Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Neunzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern

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Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Neunzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern
AUSGABE     Neunzehnte Ausgabe mit Berichten
            aus den Bundesländern:

 19         Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark,
JUNI 2021   Oberösterreich, Niederösterreich
Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Neunzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern
INHALT | 2

Inhalt                                                            Nachruf Oberjäger i. R. Josef Lanner                        49
                                                                  Wir gratulieren zum runden Geburtstag                       49
Die EU-Biodiversitätsstrategie                             3
Blick über die Grenzen                                     5
                                                                  Kärnten
Nachgedacht: Quo vadis „Jagd Österreich“?                  9
                                                                  Der WALD – ein Freizeitpark?                                50
Unser Gamswild – auch rechtlich besonders!                10
                                                                  Nachruf Revierjäger Willi Sagerschnig                       52
Der Alpensteinbock                                        14
                                                                  Wir gratulieren herzlich                                    52
Ein Revier stellt sich vor: Zillergrund                   16
                                                                  WOLF Bestätigung - Kärnten / Saualpe                        53
Eine Prise Wald – die Natur als Pandemie-Helfer           25
Wald-Wild-Konflikt                                        29
                                                                  Steiermark
                                                                  Naturnutzung 2020 – ein Wertewandel?                        54
Vorarlberg
                                                                  Was steckt hinter dem Namen WEGES?                          56
FFH-Richtlinie, Gams, Wolf und Raumplanung                32
                                                                  Umfrage: Naturnutzung durch den Menschen
                                                                  in den Wintermonaten                                        58
Tirol
                                                                  Obmann a.D. Wolfgang Rudorfer, ein 70er                     60
Tiroler Berufsjägervereinigung:
Zweigverein Reutte                                        36
Nachruf WM Rudolf Kathrein                                40      Oberösterreich
Österreichischer Berufsjägerlehrgang 2021                         Forstfachschule Traunkirchen                                62
in Rotholz/Tirol                                          41
Neue Kollegen                                             42      Niederösterreich
                                                                  Wildnisgebiet Dürrenstein                                   66
Salzburg                                                          Jammern und Sudern – reine Zeitverschwendung
Novelle Wildökologische Raumplanung                       44      Gedanken aus der Jagdpraxis                                 72
Gams im Hagengebirge                                      47      Abschied von ROJ Kurt Nutz                                  75

                                                                                                        © Christoph Burgstaller

                                                          IMPRESSUM:
                                 Herausgeber u.v.d.I.v.: Österreichische Berufsjägerverbände
  Redaktion: Heimo Kranzer, Schwaighof 203, 8913 Weng im Gesäuse, Tel.: 0664/2113174, Mail: kranzer@landesforste.at
                                                   Titelbild: Christian Mayer
Redaktionsteam: Birgit Kluibenschädl, Thomas Dornauer, Franz Naschberger (Tirol); Josef Hörl, Christoph Burgstaller, Georg Rieger
         (Salzburg); Walter Pucher (Kärnten); Corinna Gertenbach (Oberösterreich); Christoph Rogge (Niederösterreich);
                                 Jonathan Pucher (Steiermark); Manfred Vonbank (Vorarlberg);
Fotos: Namentlich nicht gekennzeichnete Motive wurden vom jeweiligen Landesverband und der Redaktion zur Verfügung gestellt.
                                   © Medien Manufaktur Admont/Druckerei Wallig, Gröbming
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3 | EDITORIAL

Dr. Michl Ebner

DIE EU-BIODIVERSITÄTSSTRATEGIE
Die schleichende Einschränkung
der Grundbesitzer,
Landnutzer und Jäger
War es Jahrzehnte lang die funktionierende Politik
mancher Teile der Europäischen Kommission ihre
eigentlichen politischen Absichten in Gesetzes-
texten möglichst gut zu verbergen und zu hoffen,
dass die betroffenen Mitgliedsstaaten, Bürger
sowie Unternehmen dies nicht durchschauen, so
kehrt sie in der Biodiversitätsstrategie davon ab.
Es kann nämlich ohne Umschweife behauptet
werden, dass die deutsche Kommissionspräsiden-
tin Ursula von der Leyen und der holländische
Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans
leider sehr viele Forderungen der grünen Um-
welt- und Tierlobby im copy & paste-Verfahren
in ihren sog. EU Green Deal, insbesondere in
die Biodiversitätsstrategie vom 20. Mai 2020,
aufgenommen haben.                                   Jagd, als politischer Vertreter der Jagdinteres-
So mächtig wie die Umwelt- und Tierschutzver-        sen in der Europäischen Union, habe ich mich
bände gerade jetzt sind, waren sie es nie zuvor.     gegen die versteckten politischen Absichten in
Jetzt rächt sich leider, dass es die Landbesit-      Gesetzestexten der Europäischen Kommission
zer- bzw. Landnutzerverbände einschließlich          mehrfach, massivst und oft auch mit Erfolg
der Jagdvertretungen in der Vergangenheit nicht      zur Wehr gesetzt. Durch klare Ansagen und ent-
geschafft haben – weder finanziell noch durch        sprechende Aktivitäten, konnte vieles verhindert
übergreifende Zusammenarbeit – der grünen            werden. Als ein Beispiel für viele, möchte ich
Umwelt-Lobby etwas entgegenzusetzen. Sym-            die drangsalierende Hygienerichtlinie nennen,
bolhaft kann sicherlich der Umstand benannt          wo die Kommission die Jäger zu inakzeptablen
werden, dass unter Missachtung bereits geltender     Maßnahme verpflichten wollte, u.a., dass wir
Corona-Regel Anfang März 2020 die Klimaak-           mit jedem Hasen zum Tierarzt zur Kontrolle müs-
tivistin Greta Thunberg unter Applaus von der        sen. In der FACE wurde mir der vorgeschlagene
Leyens im Umweltausschuss des Europäischen           finanzielle Schulterschluss mit dem CIC leider
Parlaments ihre apokalyptischen Prophezeiungen       nicht genehmigt.
zum Zusammenbruch der Ökosysteme verkünden           Aus Sicht mancher Jäger und Jagdfunktionäre
durfte. Die anschließende Huldigung Gretas durch     sind eine Vielzahl der Ziele der EU-Biodiversi-
Europaabgeordnete war gewählten Volksvertreter       tätsstrategie sogar willkommen: verbindliche
unwürdig.                                            Renaturierungsziele, Erhalt der biologischen
In meiner parlamentarischen Tätigkeit im Euro-       Vielfalt, noch weitere Ausrichtung der Agrarpolitik
päischen Parlament und im besonderen während         an Naturschutz, Ausweitung von Natura-2000
der Präsidentschaft der Intergruppe Nachhaltige      Schutzgebiete, massive finanzielle Förderung
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EDITORIAL | 4

von Programmen im Hinblick auf den Klima-            tion im gesamten „terrestrischen Milieu“. Das
schutz, drastische Reduzierung des Einsatzes         Beschränkungsverfahren wurde gerade gestartet.
von Mineraldünger, Pflanzenschutzmittel und          Dass es unausgesprochen um die Einschränkung
Tierarzneimitteln in der Landwirtshaft, Sanie-       der Jagd an sich geht, kommt dadurch zum
rung der Böden, etc. Was aber verharmlosend          Ausdruck, dass ECHA in einem Video schlicht-
unter einem „verantwortungsvollen Verhalten          weg behauptet, dass eine Million Kinder durch
der Unternehmer, das dem Naturkapital und der        den Verzehr von Wildbret gefährdet seien und
biologischen Vielfalt Rechnung trägt“ tatsächlich    geistig eingeschränkt werden können („lower
gemeint ist, ist eine so noch nie dagewesene und     intellectual performance“). Sofort verlangten
schleichende Enteignung der Grundbesitzern           Tierschutzverbände ein vollständiges Verbot der
einschließlich anderer Landnutzer wie Jäger.         Schrotmunition aus Tierschutzgründen. Wenig
So hatte die Kommission angeregt, in streng          hilfreich in dieser Sache war die Position von
geschützten Gebieten die Jagd einfach zu ver-        Jagdverbänden aus den Niederlanden, Dänemark
bieten – Ausgang noch immer offen. Weiterhin         und Großbritannien, die verkündigt haben, dass
sollen Landwirte, die bereits jetzt v.a. unter dem   bleifreies Schrot gar nicht schlecht sei.
Import von Lebensmittel aus Drittstaaten finanzi-    In diesem Zusammenhang muss noch auf den
ell auszubluten drohen, ihre Direktzahlungen nur     Entwurf des Wahlprogramms der Grünen zur
noch für Umwelt- und Klimaleistungen erhalten.       deutschen Bundestagswahl im September 2021
Jagd als wichtiger Beitrag zum Erhalt der Bio-       verwiesen werden. Ehrlicherweise wird dort offen
diversität wird völlig außer Acht gelassen oder      geschrieben: „Den privaten Waffenbesitz tödlicher
sogar negiert. Die Liste der jagdbaren Wildarten     Schusswaffen wollen wir weitestgehend beenden.“
soll weiterhin erheblich eingeschränkt werden.       Ergo, keine Waffen, also auch keine Jagd und
Die Vertretung von Jagdinteressen muss wis-          keine Munition. Bereits in der Vergangenheit
sensbasiert und sachkundig auf der einen Sei-        hatten die Grünen das Verbot der Jagd mit Schrot,
te, sowie klar und couragiert auf der anderen        der Fallenjagd, der Nachtjagd, Trophäenjagd, der
Seite sein. Mit den meisten Kompromissen und         Baujagd und der Beizjagd verlangt, wobei die
Entgegenkommen ist man in der Vergangenheit          Liste der jagdbaren Arten auf Rot-, Dam- und
schlecht gefahren, weil die Kompromissbereit-        Rehwild sowie Wildschwein reduziert werden soll.
schaft lediglich auf der Jagdseite vorhanden ist.    Bewahrheiten sich die aktuellen Umfragewerte
Die meisten Jagdgegner haben verstanden, dass        von 28% der Grünen auch am 26.09.2021, wird
die Zeit für eine Totalabschaffung der Jagd noch     es eng für die Jagd in Deutschland.
nicht gekommen ist, andererseits aber, dass man
sich immer wieder auf ein Thema fixieren muss,
( Einschränkungen der Jagdzeiten, Fallenjagd,
Reduzierung der jagdbaren Arten, Einschränkung
durch Hygienebestimmungen, Einschränkung               Dr. Michl Ebner ...
durch bürokratische Auflagen usw.), um die             ... seit Kindesbeinen an jagdlich interessiert,
Jagd scheibchenweise zu verunmöglichen. Die            hat mit 16 Jahren die Jagdprüfung bestanden.
negativen Auswirkungen sind in den Niederlanden        Er hat die Interessen der Jägerschaft in seinem
und in Italien am augenscheinlichsten zu sehen.        Heimatland Südtirol, als Abgeordneter im
Dazu passend muss auf die leider krachende             italienischen Parlament in Rom (1979 bis
Niederlage der EU-Jägerschaft in der Debatte           1994), sowie als Parlamentarier im Europä-
um ein Verbot von Bleischrot in Feuchtgebieten         ischen Parlament in Brüssel und Straßburg
verwiesen werden. Hatte man noch beschwichti-          (1994 bis 2009) vertreten. Dort war er über
gend gehofft, durch ein Befürworten eines solchen      10 Jahre Präsident der Intergruppe Jagd des
limitierenden Verbots die gesamte Bleimunition zu      Europäischen Parlamentes, der politischen
retten, so wurde man sofort nach der politischen       Vertretung der sieben Millionen Jäger in den
Entscheidung dafür eines Anderen belehrt: Die          europäischen Institutionen. Von 2016 bis
Europäische Chemikalienagentur ECHA forderte           2019 war er Präsident der FACE, dem Zusam-
promt ein ganzheitliches Verbot aller Bleimuni-        menschluss der europäischen Jagdverbände.
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5 | BLICK ÜBER DIE GRENZEN

                                                               Blick über die Grenzen
            Berufsjäger-hauptberuflich als
            Schweißhundführer unterwegs
                                         Alle Fotos: © Michael Stadtfeld/Verein Schweißhundstation Schaalsee e.V.

                                                                               Nachsuche auf Keiler an der Ostsee

Allein aus tierschutzrechtlicher Sicht ist die      Lehrherr, alter Schule, Wildmeister Borngräber,
Nachsuchenarbeit auf dem Gebiet der waidge-         in Deutschland vielen ein Begriff in Sachen
rechten Jagdausübung nicht wegzudenken. Für         Schweißhundführung, hatte damals vier BGS im
die Berufsjäger in ihren Revieren gilt es daher     Zwinger. Die Arbeit mit den Schweißhunden war
als selbstverständlich, einen Jagdhund, oftmals     für uns Berufsjägerlehrlinge tägliche Selbstver-
auch einen Schweißhund, am Riemen zu füh-           ständlichkeit. Nach der Berufsjägerlehre ging es
ren. Aber hauptberuflich die Nachsuchenarbeit       für mich ins Gebirge und Chris Balke hat es weit
auszuüben, das ist wohl einmalig.                   in den Norden in den Landkreis Herzogtum Lau-
Berufsjäger und Rüdemeister Chris Balke ist der     enburg verschlagen. Seit 25 Jahren ist er nun als
einzige hauptberufliche Schweißhundführer in        einziger hauptberuflicher Schweißhundführer
Deutschland. Er Jagt seit seinem 16. Lebens-        dort sehr erfolgreich und hat bisher bereits über
jahr und hat sich der Jagd und den Jagdhunden       10.000 Nachsuchen- Einsätze durchgeführt.
verschrieben.                                       Er gehört inzwischen zu den bekanntesten
Seit 1996 ist er Leiter der Schweißhundstation      Schweißhundführern Deutschlands. Nicht nur
Schaalsee/Kreis Herzogtum Lauenburg im Bun-         durch seine exzellente Arbeit auf der Wundfähr-
desland Schleswig-Holstein. Sie ist die älteste     te. Er gibt sein Wissen und seine Erfahrungen
Schweißhundstation in Deutschland und wur-          im Fachbuch („Nachsuchen wie die Profis“),
de 1957 gegründet. Mit dieser traditionellen
Schweißhundstation wurde und wird bis heute
das Leitsignal der Jägerschaft gesetzt: „Tier-
schutz und Waidgerechtigkeit haben oberste
Priorität!“
Aus unserer gemeinsamen Berufsjäger-Lehrzeit
am Jägerlehrhof Jagdschloss Springe kenne
und schätze ich Chris Balke. Wir hatten bei-
de bereits in der Ausbildung Schweißhunde,
Chris einen Hannoverschen und ich einen Baye-
rischen Gebirgsschweißhund. Unser gestrenger        Vorbereitung auf die Nachsuche
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BLICK ÜBER DIE GRENZEN | 6

Film (DVD „Hetzlaut“), Fernsehreportagen und        für seine wildreichen Reviere. Ein Großteil der
auf unzähligen Veranstaltungen und Vorträgen        Nachsuchen fällt beim Schwarzwild an, gefolgt
weiter. Er ist dafür bekannt, ein Anhänger klarer   vom Reh, Dam- und Rotwild. Die Nachsuchen
Worte zu sein und seine Fachvorträge sind nicht     gehen auch bis nach Mecklenburg- Vorpommern.
nur ungemein informativ, sondern auch sehr          Zum Glück haben wir da tierschutzkonforme Re-
unterhaltsam. Die Wertschätzung seiner Arbeit       gelungen, so ist es allen Nachsuchenführern der
und seines Engagements in Sachen Hunde und          Schweißhundstation erlaubt, revierübergreifend
Nachsuchenarbeit wurde vom Deutschen Jagd-          ihre Arbeit auf der Wundfährte fortzusetzen. Es
schutz Verband (DJV) mit der Ehrenbezeichnung       gelten weder Revier- noch Bundesländergrenzen!
„Rüdemeister“ gewürdigt.
                                                    Wie viele Hunde hast du bereits geführt?
Schön, dass wir für die österreichische Berufsjä-   Ich habe an die 70 Jagdhunde geführt. Dabei
gerzeitung ein Interview mit dir über deine Nach-   ist zu bedenken, dass die Hunde erst durch die
suchenstation und deine Arbeit führen können.       vielen Erfahrungen und erfolgreichen Einsätze
                                                    zu wirklichen Profis heranreifen. „Ein Schweiß-
Wie oft rückst du und dein Team im Jahr aus,        hund wird nicht geboren, er wird gemacht.“ Die
um mit euren Hunden beschossenes Schalen-           Gründerväter der Schweißhundstation prägten
wild nachzusuchen?                                  1957 den nach wie vor gültigen Grundsatz:
Im letzten Jahr waren es 525 Nachsuchen. Über       Kein Revierinhaber ist in der Lage, auf Grund
die Nachsuchen- Einsätze wird genauestens           der geringen Anzahl von Anschüssen im eigenen
Buch geführt. Die Hälfte der Nachsuchen fällt       Revier seinem Hund die zwingend notwendige
bei Einzelansitzen an, der Rest bei Mais- und       Erfahrung zu geben, um schwierige Nachsuchen
Drückjagden.                                        durchführen zu können.

Welche Wildarten werden nachgesucht und wie         Die Anzahl der Nachsuchen in deiner Schweiß-
weit ist euer Aktionsradius?                        hundstation steigen stetig, was sind die Gründe
Der Kreis Herzogtum Lauenburg ist bekannt           dafür?

Erfolgreiche Nachsuche
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7 | SCHWEISSHUNDEFÜHRER

Die meiste Nachsuchenarbeit liegt hier beim         Wie wird die Schweißhundstation finanziert?
Schwarzwild. Zunehmender Maisanbau, auch            Die Schweißhundstation Schaalsee ist ein
gefördert durch Biogasanlagen, sagt dem             selbstständiger Verein, der unterstützt wird von
Schwarzwild immer mehr zu, was sich auch an         den Mitgliedern und den großzügigen Spenden
den höheren Reproduktionsraten zeigt. Schwarz-      des Vorstandes der Kreisjägerschaft.
wild wird ganzjährig bejagt und wegen der dro-      Die Gebühren für Mitglieder sind: Revierinhaber:
henden Schweinepest nimmt der Druck auf die-        50 Cent/Hektar. Mitglieder genießen Vorteile. So
se Wildart exorbitant zu. Falsch angewendete        werden bei einer anfallenden Nachsuche keine
Bejagungsmethoden (Nachtsichttechnik) tun ihr       Kilometerpauschalen für die An- und Abfahrt
Übriges, so dass zwangsläufig mehr Nachsuchen       verrechnet. Nichtmitglieder zahlen 40 Cent/
entstehen.                                          Kilometer. Nachsuchen-Gebühr: Erfolgreiche
                                                    Nachsuche Kälber, Reh, Sau bis ca. 50 kg: 30 €
Ein Grund für die beständig steigenden Mel-         Starkes Wild, Hirsch, Keiler: 50 €, sowie Kon-
dungen von Nachsuchen dürfte aber auch ein          trolle/Fehlsuche: 20 €.
Indikator dafür sein, dass man dir und deiner
Schweißhundstation vertraut und den Dienst am       Es gibt immer mehr Wölfe in Deutschland, sie
angeschweißten Wild zu schätzen weiß.               stellen für Jagdhunde ein ernst zu nehmendes Ri-
Mein Wesen ist eine Mischung aus „schweiß-          siko dar. Bei einer Nachsuche wurde deine Han-
hundführerischer Schweigepflicht“ und einer         noversche Schweißhündin „Aika“ von einem Wolf
trotzdem direkten Art. Ich weise die Jäger auch     schwer am Rücken verletzt, die Wunde hat sich
auf ihr Fehlverhalten hin oder lobe sie, wenn sie   entzündet und heilt schlecht. Du hast den Fall
sich richtig verhalten. Gerade beim Verhalten       publik gemacht, was waren die Folgen für dich?
nach dem Schuss passieren die meisten Fehler,       Es gab viel positives Feedback und aufmun-
aus denen dann oft schwierige Nachsuchen ent-       ternde Worte für meine Hündin, aber die Hass-
stehen. Wir stehen auch auf dem Standpunkt:         Postings, Beschimpfungen und Drohanrufe wa-
„Jeder Büchsenschuss sollte kontrolliert wer-       ren massiv – das macht schon nachdenklich.
den“, denn so schnell schießt man nicht mehr
vorbei. Dies wird von immer mehr verantwor-         Es werden immer mehr Fälle in Zusammen-
tungsbewussten Jägern beherzigt.                    hang mit dem Wolf bekannt, wo Beteiligte bit-
                                                    ten, nicht namentlich genannt zu werden. Was
Hast du noch Schweißhundführer, die dich un-        glaubst du, sind die Gründe dafür?
terstützen?                                         Das Thema Wolf schlägt hohe Wellen in Deutsch-
Die ersten 15 Jahre habe ich die Schweißhund-       land. Natur- und Tierschutzvereine heften sich
station allein betreut. Jetzt habe ich zur Unter-   den Wolf an ihre Seite und können durch ihn als
stützung des Teams noch drei ehrenamtliche,         lukrativen Werbeträger gerade bei der urbanen
erfahrene Nachsuchenführer. Gerade zur Drück-       Gesellschaft Millionen an Spenden kassieren.
jagdsaison und an den Wochenenden häufen            Sie verteidigen die Wölfe und deren angebliche
sich die Nachsuchen und es müssen mehrere          Harmlosigkeit bis aufs Äußerste. Denjenigen, so
Gespanne der Schweißhundstation ausrücken.          auch mir, die sich negativ oder kritisch zum The-
                                                    ma Wolf äußern, weht dann ein eisiger Wind ins
                                                    Gesicht!

                                                    Ist der Wolf in deinem Nachsuchengebiet schon
                                                    häufiger anzutreffen?
                                                    Gerade bei hiesigen Drückjagden sind Wolfs-
                                                    sichtungen jetzt nicht mehr die Ausnahme, son-
                                                    dern eher schon die Regel. Wölfe halten sich ge-
                                                    zielt bei Drückjagden auf, weil sie wissen, bzw.
                                                    gelernt haben, hier gibt es Beute, in Form von
                                                    Aufbrüchen oder auch krankem, angeschweiß-
Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Neunzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern
SCHWEISSHUNDEFÜHRER | 8

tem Wild, was sich leicht erbeuten lässt. Dies        entsprechenden Konflikten und kann für unsere
wird den Hunden, die zum Stöbern geschnallt           Jagdhunde lebensgefährlich sein.
werden, oder wie auch bei meiner Hündin am
Wundbett, zum Verhängnis.                             Eine letzte Frage: Du hast vielen leidenden Wild-
                                                      tieren direkt in die Augen geblickt. Wird man da
Von sogenannten Wolfsexperten wird gebetsmüh-         nicht nachdenklich?
lenartig verkündet, der optimale Erhaltungszu-        Die Freude, dem Leid ein Ende gesetzt zu haben
stand der Wolfspopulation ist (noch lange) nicht      überwiegt und natürlich die oft unglaubliche
erreicht. Wie siehst du das?                          Leistung unserer Jagdhunde hautnah zu erle-
Die angegebenen Wolfszahlen können in meinen          ben. Aber ja, manchmal möchte man schon den
Augen nicht stimmen. Die hohe Reproduktions-          Jägern ins Gewissen reden, sorgfältiger zu schie-
rate wird unterschätzt. Dadurch kommt es jetzt        ßen, entsprechend starke Kaliber zu wählen
schon zu immer mehr Konflikten mit Menschen/          (gerade beim Schwarzwild) und sich vielleicht
Hund und Wolf. Die Situation wird sich noch           trotz neuester technischer Errungenschaften
weiter verschärfen.                                   (z.B.Nachtsichttechnik) bewusst zu machen,
Hunde sollen bei Drückjagden in Wolfsgebie-           dass am Ende doch entscheidet, was der Steuer-
ten (also demnächst in ganz Deutschland) nicht        mann am Abzug für Sorgfalt walten lässt. Nicht
mehr geschnallt werden. Wo bleibt da der Tier-        die neueste Technik per se ist schlecht, sondern
schutz? Müssen wir bald auf die Nachsuche von         der, der sie missbraucht.
krankem Wild verzichten?                              Chris Balke, ich danke dir für das interessante
Es ist davon auszugehen, dass Angriffe von Wöl-       Interview und hoffe, dass diese wichtige Arbeit
fen auf Hunde bei Drückjagden oder Nachsu-            am Wild künftig noch mehr Wertschätzung er-
chen häufiger werden, wenn der Wolf sich wei-         fährt. Weiterhin alles Gute für deine Arbeit mit
terhin so rasant verbreitet und gleichzeitig sein     den Hunden.
unantastbarer Heiligenschein aufrechterhalten
wird. Dadurch lernt der Wolf, dass der Mensch                           Ho Rüd Ho
für ihn keine Gefahr darstellt und verliert sei-
ne natürliche Scheu. Dies führt zwangsläufig zu       Das Interview führte ROJ Corinna Gertenbach.

Schweißhündin wurde bei Nachsuche von Wolf verletzt
Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Neunzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern
9 | NACHGEDACHT

Quo vadis „Jagd Österreich“?
Die Jagd, sofern sie nachhaltig durchgeführt wird,     Wo ist der Aufschrei der Marke „Jagd Österreich“?
leistet erwiesenermaßen einen wichtigen Beitrag        Geschätzte Funktionäre, es ist Ihnen allen bekannt,
zum Artenschutz.                                       „dass zum gegenwärtigen Zeitpunkt in Österrei-
Auch wenn nur 1,5 Prozent der Bevölkerung in           ch relevante Verletzungen der FFH-Richtlinie
Österreich selbst auf die Jagd gehen, lassen die       im Zusammenhang mit der Nutzung des Gams-
jagdlichen Themen nur wenige kalt. Nach wie vor        wildes stattfinden. Die Monitoringverpflichtung
stellt der Großteil der Menschen auch in urbanen       (Gamswild) nach Art. 11. der FFH-Richtlinie,
Bereichen nicht infrage, dass wir in unserer Kul-      wird nicht dem Gesetz entsprechend, wie das der
turlandschaft Wildtiere „managen“ müssen. Wie          Europäische Gerichtshof fordert, durchgeführt. Der
allgemein bekannt ist, gibt es Arten, die durch die    Europäische Gerichtshof welcher die Erfüllung der
Form der Landnutzung des Menschen profitieren          Überwachungspflicht als für die Wirksamkeit der
und in ihrem Bestand zunehmen. Dies führt zu           Richtlinie wesentlich ansieht, verlangt, dass das
Konflikten zwischen Wildtieren und Menschen,           innerstaatliche Recht den Behörden genaue Vor-
nicht nur in der Land- und Forstwirtschaft, son-       schriften zur Überwachung des Erhaltungszustands
dern auch bei Gartenbesitzern, Anglern oder auch       der relevanten Arten macht.“ (Dr. Schaffgotsch
Fußballvereinen (wenn nämlich die Wildschweine         BJZ 1/21) Alle wissen, dass bei der derzeitigen
vor dem wichtigen Heimspiel das Spielfeld um-          Gamswild-INTENSIV-Bejagung schwere rechtliche
gewühlt haben).                                        Bedenken vorhanden sind. Wann kommt endlich
Andererseits gibt es auch Wildtiere, die in unserer    der große Aufschrei, wann gehen couragierte Jä-
Kulturlandschaft auf der Verliererseite stehen,        ger rechtlich gegen diese Missstände vor, warum
wie z.b. das Gamswild, Schonzeitaufhebungen/           wird hier nichts unternommen? Wir brauchen
Freizonen/ Totalabschuss. Einer Wildart, welche        endlich einen Präzedenzfall! Selbstverständlich
zudem noch unter dem erweiterten/ besonderen           braucht es Bestrebungen, Schalenwildbestände
Schutz der EU/FFH Richtlinie steht, wird einfach in    wo notwendig zu regulieren.
vielen Gebieten des Alpenbogens der Lebensraum         Jedoch muss endlich allen Verantwortlichen,
und die Lebensberechtigung entzogen.                   hier vor allem den staatsnahen Forstbetrieben,
Lebensraumverlust führt zu ausgedünnten Popu-          bewusst werden, ihren gesellschaftlichen Auftrag
lationen und in der Folge lokal zum Aussterben.        umzusetzen, und unsere Umwelt, einschließlich
Wo sind hier die Schutzgebiete? Wirksamer Na-          der Lebensräume unserer heimischen Schalen-
turschutz findet schließlich auf der Fläche statt      wildarten, nicht nur als Wirtschaftsgut anzuerken-
und sollte für Tiere und Pflanzen gleich gelten. Die   nen, sondern auch als Ökosystem zu fördern und
Jagd findet regelmäßig ihren Weg in die Medien.        zu schützen. Artenvielfalt und letztlich auch die
Erst kürzlich wurde beispielsweise in der „Presse“     Erlebbarkeit und das Wohlbefinden von Wildtier-
wieder diskutiert, ob nicht auch die Rückkehr von      beständen müssen ebenfalls die Notwendigkeit
Luchs, Bär und Wolf unsere heimischen Wildtiere        einer gleichwertigen Berücksichtigung finden.
regulieren könnten.                                    Es braucht endlich mutige Schritte und keine
Warum wird dieses hohe Medieninteresse von             ewigen Lippenbekenntnisse. Es rumort kräftig in
Seiten der Jägerschaft nicht besser genützt. Was       der „Jagd Österreich“.
ist los mit unseren Landesjagdverbänden - Lan-         Einen hoffentlich wieder entspannten Sommer und
desjägermeistern?                                      Gsund bleiben wünscht Ihnen das Redaktionsteam.
Vorarlberg, Tirol, Salzburg, Kärnten, Steiermark, Oberösterreich, Niederösterreich - Neunzehnte Ausgabe mit Berichten aus den Bundesländern
GAMSWILD | 10

Unser Gamswild –
auch rechtlich besonders!
                                                                                                           © Christian Mayer

Der vorliegende Artikel setzt sich mit den rechtli-             Der internationale Rat zur Erhaltung des Wildes
chen Besonderheiten auseinander, die auf Grund-                 und der Jagd CIC und die Deutsche Wildtier
lage der europarechtlichen Vorgaben im Umgang                   Stiftung haben diese Tendenzen zum Anlass ge-
mit dem Gamswild zu beachten sind.                              nommen, eine groß angelegte Studie über die
Für jeden Naturliebhaber ist die Begegnung mit                  Gams in Europa durchzuführen und dabei die
einer Gams etwas Besonderes. Einer der Gründe                   Situation und den Handlungsbedarf im Alpenraum
liegt in der Seltenheit dieser Tiere – verteilen                sehr detailliert analysiert. Die Lektüre1 des im
sich doch auf dem gesamten Alpenbogen gerade                    Februar 2020 veröffentlichten Endberichts die-
einmal knapp 450.000 Exemplare dieser Wildart.                  ser Studie sei jedem Gamsliebhaber empfohlen.
Das liegt zum anderen aber natürlich auch an der                Die fachlichen Grundlagen für eine sachliche
beeindruckenden Kulisse des angestammten Ha-                    Diskussion sind immer unentbehrlich. In dieser
bitats und der außergewöhnlichen Spezialisierung                Studie wurden sie ganz aktuell und übersichtlich
dieser Tiere, die sich perfekt an die schwierigen               zusammengefasst.
Lebensbedingungen angepasst haben.
Es gibt aber auch besorgniserregende Tendenzen.                 Der rechtliche Rahmen
Nicht alle relevanten Entscheidungsträger schei-                Es ist Allgemeinwissen, dass das Gamswild eine
nen die Besonderheiten zu erkennen und wert                     „Anhang-V-Art“ im Sinne der FFH-Richtlinie ist.
zu schätzen. Großflächige Totalaufhebungen al-                  Was das aber im Einzelnen bedeutet, ist häufig
ler Schonzeiten in Nachbarländern, klimatische                  unklar; manche Fragen sind natürlich auch noch
Veränderungen, anthropogene Stressoren und                      immer rechtlich umstritten.
eine teilweise überhandnehmende, individuelle                   Außer Streit steht jedenfalls das Ziel der FFH-
Rücksichtslosigkeit, bringen die Wildart da und                 Richtlinie. In ihrem Art. 2 ist es definiert. Die
dort unter erheblichen Druck.                                   Sicherung der Artenvielfalt durch die Erhaltung

https://www.deutschewildtierstiftung.de/naturschutz/gaemse-der-konflikt-in-bayern/studie2020-die-gams-in-europa.pdf
11 | GAMSWILD

 © Christoph Burgstaller

der natürlichen Lebensräume und durch die Er-           Daten der Populationsdynamik zeigen, dass die
haltung der wildlebenden Tiere und Pflanzen             Art im natürlichen Lebensraum lebensfähig ist
soll erreicht werden. Die erste Säule ist also der      und bleibt, ihr Verbreitungsgebiet weder abnimmt
Habitatschutz und die zweite Säule der Schutz           noch in absehbarer Zeit abnehmen wird, und ein
bestimmter Arten – unabhängig von ihrem Auf-            genügend großer Lebensraum vorhanden ist und
enthaltsort. Natürlich überschneiden sich beide         bleiben wird, um langfristig ein Überleben der
Bereiche dort, wo eine geschützte Art in einem          Populationen dieser Art zu sichern. Damit sind
geschützten Habitat vorkommt.                           auch Prognosen auf „absehbare Zeit“ maßgeblich.
Die Richtlinie unterscheidet in der Folge nach der
Bedeutung der Arten und Habitate. Es werden             Die Überwachung des Erhaltungszustands
unter ihnen jene identifiziert, die „von gemein-        Es versteht sich von selbst, dass Aussagen über
schaftlichem Interesse“ sind. Zu diesen Arten           den Erhaltungszustand einer Art nur getroffen
gehören die in den Anhängen der Richtlinie auf-         werden können, wenn dieser Erhaltungszustand
gelisteten – darunter eben das Gamswild gemäß           erfasst wird. Das sieht die Richtlinie zu Ihrem
Anhang V der Richtlinie.                                Artikel 11 auch ausdrücklich vor.
Für alle von der Richtlinie adressierten Arten gilt,    Wenig überraschenderweise betont auch die EU-
dass der günstige Erhaltungszustand erhalten            Kommission in ihrem Leitfaden zur Richtlinienaus-
(oder wo er nicht gegeben ist) wieder erreicht          legung, dass die gute Kenntnis und Überwachung
werden soll.                                            des Erhaltungszustandes ein tragendes Grund-
                                                        prinzip des Artenschutzes ist. Der Europäische
Der günstige Erhaltungszustand                          Gerichtshof hat dazu klargestellt, dass „die Über-
Die Richtlinie selbst gibt eine Definition für diesen   wachungspflicht für die Wirksamkeit der Richtlinie
Begriff. Danach sind die Gesamtheit der Einflüsse       wesentlich ist, und dass sie umfassend, klar und
auf die Art, die sich langfristig auswirken, rele-      bestimmt in das innerstaatliche Recht umgesetzt
vant. Günstig ist der Erhaltungszustand, wenn die       werden muss (EuGH C-6/04)“.
GAMSWILD | 12

Auf die fachlichen Einzelheiten, wie diese Über-     Art. 14 zählt beispielhaft bestimmte Instrumente
wachung stattzufinden hat, kann an dieser Stelle     auf, die der Aufrechterhaltung des günstigen Erhal-
nicht eingegangen werden. Der oben erwähnte          tungszustandes dienen können und von den Mit-
Endbericht der Gamswildstudie der Deutschen          gliedstaaten eingesetzt werden können. Zu diesen
Wildtier Stiftung und des CIC hat aber leider klar   Instrumenten gehören auch Vorschriften bezüglich
zum Vorschein gebracht, dass Österreich hier         des Zugangs zu bestimmten Bereichen. In anderen
bei Weitem nicht den Standard erfüllt, den das       Worten: Die Richtlinie gibt eine Rechtsgrundlage
europäische Recht gesetzt hat. Tatsächlich sind      für allenfalls zu verhängende Betretungsverbote
die Methoden des Gamswild-Monitorings ausge-         oder zumindest Einschränkungen des Zugangs zu
rechnet in Österreich und in Deutschland sehr        bestimmten Bereichen.
viel schlechter als beispielsweise in Frankreich
oder Slowenien. Dort hat eine zuletzt verbesserte    Art. 14 spricht in der erwähnten Aufzählung unter
Methodik des Monitorings erwiesen, dass die          anderem aber auch spezifische „weidmännische
Populationsgröße deutlich geringer ist, als sie      Regeln“ an, die von den Mitgliedstaaten vorgege-
zuvor aufgrund der alten Monitoring-Methoden         ben werden können. Die Richtlinie gibt hier also
geschätzt worden war.                                eine Orientierung für die Mitgliedstaaten vor, die
Die österreichischen Statusmeldungen beruhen         allerdings deutlich zeigt, wie richtlinienkonformes
auf mäßigen Datengrundlagen, die zum Teil hoch-      Verhalten der Mitgliedstaaten aussieht.
gerechnet wurden oder überhaupt auf Schät-           Deutlich bestimmter und spezifischer sind die
zungen zurückgehen, die auf Abschusszahlen           Vorschriften des Art. 15 der Richtlinie. Hier wird
über Jahrzehnte bis in die Siebzigerjahre zurück-    klargestellt, dass zum Schutz der Wildtiere, die
greifen. Die Mangelhaftigkeit des Monitorings in     durch die Aufnahme in Anhang V a.) geschützt
Österreich indiziert auch eine bemerkenswerte        sind (und das trifft auf den Gams zu), bestimmte
Zahlendiskrepanz: Die unveränderten Angaben          Verbote zu erlassen sind. Die Richtlinie zielt hier
zur Gesamtpopulationsgröße reflektieren nicht die    auf die Verhinderung nicht selektiver Maßnahmen,
in Österreich seit Mitte der 1990er Jahre rück-      durch die das örtliche Verschwinden von Populati-
läufigen Streckenzahlen. Nun ist fraglos richtig,    onen dieser Tierarten hervorgerufen, oder durch die
dass Streckenentwicklungen nicht automatische        diese Populationen schwer gestört werden könnten,
Aussagen über Populationsentwicklungen ergeben,      ab. Wieder beispielhaft werden bestimmte Fang-
fachlich zu untersuchen und zu überprüfen wären      und Tötungsmethoden ausdrücklich aufgezählt,
solche Auffälligkeiten aber im Sinne des Art. 11     wie etwa nicht selektive Netze und Fallen, Gift,
der FFH-Richtlinie jedenfalls. Das ist aber leider   Begasung, halbautomatische Waffen mit mehr
bisher nicht geschehen.                              als zwei Patronen im Magazin, der Einsatz von
Österreich kommt daher trotz nachvollziehbarer       Flugzeugen oder fahrenden Kraftfahrzeugen.
Zählungen durch manche LJV zum gegenwärtigen         Die deutsche Fassung der Richtlinie verwendet
Zeitpunkt insgesamt seiner Verpflichtung nach        in der allgemeinen Verbotsklausel den Begriff der
Art. 11 der FFH-Richtlinie im Hinblick auf das       „nicht selektiven Geräte“. Das bedeutet allerdings
Gamswild als einer Tierart von gemeinschaftlichem    nicht, dass nicht selektive Methoden unter Einsatz
Interesse nicht nach und verletzt damit seine        potenziell selektiver Geräte zulässig wären. Dies
Richtlinienverpflichtungen.                          ergibt sich nicht nur aus dem klaren Zweck des
                                                     Art. 15, der die nicht selektive Tötung von dem
Die Nutzung von Anhang-V-Arten                       Anhang V unterliegenden Wildtieren verbieten
Die Art. 14 und 15 der FFH-Richtlinie regeln,        möchte, sondern auch aus der französischen
unter welchen Voraussetzungen eine dem Anhang        oder englischen Fassung der Richtlinie. Die dort
V unterfallende Art genutzt werden darf. Beide       verwendeten Begriffe („means“ bzw. „moyens“)
Artikel bauen natürlich auf der Annahme auf,         sind weiter gefasst und schließen „Mittel und
dass die jeweiligen Mitgliedstaaten die Überwa-      Wege“ ein.
chungsverpflichtungen gemäß Art. 11 erfüllen,        Daraus ergibt sich die Verpflichtung Österreichs,
um allenfalls notwendige Schlüsse aus diesen         die jagdliche Nutzung des Gamswildes im Sinne
Überwachungsmaßnahmen ziehen zu können.              der Richtlinie so zu regeln, dass keine nicht selek-
13 | GAMSWILD

tiven Methoden angewendet werden. Regelungen,
wie sie beispielsweise das Vorarlberger Jagdrecht
für das Rotwild kennt, für das nach § 35 Abs. 2
in den Freizonen gilt, dass „jedes Stück Rotwild,
welches sich dort einfindet, sofort zu erlegen“
ist, sind für Gamswild als Art im Schutzbereich
des Anhangs V der FFH-Richtlinie unzulässig.
Bescheidmäßig vorgeschriebene Wildbehand-
lungszonen, die zum gleichen Effekt führen, sind
ebenso europarechtlich unzulässig und damit
rechtswidrig. Wo also sogenannte Freihaltezonen
unter Aufhebung sämtlicher Schonvorschriften
und sämtlicher Selektionskriterien zur Bekämp-
fung des Gamswildes vorgeschrieben werden,
wird das geltende Europarecht verletzt. Dazu
kommt im Übrigen noch die Frage, ob solche            © Christian Mayer
Maßnahmen überhaupt nach der Richtlinie für
Anhang-V-Arten zulässig sein können, zumal sie        die die genannten Auswirkungen von erheblicher
keine Entnahmen zur nachhaltigen Nutzung der          Relevanz haben könnten.
geschützten Wildarten sind, sondern de facto Ak-
tionen, die der Logik der Schädlingsbekämpfung        Resümee
durch Vertilgung von Tieren folgen – eine Logik       Zum gegenwärtigen Zeitpunkt finden wir in Öster-
die der Nutzung artengeschützter, besonderer          reich relevante Verletzungen der FFH-Richtlinie im
Tierarten allerdings völlig zuwider läuft und daher   Zusammenhang mit der Nutzung des Gamswildes
von vornherein unzulässig ist.                        vor. Die Monitoringverpflichtung nach Art. 11.
                                                      der FFH-Richtlinie wird nicht so erfüllt, wie das
Naturverträglichkeitsprüfung                          der Europäische Gerichtshof fordert, da er die
Zuletzt ist noch darauf einzugehen, wann im           Erfüllung der Überwachungspflicht als für die
Rahmen von für das Gamswild relevanten Plänen         Wirksamkeit der Richtlinie wesentlich ansieht
und Projekten nach europäischem Recht das             und verlangt, dass das innerstaatliche Recht den
Konzept der Naturverträglichkeitsprüfung von          Behörden genaue Vorschriften zur Überwachung
Relevanz ist. Hier ist wichtig zu betonen, dass       des Erhaltungszustands der relevanten Arten
dies grundsätzlich nur in ausgewiesenen NATURA        macht (EuGH C-6/04).
2000 Schutzgebieten zutreffen kann, weil der          Soweit nichtselektive Abschüsse – etwa gar unter
einschlägige Art. 6 der Richtlinie nur in beson-      Aufhebung der Schonzeiten – vorgeschrieben
deren Schutzgebieten gilt. Hier allerdings sind       werden und dadurch insbesondere dem Arten-
die Mitgliedstaaten verpflichtet, die geeigneten      schutz fremde Konzepte verfolgt werden, liegen
Maßnahmen zu treffen, um die Verschlechterung         in Einzelfällen Verletzungen der europarechtlichen
der natürlichen Lebensräume und Habitate der          Verpflichtungen Österreichs vor.
Arten sowie die Störung von Arten zu vermeiden,       Wenn sich Österreich diese besondere Wildart
sofern sich diese Störungen erheblich auswirken       und ihre traditionelle Bejagung erhalten möchte,
können.                                               wäre es gut beraten, diese Fehler aus eigenen
Pläne und Projekte, die solche Auswirkungen           Stücken und in eigener Autonomie zu beheben
haben können, sind prüfungspflichtig und dürfen       und den immer notwendigen Interessensausgleich
tatsächlich nicht zugelassen werden, wenn die         mit Augenmaß und nach dem Grundsatz der
Relevanzschwelle für Beeinträchtigungen über-         Subsidiarität möglichst auf Ebene der einzelnen
schritten wird. Solche Prüfungen sind nach dem        Reviere herzustellen, bevor andere Mechanismen
europarechtlichen Konzept also nicht nur auf die      wirken, die leider zu oft mit allzu grobem Werk-
Störung der Arten durch Bejagung beschränkt,          zeug operieren.
sondern sind auf alle Störfaktoren zu beziehen,                     Dr. Maximillian Schaffgotsch LL.M.
CAPRA IBEX | 14

                                 Der Alpen-
                                   steinbock
                                    Der Alpensteinbock (Capra ibex) ist eine in den
                                    Alpen verbreitete Art der Ziegen. Er lebt dort auf
                                    der Höhe zwischen der Wald- und Eisgrenze.
                                    Dabei steigt er bis in Höhen von 3500 m auf.
                                    Der größte Feind des Steinbocks ist der Winter.
                                    Die Hälfte der jungen Kitze überlebt einen mil-
                                     den Winter nicht. In einem harten Winter fallen
                                      bis zu 75 % aus. Später Frost und Schnee,
                                     Gletscherspalten, Steinschlag und Lawinen
                                      bedrohen die Jungtiere besonders stark. Dank
                                      der Hufe mit gummiartigen Ballen und harten
                                       Rändern sind die Steinböcke gute Kletterer.
                                         Eine Steinbockherde setzt sich aus mehre-
                                          ren Weibchen und Jungtieren zusammen.
                                           Männliche Tiere bilden in der Jugend
                                             lockere Junggesellenherden, die alten
                                               Böcke werden oft zu Einzelgängern.
                                                Steinwild kann ein Alter um 20 Jah-
                                                re erreichen. Junge Bö-
                                                cke sind in der Regel
                                               heller gefärbt als alte.
                                             Die Jungtiere haben nach
                                          dem Setzen steingraue Wolle
                                    und bekommen im Herbst ihr ei-
                                    gentliches Winterhaar.

Bilder @ Christoph Burgstaller
THOMAS DORNAUER | 16

                  Ein Revier stellt sich vor:
                  Jagdverwaltung Zillergrund
© Walter Sporer

                  Ab Mayrhofen teilt sich das Zillertal in vier Seiten-   der angesiedelt hat und in seiner Anzahl stabil
                  täler, das Tuxertal, das Zemmtal, die Stillup und       halten kann. Der Ziller erreicht anschließend den
                  den Zillergrund. Der Zillergrund ist das Quelltal       Stausee Zillergründl. Das Wasserkraftwerk wurde
                  des Zillers, welcher unweit der Grenzen zwischen        im Jahr 1987 fertiggestellt und ermöglicht einen
                  Tirol, Salzburg und Südtirol entspringt. Nördlich       Speicherinhalt von ca. 87 Millionen m³. Der Bau
                  dieser Quelle befindet sich die Reichenspitzgruppe,     des Wasserkraftwerkes war gleichsam die Grundlage
                  wobei die Reichenspitze mit 3303 m die höchste          der Erschließung des Zillergrundes im Talbereich
                  Erhebung im Revier ist. Südlich der Quelle erhebt       mit einer gut ausgebauten Mautstraße und einer
                  sich der Zillertaler Hauptkamm.                         frühen Elektrifizierung.
                  Das Zillergründl zwischen diesen beiden Gebirgs-        Nach dem Stausee Zillergrund fließt der Ziller weiter
                  zügen bildet mit dem Heilig-Geist-Jöchl den Tal-        talauswärts und erreicht nach der Bärenbadalm
                  abschluss und ist ein beliebter Grenzübergang           schließlich die sogenannte Au. Die Au ist einer
                  ins Südtiroler Ahrntal. Die Nähe zu Südtirol und        der wenigen gänzlich lawinensicheren Orte im
                  die relativ leichten Übergänge erklären, warum          Zillergrund, weshalb wohl gerade deshalb die Jagd-
                  einige Almen im Zillergrund auch heute noch von         häuser dort errichtet wurden. Der Zillergrund hat
                  Südtiroler Bauern bewirtschaftet werden. Diese          ab hier sein charakteristisches, wildromantisches
                  Grenzübergänge wurden in früherer Zeit auch zur         Bild mit Almflächen im Talgrund und felsdurch-
                  Wilderei benutzt. Die Südtiroler Wilderer waren         setzte Fichtenwälder in den Mittellagen, welche
                  durch die Abgeschiedenheit der hintersten Revier-       in höheren Lagen in Zirben- und Lärchenwälder
                  teile, die übersichtliche Lage über der Waldgrenze      übergehen. Über der Waldgrenze befinden sich
                  und der Nähe zur Landesgrenze den Jägern klar           größere Kare und Hochalmen, welche teilweise
                  im Vorteil. Bei einem der zahlreichen Duelle zwi-       mit Rindern, Schafen und Ziegen beweidet wer-
                  schen Jägern und Wilderern kam am 23.01.1923            den. Je weiter der Ziller fließt, desto sanfter wird
                  der Auersperg´sche Jäger Waldner, unweit der            das Tal. Im äußersten Bereich des Zillergrundes
                  Quelle des Zillers, ums Leben. Dieser hochalpine        befinden sich einige Wirtschaftswälder und auf
                  Revierteil bietet vor allem dem Gamswild einen          dem südseitigen Hang der Ort Brandberg, dessen
                  geeigneten Lebensraum. Sehr erfreulich ist aber         Gemeindegebiet sich fast über den gesamten Zil-
                  auch, dass sich ein Bestand an Steinböcken wie-         lergrund erstreckt. Der größte Teil des ca. 9500 ha
17 | REVIERVORSTELLUNG

                                                                                                      © Bernhard Sporer

Abb. 1: Blick in den Zillergrund. Im hinteren Talbereich befindet sich der Speichersee

großen Reviers der Jagdverwaltung Zillergrund                        der Lebensraum des Rotwildes auf weniger als
wird von den Österreichischen Bundesforsten                          6000 ha beschränkt. Als Hauptwildarten sind das
angepachtet. Weiters werden kleinere Eigenjagden                     Rot- und Gamswild zu benennen. Der Bestand an
gepachtet oder Abschussverträge abgeschlossen.                       Gamswild wird im Revier neben der Strenge der
                                                                     Winter vor allem von der Räude beeinflusst. Die
Wildarten:                                                           Gamsräude trat im Zillertal erstmals im Jahr 1930
Im Revier kommen heute die Schalenwildarten                          in Gerlos auf1. Von dort dürfte sich die Krankheit
Gams-, Stein-, Reh- und Rotwild vor, wobei sich                      weiter in die Zillertaler Alpen ausgebreitet haben.

Abb. 2: Entwicklung der Abschusszahlen in den Revieren der JV Zillergrund © Thomas Dornauer
THOMAS DORNAUER | 18

                                                                                                            © Walter Sporer

Abb. 3: Das Gamswild ist eine der Hauptwildarten im Zillergrund

Der Zillergrund grenzt an der nördlichen Revier-                  Beginn des 2. Weltkriegs erreicht haben, da mein
grenze direkt an die Gerlos und süd-westlich an                   Urgroßvater, ROJ Max Dornauer, als „Räude-Jäger“
die Stillupp. ROJ Josef Aschenwald berichtet in                   im Zillergrund gebraucht wurde und dadurch vom
seinem Buch „Ein Leben für die Jagd“2, welches                    Kriegsdienst verschont blieb.
er über die Stillupp schrieb, dass die Räude dort                 In Abbildung 2 ist die Entwicklung der getätigten
erstmals im Jahr 1954, also 24 Jahre nach dem                     Gamsabschüsse nach den zu Verfügung stehenden
ersten dokumentierten Fall in Gerlos, bemerkt                     Aufzeichnungen für die Jagdverwaltung Zillergrund
wurde. Den Zillergrund muss diese tragische                       dargestellt. Das Jahr 1977 fällt durch eine erste
Krankheit, im Zeitraum zwischen 1930 und dem                      Spitze auf.

                                               © Walter Sporer                                           © Thomas Dornauer

Abb. 4: Steinböcke in der Reichenspitzgruppe                      Abb. 5: Der geeignete Lebensraum des Auerwildes verringerte
                                                                  sich auch im Zillergrund, beispielsweise durch die Beendigung
                                                                  der Waldweide
19 | JAGDVERWALTUNG ZILLERGRUND

                                                                                                   © Thomas Dornauer

Abb. 6: Idealer Rotwildlebensraum in den Karen

  a                                                                   b

  c                                                                   d

Abb. 7: Entwicklung des jungen Steinadlers im Zillergrund im Jahr 2020. Bilder: © Norbert Wierer
JAGDVERWALTUNG ZILLERGRUND | 20

   © Elisabeth Hoflacher

Abb. 8: Jagdherr Harke mit einem erlegten Hasen und seine fünf Berufsjäger (Johann Rahm, Michael Hoflacher, Franz Hoflacher,
Josef Eder, Max Dornauer) © Elisabeth Hoflacher

                                                                     In diesem Jahr fielen 35 % der Abschüsse auf
                                                                     Hegeabschüsse Räude befallener Stücke3. Im
                                                                     darauffolgenden Jagdjahr waren es noch 21 %3.
                                                                     Der Bestand brach in diesen Jahren ein und somit
                                                                     konnten in den nachfolgenden Jahren deutlich
                                                                     weniger Gämsen erlegt werden. In den 1990
                                                                     er Jahren, also ca. 12 Jahre später, erfolgte ein
                                                                     weiterer massiver Räudezug. Ab 2000 blieben die
                                                                     Jagdstrecken früherer Jahre im Mittel unerreicht.
                                                                     Über die möglichen Ursachen, warum die Bestände
                                                                     auch trotz der sehr zurückhaltenden Jagd nicht
                                                                     mehr, oder nur sehr langsam auf das Niveau frü-
                                        © Thomas Dornauer            herer Jahre ansteigen, kann nur spekuliert werden.
Abb. 9: Oberförster Edi Metzler mit den Berufsjägern Max Dornauer    Das Rotwildkerngebiet im Sommer liegt heute
und Franz Hoflacher (v.l.n.r.) nach der erfolgreichen Auerhahnjagd
                                                                     im Bereich der Waldkampfzone. Aufgelassene
                                                                     Almflächen und unbewirtschaftete Kare stellen

                                        ©Thomas Dornauer                                                     © Elisabeth Hoflacher

Abb. 10: Jägerhaus und Jagdhaus in der Au wie sie bis ins Jahr       Abb. 11: RJ Michael Hoflacher beim Austragen eines Stückes Rotwild
2000 bestanden
21 | THOMAS DORNAUER

                                                                                                                      © Thomas Dornauer
Abb. 12: Gamsraufe im Zillergrund. Die alte Sense ist noch erhalten, die Wildwiese leider schon längst zugewachsen

insbesondere im Hinblick der Wildschadensver-                      lern als der Anfang vom Ende herausgestellt.
meidung ideale Lebensräume dar. Diese Biotope                      Der Bestand an Rehwild ist im Zillergrund auf
werden mit Ausnahme der Brunft nicht bejagt,                       eher geringem Niveau und in weiten Teilen des
wodurch das Wild insbesondere in diesen Be-                        Reviers fehlt es gänzlich. Die Territorien der
reichen tagaktiv ist. Die Bejagung erfolgt in scha-                Rehböcke liegen im Schnitt deutlich über 10
densanfälligeren Bereichen, wie beispielsweise                     ha. Trotzdem können jährlich einige reife Böcke
dem Wirtschaftswald. Das Rotwild findet sich in                    geerntet werden. Interessant ist auch, dass das
den steilen felsdurchsetzten Karen gut zurecht.                    Rehwild insbesondere im hinteren Talbereich die
Störungen, welche das Wild in diesem Gelände,                      größeren, in der Regel grobsteinigen, Schlagflä-
in Panik versetzen, können aber schnell gefähr-                    chen meidet. Das Äsungsangebot in den Rinnen,
lich werden und zu Abstürzen führen. Der Trend                     Lawinenstrichen und auf den Almwiesen scheint
zu neuen Sportarten, wie beispielsweise dem                        attraktiver zu sein und Fluchtmöglichkeiten sind
„Hike and Fly“, wo mit sehr leichten Schirmen                      dort natürlich auch wesentlich besser.
von den Bergen ins Tal geflogen wird, oder auch                    In der Reichenspitzgruppe konnte sich wieder
der verständliche Trend zur Erholung abseits der                   eine stabile Steinwildkolonie selbstständig,
überlaufenen Wanderwege, konterkarieren dabei                      vermutlich aus den Hohen Tauern, ansiedeln
auch hier zunehmend die bewährten jagdlichen                       und halten.
Lenkungsmaßnahmen.                                                 Wiederansiedlungsprojekte wie jene 1975 auf
Die dauerhafte Erhaltung und vor allem schad-                      der Ahornach Alpe, oder im Bereich des Brand-
freie Bewirtschaftung des Rotwildes im Ziller-                     berger Kolms blieben durch Abwanderung und
grund ist maßgeblich vom Erhalt einer Großjagd                     Räude langfristig erfolglos.
abhängig. Aufteilungen von Revierteilen bzw. das                   Es können in den Revieren der Jagdverwaltung
Wegfallen von zu gepachteten Eigenjagden haben                     Zillergrund aber auch das Auerwild (siehe Ab-
sich bereits in der Vergangenheit in Nachbartä-                    bildung 5) und Birkwild bejagt werden.
THOMAS DORNAUER | 22

Mit etwas Glück können auch Schnee-, Hasel-        Zillergrund auf ca. 2700 m errichtet5. Diese Art
huhn oder sehr selten das Steinhuhn, Bart- und     der Gamsjagd ist sicher streitbar, jedenfalls ist
Gänsegeier beobachtet werden.                      es aber schon beeindruckend, welch örtliches
Im Revier leben zumindest zwei Steinadlerpaare     Wissen und Geschick notwendig gewesen sein
und ein Jungadler, der im vergangenen Jahr in      muss, um in bestimmten Rieglern das Gams-
einem bekannten Adlerhorst unweit von der Au       wild sogar von den Karen nach unten ins Tal zu
aufgezogen wurde. Abbildung 6 zeigt die Ent-       den Schützen zu treiben. Die Abschüsse waren
wicklung dieses Jungadlers, die vom bekannten      im Vergleich zu heute sehr gering, so wurden
Zillertaler Naturfilmer Norbert Wierer bildlich    beispielsweise im Jagdjahr 1866 in den großen
festgehalten wurde. Das Bild 7a wurde am           Mayrhofner Revieren 33 Stk Gams, davon 13
23.06. aufgenommen. Der Jungadler ist drei         bei Gamstrieben, erlegt4.
Wochen alt. Das Bild 7b wurde am 27.06, das        Die Reviere im Zillergrund wurden später über
Bild 7c am 23.07 und das Bild 7d am 6.08.          lange Zeit von Großkonzernen wie der AEG, der
aufgenommen. Am 08.08.2020 ist der Jung-           Mannesmann AG und der Siemens AG gepachtet
adler ausgeflogen.                                 und stets von Berufsjägern betreut. Es wurden
                                                   unter Einsatz großer finanzieller Mittel, von den
Geschichtliches:                                   Pächtern Jagdhütten errichtet, Pirsch- und so-
Bekannt waren die hinteren Seitentäler des Zil-    gar Reitsteige angelegt. Die Jagdpächter waren
lertals insbesondere durch ihre guten Bestände     es, die den Jagdwert durch diese Investitionen
an Gamswild und Steinwild. Professor H. J.         maßgeblich gesteigert haben.
Lindermann hat zur Jagdgeschichte Mayrhofens       Während die AEG den Zillergrund pachtete,
geforscht. Von ihm stammt folgendes Zitat: „Die    waren fünf Berufsjäger angestellt. Der Jagdherr
Zillertaljagd stand einst an Berühmtheit hinter    Herr Harke (AEG) war ein sehr passionierter
wenigen europäischen Jagden zurück. Es war dies    Weidmann, welcher den Erzählungen folgend
namentlich zur Zeit der dortigen Steinwildhege     die jährlich stattfindende Brackierjagd auf den
von der Mitte des 16. Jahrhunderts an bis zu       Hasen ebenso schätzte wie die Jagd auf die Gams.
Beginn des 18. Jahrhunderts der Fall.“4 Der        In Abbildung 10 sind das Jägerhaus (vorne)
erste authentische Beweis, dass die Hege des       und das Jagdhaus in der Au ersichtlich. Die
Steinwildes in den hinteren Seitentälern bereits   Berufsjäger lebten ganzjährig hier und waren
früh große Bedeutung zukam, liefert die Anfrage    Selbstversorger. Es wurde um 1950 beispiels-
des Jägers Michael Läutaler, der im Jahre 1628     weise eine Kuh gehalten. Das Heu für den Winter
das salzburgische Oberst-Hofmeisteramt um Auf-     musste im Sommer teils kilometerweit zum Stall
besserung seines Gehaltes bat, weil er nunmehr     getragen werden. Flurnahmen wie die „Jägermäh-
wegen Verschonen der Steinböcke nicht mehr         der“ zeugen heute noch von dieser Zeit. Eine
so viel den Gämsen nachsteigen dürfe, folglich     Lichtstromversorgung wurde über ein kleines
weniger an Schussgeldern einnehme.4                Wasserkraftwerk eingerichtet. Beide Gebäude
Die damaligen Berufsjäger waren bei Adel und       wurden später abgerissen und von der Mannes-
Klerus beschäftigt. Ab dem Jahr 1862 hat die       mann AG durch das an selber Stelle neu gebaute
hinteren Seitentäler Fürst Vinzenz Karl von Au-    Jagdhaus ersetzt, welches im Juni 2001 bezogen
ersperg gepachtet. Der Zillergrund wurde von       werden konnte.
diesem ab 1867 an die Fürsten zu Fürstenberg       Die Jagd im Zillergrund war und ist beschwerlich.
weiterverpachtet. Es waren zu dieser Zeit 7 Be-    Im Abbildung 11 ist RJ Michael Hoflacher beim
rufsjäger von den Adelshäusern Auersperg und       Austragen eines Stückes Rotwild im Jahr 1969
Fürstenberg beschäftigt, deren Aufgabe insbe-      zu sehen. Im darauffolgenden Winter kam er
sondere im Jagdschutz bestand. Dies waren die      leider durch ein Lawinenunglück im Zillergrund
Zeiten der großen Gamsriegler.                     ums Leben.
Ein sehr alter, bis heute teilweise erhaltener,    Eine wesentliche Hegemaßnahme der Berufsjäger
weil aus Steinen gemauerter Schützenstand          war auch das Gamsheu machen. Im Revier sind
wurde zu dieser Zeit in der Reichenspitzgruppe     noch viele Triststangen und einzelne Raufen
auf der sogenannten Gamsscharte im Revier          aus dieser Zeit zu finden. Die in Abbildung 12
23 | JAGDVERWALTUNG ZILLERGRUND

ersichtliche Gamsraufe steht im Bereich der Au                  Heute:
auf ca. 1750 m Seehöhe.                                         Die Reviere werden heute von einem Jagdherrn,
Ab ca. 1950 stieg auch der Rotwildbestand im                    der zwei Berufsjäger beschäftigt, einem Jagdleiter
Zillergrund langsam an. Im Jagdjahr 1960 konn-                  und einem engagierten Helferteam bewirtschaftet
ten in der EJ Zillergrund der ÖBF beispielsweise                bzw. betreut. Die Reviergröße ermöglicht eine ge-
drei Hirsche der Klasse Ib und zwei Hirsche der                 zielte Bejagung an schadensanfälligen Bereichen,
Klasse IIb erlegt werden. In der Mitte des vorigen              wie dem Wirtschaftswald im vorderen Talbereich
Jahrhunderts wurden mehrere Rotwildfütterungen                  und die Einrichtung von Ruheflächen, in denen
im Zillergrund errichtet und der damaligen Zeit                 das Wild keinerlei Schäden verursachen kann.
entsprechend gefüttert. Infolge von Verände-                    Die Erfüllung der Abschusspläne und dabei
rungen in der Waldbewirtschaftung hatten die                    die Minimierung der Störungen ist jagdlich die
steigenden Rotwildstände jedoch immer weniger                   wichtigste Aufgabe im Revier. Da Wildruhezo-
geeigneten Einstand im Nahbereich der Fütte-                    nen in Tirol durch die Politik immer noch nicht
rungen. Durch den Einsatz des damaligen Berufs-                 im erforderlichen Ausmaß ermöglicht werden,
jägers WM Andreas Aschenwald, des Jagdpächters                  müssen die Fluchtdistanzen des Wildes durch
und vor allem der Landwirte der Stadelbachalm                   professionelle, vorsichtige, aber sehr effiziente
Peter Heim, Michael Geisler aus Brandberg und                   Bejagung auf das mögliche Minimum reduziert
Josef Geisler aus Mayrhofen konnte die einzige                  werden. Dadurch können die zunehmenden Stö-
verbliebene Fütterung aus den Wirtschaftswäl-                   rungen durch die geänderten Freizeitaktivitäten
dern der Österreichischen Bundesforste hinauf                   in der Natur zumindest zu einem gewissen Anteil
in die Eigenjagd Stadelbachalm verlegt werden.                  kompensiert werden.
Auf dieser Alm auf 1700 m Seehöhe gelingt es                    Neben der Jagd und den Revierarbeiten ist der
seither, das Rotwild störungsfrei zu überwintern.               kontinuierliche Austausch, die Findung und

Abb. 13: BJ Thomas Dornauer und RJ Bernhard Sporer betreuen das Revier Zillergrund
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