Wirtschaftsreport April 2022 - Titelthema: Ideen- und Innovationsmanagement

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Wirtschaftsreport April 2022 - Titelthema: Ideen- und Innovationsmanagement
Wirtschaftsreport
                     April 2022

            Titelthema:
            Ideen- und
            Innovationsmanagement
Wirtschaftsreport April 2022 - Titelthema: Ideen- und Innovationsmanagement
Wirtschaftsreport April 2022 - Titelthema: Ideen- und Innovationsmanagement
Wirtschaftsreport       Apr 22           1

                                                    Editorial
                                    Unternehmerische Verantwortung im Krieg
Noch gravierender als Covid-19 verändert der Angriffskrieg auf die Ukrai-
ne unser soziales und ökonomisches Koordinatensystem. Das, was dieser
Krieg an tektonischen Verschiebungen der internationalen Beziehungen
nach sich ziehen wird, ist seit 1945 allenfalls mit den Ereignissen im Herbst
1989 vergleichbar. Und doch vollkommen anders. 1989 floss kein Blut
mitten in Europa. Heute jedoch sterben Zehntausende, Millionen sind auf
der Flucht. Geht es um Krieg und Frieden, um Leben, blindwütige Zerstö-
rung und Sterben, dann werden alle anderen Themen auf einmal ganz klein.
Nach wie vor halten wir den Atem an, weil niemand sicher vorhersagen
kann, was in den kommenden Tagen und Wochen geschieht. Deutlich wird
jedoch, dass die bestehende Weltordnung aus den Fugen gerät. Was daraus
entsteht, können wir derzeit allenfalls erahnen. Bundeskanzler Olaf Scholz
sprach zurecht von einer „Zeitenwende“, als er im Bundestag die aus Sicht
seiner Regierung erforderlichen Konsequenzen erklärte. Es geht um nichts
anderes als eine Neujustierung der deutschen, der europäischen, ja der
internationalen Politik. Das verunsichert. Dass niemand weiß, ob die „neue
Ordnung“ dauerhafte Stabilität aufweist, verunsichert zusätzlich.

Klar ist: Der Krieg und seine Folgen bringen unsägliches Leid für die be-
troffenen Menschen mit sich. Aber auch wir bekommen erste Konsequen-
zen zu spüren. Je länger dieser Krieg dauert, desto krasser werden sie
ausfallen. Dabei sind steigende Preise an Zapfsäulen und für die eigene
Heizung nur die Spitze des Eisbergs. Lieferketten erfuhren binnen kürzes-
ter Frist nachhaltige Störungen. Stahl aus Russland fehlt in den heimi-
schen Firmen bereits nach wenigen Tagen, Rohstoffe und Vormaterial
ebenfalls. Die Preise sind volatil wie selten. Kalkulationen werden so zum
Lotteriespiel. Drastische Änderungen des internationalen Finanzsystems          Sanktionen vor allem das Volk leide, nicht jedoch die Oligarchen. Und sie
werden denkbar. Und schließlich merkt mittlerweile jeder: Den in Deutsch-       betonen, dass gerade über viele Jahrzehnte gewachsene Geschäftsbezie-
land nicht vom Ende her gedachten Doppelausstieg aus der Kernkraft und          hungen in der „Nach-Putin-Ära“ wirksame Beiträge leisten könnten.
der Kohle erkauften wir mit einer nicht hinnehmbaren Abhängigkeit von
Erdöl, Kohle und Gas aus Russland. Dass sich ein „grüner“ Bundeswirt-           Welche Sichtweise ist nun die verantwortlichere oder gar die mora­
schaftsminister auf eine fossile Einkaufstour nach Katar (!) begibt, ver-       lischere? Kann es einen unternehmerischen Königsweg dafür geben, wie
deutlicht die wenig schmeichelhafte Sackgasse, in die sich die Bundes-          ethisch-verantwortliches Handeln in einer solchen Krise auszusehen hat?
politik hineinmanövrierte. Schlimm daran ist auch, dass es erst einer           Wohl kaum! Wer konsequent sein Engagement beendet, dem gebührt gro-
kriegerischen Auseinandersetzung bedurfte, um der Vernunft in der Ener-         ßer Respekt. Besonders dann, wenn der Ausstieg mit erheblichen Umsatz-
giedebatte zu ihrem Recht zu verhelfen. Wir haben zu stark auf ein ein-         und Ertragseinbußen verbunden ist. Denselben Respekt verdienen indessen
ziges Pferd gesetzt und verdrängt, dass uns das verletzlich und politisch       auch diejenigen, die nach sorgfältigem Abwägen die „Daumenschrauben“
erpressbar machte. Zugleich gilt aber auch: Wer heute vollmundig im             erst sukzessive anziehen; zumindest dann, wenn sie ihre Handlungsoptio-
politischen Raum verkündet, wir könnten den Energiebezug aus Russland           nen gründlich abgewogen haben und auf dem Boden unserer Rechtsord-
komplett kappen, der redet dem Stillstand wesentlicher Teile der Wirt-          nung handeln, also das tun, was gesetzlich erlaubt ist. Zweifellos bewegen
schaft und steigender Inflation im eigenen Land das Wort.                       sich dabei derzeit etliche heimische Firmen auf schmalem Grat. Zumal
                                                                                alle ihre Abwägungen zu Recht von einer kritischen Öffentlichkeit be-
Die Gemengelage ist also komplex. Es erstaunt daher nicht, dass Mitte           gleitet werden. Niemand sollte sich selbst indessen eine bessere Moral
März 58 % der heimischen Industrie- und Großhandelsunternehmen da-              attestieren, wenn andere nach kritischer Reflektion zu anderen Ergeb-
von überzeugt waren, die kriegerische Auseinandersetzung werde dauer-           nissen kommen. Vom ehemaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann
haft negative Folgen für den eigenen Betrieb auslösen. Wie aber sieht           stammt der Satz: „Wer seinen Zeigefinger auf andere richtet, sollte sich
verantwortliche Unternehmensführung in einer solch prekären Situation           stets vergegenwärtigen, dass drei Finger der eigenen Hand auf ihn selbst
aus? Die überwältigende Mehrheit der heimischen Unternehmen (85 %)              gerichtet sind.“ Diesem weisen Satz dieses sehr klugen Mannes ist an sich
befürwortet wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland. Die Botschaft ist        nichts hinzuzufügen! 
eindeutig: Dem revisionistisch daherkommenden Imperator muss Einhalt
geboten werden. „Appeasement“ war einmal! 60 % der in Russland enga-
gierten Betriebe beabsichtigen sogar, ihre Geschäftsbeziehungen mit rus-                    In diesem Sinne grüßt Sie herzlich
sischen Partnern aufgrund des Konflikts zu beenden. Sie wollen mit einer
Diktatur keine Geschäfte mehr machen und dem Primat der Politik unein-
geschränkt folgen. Demgegenüber halten es 40 % der Firmen für geboten,
ihre Geschäfte dort fortzusetzen. Sie verweisen darauf, dass unter den                                       Klaus Gräbener
Wirtschaftsreport April 2022 - Titelthema: Ideen- und Innovationsmanagement
2             Apr 22        Wirtschaftsreport

                            Inhaltsverzeichnis
                                                                                                                                                Titelthema

                                                                                                                                                       4
                                                                                                                           Ideen- und Innovationsmanagement
                                                                                                                             „Eintrittskarte in die Zukunft“
                                                                                                                           Mensch, Markt und Technologie – wenn diese
                                                                                                                            drei Faktoren erfolgreich zusammenkommen,
                                                                                                                                 kann unternehmerisches Ideen- und
                                                                                                                              Innovationsmanagement Früchte tragen.
                                                                                                                           Gerade in schwierigen Zeiten ist es für Betriebe
                                                                                                                            entscheidend, kreative Akzente zu setzen und
                                                                                                                           den Mut für Investitionen aufzubringen. Einige
                                                                                                                            Beispiele aus dem Kammerbezirk zeigen, dass
                                                                                                                           es möglich ist, dies in der Praxis umzusetzen ...

                                                                                                                                               Titelseite:
                                                                                                                                     Foto: Sascha Müller-Harmsen

30           Vahee GmbH
             Wohnen neu gedacht                                   36          Schellenberg
                                                                              Smarte Antriebe                              39          Ewerts Hotel
                                                                                                                                       „Mehr Freude als Arbeit“
                                                                              für zu Hause

Impressum
Der WIRTSCHAFTSREPORT ist das offizielle Organ der IHK Siegen     Herausgeber                                              Layout
und wird den kammerzugehörigen Unterneh­men im Rahmen             Industrie- und Handelskammer Siegen,                     Christian Reeh
ihrer beitragspflichtigen Mitgliedschaft ­ohne besonderes Be-     Hauptgeschäftsstelle, Postfach 10 04 51, 57069 Siegen,
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Quartal 4/2021                                                    Geschäftsstelle Olpe, Postfach 14 46, 57444 Olpe,
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A 4791                                                            In der Trift 11, 57462 Olpe, Telefon 02761 9 44 50,
                                                                                                                           Philip Tordeur, Telefon 0271 5940-331
                                                                  Telefax 02761 9445-40, E-Mail: oe@siegen.ihk.de
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wieder. Nachdruck mit Genehmigung des Herausgebers und            Patrick Kohlberger: 0271 3302-317
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30 | Berichte                                  10 | Nachrichten                                  » 52 Jubiläen/Bücher
» 30 Wohnen neu gedacht                       » 10 A45-Sperrung                                 52 | Börsen
» 33 Problemlöser mit Erfindergeist           » 17 Kassennachschau                              » 52 Recyclingbörse
» 36 Smarte Antriebe für zu Hause             » 18 Energie-Umfrage                              » 53 Unternehmensnachfolgebörse
» 39 „Mehr Freude als Arbeit“                 » 44 Digi_Net                                     » 53 Handels- und
                                               » 45 Cyber-Sicherheit                                  Genossenschafts­register
                                               » 47 Digital Scouts                               60 | Kultur
                                                                                                 » 60 Markus Schon
                                                                                                 » 62 Veranstaltungskalender

                                                                                                                   )HUWLJEDX/LQGHQEHUJ
                                                                                                                277248$67*PE+ &R.*
                                                                                                                   $QGHU$XWREDKQ
                                                                                                                    )UHXGHQEHUJ

                                                                                                                   +RFKEDX

                                                                                                                   6WUD¼HQXQG7LHIEDX

                                                                           .
                                                                                                                   6FKOÙVVHOIHUWLJEDX

                                                                         .
                                                                                                                   %HWRQIHUWLJWHLOH

                                          1
                                            7                           ' 6           $5
                                                                                                                   6SH]LDOWLHIEDX

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                                 5                                                                                7ULQNZDVVHUEHKÁOWHU

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                                                                                                                                  ZZZTXDVWGH
Wirtschaftsreport April 2022 - Titelthema: Ideen- und Innovationsmanagement
4   Apr 22   Wirtschaftsreport

                           Ideen- und Innovationsmanagement

     „Eintrittskarte
         in die
        Zukunft“
Wirtschaftsreport April 2022 - Titelthema: Ideen- und Innovationsmanagement
Wirtschaftsreport        Apr 22   5

           Mensch, Markt und Technologie – wenn diese drei Faktoren erfolgreich zusammenkommen,
      kann unternehmerisches Ideen- und Innovationsmanagement Früchte tragen. Gerade in schwierigen
        Zeiten ist es für Betriebe entscheidend, kreative Akzente zu setzen und den Mut für Investitionen
       aufzubringen. Einige Beispiele aus dem Kammerbezirk zeigen, dass es möglich ist, dies in der Praxis
                                umzusetzen – und wie breit das Spektrum sein kann.

                                    Text: Patrick Kohlberger   |     Fotos: Sascha Müller-Harmsen (3), SUNFLEX, Westnetz

»   Ein einfacher Briefkasten, in dem die Beschäftigten ihre krea-
    tiven Einfälle quasi im Vorübergehen platzieren konnten: Die-
    ser Prototyp des betrieblichen „Vorschlagwesens“ ist vielen
    sicher auch heute noch bekannt. Inzwischen hat sich in diesem
                                                                       voll beweist dies unter anderem die Westnetz GmbH. Die Toch-
                                                                       tergesellschaft des Energieunternehmens Westenergie AG
                                                                       freute sich im Jahr 2021 über eine ganz besondere Auszeich-
                                                                       nung: Eine unabhängige Expertenjury belohnte das Unterneh-
    Bereich jedoch eine ganze Menge getan. Besonders eindrucks-        men im bundesweiten Ranking des besten Ideenmanagements
                                                                       mit dem zweiten Platz.

                                                                       Die Juroren würdigten Westnetz für eine konsequente Zu-
                                                                       kunftsstrategie und verliehen den Verantwortlichen das Prä-
                                                                       dikat „Ausgezeichnet“. „Wir wollen die weitere Entwicklung
                                                                       der Energiewelt aktiv mitgestalten und fortschrittliche Lösun-
                                                                       gen erarbeiten“, unterstreicht Westnetz-Ideenbeauftragter
                                                                       Thomas Schmitt vom Standort Siegen. Damit fasst er treffend
                                                                       zusammen, welche Philosophie seine Kollegen und er verfol-
                                                                       gen. Ideen, die innerhalb des Betriebs gesammelt werden,
                                                                       ­sollen hier keine schriftlich fixierten Gedanken bleiben. Sie
                                                                        münden in konkrete Projekte – und stellen im Idealfall die
                                                                        Grundlage für neue Produkte dar, die das Unternehmen lang-
                                                                        fristig voranbringen.

                                                                       Grundsätzlich lasse sich das Konzept auf eine simple Formel
                                                                       herunterbrechen, konstatiert Schmitt: „Wollen, können, dürfen
                                                                       – und machen!“ Beschäftigte und Führungskräfte würden kon-
                                                                       sequent für Ideen und Innovationen sowie die mit ihnen ein-
                                                                       hergehenden Chancen sensibilisiert und dazu ermutigt, Eigen-
                                                                       initiative zu zeigen. Bei der Umsetzung leiste Westnetz
                                                                       während des gesamten Prozesses fundierte Unterstützung.

                                                                       Das Ganze funktioniert über ein digitales Portal, das die Be-
                                                                       schäftigten auf allen Endgeräten benutzen können. Die Soft-
                                                                       ware-Lösung hält eine Übersicht aus acht Kacheln bereit. Über
                                                                       diese können die Mitarbeiter ihre Konzepte einreichen, Ent-
                                                                       würfe erarbeiten, an Ideen feilen und sich jederzeit darüber
                                                                       informieren, was aus ihren bisherigen Einfällen geworden ist.
                                                                       „Das System ist sehr niedrigschwellig“, erläutert Thomas
                                                                       Schmitt. Ziel sei es, den Prozess der Ideenentwicklung und
                                                                       -umsetzung so unbürokratisch und einfach wie möglich zu
                                                                       gestalten.

                                                                       Beispiel: Wenn ein Mitarbeiter sieht, dass ein Schaltschrank
                                                                       unpassend positioniert ist und dadurch die Arbeitsabläufe be-
                                                                       hindert, kann er die Situation fotografisch festhalten und das
                                                                       Motiv im System abspeichern. In einer ruhigen Minute formu-
                        Westnetz-Ideenbeauftragter                     liert er das Problem dann schriftlich aus, sodass er die Sach-
                        Thomas Schmitt freut sich                      lage abschließend umfassend in Wort und Bild festgehalten
                        über den Erfolg im bundesweiten                hat. „Genauso gut kann man Dinge, die einem auffallen, aber
                        Ideenmanagement-Ranking.                       auch per Diktierfunktion am Handy einsprechen und auf die-
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                                                           Jährlicher Nettonutzen [Mio.€]
                              4

                              3                                                                                                    3,49

                              2

                              1                  1,3
                                                                      0,9                                     1,03
      Beeindruckende
                                                                                          0,7
Zahlen: der jährliche
      Nettonutzen der         0
eingebrachten Ideen                             2017                2018                  2019               2020                  2021
         bei Westnetz.

                          sem Wege dokumentieren. Die Möglichkeiten sind vielfältig“,     Ideen, die es nicht in die Umsetzung schaffen, finden zumin-
                          beschreibt der Experte.                                         dest den Weg in den sogenannten „Prämienshop“, sodass dem
                                                                                          entsprechenden Mitarbeiter eine kleine finanzielle Belohnung
                          Alle gesammelten Vorschläge landen bei entsprechenden           für seinen Vorschlag winkt. Sehr häufig sind die Gedanken
                          Fachleuten im Haus, die dann eine kritische Bewertung vor-      indes so gut und sinnvoll, dass sie für weit mehr als ein „Trost-
                          nehmen. Ideen, die seitens des jeweiligen Gutachters für rea-   pflaster“ taugen. Allein 2021 wurden bei Westnetz 555 Ideen
                          lisierbar gehalten und positiv beurteilt werden, kommen im      eingereicht. Der jährliche Nettonutzen beträgt rund 3,5 Mio.
                          nächsten Schritt zum überregionalen Steuerungskreis der         €. Circa 15 % des Nutzens pro Vorschlag gehen an die Ideen-
                          Westnetz-Betriebsleiter. Für Thomas Schmitt ist es elementar    geber. Durchschnittlich resultieren aus den Ideen pro Jahr 20
                          wichtig, dass alle Führungskräfte im Unternehmen ihren Be-      Patenteintragungen.
                          schäftigten die passenden Rahmenbedingungen und den
                          Raum zur freien Entfaltung ihrer Kreativität geben: „Die Men-   Bisher, fasst der Technische Betriebswirt Thomas Schmitt zu-
                          schen müssen die Chance haben, technische Dinge auszupro-       sammen, seien beispielsweise viele Verbesserungen im Anla-
                          bieren, an Ideen zu tüfteln und ruhig auch mal zu scheitern.    genbau vorgenommen worden. Aber auch in anderen Berei-
                          Das gehört einfach dazu.“                                       chen setze man regelmäßig sehr gute Vorschläge um. Hinzu

      Geschäftsführer
       Christoph Buhl
    unterstreicht, dass
      Innovation viele
         Facetten hat.
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                                                                                                                                       Johannes Keßler,
                                                                                                                                       ebenfalls Mitglied
                                                                                                                                       der Buhl-Geschäfts-
                                                                                                                                       führung, ist froh
                                                                                                                                       über den konstruk­
                                                                                                                                       tiven Austausch im
                                                                                                                                       Unternehmen.

kämen auch zahlreiche „nicht rechenbare Ideen“, deren Effek-        habe gleich mehrere neue Marktsegmente erschlossen. Da die
te sich eben nicht in Zahlen ausdrücken ließen. „Das betrifft       kundenspezifische Auslastung geringer ausgefallen sei, habe
unter anderem das Thema Arbeitssicherheit. Wenn durch eine          das Unternehmen beispielsweise die Möglichkeit genutzt, eine
Idee am Ende des Tages Arbeitsunfälle verhindert werden, kann       Verpackungslösung für den Einzelversand von Eimern und Do-
man das nicht in Euro ausdrücken, aber es ist trotzdem von          sen zum Endkunden zu generieren. „Wir haben viel entwickelt,
großem Nutzen.“                                                     Werkzeuge gebaut, Tests durchgeführt und unser Händler-
                                                                    Netzwerk ausgebaut“, resümiert Christoph Buhl. Die neuent-
Auch in diesem Jahr geht indes die Erfolgsgeschichte im bun-        wickelten Artikel würden auch nach der Pandemie als Wachs-
desweiten Ideenmanagement-Ranking weiter. Zwei erste Plät-          tumslinien das Portfolio bereichern. „Insgesamt sind wir nun
ze in den Kategorien „Beste Führungskraft“ und „Beste studen-       breiter und besser aufgestellt als vor Covid-19.“
tische Arbeit“ wurden im Rahmen des Deutschlandkongresses
in Kassel an Westnetz verliehen.                                    Inzwischen sei auch das Standardgeschäft wieder überpropor-
                                                                    tional gut angelaufen. Für 2021 stand final ein Umsatzplus von
Wie wichtig es für Unternehmen ist, Prozesse und Abläufe            25 % zu Buche. Mit diesem Schub im Rücken bauen die Bur-
stetig zu hinterfragen und zu optimieren, wissen auch die Ver-      bacher nun einen neuen Produktionsstandort (finanzielles
antwortlichen der buhl paperform GmbH. Die Burbacher pro-           Volumen: 20 Mio. €) im Gewerbegebiet Kalteiche. Genau die-
duzieren nachhaltige Faserguss-Verpackungen und setzen bei          se Entschlossenheit, immer wieder gezielt in die Zukunft der
ihrer strategischen Weiterentwicklung stets auf einen ergeb-        Firma zu investieren, sieht Christoph Buhl als wichtigen
nisoffenen, konstruktiven Diskurs. „Innovation ist die Eintritts-   Schlüssel für den weiteren Erfolg an. „Innovativ zu sein, be-
karte in die Zukunft“, bringt Geschäftsführer Christoph Buhl        deutet aber nicht nur, dass wir neue Produkte entwickeln,
seine Philosophie auf den Punkt. Dass der Betrieb dabei Erfol-      möglichst energieeffizient arbeiten und die räumlichen Vor-
ge verbucht, zeigte sich jüngst einmal mehr. Zum zweiten Mal        aussetzungen hier an unserem Firmensitz schaffen. Wir be-
gewann er den Innovator-Preis „TOP100“. Dieser zeichnet die         ziehen noch viele weitere Faktoren mit ein.“
innovativsten Unternehmen des deutschen Mittelstands aus.
Eine hochkarätig besetzte Fachjury um Prof. Dr. Nikolaus Fran-      Gemeint ist zum Beispiel, dass die Verpackungsexperten be-
ke vom Institut für Entrepreneurship der Wirtschaftsuniversi-       reits zahlreiche innerbetriebliche Digitalisierungsprojekte ini-
tät Wien würdigte die Leistung der Siegerländer in allen rele-      tiiert und moderne Software-Lösungen eingeführt haben.
vanten Kategorien – für Christoph Buhl Bestätigung und              Auch in der Personaleinsatzplanung und in vielen anderen
Ansporn zugleich: „Wir sehen das Thema als laufenden Prozess.       Bereichen arbeiten sie daran, Prozesse zu optimieren – von der
Innovation ist nie zu Ende.“                                        Fertigung bis zur kompletten Vertriebsinfrastruktur. „Nur wenn
                                                                    sich alle mitgenommen fühlen, können wir erfolgreich unter-
Während der Corona-Pandemie habe die Firma Zeit gefunden,           wegs sein“, versichert der Geschäftsführer, der sich auch selbst
um sich intensiver als zuvor der Produktplanung und -ent-           in der Produktion immer wieder ein Bild davon macht, ob alle
wicklung zu widmen, ordnet der Geschäftsführer ein. Man             Räder ineinandergreifen.
Wirtschaftsreport April 2022 - Titelthema: Ideen- und Innovationsmanagement
8   Apr 22   Wirtschaftsreport

              Interview mit Dr. Axel Müller
              „Man muss vorausdenkend agieren“
               Dr. Axel Müller, Geschäftsführer der demig Prozessauto-
               matisierung GmbH, gehört im Siegener Bezirksverein des
               Vereins Deutscher Ingenieure (VDI) dem Vorstand an und
               fördert im Besonderen den Ingenieurnachwuchs. Im In-
               terview mit Wirtschaftsreport-Redakteur Patrick Kohl-
               berger erläutert der 50-Jährige, welche Faktoren aus
               seiner Sicht für ein erfolgreiches Ideen- und Innovati-
               onsmanagement unabdingbar sind – und welche Fall-
               stricke man im Blick haben sollte.

               Herr Dr. Müller, ein oft bemühtes Schaubild aus der Wis-
               senschaft zeigt grafisch, dass Innovation immer dann
               möglich ist, wenn es eine große Schnittmenge dreier
               Faktoren gibt: Mensch, Markt und Technologie. Was ist             Dr. Axel Müller fördert im Siegener VDI-Bezirksverein vor allem den
               damit gemeint?                                                    Ingenieurnachwuchs.
               Das ist eigentlich ganz einfach: Eine kluge Idee bringt nichts,
               wenn es keinen Markt gibt, auf dem man sie erfolgreich eta-       Nein, gar nicht. Es hängt immer von der jeweiligen Unter-
               blieren kann. Oder wenn technische Möglichkeiten fehlen, die      nehmenskultur ab – von der Einstellung der handelnden
               Idee umzusetzen. Kluge Köpfe im Unternehmen haben keine           Personen und davon, ob man es schafft, die Mitarbeiter ein-
               Chance, ihre Kreativität zu entfalten, wenn sie nicht die zeit-   zubinden. Von der Branche hängt es nicht ab. Es gibt zum
               lichen, räumlichen, maschinellen oder logistischen Kapazi-        Beispiel auch Softwarehäuser, die ja eigentlich total modern
               täten haben, um Ideen zu realisieren. Und lukrative Märkte        aufgestellt sein müssten und die trotzdem keine Weiter-
               alleine führen nicht zum Erfolg, wenn ich nicht weiß, wie ich     entwicklung schaffen, weil eben die internen Strukturen
               sie für mich und meine Firma nutzen kann. Nur wenn alle drei      nicht stimmig sind. Auf der anderen Seite gibt es viele alt-
               Komponenten zusammentreffen, können Ideen unternehme-             eingesessene Unternehmen, die sich trotz der Erfolge der
               rische Kraft entwickeln und sich nachhaltig durchsetzen. Und      Vergangenheit immer wieder kritisch hinterfragen und die
               zwar über ein breites Spektrum der Innovation: vom neuen          Chancen der Transformation und der Digitalisierung effektiv
               Produkt bis zum internen Verbesserungsvorschlag.                  nutzen. Die Welt bleibt einfach nicht stehen. Im Gegenteil:
                                                                                 Sie dreht sich immer schneller. Wer das versteht, hat schon
               Warum ist es für viele Unternehmer, die jahrzehntelang            den wichtigsten Schalter im Kopf umgelegt. Im Wort „Un-
               erfolgreich waren, so schwer, sich den heute immer mehr           ternehmer“ steckt es ja schon drin: Man muss etwas unter-
               im Wandel befindlichen Märkten anzupassen und neue                nehmen! Nicht zuschauen und abwarten, sondern handeln
               Ideen zur Entfaltung zu bringen? Innovation ist doch              und aktiv gestalten.
               schließlich der Schlüssel, um als Unternehmen dauerhaft
               attraktiv und erfolgreich zu bleiben.                             Ist Innovation nicht trotzdem am Ende des Tages auch
               Die Antwort haben Sie quasi selbst schon gegeben. Grund-          eine Frage des Geldbeutels?
               sätzlich gilt: Abwarten kommt unserer menschlichen Trägheit       Klar, Großkonzerne und Global Player haben die finanziellen
               entgegen. Das ist die moderne Art der Vogel-Strauß-Menta-         Mittel, um mächtig zu investieren und Entwicklungen vor-
               lität: Kopf raus und hoffen, dass doch nichts passiert! Man       anzutreiben. Aber auch kleine und mittlere Unternehmen
               sagt sich, dass doch bisher auch immer alles funktioniert hat.    können sehr viel erreichen. Entscheidend ist immer wieder
               Dadurch blockiert man sich selbst. Das ist nicht klug – und vor   die Betriebskultur. Wenn die Beschäftigten die Wertschät-
               allem gefährdet es langfristig den unternehmerischen Erfolg.      zung der Firmenleitung spüren, sind sie viel motivierter, sich
               Beste Beispiele dafür gibt es bundesweit, etwa bei Betrieben      und ihre Ideen einzubringen. Innovation sollte nie eine One-
               in der Branche der Automobilzulieferer: Alle wissen, dass der     Man- oder One-Woman-Show sein. Es geht darum, gemein-
               Verbrenner keine lange Zukunft mehr hat. Trotzdem verken-         sam Konzepte zu entwickeln. Vor allem aber sollte man als
               nen viele Firmen diese Perspektive und setzen weiter auf ihre     Unternehmen nicht kopflos agieren. Man sollte immer wis-
               bisher so erfolgreichen Produkte – weil die Zahlen aktuell        sen, woher man kommt, wo man steht und wohin mal will.
               noch stimmen und man etwaige Schwankungen zum Beispiel            Wer sich klare und gut realisierbare Ziele setzt, ist im Vorteil.
               noch auf den gegenwärtigen globalen Chip-Mangel schieben          Auf Knopfdruck und mit aller Gewalt innovativ zu sein, funk-
               kann. Das ist eine trügerische Sicherheit. Man muss die Märk-     tioniert nicht. Das braucht Zeit und eine gut durchdachte
               te beobachten und vorausdenkend agieren. Ich will aber be-        Strategie. Und einen Grundsatz finde ich beim Thema Inno-
               tonen, dass man die Unternehmen in der von mir genannten          vation auch ganz entscheidend: Man sollte immer vom Kun-
               Branche keinesfalls über einen Kamm scheren kann. Es gibt         den her denken! Ziel sollte es nicht sein, ein Produkt zu
               auch viele Betriebe, die sehr gut aufgestellt sind.               entwickeln, das der Kunde dann „zu kaufen hat“. Ich muss
                                                                                 immer schauen, wo den Kunden der Schuh drückt. Unter-
               Kann man denn generell sagen, in welchen Branchen es              nehmerisches Handeln führt Kundenproblem und Lösung
               den Unternehmen besonders schwerfällt, den Mut für                zusammen. Daran sollte sich konkretes Innovieren orientie-
               Innovation aufzubringen?                                          ren.
Wirtschaftsreport         Apr 22            9

Was die interne Kommunikation angehe, gelte es für alle Be-        Das Entwicklungs-Team setze sich jeweils in kleinen Gruppen
schäftigten, strategische Ideen und Gedanken frühzeitig ein-       mit den entsprechenden Abteilungsleitern zusammen. „Bei
zubringen und miteinander zu diskutieren. „Verbesserungsan-        diesen konstruktiven Runden ist es immer möglich, weitere
sätze sind hier jederzeit willkommen“, betont Christoph Buhl.      Mitarbeiter hinzuzuholen. Von ihren Ideen und Anregungen
Dabei gebe es keinerlei Hürden. Die besten Einfälle, ergänzt er,   profitieren wir enorm.“ Jeder Vorschlag werde gewissenhaft
hätten die Mitarbeiter oftmals sogar beim Blick auf Abteilun-      überprüft und – sofern sinnvoll – umgesetzt. An dieser Stelle,
gen, in denen sie nicht selbst tätig seien.                        betont der gelernte Werbekaufmann und Technische Zeich-
                                                                   ner, sei es ganz entscheidend, dass die Firmenleitung ihr Vor-
Dabei müsse es gar nicht mal immer eine wirtschaftlich bahn-       gehen permanent reflektiere und die Expertise der insgesamt
brechende Idee sein. „Wir sind beispielsweise froh, wenn wir       160 Beschäftigten in Entscheidungsprozesse einbeziehe.
durch eine ganz einfache Anpassung den Arbeitskomfort in           „Früher haben manche ja gerne gesagt: ,Traue dich besser
einer Abteilung steigern können – egal, ob es um den Einsatz       nicht, die Chefs zu kritisieren.‘ Diese Einstellung ist natürlich   SUNFLEX-Geschäfts-
anderer Schutzmasken in der Produktion oder um Themen der          komplett falsch. Bei uns ist es genau andersherum: Jeder ist        führer Dennis
Arbeitsplatzergonomie geht.“ Wer seine eigenen Einfälle zur        eingeladen und aufgefordert, sein Know-how einzubringen             Schneider legt
Sprache bringe, zeige Engagement und empfehle sich somit           und uns auch auf mögliche Fehleinschätzungen und Fehler-            ­großen Wert darauf,
letztlich auch für weitere Aufgaben im Haus. Wichtig zudem:        quellen hinzuweisen. Nur so können wir alle gemeinsam et-           die Beschäftigten in
Das Unternehmen fördert die Kreativität seiner Mitarbeiterin-      was erreichen.“                                                    Innovationsprozesse
nen und Mitarbeiter durch zahlreiche Weiterbildungsmöglich-                                                                            einzubinden.
keiten – ein Kriterium, das zur Auszeichnung als TOP100-In-
novator beigetragen hat.

Für Dennis Schneider, Geschäftsführer der SUNFLEX Alumini-
umsysteme GmbH aus Wenden, ist ebenfalls vor allem ein
Grundsatz ganz entscheidend: „Wenn es um Innovation geht,
haben wir nicht nur die Entwicklung und Optimierung unserer
Produkte im Blick. Es geht genauso darum, interne Prozesse
weiterzuentwickeln und zu optimieren. Beide Komponenten
sollten sich nach Möglichkeit die Waage halten.“ Das Sauer-
länder Unternehmen arbeite täglich daran, Abläufe zu ver-
bessern – immer verbunden mit dem Anspruch, das „große
Ganze“ im Blick zu behalten.

„Dabei steht meine Tür allen Beschäftigten sprichwörtlich je-
derzeit offen“, bemerkt der 46-Jährige, der zunächst einmal
die klaren internen Strukturen seiner Firma als Basis für trans-
parente und zielgerichtete Kommunikation darlegt. Während
seine Schwester Melanie Feldmann in der Geschäftsführung
den Bereich Finanzen verantwortet und sein Bruder Nicolas
Schneider Produktion, Versand sowie Lager im Blick hat, legt
er selbst den Fokus auf Produktentwicklung, Marketing, Ver-
trieb und den kompletten kaufmännischen Part. „Wir sind na-
türlich bei allen Themen immer im Austausch, aber jeder hat
seine eigenen Kernkompetenzen“, erklärt er. Dies helfe auch
dabei, den Dialog mit den verschiedenen Fachbereichen im
Unternehmen zu koordinieren.

In den vergangenen Jahren habe die Firma in erster Linie da-
nach gestrebt, die Digitalisierung voranzutreiben. „Wir haben
bewusst viel Geld in Hard- und Software-Maßnahmen inves-
tiert und unter anderem unser ERP-System ausgetauscht“,
verdeutlicht Dennis Schneider. In Zusammenarbeit mit den
IT-Experten im Betrieb gelte es, jeden einzelnen Arbeitsplatz
zu optimieren, um somit so viele Fehlerquellen wie möglich zu
beheben. „Unser Ziel ist es, immer besser zu werden. In der
Regel haben wir meist circa 20 bis 30 Software-Baustellen
gleichzeitig. Da kann es sich um kleinere Projekte handeln –
oder eben auch mal darum, größere neue Module zu imple-
mentieren.“
10          Apr 22      Wirtschaftsreport

Sperrung der A45:
Milliarden-Verluste prognostiziert
                                                                                                                          Gräbener, Hauptgeschäftsführer der IHK Siegen:
                                                                                                                          „Straßen, Schienen und Brücken halten nicht
                                                                                                                          ewig. Dies wurde im politischen Raum über
                                                                                                                          Jahrzehnte hinweg kraftvoll verdrängt. Die Quit­
                                                                                                                          tung dieser Politik fällt für uns in Südwestfalen
                                                                                                                          vernichtend aus. Andere Wirtschaftsräume ver­
                                                                                                                          fügen über Ausweichautobahnen, wir nicht. Die
                                                                                                                          Folge sind hohe Kosten, erhebliche Wettbe­
                                                                                                                          werbsnachteile und jahrelange Dauerstaus nahe
                                                                                                                          Lüdenscheid mit einer katastrophalen Ökobi­
                                                                                                                          lanz.“ Wichtig sei jetzt ein klarer Zeitplan, an
                                                                                                                          dem sich die Verantwortlichen am Ende auch
                                                                                                                          messen lassen müssten.

                                                                                                                          Das Unternehmen HERE Technologies ist ein
                                                                                                                          führender Anbieter von Verkehrsinformationen,
                                                                                                                          die von Unternehmen der Automobilindustrie,
                                                                                                                          Städten und Verkehrsbehörden auf der ganzen

                                                                                                     Autobahn Westfalen
                                                                                                                          Welt genutzt werden. Es hat das Gutachten um
                                                                                                                          eine interaktive Visualisierung der Verkehrsflüs­
                                                                                                                          se in der Region vor und nach der Sperrung er­
                                                                                                                          gänzt. Michael Bültmann, Deutschlandgeschäfts­
Die Sperrung der Talbrücke Rahmede trifft den gesamten Wirtschaftsstandort ins Mark.
                                                                                                                          führer von HERE, stellt bei einem Vergleich vor
Die Vollsperrung der A45 bei Lüdenscheid wird          trennt bleibe und das Vertrauen in die vernetzte                   und nach der Sperrung im Bezirk des Verkehrs­
in den kommenden Jahren Verluste in Milliar­           Wirtschaftsregion zwischen Südwestfalen und                        verbandes Westfalen fest, dass es flächende­
denhöhe hervorrufen. Das zeigt eine Studie des         dem westfälischen Ruhrgebiet verloren gehe,                        ckend ein erhöhtes Verkehrsaufkommen und
Instituts der Deutschen Wirtschaft (IW Consult         erläutert Marc Simon, Vorstandsvorsitzender                        Staus gibt. Auf der Webseite des Verkehrsver­
GmbH) im Auftrag des Verkehrsverbandes                 des Verkehrsverbandes Westfalen e.V. „Auch als                     bandes, wo auch das Gutachten abgerufen wer­
Westfalen e.V., die nun der Öffentlichkeit vor­        betroffener Unternehmer mit der Verantwor­                         den kann, stellt der Dienstleister eine interaktive
gestellt wurde. Demnach muss – konservativ             tung für unsere Beschäftigten und deren Fami­                      Karte zur Verfügung, auf der die Behinderungen
gerechnet – bei einer üblichen Neubauzeit von          lien kann ich mit voller Überzeugung sagen, dass                   im Straßennetz vor und nach der Sperrung ver­
zehn Jahren für eine solche Autobahnbrücke             es auf jeden Monat ankommt, den der Neubau                         glichen werden können.
von Schäden in Höhe von rund 3,5 Mrd. € aus­           beschleunigt werden kann.“
gegangen werden. Felix G. Hensel, Präsident der                                                                           Das größte Beschleunigungspotenzial steckt aus
IHK Siegen: „Jeder Tag Brückensperrung raubt           Hanno Kempermann, Geschäftsführer der IW                           Sicht aller Beteiligten im Genehmigungsprozess.
der gesamten Wirtschaftsregion Wachstums­              Consult GmbH, sieht die Wirtschaft mit Kosten                      Deshalb schlägt der Verkehrsverband Westfalen
perspektiven. Deshalb ist es unerlässlich, jeden       durch Staus und Umleitungen sowie durch die                        eine Planungsbeschleunigung durch verant­
Ansatz zu nutzen, um die Realisierung der neuen        sinkende Standortattraktivität konfrontiert.                       wortlichen Dialog vor. Marc Simon: Die Belange
Brücke zu beschleunigen. Selbst bei einer Hal­         „An den offiziellen und inoffiziellen Ausweich­                    der Kommunen, der Anwohner, der Pendler, der
bierung der Planungs- und Bauzeit auf fünf Ja­         routen leben rund 20.000 Einwohner. Hier sind                      Wirtschaft, des Klima- und natürlich des Arten­
hre betrüge der Schaden noch satte 1,8 Mrd. €.“        rund 1.600 Unternehmen ansässig, die sich mit                      schutzes gehören an einen Tisch. Ein verant­
Nicht nur in der Industrie, auch im Handel, in         sinkenden Immobilienpreisen, einem hohen                           wortlicher Dialog bedeutet aber auch, dass sich
der Freizeit- und Tourismuswirtschaft, der Gas­        Lärm- und Stresspegel und besonders großen                         beispielsweise die Artenschützer oder Anwohner
tronomie und der Veranstaltungswirtschaft              Auswirkungen der Verkehrsbelastungen, etwa in                      genauso wie die Wirtschaft darauf verlassen
strapaziere die Brückensperrung die Region, die        puncto An- und Abfahrt von Mitarbeitern, kon­                      können müssen, dass Zusagen auch eingehalten
Umwelt und die Menschen über Gebühr.                   frontiert sehen.“ Allein für den Märkischen Kreis                  werden.“ Deshalb sei aus Sicht des Verkehrs­
                                                       sind die Wachstumsverluste auf mindestens 600                      verbandes Westfalen die Berufung eines Bür­
Die Wirtschaft trockne kontinuierlich aus, wenn        Mio. € berechnet worden. Auswirkungen gibt es                      gerbeauftragten zwar ein erster Schritt. „Wir
die „unverzichtbare Lebensader A45“ durch­             freilich auch in den südlicher gelegenen Regio­                    wünschen uns aber zusätzlich einen echten
                                                       nen. Die Untersuchung belege neben den akuten                      Prozessbeschleuniger auf Ebene des Bundesver­
                                                       Schäden durch Umwege vor allem aber auch                           kehrsministeriums, der die verantwortlichen
                   Bahnhofstr. 15, 57072 Siegen
                   Telefon 0271 3134-130, Fax -128     den Verlust an Standortattraktivität. Sie zeige                    Stellen in verbindlichen Entscheidungsprozes­
                   info@ibf-siegen.de                  überdies, wie wichtig es sei, das Vertrauen der                    sen koordiniert und einen Brückenneubau in
                                                       Wirtschaft und der Beschäftigten in die regio­                     Rekordzeit ermöglicht“, konkretisiert Simon die
                   www.ibf-siegen.de
                                                       nale Infrastruktur zurückzugewinnen. Klaus                         Forderung Richtung Berlin. 
Wirtschaftsreport          Apr 22            11

Talbrücke Rahmede
Windgutachten für den Neubau
Die Autobahn Westfalen überarbeitet derzeit die
Planung für den Brückenneubau im Rahmedetal.
„Dadurch, dass wir sprengen können und die neue
Brücke nun nicht mehr in Seitenlage neben der
alten gebaut wird, müssen wir für den Neubau
den Einfluss des Windes während der Bauphase
neu berechnen“, erklärt Projektleiter Michael
Neumann. Ursprünglich war geplant, den Neubau
neben dem Bestandsbauwerk zu errichten und
später an seinen Platz zu schieben. Ein Verfahren,
das derzeit zum Beispiel an der Talbrücke Rinsdorf
genutzt wird. Auch die Lennetalbrücke wurde so
gebaut. An der Talbrücke Rahmede fällt diese Op­
tion nun weg, weil das Bestandsbauwerk für den

                                                                                                                                                                          Autobahn Westfalen
Verkehr gesperrt ist. Die Brücke wird so schnell
wie möglich gesprengt und die Neubauplanung
auf den Bau am alten Platz angepasst. Der Ein­
fluss des Windes auf ein Bauwerk spielt dabei
                                                             Ein einfaches Holzmodell reicht, um die Auswirkungen des Windes auf die Brücke in der Neubauphase zu betrachten.
nicht nur für die grundsätzliche Planung eine
Rolle, sondern auch besonders für die Bauphase.              der Neubau nicht mehr im Windschatten der Be­             Bei größeren bzw. exponiert stehenden Brücken
„Wenn wir einen Brückenüberbau Stück für Stück               standsbrücke stattfindet. Der „Schatten“ ist dabei        wird dazu ein Modell nachgebildet und in einen
über das Tal zum nächsten Pfeiler schieben, ist              nicht immer positiv, weil ein bestehendes Bau­            Windkanal gestellt. „So können wir sehen, wie
dieses Bauteil enormen Lasten durch Wind aus­                werk auch Wirbel erzeugen kann. Das Tal der               genau der Wind angreift – und wir berücksich­
gesetzt“, verdeutlicht Neumann. Diese möglichen              Rahmede verläuft von West nach Ost, liegt also            tigen dies bei der Bauplanung entsprechend“,
Lasten müssen nun neu berechnet werden, weil                 in einer der Hauptwindrichtungen.                         betont Neumann. 

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12          Apr 22     Wirtschaftsreport

Autobahn Westfalen                                                                                                     VierMa GmbH
Umfassende Investitionen                                                                                               Kooperation
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                                                                                                                       in Kontakt. Content Guru bietet effiziente und
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                                                                                                                       verlässige und ausfallsichere Kommunikation
                                                                                                                       stehen. Diese werden den umfangreichen An­
                                                                                                                       forderungen und der steigenden Komplexität
                                                                                                                       durch unterschiedlichste Kommunikationska­
                                                                                                                       näle gerecht und können vom Großkonzern über
                                                                                                                       kleine und mittlere Unternehmen bis hin zu Leit­

                                                                                                  Autobahn Westfalen
                                                                                                                       stellen eingesetzt werden. Durch gemeinsame
                                                                                                                       Projekte möchte die VierMa GmbH nun zur Er­
                                                                                                                       schließung des DACH-Marktes beitragen. „Die
                                                                                                                       flexiblen Lösungen von Content Guru verfolgen
Erhaltungsmaßnahmen und Neubauten von Brücken stehen 2022 im Fokus.
                                                                                                                       einen ebenso ganzheitlichen Ansatz wie unsere
Mit den wärmeren Temperaturen nimmt auch             ­eubauten“, erläutert Elfriede Sauerwein-
                                                     N                                                                 Dienstleistungen. Dies ist nur eine von vielen
die Bautätigkeit auf den Autobahnen der Re­          Braksiek, Leiterin der westfälischen Niederlas­                   Gemeinsamkeiten, die eine hervorragende Basis
gion wieder zu. Die Autobahn Westfalen will          sung der Autobahn GmbH des Bundes. Die                            für eine Partnerschaft darstellen“, unterstreicht
in diesem Jahr 530 Mio. € in ihr Netz investie­      Brücken machen schon jetzt die Hälfte der In­                     VierMa-Geschäftsführer Michael Messal. Beide
ren – und damit 25 Mio. € mehr als 2021. „Das        vestitionen aus. Vor allem auf der A45 stehen                     Unternehmen stünden für eine einheitliche Vi­
Geld fließt zunehmend in unsere Brücken –            weiterhin zahlreiche kostenintensive Arbeiten                     sion einer zukunftsorientierten Ausgestaltung
für Erhaltungsmaßnahmen, aber auch für               an.                                                              von Arbeit. 

Talbrücke Rahmede
Tourismus-Netzwerk Süd-Sauerland fordert Soforthilfe
„So wenige Buchungsanfragen hatten wir nicht         schaftsunternehmen und insbesondere der Tou­                      lebnis, die der Kreis Olpe zu bieten hat, aufmerk­
einmal in den beiden Corona-Jahren 2020 und          rismus-Branche Lösungen zu präsentieren.                          sam gemacht werden. Zudem sollen Bund und
2021“, beklagt Lars Harsveldt aus Sicht des          ­Anders als bei den Problemen rund um die Pan­                    Länder ein kostenfreies Kombi-Ticket für die
Campingplatzes „Vier Jahreszeiten“ und des            demie sehen die Unternehmen die Schuld für                       Nutzung von ÖPNV und SPNV erarbeiten. Wer
­Hotels Diehlberg am Biggesee. Gemeinsam mit          die Brückensperrung aufgrund jahrzehntelan­                      im Vorfeld ein Ticket für eine Attraktion online
 den großen Beherbergungs- und Freizeitbetrie­        gen Investitionsstaus beim Bund. „Wir Mittel­                    bucht, soll freie Fahrt in den Verkehrsverbünden
 ben sowie den Tourismus-Anbietern hat sich im        ständler haben hingegen in unsere touristi­                      Ruhr-Lippe (VRL) und Rhein-Ruhr (VRR) sowie
 Kreis Olpe das privatwirtschaftliche Tourismus-      schen Attraktionen vor Ort immer investiert“,                    vor Ort beim Zweckverband Westfalen-Süd er­
 Netzwerk Süd-Sauerland auf den Weg gemacht.          erinnert Wolfgang Böhmer von der Atta-Höhle                      halten.
 Erste Herausforderung: Wegen der Brücken­            in Attendorn. Neben ihm haben sich auch Ver­
 sperrung auf der A45 müssen bis zum Saison­          treter des Elspe-Festivals, der Personenschiff­                  „Wenn wir ein weiteres Jahr mit diesen Besu­
 start in den Osterferien Anreise-Alternativen für    fahrt Biggesee sowie mehrerer mittelgroßer                       cherrückgängen zu kämpfen haben, werden wir
 Besucher erarbeitet werden. Die bisherige Bu­        und kleiner Unternehmen der Initiative ange­                     nicht nur wirtschaftliche Probleme bekommen“,
 chungs- und Reservierungssituation für die           schlossen.                                                       schildert Lars Harsveldt als Vertreter der Beher­
 neue Saison sei in fast allen Betrieben drama­                                                                        bergungsbetriebe. Durch die Pandemie habe
 tisch, erläutert Harsveldt.                         Die Beteiligten fordern eine Soforthilfe durch                    man ohnehin viele Mitarbeiter verloren, die nun
                                                     Bund und Land. Zwei konkrete Ideen liegen nun                     in anderen Branchen tätig seien. „Wir finden
Daher fordere man Bund und Land zur Unter­           auf dem Tisch. Zum einen soll eine Werbe-Kam­                     kaum noch Personal, das dann arbeiten soll,
stützung auf. Es müsse Schluss sein mit „war­        pagne in den betroffenen Quellmärkten gestar­                     wenn alle anderen Freizeit haben. Wer einmal
men Worten“ und „Besänftigung“. Vielmehr sei         tet werden. Gerade im Ruhrgebiet sollen Gäste                     die Branche verlassen muss, kommt nicht mehr
es an der Zeit, den ohnehin gebeutelten Wirt­        auf die Alleinstellungsmerkmale Natur und Er­                     zurück.“ 
A45-Sperrung                                         REACH
Unterstützung für                                    Konsultationen
Südwestfalen                                         eröffnet
Die Sperrung der A45 wegen der nicht befahr­         Die Europäische Chemikalienagentur (ECHA) hat
baren Talbrücke Rahmede belastet Südwestfa­          Konsultationen zur möglichen Aufnahme von acht
len schwer. Viele Unternehmen müssen Umsatz­         Stoffen der sogenannten Kandidatenliste in die
einbußen oder Kostensteigerungen hinnehmen.          Autorisierungsliste unter REACH (Annex XIV) er­
Das Land NRW unterstützt die betroffenen Be­         öffnet. Betroffen ist neben Glutaral unter anderem
triebe: Ein zinsvergünstigter Universalkredit mit    Blei, welches nicht zuletzt in manchen Metallen in
Tilgungsnachlass fängt unmittelbare Belastun­        gewissem Maße (Vorgaben etwa nach RoHS) Ver­
gen ab und sichert die Liquidität der Unterneh­      wendung finden kann. Unternehmen können sich
men. Der Tilgungsnachlass beträgt bis zu 20 %        bis zum 2. Mai an den Konsultationen beteiligen.
der Darlehenssumme (maximal 100.000 € pro            Den entsprechenden Link gibt es zum Beispiel über
Unternehmen). Ausführliche Informationen da­         die Internetpräsenz der IHK Siegen unter ihk-sie­

                                                                                                            WIR DENKEN
zu, wie betroffene Betriebe vorgehen können,         gen.de (Seiten-ID: 941, externe Links). Ansprech­
finden sich unter ihk-siegen-de (Seiten-ID:          partner in der Kammer ist Roger Schmidt (0271

                                                                                                              WEITER,
4151).                                              3302-263, roger.schmidt @siegen.ihk.de). 

DGB-Regionen
                                                                                                            WO ANDERE
Gemeinsame Erklärung zur A45                                                                                AUFHÖREN.
                                                     hingewiesen und eine gemeinsame Erklärung
                                                     angekündigt. Inzwischen liegt das umfangreiche
                                                                                                                          LASERN
                                                     Papier mit 13 Unterschriften vor. Initiiert vom
                                                     Geschäftsführer der DGB-Region Südwestfalen                          KANTEN
                                                     und Vorsitzenden des DGB-Kreisverbandes Sie­
                                                     gen-Wittgenstein, Ingo Degenhardt, haben die                         FRÄSEN
                                                     Geschäftsführer von fünf DGB-Regionen und elf
                                                     Vorsitzende der DGB-Kreis- und Stadtverbände                         DREHEN
                                                     aus Hessen, Rheinland-Pfalz und Nordrhein-
                                                     Westfalen ihre Unterschrift unter die Erklärung                   SCHWEISSEN

                                                                                                          NEU
                                                     gesetzt. Diese wurde an die Mitglieder des Ver­
                                                     kehrsausschusses des Deutschen Bundestages                        ROHRLASERN
                                                     verschickt.

                                                     „Eine wichtige regionale Wirtschafts- und Le­
                                                     bensader ist auf Jahre gesehen durchtrennt.
                                                     Nicht nur wir in Südwestfalen sind von diesem
                                                     katastrophalen Umstand betroffen. Die Sper­
                                                     rung hat auch enorme Auswirkungen auf an­
                                                     grenzende Regionen sowie auf große Teile unse­
                                                     rer Volkswirtschaft“, erklärt Ingo Degenhardt.
                                                     Darüber hinaus weist der DGB auf die hohe
                                               DGB

                                                     Dichte an Weltmarktführern und Hidden Cham­
Ingo Degenhardt, Geschäftsführer der DGB-Region
                                                     pions im hiesigen Raum hin. Aber nicht nur die­
Südwestfalen, bezieht klar Stellung zur A45.
                                                     se Unternehmen mit ihren Tausenden von Ar­
Vor einigen Wochen hatten die DGB-Anrainer­          beitsplätzen sind im Blick, sondern zum Beispiel
regionen an der Sauerlandlinie bereits mit ei­       auch der Freizeit- und Tourismusbereich. De­
nem markanten Transparent auf ihre Initiative        genhardt unterstreicht: „Verkehrspolitik ist ein
aufmerksam gemacht. Unter der Überschrift            wesentlicher Teil von Standortpolitik.“ Der DGB
„A45 –Stützpfeiler für unseren starken Wirt­         bekräftigt seine Forderung nach einer sonder­
schaftsraum und für sichere Arbeitsplätze“ hat­      gesetzlichen Regelung für die A45, um Pla­
ten die Gewerkschaftsvertreter auf den eklatan­      nungsverfahren zu verkürzen und zu vereinfa­               Metallverarbeitung Uwe Ebertz GmbH
ten Investitionsstau in der Verkehrsinfrastruktur    chen.                                                Telefon: 02772 57538-0 ٠ info@mue-ebertz.de

                                                                                                          www.mue-metallverarbeitung.de
14           Apr 22      Wirtschaftsreport

Güterverkehr
Verkehrsministerin Ina Brandes zu Besuch
                                                                                                                            Müller ist die Verlagerung von Gütern auf die
                                                                                                                            Schiene schon lange ein wichtiges Thema – nicht
                                                                                                                            erst seit der Sperrung der Talbrücke Rahmede.
                                                                                                                            Sowohl das Südwestfalen Container-Terminal in
                                                                                                                            Kreuztal als auch die ertüchtigte Ladestraße in
                                                                                                                            Siegen leisteten dazu einen wichtigen Beitrag:
                                                                                                                            „Investitionen in solche Infrastruktur-Projekte
                                                                                                                            ermöglichen es uns überhaupt erst, ernsthaft die
                                                                                                                            Verlagerung von Verkehren voranzutreiben.“

                                                                                                                            KSW-Geschäftsführer Christian Betchen ordnet
                                                                                                                            ein: „Der Kreis Siegen-Wittgenstein gehört zu
                                                                                                                            den am stärksten vom Borkenkäfer betroffenen
                                                                                                                            Regionen. Das Aufkommen von Schadholz ist
                                                                                                                            höher als nach dem Orkan Kyrill im Jahr 2007.“
                                                                                                                            Es fehle an Möglichkeiten zum Abtransport des
                                                                                                                            befallenen Holzes. „Dank der Förderung des Lan­
                                                                                                                            des können wir der heimischen Holzwirtschaft,
                                                                                                                            die ohnehin durch die Kalamität massiv in Mit­

                                                                                                          Günther Ortmann
                                                                                                                            leidenschaft gezogen wird, auch unter schwie­
                                                                                                                            rigen Witterungsbedingungen eine verlässliche
                                                                                                                            Perspektive für die Abfuhr des Borkenkäfer-Hol­
                                                                                                                            zes in Deutschlands waldreichstem Landkreis
Verkehrsministerin Ina Brandes tauschte sich mit KSW-Geschäftsführer Christian Betchen (l.), Jens Kamieth MdL
                                                                                                                            bieten. Zudem wird so gewährleistet, dass Holz
(2.v.l.) und Landrat Andreas Müller aus.
                                                                                                                            für den Zeitraum der anschließenden Auffors­
Mehr Güter auf die Schiene bringen – das ist das        stämme abtransportiert werden. Verkehrsminis­                       tung eingefahren werden kann.“
Ziel der NRW-Regierung. Daher hat das Land              terin Ina Brandes hat sich die Verladestraße jetzt
2018 die Förderung der sogenannten öffentli­            persönlich angeschaut. „Jeder Transport, den wir                    Die Holzladestraße ist die einzige für Ganzzug­
chen nicht bundeseigenen Eisenbahnen (NE-               vom Lkw auf die Schiene verlagern, sorgt für                        längen im Umkreis von 50 Kilometern. Das Holz
Bahnen) wieder aufgenommen. So werden mehr              mehr Platz auf den Straßen und ist gut für das                      kann hier direkt von den Lkw auf die Güterwag­
Industrie- und Gewerbegebiete sowie Logistik­           Klima“, betonte sie. „Deshalb fördern wir den Er­                   gons geladen oder auf der anderen Seite zur Zwi­
standorte besser an Hauptstrecken der Bahn an­          halt, die Modernisierung und die Reaktivie­rung                     schenlagerung abgeladen werden. Die Ladestraße
gebunden. Bei der Kreisbahn Siegen-Wittgen­             von Güterschienenstrecken wie in Siegen-Witt­                       wird von vielen verschiedenen Eisenbahnverkehrs­
stein (KSW) wurde im vergangenen Jahr mit               genstein.“ Komplette Zuglängen an Holz können                       unternehmen genutzt, die von Betrieben der Holz
Unterstützung des Landesverkehrsministeriums            hier jetzt ganzjährig verladen werden. 500.000                      verarbeitenden Industrie beauftragt wer­den, et­
in Höhe von rund 130.000 € eine Verladestraße           Tonnen Güter pro Jahr kann die KSW über die                         wa von Zellstoffproduzenten in Deutschland oder
zwischen Lkw und Schiene befestigt, über die            Schiene transportieren. So werden rund 20.000                       Sägewerken in Österreich. Das Land hat 75 % der
insbesondere von Borkenkäfern befallene Baum­           Lkw-Fahrten eingespart. Für Landrat Andreas                         Baukosten übernommen. 

Arbeitskreis Burbacher Unternehmen
Ökologische Trans­formation im Fokus
Die ökologische Transformation von Betrieben            Berichtspflicht ausweiten auf Unternehmen                           der in vielen Punkten für reale Wertschöpfung
stand im Fokus eines Vortrages, zu dem der Ar­          mit im Schnitt 250 Mitarbeitern im zurücklie­                       in den Regionen, Einhaltung der Menschenrech­
beitskreis Burbacher Unternehmen jüngst ein­            genden Geschäftsjahr und Nettoerlösen von                           te und funktionierende regionale Strukturen
lud. Referentin Yvonne Zwick schilderte Erfah­          mehr als 40 Mio. € und/oder einer Bilanzsumme                       vorbildlich sei und deshalb diese Informationen
rungen aus der Praxis. Sie ist die Vorsitzende des      von mehr als 20 Mio. €. Aus dem Kreis der Bur­                      zur strukturellen Disposition in die Debatte ein­
Bundesdeutschen Arbeitskreises für Umweltbe­            bacher Unternehmer kamen erhebliche Beden­                          bringen müsse. Schließlich gehe es um ein funk­
wusstes Management (B.A.U.M. e.V.) und hat              ken gegen diese weitere Aufbürdung von Büro­                        tionierendes nachhaltiges Wirtschaften mit in
den Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK)                kratie. Yvonne Zwick hielt dagegen, dass sich                       mehrerlei Hinsicht positiven Wirkungen. Gute
maßgeblich mitentwickelt. Als Unternehmens­             gerade funktionierende regionale Ökosysteme in                      Berichterstattung führe letztlich zu geringeren
netzwerk unterstützt B.A.U.M. e.V. bei der Kre­         Deutschland durch ihre Berichte in Brüssel und                      Kapitalkosten für die Transformationsfinanzie­
ierung und Umsetzung betrieblicher Nachhal­             weltweit positionierten, denn europäische Un­                       rung und liege im Eigeninteresse der Unterneh­
tigkeitsstrategien. Ab 2024 will die EU ihre            ternehmen drängten auf den deutschen Markt,                         men. 
Wirtschaftsreport     Apr 22         15

Talbrücke Rälsbach
Sprengung verlief erfolgreich
Drei Wochen nach der Sprengung der Talbrücke
Rinsdorf hat die Autobahn Westfalen auch das
zweite Teilbauwerk der rund 300 Meter entfern­
ten Talbrücke Rälsbach erfolgreich gesprengt.
Der Vorgang verlief reibungslos. Eine echte He­
rausforderung gab es aber: Aufgrund der Tallage
und des angeordneten Absperrbereichs war die
Brücke für die Sprengmannschaft und die Pro­
jektverantwortlichen lediglich über einen Mo­
nitor einsehbar. „Heute müssen wir uns beson­
ders auf die Technik verlassen, doch mithilfe
hochauflösender Drohnen ist das überhaupt
kein Problem“, erklärte Sprengmeister Michael
Schneider.

Am frühen Morgen hatten die Absperrposten

                                                                                                                                                       Autobahn Westfalen
ihre Positionen bezogen. Pünktlich um 11:00
Uhr fiel das Bauwerk in die Tiefe. Die Begut­
achtung des bereits fertiggestellten nördlichen
Teilbauwerks ergab im Anschluss, dass die neue
                                                  Bei der Sprengung der Talbrücke Rälsbach verlief alles nach Plan.
Brücke durch die Sprengung keinerlei Schäden
davongetragen hat. Die A45 wurde daraufhin        Ende April an. Danach beginnen die Bauarbeiten            dieses Jahres das nächste A45-Großereignis auf
wieder für den Verkehr freigegeben. Die Auf­      für die neue Brücke. Mit der Sprengung der Tal­           dem Programm. Auch bei den Talbrücken Rah­
räumarbeiten unter der Brücke dauern noch bis     brücke Landeskroner Weiher steht im Herbst                mede und Eisern sind Sprengungen geplant. 

                                                                                                             
                                                                                                            
                                                                                                            
                                                                                                             Leistungen mit starkem
                                                                                                             Fundament. Hochbau.
                                                                                                            Tiefbau. Ingenieurbau.
                                                                                                             Leitungsbau. Mehr.

                                                                                                            www.berge-bau.de

                                                                                                             
16            Apr 22        Wirtschaftsreport

Russland-Ukraine-Konflikt:
Große Mehrheit von Industrie und Großhandel befürwortet Sanktionen
                                                                                                                                            liegt im Hafen von Antwerpen und wir können
                          Unterhalten Sie Geschäftsbeziehungen in der „Krisen-Region“?                                                      ihn nicht abholen, da es sich um einen russi­
                                               Angaben in Prozent                                                                           schen Händler handelt und das Schiff nicht ge­
                                                              12,2
                                                                                                                                            löscht wird!“ Ein weiterer Betrieb erklärt, dass
                                                                                                                                            Ware für die Ukraine versandfertig im Lager
                                                                             2,7                                                            stehe, der Vertrag aber nun hinfällig sei. Zudem
                                                                                                                                            lägen Großaufträge für den russischen Markt
                                                                                      8,8                                                   „auf Eis“ – mit erheblichen Umsatzeinbußen als
                                                                                                         Ja, mit Russland                   Folge. Ein anderes Beispiel verdeutlicht, dass
                                                                                                         Ja, mit der Ukraine                sich auch bei den Rohstofflieferungen eine kri­
                                                                                                         Ja, mit Russland und der Ukraine   tische Entwicklung abzeichnet: „Die meisten in
                                                                                                         Nein                               der Ukraine beschäftigten Männer sind im Krieg,
                                                                                                                                            zugleich werden Lieferungen nach Russland
                                                                                                                                            nicht mehr bezahlt.“ Die Umfrage zeigt zudem,
                                                                                                                                            dass auch zahlreiche indirekte Auswirkungen
                   76,3
                                                                                                                                            spürbar werden. Hierzu gehören zum Beispiel
                                                                                                                                            steigende Kosten für Energie, Frachten und Roh­
                                                                                                                                            material sowie Lieferschwierigkeiten. Teilweise
                                                                                                                                            brechen Aufträge weg, weil an anderer Stelle
„Der Krieg in der Ukraine belastet die heimische                           „Die Rückmeldungen zeigen: 58 % der Indust­                      Zahlungen aus Russland für Lieferungen aus­
Wirtschaft erheblich. Die Hälfte der Industrie-                            rie- und Großhandelsbetriebe in der Region sind                  bleiben.
und Großhandelsbetriebe in den Kreisen Siegen-                             davon überzeugt, dass die kriegerische Ausein­
Wittgenstein und Olpe bekommt bereits nega­                                andersetzung dauerhaft negative Folgen für den                   Geschäftsbeziehungen zu Russland
tive Auswirkungen zu spüren. Besonders hart                                eigenen Betrieb haben wird. Bei den Unterneh­                    werden in Frage gestellt
trifft dies Unternehmen mit Geschäftsbeziehun­                             men mit Russlandgeschäft sind es mit 69 %                        Bei aller Betroffenheit: Die überwältigende
gen in die Krisenregion. Aber die Folgen treffen                           noch deutlich mehr.“                                             Mehrheit der Unternehmen (85 %) befürwortet
auch viele andere Firmen.“ Rainer Dango, ge­                                                                                                wirtschaftliche Sanktionen gegen Russland. Bei
schäftsführender Gesellschafter der Dango &                                Rund ein Viertel der 266 an der Umfrage mit­                     den Betrieben mit Geschäftsbeziehungen zur
Dienenthal Maschinenbau GmbH in Siegen und                                 wirkenden Betriebe unterhält Geschäftsbezie­                     Ukraine und zu Russland ist dieser Anteil mit
Vorsitzender des Außenwirtschaftsausschusses                               hungen in die Krisenregion, also zur Ukraine                     89 % sogar noch etwas höher. Die Unternehmen
der IHK Siegen, sieht in den Ergebnissen einer                             und/oder zu Russland. 75 % dieser Unterneh­                      überdenken kritisch ihre Geschäftsbeziehungen
Anfang März durchgeführten Blitzumfrage der                                men haben mit den Folgen des Konflikts zu                        zu Russland. Hierbei besteht offenkundig ins­
Kammer unter 266 Industrie- und Großhandels­                               kämpfen, ein Großteil davon mit unmittelbaren                    gesamt eine hohe Unsicherheit. Die Heinrich
betrieben zum Russland-Ukraine-Konflikt alar­                              Auswirkungen. Etliche Kommentare in den Ant­                     Georg GmbH Maschinenfabrik in Kreuztal ge­
mierende Anzeichen für eine nachhaltige Beein­                             worten zeigen deren unterschiedliche Ausprä­                     hört zur Mehrheit von 60 % der Betriebe, die
trächtigung der wirtschaftlichen Entwicklung:                              gungen. So berichtet ein Unternehmen: „Stahl                     beabsichtigen, ihre Geschäftsbeziehungen in
                                                                                                                                            Russland aufgrund des Konflikts zu beenden:
                                                                                                                                            „Wir unterstützen die Wirtschaftssanktionen
                   Mit welchen gravierendsten wirtschaftlichen Auswirkungen rechnen Sie,
                                                                                                                                            und zeigen dies aktiv mit unserer Entscheidung,
                                       bezogen auf Ihr Unternehmen?
                               Angaben in Prozent; Mehrfachnennung möglich                                                                  das Russlandgeschäft auszusetzen. Natürlich
                                                                                                                                            wissen wir um die wirtschaftlichen Konsequen­
                                                               0       10        20     30   40    50      60     70      80   90   100
                                                                                                                                            zen, aber das ist ja nun mal der Charakter von
                            weiter steigende Energiepreise                                                                          93,2    Sanktionen. Diese richten sich keinesfalls gegen
                                  Engpässe bei Rohstoffen                                                              70,3                 unsere russischen Partner, die wir auch in Zu­
                                                                                                                                            kunft als solche sehen möchten“, fasst Ge­
                               Engpässe bei Vorprodukten                                          43,2
                                                                                                                                            schäftsführer Mark Georg die Haltung seines
                                     instabile Lieferketten                                               53,4                              Unternehmens zusammen.
                               sinkende Auftragseingänge                                                 50,8
                                                                                                                                            IHK-Vizepräsident Axel E. Barten (Achenbach
            Ausfall von Export- und Investitionsgarantien            1,5
                                                                                                                                            Buschhütten GmbH & Co. KG) will in Bewertung
 Nichterfüllung eigener vertraglicher Lieferverpflichtungen                 10,2                                                            der gegenwärtigen Lage eine langfristige Pers­
                                                                                                                                            pektive angelegt wissen: „Es wird eine Zeit nach
                                Verlust von Arbeitsplätzen                 8,6
                                                                                                                                            Putin geben, um dessen Krieg es hier geht. Ge­
                                    Weitere Auswirkungen              4,1                                                                   schäftsbeziehungen sind zum Teil über viele
                                                                                                                                            Jahrzehnte gewachsen und können nach Beile­
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