Wirtschaftsreport April 2023 - Titelthema: Aus- und Weiterbildung
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Wirtschaftsreport Apr 23 1 Editorial Die Karstadt-Pleite bietet auch Chancen! Karstadt schließt bundesweit mehr als 50 Standorte. Dadurch wird ein wei- teres Mal deutlich: Die Zeit der großen Warenkaufhäuser ist vorbei. Jeder weiß es, da fast alle auch im Netz bestellen. Doch nicht jeder will es wahr- haben. Schließlich soll ja alles beim Alten bleiben; selbst dann, wenn alle durch ihr Verhalten dazu beitragen, dass das Alte zusammenbricht. Früher mussten die Menschen mitten in die Städte, um so etwas wie ein Einkaufs- erlebnis zu erhalten. Heute versuchen sie, diese Erlebnisse online nachzu- empfinden, um sich anschließend die Ware bis zur Haustür bringen zu lassen. Ob der vermehrte Verkehr fürs Klima gut ist, sei dahingestellt. Fest steht: Die Menschen nutzen die neuen Einkaufskanäle, die Online-Bestellungen bre- chen sich weiter Bahn. Eine durch die Inflation sinkende Kaufkraft, aber auch Covid-19 und andere Sonderfaktoren haben ihren Siegeszug forciert. Das Ergebnis für den gesamten stationären Handel, insbesondere aber für die Warenhäuser der Kategorie „Alles unter einem Dach“, war absehbar. Hinzu kommt: Wer heute online nicht dieselbe Kreativität entwickelt wie stationär, den bestraft das Leben: Die Dinosaurier sterben aus. Ja, auch der stationäre Handel durchlebt eine tiefgreifende Zeitenwende. Und zwar nicht erst seit gestern. Dass hunderte Einzelhändler in den letzten Jahren in der Region ihre Pforten schlossen, wurde eher achselzuckend hin- genommen. Das ist bei der Karstadt-Schließung anders. Immer, wenn Große wanken, beginnt eben postwendend auch der Blätterwald kräftig zu rau- schen. Und gelegentlich verlieren dabei Vertreter der schreibenden Zunft auch das Augenmaß, wenn sie darüber berichten, was die Schließung für die Region bedeutet. Für die Beschäftigten der Siegener Karstadt-Filiale bringt das „Aus“ zunächst den Verlust von Arbeit und Einkommen. Das ist bitter. (4) Schließlich, und vielleicht am wichtigsten: Der Begriff Karstadt-Immo- Für die umliegenden Einzelhandelsunternehmen in der Oberstadt wird sich bilie suggeriert, dass Karstadt auch der Eigentümer wäre. Die Gesellschaf möglicherweise ein Frequenzverlust einstellen. Auch das löst keinen Jubel ter der GmbH, die das Gebäude hält, stammen jedoch samt und sonders bei den Betroffenen aus. Ist es jedoch auch ein „Drama“, wie ein Kommen- aus Siegen. Keine seelenlose „Heuschrecken-Immobilie“ ohne greifbaren tator einer Lokalzeitung schrieb? Oder gar ein „Todesstoß“ für die Oberstadt, Adressaten also, sondern eine regional verankerte Eigentümerstruktur, wie in den sogenannten „Sozialen Medien“ publiziert wurde? Mitnichten! der die gesamte (!) Innenstadt am Herzen liegt! Wer Meinung macht, sollte zunächst versuchen, die Wirklichkeit vollständig zu erfassen. Vier Punkte erscheinen dabei aus meiner Sicht bemerkenswert. Dies alles verdeutlicht: Die Wahrscheinlichkeit ist hoch, dass sich in Siegen sehr schnell eine sehr belastbare Perspektive entwickeln lässt. Neue Mög- (1) In der City-Galerie arbeiten mehr als 1.000 (!) Menschen. Die allermeis- lichkeiten für den universitären Umzug in die Stadt eröffnen sich. Wenn ten der dort tätigen Handelsunternehmen, aber auch hunderte von Händ- Zentralfunktionen der Uni in das städtische Herz verlagert würden und die- lern und Dienstleistern im Umfeld suchen derzeit händeringend Arbeits- se Nutzung in einem Gebäude mit interessanten Handels- und Dienstleis- kräfte. Von der Karstadt-Schließung dürften rund 60 Personen betroffen tungsangeboten verzahnt würde, könnte eine innovative Komposition ent- sein. Sie werden Beschäftigung finden. Das scheint so gut wie sicher. stehen, die zudem für das Land Nordrhein-Westfalen sicherlich im Ergebnis (2) Siegen hat eine Kaufkraftbindung von 125 %. Unter den Städten mit kostengünstiger darstellbar wäre als die bisherigen Planungen. mehr als 100.000 Einwohnern erzielen in Deutschland nur Würzburg, Trier, Koblenz und Regensburg einen besseren Wert. Und was den Einzel- Sicher, eine solche Lösung geht nicht von heute auf morgen. Sie muss sorg- handelsumsatz je Einwohner anbetrifft, liegt Siegen bundesweit auf Platz fältig durchdacht werden. Eine Vielzahl von Akteuren muss dabei an einem 8! 50 % des gesamten Einzelhandelsumsatzes in Siegen-Wittgenstein Strang ziehen. Dennoch: Welche vergleichbare Großstadt verfügt über eine werden in Siegen generiert! Es gibt keine Großstadt in NRW, die d erartige solche Perspektive? Es ist bedauerlich, dass bei der medialen Behandlung Werte für sich in Anspruch nehmen kann. Die Schließung trifft den dieses komplexen Themas die vielfältigen Chancen der Karstadt-Pleite für die Standort Siegen sicherlich, erschüttern wird sie ihn jedoch nicht. Siegener Innenstadt nicht hinreichend in den Blick genommen wurden. Scha- (3) Dies ist im Übrigen auch die Folge einiger kluger städtebaulicher Projekt- de auch, dass die Weitsicht derer, die die Immobilie vor Jahren erwarben, vorhaben, die in den letzten 30 Jahren angeschoben und konsequent bisher im heimischen Blätterwald keine Würdigung fand. Doch was nicht ist, umgesetzt wurden. Von der City-Galerie über Reichwalds Ecke und das kann ja noch werden. Die Hoffnung stirbt ja bekanntlich zuletzt. Apollo Theater bis hin zu „Siegen zu neuen Ufern“ und dem Umzug der Universität in die Siegener Innenstadt. Das jetzt eingeleitete Jahrhun- dertvorhaben „Siegen. Wissen verbindet“ wird die Kernstadt auf eine Art In diesem Sinne grüßt Sie herzlich verjüngen, von der andere vergleichbare Städte nur träumen können. Eine Frischzellenkur, die zusätzliche Nachfrage induziert und neue Vita- lität entstehen lässt. Klaus Gräbener
2 Apr 23 Wirtschaftsreport Inhaltsverzeichnis Titelthema 4 Aus- und Weiterbildung Breites Portfolio in der Region Zahlreiche Schüler profitieren in diesem Frühjahr wieder von den Ausbildungsmessen in Siegen-Wittgenstein und Olpe. Hautnah können sie hier die Karriere-Perspektiven in der Region erfahren, Lehrberufe kennenlernen, mit Unternehmen in den Dialog treten und sich mit Gleichaltrigen austauschen ... Titelseite: Foto: Julia Förster, Arbeitgeberverband 34 „Sellestar“ Kunden erreichen – und überzeugen Impressum Der WIRTSCHAFTSREPORT ist das offizielle Organ der IHK Siegen Herausgeber Druck, Anzeigen und Verlag und wird den kammerzugehörigen Unternehmen im Rahmen Industrie- und Handelskammer Siegen, Vorländer GmbH & Co. KG ihrer beitragspflichtigen Mitgliedschaft ohne besonderes Be- Hauptgeschäftsstelle, Postfach 10 04 51, 57069 Siegen, Buch- und Offsetdruckerei · Verlag · Werbeagentur zugsentgelt geliefert. Im freien Verkauf jährlich EURO 25,20 Koblenzer Straße 121, 57072 Siegen Obergraben 39, 57072 Siegen, + Porto und MwSt. Einzelheft EURO 2,10 + Porto und MwSt. Telefon 0271 3302-0 Telefon 0271 5940-0 Bestellung nur durch den Verlag. Telefax 0271 3302-400 Anzeigenannahme: E-Mail: si@siegen.ihk.de, Erscheinungsweise: jeweils am 1. jedes Monats. Michaela Hartrumpf-Schneider, Telefon 0271 5940-335 Internet: http://www.ihk-siegen.de Druckauflage: 22 583 Exemplare Philip Tordeur, Telefon 0271 5940-331 Quartal 4/2022 Geschäftsstelle Olpe, Postfach 14 46, 57444 Olpe, Fax 0271 5940-373, A 4791 In der Trift 11, 57462 Olpe, Telefon 02761 9 44 50, Mail: wirtschaftsreport@vorlaender.de Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung Telefax 02761 9445-40, E-Mail: oe@siegen.ihk.de Zustellung des Verfassers, nicht unbedingt die Meinung der IHK Siegen Für Fragen, die die Zustellung betreffen, wenden Sie sich Redaktion: wieder. Nachdruck mit Genehmigung des Herausgebers und bitte an zustellung@siegen.ihk.de oder 0271 3302-273. Patrick Kohlberger: 0271 3302-317 Quellenangabe sowie fotomechanische Vervielfältigung für Hans-Peter Langer: 0271 3302-313 Beilagenhinweis innerbetrieblichen Bedarf gestattet. Für unverlangt eingesand- E-Mail: presse@siegen.ihk.de Dieser Ausgabe liegt ein Prospekt der Fa. Wortmann AG, te Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen. 32609 Hüllrost, bei. Der WIRTSCHAFTSREPORT ist keine auf Erwerb ausgerichtete Layout Veröffentlichung. Christian Reeh Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste Nr. 62
Wirtschaftsreport Apr 23 3 IHK online Pressemeldungen finden Sie zusätzlich zur Printausgabe auch online unter www.ihk-siegen.de. »Gekürzte Dazu geben Sie bitte die dem Text beigefügte ID in das Suchfeld unserer Website ein.« 34 | Berichte 10 | Nachrichten » 46 Jubiläen/Bücher » 34 Kunden erreichen – » 10 Unternehmergespräch 46 | Börsen und überzeugen » 12 Verkehrsausschuss » 46 Unternehmensnachfolgebörse » 13 Route57 » 48 Handels- und » 39 Förderpreis Genossenschaftsregister » 40 Zollrecht » 56 Veranstaltungskalender » 44 Künstliche Intelligenz )HUWLJEDX/LQGHQEHUJ 277248$67*PE+ &R.* $QGHU$XWREDKQ )UHXGHQEHUJ +RFKEDX 6WUD¼HQXQG7LHIEDX . 6FKOÙVVHOIHUWLJEDX . %HWRQIHUWLJWHLOH 1 7 ' 6 $5 6SH]LDOWLHIEDX & 5 7ULQNZDVVHUEHKÁOWHU + '5 5 6 0 + ' . 8 7' %DXZHUWHUKDOWXQJ $# + & 9 ' 5 + ,QJHQLHXUEDX +0 + .RQ]HSWLRQ ZZZTXDVWGH
4 Apr 23 Wirtschaftsreport Aus- und Weiterbildung Breites Portfolio in der Region Zahlreiche Schülerinnen und Schüler profitieren in diesem Frühjahr wieder von den Ausbildungsmessen in Siegen-Wittgenstein und Olpe. Hautnah können sie hier die Karriere-Perspektiven in der Region er- fahren, Lehrberufe kennenlernen, mit Unternehmen in den Dialog treten und sich mit Gleichaltrigen austauschen. Verschiedenste Institutionen im Kammerbezirk bieten auch darüber hinaus mannigfaltige Facetten der Aus- und Weiterbildung junger Menschen – sowohl auf fachlicher als auch auf persönli- cher Ebene. Einige davon stehen in dieser Titelgeschichte des Wirtschaftsreports im Fokus. Weitere sol- len in den kommenden Ausgaben folgen. Dann werden auch die Rückblicke auf die Messen – angefan- gen mit der Ausbildungsmesse Siegen – erfolgen. Text: Patrick Kohlberger | Fotos: Autohaus Walter Schneider, Berufskolleg Technik, Carsten Schmale (3), Romano Klein
» Wirtschaftsreport Apr 23 5 „Gerade in der heutigen Zeit sehen sich Betriebe gefordert, ihre Attraktivität als Arbeitgeber zu steigern. Wer Auszubil- denden zum Beispiel einen mehrwöchigen Aufenthalt in einem anderen Land ermöglicht, kann hier richtig punkten!“ Ann Ka- trin Hentschel, IHK-Expertin für Fachkräftesicherung, hob in dem Webinar „Gemeinsam Fachkräfte für NRW sichern“ jüngst die Notwendigkeit hervor, durch kreative Elemente die betrieb- liche Erstausbildung inhaltlich aufzuwerten und hierdurch Alleinstellungsmerkmale zu entwickeln. Auslandspraktika während der beruflichen Ausbildung seien ein erfolgverspre- chender Weg: „Eine klassische Win-win-Situation: Sowohl die Firma selbst als auch das junge Personal profitieren enorm!“ Wie dies in der Praxis aussehen kann, schilderte Dr. Christine Tretow. Sie leitet in der IHK Siegen die Servicestelle Mobili- tätsberatung, die seit 2009 bereits knapp 450 Azubis und jun- gen Fachkräften ein Auslandspraktikum vermittelt sowie rund 5.000 Beratungsgespräche – auch mit Ausbildern und Akteu- ren aus der Berufsbildung – durchgeführt hat. Die Service- stelle ist Teil des Netzwerks „Berufsbildung ohne Grenzen“ mit bundesweit knapp 100 Mobilitätsberatern in mehr als 40 Be- ratungsstellen. Interkulturelle Kompetenz, hob Tretow hervor, sei inzwischen Carsten Schmale zu einem Schlüsselfaktor für angehende Fachkräfte avanciert – unabhängig von der Branche, in der sie tätig seien. Junge Erwachsene, die das Abenteuer Auslandspraktikum wagten, Dr. Christine Tretow berichteten im Anschluss unisono davon, wertvolle Erfahrun- leitet in der IHK Sie- gen gesammelt zu haben – von einer Vertiefung der Sprach- gen die Servicestelle kenntnisse bis zum Kennenlernen neuer Arbeitsmethoden und Mobilitätsberatung. kultureller Besonderheiten des jeweiligen Landes. Auch sozia- le Kompetenzen spielten eine wichtige Rolle. Nicht zuletzt könne der Auslandsaufenthalt dazu beitragen, dass die Azubis an Selbstbewusstsein gewinnen und neue Kontakte schließen. „Die Betriebe wiederum profitieren, weil ihre angehenden Fachkräfte mit riesigem Elan und vielen neuen Erkenntnissen im Gepäck wieder nach Hause kommen und ihr erweitertes Know-how direkt im Unternehmensalltag einbringen.“ Diesen Eindruck bestätigten im Laufe des Webinars drei Ab- solventen eines solchen Auslandspraktikums. Sie alle hatten mit Unterstützung der IHK Siegen den Schritt aus der Komfort- zone gemacht und die besondere Herausforderung angenom- men. Belohnt wurden sie mit dem Zertifikat „Europass Mobili- tät“ – vor allem aber mit unzähligen bleibenden Eindrücken. Die jungen Menschen schilderten ihre Teilnahme am Pro- gramm „WINGs goes Ireland – Work Experience in the Republic of Ireland“. Dieses steht allen Azubis in dualen Ausbildungs- berufen offen, deren Ausbildungsverträge bei der IHK Siegen Die Teilnehmer des Programms „WINGs goes Ireland – Work Experience in the Republic of Ireland“, hier eine Aufnahme der Zertifikatsverleihung Carsten Schmale vor einem Jahr, bilden sich durch den Auslandsaufenthalt fachlich und persönlich weiter.
6 Apr 23 Wirtschaftsreport Romano Klein liegt die Bildung junger Menschen am Herzen – gerade im Hinblick auf die Digitalisierung. „Mehr Lockerheit und Spaß als in Deutschland, dafür aber auch weniger Struktur und Ordnung“ hat Torben Giesler, angehen- der Werkzeugmechaniker (Gebr. Kemper GmbH & Co. KG, Ol- pe), während seiner „WINGs“-Zeit in einer irischen Motorrad- werkstatt erlebt. „Die Arbeitsinstrumente waren in den Räumen verstreut und nicht – wie bei uns – sauber sortiert. Strenge Fristen für Kundenaufträge gab es auch nicht. Dafür sind die Menschen aber durch die Bank sehr höflich, kollegial und freundlich. Die Gemeinschaft ist fantastisch!“ Christine Tretow informierte die Webinar-Teilnehmer zudem über ein weiteres spannendes Praktikumsangebot, das die IHK in Kooperation mit der Education GmbH – und finanziert durch „Erasmus+“ – bereithält: Kaufmännische und gewerblich- technische Auszubildende haben die Chance, für einen frei wählbaren Zeitraum zwischen vier und 13 Wochen nach Lett- land, Schweden, Spanien oder Malta zu reisen. Eine Gruppe hatte sich im vergangenen Jahr bereits in die lettische Haupt- Romano Klein stadt Riga begeben, um dort in ausgesuchten mittelständi- schen Betrieben zu arbeiten und – analog zu „WINGs“ – die Kultur vor Ort kennenzulernen. Als zuverlässiger Partner erwies sich dabei die Auslandshandelskammer Baltikum. registriert sind. „Der Perspektivwechsel war eine besondere Erfahrung für mich!“, resümierte Jona Rohrmann, angehender Unter ihk-siegen.de finden Interessierte ausführliche Informa- Mechatroniker in Diensten der EMG Automation GmbH (Wen- tionen zur Veranstaltungsreihe „Gemeinsam Fachkräfte für den). Gemeinsam mit seinem Azubi-Kollegen Noa Leander NRW sichern“ (Seiten-ID: 4358; nächstes Webinar: „Rekrutie- Stracke erkundete er die „grüne Insel“. rung – Wie spreche ich Kandidaten erfolgreich an?“) sowie zur Arbeit der Servicestelle Mobilitätsberatung (Seiten-ID: 15) und Beide lebten dort in einer Gastfamilie und leisteten Instand- zum Projekt „WINGs“ (Seiten-ID: 1165). IHK-Ansprechpart- haltungsarbeiten in einem Hotel. „Lampen tauschen, Türen nerin Dr. Christine Tretow (0271 3302-306, christine.tretow@ reparieren und ähnliche Aufgaben“ seien an der Tagesordnung siegen.ihk.de) steht jederzeit für Fragen zur Verfügung. gewesen, bemerkte Stracke. Viel wichtiger aber: „Wir haben von Anfang an sehr viel Respekt und Wertschätzung erfahren. Spannende und zukunftsfähige Akzente im Bereich der Wei- Es hat uns großen Spaß gemacht, ein Teil des Teams zu sein!“ terbildung setzen auch das Berufskolleg Wirtschaft und Ver- In den vielen Gesprächen mit der international besetzten Be- waltung in Siegen und das Berufsbildungszentrum (bbz) der legschaft und den Gästen aus aller Welt habe man den eigenen IHK Siegen. Die beiden Institutionen bieten gemeinsam den in Horizont bestens erweitern können. Die Einheimischen, er- zwei Module aufgeteilten Zertifikatslehrgang „E-Commerce- gänzte Rohrmann, „haben uns mit offenen Armen empfangen, Manager/-in IHK“ an. viele Fragen gestellt, uns in alles mit einbezogen und uns ganz besonders mit ihrem tollen Humor angesteckt.“ Dass er oben- Wie wichtig dieses Feld schon jetzt ist und vor allem in den drein noch kostenlos die hoteleigenen Fitnessräume nutzen kommenden Jahren noch werden wird, unterstreicht Dozent durfte, habe den ohnehin gelungenen Aufenthalt noch einmal Romano Klein, der das Modul 1 am Berufskolleg leitet und dort abgerundet. „Das hatte bisweilen fast Urlaubscharakter“, kon- sein Wissen an die Teilnehmer weitergibt: „Der E-Business- statierte er augenzwinkernd. Trend ist längst nicht mehr aufzuhalten. Umso bedeutender ist
Wirtschaftsreport Apr 23 7 es, die jungen Menschen auf die gigantischen Potenziale in dem Thema E-Commerce beschäftigt und die rasante Entwick- diesem Sektor aufmerksam zu machen und ihnen umfassende lung in den letzten Jahren intensiv miterlebt hat. Perspektiven aufzuzeigen.“ Premiere feierte der Lehrgang im Schuljahr 2020/2021. Die aktuelle Auflage stößt auf große Die schwierigen Jahre der Corona-Pandemie, ergänzt er, hät- Resonanz. „Wir sind auf einem sehr guten Weg“, freut sich ten auch die Weiterbildung nicht wirklich leichter gemacht. Romano Klein, der sich schon seit Anfang der 2000er Jahre mit Entsprechend froh sei er, wieder Präsenzkurse in der gewohn- Bildungszentrum Wittgenstein Investition in zeitgemäßes Digitallabor „Wir wollten uns unbedingt moderner und vor allem digita- ler aufstellen“, unterstreicht Thomas Schäfer, Ausbildungs- leiter im Bildungszentrum Wittgenstein (BZW), beim Rund- gang durch die sichtlich aufgewerteten Räumlichkeiten in Bad Berleburg. Schon in den vergangenen Jahren hatten die Verantwortlichen immer wieder bewusst investiert, um die Nachwuchsschmiede der hiesigen Industrie auf die Heraus- forderungen der Zukunft vorzubereiten. Grundlegende bau- liche Maßnahmen – in erster Linie der Umbau und die Er- neuerung im Jahr 2011 – standen dabei genauso auf der Agenda wie die technische Optimierung der Lehrwerkstatt. CNC-gesteuerte Dreh- und Fräsmaschinen sowie neue Schweißplätze machten es möglich, das Ausbildungsniveau auf eine neue Stufe zu heben. Später kamen etwa eine Was- serstrahlschneidanlage und eine neue EDV-Anlage hinzu, ehe 2018 eine weitere Modernisierung erfolgte. Zu jener Zeit diskutierte das BZW-Team auch konkrete Maß- nahmen hinsichtlich der Ausstattung der Steuerungstechnik und Robotik. „Pneumatik, Elektronik, Hydraulik – in diesen Bereichen war unsere Infrastruktur nicht mehr auf dem neu- Carsten Schmale esten Stand“, verdeutlicht Thomas Schäfer die Hintergründe. Eine Generalüberholung sei daher unbedingt erforderlich gewesen. Dass es nun bis Anfang 2023 dauerte, ehe aus diesem Wunsch Wirklichkeit wurde, sei den Irrungen und BZW-Ausbildungsleiter Thomas Schäfer und sein Team blicken an- Wirrungen des deutschen Bürokratie-Dschungels zu ver- gesichts der Millionen-Investition optimistisch in die Zukunft. danken: „Es hat Jahre gedauert, bis die entsprechenden Förderanträge genehmigt waren. Wir mussten jedes Kabel, Viele Prozesse, die früher analog abliefen, übernimmt nun jeden Zylinder und jede Kleinigkeit einzeln aufführen. So eine Software, die die Azubis über Tablets bedienen können. kamen dann hunderte Seiten zusammen.“ Parallel zum All- Neu im Portfolio ist die „Speicherprogrammierbare Steue- tagsgeschäft sei ein solcher Aufwand allein mit eigenen rung“ (SPS) – ein Gerät, das zur Steuerung oder Regelung Ressourcen kaum zu leisten. Daher habe das BZW einen einer Maschine oder Anlage eingesetzt und auf digitaler Spezialisten zurate gezogen – eine sehr wertvolle Unter- Basis programmiert wird. „Auch für uns als Verantwortliche stützung. „Hinzu kamen aber natürlich auch noch die be- ist der technologische Fortschritt im BZW ein toller Anreiz, kannten Schwierigkeiten im Zuge gestörter Lieferketten, selbst noch einmal etwas dazuzulernen“, ordnet Schäfer ein. zum Beispiel bei Aluminium und Kunststoff“, zeigt der Aus- Kürzlich habe bereits ein SPS-Lehrgang vor Ort stattgefun- bildungsleiter auf. den. Entsprechende weitere Kurse biete das BZW auch für heimische Firmen an. Die Resonanz sei groß. Die Mühen jedoch haben sich absolut gelohnt. Für ein Ge- samtvolumen von rund 1 Mio. € ist, mit Bundes- und Lan- Mit den getätigten Investitionen sieht sich das Team des desmitteln gefördert, ein zeitgemäßes Digitallabor entstan- BZW für die kommenden Jahre gut aufgestellt. Dass das den. In den beiden neuen Schulungsräumen stehen für den Bildungszentrum attraktiv für seine Zielgruppe bleibe, sei interaktiven Unterricht insgesamt 16 moderne Labortische heute wichtiger denn je, berichtet der Ausbildungsleiter. Ge- zur Verfügung. Eine Schiebetür ermöglicht es zudem, die meinsam mit den starken Industriebetrieben in Wittgenstein Räume schnell und unkompliziert in einen einzelnen großen arbeite man daran, für die Vorzüge der dualen Ausbildung Saal umzuwandeln. zu werben.
8 Apr 23 Wirtschaftsreport Alina Knipp hat den Zertifikatslehrgang erfolgreich abgeschlossen. Die Teilnehmer entwickeln und vermarkten eine eigene Mus- terfirma. Sie lernen zum Beispiel, einen Onlineshop technisch zu realisieren, die sozialen Medien gezielt einzusetzen und Softwaresysteme zu pflegen. „Es geht um das gesamte metho- dische Spektrum“, ordnet Klein ein. Am Ende präsentieren die Schüler ihre Projekte ausführlich dem Plenum – ebenfalls eine wichtige Kompetenz, die man im beruflichen Alltag gut ge- brauchen kann. Alina Knipp hat das Modul 1 erfolgreich absolviert und sich aufgrund der sehr positiven Erfahrungen dazu entschieden, auch den zweiten Part des Lehrgangs anzugehen. Die junge Automobilkauffrau blickt auf beide Teilabschnitte mehr als zufrieden zurück: „Mir war am Ende meiner Ausbildung klar, dass ich mich unbedingt weiterbilden möchte. Daher habe ich diese Möglichkeit gerne genutzt. Die Impulse, die ich dabei für mein weiteres Berufsleben gewinnen konnte, haben mir eine ganze Menge gebracht!“ Autohaus Walter Schneider Im bbz gab Christoph Wacker ihr und den übrigen Teilnehmern vertiefendes Know-how mit auf den Weg – etwa im Hinblick auf notwendiges Fachwissen, um professionelle Unterneh- menswebseiten, verbunden mit Onlineshop-Modellen, ver- kaufswirksam und rechtssicher zu gestalten. Der Dozent, selbst in der Industrie beschäftigt, legte dabei gro- ten Form gestalten zu dürfen. In den 40 Unterrichtstunden, die ßen Wert auf maximalen Praxisbezug. Vom Content-Marke- das erste Modul für die angehenden E-Commerce-Manager ting bis zum Thema Suchmaschinenoptimierung (SEO) unter- umfasst, geht es zunächst um die wichtigsten Grundlagen – malte er alle theoretischen Erkenntnisse mit verständlichen von rechtlichen Aspekten des Onlinehandels über verschiedene Beispielen aus dem Unternehmensalltag. „Wenn jemand so Zahlungssysteme und Formen von Geschäftsmodellen bis hin sehr für ein Thema brennt und mit so viel Begeisterung dabei zur Erfolgsmessung von Onlinewerbung. ist, überträgt sich das automatisch auf alle, die den Kurs mit- machen“, zeigt sich Alina Knipp beeindruckt. Nachdem sie das Zertifikat mit der Note „Sehr gut“ in der Einsatz für Bildungsgang E-Commerce Tasche hatte, begann sie – inspiriert durch beide Kursmodule Der Zertifikatslehrgang „E-Commerce-Manager/-in“ ist ein wichtiger Schritt, der – noch berufsbegleitend ein Online-Marketing-Studium. Im fortschreitenden Digitalisierung gerecht zu werden und junge Menschen in die- Bereich der digitalen Medien möchte sie sich noch stärker spe- sem Bereich zu qualifizieren. Darüber hinaus setzt sich das Berufskolleg Wirt- zialisieren. Dankbar ist sie indes auch ihrem Arbeitgeber, dem schaft und Verwaltung – so wie viele andere Institutionen – dafür ein, dass es Autohaus Walter Schneider in Siegen: „Über eine vertragliche in der Region möglichst schnell die Möglichkeit geben soll, Kaufleute im E-Com- Zusatzvereinbarung wurde es mir ermöglicht, den zweigeteil- merce auszubilden. „Dieser Bildungsgang liegt uns sehr am Herzen“, betont ten Lehrgang nahezu ohne finanziellen Eigenanteil zu machen. Romano Klein. Eine wohnortnahe Ausbildung sei dafür unerlässlich: „Welcher Gerade für Berufseinsteiger ist dies natürlich Gold wert!“ Jugendliche ist schon daran interessiert, für die Berufsschule regelmäßig von Bad Berleburg nach Dortmund zu fahren? Wie soll das funktionieren?“ Man werde Mehr zu den beiden Kurs-Modulen und den Zugangsvoraus- das Thema konsequent weiter vorantreiben, verspricht Klein. setzungen gibt es unter berufskolleg-wirtschaft.de und bbz- siegen.de.
Wirtschaftsreport Apr 23 9 Berufskolleg Technik „Auf die Anforderungen der Arbeitswelt vorbereiten“ Wie rasant und konsequent sich Lehrinhalte und -vermittlung in Zeiten der Digitalisierung weiterentwickeln, wird auch – und ganz besonders – am Beispiel des Berufskollegs Technik in Siegen deutlich. Unter der Leitung des ehemaligen Schulleiters Manfred Kämpfer und seines Nach- folgers Ralf Bruch hat die Einrichtung als Referenzschule Wege erprobt, wie mit neuen Formen des Lernens der traditionelle Unterricht erfolg- reich und gewinnbringend ergänzt und für die Zukunft neuausgerichtet werden kann. Gemeinsam mit den Berufskollegs Menden und Unna entwickelten die Verantwortlichen in einem Kooperationsverbund ein Konzept für eine überregionale Hybridbeschulung, die eine digitale Lernplattform und digitale Systeme im Unterricht nutzt. „Uns war und ist es enorm wichtig, dass sich unsere Schüler hier optimal Berufskolleg Technik auf die Anforderungen der zukünftigen Arbeitswelt vorbereiten können. Auf diesem Weg wollen wir sie bestmöglich begleiten und fördern“, unterstreicht Peter Plaßmann, der als Abteilungsleiter „Metalltechnik 3“ unter anderem die Feinwerk-, Fertigungs- und Industriemechaniker, Das Berufskolleg Technik ist mit seinen Laborräumlichkeiten sehr modern aufge- die Maschinen- und Anlagenführer sowie die Fachkräfte für Metall- stellt und für die Zukunft gerüstet. technik unterrichtet. Ziel sei es, technische Prozesse in all ihren Facet- ten begreifbar und erlebbar zu machen. Es gelte, die industrielle Arbeits- sehr gut zusammenarbeite, sei überwältigend. Auch der Kreis Siegen- welt so modern und ansprechend wie möglich abzubilden: „Nur an alten Wittgenstein als Schulträger leiste exzellente Unterstützung. Methoden festzuhalten, die sich früher einmal bewährt haben, bringt nichts“, konstatiert er. Genauso dankbar zeigt sich der Schulleiter mit Blick auf das innovative und engagierte Kollegium innerhalb des Berufskollegs. Es herrsche eine „Automatisierung, Maschinenbau, IT, Digitalisierung – diese Themen offene Entscheidungskultur – und eine hohe Bereitschaft, sich selbst wachsen in der heutigen Zeit immer mehr zusammen“, ordnet Ralf immer wieder weiterzubilden. „Alle bringen sich ein und setzen Im- Bruch ein. Vor dem Hintergrund der Industrie 4.0 habe man sich vor pulse. Wir hinterfragen uns stetig und tauschen uns darüber aus, wie einigen Jahren entschieden, viele neue Labore zu entwickeln und in der wir noch besser werden können.“ Erst kürzlich habe man zudem eine so entstehenden „Smart Factory“ den kompletten Zyklus der Produktion groß angelegte Evaluation unter den Schülern durchgeführt – mit sehr abzubilden. Diese Arbeiten sind inzwischen abgeschlossen. positiven Resultaten und konkreten Aussagen zu verschiedensten The- men: „Wir konnten dezidierte Rückschlüsse aus der Befragung ziehen.“ „Die jungen Menschen finden hier jetzt quasi eine vollständige Firma mit umfassender Fertigungsstraße vor“, schwärmt Martin Grauel, der Alle Klassenräume im Berufskolleg sind digital bestens ausgestattet. als Abteilungsleiter „Metalltechnik 1“ unter anderem die Berufe der Insgesamt sieht das Team bei der zukünftigen Unterrichtsgestaltung Anlagen- und Konstruktionsmechaniker, der Werkzeug- und Zerspa- einen Mix aus analogen und digitalen Methoden als zielführend an: nungsmechaniker sowie der Verfahrenstechnologen koordiniert. „Wa- „Man sollte das eine tun und das andere nicht lassen“, fasst Peter Plaß- reneingang, Rechnungsannahme, SAP, Netzwerk-Systeme – Arbeits- mann zusammen. Online-Elemente seien eine sehr sinnvolle und weg- plätze in der Industrie werden immer anspruchsvoller und interessanter. weisende Ergänzung. „Aber Technik muss man eben auch hautnah er- Die Automatisierung schreitet unaufhaltsam voran. Genau das wollen fahren!“ wir auch demonstrieren.“ Mit Nachdruck setzen sich die Verantwortlichen dafür ein, das europa- Die Aufwertung der Räumlichkeiten sorge dafür, dass man NRW-weit weit vielbeachtete duale Bildungssystem in Deutschland zu bewerben. eine Vorreiterrolle einnehme. „Wir sind mit unserer jetzigen Ausstat- „Die zunehmende Akademisierung bringt Probleme mit sich“, erklärt tung weit vorne in der beruflichen Bildung. Zahlreiche andere Kollegs Ralf Bruch. „Gesellschaft und Politik wecken leider bei vielen jungen haben sich in den vergangenen Monaten hier vor Ort angeschaut, wel- Menschen die Vorstellung, dass man nur mit Abitur und Studium weit che Strategie wir verfolgen. Das macht uns natürlich stolz und zeigt kommt. Dabei sind die Perspektiven in der Industrie und im Handwerk uns, dass wir den richtigen Weg eingeschlagen und in gewisser Weise sehr gut. Hier kann man seine Talente entfalten und eine tolle Berufs- Pionierarbeit geleistet haben.“ laufbahn einschlagen!“ Nicht selten entscheiden sich die jungen Men- schen nach erfolgreich abgeschlossener Berufsausbildung für eine be- Viel wichtiger sei jedoch, dass das Konzept bei den Schülern gut an- rufliche Weiterbildung, durch die vielfältige Entwicklungsmöglichkeiten komme. „Für sie und für die unzähligen tollen Industrieunternehmen in eröffnet werden. Hier bietet das Berufskolleg Technik mit der bewährten der Region machen wir das Ganze“, betont Ralf Bruch. Die Resonanz Fachschule für Technik und der im Haus ansässigen Industriemeister- seitens der jungen Zielgruppe und der Firmen, mit denen man durchweg schule hervorragende Bildungsangebote.
10 Apr 23 Wirtschaftsreport Wittgensteiner Unternehmergespräch Luiza Licina-Bode MdB ordnet Bundespolitik ein Ausführlich ging Luiza Licina-Bode auf die Ak- tivitäten der Bundesregierung der letzten Mo- nate ein, von der Energiepreisbremse und der Wohngeldreform über die Einführung des 9-Eu- ro-Tickets, des Deutschlands-Tickets und des Bürgergelds, die Wohngeldreform und die Ent- lastungspakete auch für Unternehmen bis hin zur Versorgungssicherung durch LNG-Terminals und neue Gasverträge mit anderen Ländern. Und dies alles angesichts enormer Herausforderun- gen durch steigende Energiepreise, eine hohe Zahl zu versorgender Flüchtlinge, eine starke Carsten Schmale Inflation und eine geschwächte Bundeswehr, die in kurzer Zeit wieder verteidigungsfähig zu machen sei. Angeregte Diskussion über die politischen Rahmenbedingungen für die heimische Wirtschaft: IHK-Präsident Wal- Der Krieg zwinge in vielen Fragen zur Realpolitik ter Viegener, Luiza Licina-Bode MdB, IHK-Vizepräsident Christian F. Kocherscheidt und IHK-Hauptgeschäftsführer und zur Abkehr von ideologischen Fesseln. Das Klaus Gräbener (v.l.). sei nicht immer einfach, wie die Auseinander- „Die staatlichen Maßnahmen im Wohnungsbau hen, „allerdings muss auch gesehen werden, dass setzung über den Weiterbetrieb der verbliebe- sind widersprüchlich und führen in vielen Fällen es trotz schwieriger Rahmenbedingungen gelun- nen Atomkraftwerke gezeigt habe. „Persönlich dazu, dass diejenigen, die den Wohnraum zur gen ist, schätzungsweise 270.000 der für 2022 bin ich der Auffassung, dass angesichts einer Verfügung stellen, ihre Investitionen zurückhal- geplanten 400.000 Wohnungen fertigzustellen.“ solchen Krise auch ein längerer Betrieb der ten. Es wird das Gegenteil dessen erreicht, was Kraftwerke eine Option gewesen wäre.“ Immer- politisch verkündet wird!“ Manfred Peter, Vor- Die grundsätzliche Schwierigkeit bestehe darin, hin seien eine Gasmangellage und Blackouts stand der Wohnungsgenossenschaft Wittgen- dass mit immensen Herausforderungen des Kli- abgewendet worden. stein e.G., übte beim Wittgensteiner Unterneh- mawandels, des Krieges in der Ukraine, aber mergespräch der IHK in Bad Laasphe deutliche auch gravierender politischer Versäumnisse in IHK-Vizepräsident Christian F. Kocherscheidt Kritik am Kurs der Bundesregierung. den vergangenen Jahren ein enormer Druck auf hegte indes Zweifel, dass dies auch im nächsten der Regierung liege. „Wir können die Dinge nicht Winter so bleibe. „Die Situation ist doch keines- Der gedeckelte Mietpreis im sozialen Woh- nacheinander angehen, vielmehr muss vieles wegs bewältigt. Schon jetzt ist zu beobachten, nungsbau decke bei weitem nicht mehr die ent- gleichzeitig bewältigt werden. Sich dem Woh- dass die Menschen das Thema Energiesparen stehenden Kosten ab, deren Anstieg die Regie- nungsthema zu widmen, ohne dabei auch Ener- wieder zur Seite schieben.“ Zudem wurde in der rung nicht verhindere – im Gegenteil: „Die giefragen anzufassen, dafür fehlt die Zeit.“ Diskussion die Sorge deutlich, dass die Energie- Baukosten liegen auf einem hohen Niveau, die politik die Wettbewerbsfähigkeit gefährde – ein Zinsen steigen. Wenn dann im selben Atemzug Punkt, den Luiza Licina-Bode dankbar aufnahm: aktive, funktionierende Förderungen für Nied- „Wir wissen, dass hier eine deutliche Entlastung rigenergiestandards gestrichen und diese Stan- für die Unternehmen einsetzen muss, und set- dards im Gegenzug sogar noch ohne attraktive zen uns mit Nachdruck für einen Industrie- Förderung erhöht werden, führt das jedenfalls strompreis auf EU-Ebene ein!“ nicht zu mehr Wohnraum“, erläuterte auch Eckehard Hof (Berge-Bau GmbH & Co. KG). Ein Eindringlich warb IHK-Vizepräsident Christo- zeitnahes Verbot von Öl- und Gasheizungen, das pher Mennekes dafür, die Wirtschaft nicht zu aktuell im Raum steht, werde die Situation vo- überfordern. „Wir stehen zur CO2-Neutralität raussichtlich zusätzlich verschärfen. und müssen hier zweifellos auch Vorbild in der Welt sein. Damit dies aber gelingt, dürfen wir Anlass der lebhaften Diskussion war der Vortrag uns nicht überfordern.“ Beispielhaft verwies der der heimischen Bundestagsabgeordneten Luiza Unternehmer auf die neuen, anstehenden EU- Licina-Bode (SPD), die den rund 40 Unterneh- Regelungen zur Nachhaltigkeitsberichterstat- mensvertretern im Landhotel Doerr einen Ein- tung. „Unsere Bitte: Passen Sie in Berlin mit Carsten Schmale blick in die politische Arbeit in Berlin gab und darauf auf, dass Wirtschaft weiter bestehen sich offen dem Gespräch über die drängendsten kann.“ Auf die Gefahr eines latenten „Green- Herausforderungen aus Sicht der heimischen Washing“ wies Mark Georg im weiteren Verlauf Wirtschaft stellte. Die Unzufriedenheit mit der Luiza Licina-Bode MdB bezog ausführlich Stellung zur der Diskussion hin: „Wir müssen aufpassen, dass Entwicklung im Wohnungsbau könne sie verste- Bundespolitik. wir uns nicht selbst belügen“, mahnte der IHK-
Wirtschaftsreport Apr 23 11 Vizepräsident und warf dabei ein kritisches JU DO!-Gründerwettbewerb Schlaglicht auf den Handel mit Umwelt-Zerti- fikaten. Bewerbungsphase hat begonnen Ausführlich widmete sich Luiza Licina-Bode der „Route 57“. „Berlin hat mit der Aufnahme in den Bundesverkehrswegeplan den Planungsauftrag gegeben. Wir haben die Planungsbeschleuni- gung auf den Weg gebracht. Jetzt liegt der Ball in Düsseldorf. Von dort habe ich den Satz ‚Wir wollen die Route 57‘ leider noch nicht gehört! Dass die allermeisten Menschen in der Region die Ortsumgehungskette wollen – da bin ich mir absolut sicher.“ Weiteres Thema des Unternehmergesprächs: die Erneuerung der Autobahnbrücken der A45. Mar- Caesten Schmale, Archiv co Gräb, Leiter der Außenstelle Netphen der Autobahn GmbH, gab hierzu einen umfassenden Überblick über die Brückenbaumaßnahmen an der A45 zwischen Dillenburg und Drolshagen. Mittlerweile befinden sich zahlreiche Brücken in Bau, wie im südlichen Siegerland, wo die Arbei- ten zügig voranschreiten. Hier konnte teilweise auf die Durchführung zeitaufwendiger Planfest- Die Siegerin des JU DO!-Gründerwettbewerbs 2022: Livia Dolle (takle.io UG). stellungsverfahren verzichtet werden. Vor die- Der JU DO!-Gründerwettbewerb der Wirt- den Einstieg in die Selbstständigkeit zu erleich- sem Hintergrund wird mit Spannung erwartet, schaftsjunioren Südwestfalen geht in die nächs- tern – nicht zuletzt durch das breit gefächerte wie die gerichtliche Auseinandersetzung in Zu- te Runde. Seit einigen Tagen können sich heimi- Netzwerk der Wirtschaftsjunioren. sammenhang mit der Talbrücke Büschergrund sche Gründerinnen und Gründer mit ihren ausgeht. Hier drängen Naturschutzverbände auf innovativen Geschäftsideen für den Wettbe- Die Bewerbungsphase läuft bis zum 31. Mai. ein Planfeststellungsverfahren mit Umweltver- werb anmelden und sich damit die Chance auf Eine interdisziplinäre Jury ermittelt bis zu sechs träglichkeitsprüfung. Preisgelder von insgesamt 10.000 € sowie auf Finalisten. Diese präsentieren ihr Gründungs- den prestigeträchtigen Publikumspreis sichern. konzept im Rahmen des „JU DO!-Pitchabends“ Der JU DO!-Gründerwettbewerb wird von den am 27. Oktober vor einem Publikum aus Exper- Wirtschaftsjunioren Südwestfalen veranstaltet ten, Unternehmern, Beratern, Medienvertretern und richtet sich an alle Gründungsinteressierten und Interessierten. Der Austragungsort für das Ökologisches Design und Start-ups aus den Kreisen Siegen-Wittgen- Finale und die Preisverleihung ist in diesem Jahr Bundespreis stein und Olpe, die für ihre einzigartige Idee das GEORGhaus der Heinrich Georg GmbH in brennen und mit ihr einen wirtschaftlichen oder Kreuztal-Buschhütten. ausgeschrieben sozialen Mehrwert für Südwestfalen schaffen. Der Ecodesign-Preis ist die höchste staatliche Ziel des Wettbewerbs ist es, junge Unternehme- Weitere Informationen zum JU DO!-Gründer- Auszeichnung für ökologisches Design in Deutsch rinnen und Unternehmer bei der Umsetzung wettbewerb und das Bewerbungsformular sind land und geht in seine zwölfte Runde: Gesucht ihrer Geschäftsideen zu unterstützen und ihnen unter judo-sw.de zu finden. werden langlebige und kreislauffähige Produkte, Prozesse und Systeme, die einen Beitrag zur nachhaltigen Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft leisten. Der Preis ist in vier Kate- gorien ausgeschrieben: Konzept, Service, Pro- KLEIN mit dukt und Nachwuchs. Bewerben können sich großer Wirkung Unternehmen aller Größen und Branchen, De- signer, Studenten sowie kreative Köpfe aus dem Wir sind für die da, die jeden Tag In- und Ausland. Pro Beitrag fällt eine Teilnah- für Andere das Beste geben. megebühr an, die je nach Art und Größe der Firma zwischen 50 und 1.000 € liegt, aber voll in die Durchführung des Wettbewerbs fließt. Für den Nachwuchs ist die Teilnahme kostenlos. Be- werbungsschluss ist der 17. April. Mehr Infos unter bundespreis-ecodesign.de.
12 Apr 23 Wirtschaftsreport IHK-Verkehrsausschuss Autobahnbrücken und Route 57 im Mittelpunkt von der Grundlagenermittlung über die Vorpla- nung bis zum Planfeststellungsverfahren und erläuterte die durchzuführenden Untersuchun- gen, Erhebungen und Studien. Klaus Brinkmann (Brinkmann Transporte) fand hierzu klare Worte: „Das Ergebnis dieser Planungsbürokratie ist, dass wir seit Jahrzehnten auf eine angemessene Ver- kehrsanbindung der Region Wittgenstein warten müssen!“ Man könne dem Planungsteam nur wünschen, dass die viele Arbeit am Ende auch den verdienten Erfolg erfahre, fasste Michael Kröhl zusammen. A45: Acht von 60 Brücken erneuert Langwierig gestaltet sich auch die Erneuerung der Autobahnbrücken der A45. Das wurde beim IHK Siegen Tauschten sich konstruktiv aus: IHK-Geschäftsführer Hans-Peter Langer, Ingo Menzel, Kevin Lass, Marco Gräb Talbrücke Rahmede und Michael Kröhl (v.l.). Termin für die „Ich möchte nicht mit Ihnen tauschen. Als Lo- eine „frühe Öffentlichkeitsbeteiligung“ gestartet gistiker wäre ich viel zu ungeduldig für dieses worden. Während die Ausbaumaßnahmen im Sprengung steht Verfahrensdickicht rund um die Planung der Abschnitt Kronprinzeneiche bis Lützel mit auf- Der Termin für die Sprengung der Talbrücke Ortsumgehungen!“ Michael Kröhl, Vorsitzender wendigen Hangsicherungen vor drei Jahren ab- Rahmede steht fest. Wie Bundesverkehrs- des IHK-Verkehrsausschusses, gab in der jüngs- geschlossen wurden, wird nun noch der Ausbau minister Dr. Volker Wissing mitteilte, soll ten Sitzung des Gremiums das wieder, was wohl der B62 bis Erndtebrück weiterverfolgt. „Hier ist das marode Bauwerk, über das seit Dezem- den meisten Ausschussmitgliedern durch den die Entwurfsplanung abgeschlossen“, erklärte ber 2021 kein Verkehr mehr rollen darf, am Kopf ging. Anlass war die Präsentation zum Pla- Lass. Nun stünden die Einleitung des Flurberei- 7. Mai gesprengt werden. Einen Termin, nungsstand der Ortsumgehungskette B508 / nigungs- und die Vorbereitung des Planfeststel- wann es mit einem Neubau losgehen könn- B62 von Kreuztal nach Erndtebrück durch Ingo lungsverfahrens an. Der Projektleiter veran- te, gibt es allerdings immer noch nicht. Menzel (Straßen.NRW-Abteilungsleiter Pla- schaulichte die verschiedenen P lanungsschritte nung) und Kevin Lass (Straßen.NRW-Projektlei- ter). Detailliert gingen die beiden Experten auf die vorgesehenen Ortsumgehungen und den bestandsorientierten Ausbau der B62 im Ab- schnitt Lützel – Erndtebrück mit geplanter An- lage eines Radweges und Beseitigung des kon- fliktträchtigen Bahnübergangs „Altenteich“ ein. Während sich die Ortsumgehungen Ferndorf, Hilchenbach und Erndtebrück noch im Stadium der Vorplanung befinden, steht die Südum gehung Kreuztal vor der Umsetzung. Hier hatte das Oberverwaltungsgericht infolge einer Klage nach Offenlegung des Planfeststellungsbeschlus ses Abwägungsmängel bei festgesetzten, natur- schutzrechtlichen Ausgleichsmaßnahmen fest- gestellt; es musste nachgebessert werden. „Die Unterlagen für das notwendige Planergänzungs- Autobahn Westfalen verfahren werden derzeit aufbereitet. Klagen sind dann nur noch durch unmittelbar Betroffe- ne möglich“, gab Kevin Lass Grund zur Hoffnung auf einen absehbaren Baubeginn. Für die übrigen Ortsumgehungen seien in den letzten Jahren Bei der Sitzung des Verkehrsausschusses waren auch die Arbeiten an den hiesigen Autobahnbrücken (hier eine umfangreiche Untersuchungen angestellt und Aufnahme der Ende März erfolgten Sprengung der Talbrücke Eisern) auf der Agenda.
Wirtschaftsreport Apr 23 13 Überblick von Marco Gräb, Leiter der Außen- konnte Tempo gemacht werden“, legte Marco zum Teil 200 Meter voneinander entfernt und stelle Netphen der Autobahn GmbH, über die im Gräb dar. (Hinweis: Die Sprengung des zweiten an anderen Standorten stehen werden. Hier wird Bezirk der IHK Siegen gelegenen Bauwerke alten Brückenteils erfolgte Ende März.) Für den es sicher ein Planfeststellungsverfahren geben“, deutlich. Acht von 60 zu erneuernden Großbrü- Ersatzneubau dieser Brücke konnte auf ein Plan- berichtete Gräb. Auf entsprechende Nachfrage cken der A45 sind bislang fertiggestellt, eine feststellungsverfahren, das in der Regel zur Ver- von Teresa Mason-Hermann (KRAH Elektroni- davon in NRW. Der Zeitplan ist anspruchsvoll: längerung der Planungszeiten führt, verzichtet sche Bauelemente GmbH) ging der Fachmann Bis etwa Mitte des nächsten Jahrzehnts sollen werden. der Autobahn GmbH ausführlich auf die recht- die Brücken wieder ohne Einschränkungen be- lichen Grundlagen hierfür ein. fahrbar sein. Weit vorangeschritten sind die Anders werde dies bei der Siegtalbrücke ausse- Arbeiten im Abschnitt Landesgrenze bis Siegen- hen, die sich nicht nur optisch deutlich vom be- Weiteres Thema der Sitzung waren die Pläne für Süd. „Wir hoffen, noch 2024 das zweite Brü- stehenden Brückenbauwerk unterscheiden wer- die Produktion von grünem Wasserstoff in Sie- ckenbauwerk der Talbrücke Rinsdorf fertigstel- de, sondern auch in ihrer Gesamtkonstruktion. gen, die Peter Schulte (Messer Industriegase len zu können. Auch an der Talbrücke Eisern „Wir werden weniger Pfeiler benötigen, die dann GmbH) den Ausschussmitgliedern vorstellte. Route 57 Verein drängt auf mehr Tempo bei Ausbau Lützel Die bestehende Verkehrsanbindung der Witt- Vorsitzender von Route 57 e.V. Der Strecken- gensteiner Kommunen an das Siegerland ist abschnitt zwischen Lützel und Erndtebrück ist längst nicht sicher. Davon zeigt sich der Verein ein wichtiger Teil der Route 57 – und auch vor Route 57 überzeugt. Immer wieder kommt es zu diesem Hintergrund längst überfällig. Der Verein schweren Unfällen, bei denen Menschen Scha- drängt auf einen „zukunftsgerechten“ Ausbau. den nehmen. Regelmäßig verursachen Ber- Dazu gehört, die Kurven zu begradigen. Außer- gungsarbeiten dabei Einschränkungen im Ver- dem soll die Strecke zwischen Lützel und Ernd- kehrsfluss. Auch in diesem Winter hat sich tebrück in zwei Abschnitten mit einer zusätzli- gezeigt, dass hier bei „Wind und Wetter“ Ver- chen Fahrspur, die ein sicheres Überholen kehrsteilnehmer Gefahren ausgesetzt sind – ins- erlaubt, dreispurig werden. Schließlich müsse besondere im Bereich der Kronprinzeneiche und auch der Bahnübergang bei Altenteich endlich auf der B62. beseitigt werden, fordert der stellvertretende Vereinsvorsitzende Ingo Degenhardt. Die Bahn- Erst vor einigen Wochen schleuderte ein Lkw strecke soll in Zukunft mittels eines Brücken- zwischen Lützel und Altenteich in die Schran- bauwerks gekreuzt werden. „Dies und die längst kenanlage und die Leitplanke des dortigen überfällige Entschärfung der Situation am Ab- Werkfoto Bahnübergangs. Diesel und weitere Betriebs- zweig ‚Im Grünewald‘ würden die Verkehrssi- stoffe liefen aus. „Der ausgelaufene Kraftstoff cherheit in diesem Bereich erheblich verbes- Eckehard Hof, Vorsitzender des Vereins Route 57, zeigt konnte aufgrund der widrigen Witterung erst sern.“ Degenhardt sieht auch die Deutsche Bahn die Probleme klar auf. Tage später ausgebaggert werden. Dann musste in der Pflicht: Sie sei gefordert, sich hier so be- die B62 in diesem Bereich wieder einseitig ge- kehr in und aus dem Gewerbegebiet wird hier weglich wie möglich zu zeigen und zu einer sperrt werden, was zu neuen Verzögerungen auf über die unmittelbar an der B62 verlaufenden schnelleren Umsetzung der Maßnahmen beizu- der Strecke führte“, erläutert der Vorsitzende Gleise der Rothaarbahn geführt. Die Sicht ist tragen. des Vereins Route 57, Eckehard Hof. Die Über- eingeschränkt, höchste Aufmerksamkeit gebo- fahrt über die Gleise verläuft hier über eine ex- ten. Beispiele, wie das der im November 2021 Welche Auswirkungen immer wieder Unfälle trem enge Kurvenfolge bei einer Geschwindig- schwerverletzten Pkw-Fahrerin, die von Erndte- auch im Ferndorftal haben, zeigt das Beispiel keitsbegrenzung auf 30 km/h. „Selbst bei brück Richtung Kronprinzeneiche fuhr und von einer schwer verunglückten Fahrerin vor weni- niedrigem Tempo ist es für tonnenschwere Sat- einem Pkw-Fahrer beim Linksabbiegen aus der gen Wochen. Ihr Fahrzeug überschlug sich. Ver- telschlepper kaum möglich, das Fahrzeug ‚zu Straße „Im Grünewald“ übersehen wurde, gibt schiedene Feuerwehreinheiten kamen zum Ein- halten‘, wenn es bei Schnee- und Eisglätte erst es viele. Bei den Unternehmen im Gewerbege- satz. Mitten im Berufsverkehr musste die B508 einmal rutscht.“ Die Entschärfung dieses Ab- biet sind hunderte Mitarbeiter beschäftigt, die für mehr als eine Stunde gesperrt werden. Es schnittes sei dringend notwendig, lasse aber mit dem Pkw zur Arbeit gelangen. „Es ist nur kam zu erheblichen Rückstaus in beide Fahrt- weiter auf sich warten. eine Frage der Zeit, bis es an dieser Stelle wieder richtungen. „Die Beispiele zeigen, wie wichtig zu einem schweren Unfall kommt. Seit Jahren eine beschleunigte Umsetzung der Route 57 und Unfälle, auch solche mit Personenschaden, sind drängen wir auf eine Entschärfung der Situati- ihrer einzelnen Bauabschnitte ist. Es kann nicht auf dieser Strecke längst keine Seltenheit. Das on, um zu verhindern, dass weitere Menschen zu sein, dass sich Planungen über Jahrzehnte hin- gilt auch für einen weiteren exponierten Be- Schaden kommen. Der Ausbau des Bahnüber- ziehen, wenn es um Leib und Leben von Ver- reich: den Abzweig von der B62 in das Gewerbe- gangs ist jedoch bis heute nicht erfolgt“, ver- kehrsteilnehmern geht!“, fasst Eckehard Hof gebiet „Im Grünewald“ in Erndtebrück. Der Ver- deutlicht Christoph Schorge, stellvertretender zusammen.
14 Apr 23 Wirtschaftsreport DIHK-Positionspapier Perspektiven für die Energieversorgung Die Deutsche Industrie- und Handelskammer Das Positionspapier der DIHK im Detail: 3. Neben Gas andere Brückentechnologien (DIHK) hat ein Energie-Positionspapier für den 1. Den Turbo bei erneuerbaren Energien nutzen Wirtschaftsstandort Deutschland formuliert. Zu zünden Gas ist als Brückentechnologie noch für viele den Leitlinien mit dem Titel „DIHK-Perspektiven Der Ausbau erneuerbarer Energien ist deutlich zu Jahre unverzichtbar. Als einzige Brücke ist Gas für die Energieversorgung 2030 in Deutschland“ langsam, um die politischen Ziele zu erreichen. hingegen aus Sicht der Wirtschaft nicht aus- erklärt DIHK-Präsident Peter Adrian, man unter- Aus Sicht der Wirtschaft sollten Bund, Länder und reichend – sowohl mit Blick auf die Resilienz der stütze das politisches Ziel, die Treibhausgase Kommunen für den Bau von Wind- und PV-Frei- Energieversorgung als auch mit Blick auf die erheblich zu reduzieren und Klimaneutralität zu flächenanlagen mehr Flächen zur Verfügung stel- Kosten. erreichen. Gleichzeitig benötigten die Unter- len. Der Ausbau von Windanlagen an Land kann nehmen dauerhaft sicheren Zugang zu Energie zudem beschleunigt werden, wenn Prüfschritte 4. Wettbewerbsfähige Energiekosten – zu wettbewerbsfähigen Preisen. Hierfür halte für Neuanlagen und Repowering entfallen. ermöglichen die Krise einige Lehren bereit. Die Energiekosten haben die Wirtschaft bereits 2. Heimische Potenziale in den Blick nehmen vor der Krise stark belastet. Auch wenn die Prei- Beim Ausbau erneuerbarer Energien liege immer Die Ausweitung heimischer Potenziale stärkt die se für Strom und Gas in jüngster Zeit gesunken noch zu viel im Argen. „Den Turbo können wir Versorgungssicherheit für die Unternehmen. Die sind, gefährdet das Preisniveau die internatio- zünden, wenn die Politik bei den Planungs- und Produktion von erneuerbaren Gasen sowie kon- nale Wettbewerbsfähigkeit erheblich. Auch mit Genehmigungsverfahren radikal verschlankt so- ventionelle Gasförderung inklusive einer nach- der Gas- und Strompreisbremse liegen die Ener- wie die Eigenstromversorgung und grüne Liefer- haltigen Schiefergasförderung an Land wie auf giekosten für energieintensive Prozesse und verträge jenseits der EEG-Vergütung stärkt. See schaffen ein breiteres Energieangebot. Da- Dienstleistungen deutlich über den Beschaf- Auch helfen der Wirtschaft ein schnellerer Aus- durch wird die Energieversorgung der deutschen fungskosten in Frankreich oder den USA. Um bau der Infrastruktur, die verstärkte Nutzung Wirtschaft weniger anfällig für externe Schocks seine Energiekosten dauerhaft zu senken, muss heimischer Potenziale sowie ein rascher Hoch- bei plötzlich wegfallenden Importquellen oder in Deutschland in erster Linie das Angebot mas- lauf beim Wasserstoff.“ Es sollte künftig zudem -routen. Gleichzeitig bietet eine stärkere Nut- siv ausgebaut werden. Es sollte der Grundsatz ein wichtiger Grundsatz gelten: „Kraftwerks zung der oberflächennahen wie auch der Tiefen- gelten: Kraftwerkskapazitäten werden nur ab- kapazitäten werden nur abgeschaltet, wenn Geothermie weitere Potenziale. Eine Beschleuni- geschaltet, wenn andere wetterunabhängige andere wetterunabhängige Leistungen zur Ver- gung der Planungs- und Genehmigungsverfahren Leistungen zur Verfügung stehen. fügung stehen. Hinzukommen müssen Entlas- sowie eine Anpassung der rechtlichen Rahmen- tungen für Unternehmen bei den Energieprei- bedingungen bei der Wasser- und Umweltver- 5. Infrastruktur schneller ausbauen sen.“ Die Reduzierung von Abgaben auf Strom träglichkeitsprüfung helfen, diese Potenziale zu Je weiter der Ausbau der Erneuerbaren, der und Gas sei schnell umsetzbar. erschließen. Markthochlauf von Wasserstoff sowie die E- Mobilität und der Einbau von Wärmepumpen voranschreiten, desto dringlicher ist eine leis- tungsfähige Energieinfrastruktur. Ohne entspre- chenden Infrastrukturzugang können Unterneh- men sich nicht oder nur eingeschränkt an der Energiewende beteiligen und ihre betrieblichen Klimaschutzziele erreichen. Daher muss der not- wendige Ausbau der Netzinfrastruktur koordi- niert und über alle Energieträger hinweg be- schleunigt umgesetzt werden. Der bisher schleppende Ausbau der Stromnetze auf allen Ebenen führt zu Abschaltungen von Erzeu- gungsanlangen und Eingriffen in die Fahrweise von Kraftwerken, die die Wirtschaft finanziell belasten und die Netzstabilität gefährden. 6. Auf den Energiemärkten stärker auf Markt und Europa setzen Das aktuelle Strommarktdesign sorgt dafür, dass immer die günstigsten Kraftwerke zur Deckung der Nachfrage zum Einsatz kommen (Merit Or- der). Für die Unternehmen werden die Kosten Unsplash der Stromversorgung dadurch begrenzt. Staat- liche Eingriffe schränken die Effizienz des Mark- Der Ausbau von Windanlagen an Land ist einer der Eckpunkte des Positionspapiers. tes ein und können daher zu höheren Kosten für
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