RUNDSCHAU Weiß-Blaue für Altbayern, Franken und Schwaben - Bayernbund

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RUNDSCHAU Weiß-Blaue für Altbayern, Franken und Schwaben - Bayernbund
Festschrift zum 100-jährigen Bestehen des Bayernbundes e.V.

Weiß-Blaue
      RUNDSCHAU
für Altbayern, Franken und Schwaben

                                        Bayerns Zukunft
                                        liegt im Föderalismus
RUNDSCHAU Weiß-Blaue für Altbayern, Franken und Schwaben - Bayernbund
Impressum

Herausgeber:          Bayernbund e.V., Münchener Straße 41, 83022 Rosenheim
                      E-Mail: postfach@bayernbund.de
Redaktion:            Landesvorstand des Bayernbundes e.V.,
                      Fritz Lutzenberger (Leitender Redakteur), Wilfried Funke
V.i.S.d.P.:           Bayernbund e.V. 2021
Druck:                Rapp Druck GmbH, Kufsteiner Straße 101, 83126 Flintsbach
Grafische Gestaltung: SKS Fotosatz GmbH, Kufsteiner Straße 101, 83126 Flintsbach
Festschrift:          Nr. 3 – 64. Jahrgang
RUNDSCHAU Weiß-Blaue für Altbayern, Franken und Schwaben - Bayernbund
EDITORIAL

Liebe Mitglieder des Bayernbundes,
liebe Leserinnen und Leser dieser Festschrift!
   Ein herzliches Grüß Gott in unse-      Entscheidungsfreiheit soll erhalten
rer Festschrift als Sonderausgabe un-     und bewahrt werden. Aus diesem be-
serer Weiß-Blauen Rundschau zum           sonderen aktuellen Anlass war es uns
100-jährigen Jubiläum des Bayern-         auch wichtig, in der Festschrift (ge-
bundes.                                   staltet im Stil der Weiß-Blauen Rund-
                                          schau) bei den Grußworten auf die
   Ein ganz besonderes Jahr begeht        „Zukunft des Föderalismus“ hinzuwei-
der Bayernbund in diesem Jahre 2021.      sen. Zum Thema der föderativen Ord-
Vor hundert Jahren – genau am 15.         nung hatten wir zudem in der
März 1921 – gründeten 35 Mitglieder       regulären Ausgabe der WBR im
im Münchner Sterneckerbräu im Tal         April/Mai 2021 Gastbeiträge unserer
den „Bayerischen Heimat- und Kö-          Landtagspräsidentin Ilse Aigner mit
nigsbund“. Das damalige Hauptziel         dem Schwerpunkt „Föderalismus und
bildete der Einsatz „für Bayerns Erhal-   Pandemie“ sowie von Manfred Weber,
tung auf dem Boden des föderalisti-       Mitglied des Europäischen Parla-
schen und monarchistischen Prin-          ments, mit dem Titel „Europa wächst
zips“.                                    durch seine Regionen zusammen“.
   Im Jahre 1967 brachte die Umbe-           Der Föderalismus gibt uns die
nennung in den Bayernbund auch            Möglichkeit, unsere Vielfalt in allen
zum Ausdruck, dass der ursprüngliche      Bereichen einzubringen und auch zu
Verbandszweck, nämlich die Erneue-        leben. Dieses Grundprinzip gilt es für    Sebastian Friesinger
rung der Monarchie, nicht mehr            unseren Freistaat Bayern mit ganzem
Hauptziel und Zweck des Bayern-           Einsatz zu erhalten und zu bewahren       ich unserem Ministerpräsidenten Dr.
bunds war. Jedoch sollte es das föde-     und dafür danke ich allen Bayern-         Markus Söder hierfür ein großes Ver-
ralistische Prinzip für den Freistaat     bundmitgliedern.                          gelt’s Gott aussprechen.
Bayern umso mehr zu halten und zu            Der Föderalismus ist für mich auch          Ich wünsche dem Bayernbund
unterstützen gelten.                      wichtiger Grundstock einer gelebten       weiter viele aktive Jahre und viele
   Darum ist es angesichts der aktuel-    Demokratie. Er bildet die Basis, um       neue Unterstützer, die auch hierzu die
len Diskussion über die Veränderun-       selber mitreden und mitentscheiden        Aufgaben unserer Zeit erkennen. Un-
gen zu mehr bundesstaatlichen Ein-        zu können. So wollen wir in Bayern        seren Mitgliedern und allen, die zum
heits-Strukturen für den Bayernbund       auch in Zukunft mitbestimmen, was         Gelingen dieser Festschrift beigetra-
umso wichtiger, in allen möglichen        für unsere bayerische Bevölkerung das     gen haben, wünsche ich darin viel Er-
Gesprächen und Veranstaltungen            Beste ist und in diesem Sinne alle für    folg und für die Zukunft vor allem
(hier ist die aktuelle Lage gerade ex-    das Bayernbundziel „Bayern - Freistaat    Gesundheit.
trem schwierig) und in Medienauftrit-     mit Zukunft“ eintreten.
ten auf die Bedeutung des Föderalis-         Liebe Leser, diese Festschrift ziert     Gott mit Dir, Du Land der Bayern!
mus hinzuweisen und um diesen zu          auf dem Titelblatt die „Ehrenfahne
kämpfen.                                  des Ministerpräsidenten“, die dem
   Es gilt nämlich „Die Zukunft des       Bayernbund zum hundertjährigen Ju-
Freistaates Bayern“ weiterhin zu stär-    biläum überreicht wird und für uns
ken, denn Föderalismus bedeutet auch      eine große Ehre darstellt. Im Namen         Sebastian Friesinger, Bezirksrat
„Freiheit“ und gerade diese politische    aller Bayernbundmitglieder möchte           Landesvorsitzender

                                                                                           100 Jahre Bayernbund e.V. 3
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GRUSSWORTE

                                   Herzlichen Glückwunsch zum Ju-             Das Bekenntnis zum Föderalismus
                                biläum, herzlichen Dank für das En-        und zu einem geeinten Europa sind
                                gagement für unsere Kultur sowie für       daher Verfassungsauftrag und wesent-
                                Demokratie und Föderalismus!               licher Teil bayerischer Identität.
                                                                              Digitalisierung und Globalisierung
                                   Bayern ist stolz auf seine große Ge-    sind die bestimmenden Themen unse-
                                schichte und kulturelle Tradition. Das     rer Zeit. Als Reaktion darauf gibt es
                                gibt den Menschen unseres Landes           eine starke Bewegung, die das Regio-
                                eine stabile Basis und die Kraft, ihre     nale wiederentdeckt und den Wert der
                                Zukunft als eine führende Region ent-     Heimat schätzt. Das ist überall in
                                schlossen und mutig zu gestalten.          Europa zu spüren. Der Föderalismus
                                   Dabei ist jedoch allen bewusst, dass    wird deshalb auch in Zukunft eine
                                dies nur im Rahmen der Bundesrepu-         starke und gestaltende Kraft unseres
                                blik Deutschland und gemeinsam mit         politischen und gesellschaftlichen Zu-
Dr. Markus Söder                unseren Freunden und Partnern in           sammenlebens bleiben.
Bayerischer Ministerpräsident   Europa gelingen kann. Die großen
                                Aufgaben in einem leistungsfähigen
                                Verbund zu lösen, ist die eine Seite.
                                Die andere, Entscheidungen möglichst
                                nah an den Bürgerinnen und Bürgern
                                zu treffen.

                                   Bayern ist ein blühendes und wirt-      bandszweck, nämlich die Erneuerung
                                schaftlich außerordentlich starkes         der Monarchie, nach dem II. Weltkrieg
                                Land in der europäischen Union. Wir        nicht mehr sein vordringlicher Zweck
                                freuen uns, hier in einem Rechtsstaat      war. So war man im Jahr 1967 mit
                                zu leben und am Wohlstand teilhaben        voller Unterstützung meines Vaters,
                                zu können.                                 darauf bedacht mit dem Bayernbund
                                   Mit ein Grund für die starke Stel-      „einen organisatorischen Rahmen“ zu
                                lung Bayerns ist sicher das föderalisti-   entwickeln, um „jedem, der zu Bayern
                                sche Prinzip Deutschlands, das seit der    steht, Mitarbeit und Mithilfe zu ermög-
                                Reichsgründung 1871 die Eigenstaat-        lichen“. Er schloss dabei ausdrücklich
                                lichkeit und Eigenständigkeit Bayerns      „die Vertriebenen, die in Bayern seßhaft
                                sicherstellt und fördert. Der heutige      geworden sind“ mit ein.
                                Bayernbund ist seit seiner Gründung           In diesem Sinne sind wir immer
                                am 15. März 1921 in München für            noch gefordert, einen Gleichklang
Herzog Franz von Bayern         das föderative Staatssystem eingetre-      herzustellen zwischen der Bewahrung
                                ten.                                       der eigenen Tradition und der Öff-
                                   Auch mein Vater, Herzog Albrecht        nung für neue geschellschaftliche Ent-
                                von Bayern, setzte sich Zeit seines Le-    wicklungen und für die Menschen, die
                                bens für den Föderalismus ein. Sowohl      sich heute bei uns in Bayern ansie-
                                er als auch mein Großvater, Kronprinz      deln.
                                Rupprecht von Bayern, unterstützten           In diesem Sinne wünsche ich dem
                                den Bayernbund, der bis 1967 Bayeri-       Bayernbund viel Glück und Erfolg.
                                scher Heimat- und Königsbund hieß.
                                Die Umbenennung brachte auch zum
                                Ausdruck, dass der ursprüngliche Ver-

4 100 Jahre Bayernbund e.V.
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GRUSSWORTE

                                                                                  Im November 1945 schrieb Wil-         Dafür sei allen seinen Mitgliedern von
                                                                               helm Hoegner: „Wir Bayern haben es       Herzen gedankt – und natürlich
                                                                               satt, uns von oben herab behandeln zu    ebenso für die Förderung des Ge-
                                                                               lassen. Vor allem aber wollen wir wie-   schichtsbewusstseins, die Bewahrung
                                                                               der unsere eigenen Herren im Gast-       unserer wunderbaren Dialekte, die
                                                                               haus zum Bayerischen Löwen sein.“        Unterstützung der Heimatpflege und

                                         Foto: Bayerischer Landtag Rolf Poss
                                                                               Das klang kämpferisch. Und das war       des Brauchtums, der Landschafts-
                                                                               es auch – aus der damaligen Zeit her-    pflege und des Naturschutzes. All das
                                                                               aus verständlich. Heute können wir       macht den Charme und die Stärke
                                                                               feststellen: Der ehedem gefürchtete      unseres Landes aus, gerade in einem
                                                                               Berliner Zentralismus hatte in unserer   Föderalismus, der sich zu einem Wett-
                                                                               Verfassungswirklichkeit nie eine         bewerb unter den Ländern entwickelt
                                                                               Chance – und er hätte auch keine Zu-     hat. Bayern braucht diesen Wettbe-
                                                                               kunft. Im Gegenteil, der Einfluss der    werb selbst im vereinten Europa nicht
Ilse Aigner                                                                    Länder auf den Bund – das ist in der     zu scheuen. Und an diesem erfreuli-
Präsidentin des Bayerischen Landtags                                           Corona-Krise erneut deutlich gewor-      chen Befund hat der Bayernbund
                                                                               den – zeigt mehr Wirkung als je zuvor.   einen erheblichen Anteil. Herzliche
   Der Bayernbund ist ein überpartei-                                          Der Föderalismus hat sich in dieser      Gratulation zum Hundertjährigen
licher Zusammenschluss. Aber ich                                               Krise bewährt: mit Blick auf die Län-    und auch in Zukunft viel Erfolg im In-
denke, es ist von der Etikette gedeckt,                                        der, mit Blick auf regional unter-       teresse unserer bayerischen Heimat
wenn ich einen Parteipolitiker zitiere,                                        schiedliche Lagen, mit Blick auf         und ihrer Menschen!
der noch dazu nicht meiner eigenen                                             angepasste Lösungen. Er ist ein zu-
Partei angehörte.                                                              kunftsfähiges Modell, zu dem auch
                                                                               der Bayernbund seit 100 Jahren steht.

                                                                                  Liebe Leserinnen und Leser,           Alleingang, sondern im engen Schul-
                                                                               der Föderalismus der Bundesrepublik      terschluss gemeinsam begegnet. Im
                                                                               Deutschland ist eine großartige Er-      Rahmen der Gewaltenteilung haben
                                                                               folgsgeschichte – und das seit nun-      die Länder außerdem die Möglichkeit,
                                                                               mehr über 70 Jahren! Die konstruk-      über den Bundesrat auch in Angele-
                                                                               tive Zusammenarbeit von Bund und         genheiten des Bundes mitzuwirken.
                                                                               Ländern ist dabei geprägt vom inten-     Bund und Länder helfen sich gegen-
                                                                               siven Austausch und vom Ringen um        seitig.
                                                                               gemeinsame Lösungen. Gerade das             Auch die Diskussion der vergange-
                                                                               macht unsere Demokratie aus.             nen Jahre um eine Reform des Föde-
                                                                                                                        ralismus hat die föderale Ordnung als
                                                                                  Vor allem in den aktuell herausfor-   solche nie in Zweifel gezogen.
                                                                               dernden Corona-Zeiten hat sich die          Ich bin mir sicher, dass der Födera-
                                                                               föderale Ordnung bestens bewährt. So     lismus ein Erfolgsmodell für Deutsch-
Joachim Herrmann                                                               finden sich zeitnah sinnvolle Maßnah-    land ist und auch weiterhin bleiben
Bayerischer Staatsminister des Innern,                                         men für die jeweilige Region. Häufig    wird. Darum danke ich auch dem
für Sport und Integration                                                     zu Unrecht als „Flickenteppich“ ge-      Bayernbund ausdrücklich für sein
Mitglied des Bayerischen Landtags                                              scholten, unterstreichen gerade diese    herausragendes Engagement, den
                                                                               unterschiedlichen Regelungen die         Föderalismus in unserem geeinten
                                                                               größte Stärke des Föderalismus: näm-     Europa zu fördern.
                                                                               lich die Rücksichtnahme auf regionale      Dafür ein herzliches Vergelt’s Gott!
                                                                               Besonderheiten. Das schafft Bürger-
                                                                               nähe! Gleichwohl wird mit einem an-
                                                                               dauernden Dialog von Bund und Län-
                                                                               dern den Herausforderungen nicht im

                                                                                                                              100 Jahre Bayernbund e.V. 5
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GRUSSWORTE

                                         leben. Der Begriff „Heimat“ hat Kon-        von Menschen, die anderswo ihre
                                         junktur. Das gilt über die politischen     Heimat haben oder bei uns Zuflucht
                                         Lager hinweg. Und das ist auch gut so.      suchen, weil sie ihre Heimat verlassen
                                         Aber was bedeutet Heimat? Jeder und         müssen. Und auch der Föderalismus
                                         jede von uns hat vermutlich je eigene       ist Ausdruck eines inklusiven Ver-
                                         persönliche Assoziationen zu diesem         ständnisses von Heimat: Wo die Re-
                                         Begriff. Heimat ist, wo ich geboren         gionen gut und vertrauensvoll zusam-
                                         bin, was mir vertraut ist, wo ich Si-       menarbeiten, profitieren am Ende alle.
                                         cherheit und Geborgenheit empfinde,         Meine Hoffnung ist, dass wir Heimat
                                         wo die Landschaft, die Natur, mir ver-      neu entdecken als etwas, was Gott uns
                                         traut ist. „Heimat ist kein Ort – Hei-      schenkt und was wir gerade deswegen
                                         mat ist Gefühl“, hat Herbert Gröne-        auch gerne mit anderen teilen. Als
                                         meyer einmal gesungen. Heimat ist           Christen leben wir von der Sehnsucht
                                         nichts Exklusives. Heimat bedeutet          und der Hoffnung auf die zukünftige
Heinrich Bedford-Strohm                  vielmehr, dass die Liebe zum Eigenen        Heimat bei Gott. Wir wissen, dass wir
Landesbischof                            offen macht für den anderen. Heimat        noch unterwegs sind zu unserer wah-
                                         ist inklusiv. Heimat bedeutet zugleich      ren Heimat. Diese Gewissheit und die
  Mit einem herzlichen „Grüß Gott“      eine tiefe Verbindung zur ganzen            Dankbarkeit für die Heimat, die wir
grüße ich Sie und wünsche dem          Welt, die für uns Christen Schöpfung       schon hier haben, lässt uns mit Psalm
Bayernbund zu seinem 100-jährigen        Gottes ist. Diese Verbundenheit mit         103 auszurufen: „Lobe den Herrn
Bestehen alles Gute.                     der ganzen Welt steht nicht gegen           meine Seele und vergiss nicht, was er
                                         eine tiefe Verwurzelung in den je ei-       Dir Gutes getan hat!“
   Die Verbundenheit zur christlichen    genen Gemeinschaften zu Hause. Ge-             Gott segne Sie! Ihr
Tradition ist eines der Ziele des Bay-   rade weil wir unsere Heimat lieben
ernbundes ebenso wie die Liebe zu        und die Menschen lieben, die in ihr
der Region dieser Welt, in der wir       leben, werden wir offen für die Nöte

                                         durch geschichtliche Erkenntnis und         dessen Politiker und Politikerinnen
                                         unserer kulturellen Vielgestalt be-         sich leidenschaftlich für das „große
                                         wusst, keine Nation bilden sollten,         Ganze“ engagieren. Der „Bayernbund“
                                         müssen wir endlich den Föderalismus         ist ein Teil des deutschen Föderalis-
                                         als einzige Chance begreifen.               mus. Vor 100 Jahren nach dem Ende
                                                                                     der Monarchie gegründet, wollten
                                             Nicht als geballte Nation, nicht als    seine Mitglieder die neue politische
                                         […] wider einander gesetzte Natio-          Kultur in Verbindung bringen mit der
                                         nen, nur als friedlich wettstreitende       Liebe zur Heimat und erhaltenswer-
                                         Länderbünde können wir unseren              ten Traditionen, die den unverwech-
                                         Nachbarn […] Sicherheit bieten.“            selbaren Charakter eines Landes aus-
                                             Das gilt für Deutschland und erst       machen. Genau das braucht es auch
                                         recht für Europa. Föderalismus ver-         heute, wo die Welt ein Dorf zu sein
                                         langt aber nicht allein ein kluges, sen-    scheint: Zusammenhalt über alle
Susanne Breit-Keßler                     sibles und tatkräftiges Miteinander,        Grenzen hinweg, ein gemeinsames
Regionalbischöfin i.R.                   sondern auch das Bewusstsein für die        Anpacken der Herausforderungen in
Vorsitzende des Bayerischen Ethikrates   ganz eigenen Stärken. Niemand kann          dieser Welt und Bodenständigkeit –
                                         ein echter, guter Partner sein, wenn er     die Verbundenheit mit der Heimat,
   Der Schriftsteller Günter Grass hat   oder sie nicht selbstbewusst ist. Positiv   die der Seele ein Zuhause gibt.
die Chance des Föderalismus mit gro-     formuliert: Fit für den Föderalismus           Vivat „Bayernbund“, dem ich herz-
ßen und bedenkenswerten Worten           ist das Land, das seine Geschichte mit      lichst gratuliere und dessen stolzes
beschrieben. Er sagte: „Da wir, gemes-   ihren Sonnen- und Schattenseiten            Mitglied ich bin!
sen an unserer Veranlagung, keine        kennt, dass um die Fähigkeiten seiner          Ihre
Nation bilden können, da wir, belehrt    Bürger und Bürgerinnen weiß und

6 100 Jahre Bayernbund e.V.
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GRUSSWORTE

                                            schen durch München und die Zug-             dem Erhalt unserer süddeutschen
                                            spitze musste noch zu Fuß bestiegen          Heimat verschrieben. Er pflegt deren
                                            werden.                                      kulturelle Identität mit ihren vielfälti-
                                               Heute werden in Oberbayern Flug-          gen Ausprägungen. Er erinnert daran,
                                            taxis entwickelt und in wenigen Jah-         wie wichtig die Bewahrung der
                                            ren soll der erste bayerische Quanten-       Schöpfung ist. Er ermutigt unsere po-
                                            computer einsatzbereit sein. Unser           litischen Entscheiderinnen und Ent-
                                            Leben ändert sich in hohem Tempo,            scheider zum Selbstbewusstsein in der
                                            wobei wir für viele positive Aspekte         föderalen Gemeinschaft, fordert aber
                                            des Fortschritts dankbar sein können.        auch verantwortungsvolles Handeln
                                            Zuletzt hat uns die Coronakrise aber         auf der Grundlage einer christlichen
                                            auch gezeigt, wie unvorhersehbar und         Staatspolitik ein. Der Bayernbund
                                            wie hart der Wandel uns treffen kann.        setzt sich ein für den Erhalt von
                                               Es gibt aber auch Konstanten:             Brauchtum, Werten und Traditionen,
Wolfgang Bischof                            Wenn ich das Vater Unser bete, spre-         die einen kulturellen Reichtum dar-
Weihbischof                                 che ich dieselben Worte wie meine            stellen und trägt so zum Erhalt wich-
                                            Großeltern. Wenn ich durch das               tiger Konstanten im Wandel bei, die
   Wie tiefgreifend hat sich das Leben      Berchtesgadener Land wandere, sehe           uns Orientierung geben. Gratulation
der Bayerinnen und Bayern in den            ich immer die gleichen Gipfel. Und           und auf die nächsten 100 Jahre!
letzten hundert Jahren verändert?           wenn ich mit Kindern die Erstkom-
                                            munion feiere, strahlen sie dieselbe
  Als der Bayernbund 1921 gegrün-           Vorfreude aus wie ich selbst an ihrer
det wurde, trieben Flöße über den           Stelle vor fünf Jahrzehnten. Der Bay-
Main, rumpelten überwiegend Kut-            ernbund hat sich der Würdigung und

Die Landesversammlung 2021 findet am 11. September in Altötting statt. Um 11:00 Uhr wird im Rahmen eines Gottesdienstes auf dem
Kapellplatz die Ehrenfahne des Ministerpräsidenten gesegnet. Nach dem gemeinsamen Mittagstisch beginnt um 14:00 Uhr die
Landesversammlung im Forum Altötting.

                                                                                                100 Jahre Bayernbund e.V. 7
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                                         gewissen Souveränität heraus kann          Glaubens und der Lebensfreude sind
                                         man selbstbewusst und sinnvoll Ver-        und den Erfolg unserer Arbeit feiern.
                                         träge schließen, also föderal denken       Nicht zu vergessen ist die Verschie-
                                         und handeln, ohne selbst die eigene        denheit der Speisen und Getränke, die
                                         Kultur und Lebensart opfern zu müs-        unser Land besonders auszeichnet.
                                         sen. Dies kann normalerweise auf           Und die hohe Kultur unserer Gast-
                                         Dauer nur in Freiheit geschehen und        wirtschaften.
                                         in gegenseitiger Achtung der Eigen-           Wenn in unserer Lebensfreude ge-
                                         heiten der jeweiligen Bündnispartner.      schossen wird und die Böller krachen,
                                            Unser bayrisches Staatswappen           dann wissen alle Eingeweihten, dass es
                                         zeigt, wie aus über 70 souveränen          sich dabei um friedliche Signale an
                                         bayrischen Herrschaften, Grafschaf-        Festtagen handelt. Unsere Kirchen-
                                         ten, geistlichen und weltlichen Für-       glocken und unsere Kuhglocken auf
                                         stentümern – natürlich nicht immer         der Weide sollen läuten dürfen, weil
Prälat i.R. Josef Obermaier              freiwillig – eine Einheit gewachsen ist,   sie zu unserer Lebenskultur gehören.
                                         die unser Wappen vorstellt: die Pfäl-      Hier sollten manche „Zugezogene“
   Es ist mir eine große Ehre, öffent-   zer, die Franken, die Ober- und Nie-       Föderalismus lernen!
lich dem Bayernbund zum 100-jähri-       derbayern, und die Schwaben. Nach             Manche träumen von einer neuen
gen Bestehen gratulieren zu dürfen.      dem 2. Weltkrieg sind als Flüchtlinge      Selbständigkeit Bayerns und stolpern
In einer Zeit – auch bedingt durch die   viele Sudetendeutsche und Menschen         in die Separatistenfalle, dies besonders
Coronaepidemie, in der die gesell-       aus Schlesien in unsere bayerische         jetzt in Zeiten der Coronaepidemie.
schaftlichen Fliehkräfte in Gefahr       Heimat zugewandert. Sie bilden in-         Der Bayernbund ist gut beraten, sol-
sind, auch unser Bayern auseinander-     nerhalb des Bayernbundes einen eige-       che Misstöne nicht zu hören und wei-
zuwirbeln, ist es gut und notwendig,     nen Stamm.                                 terhin mitzuwirken, dass Bayern ein
dass es den Bayernbund gibt, der fö-        Im Bayernbund lebt diese föderale       Bund bleibt, der im Gesamtgefüge der
deral verbindet, denkt und arbeitet.     Gemeinschaft in schöner Farbigkeit in      Bundesrepublik seinen Beitrag leistet.
                                         den Dialekten, in den Trachten und in         In diesem Sinne: „Gott mit dir, du
  „Foedus“ ist der Bund, wie er zwi-     der Musik. Nach dem Zweiten Welt-          Land der Bayern!“
schen staatlichen und verschiedenen      krieg noch bereichert durch die Hei-
gesellschaftlichen Organen, zwischen     matvertriebenen. Die Landschaften            Ihr
meist selbstständigen Gemeinschaften     unseres Bayernlandes sind geprägt von
geschlossen wird, freiwillig oder aus    ihren jeweiligen religiösen und jahres-
Notwendigkeit heraus. Nur aus einer      zeitlichen Festen, die Ausdruck des

                                                      In Ehrfurcht und dankbarer Verbundenheit
                                                          gedenken wir aller seit Bestehen des
                                                        Bayernbundes verstorbenen Mitglieder.

                                                           Ihr Andenken ist uns Verpflichtung
                                                                         und Mahnung!

8 100 Jahre Bayernbund e.V.
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                                                          darstellt. Dies hat dazu geführt, dass     schen, die sich für den Erhalt eines le-
                                                          nicht wenige von denen, die anfäng-        bendigen Föderalismus einsetzen, sind
                                                          lich immer einer rein zentralen Orga-      zugleich glühend-bekennende Euro-
                                                          nisationsstruktur das Wort geredet         pabefürworter, die aber vor allem von
                                                          haben, mittlerweile bis hin zur klein-     dem Wunsch geleitet sind, dass
                                                          teilig regionalen Regelung die Vorteile    Europa sich in den großen Aufgaben,
                                                          einer derartigen diversiven Behand-        die sich global stellen, zusammenfin-
                                                          lung des Problems erkennen.                det – also etwa einer gemeinsamen
                                                             Nicht wenige von denen, die den         Verteidigungspolitik, in viel größerem
                                                          Begriff „Fleckerlteppich“ in verächt-      Umfang als bisher auch einer gemein-
                                                          lich machender Weise zur Darlegung         samen Außenpolitik etc. – und sich
                                        Foto: Rolf Poss

                                                          eines in ihren Augen grundsätzlichen       nicht verliert in einem oftmals nicht
                                                          „Strukturfehlers“ verwenden, verken-       mehr nachvollziehbaren Verordnungs-
                                                          nen vollkommen, dass eigentlich der        wahn, der manchmal fast zu demokra-
Florian Besold                                            „Fleckerlteppich“ Inbegriff und Aus-       tiefeindlicher Verhinderung von
Präsident der Bayerischen Einigung e.V.                   druck höchster Vielfältigkeit ist. Die     bürgerlicher Mitbestimmung führt.
Vorsitzender der Bayerischen Volksstiftung                meisten von denen aber fordern ihrer-         Meinen Glückwünsch an den Bay-
                                                          seits oftmals geradezu beschwörend in      ernbund anlässlich seines Jubiläums
   Es bestätigt die Bedeutung und                         ihren „Sonntagsreden“ den Erhalt kul-      möchte ich also abschließend beglei-
den verantwortungsvollen Weitblick                        tureller Vielfalt ein.                     ten mit dem Wunsch auch zukünftig
des Bayernbundes, dass er seine Son-                         Vor allem aber ist festzustellen: Der   engen Zusammenwirkens mit den In-
dernummer zum 100-jährigen Jubi-                          Gedanke des Föderalismus – basie-          stitutionen der Bayerischen Eini-
läum dem Thema „Zukunft des                               rend und verwirklicht durch die            gung/Bayerischen Volksstiftung ge-
Föderalismus“ widmet.                                     strikte Anwendung des Subsidiaritäts-      rade auch in diesen grundsätzlichen
                                                          prinzips – ist ein wesentlicher Garant     Fragen, dies auch in der Erkenntnis
   In der Tat: Gerade die Diskussionen                    für den Erhalt von Demokratie              letztendlich gemeinsamer Wurzeln
im Verlauf des letzten Jahres und im                      schlechthin, für eine sinnvolle Ent-       unserer Institutionen und der Freude
Zusammenhang mit der „Corona-                             scheidungsmitbestimmung und Mit-           darüber, dass schon in den letzten Jah-
Krise“ belegen, wie wichtig es ist, zur                   gestaltung der Bürger unseres Ge-          ren unsere Zusammenarbeit so
Vermeidung derartig wirrer Gedan-                         meinwesens. Wenn die Menschen              freundschaftliche und gedeihliche
kenansätze, wie sie gerade auch im                        einer staatlichen Ordnung das Gefühl       Ausprägung gefunden hat.
Zusammenhang mit dieser „Corona-                          verlieren, auch tatsächlich in der Lage
Diskussion“ geäußert wurden, zu ord-                      zu sein, viele, sie ganz unmittelbar be-     Mit freundlichen Grüßen
nen und die grundsätzliche Bedeu-                         rührende Verhältnisse und Entschei-
tung des Föderalismus wieder einmal                       dungen mitzugestalten, vielmehr
bekennend darzulegen.                                     erfahren müssen, Entscheidungspro-
   Ein besonderes Ärgernis für jeden,                     zessen ausgeliefert zu sein, die
der das föderale Prinzip nach wie vor                     „fernab“ und in ihren Verantwortlich-
für ein wesentlich demokratieerhal-                       keiten kaum mehr nachvollziehbar
tendes und wichtiges Grundelement                         getroffen werden, verliert die Demo-
unserer Staatsordnung empfindet,                          kratie ihr eigentliches Begründungs-
sind die teils dümmlichen Ausführun-                      fundament. Es geht also beileibe nicht
gen, die zu einem angeblichen, eine                       nur um die Frage des Erhalts „kultu-
vernünftige Organisation der Krise                        reller Vielfalt“, schon gar nicht um
hindernden „Fleckerlteppich“ getätigt                     bloße „Eigenstaatlichkeitstümelei“.
werden. Gerade der Verlauf der Krise                         Aus diesem Grunde sind auch die
hat belegt, wie höchst sinnvoll die Or-                   Anfeindungen, denen sich oftmals be-
ganisationsstruktur des Föderalismus                      kennende Föderalisten mit der Be-
ist, wenn sich die Krankheitsentwick-                     hauptung einer angeblichen „Europa-
lung in verschiedenen Regionen des                        Feindlichkeit“ ausgesetzt sehen, gera-
Landes auch völlig unterschiedlich                        dezu hirnrissig. Die meisten Men-

                                                                                                           100 Jahre Bayernbund e.V. 9
RUNDSCHAU Weiß-Blaue für Altbayern, Franken und Schwaben - Bayernbund
GRUSSWORTE

                                      waren. Anders als wir es vielleicht      damit auch die Möglichkeit im Sinne
                                      liebgewonnen haben. Anders als wir       der Subsidiarität Lösungen für die
                                      es uns wünschen würden. Auch in          Probleme vor Ort auch dort zu su-
                                      meinem eigenen Verband mussten           chen.
                                      wir umdenken und einen digitalen            Den Föderalismus in dieser Zeit zu
                                      Weg einschlagen, den wir bislang         Gunsten einer stärkeren Zentralisie-
                                      nicht für möglich gehalten haben.        rung einzuschränken erscheint daher
                                                                               der falsche Weg. Lasst uns vielmehr
                                         Viel und oft wird darüber geklagt,    die Stärken unserer kommunalen Ver-
                                      dass es ein Wirrwarr an Verboten und     waltung nutzen und segensreich für
                                      Geboten gibt. In ganz Deutschland, so    das ganze Land wirken. Nur mit
                                      hatte es den Anschein, galten ver-       einem gelebten und sich solidarisch
                                      schiedene, teilweise widersprüchliche,   zeigenden Föderalismus innerhalb
                                      Regelungen. Die Kritik war groß,         Deutschlands können wir die Krise in
Max Bertl                             wenn ein Bundesland strengere Maß-       den Griff bekommen und wieder
Landesvorsitzender                    nahmen anlegte als andere. Der Föde-     einen Weg zu einem normalen Leben
Bayerischer Trachtenverband           ralismus, wie wir ihn kennen, scheint    einschlagen.
                                      hier zu versagen und Menschen in
  Liebe Mitglieder des Bayernbun-     Deutschland mit zweierlei Maßstäben
des, liebe Leser der Weiß-Blauen      zu konfrontieren. Aber der Schein
Rundschau!                            trügt. Gibt dieser Föderalismus doch
  Vieles ist in den vergangenen Ta-   den Blick frei auf die Probleme und
gen, Wochen und Monaten anders ge-    auf die Gegebenheiten in kleineren
worden. Anders als wir es gewohnt     räumlichen Zusammenhängen. Und

                                         Der föderative Aufbau unseres         Berlin an der frühzeitigen Versorgung
                                      Staatswesens ist vom Prinzip der Sub-    der Bevölkerung mit Schutzmasken
                                      sidiarität bestimmt, das von dem         kläglich gescheitert. Und die von Ber-
                                      Grundgedanken ausgeht, dass die          lin bzw. Brüssel geplante Versorgung
                                      Ebene der Regulierungskompetenz          mit Impfstoff ist ein einziges Desaster.
                                      staatlicher Organe „so niedrig wie       Der fortgesetzte Ruf nach immer glei-
                                      möglich und so hoch wie nötig“ ange-     chen Regeln für alle geht an den Er-
                                      siedelt wird.                            fordernissen der Wirklichkeit vorbei.
                                                                               Kein Wunder, dass EU-Staaten wie z.
                                         Das heißt: Der Bundesstaat            B. Dänemark oder Österreich handeln
                                      Deutschland oder auch der europäi-       und eigene Wege gehen. Und deshalb
                                      sche Staatenbund EU verfügt nur          muss man auch den Ministerpräsiden-
                                      über Zuständigkeiten, die regionale      ten / Ministerpräsidentinnen zustim-
                                      Gebietskörperschaften oder Länder        men, die sich in neu erwachtem
Martin Haberfellner                   nicht allein ausüben können. In 70       Selbstbewusstsein für ihr Land und
Landeshauptmann                       Jahren Zugehörigkeit zur Bundesre-       ihre Bürger aufdiktierten Einheitsre-
der Bayerischen Gebirgsschützen       publik Deutschland hat der Freistaat     geln entgegenstellen und lieber Maß-
                                      Bayern ohne Not seine eigene Staat-      nahmen suchen, die regionalen Be-
                                      lichkeit durch laufende Abgabe von       sonderheiten und den Bedürfnissen
                                      Kompetenzen an den Bund ge-              der Menschen angepasst sind. Der Fö-
                                      schwächt. Aus Ländersicht war dieses     deralismus funktioniert sehr gut,
                                      Vorgehen noch nie richtig. Die Co-       wenn man ihn nur lässt.
                                      rona-Pandemie hat das für alle deut-
                                      lich und schmerzhaft an den Tag
                                      gebracht. So ist die Zentralgewalt in

10 100 Jahre Bayernbund e.V.
GRUSSWORTE

                                              Es war eine bewegte Zeit von der        chen Strukturen. Die Bürgerallianz
                                           Gründung des Bayernbund bis zur            steht für mehr Freiheit und Eigenver-
                                           Gründung des Freistaates Bayern, aber      antwortung in der Gesellschaft, ein le-
                                           auch danach bis heute. Die im Bay-         bendiges Vereinsleben, den Abbau von
                                           ernbund      zusammengeschlossenen         Bürokratie und mehr Unterstützung
                                           Menschen haben in all den Jahren           und Anerkennung des Ehrenamtes.
                                           Hervorragendes geleistet für die Ent-      Sie lehnt Überregulierung und über-
                                           wicklung und Festigung unseres             zogenes Verwaltungshandeln mit
                                           demo- kratischen Staatswesens und          Nachdruck ab und fordert mehr bür-
                                           zum Wohle der Menschen in Bayern.          gerschaftliches Engagement in unserer
                                           Ihr Einsatz für den Erhalt der Traditio-   Gesellschaft.
                                           nen unserer Heimat sowie für den ge-          Der Bayernbund zeigt auch in der
                                           sellschaftlichen Zusammenhalt in           Bürgerallianz großes Engagement. Wir
                                           Vereinen und Gemeinden verdient            sind dankbar für die großartige Zu-
Prof. Dr. Albert Göttle                    höchste Anerkennung. Seit etlichen         sammenarbeit und stolz auf das Er-
Präsident Landesfischereiverband Bayern    Jahren ist der Bayernbund Mitglied in      reichte.
                                           der Bürgerallianz Bayern, einem Zu-           Wir wünschen dem Bayernbund
   Es ist mir eine große Ehre und          sammenschluss von 24 ehrenamtli-           für die Zukunft viel Erfolg und freuen
Freude, dem Bayernbund zum 100-            chen und dem Gemeinwohl ver-               uns auf die weitere Zusammenarbeit.
jährigen Bestehen die herzlichsten         pflichteten Verbänden. Die Bürgeral-
Grüße und Glückwünsche der Bür-            lianz wurde vor über fünfzehn Jahren
gerallianz Bayern zu überbringen.          gegründet, angetrieben von großer
                                           Sorge um unsere bayerische Heimat
                                           und die gewachsenen gesellschaftli-

                                           dabei wie kein Zweiter für ein Bayern      Bayerns und sein sympathisches Bild
                                           mit bodenständigem Geschichts- und         in aller Welt mit.
                                           Staatsbewusstsein ein – und dies nun          Mein besonderer Dank gilt dem
                                           schon seit 100 Jahren. Namens der          Landesvorsitzenden des Bayernbun-
                                           bayerischen Sportschützinnen und           des, Herrn Bezirksrat Sebastian Frie-
                                           Sportschützen gratuliere ich herzlich      singer, der gemeinsam mit seiner
                                           zum „Hundertjährigen“ verbunden            Vorstandschaft Tradition, Brauchtum
                                           mit einem kräftigen Vergelt‘s Gott für     und Sitte unserer Heimat pflegt und
                                           die geleistete Arbeit!                     so mit staatspolitischem Selbstbe-
                                              Bayernbund und Bayerischer              wusstsein die Eigenstaatlichkeit Bay-
                                           Sportschützenbund sind seit vielen         erns fördert.
                                           Jahrzehnten eng verbunden. Gemein-            Ich wünsche dem Jubilar auch für
                                           sam plädieren wir für die sprichwört-      die nächsten 100 Jahre den verdient
                                           liche Liberalitas Bavariae mit ihrem       großen Erfolg und weiterhin viel
Christian Kühn                             „Leben und leben lassen“. Diese gut        Freude beim Engagement für Bayern!
1. Landesschützenmeister des Bayerischen   bayerische Lebensart entspringt der
Sportschützenbundes e. V. (BSSB)           Geschichte Bayerns und der Weltof-           Mit bayerischem Schützengruß
                                           fenheit seines Königshauses. Sie spie-
  Für Vielfalt in Einheit –                gelt sich auch im bayerischen
Gratulation zum Hundertjährigen            Schützenwesen wider, das sich durch
                                           eine genauso traditionsreiche wie le-
   Unser Bayern steht seit jeher für       gere und vielseitige Weltoffenheit aus-
einen Föderalismus, der regionale Be-      zeichnet. Gemeinsam mit dem
sonderheiten schätzt und Vielfalt in       Bayernbund und weiteren befreunde-
Einheit lebt. Der Bayernbund tritt         ten Verbänden prägen wir die Zukunft

                                                                                            100 Jahre Bayernbund e.V. 11
GRUSSWORTE

                                    Die Zukunft ist Föderalismus             jener Aufgaben erhalten, die sie, unter
                                                                             Einhaltung gewisser Rahmenbedin-
                                       Im täglichen Gespräch mit unseren     gungen, besser, schneller, bürgernäher
                                    Mitbürgern gewinnen wir oft den Ein-     und unbürokratischer lösen können.
                                    druck, dass sie sehr wenig über die EU   Wir brauchen eine föderalistisch auf-
                                    wissen und dass sie sich nicht bewusst   gebaute Union, wo auch die Regionen
                                    sind, dass die EU das größte Friedens-   und Gemeinden durch ihre Mitspra-
                                    projekt in der Geschichte Europas ist.   che, Mitentscheidung und Mitverant-
                                    Nie haben wir in Europa so lange Zeit    wortung entsprechend eingebaut
                                    in Frieden leben und unsere Kräfte für   werden. Sie wissen am besten, wie die
                                    die Lösung der wirtschaftlichen, kul-    anfallenden Probleme am wirksams-
                                    turellen und sozialen Probleme einset-   ten gelöst werden können.
                                    zen dürfen. Von einzelnen Parteien          Natürlich müssen zuerst auch die
                                    der EU-Mitgliedsstaaten wird sogar       einzelen Nationalstaaten, Mitglieder
Luis Durnwalder                     der Austritt aus der EU gefordert.       der EU, ihre Verfassungen abändern.
Landeshauptmann a.D. von Südtirol   Auch die auffallend geringe Teil-        Für einige dieser Staaten ist ein zeit-
                                    nahme an den Wahlen zum Europa-          gemäßer Föderalismus noch ein
                                    Parlament sind ein Beweis, wie wenig     Fremdwort (Frankreich, Portugal,
                                    der einzelne EU-Bürger über die Be-      Griechenland, aber zum Teil auch Ita-
                                    deutung und Leistungen der EU-Ge-        lien, Polen und einige andere).
                                    meinschaft weiß.                            Der Bayernbund hat sich seit seiner
                                       Was ist der Grund für dieses Des-     Gründung vor hundert Jahren immer
                                    interesse an dieser mit großer Weit-     für eine unbürokratische und bürger-
                                    sicht errichteten und ständig er-        nahe Verwaltung, und innerhalb der
                                    weiterten Europäischen Union? Nicht      Bundesrepublik und der EU, für einen
                                    deren Abschaffung kann uns auch in       moderen Föderalismus und für ein
                                    Zukunft Frieden und wirtschaftliche      Europa der Regionen eingesetzt. Die
                                    und soziale Gerechtigkeit bringen,       historisch gewachsenen Werte, Tradi-
                                    sondern nur ein Umdenken und             tionen, Sitten und Gebräuche, die in
                                    Umbau dieser großen Union. Nicht         der Bevölkerung verwurzelt und ge-
                                    Zentralismus, Bürokratie und „Nur so     lebt und vor allem von den ehrenamt-
                                    weitermachen“ kann die Akzeptanz         lichen Vereinen und Verbänden
                                    der EU durch die Bevölkerung und         gepflegt werden, müssen auch weiter-
                                    deren überzeugte Mitarbeit garantie-     hin erhalten und gelebt werden kön-
                                    ren.                                     nen, um dadurch für uns und unsere
                                       Die Organe der EU und die Zu-         Nachkommen „Heimat“ zu erhalten.
                                    ständigkeit derselben, wie Kommi-           Wir wollen auch in Zukunft gute
                                    sion, Rat und Parlament müssen neu       Europäer, aber auch überzeugte Bay-
                                    geregelt werden. Das Europäische Par-    ern und Südtiroler sein und bleiben.
                                    lament muss als demokratisch ge-         Diese Möglichkeit muss uns auch in
                                    wählte Vertretung der Bürger durch       Zukunft garantiert werden.
                                    die Zuteilung neuer Zuständigkeiten
                                    aufgewertet werden. Die EU-Gre-
                                    mien, Nationalstaaten, Regionen und
                                    Gemeinden sollten die Zuständigkeit

12 100 Jahre Bayernbund e.V.
GRUSSWORTE

                                          tion und Mundart, landschaftliche             Vielen Dank allen Mitgliedern des
                                          Schönheit und gesellschaftlicher Zu-       Bayernbundes, die mit viel Leiden-
                                          sammenhalt, wirtschaftlicher Erfolg        schaft und ehrenamtlichem Einsatz
                                          und Lebensqualität – es sind wohl all      dazu beitragen, den großen Schatz un-
                                          diese Dinge zusammen und noch vie-         serer bayerischen Traditionen zu be-
                                          les mehr, die zu Bayerns weltweiter        wahren und nachfolgenden Genera-
                                          Bekanntheit beitragen und Menschen         tionen zu vermitteln. Sie zeigen mit
                                          von nah und fern gleichermaßen an-         Ihrer Arbeit, dass Traditionsbewusst-
                                          ziehen.                                    sein nicht Stillstand bedeutet und der
                                             Die Mitglieder des Bayernbundes         kritische Blick auf die Gegenwart ge-
                                          haben sich seit nunmehr einem Jahr-        nauso wichtig ist, wie der Blick nach
                                          hundert dem aktiven Erhalt dieser so       vorne und zurück.
                                          zahlreichen Facetten unserer Heimat           Für sein großes Jubiläum wünsche
                                          verschrieben. Herzlichen Glück-           ich dem Bayernbund alles Gute und
Albert Füracker, MdL                     wunsch zu diesem großartigen Jubi-         viel Erfolg für seine weitere Arbeit,
Staatsminister der Finanzen               läum.                                      die in diesen herausfordernden Zeiten
und für Heimat                              Mit viel Einsatz in allen gesell-       besonders viel Kraft und Flexibilität
                                          schaftlichen Bereichen sind sie gleich-    erfordert. Allen Mitgliedern ein herz-
   Liebe Mitglieder des Bayernbund        sam als Heimatpfleger mit großer           liches Vergelt’s Gott und bleiben Sie
e.V., liebe Leserinnen und Leser,         thematischer Bandbreite unterwegs.         gesund!
                                          Dabei haben sie stets auch eine Ma-
  Es wird viel darüber geschrieben,      xime vor Augen gehabt, die bis heute           Ihr
was unsere bayerische Heimat aus-         ein Markenzeichen Bayerns ist: Offen-
macht. Geschichte und Kultur, Tradi-      heit für Fortschritt.

                                                                                                  m
                                                                                     I n I h re d i o
                                                                                           a  l r a
                                                                                    D ig it +
                                                                                          DA B

                  Weitere Volksmusikangebote auf dem Youtube Kanal von BR Heimat.

                                                                                            100 Jahre Bayernbund e.V. 13
BAYERN, WIE WIR ES LIEBEN...

 Maximilianeum                                      Wallberg-Kapelle Heilig Kreuz

Augsburg                       Biergartenvielfalt

 Passau                                             Schlosspark Linderhof

14 100 Jahre Bayernbund e.V.
BAYERN, WIE WIR ES LIEBEN...

                Bayernbund-Musi   Bayerns Natur

Kloster Seeon                     Gnadenkapelle auf dem Hohenpeißenberg

Frauenwörth

                                        100 Jahre Bayernbund e.V. 15
GESCHICHTE DES BAYERNBUNDES

„In Treue fest“
100 Jahre Bayerischer Heimat- und Königsbund –
Bayernbund 1921 – 2021                   von Dr. Dieter J. Weiß

  Die Gründung und der Aufbau               Sommer 1917 vor einer möglichen
  des Bayerischen Heimat- und               Revolution. Am 2. November 1918
         Königsbundes                       vollzog König Ludwig III. (1845-
                                            1921) eine Verfassungsreform, die
   Es ist ein Paradoxon, daß erst eine      Bayern von einer konstitutionellen zu
Revolution eine monarchistische Be-         einer parlamentarischen Monarchie
wegung hervorbringt. Als sich vor 100       mit Einführung des Verhältnis- und
Jahren – am 15. März 1921 – 35 Bür-         Frauenwahlrechts machte, doch war
                                                                                     Professor Dr. Dieter J. Weiß, Inhaber des
ger im Münchener Sterneckerbräu im          dies dann schon zu spät für eine sta-    Lehrstuhls für Bayerische Geschichte und
Tal trafen und den Bayerischen Hei-         bilisierende Wirkung.                    Vergleichende Landesgeschichte,
mat- und Königsbund: „In Treue fest“           In München erfolgte am 7. Novem-      Ludwig-Maximilians-Universität München.
(BHKB) gründeten, lag die bayerische        ber ein von einer radikalen Minderheit
Novemberrevolution erst etwas über          inszenierter Putsch, der am nächsten     vember keinen Thronverzicht, gab
zwei Jahre zurück. Alle Bayern waren        Tag zur Revolution geworden war. Die     aber „allen Beamten, Offizieren und
damals noch in ein Königreich hinein-       Bevölkerung nahm diesen aufoktroy-       Soldaten die Weiterarbeit unter den
geboren worden, das für sie ganz            ierten Akt widerstandslos hin, bedingt   gegebenen Verhältnissen“ frei und
selbstverständlich die einzig denkbare      durch die prekäre Ernährungslage, die    entband sie des ihm geleisteten Treu-
Staatsform bildete. Und diese Selbst-       Wut auf den Berliner Zentralismus,       eides. Kronprinz Rupprecht stellte be-
verständlichkeit gehört zur Legitima-       die sich gegen die eigene Regierung      reits am 10. November die Entschei-
tionsgrundlage einer Monarchie, die         richtete, und die Friedenssehnsucht.     dung über die Staatsform einer aus
unausgesprochene Zustimmung aller           Die Revolution gewann Dauerhaftig-       freien Wahlen hervorgegangenen Na-
Bürger. Offenbar war diese aber be-         keit, weil Ludwig III., von seinen Be-   tionalversammlung anheim. Eine sol-
reits während des Ersten Weltkrieges        ratern getrieben, die Hauptstadt         che Abstimmung fand nie statt, aber
etwas ins Wanken geraten. Kronprinz         verließ und sich keine Verteidiger der   die Landtagswahlen vom 12. Januar
Rupprecht von Bayern (1869-1955)            Monarchie fanden. Der König leistete     1919 erbrachten eine erdrückende
warnte in einer Denkschrift bereits im      in der Anifer Erklärung vom 13. No-      Mehrheit für die Parteien, welche die
                                                                                     Revolution hingenommen, nicht aber
                                                                                     durchgesetzt hatten.
                                                                                        Bald erfolgte eine weitere Radikali-
                                                                                     sierung, der Arbeiter-, Soldaten- und
                                                                                     Bauernrat veröffentlichte einen Auf-
                                                                                     ruf, die Diktatur des Proletariats sei
                                                                                     proklamiert. Brutale Gewalttaten er-
                                                                                     folgten aus dem nationalen wie dem
                                                                                     kommunistischen Lager, Weißer Ter-
                                                                                     ror folgte dem Roten. Erst im Früh-
                                                                                     sommer 1919 beruhigte sich die
                                                                                     Situation allmählich, doch nahmen
                                                                                     Hungerkrise, Arbeitslosigkeit und In-
                                                                                     flation dramatisch zu, die in Teilen der
                                                                                     Öffentlichkeit mit der Republik in
                                                                                     Verbindung gebracht wurden.
Ansichtskarte mit dem Portrait von König Ludwig III. von Bayern und seinem Sohn         Die Revolution hatte in Berlin zen-
Kronprinz Rupprecht. Photograph war vermutlich Bernhard Carl Dittmar (um 1865-       tralistische Kräfte an die Macht ge-
1939), Hofphotograph in München.                                                     bracht, die föderalistische Verfassung

16 100 Jahre Bayernbund e.V.
GESCHICHTE DES BAYERNBUNDES

Carl Spruner von Mertz (1873-1929)
Bayer. Hauptstaatsarchiv
BS - PS III Nr. 42/4: Rittmeister           Generalstabschef General Konrad Krafft    Rudolf Kanzler, ehem. Landtagsabgeord-
7 Chevaulegerregiment, 1910.                von Dellmensingen (1862-1953).            neter (1873-1950).

des Bismarck-Reiches als Zusammen-          blikanischen und einen monarchisti-       am Jahresanfang 1923 mit der Wahl
schluß souveräner Staaten wurde             schen Flügel.                             des ehemaligen Rosenheimer Land-
außer Kraft gesetzt. Die bayerische            Als erste monarchistische Organi-      tagsabgeordneten Rudolf Kanzler
Teilsouveränität und die Reservat-          sation entstand im November 1919          (1873-1950), der eine führende Rolle
rechte wurden durch die Weimarer            die Bayerische Königspartei, die eine     bei den Einwohnerwehren gespielt
Verfassung vom 11. August beseitigt,        Volksabstimmung über die Staatsform       hatte, zum Landesleiter des BHKB. In
aus einem Staatenbund war ein Bun-          forderte. Gegen separatistische Ten-      prägnanter Kürze wurde das Grund-
desstaat geworden. Am 14. August            denzen arbeitete der ehemalige Gene-      satzprogramm veröffentlicht: „1. Die
trat für den nunmehrigen Freistaat          ralstabschef des Kronprinzen General      Grundvoraussetzung der Wiederge-
Bayern die Bamberger Verfassung in          Konrad Krafft von Dellmensingen           sundung und Wiedererstarkung des
Kraft. In den Augen vieler Bürger blie-     (1862-1953). Er stand wohl hinter         bayerischen Volkes ist die Wiederher-
ben die neue Verfassung und die mit         dem Aufbau einer überparteilichen         stellung des Königreichs Bayern mit
ihr verbundene Republik durch ihren         Sammlungsbewegung durch Major             berufsständischer, von christlichem
unitarischen Charakter diskreditiert.       Carl Spruner von Mertz (1873-1929),       Geiste erfüllter Verfassung. 2. Auch als
   Vor diesem Hintergrund ist der Zu-       dem Bayerischen Heimat- und Kö-           Königreich bildet Bayern einen Be-
sammenhang zwischen bayerischen             nigsbund „In Treue fest“ im März          standteil des auf bundesstaatlicher
Föderalisten und Monarchisten zu            1921. Sein Hauptziel bildete „Bayerns     Grundlage neu zu gestaltenden Deut-
sehen, denn das Königshaus hatte die        Erhaltung auf dem Boden des födera-       schen Reiches. 3. Die entsprechende
Staatlichkeit Bayerns garantiert. Mon-      listischen und monarchischen Prin-        Aenderung der bayerischen Verfas-
archistische Gesinnungen waren beim         zips“ in Form einer parlamentarischen     sung hat durch die gesetzmäßigen Or-
Adel, beim Klerus und bei weiten            Monarchie. Bürger, Handwerker und         gane zu geschehen.“
Kreisen des Bürgertums und der Bau-         Bauern dominierten unter den Mit-
ern verbreitet, aber es fehlte an der Fä-   gliedern. Kronprinz Rupprecht wurde                Der Ausbau der
higkeit zu ihrer politischen Um-            nach dem Tod seines Vaters zum                 Organisationsstrukturen
setzung. Nach der Niederschlagung           Thronprätendenten. Am Tag seiner
der Räterepublik sammelten sich die         Beisetzung, dem 5. November 1921,            Strukturelle Bedingungen für die
Gegner der neuen politischen Verhält-       ließ er eine Erklärung veröffentlichen,   starke Stellung des Monarchismus in
nisse in einer Fülle unterschiedlicher,     mit der er an seinen Ansprüchen fest-     Bayern im Vergleich zum Reich und
teils paramilitärischer Gruppen. In der     hielt, ohne politische Forderungen zu     den übrigen Staaten bildeten die
seit 1920 in nichtsozialistischen Koali-    stellen: „Eingetreten in die Rechte       immer noch agrarisch geprägte Ge-
tionen regierenden Bayerischen Volks-       meines Herrn Vaters“. Damals hatte        sellschaftsstruktur des Landes, die po-
partei (BVP), der Nachfolgepartei des       der „organisierte“ Monarchismus noch      puläre Persönlichkeit des Thron-
Zentrums, gab es einen vernunftrepu-        keine Bedeutung. Dies änderte sich        prätendenten, die symbolische Bedeu-

                                                                                           100 Jahre Bayernbund e.V. 17
GESCHICHTE DES BAYERNBUNDES

                                                                                               Von Bundesarchiv, B 145 Bild-F006428-0025A /
                                                                                               CC-BY-SA 3.0, CC BY-SA 3.0 de

                                                                                               Dr. Fritz Schäffer (1888-1967), war 1945       Georg Enoch zu Guttenberg (1893-1940)
                                                                                               der erste Bayerische Ministerpräsident         Mitglied der Ersten Kammer des Bayeri-
                                                      Erwein Freiherr von Aretin (1887-1952)   nach dem Zweiten Weltkrieg. Von 1949 bis       schen Landtages. Bayerischer Veteranen-
                                                      Signatur: BayHStA, Geheimes Haus-        1957 war er Bundesminister der Finan-          und Kriegerbund, München – Bayerischer
                                                      archiv Nachlass Herzogin Wiltrud von     zen und von 1957 bis 1961 Bundesmini-          Veteranen- und Kriegerkalender, München,
                                                      Urach 483).                              ster der Justiz.                               1922.

                                                      tung der Dynastie für die Eigenstaat-       Nicht zuletzt durch Übertritte aus          Ehrenvorsitz. Der New Yorker Bör-
                                                      lichkeit, die Förderung durch die        der Königspartei und den Einwohner-            senkrach vom Oktober 1929 löste die
                                                      staatlichen Stellen sowie die Unter-     wehren stieg die Mitgliederzahl des            Weltwirtschaftskrise mit ihren kata-
                                                      stützung durch die katholische Kirche    BHKB bis 1925 auf über 50000 an. Er            strophalen Folgen auch für Bayern
                                                      und Teile der evangelischen Pfarrer-     konnte ein nahezu flächendeckendes             aus. Dies führte zu einer neuerlichen
                                                      schaft. Zahlreiche Doppelmitglied-       Organisationsnetz mit Kreisleitungen           Radikalisierung der politischen Ver-
                                                      schaften bestanden zwischen BVP          in Oberbayern Ost und West, Ober-              hältnisse und zum Anwachsen der
                                                      und BHKB. Dazu gehörten Dr. Fritz        pfalz, Niederbayern, Mittelfranken,            Stimmen für Nationalsozialisten wie
                                                      Schäffer (1888-1967) und der Bau-        Nürnberg, Schwaben und Rheinpfalz              Kommunisten. Das Verhältnis des
                                                      ernflügel um Dr. Georg Heim (1865-       aufbauen. Der größte Teil der Mitglie-         BHKB zum Nationalsozialismus war
                                                      1938), Dr. Alois Hundhammer (1900-       der erstrebte ganz unreflektiert die           ähnlich wie bei der BVP und der ka-
                                                      1974) und Michael Horlacher (1888-       Rückkehr zu den Vorkriegsverhältnis-           tholischen Hierarchie durch grund-
                                                      1957).                                   sen, der guten alten Zeit, die im Kö-          sätzliche Ablehnung gekennzeichnet.
                                                                                               nigtum ihren Bezugspunkt hatte. Die            Ein offener Konflikt brach auf, als
                                                                                               Weltkriegsgeneration um Rudolf                 Kronprinz Rupprecht und der BHKB
                                                                                               Kanzler, die sich in den Einwohner-            die Unterstützung des Volksbegehrens
                                                                                               wehren engagiert hatte, vertrat einen          gegen den Young-Plan verweigerten.
Von Bundesarchiv, Bild 102-01176 / CC-BY-SA 3.0, CC

                                                                                               eher monarchistisch-national ausge-            Hitler griff deshalb die Umgebung des
                                                                                               richteten Kurs.                                Kronprinzen und die Monarchie als
                                                                                                  Ab 1925 lenkte Erwein Frhr. von             Staatsform scharf an.
                                                                                               Aretin (1887-1952) die Geschicke                  Die Zeit vom Sommer 1930 bis
                                                                                               des Königsbundes, der Verfassungs-             zum Jahresende 1932 war von einem
                                                                                               konzeptionen für Bayerns Zukunft               erneuten Zusammenrücken von
                                                                                               entwickelte. Nachdem er die Leitung            BHKB und BVP gegen den National-
                                                                                               des innenpolitischen Ressorts der              sozialismus bestimmt. Baron Gutten-
                                                                                               Münchner Neuesten Nachrichten                  berg befürchtete von Hitler den „Weg
                                                                                                                                              der Diktatur nach Übernahme der
BY-SA 3.0 de

                                                                                               übernommen hatte, wurde zum Jah-
                                                                                               resende 1927 der ehemalige Marine-             Gewalt im Reiche“. Der zentrale An-
                                                                                               offizier und Reichsrat Enoch Frhr. zu          satzpunkt für die Behauptung der Un-
                                                      Heinrich Held (1868-1938) (rechts) von
                                                                                               Guttenberg (1893-1940) zum Nach-               abhängigkeit Bayerns war der Erwerb
                                                      1924 bis zu seiner Absetzung 1933        folger gewählt. Prinz Adalbert von             der Finanzhoheit. Deshalb gründete
                                                      Bayerischer Ministerpräsident.           Bayern (1886-1970) übernahm den                Guttenberg 1932 den „Kampfbund

                                                      18 100 Jahre Bayernbund e.V.
GESCHICHTE DES BAYERNBUNDES

zur Wiedergewinnung der bayeri-            wurden. Mit der „Königs-Jugend“          die Operette „Der Vogelhändler“ von
schen Finanzhoheit“. Nach dem              wurde eine eigene Jugendorganisation     Carl Zeller (1842-1898) auf dem Pro-
„Preußenschlag“ – der Entmachtung          aufgebaut.                               gramm. Kronprinz Rupprecht nahm
der preußischen Staatsregierung                                                     an der Aufführung am 17. Februar
durch die Reichsregierung – vom 20.                Das Königsprojekt                teil. Die Regie hatte die Handlung von
Juli versuchte Erwein von Aretin den                                                der Pfalz nach Kurbayern verlegt und
bayerischen       Ministerpräsidenten         Seit sich zum Jahresende 1932 die     die Huldigung für einen Fürsten
Heinrich Held (1868-1938) davon zu         Gefahr der Machtübernahme durch          durch ein Meer weiß-blauer Fahnen
überzeugen, nach diesem Verfassungs-       die Nationalsozialisten immer drohen-    zur Ovation an den bayerischen Kur-
bruch eine Reichsreform in Gang zu         der abzeichnete, schien die Ausrufung    fürsten ausgebaut, in die das Publi-
setzen. Aretin und Guttenberg erar-        der Monarchie als letztes Rettungs-      kum einstimmte. Dabei wurde die
beiteten ein Memorandum für die            mittel für Bayern in greifbare Nähe      Königshymne gesungen, die Leitung
Staatsregierung, nach dem die Länder       gerückt. In breiten Kreisen der Bevöl-   des BHKB glaubte sich kurz vor dem
das Reich durch Verträge erst gründen      kerung hoffte man auf die Ausrufung      erhofften Erfolg.
und der Reichspräsident seine Amts-        Kronprinz Rupprechts zum König.             Am 20. Februar fand eine Unterre-
gewalt vom Bundesrat als Träger der        Der BHKB intensivierte seine Tätig-      dung Heinrich Helds mit Vertretern
Souveränität empfangen sollte.             keit, seine Mitgliederzahl stieg wohl    des Kronprinzen statt. Der Minister-
   Ein wichtiges Werbeinstrument des       bis an die Hunderttausend an.            präsident fragte dabei, ob sie das nö-
BHKB bildeten die weiß-blauen Kö-             Kronprinz Rupprecht lehnte einen      tige Geld für eine monarchistische
nigstage. Sie fanden nach einem ähn-       Staatsstreich ab und wollte die Krone    Umwälzung, ob sie das Heer hinter
lichen Schema im ganzen Land, vom          nur nach einer Verfassungsänderung       sich und ob sie sich der Loyalität der
Schliersee bis zum Staffelberg, von        annehmen. Der BVP-Vorsitzende            Beamten versichert hätten. Auf die
Straubing bis Ziemetshausen, statt.        Schäffer brachte die Idee eines baye-    Verneinung lehnte Held weitere
Häufig war Kronprinz Rupprecht per-        rischen Staatspräsidenten als Vorstufe   Schritte ab. Schäffer verfolgte nun den
sönlich anwesend, neben Reden ge-          in die Diskussion. Das Januarheft        Plan, Kronprinz Rupprecht als Alter-
hörten Gefallenenehrung und Festzug        1933 der Süddeutschen Monatshefte        native zunächst zum Generalstaats-
zum Programm. Angesichts der im            erschien unter dem Titel „König          kommissar zu ernennen. Dieser
Lande herrschenden Not richtete die        Rupprecht“. Aretin widmete dem           scheint sich am 21. Februar zu dieser
Bildhauerin Margarete Freiin von           Kronprinzen hier ein Lebensbild und      Lösung bereitgefunden zu haben. Am
Stengel (1898-1981) mit Unterstüt-         diskutierte „Die bayerische Königs-      späten Vormittag dieses Tages erwar-
zung des BHKB im Januar 1932 das           frage“.                                  tete die Führung des BHKB im
Sozialwerk „Patrona Bavariae“ mit             Am 30. Januar 1933 ernannte           Leuchtenberg-Palais seine Ernennung.
einer Volksspeisung ein, bei der täglich   Reichspräsident Paul von Hindenburg      Held sandte jedoch nur einen Ministe-
über 500 Mahlzeiten ausgegeben             (1847-1934) Adolf Hitler zum             rialrat mit der Frage, ob der Kronprinz
                                           Reichskanzler. Mehrfach reiste Schäf-    nach seinem Regierungsantritt sein
                                           fer nach Berlin, um die Möglichkeiten    Kabinett im Amt belassen würde. Auf
                                           zur Wiedereinführung der Monarchie       die ablehnende Antwort scheint er das
                                           in Bayern zu erörtern. Dabei hatte er    Interesse an der Ausrufung der Mon-
                                           in Erfahrung gebracht, daß die Einset-   archie verloren zu haben.
                                           zung eines Reichskommissars für Bay-        Am 24. Februar soll die Staatsregie-
                                           ern betrieben wurde. Am 12. Februar      rung beschlossen haben, die Angele-
                                           deutete er deshalb die Möglichkeit an,   genheit zu vertagen, bis die Reichs-
                                           daß Bayern nach einem Verfassungs-       regierung einen offenen Verfassungs-
                                           bruch durch die Reichsregierung ei-      bruch beginge. Darauf reisten Beauf-
                                           gene Wege gehen könnte. Nach der         tragte des Kronprinzen nach Berlin,
                                           „Machtergreifung“ in Berlin sah auch     um das Einverständnis Hindenburgs
                                           die SPD die Monarchie als letzte Ret-    zu erreichen. Fürst Eugen Oettingen
                                           tung, worüber Wilhelm Hoegner            (1885-1969) führte ein Handschrei-
Drei Generationen Bayerisches Königs-
haus: Albrecht von Bayern (1948), in der   (1887-1980) Ministerpräsident Held       ben Rupprechts mit sich, der seinen
Mitte zwischen seinem Vater und seinem     informierte. Während des Münchener       Entschluß mitteilte, in dieser schwe-
Sohn Franz.                                Faschings stand im Nationaltheater       ren Stunde den Thron seiner Väter zu

                                                                                         100 Jahre Bayernbund e.V. 19
GESCHICHTE DES BAYERNBUNDES

                                                                                    „daß umgehend dem Deutschen
                                                                                    Reich eine neue Verfassung gegeben
                                                                                    wird, die dem Wesen des Deutschen
                                                                                    Volkes angepaßt ist und sich aufbaut
                                                                                    auf einer vertragsmäßigen Regelung
                                                                                    des Verhältnisses zwischen Reich und
                                                                                    Ländern im Sinne Bismarcks.“ Nach
                                                                                    der Einsetzung von Reichsstatthaltern
                                                                                    in den Ländern erhob er am 10. April
                                                                                    als „Erbe der Krone des zweitgrößten
                                                                                    Bundesstaates“ erneut „Protest gegen
                                                                                    diese Vergewaltigung der deutschen
                                                                                    Staaten“.
                                                                                       Im Leitartikel des „Bayerischen Kö-
                                                                                    nigsboten“ vom 15. März wies der
                                                                                    BHKB Putschabsichten und Separati-
                                                                                    onspläne zurück, hielt aber an der
                                                                                    Monarchie als Staatsform fest. Noch
                                                                                    immer hatten manche Monarchisten
                                                                                    Illusionen über eine Änderung der
                                                                                    Staatsform. Dabei waren bereits bru-
                                                                                    tale Gewaltmaßnahmen gegen die
                                                                                    Gegner des Nationalsozialismus er-
                                                                                    folgt. Die BHKB-Mitglieder Baron
                                                                                    Aretin, Fritz Büchner († 1940) und
                                                                                    Franz Frhr. von Gebsattel (1889-
                                                                                    1945) wurden am 13. März verhaftet,
                                                                                    die Anklageerhebung wegen Landes-
                                                                                    verrats unterblieb aus Beweismangel.
                                                                                    Die Landesleitung des BHKB interve-
Botschaft von Herzog Albrecht zur Umbenennung des Bayernbundes 1967                 nierte erfolglos bei General von Epp.
                                                                                    Fritz Schäffer, Alois Hundhammer
besteigen. Allerdings hatte man in              Die Auflösung des BHKB
München die Lage in Berlin falsch
eingeschätzt. Der Reichspräsident rea-        Am 9. März 1933 erfolgte die
gierte ablehnend, Vizekanzler Franz        Machtübernahme durch die National-
von Papen (1879-1969) drohte mit           sozialisten auch in Bayern. Die Berli-
dem Eingreifen des Reiches. Bereits        ner     Regierung     ernannte    den
am 22. Februar war der Reichswehr-         Max-Joseph-Ritter General Franz von
minister nach München gekommen,            Epp (1868-1946) zum Reichskom-
um sich der Loyalität des VII. Armee-      missar. Dieser begründete bei einer
korps zu versichern. Allerdings beru-      Rede vor der Feldherrenhalle seine Er-
higte dieser Berlin, es handle sich nur    nennung mit der Gefahr eines monar-
um eine harmlose Aktion. Trotzdem          chistischen Putsches.
zitierte Reichskanzler Hitler am 1.           Nach dem erzwungenen Rücktritt
                                                                                                                            Foto: Wikipedia

März Ministerpräsident Held zu sich        des Kabinetts Held protestierte Kron-
und machte ihm schwere Vorwürfe,           prinz Rupprecht gegen die Gleich-
die Aufrichtung der Monarchie in           schaltung Bayerns. In einem Schreiben
Bayern würde „zu einer ganz schwe-         vom 17. März, das Erbprinz Albrecht      Wilhelm Hoegner (1887-1980),
ren Katastrophe führen“.                   (1905-1996) persönlich dem Reichs-       Bayerischer Ministerpräsident 1945/46
                                           präsidenten überreichte, forderte er,    und 1954-57.

20 100 Jahre Bayernbund e.V.
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