Wirtschaftsreport Juni 2018 - Tourismus überwindet Grenzen - IHK-Siegen

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Wirtschaftsreport Juni 2018 - Tourismus überwindet Grenzen - IHK-Siegen
Wirtschaftsreport
                          Juni 2018

            Titelthema:
            Tourismus
            überwindet
            Grenzen
Wirtschaftsreport Juni 2018 - Tourismus überwindet Grenzen - IHK-Siegen
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                                                  Editorial
                                                   Von Paragraf zu Paragraf…
» Wer heute Unternehmer auf Bürokratie anspricht, kann etwas erleben:
Entweder es wird resigniert abgewunken oder es werden die kuriosesten
Erfahrungen geschildert. Da ist zum Beispiel der behördliche Mitarbeiter,
der bei der Betriebsbesichtigung auf einen Lagerraum stößt, in dem zu-
fällig ein alter Tisch und ein Stuhl stehen. Blitzartig verbinden sich die
Synapsen mit deutscher Gründlichkeit in vorgeschriebener Weise. Ergeb-
nis: Der Mitarbeiter beharrt auf ein Brandschutzkonzept für den „Arbeits-
platz“. Nach längerer Diskussion werden schließlich Tisch und Stuhl aus
dem Raum entfernt: kein Brandschutzkonzept mehr erforderlich.

Der Bürokrat ist eine Spezies, die über eine hohe Gesetzestreue verfügt
und deren Verantwortungsbewusstsein von Paragraf zu Paragraf reicht.
Beschwerden richten Sie bitte an diejenigen, die „die Gesetze machen“.
Hinter neuen Gesetzesinitiativen steht häufig eine gute Absicht. Viele von
ihnen sind notwendig, damit wir in unserer Gesellschaft friedlich und
glücklich zusammenleben können. Im Idealfall unterstützen sie auch un-
ternehmerisches Handeln.

Problematisch wird es, wenn derart viele Vorgaben zu beachten sind,
dass der Unternehmer oder seine Beauftragten vor lauter Paragrafen
und Artikeln nicht mehr wissen, wo ihnen der Kopf steht. Eigentlich
sollen Gesetze für Rechtssicherheit sorgen. Das Gegenteil ist jedoch der
Fall, wenn die Adressaten mit Regelungen überflutet werden. Es grenzt
schon an bürokratische Willkür, wenn z. B. für Lichtkuppeln, Aufzüge,         In einem der sichersten Staaten der Erde erwarten große Teile der Bevöl-
Sprinkleranlagen und verschiedenes mehr jährliche Prüfungen durch             kerung immer mehr Absicherung vor den Risiken des Alltags. Zunehmend
Wartungsverträge von Fachunternehmen durchgeführt und nachgewie-              bereitwillig entledigt man sich der Eigenverantwortung in staatliche Hände,
sen werden, gleichwohl alle drei Jahre zusätzlich jeweils Sachverstän-        wohin auch sonst? Und die Verwaltungen, wir sprechen von Deutschland,
digengutachten für die selben Einrichtungen zu beauftragen und natür-         sind fleißig! Mehr als 100 Gesetze verabschiedet alleine der Deutsche Bun-
lich zu bezahlen sind. Dann ist für manchen Betrieb ein kritisches            destag durchschnittlich im Jahr und gestaltet (und reguliert) damit maß-
Stadium erreicht. Das Institut der Deutschen Wirtschaft Köln (IW Köln)        geblich unser Leben. Hinzu kommen die übrigen administrativen Ebenen.
hat ausgerechnet: Insgesamt 1,8 Milliarden Euro haben Unternehmen
in Deutschland 2016 dafür aufgewendet, neue Gesetze und Gesetzes-             Die IHK Siegen hat mehr als 200 Mitgliedsbetriebe nach den bürokrati-
änderungen zu erfüllen. Dabei ist das gerade kleinen und mittleren            schen Lasten befragt, mit denen sie zu kämpfen haben. Die entstandene
Unternehmen oft kaum möglich: Es fehlen schlichtweg das Personal und          Sammlung von mehr als 60 Beispielen aus praktisch allen Bereichen
die Zeit, um den Verpflichtungen nachzukommen oder sich in komplexe           unternehmerischen Handelns haben wir unter anderem Minister Prof. Dr.
rechtliche Grundlagen einzuarbeiten. Diese Betriebe drohen an den             Andreas Pinkwart, aber auch anderen politischen und administrativen
vielen tausend Blättern, Gesetzen und Verordnungen, die jedes Jahr            Entscheidungsträgern zukommen lassen. Dabei sollte diese Sammlung von
veröffentlicht werden, zu ersticken.                                          Interesse für uns alle sein. Sie ist das erschreckende Zeugnis einer Fehl-
                                                                              entwicklung, die auf dem Irrglauben beruht, gesellschaftlicher Fortschritt
Wo einmal Unternehmergeist war, herrscht dann Frustration. Innovati-          ließe sich nur durch immer neue Regulierungen erreichen. 
onskraft weicht am Ende bloßer Abwicklung. Immer stärker erweisen
sich Bürokratielasten als Standortnachteil, vor allem für mittelständisch
                                                                                          In diesem Sinne grüßt Sie herzlich
geprägte Wirtschaftsräume. Längst sägen wir also am Ast, auf dem wir
sitzen! Und trotzdem verpuffen die meisten Anstrengungen zum Bürokra-
tieabbau. Das hat in erster Linie mit einer verbreiteten gesellschaftlichen
Grundhaltung zu tun.                                                                                  Felix G. Hensel, Präsident
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                           Inhaltsverzeichnis
                                                                                                                                                     Titelthema

                                                                                                                                                            4
                                                                                                                                    Tourismus in der Region
                                                                                                                                 Gemeinsam Grenzen überwinden
                                                                                                                                    Grüne Wälder, weite Täler, klare Seen –
                                                                                                                                  die Tourismusregionen Siegen-Wittgenstein
                                                                                                                                             und Sauerland haben
                                                                                                                                         eine ganze Menge zu bieten.

34          BIGGEXCHANGE
            Auf die Zukunft                                      42          WM-Serie: Südkorea
                                                                             Obacht bei der                                     50          Altes Wärterhaus
                                                                                                                                            Frische Küche und
            bauen                                                            Partnerwahl                                                    schmuckes Ambiente

Impressum
Der WIRTSCHAFTSREPORT ist das offizielle Organ der IHK Siegen    Herausgeber                                                    Layout
und wird den kammerzugehörigen Unternehmen im Rahmen             Industrie- und Handelskammer Siegen,                           Manfred Jung, Kevin Kahraman
ihrer beitragspflichtigen Mitgliedschaft ohne besonderes Be-     Hauptgeschäftsstelle,                                          Druck, Anzeigen und Verlag
zugsentgelt geliefert. Im freien Verkauf jährlich EURO 25,20     Postfach 10 04 51, 57069 Siegen,
                                                                                                                                Vorländer GmbH & Co. KG
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Erscheinungsweise: jeweils am 1. jedes Monats.                                                                                  Tel. (02 71) 59 40-0
                                                                 Internet: http://www.ihk-siegen.de
Druckauflage: 22 367 Exemplare                                                                                                  Anzeigenannahme: Günter Chojetzki
Quartal 1/2018                                                   Geschäftsstelle Olpe, Postfach 14 46, 57444 Olpe,
                                                                 Seminarstraße 36, 57462 Olpe                                   Telefon (02 71) 59 40-3 38
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Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung des         E-Mail: oe@siegen.ihk.de                                       E-Mail: wirtschaftsreport@vorlaender.de
Verfassers, nicht unbedingt die Meinung der IHK Siegen wieder.
Nachdruck mit Genehmigung des Herausgebers und Quellen-          Redaktion: Marco Butz, (02 71) 33 02-2 22
angabe sowie fotomechanische Vervielfältigung für inner-         E-Mail: marco.butz@siegen.ihk.de
betrieblichen Bedarf gestattet. Für unverlangt eingesandte       Mitarbeiter dieser Ausgabe
Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen.              Marco Butz, Patrick Kohlberger, Franziska Menn, Andrea Schu-
Der WIRTSCHAFTSREPORT ist keine auf Erwerb ausgerichtete         macher-Vogel, Christian Schwermer, Ann-Kristin Spies, Chris-
Veröffentlichung.                                                tina Spill, Katja Sponholz, Carmen Theis, Brigitte Wambsganß   Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste Nr. 57
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  IHK online
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           www.ihk-siegen.de. Dazu geben Sie bitte die dem Text beigefügte ID in das Suchfeld unserer Website ein. «

» 4 Titelthema                                  12 | Nachrichten                                   » 66 Jubiläen/Bücher
26 | Berichte                                   » 12 Konjunkturklima auf                           66 | Börsen
» 26 Honig-Veredelung                                höchstem Niveau abgekühlt                     » 66 Recyclingbörse
     höchster Güte                              » 15 Firmen von Trumps                             » 67 Unternehmensnachfolgebörse
» 30 Zwei wichtige Bausteine zur                     Außenpolitik beunruhigt
     Selbstständigkeit                                                                             » 68 Handels- und
                                                » 16 IHK-Umfrage „Azubi-Ticket“                         Genossenschaftsregister
» 34 Auf die Zukunft bauen
                                                » 22 Interview mit Jungunter-                      78 | Kultur
» 38 Arbeiten an
                                                     nehmer Max Laarmann
     ungewöhnlichen Orten                                                                          » 78 Museumsbus mit Lerneffekt
                                                » 54 IHK-Außenwirtschaftstag
» 42 WM-Serie: Südkorea                                                                            » 80 Veranstaltungskalender
» 46 Motivation der                             » 60 Tag des Datenschutzes
     Mitarbeiter stärken
» 48 Industrieregion im Grünen
» 50 Frische Küche und
     schmuckes Ambiente

                                                 Qualität ist unsere Verpflichtung      | Schnelligkeit unser Auftrag | Erfahrung unsere Stärke.
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Wirtschaftsreport Juni 2018 - Tourismus überwindet Grenzen - IHK-Siegen
4   Juni 18   Wirtschaftsreport

                                  Tourismus in der Region

                Gemeinsam
                 Grenzen
                überwinden
Wirtschaftsreport Juni 2018 - Tourismus überwindet Grenzen - IHK-Siegen
Wirtschaftsreport        Juni 18   5

Grüne Hügel, lange Bergkämme, weite Täler und klare Seen. Wälder, die zum Auf- und
Durchatmen einladen. Eine faszinierende Tierwelt, viele Traditionen und alte Bräuche. So
präsentieren sich die Tourismusregionen Siegen-Wittgenstein und Sauerland. Und so wer-
den sie auch von vielen Ausflüglern, Tagestouristen und Urlaubern geschätzt. Aber: Reicht
das Angebot aus, um auch in Zukunft im Ländervergleich zu punkten? Hat der Tourismus
solch eine Bedeutung als Wirtschaftsfaktor, dass er langfristig Betriebe und Arbeitsplätze
sichern kann?
Text: Katja Sponholz   |   Fotos: Carsten Schmale (7), Frank Wipperfürth (2), Sauerland-Tourismus e.V. / Steffi Rost (1)

                                                          »      Eines steht für Dietmar Harsveldt aus Mülheim völlig außer
                                                                 Frage: „Das Sauerland ist wunderschön.“ Doch genauso ist für
                                                                 den 58-Jährigen, der vor drei Jahren den Campingplatz „Vier
                                                                 Jahreszeiten“ am Biggesee übernommen hat, auch klar: „Die
                                                                 tolle Natur reicht nicht aus. Damit allein locken Sie keinen
                                                                 mehr hinter dem Ofen hervor. Der Konsument heute ist nicht
                                                                 nur Wanderer, Pilzsammler oder Schützenfest-Besucher. Er ist
                                                                 aktiv, sportlich und erlebnisorientiert.“ Doch weil er an die Re-
                                                                 gion als Tourismusregion glaubt, hat Harsveldt investiert. Rund
                                                                 zwei Millionen Euro hat er in die Anlage in Olpe gesteckt – so-
                                                                 wohl auf dem Wasser als auch auf dem Land. Heute beherbergt
                                                                 der Campingplatz mit jährlich 32.000 Touristen und 11.000
                                                                 Anreisen unter anderem die größte Badeinsel Europas, eine
                                                                 Paintball-Anlage, eine Tauchschule und Angebote wie Kanu-
                                                                 touren, Geocaching, Trekkingtouren und Klettererlebnisse. Dar-
                                                                 über hinaus hat der Geschäftsmann auch die Übernachtungs-
                                                                 möglichkeiten auf dem Platz erweitert: Zusätzlich zu den
                                                                 Plätzen für 150 Dauercamper und den 180 Tourismusplätzen
                                                                 für Wohnwagen und Wohnmobile gibt es jetzt noch 20 kleine
                                                                 Häuschen, sogenannte Lodges. Und auch technisch ist der Platz
                                                                 auf dem neuesten Stand: mit einer hochwertigen Stromver-
                                                                 sorgung, die selbst die größten Wohnmobile versorgt, und mit
                                                                 Hochgeschwindigkeits-WLAN. „Gerade für Familien mit Kin-
                                                                 dern ist das wichtig“, sagt Harsveldt. „Wenn die Jugendlichen
                                                                 hier keine Filme streamen können, dann sind sie und ihre Eltern
                                                                 schnell wieder weg. Das heißt, ich muss es schaffen, dass auch
                                                                 die Kinder glücklich sind – und nicht zuletzt auch die Hunde.
                                                                 Dann bleibt der Gast.“ Denn genau das sei hier das größte Pro-
                                                                 blem: die geringe Verweildauer von nur zweieinhalb Tagen pro
                                                                 Aufenthalt. Aber so attraktiv ein Angebot auch ist: Unterm
                                                                 Strich reicht das nicht aus. „Ich habe zwar meinen Umsatz in
                                                                 den letzten zwei Jahren um fast 100 Prozent gesteigert“, gibt
                                                                 der Betreiber zu, „aber dafür bin ich nicht alleine verantwort-
                                                                 lich, sondern auch die Region. Und wenn die sich nicht als at-
                                                                 traktive Urlaubsregion präsentiert, dann hat man natürlich ein
                                                                 Problem.“

                                                                 Natascha Mus aus dem Haus-Team der traditionsreichen Ju-
                                                                 gendherberge Hilchenbach fühlt sich gut aufgehoben in der
                                                                 Umgebung – und ist überzeugt, dass es gelingen wird, „ge-
Wirtschaftsreport Juni 2018 - Tourismus überwindet Grenzen - IHK-Siegen
6            Juni 18    Wirtschaftsreport

                                                                                            baut.“ Doch auch in der Jugendherberge Hilchenbach, die
                                                                                            2013 ihren 80. Geburtstag feiern konnte, weiß man, dass es
                                                                                            längst nicht ausreicht, einfach nur preiswerte Übernachtungs-
                                                                                            möglichkeiten in einer attraktiven Umgebung zu bieten.
                                                                                            „Natürlich haben viele Häuser den Plan, dass man bei ihnen
                                                                                            nur übernachten kann“, sagt Mus. „Wir haben uns aber über-
                                                                                            legt, dass wir uns abheben müssen. Unsere Jugendherberge
                                                                                            ist für uns das Unikum, das wir vertreten!“ Seit Julia Falk mit
                                                                                            ihrem Mann Holger die Einrichtung betreibe und „viel Herzblut
                                                                                            und Energie rund um die Uhr“ hineingesteckt habe, habe sich
                                                                                            die einst rustikale Herberge zu einem „einzigartigen Schmuck-
                                                                                            stück“ entwickelt. Das bedeute jedoch nicht, dass man sich
                                                                                            von der langen Geschichte oder Tradition distanziere. Ganz im
                                                                                            Gegenteil. „Natürlich gibt es auch bei uns noch Hagebuttentee
                                                                                            und karierte Bettwäsche“, gibt die 24-jährige Erlebnispädago-
                                                                                            gin lachend zu. „Den typischen Herbergscharakter wollen wir
                                                                                            nicht verlieren. Unsere Einrichtung war eine der ersten über-
                                                                                            haupt. Diesen Geist wollen wir dem Haus nicht nehmen, das
                                                                                            wäre ein Bruch!“ Eher habe man sich dazu entschieden, den
 Auch die klassische    meinsam mit der Region zu wachsen. Natürlich müssen wir             alten Standort zu renovieren und durch neue Angebote zu er-
karierte Bettwäsche     uns so aufstellen, dass wir für unsere Zielgruppen attraktiv        gänzen – sowohl bei der Unterbringung als auch bei der Frei-
     haben Natascha     bleiben“, räumt sie ein, „aber ich finde, dass hier alles auf ei-   zeit- und Kursgestaltung. So kamen etwa zu den 66 Herbergs-
    Mus und das Team    nem guten Weg ist. Siegen-Wittgenstein gibt sich wirklich           betten auch noch 60 weitere Übernachtungsmöglichkeiten in
der Jugendherberge      Mühe.“ Zwar gebe es kein Marketing- oder Event-Programm             einem Zeltdorf hinzu. Zusammen mit dem Unternehmen „IF-
Hilchenbach für ihre    wie etwa in der Großstadt Köln. „Für das, was vorhanden ist,        BE-Klassenfahrten“ betreibt das Ehepaar Falk die Jugendher-
         Gäste parat.   wird aber gut geworben und es wird nach und nach ausge-             berge in Hilchenbach seit Anfang 2012. Gäste können hier

                          Interview mit Sauerland-Tourismus-Chef Thomas Weber:
                          „Deutschland-Urlaub ist wieder gefragt“
                          Mehr als 2,6 Millionen Gästeankünfte konnte der Sauer-            scheiden sich die Gäste erst am Donnerstag oder am Freitag: Los
                          land-Tourismus e.V. im letzten Jahr für die Region Sauerland      geht’s ins Grüne. Die Betriebe stellt dies vor die besondere Her-
                          verzeichnen – das sind 6,2 Prozent mehr als im Vorjahr. Die       ausforderung, wie sie ihren Personaleinsatz planen.
                          Aufenthaltsdauer blieb mit 3,1 Tagen konstant. Die Zahl der
                          Übernachtungen wuchs um 4,4 Prozent auf knapp 8,1 Mil-            Wo sehen Sie die besonderen Stärken des Sauerlandes?
                          lionen. Davon profitiert auch die Wirtschaft. Die touristi-       Auch wenn es sich beliebig anhört: In der Vielseitigkeit der An-
                          schen Gesamtumsätze betragen rund 1,7 Milliarden Euro             gebote. Wir haben tatsächlich für alle Interessen und Alters-
                          jährlich. Ein Gespräch mit Thomas Weber, Geschäftsführer          gruppen etwas zu bieten. Angefangen beim Wintersport und
                          des Sauerland-Tourismus e.V., über die aktuelle Situation,        Wandern über Wellness und Entspannung bis hin zum Moun-
                          Erfolge und Ziele.                                                tainbike. Gerade in diesen Bereichen hat sich in den letzten
                                                                                            Jahren enorm viel getan. Ein großer Vorteil unserer Region ist
                          Wie bewerten Sie die Entwicklung bei Ankünften und                natürlich auch die Nähe zu den Ballungszentren Ruhrgebiet,
                          Übernachtungen?                                                   Rheinland und den Niederlanden. Das Sauerland eignet sich
                          Die Zahlen der letzten Jahre dokumentieren einen stetigen Zu-     optimal für ein verlängertes Wochenende.
                          wachs. Das wurde teilweise begünstigt durch weltweite Krisen,
                          aber auch vor allem nach unserer Einschätzung durch die           Und was sind seine Schwächen?
                          Rückbesinnung auf die Regionen als solche. Ich jedenfalls hätte   Vor allem das noch in vielen Teilregionen fehlende schnelle In-
                          mir nie vorstellen können, dass Deutschland-Urlaub, auch bei      ternet. Auch etwas ältere Gäste setzen voraus, dass sie Kontakt
                          jüngeren Urlaubern, wieder so gefragt ist. Die Buchungslage       zur Firma und zu ihren Kindern haben. Wenn sie dann nicht
                          ist natürlich bei uns immer sehr witterungsabhängig. Bei der      kommunizieren können, klingt das zwar im Werbedeutsch ganz
                          Wintersportsaison wird das jedem klar, aber auch bei der Som-     sympathisch, mal offline zu sein und die Seele baumeln zu las-
                          mersaison, etwa rund um die Seen, spielt die Wettervorhersage     sen, aber wir müssen gemeinsam mit der Wirtschaft dafür sor-
                          eine wichtige Rolle. Dabei ist durch die Wetter-Apps eine neue    gen, dass wir überall schnelles Internet haben. Das ist für mich
                          Schnelligkeit entstanden, um sich zu informieren – und das        eine wesentliche Schwäche, die wir nicht so ohne Weiteres
                          hat auch Auswirkungen auf den Tourismus. Manchmal ent-            kompensieren können.
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auch die umfassenden erlebnispädagogischen Angebote von
„teamEXPERTE“ wahrnehmen. Unter anderem steht dabei das
Outdoortraining im Mittelpunkt. Und dazu eignen sich die
Örtlichkeiten ideal: Auf dem Gelände der Jugendherberge gibt
es inzwischen einen Strandabschnitt, einen Platz für Fußball
und Volleyball sowie eine Wiese zum Spielen und Entspannen.
Als besondere Attraktion gibt es seit letztem Jahr zudem einen
großen Hochseilgarten, der auch für Ausflügler und Wanderer
zu den Öffnungszeiten zugänglich ist und für Kindergeburts-
tage genutzt werden kann.

Doch nicht nur Schulklassen, Jugendgruppen oder Betreuer,
bei denen die Erlebnispädagogik im Mittelpunkt steht,
gehören zu den Gästen in der Jugendherberge: Auch Natur-
und Wanderfreunde, die Ruhe und Erholung suchen, schätzen
die abgeschiedene Lage im Wald und die direkte Nachbar-
schaft zum Rothaarsteig. „Grundsätzlich sind unsere Gäste
sehr aktiv“, weiß Natascha Mus. Da hätten sowohl das Sauer-
land als auch Siegen-Wittgenstein eine Menge zu bieten.
Ganz bewusst sieht die 24-Jährige beide Regionen als Einheit       die großen, spektakulären Einrichtungen und Angebote sein,        In luftiger Höhe
und Ergänzung an, nicht als Konkurrenz. „Bei älteren Herr-         die die Gäste anlocken.                                           können die Kinder in
schaften ist vielleicht noch ein bisschen das Gefühl von Riva-                                                                       der Jugendherberge
lität zu spüren“, räumt die gebürtige Sauerländerin zwar ein,      Das weiß auch Christoph Stinn, der mit seinem Bruder Sebastian    Hilchenbach ihr
„aber für uns sind diese Zeiten längst vorbei.“ Ganz bewusst       und seinem Vater Josef das Skigebiet Fahlenscheid mit drei Lif-   sportliches Können
kooperiere man auch mit der Jugendherberge in Olpe. „Wir           ten in Olpe betreibt. „Willingen und Winterberg sind natürlich    unter Beweis stellen.
sehen uns als Freunde an“, sagt Mus. Es müssen nicht immer         ganz anders ausgelegt“, gibt er zu. „Das ist eine größere Num-

Was muss das Sauerland tun, um noch mehr Besucher an-              da zum Beispiel an das Radknotenpunkt-System mit einem
zulocken? Was erwarten Sie von den Betrieben, die vom              gemeinsamen Radnetz in Südwestfalen, das Wandernetz mit
Tourismus leben?                                                   unserem Flaggschiff Rothaarsteig, den gemeinsamen Natur-
Urlaubsgäste legen Wert auf Qualität. Das hat aber nichts mit      park SauerlandRothaargebirge oder den Ruhr-Sieg-Radweg.
Luxus zu tun, sondern Qualität beginnt in der Würstchenbude.       Aber auch ganz praktische und kostensparende Dinge
Viele Maßnahmen mit öffentlichem und privatem Invest haben         gehören dazu – etwa der Aufbau eines gemeinsamen Bilder-
dem in den letzten Jahren Rechnung getragen. So sind die           pools und die Abstimmung bei Fotoshootings. Denn Urlaubs-
Sauerland-Wanderdörfer die erste „Qualitätsregion Wander-          gäste sehen die touristischen Grenzen nicht, sondern nutzen
bares Deutschland“ geworden. Oder nehmen wir das Radnetz           Angebote über Kreisgrenzen hinaus. Auch von daher ist eine
in Südwestfalen mit seinem Knotenpunktsystem. Aktuell wer-         gute, kostensparende Zusammenarbeit unser steter Auftrag
den die Betriebe im Sauerland im Rahmen der Sauerland Gast-        und von enormer Bedeutung.
geberWerkstatt mit Seminaren und Workshops aktiv unter-
stützt, sodass neue Ideen und Konzepte für die Arbeit ganz nah
an der Basis entwickelt werden. Wir erwarten natürlich, dass
sich die Betriebe den Bedürfnissen der Gäste anpassen und
diese auch feinfühlig erkennen und aufnehmen.

Wo sehen Sie Ihre größten Mitbewerber beim Kampf um
Touristen?
Unsere Mitbewerber sind nicht mehr nur, wie früher gedacht,
die Eifel und der Teutoburger Wald oder andere Mittelgebirge.
Es sind inzwischen auch Amsterdam, London, Berlin und Ham-
burg. Mit denen stehen wir in einem ziemlich rauen Preis- und
Qualitätswettbewerb.

Wie sollte sich das Verhältnis zum Tourismusgebiet
Siegen-Wittgenstein Ihrer Meinung nach entwickeln?
Die Zusammenarbeit mit den Kollegen ist uns sehr wichtig und
wird bereits in vielen Projekten gelebt und ausgebaut. Ich denke
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                         mer.“ Und doch ist auch seine Familie mit dem Betrieb zufrie-    Familie Stinn für ihr Skigebiet erstellt hatte. „Die Nähe und das
                         den: „Wir haben unsere Nische gefunden – und die werden wir      Kindgerechte, das sind unsere Pluspunkte“, berichtet Stinn.
                         auch weiter bearbeiten.“ Skifahrern und Snowboardern bietet      „Den Kindern ist es egal, ob sie 200 Kilometer haben oder nur
                         das Gebiet insgesamt vier bis zu 120 Meter breite Abfahrten      zwei. Die wollen einen Tag im Schnee – und das reicht.“
                         von leicht bis mittelschwer über eine Länge von maximal 600
                         Metern. Die Höhendifferenz zwischen Berg- und Talstation be-     Auf der anderen Seite seien die Wintersportler im Laufe der
                         trägt 100 Meter. Sie wird mit Hilfe von modernen Doppelan-       Jahre auch anspruchsvoller geworden. „Früher hat man akzep-
                         ker-Liften überwunden. Darüber hinaus gibt es auch noch ein      tiert, dass auch mal ein Stein auf der Piste lag“, erzählt der 43-
                         „Kinderland“ mit einem Förderband für Anfänger.                  Jährige. „Mittlerweile erwarten alle eine top präparierte Piste.“
                                                                                          Und die finden sie in Olpe: Mit einer großen Pistenraupe wer-
                       Die Familie Stinn weiß, was die Ski- und Snowboard-Fans be-        den die Hänge an jedem Abend aufbereitet. „Das merken die
                       sonders nach Olpe lockt: „Viele von ihnen wissen einfach zu        Kunden“, weiß der Betreiber. Von den Skigästen werden heute
                       schätzen, dass wir verkehrstechnisch super günstig liegen, von     jedoch konstante Bedingungen erwartet, ganz unabhängig da-
                                           der Autobahn nur drei Minuten entfernt.“       von, ob die Winter immer wechselhafter werden. „Ein Skigebiet
                                           Aufgrund der verkehrsgünstigen Lage neh-       auf 600 Metern, die Aufrechterhaltung eines Skibetriebs, so
                      Standort             me Fahlenscheid in der Wintersport-Arena       etwas ist nur durch eine technische Beschneiung möglich“,
                    als Vorteil            Sauerland – dem Zusammenschluss aller          sagt Stinn. „Der Skifahrer bestimmt, ob ein Betrieb auch wirt-
                                           Skigebiete vom Sauerland bis hinein in die     schaftlich ist.“ Deshalb habe man schon vor Jahren in eine
                       Region Siegen-Wittgenstein – eine besondere Stellung ein.          hochwertige Beschneiungsanlage investiert. Mit Erfolg: Denn
                       Denn wer sich in Köln auf den Weg mache, könne schon 45 Mi-        seitdem sei die Entwicklung bei den Besucherzahlen kontinu-
                       nuten später auf der Piste stehen. Und das sogar abends. Seit      ierlich nach oben gegangen. Und doch reichen die Umsätze
                       einigen Jahren nutzen immer mehr Wintersportfreunde die            aus der Wintersaison zwischen Dezember und März natürlich
                       Möglichkeit, dienstags und freitags bis 22 Uhr die Hänge her-      nicht aus, um die Monate dazwischen finanziell zu über-
                       unterfahren zu können. „Unsere Flutlichtabende erfreuen sich       brücken. Deshalb hat die Familie Stinn von jeher ein zweites
                       wachsender Beliebtheit“, sagt Stinn. „Da kommen auch viele         Standbein: Sowohl Vater Josef als auch sein Sohn Sebastian
                       noch nach der Arbeit und fahren mal eben für zwei oder drei        sind Landwirte, Christoph Stinn ist Architekt und betreibt ein
       Dank des Lifts
                       Stunden auf den Fahlenscheid. Das ist eine schöne sportliche       eigenes Büro.
    konnten über die
                       Abwechslung.“ Auch Familien mit Kindern mögen das Skigebiet.
 Grenzen der Region
                       „Unsere Besonderheit ist, dass wir nicht 200 Pistenkilometer       Zusätzlich haben die Betreiber seit einiger Zeit eine Alternative
     hinaus beliebte
                       haben, sondern dass wir ein kleines Skigebiet sind, in dem alles   gefunden, die dafür sorgt, dass auch im Sommer Leben auf
Veranstaltungen wie
                       kompakter und für Kinder super zugänglich und übersichtlich        dem etwa zehn Hektar großen Betriebsgelände Fahlenscheid
  das „Rasenrennen“
                       ist.“ Das habe auch das Ergebnis einer Studie gezeigt, die die     ist: das Mountainbiking, genauer gesagt das „Downhill“, also
auf dem Fahlenscheid
     etabliert werden.
Wirtschaftsreport       Juni 18               9

                                                                                                                                    Um auch im Sommer
                                                                                                                                    Leben auf den
                                                                                                                                    Fahlenscheid zu
                                                                                                                                    bringen und den Lift
                                                                                                                                    nicht stillstehen
                                                                                                                                    zu lassen, testet die
                                                                                                                                    Familie Stinn derzeit
                                                                                                                                    an einzelnen Wo-
                                                                                                                                    chenenden den Lift-
                                                                                                                                    betrieb für
                                                                                                                                    Downhill-Biker.

die Bergabfahrt. Seit neun Jahren wird regelmäßig das Rasen-       sein, die Gäste in der Region zu halten und Konkurrenzgedan-
rennen als großes Downhill-Event veranstaltet. Zudem wird          ken zu überwinden. „Ob die auf meinem Campingplatz zwei
seit einigen Jahren auch das Angebot des Bike-Parks von der        Tage bleiben und dann zum nächstgelegenen gehen, spielt kei-
Familie getestet. Noch 2018 soll er auch offiziell genehmigt       ne Rolle. Hauptsache ist, dass sie in der Region bleiben und
werden, damit ein regulärer Betrieb stattfinden kann. Schon        nicht nach Holland oder an die Ostseeküste fahren.“ Er sei je-
der Testbetrieb – immer dann, wenn es das Wetter erlaubte –        denfalls optimistisch, dass solch ein Umdenken inzwischen
verlief erfolgversprechend. „Der Zuspruch ist enorm“, sagt         vorhanden sei: „Die Bereitschaft, zusammenzuarbeiten, ist da.
Stinn. „Die Leute kommen von überall her, bis aus Koblenz und      Es wäre falsch, wenn jeder nur an seine eigenen Pfründe den-
Frankfurt.“ Das Publikum sei dabei ein ganz anderes als das,       ken würde. Wenn man sich als Region nach außen präsentiert,
das im Winter den Weg nach Fahlenscheid suche. Bei den             wird man ganz anders wahrgenommen.“
Downhill-Sportlern handelt es sich meist um junge Menschen,
die den ganzen Tag bleiben und weite Wege für diesen Renn-         Das sieht auch die Geschäftsführerin des Touristikverbandes
sport auf sich nehmen. Doch ganz gleich, ob sie für Winter-        Siegerland-Wittgenstein e.V. so: „Es gelingt uns zum Glück zu-
oder Sommersport nach Olpe kommen – eines ist bei allen
gleich: die Freude, die sie hier empfinden, und das, was sie da-
mit bei den Betreibern auslösen. „Die Begeisterung der Men-                                                                         Dietmar Harsveldt
schen schlägt auch auf uns über“, sagt Christoph Stinn. „Wenn                                                                       leitet den Camping-
hier Kinder- und Jugendgruppen sind und uns loben, dann ist                                                                         platz „Vier Jahres-
es immer Motivation für uns, weiterzumachen.“                                                                                       zeiten“ am Biggesee.

Um gemeinsam in Zukunft Erfolg zu haben, setzt Camping-
platz-Betreiber Dietmar Harsveldt auch auf den Zusammenhalt
in der Region. „Mein Appell lautet: Denkt nicht von Stadt zu
Stadt, sondern als Region! Vernetzt euch!“ Ein positives Bei-
spiel sei Kitzbühel, das es geschafft habe, 1000 Kilometer or-
ganisierte E-Bike-Touren zu organisieren. Auch im Sauerland
müsse es die Möglichkeit geben, verschiedene Transportmög-
lichkeiten zu verknüpfen und an vielen Orten elektronische
Rückgabestationen für E-Bikes einzurichten. „Wenn Gäste von
hier 100 Kilometer mit dem Fahrrad nach Winterberg fahren,
dann müssen sie die Möglichkeit haben, das Rad stehen zu las-
sen und mit dem Bus oder Zug zurückzufahren“, überlegt Hars-
veldt. „Und genauso könnte es sein, dass einer sagt, er läuft zu
Fuß von Olpe nach Attendorn, fährt dann ein Stück mit dem
Fahrrad und schließlich mit dem Schiff über den Biggesee
zurück – und das alles in einer Tourismuskarte.“ Ziel müsse es
10           Juni 18      Wirtschaftsreport

                                                                                                                    nehmend besser, mit den Orten in der Fläche zu kooperieren“,
                                                                                                                    sagt Monika Dombrowsky, die vor gut einem Jahr aus der Fe-
                                                                                                                    rienregion Bayerischer Wald nach Siegen wechselte. „Es ist
                                                                                                                    schön, wenn gemeinsam Projekte entstehen, wenn man ver-
                                                                                                                    steht, wo wir hinwollen. Denn kein Mensch nimmt die kleinen
                                                                                                                    Orte wirklich wahr. Das mögen die Bürgermeister zwar bedau-
                                                                                                                    ern, aber gemeinsam gibt es ganz andere Möglichkeiten, sie
                                                                                                                    zur Wahrnehmung zu bringen.“ Und natürlich sei es auch völlig
                                                                                                                    falsch, sich untereinander als Mitbewerber zu betrachten.
                                                                                                                    „Wenn man fragt, wo unsere Konkurrenz ist, kann ich nur sa-
                                                                                                                    gen: Die ist nicht mein Nachbar! Die ist woanders.“ Und auch
                                                                                                                    nicht im Sauerland. Daher sieht Monika Dombrowsky es auch
                                                                                                                    als große Chance, wenn nun erstmals von beiden Touristikver-
                                                                                                                    bänden ein gemeinsames Tourismuskonzept entwickelt wird.
                                                                                                                    „Es soll auf der einen Seite einzeln beleuchten und herausar-
                                                                                                                    beiten, wie wir uns weiterentwickeln müssen“, erläutert Dom-
Monika Dombrowsky                                                                                                   browsky. „Es soll aber auch zeigen, wie wir Schnittstellen ma-
   ist seit gut einem                                                                                               nagen und sinnvolle Synergien hinbekommen.“ Das Sauerland
 Jahr Geschäftsfüh-                                                                                                 als größte Angst zu empfinden, sei „Quark“, so die 56-Jährige.
  rerin des Touristik-                                                                                              „So denken die Touristiker nicht – und auch der Tourist nicht.“
  Verbandes Sieger-                                                                                                 Das sei ihr wieder bewusst geworden, als sie kürzlich eine Mes-
 land-Wittgenstein.                                                                                                 se in Hamburg besucht habe, bei der sich auf der einen Seite

                          Beherbergung im Reiseverkehr in NRW nach Betriebsarten im Kreis Olpe
                          Januar - Dezember 2004
                                                           Ankünfte                                                        Übernachtungen                                         Mittlere
                                                                                                                                                                             Aufenthaltsdauer2
          Betriebsart                     aller Gäste                  ausländische Gäste                    aller Gäste                  ausländische Gäste             aller Gäste ausländische
                                                                                                                                                                                           Gäste
                                    Anzahl     Veränderung1          Anzahl     Veränderung1           Anzahl     Veränderung1           Anzahl     Veränderung1                  in Tagen
Hotels                                 93.828          -0,3              8.365         +19,3             206.128          -2,1              20.879         +35,7                   2,2           2,5
Gasthöfe                               12.152          -4,8              1.499         -19,2              30.815          -4,6               4.221         -17,6                   2,5           2,8
Pensionen                               8.752         -25,1                831         -17,3              31.340         -21,6               3.341         -16,6                   3,6           4,0
Hotels garnis                                .             .                  .             .                   .             .                   .             .                     .             .
Erholungs-, Ferien-, Schulungs-        38.589              +5,4              251           +66,2         106.454               -7,9              921           +24,6               2,8           3,7
heime und Boardinghouses
Ferienhäuser, -wohnungen und             3.796             -9,2              282            -14,5          23.904              -5,8           3.047            +16,9               6,3          10,8
-zentren
Hütten, Jugendherbergen u. Ä.          44.646              -1,3            417             +79,0         108.461               +1,5            763             +68,4               2,4           1,8
Vorsorge- und Reha-Kliniken                  .                 .              .                 .               .                  .              .                 .                 .             .
Campingplätze                                .                 .              .                 .               .                  .              .                 .                 .             .
Betriebe insgesamt                   230.622               -3,2         19.448              +2,7        620.499                -4,8         73.940              +7,7               2,7           3,8
                          Anmerkung: Erfasst werden nur Betriebe mit mindestens neun Gästebetten.                   Zeichenerklärung: – = nichts vorhanden (genau Null),
                          1) Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in %                                          x = Tabellenfach gesperrt, weil Aussage nicht sinnvoll,
                          2) mittlere Aufenthaltsdauer (in Tagen) = Übernachtungen / Ankünfte                                         . = Wert unbekannt oder geheim zu halten
                                                                                                                    © Informationssystem Tourismus, LDS NRW, Düsseldorf 2005

                          Januar - Dezember 2017
                                                           Ankünfte                                                        Übernachtungen                                         Mittlere
                                                                                                                                                                             Aufenthaltsdauer2
          Betriebsart                     aller Gäste                  ausländische Gäste                    aller Gäste                  ausländische Gäste             aller Gäste ausländische
                                                                                                                                                                                           Gäste
                                    Anzahl     Veränderung1          Anzahl     Veränderung1           Anzahl     Veränderung1           Anzahl     Veränderung1                  in Tagen
Hotels                                148.564          +3,9             37.934          +7,4             298.822          +4,7              96.890          +9,5                   2,0           2,6
Gasthöfe                               10.830          +7,6                986         -16,2              19.781          +2,1               2.351         -27,6                   1,8           2,4
Pensionen                               7.750          -3,3              1.160         +14,4              24.845          +1,0               4.140         +23,4                   3,2           3,6
Hotels garnis                                .             .                  .             .                   .             .                   .             .                     .             .
Erholungs-, Ferien-, Schulungs-         18.191           +16,9               107            -34,4          44.379            +14,3               690            -14,2              2,4           6,4
heime und Boardinghouses
Ferienhäuser, -wohnungen und             7.687           +23,0               700           +30,6           33.587            +16,7            4.937              -0,1              4,4           7,1
-zentren
Hütten, Jugendherbergen u. Ä.          29.106              -5,7            169              -12,4         67.111               -5,1            301              -46,3              2,3           1,8
Vorsorge- und Reha-Kliniken                 -                 -              -                  -              -                  -              -                  -                -             -
Campingplätze                          28.444             +5,1           4.604               -4,7         93.088              +11,9         15.044               +4,3              3,3           3,3
Betriebe insgesamt                   252.165              +4,0          45.969              +5,5        584.818               +5,6        125.244               +7,4               2,3           2,7
                          *) Ab Januar 2012: Beherbergungsbetriebe ab 10 Betten, einschließlich Campingplätzen      3) Ergebnisse von 2004 bis 2008 einschl. Boardinghouses
                             (Touristik-Camping) ab 10 Stellplätzen; sonst: Beherbergungsbetriebe mit 9 und         Zeichenerklärung: – = nichts vorhanden (genau Null),
                             mehr Gästebetten sowie ab 2004 Campingplätze ohne Dauercamping.                                          x = Tabellenfach gesperrt, weil Aussage nicht sinnvoll,
                          1) Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in %                                          . = Wert unbekannt oder geheim zu halten
                          2) mittlere Aufenthaltsdauer (in Tagen) = Übernachtungen / Ankünfte                       © Informationssystem Tourismus, IT.NRW, Düsseldorf 2018
Wirtschaftsreport               Juni 18             11

„Die Nordsee“ als Region präsentierte und auf der anderen Sei-                             einheitliche und verlässliche Informationen zu geben und Ver-
te „Die echte Nordsee“. „Die Gäste merken dort gar nicht, wo                               fügbarkeiten zu klären. „Alle Leistungen müssen ineinander-
die Grenzen sind“, sagt Dombrowsky kopfschüttelnd. „Innen                                  greifen“, erklärt Dombrowsky. Als Schwerpunktthemen habe
geht es um Identitätsstiftung, aber nach außen doch um das                                 sich der Touristikverband Siegerland-Wittgenstein Wander-
gemeinsame Auftreten! Warum soll ich den Rothaarstieg in                                   Lust, TierReich, KulturErlebnis und HeimatGefühl auf die Fah-
zwei Stücke teilen? Das ist unser Premiumprodukt, an dem wir                               nen geschrieben. „Das haben wir schon getan, bevor wir einen
zusammen beteiligt sind. Und auch der Naturpark betrifft uns                               Heimatminister bekommen haben“, be-
alle. Das heißt, wir müssen auch zusammen das Interesse ha-                                merkt die Geschäftsführerin lachend. „Weil
ben, dass sich das optimal entwickelt.“                                                    ich glaube, dass wir alle die Orte unserer
                                                                                                                                             Heimat als
                                                                                           Kindheit suchen. Wir mögen alle bestimm-          Lebensgefühl
Dennoch solle jede Region auch für sich eigene Stärken und                                 te Gerüche, Geschmäcke, Ereignisse, die
Merkmale herausarbeiten und den Gast leiten: „Man muss ihm                                 sich in der Kindheit abgespielt haben. Manchmal kann man die
die Entscheidung abnehmen“, so die Geschäftsführerin. „Es                                  projizieren ins Heute und Jetzt – und in einer Region wie der
nützt nichts, wenn ich ihm alles zeige und sage: Wir können                                unseren haben wir da besondere Möglichkeiten.“ Doch gerade,
alles, such dir doch einfach was aus. Das Internet verlangt,                               wenn man Sehnsüchte wecke, sei es wichtig, dass diese nicht
dass wir uns fokussieren.“ Für Siegen-Wittgenstein sei die                                 „im luftleeren Raum“ landen: „Wir müssen die Erwartungen
Richtung klar. „Das Hauptthema ist sicherlich das Wandern“,                                natürlich auch mit Angeboten unterlegen“, so Dombrowsky.
meint Dombrowsky. Auf der anderen Seite versuche sie, in einer                             Und zwar nicht mit irgendeinem bunten beliebigen Strauß,
neuen Broschüre anhand der Theorie der „Customer Journey“                                  sondern mit ganz gezielten Angeboten. „Wir brauchen nicht
(„die Reise des Kunden“) herauszuarbeiten, was der Gast brau-                              viele Produkte“, so die Touristikchefin, „sondern wir brauchen
che. Und das beginne mit Inspiration, mit der Aufforderung:                                die besten.“ 
Mach‘ mir Lust, wecke Begehrlichkeit. Zudem gehe es darum,                                 Diesen Bericht finden Sie auch unter www.ihk-siegen.de, Seiten-ID 2464.

Beherbergung im Reiseverkehr in NRW nach Betriebsarten im Kreis Siegen-Wittgenstein
Januar - Dezember 2004
                                                                Ankünfte                                                          Übernachtungen                                         Mittlere
                                                                                                                                                                                    Aufenthaltsdauer2
            Betriebsart                        aller Gäste                 ausländische Gäste                       aller Gäste                  ausländische Gäste             aller Gäste ausländische
                                                                                                                                                                                                  Gäste
                                         Anzahl    Veränderung1           Anzahl    Veränderung1             Anzahl    Veränderung1            Anzahl    Veränderung1                    in Tagen
Hotels                                     118.480            -              20.866         -1,8               205.097         -3,1               40.838         -4,0                     1,7           2,0
Gasthöfe                                     9.326         -3,1                 583        -40,1                21.897         -1,6                3.451        +17,3                     2,3           5,9
Pensionen                                    6.570        -14,8                 506         -6,3                26.566        -11,5                1.940         +2,4                     4,0           3,8
Hotels garnis                               11.234         -4,2               2.115        +16,4                24.671         -7,0                8.199        +13,6                     2,2           3,9
Erholungs-, Ferien-, Schulungs-             32.194              -6,7              207             -35,5          97.065               -9,7           1.124              -9,0             3,0           5,4
heime und Boardinghouses
Ferienhäuser, -wohnungen und                        .               .                  .                .                .                .                .                .              .              .
-zentren
Hütten, Jugendherbergen u. Ä.                     .                 .              .                   .               .                 .              .                   .              .              .
Vorsorge- und Reha-Kliniken                 22.437              -2,7              8               -20,0         487.551              -9,2            151               -40,1           21,7           18,9
Campingplätze                                2.736              -0,5            206               -18,3          10.529              -9,8            660               -16,8            3,8            3,2
Betriebe insgesamt                        209.237               -3,1         24.653                -2,9        886.746               -8,1         56.795                -0,8            4,2            2,3
Anmerkung: Erfasst werden nur Betriebe mit mindestens neun Gästebetten.                    Zeichenerklärung: – = nichts vorhanden (genau Null),
1) Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in %                                           x = Tabellenfach gesperrt, weil Aussage nicht sinnvoll,
2) mittlere Aufenthaltsdauer (in Tagen) = Übernachtungen / Ankünfte                                          . = Wert unbekannt oder geheim zu halten
                                                                                           © Informationssystem Tourismus, LDS NRW, Düsseldorf 2005

Januar - Dezember 2017
                                                                Ankünfte                                                          Übernachtungen                                         Mittlere
                                                                                                                                                                                    Aufenthaltsdauer2
            Betriebsart                        aller Gäste                 ausländische Gäste                       aller Gäste                  ausländische Gäste             aller Gäste ausländische
                                                                                                                                                                                                  Gäste
                                         Anzahl    Veränderung1           Anzahl    Veränderung1             Anzahl    Veränderung1            Anzahl    Veränderung1                    in Tagen
Hotels                                     171.774         +9,1              47.616         +5,2               313.500         +6,1              107.241         +1,2                     1,8           2,3
Gasthöfe                                    11.799        +10,7               1.093         -4,2                24.825         +2,6                2.404        -19,2                     2,1           2,2
Pensionen                                    5.892         +9,2                 491        +33,4                17.634         -0,2                2.953        +49,8                     3,0           6,0
Hotels garnis                               19.856         -3,2               2.572         +4,4                40.449        +22,7                5.726        +13,7                     2,0           2,2
Erholungs-, Ferien-, Schulungs-             30.574              -0,9             486               +2,5          85.869              +0,4            2.406              -1,1             2,8           5,0
heime und Boardinghouses
Ferienhäuser, -wohnungen und                  2.790           +30,5              352                -2,2         10.176             +38,7            1.609             -22,2             3,6           4,6
-zentren
Hütten, Jugendherbergen u. Ä.                     .                 .              .                   .               .                  .             .                   .              .              .
Vorsorge- und Reha-Kliniken                 10.615              -8,6             54               +58,8         307.245               -4,9           730               +32,7           28,9           13,5
Campingplätze                                     .                 .              .                   .               .                  .             .                   .              .              .
Betriebe insgesamt                        256.409              +6,0          53.100                +5,3        808.561               +1,4        124.164                +1,8            3,2            2,3
*) Ab Januar 2012: Beherbergungsbetriebe ab 10 Betten, einschließlich Campingplätzen       3) Ergebnisse von 2004 bis 2008 einschl. Boardinghouses
   (Touristik-Camping) ab 10 Stellplätzen; sonst: Beherbergungsbetriebe mit 9 und          Zeichenerklärung: – = nichts vorhanden (genau Null),
   mehr Gästebetten sowie ab 2004 Campingplätze ohne Dauercamping.                                           x = Tabellenfach gesperrt, weil Aussage nicht sinnvoll,
1) Veränderung gegenüber dem entsprechenden Vorjahreszeitraum in %                                           . = Wert unbekannt oder geheim zu halten
2) mittlere Aufenthaltsdauer (in Tagen) = Übernachtungen / Ankünfte                        © Informationssystem Tourismus, IT.NRW, Düsseldorf 2018
12          Juni 18     Wirtschaftsreport

IHK-Konjunkturumfrage
Konjunkturklima auf höchstem Niveau abgekühlt
                                                                                                                 Ölindustrie mittelfristig einige Chancen. Die Ver-
                                                                                                                 braucher dürften an den Zapfsäulen der Tank-
                                                                                                                 stellen indessen wenig Freude verspüren.“ Durch
                                                                                                                 die jüngsten US-Maßnahmen müssten viele re-
                                                                                                                 gionale Unternehmen zudem schon höhere Ein-
                                                                                                                 kaufspreise für Stahl- und Aluminiumwaren
                                                                                                                 zahlen oder mit höheren Preisen für die eigenen
                                                                                                                 Produkte kalkulieren. Als hohe Risiken werden
                                                                                                                 daneben die höheren Arbeitskosten (45 Prozent)
                                                                                                                 und die Wirtschaftspolitik (35 Prozent) genannt.

                                                                                                       Wodicka
                                                                                                                 Im Ergebnis schrauben die Betriebe in beiden
                                                                                                                 Kreisen ihre Erwartungen deutlich zurück: Ins-
Das heimische Konjunkturklima ist weiterhin gut – aber nicht mehr auf dem Niveau des Jahresbeginns.
                                                                                                                 gesamt setzt „nur“ noch knapp ein Fünftel auf
„Wer hoch klettert, kann tief fallen: Wie schon         Allenfalls im regionalen Großhandel fällt die            Steigerungen (Januar 2018: 34 Prozent). Infol-
seit einiger Zeit erwartet, kühlte sich das Kon-        Stimmung schon deutlich gedämpfter aus.                  gedessen fällt auch die Investitionsneigung im
junkturklima in der heimischen Wirtschaft zum                                                                    Inland nicht mehr ganz so positiv aus wie zuvor:
Frühsommer ab. Vor allem die steigenden Be-             Der regionale Industrieumsatz stieg im ersten            Fast ein Fünftel der Unternehmen plant dafür
triebskosten sowie die internationalen Unsi-            Quartal 2018 um knapp 6 Prozent. Das Inlands-            geringere Ausgaben ein.
cherheiten trüben die Konjunkturaussichten. Der         geschäft trug mit einem Plus von 7,4 Prozent
immer wahrnehmbarere Fachkräftemangel tut               dazu bei, der Export wuchs „nur“ um 4,4 Prozent.         Vergleichsweise hervorragend stellt sich die La-
ein Übriges. Dennoch befindet sich die heimi-           Im Kreis Siegen-Wittgenstein ging er sogar um            ge der regionalen Bauunternehmen dar. Stephan
sche Wirtschaft weiterhin in einer sehr guten           5,5 Prozent zurück. IHK-Hauptgeschäftsführer             Jäger: „75 Prozent der Baubetriebe melden eine
Verfassung“, bringt IHK-Präsident Felix G. Hen-         Klaus Gräbener: „Mit mulmigem Gefühl beglei-             gute Lage. Der Großteil ist bis zur Spitze ausge-
sel die wesentlichen Ergebnisse der jüngsten            ten die Firmen das, was in der Welt passiert. Fast       lastet. Allerdings registrieren die Unternehmen
IHK-Konjunkturumfrage in den Kreisen Siegen-            jeder zehnte Betrieb sieht alleine schon bei einer       etwas nachlassende Auftragseingänge. Nur
Wittgenstein und Olpe auf den Punkt. Rund 350           Erhöhung der US-Importzölle auf Aluminium                noch 11 Prozent der Bauunternehmen gehen so
Unternehmen aus Industrie, Handel und Dienst-           und Stahl die Weltkonjunktur belastet. Mehr als          von künftigen Steigerungen aus. 79 Prozent
leistungen beteiligten sich hieran. Weniger als         70 Prozent aller Betriebe schätzen zudem die             bauen auf einen stabilen Verlauf.“
ein Fünftel von ihnen geht künftig von einer bes-       Gefahr eines direkten Handelskrieges zwischen
seren Entwicklung aus. Zum Jahresbeginn sagte           den USA und der EU als mittel bis hoch ein. Fast         Mehr als ein Drittel der regionalen Einzelhändler
das noch deutlich mehr als ein Viertel der Be-          ein Fünftel würde dadurch deutlich bis sehr stark        schätzt die Lage als gut ein. Das Konsumklima
triebe. Der Blick nach vorne trübte sich in den         belastet. Von den Exportsanktionen bezüglich             wird besser eingestuft als zu Jahresbeginn:
vergangenen Wochen über alle Wirtschafts-               Iran und Russland ganz zu schweigen.“                    Knapp jeder Fünfte registriert kauf-freudige
zweige hinweg ein. Im Ergebnis ist der regionale                                                                 Kunden. Die gestiegenen Löhne fließen weiter-
Konjunkturklimaindex als Zusammenfassung                In der Industrie beschreiben 55 Prozent der Be-          hin rege in den Konsum. Die Erwartungen gehen
von allen Lageeinschätzungen und Erwartungen            triebe ihre Situation als gut, im Kreis Olpe sagen       im Einzelhandel nur etwas zurück: 18 Prozent
gegenüber dem Jahresanfang um 10 Punkte auf             das sogar 69 Prozent, in Siegen-Wittgenstein             der Betriebe setzen auf künftig günstigere Ge-
nun 127 zurückgegangen. Felix G. Hensel: „Da-           knapp die Hälfte. Insgesamt sind sechs von zehn          schäfte, 4 Prozentpunkte weniger als zuvor.
mit liegt der Index aber weiterhin erheblich über       Unternehmen bis zur Spitze ausgelastet, 87 Pro-
dem langfristigen Mittel. Zudem erwarten knapp          zent melden Auslastungen von über 70 Prozent.            42 Prozent der Großhändler melden eine gute
drei Viertel aller Betriebe eine stabile Entwick-       Die Einschätzungen der Auftragseingänge liegen           Lage, nur 3 Prozent eine schlechte. Die aktuellen
lung. Das ist die gute Botschaft.“                      weiter auf hohem Niveau. Klaus Gräbener: „Das            Auftragseingänge fallen im Saldo so positiv aus
                                                        Auslandsgeschäft läuft nicht mehr so reibungs-           wie zum Jahresanfang. Große Sprünge erwarten
Die aktuelle Lage wird auch weiter relativ positiv      los wie im vergangenen Jahr. Dies lässt beson-           die Großhandelsbetriebe in naher Zukunft nicht:
eingeschätzt: Mehr als die Hälfte der Firmen            ders bei den Firmen aus dem Siegener Kern-               Nur noch 16 Prozent erwarten Zuwächse, zu
stuft sie als gut ein, nur 7 Prozent als schlecht.      raum die Exporterwartungen sinken. Dennoch               Jahresbeginn meldete das noch jeder Zweite. Der
Diese gegenüber dem Jahresbeginn kaum                   brummt unsere Wirtschaft nach wie vor, aller-            Großteil von 72 Prozent geht aber weiterhin von
schwächere Lageeinschätzung gilt über nahezu            dings nicht mehr so laut wie bisher und nicht            gleichbleibend auskömmlichen Geschäften aus.
alle Branchen hinweg: Die Industrie meldet nach         mehr überall!“                                           Fast die Hälfte der regionalen Dienstleister gibt
wie vor Spitzenauslastungen auf höchstem Ni-                                                                     eine gute Lage an, nur 3 Prozent eine schlechte.
veau. In der Bauindustrie boomt es trotz etwas          Die gestiegenen Rohstoffpreise, vor allem beim           Für die kommenden Monate sehen 23 Prozent
nachlassender Impulse immer noch. Besonders             Öl, belasten rund die Hälfte der Unter-nehmen.           Steigerungen (Januar 2018: 30 Prozent). Die we-
hier suchen die Firmen dringend Fachkräfte. Und         IHK-Konjunkturexperte Stephan Jäger: „Des ei-            nigsten Dienstleistungsbetriebe befürchten in
auch bei den Einzelhändlern und Dienstleistern          nen Freud ist des anderen Leid. Die steigenden           naher Zukunft Rückgän-ge. Drei Viertel gehen
ist das Konjunkturklima kaum zurückgegangen.            Ölpreise bieten für die heimischen Zulieferer der        von einer stabilen Entwicklung aus. 
14          Juni 18     Wirtschaftsreport

BestPersAward
Anmeldungen noch bis zum 11. Juni möglich
Der BestPersAward, ein nicht-kommerzieller Ar-          sen bis zum 11. Juni 2018 auszufüllen und                           zern: Premiumpartner RKW Kompetenzzen-
beitgeberwettbewerb für den Mittelstand, geht           zurückzusenden. Der Fragebogen ist umfang-                          trum, Medienpartner Datakontext-Verlag, Mit-
in die nächste Runde. Seit 2017 wird er von             reich und komplex. Insgesamt werden diverse                         telstandspartner IHK Siegen und Hochschul-
Prof. Dr. Volker Stein an der Universität Siegen        Bereiche im Personalwertschöpfungsprozess                           partner Universität Siegen Business School.
organisiert. Im Zentrum steht die Professiona-          abgefragt. Im Oktober wird dann in Zusammen-                        Durch die universitäre Ausrichtung und die Hilfe
lisierung der Personalarbeit. Mitmachen können          arbeit mit einer Jury die Entscheidung über die                     der Sponsoren ist der BestPersAward für die
Unternehmen, die zwischen 10 und 2500 Mit-              acht bis zehn Spartensieger und den Gesamt-                         teilnehmenden Unternehmen kostenfrei. Viele
arbeiter haben, keinem Konzern angehören bzw.           sieger des Awards getroffen. Die Preisverlei-                       der Teilnehmer sind schon seit Jahren mit dabei.
eigenständig/autark agieren. Sie müssen aus             hung findet im Januar 2019 statt. Unterneh-                         Sie nutzen die Veranstaltung, um sich auszu-
Deutschland, Österreich oder der Schweiz kom-           men, die bei der Bewertung die nötige                               tauschen und über die Weiterentwicklung im
men. Interessierte können den Fragebogen zur            Punktzahl erreichen, erhalten zudem ein Zerti-                      Personalbereich des eigenen Unternehmens zu
Anmeldung bei Katrin Rödel (E-Mail: bpa@uni-            fikat, mit dem sie zwei Jahre lang werben dür-                      diskutieren. Neue Teilnehmer sind herzlich will-
siegen.de) anfordern. Sie haben dann Zeit, die-         fen. Der Dank der Initiatoren gilt den Unterstüt-                   kommen. 

IHK-Arbeitskreis Verkehrswirtschaft
„Soziales Umfeld zielgerichtet gestalten“
                                                                                                                            dies nicht immer einfach sei. Für Ernüchterung
                                                                                                                            sorgten häufig aber auch die gewandelten inne-
                                                                                                                            ren Einstellungen nachrückender Generationen,
                                                                                                                            betonte Dr. Christoph Kösters: „Viele junge Men-
                                                                                                                            schen erleben heute nach dem Berufseintritt ei-
                                                                                                                            nen ‚Realitäts-Clash’. Von verschiedener Seite als
                                                                                                                            Herausforderung für die Unternehmen werden in
                                                                                                                            der allgemeinen öffentlichen Diskussion die Prä-
                                                                                                                            ferenzen der aktuellen ‚Generation Z‘ (ab Ge-
                                                                                                                            burtsjahr 1995) gesehen. Allerdings zeigten erste
                                                                                                          Carsten Schmale

                                                                                                                            Untersuchungen hierzu, dass bei derartigen Be-
                                                                                                                            wertungen die Fremdeinschätzung durch andere
                                                                                                                            und die Selbsteinschätzung nicht übereinstim-
                                                                                                                            men. Vielmehr kommen die Studien zu dem Er-
                                                                                                                            gebnis, dass es durchaus eine Nähe zu den Wert-
PD Dr. Olaf Behrend, Michael Kröhl, Dr. Christoph Kösters, Stephan Jäger, Hans-Peter Langer (v.l.) kamen beim               vorstellungen der Babyboomer (1950-1965)
Arbeitskreis Verkehrswirtschaft zusammen.                                                                                   gibt.“ Der Soziologe Dr. Olaf Behrend (Universität
                                                                                                                            Siegen) sieht den Grund für den Einstellungs-
Der „Kampf um die Köpfe“ stand im Mittelpunkt           rhein-Westfalen (VVWL) e.V. zeigte den mehr als                     wandel in der Auflösung der bürgerlichen Ge-
der jüngsten Sitzung des Arbeitskreises Verkehrs-       40 anwesenden Unternehmensvertretern auch                           sellschaft. Vor allem die 68er-Kulturrevolution
wirtschaft der IHK Siegen. Sorgen bereiten den          gleich auf, wo die konkreten Herausforderungen                      sei hierfür maßgeblich gewesen. Die an persön-
Unternehmen der Logistikbranche vor allem der           für die Logistik- und Verladewirtschaft liegen.                     liche Beziehungen gekoppelte Verantwortung sei
demografische Wandel und veränderte Einstel-            Aufschlussreich werden hier auch die Ergebnisse                     zunehmend durch eine an Institutionen gebun-
lungen der nachrückenden Fachkräftegeneratio-           einer noch laufenden Fahrerbefragung des Bun-                       dene funktionale Verantwortung ersetzt worden.
nen. Beides macht es zunehmend schwierig, in            desverbandes Güterkraftverkehr und Logistik und                     „Die Frage nach dem Sinn des Lebens wird daher
Zeiten geringer Arbeitslosigkeit und voller Auf-        Entsorgung (BGL) e.V. sein. Faktoren wie das wei-                   eher darin gesehen, formale Bildungsabschlüsse
tragsbücher geeignetes Personal zu finden.              ter verbesserungswürdige Image des Berufes und                      zu erreichen, Karriere zu machen und möglichst
Besonders problematisch ist die Lage bei den Be-        die Abwesenheitszeiten dürften von Bedeutung                        keine verpflichtende Verantwortung zu überneh-
rufskraftfahrern. „Wir verlieren bundesweit rund        sein. Der Verband arbeite mit einer Vielzahl an                     men.“ Eine wesentliche Folge sei die Zunahme
30.000 Fahrer im Jahr, die in Rente gehen. Deut-        Projekten und politischen Aktivitäten für verbes-                   höherer Schulabschlüsse. Dabei sei es gesell-
lich mehr als ein Viertel der derzeit eingesetzten      serte Rahmenbedingungen. Dazu gehörten bei-                         schaftspolitisch dringend geboten, das duale
Fahrer sind älter als 55 Jahre. Allein durch diesen     spielsweise eine intensivere Information zu den                     Ausbildungssystem gegen den Akademisierungs-
Effekt fehlen abzüglich der ‚Neuzugänge‘ etwa           Berufen der Logistikbranche schon in Schulen                        trend entschlossen zu verteidigen.
10.000 Kraftfahrer im Jahr“, erläuterte Dr. Chris-      und die Erschließung neuer Bewerbergruppen.
toph Kösters. Der Hauptgeschäftsführer des Ver-         Unerlässlich sei aber auch, dass die Betriebe noch                  Die komplette Meldung finden Sie unter
bandes Verkehrswirtschaft und Logistik Nord-            stärker Ausbildungsplätze anböten, auch wenn                        www.ihk-siegen.de, Seiten-ID 2459. 
Wirtschaftsreport        Juni 18          15

US-Außenpolitik
Heimische Firmen von Trumps Außenpolitik beunruhigt
„Die Außenpolitik von US-Präsident Trump löst    kung der Sanktionen in den USA empfindliche       schwung ab. Einer aktuellen IHK-Umfrage zu-
vor allem in den heimischen Industrieunterneh-   Strafen“, führt Felix G. Hensel weiter aus. Das   folge sehen rund 20 Prozent der hiesigen Un-
men zunehmende Besorgnis aus. Die Strafzölle     alles wirke sich sehr negativ auf die Stim-       ternehmen ihr Geschäft durch die drohenden
auf Stahl und Aluminium sind nicht aus der       mungslage der Unternehmen aus. Die Geschäf-       Strafzölle direkt oder indirekt beeinflusst. Klaus
Welt. Wie ein Damoklesschwert hängen sie über    te, insbesondere der exportorientierten Firmen,   Gräbener: „Berechenbarkeit und Verlässlichkeit
der Industrie. Und wer glaubt, der soeben ver-   würden immer weniger berechenbar. Der un-         sind die Voraussetzung für eine funktionierende
kündete Ausstieg aus dem Atom-Abkommen           glaubliche Vorgang, dass ein neuer US-Bot-        internationale Arbeitsteilung. Hiervon entfernt
mit dem Iran wäre weit weg und beträfe die       schafter in Berlin am Tage nach seiner Ein-       sich die eruptiv handelnde US-Regierung zuse-
Unternehmen in Siegen-Wittgenstein und Olpe      führung deutschen Unternehmen droht,              hends." Das ifo-Institut habe kürzlich darauf
nicht, ist auf dem Holzweg. Die Entscheidungen   weiterhin mit dem Iran Geschäfte zu machen,       hingewiesen, dass die amerikanische Regierung
in Washington verunsichern auch die heimi-       deute die Richtung an, ergänzt IHK-Hauptge-       die Diskussion um das außenwirtschaftliche
schen Unternehmen erheblich." Dies bekräftigt    schäftsführer Klaus Gräbener: „Fast 220 Unter-    Ungleichgewicht zwischen den USA und Europa
IHK–Präsident Felix G. Hensel angesichts der     nehmen exportieren aus Siegen-Wittgenstein        ausschließlich am Güterhandel in der amtlichen
Ankündigung der US-Administration, die Iran-     und Olpe in die USA. 31 von ihnen haben Nie-      Statistik festmache. Beziehe man jedoch auch
Sanktionen wieder zu beleben. Immerhin stün-     derlassungen sowie Produktionsstätten in den      die Dienstleistungen und die erzielten Unter-
den derzeit 62 Unternehmen aus Siegen-Witt-      Vereinigten Staaten. Wir schätzen, dass das ge-   nehmensgewinne mit in die Betrachtung ein,
genstein und Olpe in Handelsbeziehungen mit      samte Exportvolumen unseres verarbeitenden        ergebe sich ein völlig anderes Bild. Die Leis-
dem Iran. „Diese Geschäftsbeziehungen werden     Gewerbes in die USA jährlich rund 700 Mio. Eu-    tungsbilanz zwischen den USA und Europa sei
durch das einseitige Agieren der US-Regierung    ro ausmacht. Dies verdeutlicht, wie stark auch    ausgeglichen; vor allem wegen der von den US-
unter einen enormen Vorbehalt gestellt. Zwar     die heimischen Firmen von den vollkommen un-      amerikanischen Konzernen und deren Tochter-
sind Geschäfte mit dem Iran weiterhin möglich,   berechenbaren außenpolitischen Entscheidun-       gesellschaften in Europa erzielten Gewinne.
solange das Atom-Abkommen durch die EU           gen der US-Regierung betroffen sind. Die einen    Leider werde dies in den USA nicht hinreichend
nicht aufgekündigt wird. Diesen Unternehmen      mehr, die anderen weniger." In der Wirtschaft     wahrgenommen, so Felix G. Hensel und Klaus
drohen jedoch wegen der exterritorialen Wir-     zeichne sich indessen ein Stimmungsum-            Gräbener abschließend. 

                                                                                                                           Hochbau
                                                                                                                           Tiefbau
                                                                                                                           Leitungsbau
                                                                                                                           Schlüsselfertigbau
                                                                                                                           Projektentwicklung
                                                                                                                           Immobilien

Wir versetzen Berge für gutes Handwerk
                                                                                                 Berge-Bau GmbH & Co. KG
                                                      Leimstruther Weg 7 - 9 | 57339 Erndtebrück | Fon 0 27 53 - 59 49 - 0
                                                      Fax 0 27 53 - 59 49 39 | mail info@berge-bau.de | www.berge-bau.de
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