Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Neunzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
AUSGABE Neunzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern: 19 Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, JUNI 2021 Oberösterreich, Niederösterreich
INHALT | 2 Inhalt Nachruf Oberjäger i. R. Josef Lanner 49 Wir gratulieren zum runden Geburtstag 49 Die EU-Biodiversitätsstrategie 3 Blick über die Grenzen 5 Kärnten Nachgedacht: Quo vadis „Jagd Österreich“? 9 Der WALD – ein Freizeitpark? 50 Unser Gamswild – auch rechtlich besonders! 10 Nachruf Revierjäger Willi Sagerschnig 52 Der Alpensteinbock 14 Wir gratulieren herzlich 52 Ein Revier stellt sich vor: Zillergrund 16 WOLF Bestätigung - Kärnten / Saualpe 53 Eine Prise Wald – die Natur als Pandemie-Helfer 25 Wald-Wild-Konflikt 29 Steiermark Naturnutzung 2020 – ein Wertewandel? 54 Vorarlberg Was steckt hinter dem Namen WEGES? 56 FFH-Richtlinie, Gams, Wolf und Raumplanung 32 Umfrage: Naturnutzung durch den Menschen in den Wintermonaten 58 Tirol Obmann a.D. Wolfgang Rudorfer, ein 70er 60 Tiroler Berufsjägervereinigung: Zweigverein Reutte 36 Nachruf WM Rudolf Kathrein 40 Oberösterreich Österreichischer Berufsjägerlehrgang 2021 Forstfachschule Traunkirchen 62 in Rotholz/Tirol 41 Neue Kollegen 42 Niederösterreich Wildnisgebiet Dürrenstein 66 Salzburg Jammern und Sudern – reine Zeitverschwendung Novelle Wildökologische Raumplanung 44 Gedanken aus der Jagdpraxis 72 Gams im Hagengebirge 47 Abschied von ROJ Kurt Nutz 75 © Christoph Burgstaller IMPRESSUM: Herausgeber u.v.d.I.v.: Österreichische Berufsjägerverbände Redaktion: Heimo Kranzer, Schwaighof 203, 8913 Weng im Gesäuse, Tel.: 0664/2113174, Mail: kranzer@landesforste.at Titelbild: Christian Mayer Redaktionsteam: Birgit Kluibenschädl, Thomas Dornauer, Franz Naschberger (Tirol); Josef Hörl, Christoph Burgstaller, Georg Rieger (Salzburg); Walter Pucher (Kärnten); Corinna Gertenbach (Oberösterreich); Christoph Rogge (Niederösterreich); Jonathan Pucher (Steiermark); Manfred Vonbank (Vorarlberg); Fotos: Namentlich nicht gekennzeichnete Motive wurden vom jeweiligen Landesverband und der Redaktion zur Verfügung gestellt. © Medien Manufaktur Admont/Druckerei Wallig, Gröbming
3 | EDITORIAL Dr. Michl Ebner DIE EU-BIODIVERSITÄTSSTRATEGIE Die schleichende Einschränkung der Grundbesitzer, Landnutzer und Jäger War es Jahrzehnte lang die funktionierende Politik mancher Teile der Europäischen Kommission ihre eigentlichen politischen Absichten in Gesetzes- texten möglichst gut zu verbergen und zu hoffen, dass die betroffenen Mitgliedsstaaten, Bürger sowie Unternehmen dies nicht durchschauen, so kehrt sie in der Biodiversitätsstrategie davon ab. Es kann nämlich ohne Umschweife behauptet werden, dass die deutsche Kommissionspräsiden- tin Ursula von der Leyen und der holländische Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans leider sehr viele Forderungen der grünen Um- welt- und Tierlobby im copy & paste-Verfahren in ihren sog. EU Green Deal, insbesondere in die Biodiversitätsstrategie vom 20. Mai 2020, aufgenommen haben. Jagd, als politischer Vertreter der Jagdinteres- So mächtig wie die Umwelt- und Tierschutzver- sen in der Europäischen Union, habe ich mich bände gerade jetzt sind, waren sie es nie zuvor. gegen die versteckten politischen Absichten in Jetzt rächt sich leider, dass es die Landbesit- Gesetzestexten der Europäischen Kommission zer- bzw. Landnutzerverbände einschließlich mehrfach, massivst und oft auch mit Erfolg der Jagdvertretungen in der Vergangenheit nicht zur Wehr gesetzt. Durch klare Ansagen und ent- geschafft haben – weder finanziell noch durch sprechende Aktivitäten, konnte vieles verhindert übergreifende Zusammenarbeit – der grünen werden. Als ein Beispiel für viele, möchte ich Umwelt-Lobby etwas entgegenzusetzen. Sym- die drangsalierende Hygienerichtlinie nennen, bolhaft kann sicherlich der Umstand benannt wo die Kommission die Jäger zu inakzeptablen werden, dass unter Missachtung bereits geltender Maßnahme verpflichten wollte, u.a., dass wir Corona-Regel Anfang März 2020 die Klimaak- mit jedem Hasen zum Tierarzt zur Kontrolle müs- tivistin Greta Thunberg unter Applaus von der sen. In der FACE wurde mir der vorgeschlagene Leyens im Umweltausschuss des Europäischen finanzielle Schulterschluss mit dem CIC leider Parlaments ihre apokalyptischen Prophezeiungen nicht genehmigt. zum Zusammenbruch der Ökosysteme verkünden Aus Sicht mancher Jäger und Jagdfunktionäre durfte. Die anschließende Huldigung Gretas durch sind eine Vielzahl der Ziele der EU-Biodiversi- Europaabgeordnete war gewählten Volksvertreter tätsstrategie sogar willkommen: verbindliche unwürdig. Renaturierungsziele, Erhalt der biologischen In meiner parlamentarischen Tätigkeit im Euro- Vielfalt, noch weitere Ausrichtung der Agrarpolitik päischen Parlament und im besonderen während an Naturschutz, Ausweitung von Natura-2000 der Präsidentschaft der Intergruppe Nachhaltige Schutzgebiete, massive finanzielle Förderung
EDITORIAL | 4 von Programmen im Hinblick auf den Klima- tion im gesamten „terrestrischen Milieu“. Das schutz, drastische Reduzierung des Einsatzes Beschränkungsverfahren wurde gerade gestartet. von Mineraldünger, Pflanzenschutzmittel und Dass es unausgesprochen um die Einschränkung Tierarzneimitteln in der Landwirtshaft, Sanie- der Jagd an sich geht, kommt dadurch zum rung der Böden, etc. Was aber verharmlosend Ausdruck, dass ECHA in einem Video schlicht- unter einem „verantwortungsvollen Verhalten weg behauptet, dass eine Million Kinder durch der Unternehmer, das dem Naturkapital und der den Verzehr von Wildbret gefährdet seien und biologischen Vielfalt Rechnung trägt“ tatsächlich geistig eingeschränkt werden können („lower gemeint ist, ist eine so noch nie dagewesene und intellectual performance“). Sofort verlangten schleichende Enteignung der Grundbesitzern Tierschutzverbände ein vollständiges Verbot der einschließlich anderer Landnutzer wie Jäger. Schrotmunition aus Tierschutzgründen. Wenig So hatte die Kommission angeregt, in streng hilfreich in dieser Sache war die Position von geschützten Gebieten die Jagd einfach zu ver- Jagdverbänden aus den Niederlanden, Dänemark bieten – Ausgang noch immer offen. Weiterhin und Großbritannien, die verkündigt haben, dass sollen Landwirte, die bereits jetzt v.a. unter dem bleifreies Schrot gar nicht schlecht sei. Import von Lebensmittel aus Drittstaaten finanzi- In diesem Zusammenhang muss noch auf den ell auszubluten drohen, ihre Direktzahlungen nur Entwurf des Wahlprogramms der Grünen zur noch für Umwelt- und Klimaleistungen erhalten. deutschen Bundestagswahl im September 2021 Jagd als wichtiger Beitrag zum Erhalt der Bio- verwiesen werden. Ehrlicherweise wird dort offen diversität wird völlig außer Acht gelassen oder geschrieben: „Den privaten Waffenbesitz tödlicher sogar negiert. Die Liste der jagdbaren Wildarten Schusswaffen wollen wir weitestgehend beenden.“ soll weiterhin erheblich eingeschränkt werden. Ergo, keine Waffen, also auch keine Jagd und Die Vertretung von Jagdinteressen muss wis- keine Munition. Bereits in der Vergangenheit sensbasiert und sachkundig auf der einen Sei- hatten die Grünen das Verbot der Jagd mit Schrot, te, sowie klar und couragiert auf der anderen der Fallenjagd, der Nachtjagd, Trophäenjagd, der Seite sein. Mit den meisten Kompromissen und Baujagd und der Beizjagd verlangt, wobei die Entgegenkommen ist man in der Vergangenheit Liste der jagdbaren Arten auf Rot-, Dam- und schlecht gefahren, weil die Kompromissbereit- Rehwild sowie Wildschwein reduziert werden soll. schaft lediglich auf der Jagdseite vorhanden ist. Bewahrheiten sich die aktuellen Umfragewerte Die meisten Jagdgegner haben verstanden, dass von 28% der Grünen auch am 26.09.2021, wird die Zeit für eine Totalabschaffung der Jagd noch es eng für die Jagd in Deutschland. nicht gekommen ist, andererseits aber, dass man sich immer wieder auf ein Thema fixieren muss, ( Einschränkungen der Jagdzeiten, Fallenjagd, Reduzierung der jagdbaren Arten, Einschränkung durch Hygienebestimmungen, Einschränkung Dr. Michl Ebner ... durch bürokratische Auflagen usw.), um die ... seit Kindesbeinen an jagdlich interessiert, Jagd scheibchenweise zu verunmöglichen. Die hat mit 16 Jahren die Jagdprüfung bestanden. negativen Auswirkungen sind in den Niederlanden Er hat die Interessen der Jägerschaft in seinem und in Italien am augenscheinlichsten zu sehen. Heimatland Südtirol, als Abgeordneter im Dazu passend muss auf die leider krachende italienischen Parlament in Rom (1979 bis Niederlage der EU-Jägerschaft in der Debatte 1994), sowie als Parlamentarier im Europä- um ein Verbot von Bleischrot in Feuchtgebieten ischen Parlament in Brüssel und Straßburg verwiesen werden. Hatte man noch beschwichti- (1994 bis 2009) vertreten. Dort war er über gend gehofft, durch ein Befürworten eines solchen 10 Jahre Präsident der Intergruppe Jagd des limitierenden Verbots die gesamte Bleimunition zu Europäischen Parlamentes, der politischen retten, so wurde man sofort nach der politischen Vertretung der sieben Millionen Jäger in den Entscheidung dafür eines Anderen belehrt: Die europäischen Institutionen. Von 2016 bis Europäische Chemikalienagentur ECHA forderte 2019 war er Präsident der FACE, dem Zusam- promt ein ganzheitliches Verbot aller Bleimuni- menschluss der europäischen Jagdverbände.
5 | BLICK ÜBER DIE GRENZEN Blick über die Grenzen Berufsjäger-hauptberuflich als Schweißhundführer unterwegs Alle Fotos: © Michael Stadtfeld/Verein Schweißhundstation Schaalsee e.V. Nachsuche auf Keiler an der Ostsee Allein aus tierschutzrechtlicher Sicht ist die Lehrherr, alter Schule, Wildmeister Borngräber, Nachsuchenarbeit auf dem Gebiet der waidge- in Deutschland vielen ein Begriff in Sachen rechten Jagdausübung nicht wegzudenken. Für Schweißhundführung, hatte damals vier BGS im die Berufsjäger in ihren Revieren gilt es daher Zwinger. Die Arbeit mit den Schweißhunden war als selbstverständlich, einen Jagdhund, oftmals für uns Berufsjägerlehrlinge tägliche Selbstver- auch einen Schweißhund, am Riemen zu füh- ständlichkeit. Nach der Berufsjägerlehre ging es ren. Aber hauptberuflich die Nachsuchenarbeit für mich ins Gebirge und Chris Balke hat es weit auszuüben, das ist wohl einmalig. in den Norden in den Landkreis Herzogtum Lau- Berufsjäger und Rüdemeister Chris Balke ist der enburg verschlagen. Seit 25 Jahren ist er nun als einzige hauptberufliche Schweißhundführer in einziger hauptberuflicher Schweißhundführer Deutschland. Er Jagt seit seinem 16. Lebens- dort sehr erfolgreich und hat bisher bereits über jahr und hat sich der Jagd und den Jagdhunden 10.000 Nachsuchen- Einsätze durchgeführt. verschrieben. Er gehört inzwischen zu den bekanntesten Seit 1996 ist er Leiter der Schweißhundstation Schweißhundführern Deutschlands. Nicht nur Schaalsee/Kreis Herzogtum Lauenburg im Bun- durch seine exzellente Arbeit auf der Wundfähr- desland Schleswig-Holstein. Sie ist die älteste te. Er gibt sein Wissen und seine Erfahrungen Schweißhundstation in Deutschland und wur- im Fachbuch („Nachsuchen wie die Profis“), de 1957 gegründet. Mit dieser traditionellen Schweißhundstation wurde und wird bis heute das Leitsignal der Jägerschaft gesetzt: „Tier- schutz und Waidgerechtigkeit haben oberste Priorität!“ Aus unserer gemeinsamen Berufsjäger-Lehrzeit am Jägerlehrhof Jagdschloss Springe kenne und schätze ich Chris Balke. Wir hatten bei- de bereits in der Ausbildung Schweißhunde, Chris einen Hannoverschen und ich einen Baye- rischen Gebirgsschweißhund. Unser gestrenger Vorbereitung auf die Nachsuche
BLICK ÜBER DIE GRENZEN | 6 Film (DVD „Hetzlaut“), Fernsehreportagen und für seine wildreichen Reviere. Ein Großteil der auf unzähligen Veranstaltungen und Vorträgen Nachsuchen fällt beim Schwarzwild an, gefolgt weiter. Er ist dafür bekannt, ein Anhänger klarer vom Reh, Dam- und Rotwild. Die Nachsuchen Worte zu sein und seine Fachvorträge sind nicht gehen auch bis nach Mecklenburg- Vorpommern. nur ungemein informativ, sondern auch sehr Zum Glück haben wir da tierschutzkonforme Re- unterhaltsam. Die Wertschätzung seiner Arbeit gelungen, so ist es allen Nachsuchenführern der und seines Engagements in Sachen Hunde und Schweißhundstation erlaubt, revierübergreifend Nachsuchenarbeit wurde vom Deutschen Jagd- ihre Arbeit auf der Wundfährte fortzusetzen. Es schutz Verband (DJV) mit der Ehrenbezeichnung gelten weder Revier- noch Bundesländergrenzen! „Rüdemeister“ gewürdigt. Wie viele Hunde hast du bereits geführt? Schön, dass wir für die österreichische Berufsjä- Ich habe an die 70 Jagdhunde geführt. Dabei gerzeitung ein Interview mit dir über deine Nach- ist zu bedenken, dass die Hunde erst durch die suchenstation und deine Arbeit führen können. vielen Erfahrungen und erfolgreichen Einsätze zu wirklichen Profis heranreifen. „Ein Schweiß- Wie oft rückst du und dein Team im Jahr aus, hund wird nicht geboren, er wird gemacht.“ Die um mit euren Hunden beschossenes Schalen- Gründerväter der Schweißhundstation prägten wild nachzusuchen? 1957 den nach wie vor gültigen Grundsatz: Im letzten Jahr waren es 525 Nachsuchen. Über Kein Revierinhaber ist in der Lage, auf Grund die Nachsuchen- Einsätze wird genauestens der geringen Anzahl von Anschüssen im eigenen Buch geführt. Die Hälfte der Nachsuchen fällt Revier seinem Hund die zwingend notwendige bei Einzelansitzen an, der Rest bei Mais- und Erfahrung zu geben, um schwierige Nachsuchen Drückjagden. durchführen zu können. Welche Wildarten werden nachgesucht und wie Die Anzahl der Nachsuchen in deiner Schweiß- weit ist euer Aktionsradius? hundstation steigen stetig, was sind die Gründe Der Kreis Herzogtum Lauenburg ist bekannt dafür? Erfolgreiche Nachsuche
7 | SCHWEISSHUNDEFÜHRER Die meiste Nachsuchenarbeit liegt hier beim Wie wird die Schweißhundstation finanziert? Schwarzwild. Zunehmender Maisanbau, auch Die Schweißhundstation Schaalsee ist ein gefördert durch Biogasanlagen, sagt dem selbstständiger Verein, der unterstützt wird von Schwarzwild immer mehr zu, was sich auch an den Mitgliedern und den großzügigen Spenden den höheren Reproduktionsraten zeigt. Schwarz- des Vorstandes der Kreisjägerschaft. wild wird ganzjährig bejagt und wegen der dro- Die Gebühren für Mitglieder sind: Revierinhaber: henden Schweinepest nimmt der Druck auf die- 50 Cent/Hektar. Mitglieder genießen Vorteile. So se Wildart exorbitant zu. Falsch angewendete werden bei einer anfallenden Nachsuche keine Bejagungsmethoden (Nachtsichttechnik) tun ihr Kilometerpauschalen für die An- und Abfahrt Übriges, so dass zwangsläufig mehr Nachsuchen verrechnet. Nichtmitglieder zahlen 40 Cent/ entstehen. Kilometer. Nachsuchen-Gebühr: Erfolgreiche Nachsuche Kälber, Reh, Sau bis ca. 50 kg: 30 € Ein Grund für die beständig steigenden Mel- Starkes Wild, Hirsch, Keiler: 50 €, sowie Kon- dungen von Nachsuchen dürfte aber auch ein trolle/Fehlsuche: 20 €. Indikator dafür sein, dass man dir und deiner Schweißhundstation vertraut und den Dienst am Es gibt immer mehr Wölfe in Deutschland, sie angeschweißten Wild zu schätzen weiß. stellen für Jagdhunde ein ernst zu nehmendes Ri- Mein Wesen ist eine Mischung aus „schweiß- siko dar. Bei einer Nachsuche wurde deine Han- hundführerischer Schweigepflicht“ und einer noversche Schweißhündin „Aika“ von einem Wolf trotzdem direkten Art. Ich weise die Jäger auch schwer am Rücken verletzt, die Wunde hat sich auf ihr Fehlverhalten hin oder lobe sie, wenn sie entzündet und heilt schlecht. Du hast den Fall sich richtig verhalten. Gerade beim Verhalten publik gemacht, was waren die Folgen für dich? nach dem Schuss passieren die meisten Fehler, Es gab viel positives Feedback und aufmun- aus denen dann oft schwierige Nachsuchen ent- ternde Worte für meine Hündin, aber die Hass- stehen. Wir stehen auch auf dem Standpunkt: Postings, Beschimpfungen und Drohanrufe wa- „Jeder Büchsenschuss sollte kontrolliert wer- ren massiv – das macht schon nachdenklich. den“, denn so schnell schießt man nicht mehr vorbei. Dies wird von immer mehr verantwor- Es werden immer mehr Fälle in Zusammen- tungsbewussten Jägern beherzigt. hang mit dem Wolf bekannt, wo Beteiligte bit- ten, nicht namentlich genannt zu werden. Was Hast du noch Schweißhundführer, die dich un- glaubst du, sind die Gründe dafür? terstützen? Das Thema Wolf schlägt hohe Wellen in Deutsch- Die ersten 15 Jahre habe ich die Schweißhund- land. Natur- und Tierschutzvereine heften sich station allein betreut. Jetzt habe ich zur Unter- den Wolf an ihre Seite und können durch ihn als stützung des Teams noch drei ehrenamtliche, lukrativen Werbeträger gerade bei der urbanen erfahrene Nachsuchenführer. Gerade zur Drück- Gesellschaft Millionen an Spenden kassieren. jagdsaison und an den Wochenenden häufen Sie verteidigen die Wölfe und deren angebliche sich die Nachsuchen und es müssen mehrere Harmlosigkeit bis aufs Äußerste. Denjenigen, so Gespanne der Schweißhundstation ausrücken. auch mir, die sich negativ oder kritisch zum The- ma Wolf äußern, weht dann ein eisiger Wind ins Gesicht! Ist der Wolf in deinem Nachsuchengebiet schon häufiger anzutreffen? Gerade bei hiesigen Drückjagden sind Wolfs- sichtungen jetzt nicht mehr die Ausnahme, son- dern eher schon die Regel. Wölfe halten sich ge- zielt bei Drückjagden auf, weil sie wissen, bzw. gelernt haben, hier gibt es Beute, in Form von Aufbrüchen oder auch krankem, angeschweiß-
SCHWEISSHUNDEFÜHRER | 8 tem Wild, was sich leicht erbeuten lässt. Dies entsprechenden Konflikten und kann für unsere wird den Hunden, die zum Stöbern geschnallt Jagdhunde lebensgefährlich sein. werden, oder wie auch bei meiner Hündin am Wundbett, zum Verhängnis. Eine letzte Frage: Du hast vielen leidenden Wild- tieren direkt in die Augen geblickt. Wird man da Von sogenannten Wolfsexperten wird gebetsmüh- nicht nachdenklich? lenartig verkündet, der optimale Erhaltungszu- Die Freude, dem Leid ein Ende gesetzt zu haben stand der Wolfspopulation ist (noch lange) nicht überwiegt und natürlich die oft unglaubliche erreicht. Wie siehst du das? Leistung unserer Jagdhunde hautnah zu erle- Die angegebenen Wolfszahlen können in meinen ben. Aber ja, manchmal möchte man schon den Augen nicht stimmen. Die hohe Reproduktions- Jägern ins Gewissen reden, sorgfältiger zu schie- rate wird unterschätzt. Dadurch kommt es jetzt ßen, entsprechend starke Kaliber zu wählen schon zu immer mehr Konflikten mit Menschen/ (gerade beim Schwarzwild) und sich vielleicht Hund und Wolf. Die Situation wird sich noch trotz neuester technischer Errungenschaften weiter verschärfen. (z.B.Nachtsichttechnik) bewusst zu machen, Hunde sollen bei Drückjagden in Wolfsgebie- dass am Ende doch entscheidet, was der Steuer- ten (also demnächst in ganz Deutschland) nicht mann am Abzug für Sorgfalt walten lässt. Nicht mehr geschnallt werden. Wo bleibt da der Tier- die neueste Technik per se ist schlecht, sondern schutz? Müssen wir bald auf die Nachsuche von der, der sie missbraucht. krankem Wild verzichten? Chris Balke, ich danke dir für das interessante Es ist davon auszugehen, dass Angriffe von Wöl- Interview und hoffe, dass diese wichtige Arbeit fen auf Hunde bei Drückjagden oder Nachsu- am Wild künftig noch mehr Wertschätzung er- chen häufiger werden, wenn der Wolf sich wei- fährt. Weiterhin alles Gute für deine Arbeit mit terhin so rasant verbreitet und gleichzeitig sein den Hunden. unantastbarer Heiligenschein aufrechterhalten wird. Dadurch lernt der Wolf, dass der Mensch Ho Rüd Ho für ihn keine Gefahr darstellt und verliert sei- ne natürliche Scheu. Dies führt zwangsläufig zu Das Interview führte ROJ Corinna Gertenbach. Schweißhündin wurde bei Nachsuche von Wolf verletzt
9 | NACHGEDACHT Quo vadis „Jagd Österreich“? Die Jagd, sofern sie nachhaltig durchgeführt wird, Wo ist der Aufschrei der Marke „Jagd Österreich“? leistet erwiesenermaßen einen wichtigen Beitrag Geschätzte Funktionäre, es ist Ihnen allen bekannt, zum Artenschutz. „dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Österrei- Auch wenn nur 1,5 Prozent der Bevölkerung in ch relevante Verletzungen der FFH-Richtlinie Österreich selbst auf die Jagd gehen, lassen die im Zusammenhang mit der Nutzung des Gams- jagdlichen Themen nur wenige kalt. Nach wie vor wildes stattfinden. Die Monitoringverpflichtung stellt der Großteil der Menschen auch in urbanen (Gamswild) nach Art. 11. der FFH-Richtlinie, Bereichen nicht infrage, dass wir in unserer Kul- wird nicht dem Gesetz entsprechend, wie das der turlandschaft Wildtiere „managen“ müssen. Wie Europäische Gerichtshof fordert, durchgeführt. Der allgemein bekannt ist, gibt es Arten, die durch die Europäische Gerichtshof welcher die Erfüllung der Form der Landnutzung des Menschen profitieren Überwachungspflicht als für die Wirksamkeit der und in ihrem Bestand zunehmen. Dies führt zu Richtlinie wesentlich ansieht, verlangt, dass das Konflikten zwischen Wildtieren und Menschen, innerstaatliche Recht den Behörden genaue Vor- nicht nur in der Land- und Forstwirtschaft, son- schriften zur Überwachung des Erhaltungszustands dern auch bei Gartenbesitzern, Anglern oder auch der relevanten Arten macht.“ (Dr. Schaffgotsch Fußballvereinen (wenn nämlich die Wildschweine BJZ 1/21) Alle wissen, dass bei der derzeitigen vor dem wichtigen Heimspiel das Spielfeld um- Gamswild-INTENSIV-Bejagung schwere rechtliche gewühlt haben). Bedenken vorhanden sind. Wann kommt endlich Andererseits gibt es auch Wildtiere, die in unserer der große Aufschrei, wann gehen couragierte Jä- Kulturlandschaft auf der Verliererseite stehen, ger rechtlich gegen diese Missstände vor, warum wie z.b. das Gamswild, Schonzeitaufhebungen/ wird hier nichts unternommen? Wir brauchen Freizonen/ Totalabschuss. Einer Wildart, welche endlich einen Präzedenzfall! Selbstverständlich zudem noch unter dem erweiterten/ besonderen braucht es Bestrebungen, Schalenwildbestände Schutz der EU/FFH Richtlinie steht, wird einfach in wo notwendig zu regulieren. vielen Gebieten des Alpenbogens der Lebensraum Jedoch muss endlich allen Verantwortlichen, und die Lebensberechtigung entzogen. hier vor allem den staatsnahen Forstbetrieben, Lebensraumverlust führt zu ausgedünnten Popu- bewusst werden, ihren gesellschaftlichen Auftrag lationen und in der Folge lokal zum Aussterben. umzusetzen, und unsere Umwelt, einschließlich Wo sind hier die Schutzgebiete? Wirksamer Na- der Lebensräume unserer heimischen Schalen- turschutz findet schließlich auf der Fläche statt wildarten, nicht nur als Wirtschaftsgut anzuerken- und sollte für Tiere und Pflanzen gleich gelten. Die nen, sondern auch als Ökosystem zu fördern und Jagd findet regelmäßig ihren Weg in die Medien. zu schützen. Artenvielfalt und letztlich auch die Erst kürzlich wurde beispielsweise in der „Presse“ Erlebbarkeit und das Wohlbefinden von Wildtier- wieder diskutiert, ob nicht auch die Rückkehr von beständen müssen ebenfalls die Notwendigkeit Luchs, Bär und Wolf unsere heimischen Wildtiere einer gleichwertigen Berücksichtigung finden. regulieren könnten. Es braucht endlich mutige Schritte und keine Warum wird dieses hohe Medieninteresse von ewigen Lippenbekenntnisse. Es rumort kräftig in Seiten der Jägerschaft nicht besser genützt. Was der „Jagd Österreich“. ist los mit unseren Landesjagdverbänden - Lan- Einen hoffentlich wieder entspannten Sommer und desjägermeistern? Gsund bleiben wünscht Ihnen das Redaktionsteam.
GAMSWILD | 10 Unser Gamswild – auch rechtlich besonders! © Christian Mayer Der vorliegende Artikel setzt sich mit den rechtli- Der internationale Rat zur Erhaltung des Wildes chen Besonderheiten auseinander, die auf Grund- und der Jagd CIC und die Deutsche Wildtier lage der europarechtlichen Vorgaben im Umgang Stiftung haben diese Tendenzen zum Anlass ge- mit dem Gamswild zu beachten sind. nommen, eine groß angelegte Studie über die Für jeden Naturliebhaber ist die Begegnung mit Gams in Europa durchzuführen und dabei die einer Gams etwas Besonderes. Einer der Gründe Situation und den Handlungsbedarf im Alpenraum liegt in der Seltenheit dieser Tiere – verteilen sehr detailliert analysiert. Die Lektüre1 des im sich doch auf dem gesamten Alpenbogen gerade Februar 2020 veröffentlichten Endberichts die- einmal knapp 450.000 Exemplare dieser Wildart. ser Studie sei jedem Gamsliebhaber empfohlen. Das liegt zum anderen aber natürlich auch an der Die fachlichen Grundlagen für eine sachliche beeindruckenden Kulisse des angestammten Ha- Diskussion sind immer unentbehrlich. In dieser bitats und der außergewöhnlichen Spezialisierung Studie wurden sie ganz aktuell und übersichtlich dieser Tiere, die sich perfekt an die schwierigen zusammengefasst. Lebensbedingungen angepasst haben. Es gibt aber auch besorgniserregende Tendenzen. Der rechtliche Rahmen Nicht alle relevanten Entscheidungsträger schei- Es ist Allgemeinwissen, dass das Gamswild eine nen die Besonderheiten zu erkennen und wert „Anhang-V-Art“ im Sinne der FFH-Richtlinie ist. zu schätzen. Großflächige Totalaufhebungen al- Was das aber im Einzelnen bedeutet, ist häufig ler Schonzeiten in Nachbarländern, klimatische unklar; manche Fragen sind natürlich auch noch Veränderungen, anthropogene Stressoren und immer rechtlich umstritten. eine teilweise überhandnehmende, individuelle Außer Streit steht jedenfalls das Ziel der FFH- Rücksichtslosigkeit, bringen die Wildart da und Richtlinie. In ihrem Art. 2 ist es definiert. Die dort unter erheblichen Druck. Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung https://www.deutschewildtierstiftung.de/naturschutz/gaemse-der-konflikt-in-bayern/studie2020-die-gams-in-europa.pdf
11 | GAMSWILD © Christoph Burgstaller der natürlichen Lebensräume und durch die Er- Daten der Populationsdynamik zeigen, dass die haltung der wildlebenden Tiere und Pflanzen Art im natürlichen Lebensraum lebensfähig ist soll erreicht werden. Die erste Säule ist also der und bleibt, ihr Verbreitungsgebiet weder abnimmt Habitatschutz und die zweite Säule der Schutz noch in absehbarer Zeit abnehmen wird, und ein bestimmter Arten – unabhängig von ihrem Auf- genügend großer Lebensraum vorhanden ist und enthaltsort. Natürlich überschneiden sich beide bleiben wird, um langfristig ein Überleben der Bereiche dort, wo eine geschützte Art in einem Populationen dieser Art zu sichern. Damit sind geschützten Habitat vorkommt. auch Prognosen auf „absehbare Zeit“ maßgeblich. Die Richtlinie unterscheidet in der Folge nach der Bedeutung der Arten und Habitate. Es werden Die Überwachung des Erhaltungszustands unter ihnen jene identifiziert, die „von gemein- Es versteht sich von selbst, dass Aussagen über schaftlichem Interesse“ sind. Zu diesen Arten den Erhaltungszustand einer Art nur getroffen gehören die in den Anhängen der Richtlinie auf- werden können, wenn dieser Erhaltungszustand gelisteten – darunter eben das Gamswild gemäß erfasst wird. Das sieht die Richtlinie zu Ihrem Anhang V der Richtlinie. Artikel 11 auch ausdrücklich vor. Für alle von der Richtlinie adressierten Arten gilt, Wenig überraschenderweise betont auch die EU- dass der günstige Erhaltungszustand erhalten Kommission in ihrem Leitfaden zur Richtlinienaus- (oder wo er nicht gegeben ist) wieder erreicht legung, dass die gute Kenntnis und Überwachung werden soll. des Erhaltungszustandes ein tragendes Grund- prinzip des Artenschutzes ist. Der Europäische Der günstige Erhaltungszustand Gerichtshof hat dazu klargestellt, dass „die Über- Die Richtlinie selbst gibt eine Definition für diesen wachungspflicht für die Wirksamkeit der Richtlinie Begriff. Danach sind die Gesamtheit der Einflüsse wesentlich ist, und dass sie umfassend, klar und auf die Art, die sich langfristig auswirken, rele- bestimmt in das innerstaatliche Recht umgesetzt vant. Günstig ist der Erhaltungszustand, wenn die werden muss (EuGH C-6/04)“.
GAMSWILD | 12 Auf die fachlichen Einzelheiten, wie diese Über- Art. 14 zählt beispielhaft bestimmte Instrumente wachung stattzufinden hat, kann an dieser Stelle auf, die der Aufrechterhaltung des günstigen Erhal- nicht eingegangen werden. Der oben erwähnte tungszustandes dienen können und von den Mit- Endbericht der Gamswildstudie der Deutschen gliedstaaten eingesetzt werden können. Zu diesen Wildtier Stiftung und des CIC hat aber leider klar Instrumenten gehören auch Vorschriften bezüglich zum Vorschein gebracht, dass Österreich hier des Zugangs zu bestimmten Bereichen. In anderen bei Weitem nicht den Standard erfüllt, den das Worten: Die Richtlinie gibt eine Rechtsgrundlage europäische Recht gesetzt hat. Tatsächlich sind für allenfalls zu verhängende Betretungsverbote die Methoden des Gamswild-Monitorings ausge- oder zumindest Einschränkungen des Zugangs zu rechnet in Österreich und in Deutschland sehr bestimmten Bereichen. viel schlechter als beispielsweise in Frankreich oder Slowenien. Dort hat eine zuletzt verbesserte Art. 14 spricht in der erwähnten Aufzählung unter Methodik des Monitorings erwiesen, dass die anderem aber auch spezifische „weidmännische Populationsgröße deutlich geringer ist, als sie Regeln“ an, die von den Mitgliedstaaten vorgege- zuvor aufgrund der alten Monitoring-Methoden ben werden können. Die Richtlinie gibt hier also geschätzt worden war. eine Orientierung für die Mitgliedstaaten vor, die Die österreichischen Statusmeldungen beruhen allerdings deutlich zeigt, wie richtlinienkonformes auf mäßigen Datengrundlagen, die zum Teil hoch- Verhalten der Mitgliedstaaten aussieht. gerechnet wurden oder überhaupt auf Schät- Deutlich bestimmter und spezifischer sind die zungen zurückgehen, die auf Abschusszahlen Vorschriften des Art. 15 der Richtlinie. Hier wird über Jahrzehnte bis in die Siebzigerjahre zurück- klargestellt, dass zum Schutz der Wildtiere, die greifen. Die Mangelhaftigkeit des Monitorings in durch die Aufnahme in Anhang V a.) geschützt Österreich indiziert auch eine bemerkenswerte sind (und das trifft auf den Gams zu), bestimmte Zahlendiskrepanz: Die unveränderten Angaben Verbote zu erlassen sind. Die Richtlinie zielt hier zur Gesamtpopulationsgröße reflektieren nicht die auf die Verhinderung nicht selektiver Maßnahmen, in Österreich seit Mitte der 1990er Jahre rück- durch die das örtliche Verschwinden von Populati- läufigen Streckenzahlen. Nun ist fraglos richtig, onen dieser Tierarten hervorgerufen, oder durch die dass Streckenentwicklungen nicht automatische diese Populationen schwer gestört werden könnten, Aussagen über Populationsentwicklungen ergeben, ab. Wieder beispielhaft werden bestimmte Fang- fachlich zu untersuchen und zu überprüfen wären und Tötungsmethoden ausdrücklich aufgezählt, solche Auffälligkeiten aber im Sinne des Art. 11 wie etwa nicht selektive Netze und Fallen, Gift, der FFH-Richtlinie jedenfalls. Das ist aber leider Begasung, halbautomatische Waffen mit mehr bisher nicht geschehen. als zwei Patronen im Magazin, der Einsatz von Österreich kommt daher trotz nachvollziehbarer Flugzeugen oder fahrenden Kraftfahrzeugen. Zählungen durch manche LJV zum gegenwärtigen Die deutsche Fassung der Richtlinie verwendet Zeitpunkt insgesamt seiner Verpflichtung nach in der allgemeinen Verbotsklausel den Begriff der Art. 11 der FFH-Richtlinie im Hinblick auf das „nicht selektiven Geräte“. Das bedeutet allerdings Gamswild als einer Tierart von gemeinschaftlichem nicht, dass nicht selektive Methoden unter Einsatz Interesse nicht nach und verletzt damit seine potenziell selektiver Geräte zulässig wären. Dies Richtlinienverpflichtungen. ergibt sich nicht nur aus dem klaren Zweck des Art. 15, der die nicht selektive Tötung von dem Die Nutzung von Anhang-V-Arten Anhang V unterliegenden Wildtieren verbieten Die Art. 14 und 15 der FFH-Richtlinie regeln, möchte, sondern auch aus der französischen unter welchen Voraussetzungen eine dem Anhang oder englischen Fassung der Richtlinie. Die dort V unterfallende Art genutzt werden darf. Beide verwendeten Begriffe („means“ bzw. „moyens“) Artikel bauen natürlich auf der Annahme auf, sind weiter gefasst und schließen „Mittel und dass die jeweiligen Mitgliedstaaten die Überwa- Wege“ ein. chungsverpflichtungen gemäß Art. 11 erfüllen, Daraus ergibt sich die Verpflichtung Österreichs, um allenfalls notwendige Schlüsse aus diesen die jagdliche Nutzung des Gamswildes im Sinne Überwachungsmaßnahmen ziehen zu können. der Richtlinie so zu regeln, dass keine nicht selek-
13 | GAMSWILD tiven Methoden angewendet werden. Regelungen, wie sie beispielsweise das Vorarlberger Jagdrecht für das Rotwild kennt, für das nach § 35 Abs. 2 in den Freizonen gilt, dass „jedes Stück Rotwild, welches sich dort einfindet, sofort zu erlegen“ ist, sind für Gamswild als Art im Schutzbereich des Anhangs V der FFH-Richtlinie unzulässig. Bescheidmäßig vorgeschriebene Wildbehand- lungszonen, die zum gleichen Effekt führen, sind ebenso europarechtlich unzulässig und damit rechtswidrig. Wo also sogenannte Freihaltezonen unter Aufhebung sämtlicher Schonvorschriften und sämtlicher Selektionskriterien zur Bekämp- fung des Gamswildes vorgeschrieben werden, wird das geltende Europarecht verletzt. Dazu kommt im Übrigen noch die Frage, ob solche © Christian Mayer Maßnahmen überhaupt nach der Richtlinie für Anhang-V-Arten zulässig sein können, zumal sie die die genannten Auswirkungen von erheblicher keine Entnahmen zur nachhaltigen Nutzung der Relevanz haben könnten. geschützten Wildarten sind, sondern de facto Ak- tionen, die der Logik der Schädlingsbekämpfung Resümee durch Vertilgung von Tieren folgen – eine Logik Zum gegenwärtigen Zeitpunkt finden wir in Öster- die der Nutzung artengeschützter, besonderer reich relevante Verletzungen der FFH-Richtlinie im Tierarten allerdings völlig zuwider läuft und daher Zusammenhang mit der Nutzung des Gamswildes von vornherein unzulässig ist. vor. Die Monitoringverpflichtung nach Art. 11. der FFH-Richtlinie wird nicht so erfüllt, wie das Naturverträglichkeitsprüfung der Europäische Gerichtshof fordert, da er die Zuletzt ist noch darauf einzugehen, wann im Erfüllung der Überwachungspflicht als für die Rahmen von für das Gamswild relevanten Plänen Wirksamkeit der Richtlinie wesentlich ansieht und Projekten nach europäischem Recht das und verlangt, dass das innerstaatliche Recht den Konzept der Naturverträglichkeitsprüfung von Behörden genaue Vorschriften zur Überwachung Relevanz ist. Hier ist wichtig zu betonen, dass des Erhaltungszustands der relevanten Arten dies grundsätzlich nur in ausgewiesenen NATURA macht (EuGH C-6/04). 2000 Schutzgebieten zutreffen kann, weil der Soweit nichtselektive Abschüsse – etwa gar unter einschlägige Art. 6 der Richtlinie nur in beson- Aufhebung der Schonzeiten – vorgeschrieben deren Schutzgebieten gilt. Hier allerdings sind werden und dadurch insbesondere dem Arten- die Mitgliedstaaten verpflichtet, die geeigneten schutz fremde Konzepte verfolgt werden, liegen Maßnahmen zu treffen, um die Verschlechterung in Einzelfällen Verletzungen der europarechtlichen der natürlichen Lebensräume und Habitate der Verpflichtungen Österreichs vor. Arten sowie die Störung von Arten zu vermeiden, Wenn sich Österreich diese besondere Wildart sofern sich diese Störungen erheblich auswirken und ihre traditionelle Bejagung erhalten möchte, können. wäre es gut beraten, diese Fehler aus eigenen Pläne und Projekte, die solche Auswirkungen Stücken und in eigener Autonomie zu beheben haben können, sind prüfungspflichtig und dürfen und den immer notwendigen Interessensausgleich tatsächlich nicht zugelassen werden, wenn die mit Augenmaß und nach dem Grundsatz der Relevanzschwelle für Beeinträchtigungen über- Subsidiarität möglichst auf Ebene der einzelnen schritten wird. Solche Prüfungen sind nach dem Reviere herzustellen, bevor andere Mechanismen europarechtlichen Konzept also nicht nur auf die wirken, die leider zu oft mit allzu grobem Werk- Störung der Arten durch Bejagung beschränkt, zeug operieren. sondern sind auf alle Störfaktoren zu beziehen, Dr. Maximillian Schaffgotsch LL.M.
CAPRA IBEX | 14 Der Alpen- steinbock Der Alpensteinbock (Capra ibex) ist eine in den Alpen verbreitete Art der Ziegen. Er lebt dort auf der Höhe zwischen der Wald- und Eisgrenze. Dabei steigt er bis in Höhen von 3500 m auf. Der größte Feind des Steinbocks ist der Winter. Die Hälfte der jungen Kitze überlebt einen mil- den Winter nicht. In einem harten Winter fallen bis zu 75 % aus. Später Frost und Schnee, Gletscherspalten, Steinschlag und Lawinen bedrohen die Jungtiere besonders stark. Dank der Hufe mit gummiartigen Ballen und harten Rändern sind die Steinböcke gute Kletterer. Eine Steinbockherde setzt sich aus mehre- ren Weibchen und Jungtieren zusammen. Männliche Tiere bilden in der Jugend lockere Junggesellenherden, die alten Böcke werden oft zu Einzelgängern. Steinwild kann ein Alter um 20 Jah- re erreichen. Junge Bö- cke sind in der Regel heller gefärbt als alte. Die Jungtiere haben nach dem Setzen steingraue Wolle und bekommen im Herbst ihr ei- gentliches Winterhaar. Bilder @ Christoph Burgstaller
THOMAS DORNAUER | 16 Ein Revier stellt sich vor: Jagdverwaltung Zillergrund © Walter Sporer Ab Mayrhofen teilt sich das Zillertal in vier Seiten- der angesiedelt hat und in seiner Anzahl stabil täler, das Tuxertal, das Zemmtal, die Stillup und halten kann. Der Ziller erreicht anschließend den den Zillergrund. Der Zillergrund ist das Quelltal Stausee Zillergründl. Das Wasserkraftwerk wurde des Zillers, welcher unweit der Grenzen zwischen im Jahr 1987 fertiggestellt und ermöglicht einen Tirol, Salzburg und Südtirol entspringt. Nördlich Speicherinhalt von ca. 87 Millionen m³. Der Bau dieser Quelle befindet sich die Reichenspitzgruppe, des Wasserkraftwerkes war gleichsam die Grundlage wobei die Reichenspitze mit 3303 m die höchste der Erschließung des Zillergrundes im Talbereich Erhebung im Revier ist. Südlich der Quelle erhebt mit einer gut ausgebauten Mautstraße und einer sich der Zillertaler Hauptkamm. frühen Elektrifizierung. Das Zillergründl zwischen diesen beiden Gebirgs- Nach dem Stausee Zillergrund fließt der Ziller weiter zügen bildet mit dem Heilig-Geist-Jöchl den Tal- talauswärts und erreicht nach der Bärenbadalm abschluss und ist ein beliebter Grenzübergang schließlich die sogenannte Au. Die Au ist einer ins Südtiroler Ahrntal. Die Nähe zu Südtirol und der wenigen gänzlich lawinensicheren Orte im die relativ leichten Übergänge erklären, warum Zillergrund, weshalb wohl gerade deshalb die Jagd- einige Almen im Zillergrund auch heute noch von häuser dort errichtet wurden. Der Zillergrund hat Südtiroler Bauern bewirtschaftet werden. Diese ab hier sein charakteristisches, wildromantisches Grenzübergänge wurden in früherer Zeit auch zur Bild mit Almflächen im Talgrund und felsdurch- Wilderei benutzt. Die Südtiroler Wilderer waren setzte Fichtenwälder in den Mittellagen, welche durch die Abgeschiedenheit der hintersten Revier- in höheren Lagen in Zirben- und Lärchenwälder teile, die übersichtliche Lage über der Waldgrenze übergehen. Über der Waldgrenze befinden sich und der Nähe zur Landesgrenze den Jägern klar größere Kare und Hochalmen, welche teilweise im Vorteil. Bei einem der zahlreichen Duelle zwi- mit Rindern, Schafen und Ziegen beweidet wer- schen Jägern und Wilderern kam am 23.01.1923 den. Je weiter der Ziller fließt, desto sanfter wird der Auersperg´sche Jäger Waldner, unweit der das Tal. Im äußersten Bereich des Zillergrundes Quelle des Zillers, ums Leben. Dieser hochalpine befinden sich einige Wirtschaftswälder und auf Revierteil bietet vor allem dem Gamswild einen dem südseitigen Hang der Ort Brandberg, dessen geeigneten Lebensraum. Sehr erfreulich ist aber Gemeindegebiet sich fast über den gesamten Zil- auch, dass sich ein Bestand an Steinböcken wie- lergrund erstreckt. Der größte Teil des ca. 9500 ha
17 | REVIERVORSTELLUNG © Bernhard Sporer Abb. 1: Blick in den Zillergrund. Im hinteren Talbereich befindet sich der Speichersee großen Reviers der Jagdverwaltung Zillergrund der Lebensraum des Rotwildes auf weniger als wird von den Österreichischen Bundesforsten 6000 ha beschränkt. Als Hauptwildarten sind das angepachtet. Weiters werden kleinere Eigenjagden Rot- und Gamswild zu benennen. Der Bestand an gepachtet oder Abschussverträge abgeschlossen. Gamswild wird im Revier neben der Strenge der Winter vor allem von der Räude beeinflusst. Die Wildarten: Gamsräude trat im Zillertal erstmals im Jahr 1930 Im Revier kommen heute die Schalenwildarten in Gerlos auf1. Von dort dürfte sich die Krankheit Gams-, Stein-, Reh- und Rotwild vor, wobei sich weiter in die Zillertaler Alpen ausgebreitet haben. Abb. 2: Entwicklung der Abschusszahlen in den Revieren der JV Zillergrund © Thomas Dornauer
THOMAS DORNAUER | 18 © Walter Sporer Abb. 3: Das Gamswild ist eine der Hauptwildarten im Zillergrund Der Zillergrund grenzt an der nördlichen Revier- Beginn des 2. Weltkriegs erreicht haben, da mein grenze direkt an die Gerlos und süd-westlich an Urgroßvater, ROJ Max Dornauer, als „Räude-Jäger“ die Stillupp. ROJ Josef Aschenwald berichtet in im Zillergrund gebraucht wurde und dadurch vom seinem Buch „Ein Leben für die Jagd“2, welches Kriegsdienst verschont blieb. er über die Stillupp schrieb, dass die Räude dort In Abbildung 2 ist die Entwicklung der getätigten erstmals im Jahr 1954, also 24 Jahre nach dem Gamsabschüsse nach den zu Verfügung stehenden ersten dokumentierten Fall in Gerlos, bemerkt Aufzeichnungen für die Jagdverwaltung Zillergrund wurde. Den Zillergrund muss diese tragische dargestellt. Das Jahr 1977 fällt durch eine erste Krankheit, im Zeitraum zwischen 1930 und dem Spitze auf. © Walter Sporer © Thomas Dornauer Abb. 4: Steinböcke in der Reichenspitzgruppe Abb. 5: Der geeignete Lebensraum des Auerwildes verringerte sich auch im Zillergrund, beispielsweise durch die Beendigung der Waldweide
19 | JAGDVERWALTUNG ZILLERGRUND © Thomas Dornauer Abb. 6: Idealer Rotwildlebensraum in den Karen a b c d Abb. 7: Entwicklung des jungen Steinadlers im Zillergrund im Jahr 2020. Bilder: © Norbert Wierer
JAGDVERWALTUNG ZILLERGRUND | 20 © Elisabeth Hoflacher Abb. 8: Jagdherr Harke mit einem erlegten Hasen und seine fünf Berufsjäger (Johann Rahm, Michael Hoflacher, Franz Hoflacher, Josef Eder, Max Dornauer) © Elisabeth Hoflacher In diesem Jahr fielen 35 % der Abschüsse auf Hegeabschüsse Räude befallener Stücke3. Im darauffolgenden Jagdjahr waren es noch 21 %3. Der Bestand brach in diesen Jahren ein und somit konnten in den nachfolgenden Jahren deutlich weniger Gämsen erlegt werden. In den 1990 er Jahren, also ca. 12 Jahre später, erfolgte ein weiterer massiver Räudezug. Ab 2000 blieben die Jagdstrecken früherer Jahre im Mittel unerreicht. Über die möglichen Ursachen, warum die Bestände auch trotz der sehr zurückhaltenden Jagd nicht mehr, oder nur sehr langsam auf das Niveau frü- © Thomas Dornauer herer Jahre ansteigen, kann nur spekuliert werden. Abb. 9: Oberförster Edi Metzler mit den Berufsjägern Max Dornauer Das Rotwildkerngebiet im Sommer liegt heute und Franz Hoflacher (v.l.n.r.) nach der erfolgreichen Auerhahnjagd im Bereich der Waldkampfzone. Aufgelassene Almflächen und unbewirtschaftete Kare stellen ©Thomas Dornauer © Elisabeth Hoflacher Abb. 10: Jägerhaus und Jagdhaus in der Au wie sie bis ins Jahr Abb. 11: RJ Michael Hoflacher beim Austragen eines Stückes Rotwild 2000 bestanden
21 | THOMAS DORNAUER © Thomas Dornauer Abb. 12: Gamsraufe im Zillergrund. Die alte Sense ist noch erhalten, die Wildwiese leider schon längst zugewachsen insbesondere im Hinblick der Wildschadensver- lern als der Anfang vom Ende herausgestellt. meidung ideale Lebensräume dar. Diese Biotope Der Bestand an Rehwild ist im Zillergrund auf werden mit Ausnahme der Brunft nicht bejagt, eher geringem Niveau und in weiten Teilen des wodurch das Wild insbesondere in diesen Be- Reviers fehlt es gänzlich. Die Territorien der reichen tagaktiv ist. Die Bejagung erfolgt in scha- Rehböcke liegen im Schnitt deutlich über 10 densanfälligeren Bereichen, wie beispielsweise ha. Trotzdem können jährlich einige reife Böcke dem Wirtschaftswald. Das Rotwild findet sich in geerntet werden. Interessant ist auch, dass das den steilen felsdurchsetzten Karen gut zurecht. Rehwild insbesondere im hinteren Talbereich die Störungen, welche das Wild in diesem Gelände, größeren, in der Regel grobsteinigen, Schlagflä- in Panik versetzen, können aber schnell gefähr- chen meidet. Das Äsungsangebot in den Rinnen, lich werden und zu Abstürzen führen. Der Trend Lawinenstrichen und auf den Almwiesen scheint zu neuen Sportarten, wie beispielsweise dem attraktiver zu sein und Fluchtmöglichkeiten sind „Hike and Fly“, wo mit sehr leichten Schirmen dort natürlich auch wesentlich besser. von den Bergen ins Tal geflogen wird, oder auch In der Reichenspitzgruppe konnte sich wieder der verständliche Trend zur Erholung abseits der eine stabile Steinwildkolonie selbstständig, überlaufenen Wanderwege, konterkarieren dabei vermutlich aus den Hohen Tauern, ansiedeln auch hier zunehmend die bewährten jagdlichen und halten. Lenkungsmaßnahmen. Wiederansiedlungsprojekte wie jene 1975 auf Die dauerhafte Erhaltung und vor allem schad- der Ahornach Alpe, oder im Bereich des Brand- freie Bewirtschaftung des Rotwildes im Ziller- berger Kolms blieben durch Abwanderung und grund ist maßgeblich vom Erhalt einer Großjagd Räude langfristig erfolglos. abhängig. Aufteilungen von Revierteilen bzw. das Es können in den Revieren der Jagdverwaltung Wegfallen von zu gepachteten Eigenjagden haben Zillergrund aber auch das Auerwild (siehe Ab- sich bereits in der Vergangenheit in Nachbartä- bildung 5) und Birkwild bejagt werden.
THOMAS DORNAUER | 22 Mit etwas Glück können auch Schnee-, Hasel- Zillergrund auf ca. 2700 m errichtet5. Diese Art huhn oder sehr selten das Steinhuhn, Bart- und der Gamsjagd ist sicher streitbar, jedenfalls ist Gänsegeier beobachtet werden. es aber schon beeindruckend, welch örtliches Im Revier leben zumindest zwei Steinadlerpaare Wissen und Geschick notwendig gewesen sein und ein Jungadler, der im vergangenen Jahr in muss, um in bestimmten Rieglern das Gams- einem bekannten Adlerhorst unweit von der Au wild sogar von den Karen nach unten ins Tal zu aufgezogen wurde. Abbildung 6 zeigt die Ent- den Schützen zu treiben. Die Abschüsse waren wicklung dieses Jungadlers, die vom bekannten im Vergleich zu heute sehr gering, so wurden Zillertaler Naturfilmer Norbert Wierer bildlich beispielsweise im Jagdjahr 1866 in den großen festgehalten wurde. Das Bild 7a wurde am Mayrhofner Revieren 33 Stk Gams, davon 13 23.06. aufgenommen. Der Jungadler ist drei bei Gamstrieben, erlegt4. Wochen alt. Das Bild 7b wurde am 27.06, das Die Reviere im Zillergrund wurden später über Bild 7c am 23.07 und das Bild 7d am 6.08. lange Zeit von Großkonzernen wie der AEG, der aufgenommen. Am 08.08.2020 ist der Jung- Mannesmann AG und der Siemens AG gepachtet adler ausgeflogen. und stets von Berufsjägern betreut. Es wurden unter Einsatz großer finanzieller Mittel, von den Geschichtliches: Pächtern Jagdhütten errichtet, Pirsch- und so- Bekannt waren die hinteren Seitentäler des Zil- gar Reitsteige angelegt. Die Jagdpächter waren lertals insbesondere durch ihre guten Bestände es, die den Jagdwert durch diese Investitionen an Gamswild und Steinwild. Professor H. J. maßgeblich gesteigert haben. Lindermann hat zur Jagdgeschichte Mayrhofens Während die AEG den Zillergrund pachtete, geforscht. Von ihm stammt folgendes Zitat: „Die waren fünf Berufsjäger angestellt. Der Jagdherr Zillertaljagd stand einst an Berühmtheit hinter Herr Harke (AEG) war ein sehr passionierter wenigen europäischen Jagden zurück. Es war dies Weidmann, welcher den Erzählungen folgend namentlich zur Zeit der dortigen Steinwildhege die jährlich stattfindende Brackierjagd auf den von der Mitte des 16. Jahrhunderts an bis zu Hasen ebenso schätzte wie die Jagd auf die Gams. Beginn des 18. Jahrhunderts der Fall.“4 Der In Abbildung 10 sind das Jägerhaus (vorne) erste authentische Beweis, dass die Hege des und das Jagdhaus in der Au ersichtlich. Die Steinwildes in den hinteren Seitentälern bereits Berufsjäger lebten ganzjährig hier und waren früh große Bedeutung zukam, liefert die Anfrage Selbstversorger. Es wurde um 1950 beispiels- des Jägers Michael Läutaler, der im Jahre 1628 weise eine Kuh gehalten. Das Heu für den Winter das salzburgische Oberst-Hofmeisteramt um Auf- musste im Sommer teils kilometerweit zum Stall besserung seines Gehaltes bat, weil er nunmehr getragen werden. Flurnahmen wie die „Jägermäh- wegen Verschonen der Steinböcke nicht mehr der“ zeugen heute noch von dieser Zeit. Eine so viel den Gämsen nachsteigen dürfe, folglich Lichtstromversorgung wurde über ein kleines weniger an Schussgeldern einnehme.4 Wasserkraftwerk eingerichtet. Beide Gebäude Die damaligen Berufsjäger waren bei Adel und wurden später abgerissen und von der Mannes- Klerus beschäftigt. Ab dem Jahr 1862 hat die mann AG durch das an selber Stelle neu gebaute hinteren Seitentäler Fürst Vinzenz Karl von Au- Jagdhaus ersetzt, welches im Juni 2001 bezogen ersperg gepachtet. Der Zillergrund wurde von werden konnte. diesem ab 1867 an die Fürsten zu Fürstenberg Die Jagd im Zillergrund war und ist beschwerlich. weiterverpachtet. Es waren zu dieser Zeit 7 Be- Im Abbildung 11 ist RJ Michael Hoflacher beim rufsjäger von den Adelshäusern Auersperg und Austragen eines Stückes Rotwild im Jahr 1969 Fürstenberg beschäftigt, deren Aufgabe insbe- zu sehen. Im darauffolgenden Winter kam er sondere im Jagdschutz bestand. Dies waren die leider durch ein Lawinenunglück im Zillergrund Zeiten der großen Gamsriegler. ums Leben. Ein sehr alter, bis heute teilweise erhaltener, Eine wesentliche Hegemaßnahme der Berufsjäger weil aus Steinen gemauerter Schützenstand war auch das Gamsheu machen. Im Revier sind wurde zu dieser Zeit in der Reichenspitzgruppe noch viele Triststangen und einzelne Raufen auf der sogenannten Gamsscharte im Revier aus dieser Zeit zu finden. Die in Abbildung 12
23 | JAGDVERWALTUNG ZILLERGRUND ersichtliche Gamsraufe steht im Bereich der Au Heute: auf ca. 1750 m Seehöhe. Die Reviere werden heute von einem Jagdherrn, Ab ca. 1950 stieg auch der Rotwildbestand im der zwei Berufsjäger beschäftigt, einem Jagdleiter Zillergrund langsam an. Im Jagdjahr 1960 konn- und einem engagierten Helferteam bewirtschaftet ten in der EJ Zillergrund der ÖBF beispielsweise bzw. betreut. Die Reviergröße ermöglicht eine ge- drei Hirsche der Klasse Ib und zwei Hirsche der zielte Bejagung an schadensanfälligen Bereichen, Klasse IIb erlegt werden. In der Mitte des vorigen wie dem Wirtschaftswald im vorderen Talbereich Jahrhunderts wurden mehrere Rotwildfütterungen und die Einrichtung von Ruheflächen, in denen im Zillergrund errichtet und der damaligen Zeit das Wild keinerlei Schäden verursachen kann. entsprechend gefüttert. Infolge von Verände- Die Erfüllung der Abschusspläne und dabei rungen in der Waldbewirtschaftung hatten die die Minimierung der Störungen ist jagdlich die steigenden Rotwildstände jedoch immer weniger wichtigste Aufgabe im Revier. Da Wildruhezo- geeigneten Einstand im Nahbereich der Fütte- nen in Tirol durch die Politik immer noch nicht rungen. Durch den Einsatz des damaligen Berufs- im erforderlichen Ausmaß ermöglicht werden, jägers WM Andreas Aschenwald, des Jagdpächters müssen die Fluchtdistanzen des Wildes durch und vor allem der Landwirte der Stadelbachalm professionelle, vorsichtige, aber sehr effiziente Peter Heim, Michael Geisler aus Brandberg und Bejagung auf das mögliche Minimum reduziert Josef Geisler aus Mayrhofen konnte die einzige werden. Dadurch können die zunehmenden Stö- verbliebene Fütterung aus den Wirtschaftswäl- rungen durch die geänderten Freizeitaktivitäten dern der Österreichischen Bundesforste hinauf in der Natur zumindest zu einem gewissen Anteil in die Eigenjagd Stadelbachalm verlegt werden. kompensiert werden. Auf dieser Alm auf 1700 m Seehöhe gelingt es Neben der Jagd und den Revierarbeiten ist der seither, das Rotwild störungsfrei zu überwintern. kontinuierliche Austausch, die Findung und Abb. 13: BJ Thomas Dornauer und RJ Bernhard Sporer betreuen das Revier Zillergrund
Sie können auch lesen