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5-2016 Inklusive Schulentwicklungsplanung G8: Die Wut des Bildungsbürgertums Demokratielernen mit Urban Gardening Tarifabschluss im öffentlichen Dienst Gewerkschaftstag 2016: Rückblick DIE ZEITSCHRIFT DER BILDUNGSGEWERKSCHAFT Hochschularbeit: Gut aufgestellt Sparkurs? Bildung braucht mehr. 68. Jahrgang Mai 2016 ISSN 0720-9673 K 5141
Illustration: artmeetsgraphik, tai111 / fotolia.com PERSONALRATSWAHLEN 2016 GEW-Personalräte kämpfen für mehr Stellen Bis vor Kurzem war man sich noch sicher, dass die demografische zunehmend die Gefahr, dass sie als „Verfügungsmasse“ verwen- Entwicklung eine dauerhafte und deutliche Absenkung der det werden für alles, was unter der Überschrift individuelle SchülerInnenzahl mit sich bringt – die Landesregierung sah hier Förderung verstanden werden kann, wie Teach first oder die ein willkommenes Einsparpotenzial. Diese Prognose war für die Arbeit von Schulen im Netzwerk Zukunftsschulen NRW. GEW NRW immer Anlass, sich dafür einzusetzen, dass trotz (früher: „Komm mit! Fördern statt Sitzenbleiben“). Zu oft SchülerInnenrückgangs die Stellen für die Lehrkräfte im System kommen die Stunden, die jeder Schule zugewiesen werden bleiben und der Erhalt der Stellen für bessere Arbeitsbedingun- müssten, nicht bei den KollegInnen an, zum Beispiel in Form gen an den Schulen genutzt werden sollte. Schließlich gibt es einer Vertretungsreserve. Die Reduzierung der Mehrarbeit genügend Herausforderungen an den Schulen, für deren und die Schaffung von möglichst unbefristeten Arbeits- Gestaltung wir dringend mehr Personal benötigen. Das Verspre- verhältnissen sind weitere zentrale Forderungen der GEW NRW. chen der Landesregierung, die Stellen im System zu erhalten, muss auch nach 2017 gelten. MEHR STELLEN FÜR INKLUSION Die Annahme, dass die SchülerInnenzahlen zurückgehen werden, ist inzwischen überholt: Durch Zuwanderung und den weniger Gewerkschaft wirkt starken Rückgang entwickeln sich die Vorhersagen und auch die Die Personalratswahlen sind angelaufen, Sie sollten Ihre Verhältnisse in den Schulen vollkommen anders. Es werden keine Wahlunterlagen bereits in den Händen halten. Nutzen Sie Stellen frei. Im Gegenteil: Im laufenden Schuljahr mussten sogar bis zum 15. Juni Ihr Recht, KollegInnen in den Personalrat neue Stellen zur Deckung des Grundbedarfs und zur Beschulung zu wählen. Die Entscheidung, wer Ihre Interessen in den der geflüchteten und neu zugewanderten Kinder und Jugend- kommenden vier Jahren gegenüber der lichen geschaffen werden. Die GEW NRW fordert weitere 7.000 Dienststelle vertritt, ist viel zu wichtig, Stellen für die Inklusion, unter anderem zur Durchsetzung von um sie anderen zu überlassen. Es geht kleineren Klassen und der Doppelbesetzung. um Ihre Rechte. Bestimmen Sie mit. Bei VERTRETUNGSRESERVE SCHAFFEN den KandidatInnen der GEW NRW können Sie sicher sein: Gewerkschaft In dieser Stellenforderung noch nicht enthalten: die Stellen, wirkt! die die Bildungsgewerkschaft für eine wirksame Vertretungsre- serve in Höhe von sieben Prozent für jede Schule fordert. Die im Maike Finnern Haushalt eingestellten 4.000 Stellen gegen Unterrichtsausfall Vorsitzende der Personalratswahlkampfkommission und für individuelle Förderung reichen nicht aus. Zudem besteht der GEW NRW
nds 5-2016 3 Mehr Demokratie – mehr Staatsausgaben Über wie viel Geld soll der Staat verfügen? Wie hoch soll sein Anteil am Bruttoinlandsprodukt, soll die Staatsquote sein? Für die Neoliberalen ist die Sache klar: Ihr Pionier Friedrich August von Hayek fordert in seinem Aufsatz „Wohin zieht die Demokratie?“, eine vom Parlament getrennte Einrichtung solle der Regierung fest begrenzte Mittel zuteilen, damit der Staatsanteil unabhängig sei von den „schwankenden Moden und Leidenschaften einer wandelbaren Masse“. Die Demo- kratie neige dazu, in eine „totalitäre Demokratie“ auszuarten. Das Unbehagen gegenüber einer Prof. Dr. Herbert Schui hohen Staatsquote als Ausdruck von „totalitärer Demokratie“ besteht darin, dass der Staat in Form einer kollektiven Willensbildung Einkommen zuteilt und mit seiner Nachfrage maßgeblich Professor für Volkswirt- darüber mitentscheidet, was und für wen produziert wird. Das soll nicht sein, denn damit könnte schaftslehre; Mitbegründer die Mehrheit der Bevölkerung der Unternehmerschaft als Minderheit ihren Willen aufzwingen. Ex- der Arbeitsgruppe Alter- kanzler Helmut Kohl war sich sicher: „Bei einer Staatsquote von 50 Prozent beginnt der Sozialismus.“ native Wirtschaftspolitik Wenn der Staat sich aus der Verantwortung stiehlt Dieser Parole von der schleichenden Sozialisierung folgen die unterschiedlichen Regierungen seit rund 40 Jahren. In Deutschland stieg die Staatsquote von 31,1 Prozent im Jahr 1950 auf 54,7 Prozent im Jahr 1995. 2014 waren es nur noch 44,3 Prozent. Hierbei beträgt 2014 der Anteil der Gebietskörperschaften am Bruttoinlandsprodukt 25,3 Prozent, der Anteil der Sozialversicherungen beläuft sich auf 19 Prozent. Eine geringere Staatsquote bedeutet dann, dass die gesetzliche Sozial- versicherung abgelöst wird von privaten Versicherungen, etwa von der Riester-Rente, und dass die Gebietskörperschaften staatliche Aufgaben an private Unternehmen abtreten. Ein Beispiel hierfür sind die privaten Unternehmen für Nachhilfe oder Hausaufgabenbetreuung: Sie tun das, wofür eigentlich die Schulen da sind, die aber aus Personalmangel ihren Aufgaben nicht vollständig nachkommen können. Weniger Staatsquote bedeutet – allgemein gesprochen – weniger Sozialstaat. Politisch durchgesetzt wird die niedrigere Staatsquote, indem die Parlamente niedrigere Staatseinnahmen beschließen. Das bedeutet geringere Unternehmenssteuern, keine Vermögens- steuer und einen geringeren Spitzensteuersatz für hohe Einkommen privater Haushalte. Das soll wohl das Totalitäre an der Demokratie beschränken. Die öffentlichen Kassen sind eben leer! Verschulden soll sich der Staat auch nicht, denn das wäre Versündigung an den Kindern! Des- wegen muss eine Schuldenbremse her – und für die EU dasselbe als Fiskalpakt. Dabei gibt es in der Wirtschaftswissenschaft eine lange Tradition, die die Geldversorgung nicht gründen will auf Schulden des Unternehmenssektors oder des Auslands bei der Zentralbank, das heißt Devisen, sondern auf zinslose Kredite der Zentralbank an den Staat. Die Europäische Zentralbank betreibt gegenwärtig eine solche Politik, wenngleich sehr verdruckst, weil sie im Grunde satzungswidrig Staatsdefizite finanziert. Gute Bildung lässt sich nicht kleinrechnen Die sinkende Bevölkerungszahl soll als Demografiedividende ein weiteres Argument für weniger Staatsausgaben liefern. PolitikerInnen mit Kenntnissen in der Dreisatzrechnung veranschlagen nun weniger Ausgaben für das Erziehungswesen. Falls eine demografische Rendite überhaupt noch existiert, ist dieses Sparkonzept aus zwei Gründen Unsinn: Oft müssen die öffentlichen Ausgaben je tausend EinwohnerInnen bei sinkender EinwohnerInnenzahl ansteigen. Das ist beispielsweise so bei der ärztlichen Versorgung, aber auch bei Schulen und Kindergärten. Diese Einrichtungen lassen sich nicht einfach zusammenlegen. Dann werden Wege zu lang. Wenn aber tatsächlich Geld frei wird, kann Schule ihre Leistungen verbessern: kleinere Klassen, kein Unterrichtsausfall wegen Krankheit, jede Form von Nachhilfe in der Schule – dort, wo es ausgebildete PädagogInnen gibt. //
4 INHALT THEMA Sparkurs? Bildung braucht mehr. „Sparzwänge“ im Bildungs- bereich: Muss das sein? 17 Demografische Rendite: Vom Ende einer Hoffnung 20 Expertenmeinung: Bildung auf Sparflamme? 22 Mehr in Bildung investieren: Härtere Zeiten nach harten S. 17 Zeiten?24 S. 8 Schulentwicklungsplanung in Duisburg: BILDUNG Vom Spielbrett zur inklusiven Planung Landtagsfraktionen auf dem Prüfstand: 8 Wahlkampfthema Bildung 10 Debatte um G8: Die Wut des Bildungsbürgertums 11 Umfrage der SchülerInnenvertretung der Erich-Fried-Gesamtschule Herne: SchülerInnen unter Stress und Überforderung 12 Urban Gardening: Demokratie wachsen lassen 14 Kongress gegen Rechts 2016 des DGB NRW: Solidarität statt Rechtsruck 16
nds 5-2016 5 ARBEITSPLATZ Tarifabschluss für den öffentlichen Dienst bei Bund und Kommunen: Gute Streikbeteiligung – guter Kompromiss 25 Gewerkschaftstag 2016: Gewerkschaft wirkt. 26 Leitthema des Gewerkschafts- tags „Handeln gegen Rechts- populismus“: Erziehung zu S. 25 Gleichwertigkeit28 GEW-Hochschulinformations- büros in NRW: Richtig gut aufgestellt30 S. 30 IMMER IM HEFT nachrichten6 weiterbildung32 jubilare33 infothek34 termine38 impressum39 S. 12
6 NACHRICHTEN Befristete Beschäftigung im öffentlichen Dienst Im Fokus der Untersuchung des Instituts für Befristungsanteile nach Alter, Bildung und Geschlecht (Auszug, in Prozent) Arbeitsmarkt- und Berufsforschung der Bundes- PRIVATWIRTSCHAFT ÖFFENTLICHER DIENST agentur für Arbeit (IAB) standen Ausmaß, Ent- Gesamt Gesamt BeamtInnen Arbeitnehmer- Innen wicklung und Struktur befristeter Beschäftigung 15–24 Jahre 20,8 23,7 10,3 25,8 im öffentlichen Dienst. Im Beobachtungszeit- 25–34 Jahre 10,5 22,8 8,1 28,3 raum von 2004 bis 2014 wurde unter anderem 35–44 Jahre 6,5 8,4 1,9 11,7 festgestellt: Bei gemeinsamer Betrachtung von 45–54 Jahre 4,6 4,1 0,5 5,4 BeamtInnen und ArbeitnehmerInnen sind die Be- fristungsanteile in den Kommunen am höchsten. 55 Jahre oder älter 3,8 2,6 0,9 3,3 Der Befristungsanteil von ArbeitnehmerInnen weiblich 7,8 8,6 2,3 10,6 unter 35 Jahren ist mehr als doppelt so hoch männlich 6,6 8,4 2,5 11,9 wie in den übrigen Altersgruppen. Generell liegt ohne beruflichen Abschluss 11,8 11,4 8,2 11,7 das Niveau befristeter Arbeitsverträge in der mit beruflichen Abschluss 6,4 8,4 2,3 11,0 Wissenschaft deutlich über dem des restlichen Hochschulabschluss 9,0 14,3 3,0 27,6 öffentlichen Dienstes. Die Untersuchung zeigt Promotion 10,9 28,2 6,8 39,1 insgesamt, dass befristete Arbeitsverträge im Gesamt 7,1 8,5 2,4 11,0 öffentlichen Dienst eine größere Rolle spielen als in der Privatwirtschaft. krü / IAB Quelle: IAB-Forschungsbericht 12/2015; Mikrozensus 2014, hochgerechnete Werte Personalratstour Große Tarifaktion der GEW NRW Im Vorfeld der Personalratswah- Die GEW fordert weiterhin eine bessere Bezahlung der tarifbeschäftigten Begreifen len im Juni 2016 kam der Vorsit- Lehrkräfte. Der Deutsche Beamtenbund hat vor einem Jahr mit den Arbeit- zum Eingreifen zende des DGB NRW, Andreas gebern, der Tarifgemeinschaft deutscher Länder, einen unzureichenden www. Meyer-Lauber, im Rahmen seiner Tarifvertrag abgeschlossen, den die GEW nicht unterschrieben hat, da er Gerecht verteilen unterstützenden Personalratstour die zentralen Forderungen der Bildungsgewerkschaft nicht erfüllt. Für eine DGB-Referatsleiter Robby Riedel unter anderem mit GEW-Vertrete- gerechte Bezahlung bleibt die GEW weiter am Ball! Gemeinsam fordern nimmt in der GEGENBLENDE rInnen der Hauptpersonalräte im wir die NRW-Landesregierung dazu auf, ihre Verantwortung gegenüber die Verteilungssituation in Schulbereich ins Gespräch. Mit der den Tarifbeschäftigten endlich ernst zu nehmen und sich auf Bundesebene Deutschland auseinander und er- läutert das Problem der Ungleich- Tour unterstrich der DGB-NRW-Chef: für sie einzusetzen! Die Aktion mit Redebeiträgen unter anderem von der heit sowie die damit verbundenen „Auch im öffentlichen Dienst müs- GEW-Landesvorsitzenden Dorothea Schäfer findet am 8. Juni 2016 ab Konsequenzen für Gesellschaft, sen die Beschäftigten ihre Rechte 15.00 Uhr in Düsseldorf auf der Landtagswiese statt. Alle Lehrkräfte, Demokratie und Wirtschaft. durchsetzen und schützen. Dazu egal ob verbeamtet oder tarifbeschäftigt, sind dazu aufgefordert teilzu- Bildung für alle www. brauchen sie starke Personalräte“. nehmen. Gerne auch gemeinsam mit Klassen oder Kursen – Tarifpolitik www.nrw.dgb.de/oeffentlicher- hautnah erleben! Zur besseren Planung bitten wir um Anmeldung mit Im Interview mit dem Magazin Mitbestimmung berichtet die dienst/personalratswahlenkrü Angabe der Personenzahl an susanne.lange@gew-nrw.de.abe stellvertretende Vorsitzende des DGB Elke Hannack von ihrem Verhältnis zur CDU, betont die Geschichte Unterschriften gegen Belastung Wichtigkeit der Mitbestimmung und unterstreicht, dass Bildung Mit dem neuen Portal www. Im Rahmen der Kampagne „Belastung senken – GrundschullehrerInnen für alle offenstehen muss. gewerkschaftsgeschichte.de steht gerecht bezahlen“, die vom Fachgruppenausschuss Grundschule der GEW www. jetzt umfassend die Geschichte der NRW landesweit koordiniert wird, haben VertreterInnen der GEW Münster Bildung im Aufbau deutschen Gewerkschaftsbewegung eine Liste mit 401 Unterschriften von Lehrkräften an 34 Grundschulen „Noch nie wurde so viel Geld im Netz. Die Hans-Böckler-Stiftung an die Münsteraner Landtagsabgeordnete und nordrhein-westfälische für Bildung ausgegeben wie macht in Kooperation mit dem Ar- Wissenschaftsministerin Svenja Schulze überreicht. Damit unterstützen heute“ – das betont die Politik gern. In absoluten Zahlen mag chiv der sozialen Demokratie Ge- über 50 Prozent der GrundschullehrerInnen in Münster die Forderungen das stimmen, doch was steckt schichte multimedial und interaktiv der GEW NRW: Anrechnungsstunden für alle Lehrerräte und Ansprech- hinter den Millionen? GEW-Or- erfahrbar: Hunderte historische partnerinnen für Gleichstellung, mindestens zehn Anrechnungsstunden ganisationsbereichsleiter Ansgar Fotos und Dokumente, originale pro Grundschule als Sockel plus weitere Stunden je nach Schulgröße Klinger verrät im Interview mit den NachDenkSeiten, was die Tonaufnahmen und Videos sowie und eine Bezahlung nach A 13 / EG 13 für alle Grundschullehrkräfte. GEW-Studie „Bildungsfinanzie- persönliche Geschichten zahlreicher „Die nur noch historisch zu begründende schlechtere Besoldung der rung der öffentlichen Hand“ GewerkschafterInnen warten auf Grundschullehrkräfte empfinden wir als fehlende Wertschätzung unserer herausgefunden hat. die NutzerInnen. krü / hbs Arbeit“, heißt es in der Resolution.bp
nds 5-2016 7 Systematische Entwicklung Mitbestimmung positiv bewertet Nach dem Erfolg der 18 Grundschulen aus Essen und Mülheim an der Das Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Institut (WSI) hat 1.904 Ruhr, die bereits seit 2014 an der RuhrFutur-Maßnahme „Systematische Erwerbstätige zum Thema „Mitbestimmung“ befragt: Die Bewertungen Grundschulentwicklung“ teilnehmen, machten sich jetzt 28 weitere sind im Durchschnitt ausgesprochen positiv. Nur knapp 13 Prozent stimmen Grundschulen aus den fünf RuhrFutur-Kommunen Dortmund, Essen, der Aussage zu, dass Mitbestimmung falsch sei, weil sie die Rechte der Gelsenkirchen, Herten und Mülheim an der Ruhr gemeinsam auf den ArbeitgeberInnen einschränke. 62 Prozent der Befragten sind der Auffas- Weg, die Qualität ihres Unterrichts nachhaltig zu verbessern. Erfahrene sung, ArbeitnehmerInnen und ArbeitgeberInnen sollten gleichviel Einfluss SchulentwicklungsberaterInnen unterstützen die Schulen in den nächsten haben. Vor allem gewerkschaftlich organisierte ArbeitnehmerInnen weisen zwei Jahren dabei, sich unter anderem mit Fragen der Unterrichtsgestal- eine überdurchschnittlich positive Einstellung auf, ArbeitgeberInnen mit tung, des Lernklimas und des Umgangs mit heterogenen Klassen aus- mindestens fünf Beschäftigten hingegen haben zum Teil eine ablehnende einanderzusetzen. Aber auch Themen wie Ganztag, Ressourcenplanung Einstellung. www. tinyurl.com/WSI-Mitbestimmung krü / WSI und Personaleinsatz stehen auf der Agenda der Schulleitungen und Lehrkräfte. www.tinyurl.com/RuhrFutur-Grundschule krü / RuhrFutur Einstellungen zu Mitbestimmung nach Erwerbsposition und Qualifikation (Auszug, in Prozent) SchulabgängerInnen ohne Abschluss Mitbestimmung ist falsch Angestellte sollten gleich viel oder mehr Einfluss haben ArbeiterInnen (FacharbeiterInnen, Im Sommer 2015 gingen in NRW 11.054 SchülerInnen ohne Haupt- MeisterInnen etc.) 18,3 75,9 schulabschluss von einer allgemeinbildenden Schule ab, das waren 5,5 Angestellte (qualifiziert, 9,2 66,9 hochqualifiziert) Prozent weniger als 2014. Der Anteil der SchülerInnen ohne Hauptschul- Angestellte (leitende) 11,1 56,5 abschluss an allen SchulabgängerInnen sank 2015 auf 5,3 Prozent (2014: Auszubildende (betrieblich) 10,2 60,7 5,5 Prozent). 6,2 Prozent der männlichen und 4,5 Prozent der weiblichen FreiberuflerInnen / Selbstständige AbgängerInnen verließen im Sommer 2015 ohne Hauptschulabschluss mit min. 5 Beschäftigten 36,2 36,8 die Schule. krü / IT.NRW keine Hochschulreife 16,6 70,8 Hochschulreife 9,5 59,7 Minderjährige Geflüchtete in NRW n 1.885 1.871 Quelle: WSI Mitteilung 3/2016; Werner Nienhüser, Esther Glück und Heiko Hoßfeld Seit 1. November 2015 werden unbegleitete minderjährige Geflüch- tete gleichmäßig auf Bundesländer und Kommunen verteilt. Aktuell leben rund 67.500 junge Geflüchtete in Deutschland, die ohne Eltern Lehrerstellen für SoR – SmC oder Sorgeberechtigte eingereist sind. 13.100 von ihnen sind in NRW Für eine Tätigkeit in der Landeskoordination „Schule ohne Rassismus – untergebracht (19,5 Prozent). Das Bundesland erfüllt damit rund 92 Schule mit Courage“ (SoR – SmC) sollen zwei neue Lehrkräfte – angesiedelt Prozent der nach Königsteiner Schlüssel festgelegten Aufnahmequote bei der Landeskoordination der Kommunalen Integrationszentren (LaKI) und gehört zu den Ländern, die weitere unbegleitete Minderjährige in Dortmund – gewonnen werden. Zudem wird eine Stelle beim DGB- aufnehmen. Die Schließung der Balkanroute macht sich jedoch auch in Bildungswerk NRW in Düsseldorf e. V. neu besetzt. SoR – SmC ist ein landes- NRW bemerkbar: Während im November 2015 noch rund 2.400 junge weites Netzwerk von SchülerInnen, für das die Landesregierung drei halbe Menschen untergebracht werden mussten, waren es im März 2016 nur Stellen aus dem Schulbereich zur Verfügung stellt. Aktuell unterstützen noch rund 600. Ein Großteil der Kinder und Jugendlichen, die Jugend- Renate Bonow und Julia Kilian Schulen auf ihrem Weg, eine Courage- ämter in NRW unterbringen, sind männlich (92 Prozent). Über 80 Prozent Schule zu werden und bieten zahlreiche Veranstaltungen an. So konnten stammen aus Afghanistan (42 Prozent), Syrien (28 Prozent) oder dem in diesem Schuljahr bei Landes-, Regional- und Lokaltreffen bereits über Irak (11 Prozent). krü / LVR 700 Aktive der Netzwerkschulen ihre Weiterarbeit in Workshops zu ver- Aufnahme von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen in NRW schiedenen Themen der diversitätssensiblen Bildungsarbeit diskutieren und gemeinsame Aktionen planen. In Rundbriefen und auf der Facebook- Dortmund Soll: 441 Seite der Landeskoordination werden die Aktivitäten der Courage-Schulen Ist: 899 dokumentiert. Zum Aufgabenprofil gehört die Mitarbeit in der Geschäftsstelle 204 % 186 % Aachen der Landeskoordination, die Beratung und Betreuung von Schulen und Soll: 185 Bielefeld die Organisation von Titelverleihungen. Die Stelle beim DGB-Bildungswerk Ist: 562 Soll: 250 NRW e. V. dient dazu, Fortbildungsprogramme für LehrerInnen zu entwickeln. Ist: 466 Neben zentral angebotenen Seminaren werden zunehmend Inhouse-Ver- 304 % anstaltungen mit Bildungseinrichtungen vereinbart. Weitere Informationen zur Mitarbeit in der Geschäftsstelle des DGB-Bildungs-werks NRW e. V. zur 132 % Köln Unterstützung von SoR – SmC durch Fortbildungsangebote für pädagogische Soll: 795 Ist: 1052 Fachkräfte erteilen telefonisch und per E-Mail: Renate Bonow, 02931– 8252 14, renate.bonow@bra.nrw.de; Julia Kilian, 02931-8252 09, julia.kili- Soll: Aufnahmepflicht; Ist: Bereits aufgenommen; Prozentangabe: Quotenerfüllung an@bra.nrw.de und Manfred Diekenbrock, 0211-17523 182, mdiekenbrock@ Quelle: Landschaftsverband Rheinland (LVR) dgb-bildungswerk-nrw.de. www.schule-ohne-rassismus.org Manfred Diekenbrock
8 BILDUNG Schulentwicklungsplanung in Duisburg Vom Spielbrett zur inklusiven Planung Die Umsetzung von Inklusion stellt Schulen und kommunale Schulträger vor komplexe Heraus- forderungen. Mit Hilfe von Planspielen versucht die Stadt Duisburg, eine erfolgreiche Umsetzung Foto: ebednarek / fotolia.com der Inklusion anzustoßen. Wie funktionieren Planspiele und wie können sie sinnvoll in der Schulentwicklungsplanung eingesetzt werden? Der Anspruch an schulische Inklusion gemäß jeweiligen lokalen Schulen sowie VertreterInnen der Schulen standen. So fanden sich zum Beispiel dem 2013 beschlossenen 9. Schulrechtsände- der Schulaufsicht, der Bezirksregierung und der deutlich mehr SozialarbeiterInnen in Regionen rungsgesetz sieht vor, dass Kinder mit sonderpä- Stadtverwaltung. mit einer benachteiligten Bevölkerung. Bei der dagogischem Unterstützungsbedarf – unter der Die Planspiele brachten diese Personen an räumlichen Bewertung sah sich ein großer Anteil Maßgabe des Elternwunsches – eine Regelschule einen „(Spiel-)Tisch“ mit dem Ziel, zunächst der Schulen als nicht ausreichend ausgestattet: besuchen können. Die Herausforderungen, eine gemeinsam die bestehende (inklusive) Schul- Mehr als jede zweite Grundschule zeigte einen erfolgreiche Inklusion sicherzustellen, sind vielfäl- landschaft zu erschließen. Darauf aufbauend Mangel an notwendigen Differenzierungsräumen tig: Sie umfassen pädagogische Aspekte, Aspekte sollten verschiedene Szenarien durchgespielt an. Es wurde aber auch deutlich, dass viele Schu- der sächlichen und personellen Ausstattung der werden, wie die schulische Inklusion sich entwi- len – je nach Förderschwerpunkt – sich selbst Schulen sowie verwaltungstechnische Aspekte ckeln könnte. Gespielt wurde in insgesamt drei als barrierefrei klassifizierten (siehe Abbildung). wie die Empfehlung und Zuweisung von Schü- Phasen auf einem großformatigen Stadtplan Ergänzt wurde die erste Spielphase durch lerInnen mit sonderpädagogischem Unterstüt- von Duisburg. ein unverbindliches Votum der Schulvertrete- zungsbedarf. Hinzu kommen schulplanerische rInnen, welche Förderschwerpunkte sie abdecken Die Spielphasen: Inventur – Aspekte wie die (Weiter-)Entwicklung und ge- könnten. Hier zeigte sich insgesamt eine große Szenarien – Positionierung gebenenfalls die Schließung von Förderschulen Bereitschaft, eine inklusive Schullandschaft sowie der Aus- und Umbau von Regelschulen. In der ersten Spielphase – der Inventur – entlang der Förderschwerpunkte stadtweit Hier zeigt sich: Eine Vielzahl von Akteuren mit wurden ausgewählte inklusionsrelevante Rah- umzusetzen. sehr unterschiedlichen Fragestellungen ist in die menbedingungen für jede einzelne Schule Die zweite Spielphase wagte einen Blick in Gestaltung und Planung der schulischen Inklusi- zusammengetragen. Alle SchulvertreterInnen mögliche zukünftige Entwicklungen der Beschu- on einzubinden. Um erfolgreich und nachhaltig setzten dazu entsprechende Spielsteine neben lung von Kindern mit sonderpädagogischem planen zu können, ist eine möglichst genaue ihre Schule auf den Spielplan, die anzeigten, Unterstützungsbedarf. Da zu diesem frühen Kenntnis der Rahmenbedingungen und der ob die Schule bereits das Gemeinsame Lernen Zeitpunkt noch nicht abzusehen war, in wel- konkreten Bedarfslage vor Ort notwendig. anbietet – falls ja, mit Angabe der Anzahl der chem Umfang die Eltern von dem Recht der momentan beschulten Kinder mit Unterstüt- gemeinsamen Beschulung Gebrauch machen Übersicht verschaffen – zungsbedarf –, ob SeiteneinsteigerInnen be- würden, wurden drei mögliche Szenarien vorge- Informationen sammeln im Planspiel schult werden, ob der Schule SozialarbeiterInnen geben: „Alle Kinder mit Förderbedarf besuchen Der Duisburger Planungsprozess begann zugeteilt sind und ob es sich um eine Offene eine Regelschule!“, „Jedes zweite Förderkind daher mit einer Bestandsaufnahme im Hinblick Ganztagsschule handelt. besucht eine Regelschule!“ und „Jedes fünfte auf die weiteren Schritte in Richtung einer Auch die schulräumliche Situation wurde Förderkind besucht eine Regelschule!“ Unter der inklusiven Schullandschaft. Als Planungsinstru- beurteilt. Auf Setztafeln wurden auf einer drei- Fragestellung „Was wäre wenn?“ wurde simu- ment wurden dafür Planspiele durchgeführt, die stufigen Skala von „gut“ bis „nicht ausreichend“ liert, wie aufnahmefähig das Regelschulsystem unter dem Dach von sogenannten Regionalen das Angebot an Differenzierungsräumen und jeweils ist und an welchen Stellen Anpassungen Planungsforen stattfanden. Vier solcher Pla- Aspekte der Barrierefreiheit bewertet. In den Rah- und Erweiterungen notwendig sind. Auch die nungsforen wurden eingerichtet, die sich jeweils menbedingungen zeigten sich – wie zu erwarten Auslastung der Förderschulen wurde beleuchtet. auf ein Teilgebiet der Stadt bezogen. Die Teilneh- war – deutliche innerstädtische Unterschiede, Spielsteine stellten die prognostizierte Schüle- merInnen der Planungsforen und damit „Spiele- die in einem engen Zusammenhang mit den rInnenzahl dar, die in dem jeweiligen Szenario rInnen“ der Planspiele waren Schulleitungen der jeweiligen sozialstrukturellen Einzugsgebieten auf die Schulen verteilt wurden.
nds 5-2016 9 Während bei einer Beschulung von jedem fünften Kind mit Förderbedarf an den Regel- schulen in den Regionen zumeist die beste- henden (Raum-)Ressourcen ausreichten, wurde es bei einer Beschulung von jedem zweiten Kind bereits eng. Auch der Anspruch an eine möglichst wohnortnahe Beschulung konnte in diesem Szenario nicht überall sichergestellt werden. Für die Grundschulen der nördlichen Planungsregion wurde zum Beispiel deutlich, dass mit dem aktuellen Angebot der Schulen des Gemeinsamen Lernens 132 Kinder inklusiv beschult werden könnten, aber gemäß dem Szenario von einem Bedarf von etwa 170 Kin- dern auszugehen wäre. Eine Anpassung der baulichen als auch personellen Infrastruktur wäre demnach nötig. Die Simulation zeigte so allen Akteuren anschaulich die Potenziale der jeweiligen Region, aber auch die ganz konkreten Defizite vor Ort. In der abschließenden dritten Spielphase wurden die Schulen gebeten, sich bezüglich ihrer zukünftigen Rolle im Inklusionsprozess – ausgehend von ihren bisherigen Erfahrungen und Möglichkeiten – zwischen „beobachtend“ und „Schwerpunktschule“ zu positionieren. Das deutliche Ergebnis: Viele Schulen waren bereit, In der ersten Spielphase werden inklusionsrelevante Rahmenbedingungen für jede Schule auf einem Duisburger sich den neuen Herausforderungen zu stellen Stadtplan zusammengetragen. Foto: Stadt Duisburg und positionierten sich als zukünftige inklusive Schule. ◆◆ Der spielerische Aspekt ermöglichte den Stadt Duisburg – haben sich die Planspiele als Schulleitungen eine erste unverbindliche Analyse- und Partizipationsinstrument bewährt. Gemeinsames Wissen Einschätzung der Möglichkeiten der Beschu- Auch im weiteren Prozess sollen sie bei Bedarf und Raum für Neues schaffen lung von Kindern mit Förderbedarf und der und gegebenenfalls mit angepassten Frage- Das Durchspielen dieser drei Phasen führte jeweiligen Rahmenbedingungen an ihren stellungen und Spielmechanismen wiederholt zu einer umfassenden Übersicht für alle Akteure Schulen. werden. // und stellte einen grundlegenden Einstieg in die ◆◆ Der Abgleich der Einschätzungen unter- Inklusionsthematik dar. Schon während des einander bot zudem die Gelegenheit, die Planspiels zeigte die Methodik Wirkung: eigene Positionierung in Relation zu denen Stadt Duisburg: Inklusive Schulentwick- ◆◆ So unterschiedlich die Akteure in Bezug auf der anderen zu setzen und gegebenenfalls PDF lungsplanung Duisburg. Erste Umset- ihre Rolle, Erwartungen und Ziele zu Beginn zungsschritte und Perspektive. zu modifizieren. www.tinyurl.com/Inklusion-Duisburg der Planungsforen waren, am Spieltisch wurde ◆◆ Die spielerische Atmosphäre schuf den Rah- Eva Kaewnetara, Tobias Terpoorten: Zu ihre Aufmerksamkeit auf die sich potenziell men für weitere Gespräche zwischen den Tisch bitte! Der Duisburger Prozess zu PDF entwickelnde inklusive Schullandschaft ge- Schulen über Vorgehensweisen, Probleme einer inklusiven Schullandschaft. (Veröf- bündelt. und bereits erprobte Lösungen. fentlicht in einer Broschüre von ISA e. V.) www.tinyurl.com/ISA-Broschuere ◆◆ Der Austausch zwischen ExpertInnen des ◆◆ Das Planspiel bot den Raum für überra- Gemeinsamen Lernens an Regelschulen so- schende Lösungen, ohne sofort auf ein vorab wie denen aus Förderschulen, die bereits festgelegtes Resultat zu zielen. Dies erwies Eva Kaewnetara umfangreiches Wissen einbringen konnten, sich gerade in schwierigen und unlösbar Leiterin der Abteilung Kommunale Schulentwicklung im Amt für Schu- und denen, die bisher kaum mit Themen erscheinenden Situationen als hilfreich. lische Bildung der Stadt Duisburg der inklusiven Beschulung in Berührung Damit Planspiele wie auch die praktische Um- gekommen waren, konnte so methodisch setzung ihrer Ergebnisse in der Praxis erfolgreich gehändelt werden. sein können, müssen die Akteure in der Lage Dr. Tobias Terpoorten ◆◆ Durch das stadtweite Sichtbarmachen der sein, fachlichen Austausch und Rollenerwar- Referent im Bereich der Schulentwick- lungsplanung im Amt für Schulische Strukturen und der möglichen Konsequenzen tungen allseits transparent und gestalterisch Bildung der Stadt Duisburg der Inklusion wurde das Verständnis einer auszubalancieren. Im Ergebnis – und das zeigt gemeinsamen Bildungsregion geschärft. auch der inklusive Schulentwicklungsplan der
10 BILDUNG Landtagsfraktionen auf dem Prüfstand Wahlkampfthema Bildung Foto: AndreasF. / photocase.de „Schule NRW: Ein Jahr vor der Wahl“ – unter diesem Motto hatte das Bündnis als auch bei den Fragen zu den Folgen des „Länger gemeinsam lernen NRW“ ins Pädagogische Institut der Evangelischen Schulkonsenses. Die in der Bildungskonferenz Kirche von Westfalen nach Villigst eingeladen. Der Einladung waren gut 50 vereinbarte Kultur des Behaltens hat noch keine Interessierte aus unterschiedlichen Bildungsbereichen gefolgt. Ein Jahr vor der vollständige Umsetzung im Schulgesetz oder in Landtagswahl im Mai 2017 bezogen die bildungspolitischen Sprecherinnen der den Prüfungsordnungen gefunden. Während NRW-Landtagsfraktionen Stellung zu den wichtigsten bildungspolitischen Themen. Sigrid Beer auf die gesetzliche Regelung verwies, einen Hauptschulzweig an der Realschule zu Zum Einstieg stellte Erziehungswissenschaft- auch keine Schwarz-Weiß-Diskussion führen: Bei bilden und die Ablehnung von Gymnasialver- ler Prof. Dr. Hans-Günter Rolff den Unterschied verschiedenen Anhörungen im Landtag zum The- bänden gegen Änderungen bei den Gymnasien zwischen Chancengleichheit und Chancen- ma sei klar geworden, dass nachgesteuert werden bedauerte, betonte Anette Bunse den notwen- gerechtigkeit dar. Er erinnerte an die Erkenntnisse müsse, man solle aber „ideologiefrei“ streiten. digen Blick auf die Kinder. nach den ersten PISA- und IGLU-Untersuchungen, Fürs Gymnasium – so die SPD – müssten zudem Ganz oben auf der Agenda: Bildung die den engen Zusammenhang zwischen so- andere Bildungsgänge ermöglicht werden. zialer Herkunft und Schulerfolg beschrieben In den je 90-sekündigen Antworten der Po- Sozialindex einführen litikerinnen ergaben sich ein Jahr vor der Land- hatten. Die Begleitforschung habe darüber hinaus ergeben, dass die vor einigen Jahren Die Einführung einer sozialindizierten Ressour- tagswahl kaum Streitpunkte oder gegensätzliche eingeführte Auflösung der Schuleinzugsbezirke cenausstattung der Schulen halten SPD, Grüne Positionen. Vielmehr waren alle Beteiligten für die Grundschulen in NRW zu einer größeren und Piraten für sinnvoll. Eva-Maria Voigt-Küppers bemüht, eher die Gemeinsamkeiten als die Entmischung und einer Verstärkung der sozialen plädierte auch für die Wiedereinführung von Unterschiede in ihren Positionen herauszustellen. Trennung führe. Der viel gelobte Schulkonsens in Schulbezirksgrenzen. Sigrid Beer bewertete den Dabei spielt zum einen sicher der 2011 zwischen NRW, der Schulentwicklung an die Kommunen Sozialindex als wichtiges Mittel, hob gleichzeitig CDU, SPD und Grünen gefundene Schulkonsens aber auch die Leistungen der derzeitigen Lan- eine Rolle. Zum anderen können so alle Mög- delegiert, habe zu einem fünfgliedrigen Schul- desregierung hervor: Es seien 17.700 zusätzliche lichkeiten für unterschiedliche Regierungsko- system in NRW und zu sehr unterschiedlichen alitionen offengehalten werden. Vielleicht ist Entwicklungen in den Regionen geführt. Das sei Stellen für Lehrkräfte geschaffen worden, es aber auch die Zeit vorbei, in der ideologische ein Fehler, denn Schulstrukturentscheidungen gebe 220 neue Schulen mit längerem Gemein- Debatten um die richtige Bildungspolitik geführt müsse das Land treffen. Die innere Schulent- samen Lernen und auch der Aufbau des neuen werden. Wenn im Ergebnis alle Parteien das wicklung müsse mehr in den Blick genommen Landesinstituts QUA-LiS sei positiv zu werten. Thema Bildung und die bessere Finanzierung werden, forderte Prof. Dr. Rolff. Kooperationsverbot aufheben ganz oben auf ihrer Agenda haben, ist das gut Für die Landtagsfraktionen stellten sich Sigrid Einigkeit bestand darin, dass der Bund an und bestätigt uns als GewerkschafterInnen in Beer (Bündnis 90/Die Grünen), Dr. Anette Bunse der Finanzierung von Bildungsausgaben stärker unserem Einsatz für mehr Chancengleichheit (CDU), Monika Pieper (Piraten) und Eva-Maria beteiligt werden muss. Die Aufhebung des Ko- und eine bessere Bildungsfinanzierung. Mehr Voigt-Küppers (SPD) den Fragen. Bildungsge- operationsverbots fordern die Piraten, während Geld für Bildung ist für die Verbesserung der rechtigkeit, Inklusion, schulische Bildungsgänge, Sigrid Beer sich eher skeptisch zu den Chancen Lern- und Arbeitsbedingungen dringend erfor- Ganztagsschulentwicklung, Schulzeitverkürzung, einer Aufhebung zeigte. Der Bund beteilige sich derlich – dafür setzt sich die GEW NRW mit Ausbildungsgarantie, der Schulkonsens von 2011 bereits am Bildungs- und Teilhabepaket und Nachdruck ein. // und Integration von geflüchteten Kindern und Jugendlichen lauteten die Stichworte. damit an der Finanzierung der Schulsozialarbeit. Dorothea Schäfer Inklusion verbessern Kultur des Behaltens fördern Vorsitzende der GEW NRW Die Herausforderung der Inklusion sehen Vor allem von der CDU wurde auf das Ernst- alle als größte Baustelle und als bisher tiefsten nehmen des Elternwillens hingewiesen – sowohl Eingriff in die Schulentwicklung. Man dürfe aber den weiteren Ausbau des Ganztags betreffend
nds 5-2016 11 Foto: Lucas1989 / photocase.de Debatte um G8 Die Wut des Bildungsbürgertums Sollte es noch eines Belegs bedurft haben, dass die Befriedung des Streits um das acht- zung der Zahl der Klassenarbeiten auf zwei pro jährige Gymnasium (G8) in Nordrhein-Westfalen gescheitert ist – jetzt liegt er auf Woche, niedrigere Richtwerte für Hausaufga- dem Tisch. Die Landeselternschaft der Gymnasien hat eine Mammutumfrage benzeiten und weniger Nachmittagsunterricht. präsentiert. Die Entlastung stockt noch in der Frage einer Jahresobergrenze für Klassenarbeiten. Mehr als 48.000 Personen nahmen an der Bildungspolitische Gratwanderung Sylvia Löhrmann, die stets betont, die Schul- Erhebung teil; in einem repräsentativen Teil Deshalb ist das Ganze für Schulministerin entwicklung müsse dem Willen der Eltern folgen, wurden 1.310 Gymnasialeltern befragt. Von Sylvia Löhrmann so gefährlich. Eine mobili- und die sich ausgerechnet in diesem Großkonflikt ihnen votierten 79 Prozent für die Rückkehr sierungsstarke Gruppe (2015 sammelte eine gegen die Elternmehrheit stellt, ist nun von den zum neunjährigen Gymnasium (G9). Das bestä- Volksinitiative fast 100.000 Unterschriften für Gymnasien abhängig. Sie müssen – das ist immer tigt zwar frühere Umfragen, hat aber aus drei G9), darunter natürlich AnhängerInnen von noch nicht überall geschehen – ihre Kultur an Gründen eine besondere Brisanz. SPD und Grünen, stellt den Grundsatz rot-grüner G8 anpassen: Mut zur exemplarischen Vermitt- Gymnasialpolitik infrage. Wer das Abitur nach lung entwickeln, eigene konkrete Fachlehrpläne Keine Kompromisse neun Jahren wolle, könne sein Kind ja auf eine ausarbeiten. Daran wird sich entscheiden, ob Der erste ist der Zeitpunkt – in einem Jahr Gesamtschule schicken. Für die G8-GegnerInnen G8 in NRW noch eine Chance hat. // wird in NRW gewählt und die Wahrscheinlichkeit ist diese Alternative keine, sondern bloß ein Trick, steigt, dass dabei das „Turbo-Abi“ zum Thema um das Gymnasium zu schwächen. wird. Mit G8 lässt sich keine Landtagswahl Natürlich weist Sylvia Löhrmann das weit von Dr. Frank Vollmer gewinnen. Gegen G8 schon eher. sich. Sie mahnt zur Geduld – die Entlastungen, Stellvertretender Ressortleiter Politik Der zweite Grund ist die Wut, mit der die Kritik der Rheinischen Post, unter anderem die der Runde Tisch 2014 empfahl, müssten zuständig für das Thema Schulpolitik vorgetragen wird. Die Fronten sind verhärtet: wirken. Tatsächlich hat das Ministerium das Foto: A. Andreas Krebs / RP 44 Prozent der G9-BefürworterInnen bezeichnen meiste rechtlich umgesetzt, etwa die Begren- sich selbst als kompromisslos, fast doppelt so viele wie unter den G8-AnhängerInnen. Das Potenzial für eine Ausgleichslösung schwindet. Den dritten Grund hat die Erhebung des GEW NRW fordert grundlegende Reform Bildungsforschers Rainer Dollase, eines erklärten Der Rückwärtsgang ist keine Option G9-Befürworters, der G8 auch schon mal mit Viele Eltern in Nordrhein-Westfalen wollen weg legende Reformschritte an den Gymnasien in NRW: der DDR vergleicht, erstmals statistisch greifbar von G8 und zum Abitur nach neun Jahren zurück- Die Sekundarstufe I muss an allen Schulformen wie- gemacht: Die G8-GegnerInnen sind klassisches kehren – das ergab eine von der Landeseltern- der sechsjährig sein, alle Bildungsabschlüsse der Bildungsbürgertum, die Klientel des Gymnasi- schaft der Gymnasien in Auftrag gegebene Um- Sekundarstufe I müssen an Gymnasien vergeben frage. Ist das die Chance für ein breites Bündnis werden können. Die gymnasiale Oberstufe muss ums. Sie setzen auf Leistung. Nachhilfe für ihre dahingehend reformiert werden, dass sie unter- zur Reform des derzeitigen G8 unter Einschluss Kinder begründen sie meist mit Notenoptimie- der GEW NRW? Eher nicht. schiedlich lange Lernwege von zwei bis vier Jahren rung, nicht mit der Sicherung der Versetzung. ermöglicht. Die Gleichwertigkeit aller angebotenen Die Bildungsgewerkschaft sieht mit Befremden den Fächer muss wiederhergestellt werden, um den Die G8-GegnerInnen wollen nicht, dass das Wunsch nach der Rückkehr zu den „guten alten SchülerInnen mehr Möglichkeiten zur individuellen Gymnasium seine Standards senkt, um das Zeiten“, in denen bei Weitem nicht alles gut war. Schwerpunktsetzung zu bieten. Der gebundene „Turbo-Abi“ verträglicher zu machen. Sie sind Eine konservative Reform – wie sie Rainer Dollase Ganztag muss weiter ausgebaut werden, um allen offenbar befürwortet – mit 13 Jahren bis zum Abi- SchülerInnen – egal aus welchem Elternhaus sie sehr skeptisch, ob man Hausaufgaben oder die tur am Halbtagsgymnasium lehnt sie entschieden stammen – die gleichen Chancen zur Partizipation Stundenzahl reduzieren sollte. Sie wollen aber ab. Zwar stimmte die GEW NRW dem am Runden an Bildung zu ermöglichen. Letztlich müssen alle unbedingt, dass ihr Kind neun Jahre an einem Tisch G8 /G9 entstandenen Maßnahmenpaket zur Gymnasien auf dem Weg zu mehr Chancengerech- Gymnasium verbringt. Die Gesamtschule ist bei Weiterentwicklung des achtjährigen Bildungsgangs tigkeit bei der Bildungsbeteiligung schrittweise zu als einen notwendigen Schritt zu unmittelbaren Ver- Ganztagsgymnasien ausgebaut werden. ihnen noch viel unbeliebter als ein reformiertes besserungen für LehrerInnen und SchülerInnen zu. Frauke Rütter, G8-Gymnasium. All das steht in Rainer Dollases Sie fordert aber darüber hinaus langfristig grund- Referentin für Schulpolitik der GEW NRW Erhebung.
12 BILDUNG Umfrage der SchülerInnenvertretung der Erich-Fried-Gesamtschule Herne SchülerInnen leiden unter Stress und Überforderung Würden Sie Ihre Tochter zu Veranstaltungen schicken, die psychische Probleme verursachen? Würden Sie Ihren Sohn Bedingungen aussetzen, Foto: suze / photocase.de die Kopfschmerzen oder Konzentrationsprobleme auslösen? Nein? Warum schicken Sie Ihr Kind dann in die Schule? Zugegeben – die Ver- gleiche sind zugespitzt, aber im Wesentlichen treffen sie die Erfahrungen vieler Heranwachsender. Die SchülerInnenvertretung der Erich-Fried- Gesamtschule Herne hat die Klagen über Schulstress zum Anlass für eine überregionale Online-Umfrage genommen. Jetzt liegen Ergebnisse vor. „Wie geht es dir in der Schule?“, steht seit Schule körperliche beziehungsweise psychische und zwar nahezu übereinstimmend bei allen etwa einem Jahr über einem Link auf der Home- Belastungen zu verbinden. Auch hier genauer: Schulformen. In den Abschlussjahrgängen fal- page der Schule, der zu einem Fragebogen mit 77 Prozent geben Müdigkeit und Erschöpfung len die Bekundungen bei allen abgefragten 24 Unterpunkten führt. Mittlerweile haben an, 68 Prozent Kopfschmerzen, über 52 Prozent Aspekten um circa fünf Prozent extremer aus landesweit über 1.000 Kinder und Jugendliche Schlaflosigkeit und 35 Prozent Traurigkeit. Be- – ein deutlicher Trend. aus den Jahrgangsstufen 5 bis 13 an der Online- sonders zynisch: Bei 57 Prozent der Jugendlichen Die Angaben der Beratungsstellen und Umfrage teilgenommen. Die meisten Rückmel- verursacht Schule Konzentrationsprobleme. Einrichtungen der Jugendarbeit passen sehr dungen kamen aus dem mittleren Ruhrgebiet. 80 Prozent der Jugendlichen bekunden, dass stimmig zu den Ergebnissen der SchülerInnen- Das Mitmachen ist freiwillig, eine Auswahl der lange Unterrichtszeiten und viele Klausuren stark befragung. Viele Beratungsstellen geben an, TeilnehmerInnen nach repräsentativen Kriterien bis sehr stark zu diesen Belastungen beitragen. dass die schulischen Belastungssymptome in findet nicht statt. Dennoch ergeben die Daten Über die Hälfte gibt an, dass auch ihre familiäre den letzten zehn Jahren „häufiger und heftiger“ ein Bild, welches aufmerken lässt. Parallel zur Situation durch die Schule belastet wird. Nur geworden seien. 75 Prozent der Jugendein- SchülerInnenbefragung wurden auch psycho- ungefähr ein Drittel fühlt sich in der Schule richtungen sehen die Breite der Angebote für logische, psychiatrische und allgemeine medizi- wohl oder ist glücklich. Diese positiven Gefühle die Zukunft aufgrund der sich verändernden nische Beratungsstellen sowie Institutionen der werden fast überwiegend mit der Anwesenheit Mitglieder- und Besucherzahlen sowie fehlender Kinder- und Jugendarbeit, der Sportjugendarbeit von FreundInnen (87 Prozent) oder der Teilnahme ehrenamtlicher MitarbeiterInnen als stark bis und der Musik- oder Kunstpädagogik befragt. an Klassenfahrten (70 Prozent) oder Ausflügen sehr stark gefährdet an. Ausgewählte Ergebnisse: begründet. Immerhin nennt auch knapp ein Schule löst keine Probleme – Stress, Angst und wenig Freizeit Drittel in diesem Zusammenhang das gute sie ist Teil des Problems Fast 60 Prozent der befragten SchülerInnen Verhältnis zu LehrerInnen. Traut man den Angaben der SchülerInnen geben an, sich von ihrer derzeitigen Schulsitu- Ungefähr die Hälfte der befragten Jugend- und nimmt sie ernst, dann stellt sich Schule in ation stark oder sehr stark belastet zu fühlen, lichen treibt keinen regelmäßigen Sport und vielen Aspekten nicht als Teil von Lösungen im hinzu kommen weitere fast 20 Prozent, die sich besucht keine Jugendgruppen. 60 Prozent wür- Leben junger Menschen dar, sondern als Teil eher belastet als nicht belastet fühlen. Fragt man den dies zwar gerne tun, haben aber keine Zeit zahlreicher Probleme. Schule wird von ihren an dieser Stelle detaillierter nach, verbinden dafür. 86 Prozent geben an, für ehrenamtliche KlientInnen deutlich als belastend wahrgenom- die Heranwachsenden mit Schule Stress (81 Arbeit keine Zeit zu haben, obwohl 40 Prozent men und das in einem Umfang, der mehr als Prozent), Druck (75 Prozent) und Überforderung davon sich gerne in diesem Bereich engagie- besorgniserregend erscheint. Zahlreiche Untersu- (54 Prozent). Ein Drittel gibt hier Angst an, fast ren würden. Insgesamt sagen 65 Prozent der chungen und Veröffentlichungen thematisieren 25 Prozent sogar Ausweglosigkeit. Positiv be- Befragten, dass sie wegen der Schule eher zu die alarmierenden Zahlen von Jugendlichen mit setzte Assoziationen werden lediglich mit neun wenig oder sogar viel zu wenig Zeit für Freizeit- Schlaf- und Essstörungen, mit Drogenproblemen Prozent (Glück), vier Prozent (Ausgelassenheit) beschäftigungen haben. oder psychischen Belastungen. Die Befragung und 3,5 Prozent (Entspannung) angegeben, Die dargestellten Angaben dramatisieren der Herner SchülerInnenvertretung zeigt, dass einzig deutlich stärker positiv assoziiert werden sich noch, betrachtet man ausschließlich die viele Jugendliche Schule als eine Institution FreundInnen mit 57 Prozent. Angaben aus den Abschlussklassen 10 bis 13. wahrnehmen, die ihnen in diesen Bereichen Als Folgen dieser Belastungssituation geben 90 Prozent dieser Jugendlichen assoziieren mit nicht nur unzureichend hilft, sondern diese über 60 Prozent der Teilnehmenden an, mit Schule Stress und 64 Prozent Überforderung – Probleme mit verursacht.
nds 5-2016 13 Für den Lebensbereich Schule geben die Be- Paradoxe Zielsetzungen fragten auch positive Rückmeldungen. Sie fühlen Die Schulpolitik formuliert immer wieder Ausgezeichnet sich in Schule also auch wohl. Diese Aussagen hochrangige Ziele, schafft aber gleichzeitig beziehen sich aber fast ausschließlich auf indivi- Strukturen, die das Erreichen dieser Vorgaben duelle, personalisierte und zwischenmenschliche unmöglich machen. Will Schule demokratisch Zusammenhänge wie FreundInnen oder das handelnde Menschen heranbilden, dann müs- gute Verhältnis zu LehrerInnen. Systemische sen Strukturen geschaffen werden, die diesen Setzungen – etwa die Anzahl von Klausuren, Menschen Teilhabe ermöglichen. Es reicht nicht die Länge der Schultage, Menge und Inhalt aus, zu betonen, wie wichtig ehrenamtliches des Unterrichtsstoffs oder die Ausstattung von Engagement ist oder wie bedeutsam die Mit- Schule – leisten hier kaum einen Beitrag. So kann gliedschaft in Sportvereinen, wenn gleichzeitig Die Umfrage „Wie geht es dir in der Schule?“ die These lauten: Die aufgezeigten Probleme ein großer Teil der Jugendlichen wegen der der SchülerInnenvertretung der Erich-Fried- ergeben sich durch systemische Setzungen, die Gesamtschule Herne wurde im März 2016 als Schule gar keine Zeit mehr dafür hat. Einerseits besonders förderungswürdig durch das Pro- Lösungen werden aber in weiten Teilen perso- werden große Summen in vorbildliche Projekte gramm „Demokratisch Handeln“ ausgezeich- nalisiert, also auf einzelne Personen abgewälzt. wie „Jedem Kind ein Instrument“ investiert, net. Im Rahmen der „Lernstatt Demokratie“ in Dass die wahrgenommenen Bedingungen andererseits werden Bedingungen geschaffen, Mönchengladbach hatten zwei Schülerinnen der für die Umsetzung schulsystemischer Setzungen SchülerInnenvertretung die Gelegenheit, Schul- die eine Weiterführung der gelegten Grundlagen ministerin Sylvia Löhrmann einen Teil der Ergeb- völlig unzureichend sind – etwa bei der Inklusion torpedieren. Schulische Bedingungen tragen nisse der Befragung vorzutragen. Die Umfrage oder der Integration von SeiteneinsteigerInnen –, dazu bei, dass Sportvereine, Kirchengemeinden dauert an: www.tinyurl.com/EFG-Umfrage ist längst kein Geheimnis mehr. Bei der im oder Jugendverbände weniger Ehrenamtliche Februar 2016 veröffentlichten forsa-Umfrage finden. Hier wird oft Gutes gesagt, aber das zur Zufriedenheit im Lehrerberuf lässt sich zum Gegenteil getan. Offensichtlich braucht es nicht Beispiel einerseits die hohe Arbeitsmotivation nur wesentlich bessere personelle, räumliche und von Lehrkräften nachlesen, während gleichzeitig sächliche Bedingungen, es braucht in gleichem Erich-Fried-Gesamtschule: Ergebnisse der die Schulpolitik fatal bewertet wird – in NRW mit PDF Umfrage „Wie geht es dir in der Schule?“ Ausmaß auch deutlich andere Ausrichtungen, - Alle Jahrgangsstufen der Schulnote 4,2. Lernende und Lehrende sitzen orientiert an einem tatsächlich ganzheitlichen www.tinyurl.com/EFG-Gesamt hier im selben Boot, denn in schwierigen Situa- Bildungsverständnis. // - Jahrgangsstufen 10 bis 13 tionen mit schlechten Gelingensbedingungen PDF www.tinyurl.com/Abschlussklassen sind die Kinder oftmals ebenso überfordert wie - Psychologische, psychiatrische und allge- die LehrerInnen. Für SchülerInnen kann dies Carsten Piechnik PDF meine medizinische Beratungsstellen Schülervertretungslehrer an der www.tinyurl.com/Psychologie-Beratung zu Stress und Überforderung beitragen, denn Erich-Fried-Gesamtschule in Herne - Institutionen der Kinder- und Jugend- zu einem nicht unwesentlichen Teil sind sie PDF arbeit, der Sportjugendarbeit und der diejenigen, die personalisiert die systemischen Musik- oder Kunstpädagogik Mängel mit lösen (müssen). www.tinyurl.com/Vereine-Verbaende Versichern und Bausparen Traditioneller Partner des öffentlichen Dienstes NEU Debeka-Landesgeschäftsstellen Chancenorientierte in Nordrhein-Westfalen 44135 Dortmund Privatrente Telefon (02 31) 61 01 - 0 40210 Düsseldorf Garantie und Renditechancen Telefon (02 11) 1 67 06 - 0 45894 Gelsenkirchen Innovative Produkte für Ihre Altersvorsorge. Telefon (02 09) 38 64 69 - 0 Informieren Sie sich jetzt. 50667 Köln Telefon (02 21) 20 86 - 0 48136 Münster Lebensve rsicherer Telefon (02 51) 48 31 - 0 www.debeka.de bens- Debeka Le a. G. in ungsvere versicher anders als andere
Foto: Helgi / photocase.de 14 BILDUNG Urban Gardening Demokratie wachsen lassen „Und wenn ich wüsste, dass morgen die Welt untergeht, ich würde heute noch ein Apfelbäumchen pflanzen“, sagte Martin Luther. Aber warum warten bis die Welt untergeht, wenn man doch gleich mit dem Pflanzen anfangen kann und damit genau diesen Untergang verhindert? In Tunesiens Hauptstadt setzen einige Kinder- und Jugendeinrichtungen auf Urban Gardening als Lernfeld für Demokratie und zivilgesellschaftliche Tugenden – und pflegen engen Kontakt nach Köln. Mit dabei sind auch ein Berufskolleg mit zeugungen spielen keine Rolle. Funktionieren den damit verbundenen Herausforderungen Schwerpunkt Bautechnik (Ibn Sina) sowie Vertre- kann das Ganze nur, wenn alle zusammenstehen auch gewachsen sind. terInnen der Stadtverwaltung und der Regierung. und gemeinsam anpacken. Dafür ist das Medium Garten ideal: Auf viel- Eine zehnköpfige Delegation aus Tunis besuchte Im Großen taten das die vier tunesischen fältige Weise können hier Selbstwirksamkeit und im August 2015 für eine Woche ihre Partnerstadt PreisträgerInnen des Friedensnobelpreises Verbundenheit erlebt werden. Die Abstimmung, Köln, um sich zu den Themen Urban Gardening, 2015 und machten damit den Anfang. Nun welche Pflanzen gesetzt werden, trainiert Kon- Schulgarten und Essbare Stadt zu informieren. sind alle BürgerInnen Tunesiens gefordert, die sensfähigkeit. Mit jeder Tomate wird auch immer Herzstück des Fachkräfteaustauschs war ein große Vision in kleinen Schritten in ihrem All- etwas Hoffnung gesät. Ihre Reifezeit lehrt, dass dreitägiger Workshop mit den MacherInnen tagsleben umzusetzen. Hier zeigt sich schnell, Veränderungen nicht mit einem kurzen Klick der Gartenwerkstadt Ehrenfeld, einem Urban dass es mit der Freiheit nicht immer so einfach oder einer einmaligen Anstrengung zu haben Gardening Projekt in Köln-Ehrenfeld. Hier be- ist, denn sie hat zwei Seiten: Die Freiheit von sind, dass sie aber – wenn man dranbleibt – sehr kamen sie konkretes Fachwissen an die Hand – Unterdrückung und Machtmissbrauch und die wohl Früchte tragen können. Mit einem Fest, von Bodenkunde über Kompost und Wasser- Freiheit für die Entscheidung, an welcher Stelle bei dem die Ernte gemeinsam zubereitet und speicherung bis zur Samenernte. ich meine bürgerliche Verantwortung für das gegessen wird, können Erfolge gefeiert und Mindestens ebenso wichtig wie das Fach- Gemeinwohl einbringe. Es handelt sich dabei Verbundenheit geschaffen werden. SchülerInnen wissen ist aber das logistische Management um einen Lernprozess der gesamten Gesell- mit wenig Aussicht auf Ausbildung und junge im Hintergrund, damit die freiwillig Aktiven schaft. Noch fehlt es an konkreten Vorbildern Erwachsene ohne Arbeit können im Umgang sinnvoll tätig werden können. In diesem Zusam- und Orientierungshilfen, wie Demokratie im mit Pflanzen Erfolgserlebnisse verbuchen, die menhang betonte der Geologe und Vorsitzende Alltagsleben praktiziert werden kann. Eltern, ihr Selbstbewusstsein wieder aufrichten. der Gartenwerkstadt Ehrenfeld Dr. Volker Emert, LehrerInnen und BildungspolitikerInnen sind Berührungsängste abbauen wie enorm wichtig die Konsensfindung sei. Aus hier deshalb besonders gefordert. diesem Grund waren die Psychologin Kaouther In jedem Fall bietet Urban Gardening eine Selbstwirksamkeit erfahren Horizonterweiterung. Nicht nur was gärtne- Eltaief von Ibn Sina und ihre MitstreiterInnen aus den Jugendzentren von Tunis so begeistert vom Die Demokratie als Staatsform ist in Tune- risches Fachwissen angeht, sondern auch in Urban Gardening: „Dieses Projekt greift starke sien ja selbst gerade erst in der Pubertät: Sie Bezug auf Menschen, mit denen man ansonsten soziale Komponenten wie Gruppendynamik und weiß genau, was schiefläuft und löst sich von wenige oder gar keine Berührungspunkte teilt. So Community Building auf.“ den autoritären Strukturen. Aber tatsächlich wie im Projekt von Kaouther Eltaief. Sie leitet das Verantwortung zu übernehmen, die Einsicht zu Gartenprojekt am Berufskolleg Ibn Sina in Tunis. Gärtnern im Geist gewinnen, dass dies notwendig ist, und dann Gemeinsam mit den StudentInnen entstand das der Französischen Revolution die Bereitschaft und Fähigkeit zur Umsetzung Motto: „Deine Stadt – Deine Verantwortung“. Die Parole der Französischen Revolution, die zu entwickeln – das sind Prozesse, die Zeit brau- Ein Flyer erläuterte die konkrete Projektidee. Mit der Impulsgeber für die erste Demokratie der chen. Und wie beim Umgang mit pubertären ihm zogen die jungen Leute in Zweierteams von Neuzeit war, beschreibt den Kern des Urban Jugendlichen ist auch hier das Wichtigste: im Haus zu Haus und warben um Teilnahme der Gardening treffend. Denn auch hier geht es um Gespräch bleiben. Angebote entwickeln, die Lust AnwohnerInnen. Über den Erfolg ihrer Aktion die Freiheit, sich jeden Tag neu entscheiden zu machen auf das Abenteuer Leben. Strategien waren sie am Ende selbst überrascht. „Eigentlich können, ob man mitmachen möchte oder nicht. ausarbeiten, die auch in dieser schwierigen habe ich nicht wirklich daran geglaubt, dass Auch Gleichheit gehört systemimmanent dazu: Phase Erfolgserlebnisse generieren und so die wir es schaffen, die Nachbarschaft zu mobili- Alter, Gesellschaftsschicht oder religiöse Über- Zuversicht fördern, dass die jungen Menschen sieren. Und das noch an einem Wochenende!“,
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