Scheidegger & Spiess Kunst I Fotografie I Architektur - Frühjahr 2023
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Wichtige Neuerscheinungen Herbst 2022 Herausgegeben und mit einer Einführung von Lisa Wenger und Meret Oppenheim – Mein Album Martina Corgnati Das autobiografische Album «Von der Kindheit Broschur bis 1943» und ihre handgeschriebene Biografie 324 Seiten, 179 farbige Abbildungen Meret Oppenheims (1913–1985) 1958 zusammengetragenes 22 × 33 cm Album Von der Kindheit bis 1943 ist Tagebuch und eine Art 978-3-03942-093-3 Deutsch / Englisch Kunstwerk zugleich und bietet sehr persönliche Einblicke in ISBN 978-3-03942-093-3 ihr privates Leben und Denken. Seine Edition, zusammen mit sFr. 49.– | € 48.– einem 1970/71 niedergeschriebenen autobiografischen Text, in diesem sorgfältig gestalteten Buch bereichert unser Bild der 9 783039 420933 grossen Künstlerin um vollkommen neue Perspektiven. Paul Klee Herausgegeben von Francesca Bernasconi und Arianna Quaglio Die Sammlung Sylvie und Jorge Helft Broschur in Schuber 212 Seiten, 92 farbige Im Werk Paul Klees (1879–1940) nimmt die Zeichnung einen und 7 sw Abbildungen prominenten Platz ein. Klee mass dem Zeichnen und insbeson- 21 × 27 cm dere der Linie als dem Prinzip, von dem die Umsetzung und 978-3-03942-106-0 Deutsch 978-3-03942-107-7 Englisch visuelle Erzeugung einer Idee ausgeht, hohe Bedeutung bei. Auf diesen Aspekt ist auch der Fokus dieser ausserordentlich sFr. 49.– | € 48.– kohärenten Privatsammlung von Bleistift-, Feder- und Pastell- ISBN 978-3-03942-106-0 ISBN 978-3-03942-107-7 Deutsch Englisch zeichnungen sowie Aquarellen, Radierungen und Lithografien gerichtet, die nur selten öffentlich zu sehen ist. 9 783039 421060 9 783039 421077 Herausgegeben von Esther Tisa Francini, unter Mitarbeit Wege der Kunst von Sarah Csernay Wie die Objekte ins Museum kommen Broschur 440 Seiten, 45 farbige und 48 sw Kunstwerke nicht-westlicher Kulturen in Museen des globalen Abbildungen Nordens sind aktuell Gegenstand kontroverser Debatten. Die- 17 × 27 cm 978-3-03942-096-4 Deutsch ses Buch leistet einen wichtigen Beitrag dazu. Es vermittelt ein 978-3-03942-097-1 Englisch Bewusstsein für koloniale und postkoloniale Kontexte des Han- dels mit und des Sammelns von Kunstwerken nicht-westlicher sFr. 39.– | € 38.– Kulturen und hilft so, neue Museumsnarrative zu etablieren. ISBN 978-3-03942-096-4 ISBN 978-3-03942-097-1 Deutsch Englisch 9 783039 420964 9 783039 420971 Sans pareil Herausgegeben von Sibylle Ryser und Isabel Zürcher Die Kronenhalle Bar Gebunden 80 Seiten, 48 farbige und Gestaltet vom bedeutenden Schweizer Innenarchitekten Ro- 16 sw Abbildungen bert Haussmann, ausgestattet mit Lampen und Tischen aus 18 × 26.5 cm 978-3-03942-117-6 Deutsch der Werkstatt Diego Giacomettis und mit erstklassiger moder- ner Kunst an den Wänden, ist die Bar des legendären Zürcher sFr. 35.– | € 35.– ISBN 978-3-03942-117-6 Restaurants Kronenhalle seit 1964 Treffpunkt für ein kultur affines internationales Publikum. Dieses Buch ist eine form- vollendete Hommage an diese Ikone der Gastronomie Zürichs. 9 783039 421176
Gestaltet von Bureau Erstes Buch, das sich umfassend Sandra Doeller nicht nur mit dem architektoni- schen Denken und Schaffen des Gebunden Schweizer Schriftstellers Max ca. 488 Seiten, 400 farbige Frisch, sondern auch mit jenem und sw Abbildungen seines Vaters Franz Bruno Frisch 23 × 29 cm auseinandersetzt 978-3-03942-128-2 Deutsch Eine interdisziplinär konzipierte ca. sFr. 49.– | € 48.– Zusammenschau der verflochtenen architektonischen Werke von Vater Erscheint im Mai 2023 ISBN 9783039421282 und Sohn Frisch Beleuchtet Zusammenhänge, die neue Interpretationsmöglichkeiten zum literarischen Schaffen von 9 783039 421282 Max Frisch eröffnen Reichhaltiges, grossteils bislang unveröffentlichtes Bildmaterial sowie kommentierte und bebilderte Werkverzeichnisse beider Architekten Familiäre Beziehung und architektonisches Schaffen: Max Frisch und sein Vater Franz Petra Hagen Hodgson Bruno Frisch Gebaute Beziehungen Max Frisch und Franz Bruno Frisch – Zwei Architekten im Kontext ihrer Zeit Max Frisch (1911–1991) muss man niemandem mehr vorstellen. Mit Romanen wie Stiller und Homo Faber und mit Theaterstücken wie Biedermann und die Brandstifter hat er als Schriftsteller Weltruhm erlangt. Dass Frisch anfangs Architekt war, ist viel weniger bekannt. Aber auch in dieser Disziplin hat er deutliche Spuren hinterlassen, zum Beispiel mit dem denkmalgeschützten Freibad Letzigraben in Zürich oder als kritischer, scharfzüngiger Geist, dessen Ansichten bis heute in den städtebaulichen und gesellschaftsarchitektonischen Diskurs einfliessen. Nicht so Max’ Vater Franz Bruno Frisch (1871–1932). Dessen realisiertes architekto- nisches Œuvre ist zwar deutlich grösser und reicht vom privaten Badepavillon über Arbeiter- und Angestelltenhäuser bis zu öffentlichen Bauten, die ebenfalls unter Denk- malschutz stehen. Dennoch ist es zu Unrecht völlig unbekannt geblieben. Gebaute Beziehungen. Max Frisch und Franz Bruno Frisch – Zwei Architekten im Kontext Ihrer Zeit schliesst nun diese Lücke. Es beleuchtet unter dem Aspekt der Be- ziehungen das architektonische Denken und Schaffen von Vater und Sohn Frisch, insbesondere mit Blick auf architektonische und städtebauliche Problemstellungen zu ihrer jeweiligen Schaffenszeit. Betrachtet werden aber auch Parallelen von Architektur und Literatur in Max Frischs Werk. Zugleich eröffnet das Buch ganz neue Interpreta- tionsmöglichkeiten in Bezug auf das bei Max Frisch zentrale literarische Thema der Identitätsproblematik. Petra Hagen Hodgson ist Kunsthistorikerin und Germanistin und lehrt seit 2007 als Dozentin für Stadtentwicklung und Gartenbaugeschichte Scheidegger & Spiess an der ZHAW in Wädenswil. Frühjahr 2023 3
Neue Bilder des früheren Kunstfälschers Wolfgang Beltracchi neben Texten berühmter Autorinnen S A LV A T O R M U N D I 1 6 4 —— 1 6 5 und Autoren W O L F G A N G B E LT R A C C H I Textbeiträge von Hans Ulrich Gumbrecht Romanist, Literaturwissenschaftler und Publizist Peter Sloterdijk Philosoph, Kulturwissenschaftler und Publizist Markus Gabriel S A LV A T O R M U N D I 7 8 —— 7 9 Philosoph und Autor Ulrike Posche Journalistin, Reporterin beim Stern Alberto Venzago Fotograf W O L F G A N G B E LT R A C C H I Leonhard Fischer Manager Hansen Wang Kryptowährungs- und NFT-Experte René Scheu Journalist, Publizist und Philosoph S A LV A T O R M U N D I 1 4 —— 1 5 Weiterhin lieferbar: W O L F G A N G B E LT R A C C H I Psychoanalytikerin trifft Helene und Wolfgang Beltracchi S A LV A T O R M U N D I Künstlerpaar trifft Jeannette 6 —— 7 Fischer 978-3-03942-070-4 Deutsch 978-3-03942-071-1 Englisch sFr. 25.– | € 19.– ISBN 978-3-03942-070-4 ISBN 978-3-03942-071-1 Deutsch Englisch W O L F G A N G B E LT R A C C H I 9 783039 420704 9 783039 420711
WO LFG AN G Herausgegeben von Alberto Venzago B E LT R A C C H I Das aktuelle grossformatige Buch zum neuesten Schaffen des Malers und legendären Kunstfälschers Gestaltet von dear robinson Wolfgang Beltracchi Gebunden Zeigt erstmals Gemälde aus ca. 256 Seiten, 200 farbige Beltracchis umfangreicher und 44 sw Abbildungen Serie The Greats, die als digitale 24 × 32 cm Non-fungible Tokens (NFT) 978-3-03942-138-1 Deutsch gehandelt werden 978-3-03942-142-8 Englisch Mit neuen Originalbeiträgen ca. sFr. 49.– | € 48.– bedeutender Autorinnen und Autoren wie Peter Sloterdijk, Hans Erscheint im April 2023 Ulrich Gumbrecht, Markus Gabriel, ISBN 9783039421381 ISBN 9783039421428 Ulrike Posche u.a. und einem Deutsch Englisch Gespräch mit Wolfgang Beltracchi von René Scheu 9 783039 421381 9 783039 421428 DIE Zeigt bislang unveröffentlichte Aufnahmen aus Beltracchis Atelier WIEDERKEHR des international bekannten Schweizer Fotografen Alberto D E S S A LVAT O R Venzago MUNDI SCHEIDEGGER & SPIESS Wolfgang Beltracchi Die Wiederkehr des Salvator Mundi In den vergangenen Jahren hat der Maler und legendäre Kunstfälscher Wolfgang Bel tracchi ein neues künstlerisches Kapitel aufgeschlagen. Ein Schwerpunkt seines jüngs- ten, seit der Übersiedelung von Wolfgang und Helene Beltracchi an den Vierwaldstätter- see in der Schweiz entstandenen Schaffens ist eine umfangreiche Serie von Bildern, die als digitale Kunstwerke mittels der NFT-Technologie in den Verkauf gebracht wurden. Ausgangspunkt für diese Serie war das Gemälde Salvator Mundi, das angeblich von Leonardo da Vinci stammen soll und 2017 bei Christie’s zum Rekordpreis von 450 Mio. Dollar an das saudische Königshaus verkauft wurde. Beltracchi hat sich intensiv mit dem Bild auseinandergesetzt und unter dem Titel The Greats mehrere Hundert Fassungen davon in den unterschiedlichsten Stilen gemalt: Der Salvator Mundi als Pop-Art, im Stile des Kubismus, des Surrealismus, der asiatischen Comic-Kunst, in der Personifikation von Mick Jagger, Mao oder Rammstein-Sänger Till Lindemann … Ein faszinierendes Vexierspiel mit dem umstrittenen Gemälde und seiner Symbolik. Dieses grossformatige Buch verbindet fotografische Einblicke in den Atelier-Alltag Beltracchis mit der Dokumentation der Werke dieser neuen Schaffensphase sowie mit Texten von überraschenden, zum Teil sehr bekannten Autoren. Darunter sind die Phi- losophen Peter Sloterdijk und Markus Gabriel, der deutsch-amerikanische Literatur- wissenschaftler Hans Ulich Gumbrecht, die Stern-Starreporterin Ulrike Posche und der Schweizer Fotograf Alberto Venzago, von dem auch die Fotografien im Buch stammen. So wird das Phänomen Beltracchi aus den verschiedensten Perspektiven beschrieben und interpretiert. Alberto Venzago ist ein Schweizer Fotograf, Fotojournalist und Filmemacher. Seine Arbeiten wurden mit renommierten Preisen, u.a. dem Robert Capa Award, ausgezeichnet. Scheidegger & Spiess Frühjahr 2023 5
4 5 3 4 5 Das Frühwerk des bedeutenden Magnum-Reporters Werner Bischof: Modefotografie und Reportagen in Farbe
Herausgegeben von Zeigt erstmals überhaupt rund 200 Ludovica Introini bisher unpublizierte frühe Farbauf- nahmen aus dem Nachlass des Gestaltet von Granit grossen Schweizer Magnum-Foto- Communication, Design grafen Werner Bischof (1916–1954) In Zusammenarbeit mit dem Bietet Einblick in die komplexe MASI Lugano und der Glasplatten-Technik der damals Fotostiftung Schweiz, Winterthur einzigartigen Devin Tri-Color- Kamera Gebunden ca. 208 Seiten, 200 farbige Erscheint anlässlich der Ausstellung Abbildungen Werner Bischof – Unseen Colour 21 × 24 cm im MASI Lugano (12. Februar bis 978-3-03942-129-9 Deutsch 29. Mai 2023) und in der Foto 978-3-03942-130-5 Englisch stiftung Schweiz in Winterthur (26. August 2023 bis 21. Januar ca. sFr. 49.– | € 48.– 2024) Erscheint im Februar 2023 Die italienische Ausgabe erscheint bei Edizioni Casagrande, Bellinzona ISBN 9783039421299 ISBN 9783039421305 Deutsch Englisch 9 783039 421299 9 783039 421305 Werner Bischof Unseen Colour Von Werner Bischof (1916–1954) kennt man vor allem seine eindrücklichen Schwarz- weiss-Fotografien. Sie stammen mehrheitlich von seinen Einsätzen als Reporter im Europa der Nachkriegszeit und im Indochinakrieg 1946–1954 sowie von Reisen durch den Fernen Osten und Südamerika, wo er bei einem Unfall ums Leben kam. Weniger bekannt sind dagegen Bischofs Farbaufnahmen, die er in den ersten Jahren nach Ab- schluss seiner Ausbildung an der Zürcher Kunstgewerbeschule geschaffen hat – einer- seits in seinem Studio für Mode- und Reklamefotografie, aber auch Reportagen von Schauplätzen im kriegsversehrten Europa. Realisiert hat Bischof die Fotos im Auftrag des Zürcher Verlages Conzett & Huber, der ihm dafür eine Devin Tri-Color-Kamera zur Verfügung stellte, die jede Aufnahme auf drei mit Farbfiltern versehenen Glasplat- ten abbildete. Rund 200 dieser Farb-Negative aus dem Nachlass sind für dieses Buch erstmals restauriert und neu aufbereitet worden. Faszinierend ist der reich illustrierte Band nicht allein aus fotohistorischer Sicht: Bereits diese frühen Farbfotografien lassen Werner Bischofs feinfühlige Ästhetik erkennen, die das gesamte Schaffen des Zürcher Magnum-Fotografen prägt. Die Abbildungen wer- den ergänzt durch Texte von Clara Bouveresse, französische Fotografie-Historikerin, von Peter Pfrunder, Direktor der Fotostiftung Schweiz in Winterthur, sowie von Luc Debraine, Direktor des Schweizer Kameramuseums in Vevey. Ludovica Introini ist Kunsthistorikerin und arbeitet seit 2019 im Ausstellungsbüro des MASI Lugano. Scheidegger & Spiess Frühjahr 2023 7
31 68 69 Feldstrasse, Blick nach Osten, Zelgli-Quartier 0012 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019 Eine spektakuläre, einmalige fotografische Dokumentation zum räumlichen Wandel seit 2005 04 14 15 Engstringerbrücke, Blick nach Nordosten, Rietbach- und Rüti-Gebiet 0121 2005 2007 2009 2011 2013 2015 2017 2019
Herausgegeben von Meret Präsentiert erstmals vollständig Wandeler, Ulrich Görlich die bislang umfangreichste und Caspar Schärer fotografische Studie zur Siedlungs- entwicklung im deutschen Gestaltet von Elektrosmog Sprachraum In Zusammenarbeit mit der Das dabei entstandene einmalige Zürcher Hochschule der Künste Bildarchiv zeigt, wie sich die ZHdK / IFCAR Verstädterung im alltäglichen Lebensraum auswirkt 2 Bände, gebunden in Schuber Total ca. 640 Seiten, 760 farbige Bietet faszinierende Einblicke in Abbildungen und Pläne den normalerweise nicht unmittel- 22,5 × 30 cm bar wahrnehmbaren räumlichen 978-3-03942-139-8 Deutsch Wandel 978-3-03942-140-4 Englisch Rund 900 grösstenteils unver öffentlichte Fotografien und ca. sFr. 79.– | € 77.– Texte namhafter Expertinnen und Experten Erscheint im März 2023 ISBN 9783039421398 ISBN 9783039421404 Deutsch Englisch 9 783039 421398 9 783039 421404 Stadtwerdung im Zeitraffer Die Fotografische Langzeitbeobachtung Schlieren 2005–2020 zeigt, wie sich das Schweizer Mittelland entwickelt Die Fotografische Langzeitbeobachtung Schlieren ist ein vielbeachtetes Projekt zur Dokumentation der Siedlungsentwicklung in der Schweiz. 15 Jahre lang wurde foto- grafisch untersucht, wie Bautätigkeit und urbane Entwicklung den Charakter einer typischen Schweizer Vorortsgemeinde im Agglomerationsgürtel verändern. Als Bei- spiel diente die Stadt Schlieren im Zürcher Limmattal, deren Bevölkerung im Untersu- chungszeitraum 2005–2020 von 13 000 auf 20 000 Einwohnende wuchs. 63 Standorte in ganz Schlieren sind unter identischen Bedingungen alle zwei Jahre fotografiert worden und zeigen die Veränderungen im räumlichen Zusammenspiel von Gebäuden, Strassen und Grünflächen. Parallel dazu wurden themenbezogene Serien von Detailaufnahmen erstellt, die auf einzelne Objekte fokussieren und von Aneig- nung, Gestaltung und Ästhetik der Lebensräume erzählen: Ladenfronten, Hausein- gänge, Spielplätze, Garageneinfahrten usw. Dieses zweibändige Buch bildet nun den Abschluss der Langzeitstudie. Im Archiv-Band zeigen die jeweils acht Aufnahmen pro Standort, wie sich Schlieren an den 63 Orten in den vergangenen 15 Jahren verändert hat. Der Essay-Band bietet neben themenbezogenen Foto-Serien eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem Studienthema durch Essays, Ana- lysen, Interviews und Interpretationen von Fachpersonen unterschiedlicher Disziplinen. Zwischenauswertungen der Fotografischen Langzeitbeobachtung Schlieren wurden u. a. in der Neuen Zürcher Zeitung und im Tages-Anzeiger gezeigt sowie in Ausstel- lungen im Fotomuseum Winterthur und im Museo ICO in Madrid präsentiert. Meret Wandeler ist Künstlerin. Forschungsarbeiten zur Raumentwicklung. Ulrich Görlich ist Künstler und leitete den Studiengang Master of Fine Arts der ZHdK. Scheidegger & Spiess Caspar Schärer ist Generalsekretär des Bundes Schweizer Architekten BSA. Frühjahr 2023 9
Herausgegeben von Susanne Thun Setzt rund 50 Design-Objekte und Interieurs des italienischen Gestaltet von Studio Marie Lusa Designers und Architekten Matteo Thun in Szene Gebunden 136 Seiten, 89 farbige Abbildungen Zeigt eine bislang unpublizierte 20,5 × 28 cm Bilderserie des Schweizer 978-3-03942-137-4 Englisch Fotografen Walter Pfeiffer ca. sFr. 49.– | € 48.– Eine witzige Zusammenführung der damals jugendlichen Söhne Erscheint im Februar 2023 ISBN 9783039421374 mit dem Œuvre des berühmten Vaters 9 783039 421374 Walter Pfeiffer, Matteo Thun In the Summer of 2009 Photographs by Walter Pfeiffer, Design by Matteo Thun Eine humorvolle Hommage an Matteo Thun, einen der wichtigsten Designer und Architekten Italiens, und seine Möbel, Produkte, Interieurs und Bauten. Im Sommer 2009 unternahm der Schweizer Fotograf Walter Pfeiffer eine Reise von der Schweiz nach Italien, in deren Verlauf er zahlreiche von Thuns Design-Objekten fotografierte. Er tat dies nicht als trockene Objektdokumentation, sondern im Sinn von höchst le- bendigen «tableaux vivants»: Pfeiffer wurde nämlich von den beiden damals jugendli- chen Söhnen Matteo Thuns begleitet, die damit die visuelle Haupt-Erzählung des Buchs bilden und zusammen mit den Objekten abgebildet sind. Ergänzt wird dieses fotografische Panorama durch ein Register aller abgebildeten Design-Preziosen. Walter Pfeiffer, geboren 1946, ist ein Schweizer Grafiker und Fotograf. Seine fotografischen Arbeiten wurden ab den frühen 2000er-Jahren durch Beiträge für Zeitschriften wie i-D oder Vogue einem weiteren Publikum bekannt. Matteo Thun, geboren 1952, war Schüler von Oskar Kokoschka und Emilio Vedova und studierte Architektur an der Universität in Florenz. Er war 1981 Mitbegründer der weltweit renommierten Gruppe Memphis und gründete 1984 sein eigenes Studio in Mailand. Für seine Architektur projekte und Entwürfe im Bereich Produktdesign wurde er mehrfach mit internationalen Preisen ausgezeichnet. Scheidegger & Spiess Frühjahr 2023 11
136 137 Längst nicht alle Tiere landen je- jedoch nicht gut. Die Wege führten doch auf dem Teller. Pro Jahr ver- auseinander. Mit dem Verband verlor kauft Arnold Luginbühl rund 50 Arnold Luginbühl auch die Domain Alpakas und Lamas an Privatperso- www.lama.ch. Prgamatisch wie er ist, nen. Rund 4'000 Franken erhält er kaufte er sich www.lama1.ch und pro Tiere. Manche Käufer:innen hal- machte weiter. Das Logo mit den fünf ten die Tiere als Hobby, andere brau- Sternen blieb er treu – weil es ihm chen sie zur Pflege von Weideland gefiel. Fast 30 Jahre später ist er der und wieder andere versuche sich Einzige der Gründer, auf dessen Land selbst als Züchter:innen. Auch über noch Lamas weiden. Eines Tages rief die Schweizer Grenze hinaus expor- ihn einer der ehemaligen Kollegen tiert Luginbühl seine Tiere. Finn- an: «Ich zahle immer noch für diese land, Norwegen, Schweden, England, Scheissdomain, willst du sie?» Seit Frankreich, Deutschland, Österreich, diesem Tag hat er die Domain zurück. Polen: Halb Europa ist bereits von Ganz alles kann man im Leben eben den Berner Neuweltkamelen besie- doch nicht kaufen. Den Drive, den hat delt. Einmal, erzählt er belustigt, man oder man hat ihn nicht. Arnold habe er im Anhäger mit Auto und Luginbühl hat ihn. 102 103 Fähre 20 Lamas über das Eismeer nach Helsinki transportiert. Auf- wändig sei das gewesen. Aber am Ende ging alles gut. SEIDENRAUPEN FAMILIE SPENGELER, SEIDENRAUPENAUFZUCHT Und dann ist da noch die Wolle. Je- MENZNAU, KANTON LUZERN des Jahr im April schert der Berner seine flauschigen Vierbeiner. Das Wenn die winzigen Eier aus Italien in Menznau ankommen, sehen sie aus wie Mohnsa- Haar der Alpakas ist besonders men. Auf ihrem Hof im Kanton Luzern züchtet Familie Spengeler Seidenraupen. 2010 weich und feinfaserig. Zehn Fran- waren es 100, 2020 sind es bereits 65'000. Nach der Zwischenlagerung im Kühlschrank ken pro Kilo bekommt Luginbühl brauchen die Eier Wärme und hohe Luftfeuchtigkeit. Im ersten Jahr hat Brigitte Spengeler vom Label Swisswool. Ein Tier gibt die Oberfläche der Kaffeemaschine zweckentfremdet. Inzwischen besitzt die Familie ei- zwei bis vier Kilo her. nen selbstgebauten Brutschrank, der Platz für 30'000 Eier bietet – konstruiert aus einem Bierschrank und einer Aquariumsheizung. Mit dem Alpabzug geht die Lama- und Alpakasaison im Herbst zu «Zu klein zum Überleben, zu gross zum Aufhören», Ende. Nun kommt die Zeit er Rentie- so analysiert Brigitte Spengeler den Familienbe- re. Im Gegensatz zu den Neuweltka- trieb. Mit der Milchproduktion haben Spengelers melen werden die Tiere mit den im- bereits 2005 aufgehört. Die Dorfkäserei, die ihre posanten Geweihen jedoch nicht Milch verarbeitete, schloss ihre Türen. Statt auf verwurstet oder verkauft. Für 2'000 den Milchexport in den Aargau zu setzen, inves- Franken kann man die Tiere für ein tierte die Familie in ihre zwanzig Mutterkühe. Der paar Stunden mieten – Arnold Lu- Preis für das Natura-Beef blieb seit Jahren stabil. ginbühl inklusive. Zur Weihnachts- Doch die Zukunft der zwölf Muttersäue schien zeit kommt er als Samichlaus ver- unsicher. Zeit für innovative Ideen auf dem kleidet mit seinen Tieren in Hotels 14-Hektaren-Hof. oder bei Privatpersonen vorbei. Aber auch für Fotoshootings, Werbespots, 2009 entdeckte Brigitte Spengeler den neu ge- Hochzeiten und andere Events sind gründeten Verein Swiss Silk. Mann und Sohn wa- der Mann und die Rentiere. ren skeptisch, doch die Bäuerin setzte sich durch. Was heute exotisch scheint, hat in der Schweiz Als Arnold Luginübhl mit den La- eine lange Tradition. Die Seidenindustrie machte mas anfing, gründete er gemeinsam einst einen wichtigen Teil der Schweizer Wirt- mit fünf anderen Bauern eine schaft aus. Tessiner Bauern produzierten bis Mitte Zuchtgemeinschaft. Lange ging das des 19. Jahrhunderts Seide. Doch die Flecken- 52 53 168 169 Atmosphärische Fotografien und spannende Texte über Pionierinnen und Pioniere der Schweizer Landwirtschaft im 21. Jahrhundert 72 128 158 159
Gestaltet von Sirkka Ammann Ein erfrischendes Buch über Bäue- und Samuel Steiner rinnen und Landwirte, die ihren traditionsreichen Beruf gänzlich Broschur neu verstehen ca. 208 Seiten, ca. 70 farbige Abbildungen Porträtiert zehn Bauernbetriebe, 16 × 24 cm die eine Landwirtschaft für das 978-3-03942-047-6 Deutsch 21. Jahrhundert exemplarisch betreiben ca. sFr. 35.– | € 35.– Hinterfragt die gewohnten Bilder Erscheint im April 2023 ISBN 9783039420476 und Klischees bäuerlicher Tätigkeit in der Schweiz Claudia Schildknecht war mit der Fotoarbeit D’Nischeler:innen, die dem Buch zugrunde liegt, Finalistin 9 783039 420476 des 21. vfg Nachwuchsförder preises 2017 Claudia Schildknecht, Alice Britschgi Kamele im Kuhstall, Shrimps im Swimmingpool Einblicke in eine neue Schweizer Landwirtschaft Lamas auf Berggipfeln, im Schnee sich suhlende Kamele, Shrimps im voralpinen Hügel- land – die Schweizer Landwirtschaft ist im Wandel. Nicht die ganze träge helvetische Agronomiemaschine, aber dennoch: In vielen Nischen blüht das Neue. Die Fotografin Claudia Schildknecht und die Autorin Alice Britschgi haben experimentierfreudige Bäuerinnen und Bauern in der Schweiz begleitet und beobachtet, wie sie mit ungewohn- ten Tierarten – neben Kamelen und Shrimps auch Strausse, Kängurus, Zebus, Lamas oder Seidenraupen – und veränderten Methoden das traditionelle bäuerische Wirt- schaften erweitern. Nun erscheint ihre Reportage über die sich verändernde Heimat als Buch. Die beiden Autorinnen gehen darin den Fragen nach, ob sich derzeit eine neue Landwirtschafts- kultur herausbildet und wie viel Schweizer Mentalität in einer Landwirtschaft mit exotischen Tieren erhalten bleibt. Mit genauem Blick porträtieren ihre Bilder und Texte diese Vermittlerinnen und Vermittler zwischen Tradition und Innovation und fragen nach Motivationen und Alltagserfahrungen. Ein originelles, erfrischendes Buch, das den Beweis erbringt, dass selbst die scheinbar grössten Selbstverständlich- keiten völlig neu gedacht werden können. Claudia Schildknecht lebt und arbeitet von Luzern aus als Fotografin und Künstlerin. Ihre Aufnahmen wurden bereits in Die Zeit, in der Neuen Zürcher Zeitung und in Das Magazin veröffentlicht. 2021 wurde sie von der St. Gallischen Kulturstiftung sowie 2019 und 2020 bei den Swiss Press Photo Awards für ihr Schaffen ausgezeichnet. Alice Britschgi lebt als Autorin, Journalistin und Texterin in Zürich. Scheidegger & Spiess Frühjahr 2023 13
Giger_024a037_e_Arenas gs 4-06-2007 18:32 Pagina 28 Giger_024a037_e_Arenas gs 4-06-2007 18:32 Pagina 29 CARLOS ARENAS G I G E R A N D T H E FA N TA S T I C I N A R T fragments: stairways leading to infinity, impassable drawbridges, torture machines, and Francisco José de Goya dungeons. The Carceri provoke a feeling of claustrophobia and feature gloomy accou- Giger’s interest in folk mythology and superstition (as well as magic, witchcraft, and oc- trements of the kind Giger used in his first pen-and-ink drawings, the Schächte (Shaft) pic- cultism) allows us to connect the satanic pictures among his work with another artist who tures, especially in Schacht VI and VII (cat. nos. 32, 33). Made up of delusions and night- also showed great interest in this theme, namely, Francisco José de Goya (1746–1828). mares (sleepwalking, stairways, labyrinths), these pictures represent a journey through the Goya turned his attention to folk culture and reworked the medieval myths in his later paint- inner self, through underground hallways and corridors that open onto gloomy and unset- ings, such as the Aquelarre (Witches’ Sabbath). In this representation of a gathering of tling chambers and are sometimes inhabited by ghost-like beings. But Giger continues de- witches around the figure of the devil (personified as a he-goat) he amplified the shock ef- scending, down to the organic bone architecture of hell, as we see in his Passagen-Tem- fect by deforming the faces. Giger revived and renewed this theme between 1975 and pel (Passages Temples, cat. no. 85) series, where he populates intrauterine landscapes 1977, the highpoint of his airbrush phase. He used the airbrush in his own idiosyncratic (corresponding to his horror vision of birth) with dead and mutilated figures. This is primal manner, spraying directly onto the paper, a kind of écriture automatique that allowed him— fear, prenatal terror, for birth represents one of the most traumatic of human experiences. analogously to the surrealist method—to realize his visions and ideas immediately and di- Giger delves deeper into the events that precede our arrival in the world and in the process rectly. He developed this technique in the monochrome experiments of the Aleph (cat. no. goes one step further than the surrealists, who tended to restrict themselves to childhood 65) and other works through to its climax, the “satanic paintings” of large figures such as experiences.8 His depictions of fetuses, birth machines, and views of the inside of the Satan and Lilith, in which the demonic predominates. Giger’s satanic symbolism shows it- womb evoke a disturbing symbolism. self to be strongly influenced by the esoteric writings of Eliphas Lévi, Gustav Meyrink, and Cat. no. IV: Giovanni Battista Piranesi, The Drawbridge, from Cat. no. 33: HR Giger, Schacht VII (Shaft VII), 1966 Francisco José de Goya, Aquelarre HR Giger, Hexentanz (Witches’ Dance), 1977 Carceri d’invenzione, plate VII, 1741– 49, 1761– 65 India ink on transcop on wood, 63 × 80 cm (Witches’ Sabbath), 1797–98 Acrylic on oil paper on wood, 200 × 140 cm Aquatint on paper, 56.1 × 41.5 cm Oil on wood, 43 × 30 cm Private collection Museo Lázaro Galdiano, Madrid 28 29 Giger_104a126_e_Bildteil gs 4-06-2007 18:20 Pagina 126 Giger_127a140_e_Bühler gs 4-06-2007 18:21 Pagina 127 Giger_054a069_e_Bildteil gs 4-06-2007 19:04 Pagina 64 Giger_054a069_e_Bildteil gs 4-06-2007 19:04 Pagina 65 HR GIGER HR GIGER HR GIGER K AT H L E E N B Ü H L E R P O R T R A I T O F A N I M M O R TA L L O V E : T H E PA I N T I N G L I I I When in 1973 Hansruedi Giger began painting the portrait of Li Tobler, his partner at the time, he rather perplexingly portrayed her attractive face as a decapitated head. His pic- ture, which was created two years before her violent suicide, prophetically seems to antic- ipate this later, tragic event. Despite these somber circumstances, the portrait is one of the most frequently reproduced works from Giger’s oeuvre. The artist does not just break with the conventions of traditional portrait painting that require a painted likeness to immortal- ize the subject by depicting him or her as a living being. His depiction of Li Tobler also very much represents the embodiment of his ideal woman. Nowhere else does he so expressly 42 Bettler, 1967 preserve her as one of the undead for posterity, even though he counterbalances signs of Beggar life with indications of death in her portrait. This unsettling connection between Eros and Bronze, 58 × 58 × 75 cm Thanatos raises questions about the artistic and cultural paradigms that might have influ- enced his work, as well as about the role the subject played in Giger’s life. Fateful Encounter The artist repeatedly produced brochures, exhibition posters, exhibition catalogues, and in- vitations modeled on the portrait Li II (cat. no. 83; 1973–74), a large-format acrylic that he painted as an homage to his partner Li Tobler (1948–75).1 His almost obsessive use of the image is evidence of its great significance in his oeuvre and also reveals a deep connec- tion with the person depicted. Along with the record cover for the rock group Blondie showing the face of Debbie Harry (1981), the painted-over photograph of Friedrich Kuhn (1973), a portrait of Sergius Golowin (1977), and other commissioned work, it is one of the few portraits of Giger’s. At the same time, with its high cheekbones, wide-set, almond- shaped eyes, and delicate features, it became a prototype for practically all women’s faces that he subsequently portrayed. The artist met the budding actress in Zürich in 1966 when she was taking lessons at the 37 43 Blutuhr mit Wachskopf, 1967 Kofferbaby, 1967 studio theater with Felix Rellstab, the founding director of the Neumarkt theater. Li Tobler Blood Clock with Wax Head Suitcase Baby was active at a time in the history of Zürich theater that was marked by tension and a sense Polyester, metal, and red color, 80 × 32 × 32 cm Bronze, black paint, and gilt, 50 × 75 × 20 cm 126 of new beginnings. Felix Rellstab was a politically astute and bold director who made au- 127 64 65 83 Li II, 1973–74 Acrylic and india ink on paper on wood, 200 × 140 cm Das vielseitige, immer wieder überraschende Frühwerk des Künstlers HR Giger Weiterhin lieferbar: HR Giger by Camille Vivier 978-3-03942-116-9 Deutsch / Englisch ISBN 978-3-03942-116-9 sFr. 99.– | € 97.– 9 783039 421169 HR GIGER im Verlag Scheidegger & Spiess
Herausgegeben von Beat Stutzer Das bislang einzige, seit 2015 ver- griffene Buch über das vielseitige Gestaltet von Guido Widmer Frühwerk des weltbekannten Künstlers und Designers HR Giger Broschur (1940–2014) als Neuausgabe ca. 168 Seiten, 106 farbige und 28 sw Abbildungen Zeigt zahlreiche kaum veröffent- 20 × 26,5 cm lichte und nur selten öffentlich 978-3-03942-136-7 Englisch ausgestellte Arbeiten HR Gigers ca. sFr. 49.– | € 48.– Beleuchtet Verbindungslinien zum Werk bedeutender Künstler wie Erscheint im März 2023 ISBN 9783039421367 Piranesi, Goya, Füssli, Klinger oder Ensor 9 783039 421367 HR Giger The Oeuvre Before Alien 1961–1976 HR Giger (1940–2014) ist eine der herausragenden Figuren der Schweizer Kunst- und Designgeschichte. Weltruhm erlangte er 1979 mit dem Monster und den speziellen Raumatmosphären für Ridley Scotts Science-Fiction-Klassiker Alien, für die er mit einem Oscar ausgezeichnet wurde und die bis heute zahllose Menschen faszinieren. Nach wie vor weit weniger bekannt ist, dass Giger bereits davor ein Shootingstar der europäischen Kunstszene war, der mit seinem Phantastischen Realismus eine der ei- genständigsten Positionen in der Nachfolge des Surrealismus und in der Kunstszene der 1960er- und 1970er-Jahre einnahm. 2007 erstmals erschienen, präsentiert dieses bislang einzige Buch zu HR Gigers Früh- werk dessen Zeichnungen, die ersten Airbrush-Bilder und beklemmenden Environ- ments umfassend. Es untersucht sein Schaffen von den Ursprüngen her und ordnet es in eine Kunstgeschichte des Grauens ein. Die meisten in dem Band abgebildeten Werke sind kaum je öffentlich zu sehen. Hier werden sie im Dialog mit Arbeiten von bedeu- tenden Vorläufern wie Giovanni Battista Piranesi, Francisco de Goya, Johann Hein- rich Füssli, Max Klinger oder James Ensor gezeigt. Beat Stutzer führt in Luzern das Büro K&K – Kunst und Kommunikation und ist als freischaffender Autor und Kurator tätig. 1982–2011 Direktor des Bündner Kunstmuseums Chur sowie 1998–2016 Konservator des Segantini Museums St. Moritz. Scheidegger & Spiess Frühjahr 2023 15
Metamorphosen «Nichtpfeife» und «Nichtrauch» Metamorphosen «Nichtpfeife» und «Nichtrauch» 1990–1992 636 a 636 638 a 639.1 a 639.1 Das Magritte’sche Motiv der Pfeife taucht im Schaffen von Kleine Nichtpfeife, Bern, 22.– Nichtpfeife, Bern, 1990/1992 Markus Raetz erstmals 1990 in den beiden nahe verwand- 24. 8.1990 Edition, 7 Ex., 0/6, 1/6–6/6 Gips, armiert (Draht, Holz), Ex. 0/6 ten Typen Nichtpfeife und Nichtrauch auf. Es handelt sich um 17,5 × 35 × 21 cm | Plinthe: Holz, bemalt, Eisenguss, partiell patiniert, zweiansichtige Rundplastiken, die zu Raetz’ Metamorpho- 2 cm (Höhe), 20 cm (Ø) | Sockel: 26 × 55 × 33 cm Kartonrohr, 142 cm (Höhe), 22 cm (Ø) bez. auf Unterseite Plinthe (geätzt): sen zählen. Beim Umschreiten von Nichtrauch gibt sich der bez. auf Unterseite Plinthe: «M. R. / 1990/92»; r. davon: «0/6 [in Gegenstand der Pfeife aus zwei präzisen Blickwinkeln zu «23. 8. 90 / 24. 8. 90 / [Widmung]» Kreis]» erkennen: Von der einen Seite aus betrachtet, steht sie auf- Privatbesitz, 1990 Nachlass Markus Raetz, Bern recht, von der anderen auf dem Kopf. Im Gegensatz zu Literatur: Petersen 1994 b, S. 134–135 Die Edition von Nichtpfeife wurde 1992 Metamorphose I (Kat. 621.1–621. 7), bei der sich der mit Hut (Nichtpfeife), Farbabb. 639.1 b nach dem Gipsmodell von 1990 636 b (Kat. 637) in der Giesserei Bärtschi, bedeckte Kopf des deutschen Künstlers Joseph Beuys 637 Aefligen, gegossen. Bei den Exempla- (1921–1986) in einen sitzenden Hasen und zurück verwan- Nichtpfeife, Bern, 30. 8.–3. 9.1990 ren 0/6 bis 5/6 ist jeweils das Mund- delt, bleibt das Motiv gleich; eine Veränderung ergibt sich Gips, armiert (Kupferdraht, Hanf- stück mit eingebranntem Leinöl fasern) | Plinthe: Holz | dunkel patiniert, der Pfeifenkopf oxydi- hier durch die vertikale Spiegelung. Entsprechend Raetz’ ca. 26 × 54 × 33 cm ert, die Plinthe blank und gewachst. anhaltendem Interesse für das Sehen in zwei oder drei Bez. unbekannt Das Exemplar 6/6 ist nicht patiniert Nachlass Markus Raetz, Bern und ganzflächig oxydiert. Dimensionen nehmen wir auch bei Nichtpfeife die Erschei- nungsformen der Pfeife als Fläche wahr, die sich dazwischen Modell für den Guss der Edition Literatur: Petersen 1994 b, (Ex. 0/6) | entwickelnde, amorphe Form des Übergangs jedoch in skulp- (Kat. 639.1–639. 7). Das Modell wurde Ritschard 1994 a, S. I (Non-pipe) | beim Guss stark beschädigt. 639.1 c Ritschard 1994 b, S. 137 | Wechsler turaler Körperhaftigkeit. 1994 c, S. 14 (Non-pipe) | Brown 2002, Während bei Nichtpfeife (Kat. 639.1–639. 7) sechs 637 S. 2–3 (Ex. 3/6), Farbabb. | Arlitt 2005 | Nicod 2007 a, S. 54–56, Farbabb. | von sieben Exemplaren identisch sind, weisen die Güsse der Mayer 2008, S. 80 (Nichtpfeife II), Nichtrauch-Edition (Kat. 640.1–640. 7) grosse Unterschiede Farbabb. | Frizot 2016, S. 72 (Nicht- vor allem in Bezug auf ihre Farbigkeit auf. Ursprünglich pfeife [Non-pipe]) Ausstellungen: New York 1992, verfügte etwa das Exemplar 4/6 über ein schwarzes Mund- 638 b 638 (Ex. 3/6) | Valencia et al. 1993/1994, stück, einen braunen Pfeifenkopf und eine graue Rauch- Nichtrauch, Bern, 14.–25. 9.1990 Nr. 212 (Ex. 2/6, Nichtpfeife [Non- Bleistift und Aquarell auf Gips, armiert pipe]) | Helsinki 1995, (Ex. 2/6) | Tanlay fahne. Ebenso wie bei zwei weiteren Exemplaren liess der (isolierter Kupferdraht, Eisen, Hanf- 1998, S. 56–57 (Non-pipe), Farbabb. | Künstler 2005 die gesamte Oberfläche schwarz patinieren, fasern), 34,5 × 45,7 × 24,2 cm | Plinthe: 639.2 Lissabon 1998/1999, Farbabb. | was den Eindruck einer flächenhaften Silhouette und den Holzfaserplatte Chicago / Amherst 2001, Nr. 8 (Nicht- nicht bez. pfeife [Non-pipe]) | Biel 2001, Nr. 5 Bezug zum Leitgedanken von Magrittes berühmtem Bild Nachlass Markus Raetz, Bern (Nichtpfeife [Non-pipe]), Farbabb. | noch verstärkt. Paris 2002/2003 b, Nr. 193 (Nichtpfeife Gipsmodell für den Guss der Edition II/Non-pipe II/Nonpipe II), Farbabb., Auf dem Gemälde La trahison des images (1928– von 1992 (Kat. 640.1–640. 7). Nach der S. 159, Farbabb. | Aarau 2005 b, 1929) von René Magritte (1898–1967) sind eine Pfeife und Herstellung der Edition wurde das in (Ex. 2/6, Nichtpfeife II), Farbabb. 27 | der Schriftzug «Ceci n’est pas une pipe» dargestellt, der dar- der Giesserei stark beschädigte Mo- Salzburg 2006/2007, Nr. 198 (Ex. 2/6, dell restauriert. M. R. nahm dabei eine Nichtpfeife II/Non-pipe II/Nonpipe II), auf verweist, dass wir eine bildliche Repräsentation und eine Korrektur am Übergang zwischen Farbabb., S. 163, Farbabb. | Biel 2007, sprachliche Beschreibung einer Pfeife, nicht aber das Objekt Pfeife und Rauch vor. (Ex. 2/6), Farbabb. | Paris / Tourcoing 2011/2012, Nr. 196 (Nichtpfeife [Non selbst vor uns haben.1 Raetz referiert mit seinen Werktiteln 638 c Literatur: Petersen 1994 b, S. 136–137, pipe/Not a pipe]), Farbabb. Nichtrauch und Nichtpfeife nicht nur wörtlich auf diese Farbabb. | Ritschard 1994 b, S. 139, Überlegung, sondern führt sie noch weiter. So lässt er die Abb. | Stooss 2002, S. 178 (Nicht- 639.2 rauch/Non-fumée), Farbabb. | Nîmes Nichtpfeife, Bern, 1990/1992 Betrachtenden die visuelle Verwechselbarkeit zwischen 2006, S. 92–93, Farbabb. | Stooss Ex. 1/6 körperhaft und flach erfahren und führt die Konstruiertheit 2006, S. 26, Farbabb. | Moskau 2009, bez. auf Unterseite Plinthe (geätzt): S. 144, Farbabb. | Jaunin 2014, S. 37 «M. R. / 1990/92»; r. davon: «1/6 [in seines Pfeifenabbildes vor Augen, da sich dieses aus einer (Non-Fumée) Kreis]» völlig ungegenständlichen Form herausbildet. Nichtpfeife und Ausstellungen: Valencia et al. Privatbesitz, 1994 Nichtrauch sind aufgrund ihres Prinzips unmittelbare Vor- 1993/1994, Nr. 213 (Nichtrauch/Non- fumée, 14.–27.IX.1990), S. 26–27, läufer der vollplastischen Güsse Kopf I (Kat. 679.1–679. 8) Farbabb. | Biel 2001, Nr. 6 (Nichtrauch und Kopf II (Kat. 681.1–681. 7) von 1992. [Non-fumée]), Farbabb. | Nîmes 2006, S. 92–93, Farbabb. KA 1 René Magritte, Catalogue raisonné, hrsg. von David Sylvester, Basel: Wiese-Verlag, 1992–1997, Band I, 1992, Nr. 303. 250 251 Metamorphosen Mickey Mouse Metamorphosen Mickey Mouse 653 a 653 654 a 655 a 655 657 657 Form im Raum, Bern, 2.–5. 4.1991 Form im Raum, Bern, 21. 4.1991 Ohne Titel, Bern, 1991 Gips, armiert (Hanffasern, Kupfer- verzinkter Eisendraht, Eisendraht, 7,5 × 8,5 × 12,7 cm, 0,15 cm draht), bemalt (Aquarell), Holz, bemalt 20,3 × 13,7 × 7 cm | Konsole: Sperrholz, (Ø Draht) | Stab: Holz, 7,5 cm (Höhe), (Aquarell), 32 × 26,5 × 11,5 cm (mit Plin- bemalt (Acrylgesso), 20,6 × 13 × 21,7 cm 2,5 cm (Ø) | Plinthe: Holz, the) | Sockel: Kartonrohr, 142 cm bez. auf Rückseite Konsole: «21. 4. 91» 0,8 × 9,9 × 20,1 cm (Höhe), 11,5 cm (Ø) Nachlass Markus Raetz, Bern bez. auf Unterseite Plinthe: «1991» bez. auf Unterseite Standfläche: Nachlass Markus Raetz, Bern «2. 4–5. 4. 91 / IV» Ausstellungen: Valencia et al. Nachlass Markus Raetz, Bern 1993/1994, Nr. 219 (Form im Raum Bei diesem Werk und bei Kat. 658 bil- [Forme dans l’espace]) det der Draht im Gegensatz zu den anderen Fassungen der Mickey- Mouse-Serie nur aus einem Blickwin- 656 658 a kel eine geschlossene Form. Form im Raum, Bern, 21.– 25. 5.1991 Gips, 28 × 41 × 20 cm 658 nicht bez. Ohne Titel, Bern, um 1991 Nachlass Markus Raetz, Bern Eisendraht, 12,8 × 7 × 8,7 cm, 0,2 cm 653 b 655 b (Ø Draht) Modell für das Exemplar 0/6 der Edi- nicht bez. tion Form im Raum (Kat. 661.1–661. 7). Nachlass Markus Raetz, Bern Bei diesem Werk und bei Kat. 657 bil- 658 b det der Draht im Gegensatz zu den anderen Fassungen der Mickey- Mouse-Serie nur aus einem Blickwin- kel eine geschlossene Form. 659 Topo, Bern, um 1991 kunststoffbeschichteter Eisendraht (Blumendraht), 10 cm (Höhe), 0,1 cm (Ø Draht) 659 a nicht bez. 654 b 654 Nachlass Markus Raetz, Bern Form im Raum, Bern, 4.– 656 a 653 c 5. 4.1991/22.12.1992 Gips, armiert (Kupferdraht), bemalt 660 (Aquarell), Holz, bemalt (Aquarell), Ohne Titel, Bern, um 1991 31 × 30 × 13,5 cm | Sockel: Kartonrohr, Eisendraht, 15,8 × 20,5 × 5,3 cm, 0,2 cm 142 cm (Höhe), 13,5 cm (Ø) (Ø Draht) | Weinflasche, Korkzapfen | bez. auf Unterseite: «FORM IM 45,5 cm (Gesamthöhe) RAUM / 1991» nicht bez. Nachlass Markus Raetz, Bern Nachlass Markus Raetz, Bern 659 b Nach diesem Gips wurde Kat. 662 ge- gossen. Plinthe und Stab wurden 1992 hinzugefügt. 656 b Literatur: Wechsler 1994 b, S. 18, Farbabb. Ausstellungen: Valencia et al. 654 c 1993/1994, Nr. 220 (Form im Raum [Forme dans l’espace]), S. 32–33, Farbabb. | Biel 2001, Nr. 9 (Form im Raum [Forme dans l’espace]), Farbabb. | Aarau 2005 b | Salzburg 660 2006/2007 260 261 Der umfassende Werkkatalog zu den dreidimensionalen Arbeiten eines der einflussreichsten Schweizer Künstler Weiterhin lieferbar: Markus Raetz Die Druckgraphik 1951–2013 978-3-85881-410-4 Deutsch / Englisch / Französisch ISBN 978-3-85881-410-4 sFr. 150.– | € 150.– 9 783858 814104
Herausgegeben von Franz Müller Der vollständige, attraktiv gestal- und Tabea Schindler tete Werkkatalog der Plastiken, Objekte und Installationen von Gestaltet von sofies Markus Raetz präsentiert rund Kommunikationsdesign AG 1500 Werke von 1957 bis 2020 Eine Publikation des Ein Referenzwerk für Kunsthändle- Schweizerischen Instituts für rinnen, Kuratoren, Kunsthistorike- Kunstwissenschaft SIK-ISEA rinnen und Sammler (Œuvrekataloge Schweizer Künstlerinnen und Künstler 30) Markus Raetz zählt zu den wich- tigsten Schweizer Künstlern der 2 Bände, gebunden in Schuber Gegenwart Total ca. 672 Seiten, 6000 farbige und sw Abbildungen 24 × 30 cm 978-3-03942-134-3 Deutsch ca. sFr. 250.– | € 250.– Erscheint im März 2023 ISBN 9783039421343 9 783039 421343 Markus Raetz Das plastische Werk. Catalogue raisonné Markus Raetz (1941–2020) war einer der renommiertesten Vertreter der Schweizer Gegenwartskunst, der mit seinen poetischen Arbeiten auch international sehr beliebt war. Sein vielgestaltiges Werk kreist um das prozesshafte Erfahren von Wirklichkeit, wobei vor allem die rund 1500 Plastiken, Objekte und Installationen spielerisch be- wusst machen, dass die Wahrnehmung der Welt auch vom Standpunkt der Betrach- tung abhängt. Der vollständige Werkkatalog dieser Arbeiten – vom Schweizerischen Institut für Kunst wissenschaft SIK-ISEA in jahrelanger akribischer Arbeit zusammengestellt – präsen- tiert nun Raetz’ gesamtes plastisches Schaffen in zwei attraktiv gestalteten Bänden, von den Anfängen als 16-jähriger Schüler am Lehrerseminar 1957 bis zu seinen letzten Arbeiten. Damit das Spiel mit der Bewegung besonders hervortritt, werden die meisten der dreidimensionalen Arbeiten je mit mehreren Abbildungen gezeigt. Die Werke werden mit kommentierenden Texten eingeordnet und mit ausführlichen wis- senschaftlichen Apparaten ergänzt. In den kunsthistorischen Analysen der Werkgruppen und der einzelnen Arbeiten werden die verwendeten Techniken, Arbeitsmethoden sowie ikonografische Aspekte erläutert und die Werke im Kontext sowohl von Raetz’ Œuvre als auch der zeitgenössischen Kunst untersucht. Franz Müller ist Kunsthistoriker und wissenschaftlicher Mitarbeiter des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft SIK-ISEA in Zürich, wo er seit 2015 auch als Co-Leiter des Projekts Markus Raetz. Catalogue raisonné der Plastiken, Objekte und Installationen tätig ist. Tabea Schindler ist Kunsthistorikerin und leitet seit 2020 die Abteilung Kunstgeschichte des Schweizerischen Instituts für Kunstwissenschaft SIK-ISEA in Zürich. Scheidegger & Spiess Frühjahr 2023 17
Z E I C H N E N I N E I N E R E P O C H E D E S L U X U S: F Ü S S L I S F R AU E N I N I H R E R Z E I T David H. Solkin Johann Heinrich Füssli (1741–1825) war einer der originellsten und umstrittensten Künstler im Europa des 18. Jahrhunderts. In der Schweiz geboren und aufgewachsen, versuchte er als junger Erwachsener über lange Zeit, in Londons Literaturszene Fuss zu fassen, bevor er mit dem Vorsatz, «der grösste Maler meiner Zeit» zu werden, nach Rom weiterzog.1 Dort etablierte sich Füssli zwischen 1770 und 1778 als Anführer eines internationalen Kreises von Malern und Bildhauern, die sein Streben teilten, die moderne Kunst durch dieselbe ursprüngliche Ausdrucks- kraft zu verjüngen, die der klassischen Tradition seit ihren Anfängen in der fernen Vergangenheit neues Leben eingehaucht hatte. In Ablehnung der zeitgenössischen ästhetischen Tendenzen, die man als symptomatisch für eine durch zunehmende luxuriöse Kultiviertheit korrumpierte und ent- kräftete Gesellschaft betrachtete, fand dieses Reformprogramm seinen wichtigsten Ausdruck in der Zeichnung. Sie diente Füssli und seinen Gefolgsleuten als Bühne für die Darstellung einer virilen Schaffenskraft, die sich mit der freien Entfaltung des Genies und der ästheti- schen Kategorie des Erhabenen identifizierte. 1 Der Nachtmahr, 1782 in der er selbst erfunden hatte, worunter Der Nachtmahr Royal Academy ausgestellt, Bei seiner Rückkehr nach England beschäftigte (Abb. 1) das berühmteste Beispiel ist. Der ausge- Öl auf Leinwand, 101,6 × sich Füssli ausgiebig damit, diese Ideen im sprochen individualistische und sensations- 127 cm, Detroit Institute Medium der Malerei umzusetzen2 und kulti- lüsterne Charakter von Füsslis Kunst spaltete für of Arts, Founders Society vierte mit seinen stark stilisierten Bildern von den Rest seines Lebens die öffentliche Meinung. Purchase with funds from Mr. and Mrs. Bert L. Smokler übermenschlichen Kreaturen, muskelbepackten Während einige von der Grösse seines Genies voll- and Mr. and Mrs. Lawrence A. Helden, hilflosen Jungfern und monströsen kommen überzeugt waren, hielten ihn andere Fleischman Dominas den Ruf eines Exzentrikers. Füssli hat (vermutlich die Mehrheit) für einen Scharlatan diese übertriebenen Charaktere, deren Pendants oder für völlig verrückt. in den Schauerromanen jener Zeit zu finden sind, Viele Menschen, die Füsslis Werke sahen, hätten in Szenen eingebaut, die eine aussergewöhnliche ihn wohl für noch verrückter gehalten, hätten sie Bandbreite an literarischen Quellen illustrieren, gewusst, dass dieser bekennend «übermaskuline» von Shakespeare, Milton und der Bibel bis hin zu heroische Künstler sich viele Jahre lang privat den Dramen der griechischen Antike und dunklen mit dem Bild der zeitgenössischen Frau ausein- nordischen Mythen – sowie Bilderzählungen, die andergesetzt hat, eine Beschäftigung, der er fast 14 Detail aus Abb. 82 15 fällt, der sich unter ihrer korsettierten Taille 78 [Kat. 21] Sophia Füssli, am Tisch sitzend (gezeichnet bauscht.5 Entsprechend wirkungsvoll hebt sich auf einer Liste von Füsslis Buchbesprechungen in der ihre Silhouette von dem dunklen Kamingesims im 77 [Kat. 18] Frau (Mrs Fuseli?) am Toilettentisch, «Analytical Review»), um 1790/91, Feder in Braun oberen und dem hellen Kaminfeuer im unteren um 1790–1792, Feder in Braun, Pinsel, und Pinsel, grau und braun laviert, aquarelliert, schwarz und grau laviert, aquarelliert, und Bildbereich ab. Nicht minder auffällig ist ihre über Grafitstift, mit Deckfarbe in Weiss gehöht, Deckfarbe über Grafitstift, 229 × 178 mm, 227 × 157 mm, Auckland Art Gallery Toi o aufwendige Frisur, die in ihrer Gesamtform an Courtesy of National Museums Northern Tāmaki, purchased 1965 eine Krone erinnert, bestehend aus zwei geschwun- Ireland genen Bögen, die eine mittige dreieckige Spitze flankieren und so engmaschig gelockt sind, dass der Eindruck einer juwelenbesetzten Oberfläche entsteht. Dieses aussergewöhnliche Beispiel für eine Haartracht, eingefasst von einer Phalanx gestärkter Haarbänder, die wie sich kringelnde Fahrradspeichen nach aussen abstehen, ist nur eines von mehreren Merkmalen dieser beiden nahezu identischen Kompositionen, die bei den zeitgenössischen Betrachtern womöglich Zweifel Erkundung und Darstellung an der Moral ihrer Trägerin aufkommen liessen. Ein noch einschlägigerer Hinweis auf ihr anzügli- ches Wesen sind die leuchtenden Rougeflecken, die die Wangen der Frau in der farbigeren der beiden Zeichnungen zieren, sowie die Statuetten (oder lebenden Miniaturfiguren) auf dem Kaminsims in der zweiten Zeichnung. Hier handelt es sich um eine nackte, wie in Trance tanzende Bacchantin, die wiederum einem männlichen Akt folgt, der davoneilt und dabei über seine Schulter zurück- zublicken scheint. In beiden Zeichnungen sieht des weiblichen Gegenübers es so aus, als stehe Sophia Füssli ausserdem direkt vor einem glühenden Feuer, wie man an der Helligkeit des Lichts um das Oval ihres Rocks erkennen kann. Dass lodernde Feuerstellen in den Konversationsstücken dieser Zeit kaum vorkommen, liegt daran, dass Flammen mit kultu- rellen Konnotationen (zerstörerischen Energien oder Höllenwesen) behaftet waren und völlig im Widerspruch zu Vorstellungen von vorbildlicher Häuslichkeit standen. Und selbst in den seltenen Fällen, in denen ein Kaminfeuer in einem nicht mit einer geradezu obsessiven satirischen Kontext als Zeichen von Behaglichkeit Humor verstieg oder ob er (wie ich zu glauben 71 «The Chimney Piece»: oder Wärme dargestellt wurde, war der Kaminsims geneigt bin) die moderne Frau allgemein ins Sophia Füssli vor Kamin mit Statuetten, um 1790/91, fast immer seitlich und in einiger Entfernung Visier nahm. Grafitstift und Feder in von den Raumbewohnern platziert. Vor allem im Als Beleg für diese zweite These kann die mögli- Braun, grau und braun Hinblick auf die Frau lässt sich der Grund für diese cherweise letzte Variation des Künstlers zum laviert, mit Deckfarbe in Bildkonvention leicht ausmachen: Angesichts der Thema «Frau am Kaminfeuer» herangezogen Weiss gehöht, 435 × 270 mm, The Fitzwilliam Museum, geläufigen vulgären Assoziation zwischen Hitze werden (Abb. 72). In dieser Zeichnung wird die bequeathed (1953) by Edward und weiblicher sexueller Leidenschaft wäre es für betreffende Frau von zwei viel kleineren (aber Howard Marsh, Cambridge jede vornehme Dame höchst unschicklich gewesen, erwachsenen) Figuren flankiert, deren radikal mit ihrem Unterleib in unmittelbarer Nähe eines reduzierte Grösse darauf hindeutet, dass sie als offenen Feuers zu stehen (oder stehend dargestellt Elfen oder Feen gelesen werden sollen. Die linke, Energie: Johann Heinrich zu werden). Sicherlich war sich Füssli der frivolen in Rückenansicht wiedergegebene Figur scheint Implikationen seiner eigenwilligen Ikonografie das unsichtbare Feuer anzufachen, während bewusst; allerdings lässt sich nicht sagen, ob er sich sich ihr kniendes Gegenüber – in ähnlichem speziell auf Kosten seiner Frau zu einem gewagten Kleid und mit ähnlicher Frisur – dem Publikum 70 [Kat. 19] Sophia Füssli vor Kamin, 1791, Pinsel, aquarelliert, und Deckfarbe über Spuren von Grafitstift, 280 × 165 mm, Victoria and Albert Museum, London 97 Füssli als Zeichner 81 [Kat. 8] Sophia Füssli mit hoher, gepuderter 82 [Kat. 9] Sophia Füssli an einem Tisch vor Lockenfrisur, 1796, Grafitstift, Feder in Nische mit Vorhang, 1799, Grafitstift und Braun und Pinsel, schwarz und grau Pinsel, grau laviert, rosa und hellblau laviert, Spuren von roter Lavierung, aquarelliert, mit Deckfarbe in Weiss 281 × 222 mm, Kunsthaus Zürich, gehöht, 232 × 175 mm, Kunstmuseum Grafische Sammlung Basel, Kupferstichkabinett, Ankauf 1918 42a und 42b Sophia Fuseli (?) oder andere Zeichnung, die des Verwahrens nicht Ich sehe also in diesen Arbeiten etwas, das Lynn im Profil und von hinten (Recto würdig schien, in Lockenpapier verwandelt haben. Festa grundsätzlicher für die Epoche beobachtet und Verso), um 1790–1795, Zeichenpapier wäre jedenfalls für diesen Zweck gut hat: «Das Zurechtmachen der Haare und andere Grafitstift, grau laviert, aquarelliert, 241 × 191 mm, geeignet gewesen. Herr und Frau Füsslis Arbeiten Praxen der Mode werden zu einem Medium für Yale Center for British Art, auf und mit Papier waren also im wörtlichen die dynamischen und ermächtigenden kreativen Paul Mellon Collection, New Sinne miteinander verflochten. Diese Annahme ist Ausdruckmöglichkeiten von Frauen: eine Art der Haven natürlich ebenso vorstellbar und wahrscheinlich Selbst-Gestaltung, eine Quelle des Vergnügens, das wie spekulativ. Mit diesem Vorschlag möchte ich Ausstellen einer fabrizierten Identität, ein Mittel nicht zuletzt darauf hinweisen, dass Porträtkunst der sexuellen Attraktion.»37 Füsslis Zeichnungen und jede Arbeit mit dem lebenden Modell eine handeln von diesem Theater der Zurschaustellung Kooperation darstellt, die im Falle der Füsslis aus und nehmen selbst teil an dieser Arena des Ge- dem gemeinsames Befassen mit Haar, Darstellung niessens fetischistischer Freuden, die Frauen wie und Zurschaustellung sowie der Produktion von Männern offen stand. Sie erproben das performative Artefakten bestand. Potenzial des Körpers, seine Art, sich zu drehen, zu Unabhängig davon, wie die Haartrachten der wenden und den (Bild)raum zu beherrschen. Weil Schwestern Hess oder von Sophia Füssli nun tat- es sowohl Natur als auch Ornament ist, liebäugelte sächlich ausgesehen haben mögen, dokumen- der Künstler vor allem mit dem frisierten Haar von tieren die Zeichnungen die Faszination des Frauen. Es zeichnet den Weg dafür vor, wie sich Künstlers für Haar und die weiblichen Kniffe beim Körper in Kunstwerke verwandeln lassen, ohne Ankleiden und Posieren, aber sie setzen auch das dabei die raumgreifende physische Präsenz und Vergnügen an der Zurschaustellung in Szene. Mobilität einzubüssen. 43 [Kat. 52] Studien von drei Kurtisanen mit extravaganten Frisuren, 1807, Grafitstift, Pinsel, grau und schwarz laviert, aquarelliert, und Deckfarbe, 225 × 182 mm, Courtesy of National Museums Northern Ireland 64
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