen. Wer bei
                        sinkenden Temperaturen nicht auf den kleinen              Praxistipps
                        Flitzer verzichten möchte, der sollte die geltenden       Bevor man sich im Herbst oder Winter entschei-
                        Regeln beherzigen und seine Fahrweise an die              det, E-Scooter zu fahren, sollte man genau über-
                        Witterung anpassen.                                       legen, ob die Witterung eine sichere Fahrt mit
                                                                                  dem Elektrokleinstfahrzeug erlaubt. Der DVR

 18 DVR-report 4/2019
empfiehlt generell, E-Scooter bei Eis,     Kurze Sicherheitschecks vor              Fahrverhalten anpassen
Schnee oder auch starkem Regen nicht       Fahrtantritt                             – Tempo anpassen: Dunkelheit und
zu nutzen. Sicherer unterwegs ist man      – Lichttest machen: E-Scooter sind         nasse Fahrbahnen erfordern die
dann mit dem öffentlichen Personen-          besonders schmal und werden im           Geschwindigkeit anzupassen, also
nahverkehr oder auch zu Fuß.                 Straßenverkehr leicht übersehen.         zu senken. Nur so können Gefahren-
                                             Vorder- und Rücklicht müssen             situationen rechtzeitig erkannt und
Ist es dagegen trocken, scheint viel-        funktionieren.                           entsprechend gehandelt werden.
leicht sogar die Sonne, sollten folgende   – Bremsen testen: Vor Fahrtantritt ist   – Vor Ampeln, Kreuzungen, Einmün-
Tipps beachtet werden, um sicher ans         es wichtig zu testen, ob die Bremsen     dungen und Kurven rechtzeitig und
Ziel zu gelangen:                            funktionstüchtig sind. Feuchtigkeit      langsam abbremsen, um die Rutsch-
                                             und Kälte können jetzt dazu führen,      gefahr zu verringern.
Die richtige Kleidung                        dass die Bremsen einfrieren und
– Festes Schuhwerk mit rutschfester          blockieren.                            Die Autorin ist Volontärin in der Presse-
  Sohle und mehr Profil, um einen                                                   stelle des DVR.
  festen Stand auf dem E-Scooter bei                                                atheel@dvr.de
  Nässe und Tau zu haben.
– Handschuhe gegen die Kälte tragen,       Trainingskurse für E-Scooter
  damit die Hände sicher die Brems-        Die örtlichen Verkehrswachten bieten zu verschiedenen Zeitpunkten Trainings-
  hebel betätigen können.                  parcours für E-Scooter an. Verkehrsteilnehmende erlernen auf diese Weise, den
– Helle Kleidung und am besten eine        E-Scooter sicher zu nutzen und die relevanten Verkehrsregeln zu kennen.
  Schutzweste anziehen, denn es wird
  später hell und früher dunkel. Gene-     Mehr Infos unter: https://deutsche-verkehrswacht.de/deutsche-verkehrswacht-
  rell ist es empfehlenswert, freiwillig   startet-training-fuer-e-scooter-fahrer/
  einen Fahrradhelm zu tragen.

                                           uns darauf ein, dass es im Winter        Im Zweifelsfall also langsamer und
                                           weniger Nutzer werden, aber immer        vorausschauend fahren, um zum Bei-
                                           noch so viele, dass wir den Betrieb      spiel Glätte und Rutschgefahr besser
                                           regulär aufrechterhalten. Aus ande-      antizipieren zu können.
                                           ren Ländern wissen wir, dass Kälte       In diesen Tagen führen wir ein neues
                                           weniger ausschlaggebend ist als          E-Scooter-Modell in Deutschland
                                           Nässe. In der Kälte 20 Minuten auf       ein. Diese neue Generation von TIER
                                           den Bus zu warten ist auch kein Spaß,    E-Scootern sorgt mit einem größe-
                                           da kann der E-Scooter eine gute          ren Vorderrad, Hinterradantrieb und
                                           Alternative sein. Vielleicht erwar-      einem höheren Gewicht für bessere
                                           tet uns ja auch ein milder Winter, da    Bodenhaftung. Die E-Scooter kom-
                                           wären unsere Kunden umso mehr            men mit rutschigem Untergrund
                                           enttäuscht, wenn das entsprechende       deutlich besser zurecht und weisen
   Foto: TIER Mobility                     Angebot an E-Scootern fehlen würde.      eine nochmal verbesserte Bremsleis-
                                           Ganz klar aber auch: Bei riskanten       tung auf. Auch das Licht des E-Scoo-
  Drei Fragen an …                         Wetterlagen werden wir den Betrieb       ters ist auf die dunkle Jahreszeit
  Bodo von Braunmühl,                      einstellen.                              angepasst, also noch heller.
  Leiter Kommunikation
  bei TIER Mobility                        Worauf muss in der kalten Jahreszeit     Für welche Strecken werden Sie den
                                           vor allem geachtet werden?               E-Scooter im Winter nutzen?
  Herr von Braunmühl, warum bieten         Im Grunde genommen kommt es –            Wie die meisten Mitarbeiter und Mit-
  Sie auch in den Wintermonaten den        wie bei allen Zweirädern – auf eine      arbeiterinnen von TIER bin ich Ganz-
  E-Scooter-Verleih an?                    den Witterungsbedingungen ange-          jahresfahrer. Ich beispielsweise nutze
  Generell bleiben TIER E-Scooter          passte Fahrweise an. Darauf weisen       den E-Scooter für den letzten Kilo­
  ganzjährig auf der Straße. Wir stellen   wir unsere Kunden auch per App hin.      meter vom S-Bahnhof zum Büro.

                                                                                                        4/2019 DVR-report 19
Für die Gefahr von Müdigkeit am Steuer
      sensibilisieren
      Bilanz der Kampagne „Vorsicht Sekundenschlaf!“

                                                                                        Fernfahrerstammtischen über Präven-
                                                                                        tionsmöglichkeiten aufgeklärt. Ältere
                                                                                        Menschen wurden durch die Auslage von
                                                                                        Faltblättern in Arztpraxen auf die Gefahr
                                                                                        von Müdigkeit am Steuer aufmerksam
                                                                                        gemacht. Beschäftigte in Schichtarbeit
                                                                                        sowie Pendlerinnen und Pendler hatten
                                                                                        die Möglichkeit, bei Lesertelefon-Ak-
                                                                                        tionen mit Zeitungen ihre Fragen an
                                                                                        Fachleute zu richten. Unternehmen vor
                                                                                        allem aus der Transportbranche wurden
                                                                                        über die strafrechtlichen Konsequenzen
                                                                                        eines Sekundenschlafes und die weitrei-
                                                                                        chenden Vorteile einer Präventionskul-
                                                                                        tur (weniger Unfälle, weniger Kosten)
                                                                                        aufgeklärt.

                                                                                        Breite Unterstützung
                                                                                        Die Kampagne wurde bei diesen und
                                                                                        weiteren Maßnahmen fachlich, aber
                                                                                        auch finanziell vielfach unterstützt. Die
Ausgabe von Informationsmaterial im Park-and-Ride-Parkhaus in München. Foto: DVR
                                                                                        Schlafexperten Dr. Wilfried Böhning, Dr.
Von Anna-Sophie Börries                        sensibilisieren und die Zahl der durch   Alfred Wiater, Dr. Hans-Günter Weeß,
                                               Müdigkeit verursachten Straßenver-       Prof. Dr. Maritta Orth und Werner Wald-
Einer Umfrage des DVR zufolge ist jeder        kehrsunfälle zu reduzieren.              mann, aber auch Psychologe Dr. Mar-
vierte Pkw-Fahrende bereits einmal                                                      kus Schumacher, der Truck-Rennfahrer
hinter dem Steuer eingenickt. Trotz-           Zielgruppenspezifische                   Jochen Hahn sowie die Berufskraftfah-
dem unterschätzen viele die Gefahr,            Maßnahmen                                rerin Christina Scheib brachten sich
überschätzen ihre eigenen Fähigkeiten          Die Kampagne „Vorsicht Sekunden-         mit ihrer Expertise ein. Die Tank & Rast
und machen nur selten eine Pause. Der          schlaf!“ zeigte, wie wichtig es ist,     GmbH (T&R), die Euro Rastpark GmbH
DVR hat daher mit Unterstützung des            besonders vor längeren Fahrten für       und die Park & Ride GmbH in München
Bundesministeriums für Verkehr und             erholsamen Schlaf und damit für eine     unterstützten die insgesamt 22 Aktio-
digitale Infrastruktur (BMVI), der Deut-       ausreichende Leistungsfähigkeit zu       nen an Autobahnraststätten oder auf
schen Gesetzlichen Unfallversicherung          sorgen und während der Fahrt erste       Park-and-Ride-Plätzen.
(DGUV) sowie weiterer Partner auf die-         Müdigkeitsanzeichen ernst zu neh-
ses mangelnde Gefahrenbewusstsein              men und sofort eine Pause einzulegen.    Die Berufsgenossenschaft Nahrungs-
mit der Kampagne „Vorsicht Sekun-              Pkw-Fahrende wurden unter ande-          mittel und Gastgewerbe (BGN), der
denschlaf!“ reagiert. Sie wurde Ende           rem durch Aktionen an Autobahn-          Automobil-Club Verkehr (ACV) und
2016 gestartet und wird Ende 2019              raststätten und damit in der konkre-     die Deutsche Gesellschaft für Schlaf-
abgeschlossen.                                 ten Gefahrensituation sensibilisiert.    forschung und Schlafmedizin (DGSM)
                                               Lkw-Fahrende wurden mit speziellen       unterstützten die Kampagne finanziell
Ziele der Kampagne waren, für die              Medien an ihre Verantwortung erin-       und beteiligten sich an der Umsetzung
Gefahr von Müdigkeit am Steuer zu              nert und auf den deutschlandweiten       einzelner Maßnahmen.

20 DVR-report 4/2019
 
                                                                         	
  
Große Reichweite                           von über 325 Millionen Kontakten und
Die Kampagne „Vorsicht Sekunden-           war somit über die drei Jahre hinweg
schlaf!“ appellierte auf diese Weise an    sehr präsent in der Öffentlichkeit.
das Verantwortungsbewusstsein der
Verkehrsteilnehmenden und leistete         Weitere Informationen unter:
dadurch einen Beitrag zu einer ausge-      www.dvr.de/vorsicht-sekundenschlaf
schlafeneren und damit leistungsfähi-
geren Gesellschaft. Sie erzielte wäh-      Die Autorin ist Referentin Öffentlichkeits-
rend der gesamten Laufzeit über alle       arbeit beim DVR.
Maßnahmen hinweg eine Reichweite           asboerries@dvr.de
                                                                                            Jeder vierte Autofahrende ist schon mal am
                                                                                            Steuer eingeschlafen. Grafik: DVR                                      	
  
                                                                         	
  
                                                                                                                   © Deutscher Verkehrssicherheitsrat (DVR) e.V.

      „Deutschlands beste Autofahrer 2019“

Jonas A. aus Südhessen ist Sieger des      fahren. Neu in diesem Jahr war, dass es          Unfallversicherung (DGUV), dem Bun-
Wettbewerbs „Deutschlands beste            ein Quiz zum Thema Erdgas-Antriebe               desministerium für Verkehr und digi-
Autofahrer 2019“. Den zweiten Platz        gab. Die 15 Besten erhielten Preise              tale Infrastruktur (BMVI), Seat, like2­
belegt Marco P. aus Mecklenburg-Vor-       der Sponsoren. Im Rahmen einer fest-             drive und Apollo. Ziel ist es, für eine
pommern. Sie überzeugten sowohl mit        lichen Gala wurden sie im Axel-Sprin-            sichere Teilnahme am Straßenverkehr
ihrem theoretischen Wissen als auch        ger-Hochhaus in Berlin verliehen.                zu sensibilisieren, indem Menschen für
durch ihr Fahrkönnen. Und nehmen                                                            ihr Fahrkönnen ausgezeichnet werden.
damit auch eine Vorbildfunktion für alle   Seit 1988 begleitet den Wettbewerb               Der Wettbewerb möchte animieren,
Autofahrenden ein.                         die Zeitschrift AutoBild redaktionell.           vorausschauend, rücksichtsvoll und
                                           Der DVR unterstützt ihn gemein-                  umsichtig Auto zu fahren.
„Im vergangenen Jahr kamen 3.275           sam mit der Deutschen Gesetzlichen
Menschen im Straßenverkehr ums
Leben. Meine Bitte ist an Deutschlands
beste Autofahrer und damit an Sie als
Vorbilder: Reden Sie mit allen über die
Gefahren im Straßenverkehr, animieren
Sie dazu, sich an die Verkehrsregeln
zu halten und sicher Auto zu fahren“,
sagte DVR-Präsident Prof. Dr. Walter
Eichendorf bei der Preisverleihung in
Berlin.

Sowohl in der Vorrunde als auch im
Finale mussten die Teilnehmenden ihr
Können und Wissen unter Beweis stel-
len. Dort erwarteten sie verschiedene
Aufgaben. Dazu zählte, einen theoreti-
schen Fragebogen zu beantworten und
                                           Jonas A. aus Südhessen ist Sieger bei „Deutschlands beste Autofahrer 2019“.
jeweils sechs praktische Aufgaben zu       Foto: Harald Almonat/AutoBild

                                                                                                                   4/2019 DVR-report 21
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