Wirtschaftsreport März 2023 - IHK-Jahresempfang: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zu Gast - IHK-Siegen

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Wirtschaftsreport März 2023 - IHK-Jahresempfang: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zu Gast - IHK-Siegen
Wirtschaftsreport
                     März 2023

            IHK-Jahresempfang:
            NRW-Ministerpräsident
            Hendrik Wüst zu Gast
Wirtschaftsreport März 2023 - IHK-Jahresempfang: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zu Gast - IHK-Siegen
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Wirtschaftsreport        März 23             1

                                                    Editorial
                                                Von der Wiege bis zur Bahre …
Die ersten Wochen des neuen Jahres zeigen vor allem eines: Die Krisen
begleiten uns weiter. Gerade einmal eine Tagesfahrt entfernt sterben je-
den Tag hunderte Menschen in einem erbitterten Krieg. Im erdbebener-
schütterten Grenzgebiet von Türkei und Syrien stehen Angehörige zehn-
tausender Toter vor den Trümmern ihrer Existenz. Die Fronten zwischen
Ost und West verhärten sich. Das wird auf den Märkten spürbar: Teilwei-
se brechen sie weg, Protektionismus erfährt Konjunktur, massenhaft feh-
len Fachkräfte, auf unsere Infrastruktur ist kein Verlass mehr. Dazu die
Aussicht auf dauerhaft hohe Energiepreise. All das erschwert es, sowohl
die selbstgesteckten Klimaziele zu erreichen als auch die gewaltigen
transformatorischen Herausforderungen zu bewältigen, vor denen ein
Großteil der Unternehmen auch im heimischen Wirtschaftsraum steht.

In einer solchen Lage muss die Devise lauten: alle Kräfte mobilisieren, um
das Maximum an Lösungen ungebremst freizusetzen. Wenn wir den An-
schluss in der Welt nicht verlieren wollen, müssen wir schnell sein – und
Ideen entwickeln. Ich bin davon überzeugt: Wir können beides! Die Unter-
nehmen in den Kreisen Siegen-Wittgenstein und Olpe sind erfolgreich, zum
Teil auch auf ausländischen Märkten, weil sie über Flexibilität verfügen.
Sie sind innovationsstark und in der Lage, sich schnell auf veränderte Rah-
menbedingungen einzustellen. Es sind demnach nicht sie, die der wirt-
schaftlichen Entwicklung des Landes im Weg stehen. Es sind die immer
undurchdringlicheren Paragrafengeflechte: Gesetze, Erlasse, Verordnungen
und Richtlinien reichen längst bis in den letzten Millimeter des unterneh-
merischen Alltags und überschreiten oft die Grenze zur Absurdität.

Die von einer Kommission entwickelten Lösungen zur Strom- und Gaspreis-         Datenbank aufgenommen. Lediglich 534 Rechtsakte fielen laut „Handels-
bremse waren einfach, verständlich und transparent. Bei der Umsetzung           blatt“ weg: „four in, one out“!
langte die deutsche Verwaltungskunst dann richtig zu: Auf 247 eng be-
schriebenen Seiten wurde ausgestaltet, wer wann und unter welchen Be-           Man muss kein Weissager sein, um vorherzusehen: An diesem Verhältnis
dingungen mit staatlicher Unterstützung rechnen darf. Ergebnis: Die kom-        wird sich so schnell nichts ändern, jedenfalls nicht in die richtige Richtung.
plizierten Fallgestaltungen gehen schnurstracks an vielen Betrieben vorbei,     Die anstehende EU-Nachhaltigkeitsberichterstattung und die ebenfalls
die es dringend nötig hätten. Ein einheitlicher, niedriger Industriestrom-      geplante Lieferkettenrichtlinie werden einen immensen Dokumentations-
preis, wie vom Bundeskanzler im Wahlkampf angekündigt und in Frank-             aufwand auslösen. Nicht zu vergessen: Ab dem ersten Halbjahr soll die
reich längst umgesetzt, ist in Deutschland scheinbar nicht möglich.             „Ökodesign-Richtline“ dafür sorgen, dass Unternehmen für ihre Produkte
                                                                                einen digitalen Produktpass erstellen müssen. Der Drang zur Bürokratisie-
1,5 Mrd. Meldescheine wurden in den letzten zehn Jahren in Hotels und           rung scheint ungebrochen.
Pensionen ausgefüllt. 15 Jahre müssen die Papierberge aufbewahrt werden.
Der Polizei soll es so erleichtert werden, Kriminelle leichter zu finden. Die   Um eine wirklich durchschlagende Entbürokratisierung zu erreichen, ver-
Grundannahme: Straftäter füllen die Scheine mit echtem Namen aus! Ein           weisen nicht wenige Fachleute auf ein anderes Mittel: ein Ablaufdatum für
Blick auf das Baugewerbe: Selbst, wer täglich mit Rüttelplatten umgeht,         jede neue Regelung, in den USA als „Sunset-Legislation“ geläufig. Eine Re-
kommt nicht um die halbtägige Sicherheitsunterweisung herum, die min-           gelung läuft nach einer Legislaturperiode aus. Wird sie nicht mit neuem
destens einmal im Jahr durchzuführen ist! Für die Einrichtung einer Bau-        Ablaufdatum erneut aktiv beschlossen, bleibt sie in der Versenkung ver-
stelle bedarf es in der Regel einer verkehrsrechtlichen Anordnung im Rah-       schwunden. Das Modell besticht durch ein Höchstmaß an Einfachheit und
men einer zu beantragenden Genehmigung. Nun kann es sein, dass Arbeiten         Wirkung. Würde man ein solches Prinzip auch hierzulande konsequent
sich geringfügig verzögern und die Baustelle erst einen Tag später abgebaut     durchhalten, würde wirtschaftliches Handeln schlagartig von bürokrati-
werden kann. Wer hierfür keine neue Genehmigung einschließlich Anhö-            schem Ballast befreit – in Krisenzeiten eine unermesslich wertvolle Hilfe. 
rung zu beteiligender Behörden beantragt, dem winken saftige Strafen. Es
gilt wie überall: „Von der Wiege bis zur Bahre: Formulare, Formulare“!
                                                                                             In diesem Sinne grüßt Sie herzlich
Wie der Regelungswut Herr werden? „One in, one out“ – eine Regelung
kommt, eine geht – lautet eine gute Idee, deren Umsetzung die EU-Kom-
mission vor zwei Jahren beschloss. Die EU gibt immerhin einen Großteil
der nationalen Gesetzgebung vor. Die Bilanz des vergangenen Jahres fällt                                      Walter Viegener
allerdings ernüchternd aus. Mehr als 2.000 Rechtsakte wurden in die EU-                                         Präsident
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2             März 23         Wirtschaftsreport

                            Inhaltsverzeichnis
                                                                                                                                                Titelthema

                                                                                                                                                       4
                                                                                                                                  IHK-Jahresempfang
                                                                                                                             „Wir müssen uns anstrengen!“
                                                                                                                            Die Arbeiten rund um die Verkehrsinfrastruktur
                                                                                                                            waren eines der beherrschenden Themen beim
                                                                                                                            Jahresempfang der IHK Siegen. NRW-Minister-
                                                                                                                              präsident Hendrik Wüst versprach den 1.500
                                                                                                                           Gästen in der Siegerlandhalle, sich für Planungs-
                                                                                                                             beschleunigung und das vielzitierte „Deutsch-
                                                                                                                            land-Tempo“ einzusetzen. Darüber hinaus ging
                                                                                                                           der Christdemokrat auf weitere zentrale Themen
                                                                                                                             ein – vom Klimaschutz bis zur Bildungspolitik.
                                                                                                                                                  Titelseite:
                                                                                                                                               Foto: IHK Siegen

                                                                  40        QuiB UG
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Impressum
Der WIRTSCHAFTSREPORT ist das offizielle Organ der IHK Siegen     Herausgeber                                              Layout
und wird den kammerzugehörigen Unterneh­men im Rahmen             Industrie- und Handelskammer Siegen,                     Christian Reeh
ihrer beitragspflichtigen Mitgliedschaft ­ohne besonderes Be-     Hauptgeschäftsstelle, Postfach 10 04 51, 57069 Siegen,
zugsentgelt geliefert. Im freien Verkauf jährlich EURO 25,20                                                               Druck, Anzeigen und Verlag
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                                                                                                                           Obergraben 39, 57072 Siegen
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Erscheinungsweise: jeweils am 1. jedes Monats.                                                                             Telefon 0271 5940-0
                                                                  Internet: http://www.ihk-siegen.de
Druckauflage: 22 583 Exemplare                                                                                             Anzeigenannahme:
Quartal 4/2022                                                    Geschäftsstelle Olpe, Postfach 14 46, 57444 Olpe,        Michaela Hartrumpf-Schneider, Telefon 0271 5940-335
A 4791                                                            In der Trift 11, 57462 Olpe, Telefon 02761 9 44 50,      Philip Tordeur, Telefon 0271 5940-331
Namentlich gekennzeichnete Artikel geben die Meinung              Telefax 02761 9445-40, E-Mail: oe@siegen.ihk.de          Telefax 0271 5940-373
des Verfassers, nicht unbedingt die Meinung der IHK Siegen        Redaktion:                                               Mail: wirtschaftsreport@vorlaender.de
wieder. Nachdruck mit Genehmigung des Herausgebers und            Patrick Kohl­berger: 0271 3302-317                       Zustellung
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inner­betrieblichen Bedarf gestattet. Für unverlangt eingesand-   E-Mail: presse@siegen.ihk.de                             bitte an zustellung@siegen.ihk.de oder 0271 3302-273.
te Manuskripte und Fotos wird keine Gewähr übernommen.
Der WIRTSCHAFTSREPORT ist keine auf Erwerb ausgerichtete          Weitere Mitarbeiterin dieser Ausgabe:
Veröffentlichung.                                                 Monika Werthebach                                        Zurzeit gültige Anzeigenpreisliste Nr. 62
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   IHK online
                   Pressemeldungen finden Sie zusätzlich zur Printausgabe auch online unter www.ihk-siegen.de.
          »Gekürzte
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  40 | Berichte                                12 | Nachrichten                                 » 60 Jubiläen/Bücher
  » 40 (K)ein Einkauf ohne Bon                » 14 Außenwirtschaft                             60 | Börsen
                                               » 16 CrossMentoring                              » 60 Recyclingbörse
                                               » 20 Konjunktur                                  » 61 Unternehmensnachfolgebörse
                                               » 45 Quantentechnologie                          » 62 Handels- und
                                               » 46 Fachkräfte                                        Genossenschaftsregister
                                               » 51 Mobilität                                   » 72 Veranstaltungskalender

                                                                                                                    )HUWLJEDX/LQGHQEHUJ
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                                                                                                                    $QGHU$XWREDKQ
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                                                                                                                  6WUD¼HQXQG7LHIEDX
                                                                                                                  6FKOÙVVHOIHUWLJEDX
                                                                                                                  %HWRQIHUWLJWHLOH

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Wirtschaftsreport März 2023 - IHK-Jahresempfang: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zu Gast - IHK-Siegen
4   März 23 Wirtschaftsreport

                                IHK-JAHRESEMPFANG

    „Wir müssen uns
     anstrengen!“
Wirtschaftsreport März 2023 - IHK-Jahresempfang: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zu Gast - IHK-Siegen
Die Arbeiten rund um die Verkehrsinfrastruktur waren eines der beherrschenden Themen
   beim Jahresempfang der IHK Siegen. NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst versprach den
   1.500 Gästen in der Siegerlandhalle, sich für Planungsbeschleunigung und das vielzitierte
„Deutschland-Tempo“ einzusetzen. Darüber hinaus ging der Christdemokrat auf weitere zentrale
                    Themen ein – vom Klimaschutz bis zur Bildungspolitik.

                             Text: Patrick Kohlberger   |   Fotos: IHK Siegen
Wirtschaftsreport März 2023 - IHK-Jahresempfang: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zu Gast - IHK-Siegen
6   März 23 Wirtschaftsreport

                                          IHK-Präsident Walter Viegener

         „Augenmaß, Mut und
            Optimismus!“
       »    „Große Unsicherheit begleitet uns am Beginn des neuen Jah-
            res. Wir alle wurden zuletzt in unseren Grundüberzeugungen
            etlichen Erschütterungen ausgesetzt. Ich kann mich nicht er-
            innern, jemals eine derartige Gleichzeitigkeit von unterschied-
                                                                              Verständnis äußerte Viegener mit Blick auf die Sorgen vieler
                                                                              Menschen. „Klimakrise, zig Millionen hungernde Menschen
                                                                              weltweit, sterbende Wälder, gestörte Lieferketten, unsichere
                                                                              Energieversorgung, Covid-19, grassierender Arbeitskräfteman-
            lichsten Krisen durchlebt zu haben“, erklärte Walter Viegener     gel, Terror und brutale Aggressoren in etlichen Staaten: Die
            beim Jahresempfang der Industrie- und Handelskammer Sie-          Liste der Probleme ließe sich beliebig erweitern.“ Die Angst bei
            gen. Der IHK-Präsident versprach den rund 1.500 Gästen in der     Alt und Jung könne er inhaltlich nachvollziehen. Gleichwohl
            Siegerlandhalle, die Interessen der heimischen Wirtschaft         sei sie ein schlechter Ratgeber, denn gerade bei komplexen
            gegenüber Politik und Verbänden auch und gerade in diesen         Problemlagen benötige man einen klaren Kopf und ein funk-
            schwierigen Zeiten mit aller Kraft zu vertreten. Ebenso dankte    tionierendes Koordinatensystem. „Wir brauchen einen ratio-
            er seinem Vorgänger Felix G. Hensel für dessen unermüdlichen      nalen Diskurs und einen breiten gesellschaftlichen Konsens,
            Einsatz im Dienst der hiesigen Unternehmenslandschaft.            vor allem aber Augenmaß, Mut und Optimismus.“ Endzeitli-
                                                                              ches Vokabular, wie es etwa die „Letzte Generation“ in ihrer
                                                                              Selbstbezeichnung verwende, sei nicht zielführend: „Ja, wir
                                                                              haben zweifellos Probleme. Der Weltuntergang jedoch steht
                                                                              nicht unmittelbar bevor!“

                                                                              Dennoch sei das vergangene Jahr mit einer Zäsur einhergegan-
                                                                              gen. „Erstmals erlebten die allermeisten von uns, dass Strom
                                                                              und Gas knappe Güter sind. Wenn ein Gut knapp ist, steigt sein
                                                                              Preis. Wenn dieser sinken soll, muss man die Knappheit be-
                                                                              seitigen“, ordnete Viegener ein, um in diesem Kontext deutli-
                                                                              che Kritik an den handelnden Personen im politischen Berlin
                                                                              zu üben. Freilich sei die Maßgabe des Bundeswirtschaftsmi-
                                                                              nisters, Energiesparen zu einer gesamtgesellschaftlichen Auf-
                                                                              gabe zu erklären, in der Sache sinnvoll gewesen. Schließlich
                                                                              komme es auf jede Kilowattstunde an. „Das allerdings ist kaum
                                                                              zu vermitteln, wenn man gleichzeitig Kernkraftwerke nicht
                                                                              nutzt, Schiefergas zum Tabu macht und auf eine radikale
                                                                              Durchforstung des Planungsrechts verzichtet, um die Erneuer-
                                                                              baren schneller durchzusetzen.“

                                                                              Wer CO²-neutral produzieren wolle, benötige nun einmal gro-
                                                                              ße Mengen an Strom. Da ergebe es wenig Sinn, die eigenen
                                                                              Stromerzeugungskapazitäten weiter zu reduzieren. „Ja, wir
                                                                              müssen nicht nur die Erneuerbaren ausbauen, wir in der Wirt-
                                                                              schaft wollen das auch. Der Ausbau nutzt jedoch dann nichts,
                                                                              wenn wir nicht zugleich schneller neue Stromtrassen durch
                                                                              das Land legen und das Speicherproblem lösen. Und er nutzt
                                                                              noch weniger, wenn wir die Grundlast nicht gesichert bekom-
                                                                              men.“ Hier sei die Politik gefragt, Lösungen zu erarbeiten. Ge-
                                                                              linge dies nicht, schreite die Deindustrialisierung unaufhalt-
                                                                              sam voran. „Derzeit sichern wir die Grundlast über die
                                                                              Verstromung von Kohle und Gas. Zugleich werden Kernkraft-
                                                                              werke eingemottet. Welch ein klimapolitischer Unfug!“

                                                                              Ein weiteres zentrales Problem identifizierte der IHK-Präsi-
                                                                              dent im Arbeitskräftemangel, der – auch und vor allem im
                                                                              Angesicht des fortschreitenden demografischen Wandels –
Wirtschaftsreport März 2023 - IHK-Jahresempfang: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zu Gast - IHK-Siegen
Wirtschaftsreport März 23   7

immer alarmierender werde. Mittlerweile fehle Personal selbst
für einfache Hilfstätigkeiten. Beispielhaft blickte er auf das
Sommer-Chaos an deutschen Flughäfen zurück. „Laut offiziel-
len Angaben fehlten damals 10.000 Menschen, die Koffer
sortieren konnten. Die Antwort des deutschen Arbeitsminis-
ters fiel bemerkenswert aus: Das Heil liege in der Anwerbung
türkischer Arbeitskräfte.“ Das Ganze sei komplett im Sande
verlaufen. „Wenn das Angebot an Arbeitskräften zu knapp ist,
sollte man zunächst diejenigen in Arbeit bringen, die keine
haben. 2,4 Mio. Menschen sind in Deutschland ohne Arbeit!
Niemand in Berlin kam auf die Idee, 10.000 von ihnen für
eine solche Aufgabe anzulernen“, fand Viegener deutliche
Worte.

Die Bundesregierung verlängere seit Jahren die Sonderrege-
lungen zur Kurzarbeit und mache es Unternehmen damit leich-
ter, den Lohn vom Staat erstattet zu bekommen. „Zugleich
verlängerte sie für die Arbeitnehmer die maximale Inanspruch-
nahme auf 28 Monate und erhöhte in einem Atemzug deren
Lohnersatz auf 80 % ab dem siebten Monat. Auch auf diese
Weise hält man Menschen eher von der Arbeit fern.“ Der Staat,
unterstrich Viegener, setze – nüchtern betrachtet – genau die
falschen Anreize, indem er Menschen nur unzureichend zum
Arbeiten motiviere und ihnen stattdessen aufzeige, dass das
effektive Ausschöpfen der vielfältig zur Verfügung stehenden
öffentlichen Fördertöpfe absolut ausreiche, um ohne große
Bemühung ein unbeschwertes Leben zu führen.

Umfassend ging der IHK-Präsident überdies auf die für die
heimische Wirtschaft enorm belastende Situation im Bereich
Verkehrsinfrastruktur ein – verbunden mit der eindringlichen
Aufforderung, endlich mehr Tempo an den Tag zu legen. „Die
Talbrücke Rahmede hätte zur Blaupause für drastische Ver-
kürzungen beim Brückenneubau werden können“, berichtete
er: „Meine Hoffnung schwindet, dass es dazu kommt. 15 Mo-
nate dauerte es, bis entschieden wurde, keine zeitraubende
Planfeststellung durchzuführen, damit es schneller geht. Und
jetzt müssen wir beten, dass nicht geklagt wird.“

Für die Wettbewerbsfähigkeit des südwestfälischen Wirt-
schaftsraumes brauche es zudem unbedingt einen Nachteils-
ausgleich. Die IHK setze sich gemeinsam mit Gewerkschaften,
Handwerk und Verbänden nachhaltig dafür ein, wie jüngst
öffentlichkeitswirksam bei einer Strukturkonferenz in Kreuztal.
Was geschehe, wenn Menschen ihr Vertrauen in Planungen
verlieren, sehe man an der Route 57. Die bessere Verkehrsan-
bindung bleibe seit Jahrzehnten aus. Letztlich gefährde die
mangelhafte Verkehrsinfrastruktur sogar die von der Landes-
regierung anvisierte Energiewende, rechnete Viegener vor:
„Mindestens 1.000 Windräder sollen bis Ende 2027 errichtet
werden. Rund 80 Schwertransporte werden für ein Windrad
benötigt. Man fragt sich, wo die 80.000 Schwertransporte al-
le herfahren sollen, wenn immer mehr Brücken für schwere
Tonnage gesperrt werden müssen.“

Was die Ausgabenbilanz des Staates in diesen wirtschaftlich
so schwierigen Zeiten angehe, sei die Entwicklung mehr als
bedenklich. „Wir geben mit einer atemberaubenden Ge-
Wirtschaftsreport März 2023 - IHK-Jahresempfang: NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst zu Gast - IHK-Siegen
8   März 23 Wirtschaftsreport

                                                                              schwindigkeit immer mehr Geld aus, das wir nicht haben.
                                                                              Früher bezeichnete man so etwas als hemmungslose Schul-
                                                                              denmacherei, heute nennen wir es Sondervermögen.“ Sparen
                                                                              habe offenbar keine Konjunktur mehr. Die „Gießkannenförde-
                                                                              rung“ beherrsche das Geschehen. Klar sei: Aus steigenden
                                                                              Kosten für unsere Energieversorgung folge zwangsläufig sin-
                                                                              kender Wohlstand. „Wollen wir unser Niveau halbwegs halten,
                                                                              müssen wir uns mehr anstrengen! Manchmal habe ich den
                                                                              Eindruck, dass weite Teile unserer Gesellschaft dies bereits
                                                                              sehr viel klarer auf dem Bildschirm haben als unsere politi-
                                                                              schen Akteure. Führung in dieser Frage würde ich mir jeden-
                                                                              falls anders vorstellen.“

                                                                              Das Potenzial, um gestärkt aus der Krise hervorzugehen, sei
                                                                              aber zweifelsfrei vorhanden, ganz besonders im industriestar-
                                                                              ken Südwestfalen. In den Kreisen Siegen-Wittgenstein und
                                                                              Olpe seien mit 180.000 Menschen aktuell so viele Personen
                                                                              wie nie zuvor sozialversicherungspflichtig beschäftigt. Vom
                                                                              Gastredner des Abends, NRW-Ministerpräsident Hendrik
                                                                              Wüst, wünschte sich Walter Viegener konsequentes Engage-
                                                                              ment, auch und vor allem für den ländlichen Raum. Sein Ap-
                                                                              pell: „Werden Sie zum Treiber der notwendigen Veränderun-
                                                                              gen. Das Rückgrat unserer Wirtschaft besteht in den
                                                                              mittelständischen Familienbetrieben mit ihren leistungsfähi-
                                                                              gen Arbeitnehmern.“ n

            Modernisierungs- und Innovationsschub
            durch steuerliche Maßnahmen
            Einen besonderen Schwerpunkt legte der Gastredner auf drin-       Bürokratie und die Planungsbeschleunigung erzielen, anderer-
            gend erforderliche steuerliche Erleichterungen für Unterneh-      seits durch eine neue Steuerpolitik, die dem amerikanischen
            men. „Eine erfolgreiche Transformation der Wirtschaft wird        Ansatz etwas entgegenzusetzen habe. Wüst verwies auf das
            nicht alleine gelingen, weil Politik das beschließt. Wir müssen   Vorhaben der Bundesregierung, eine „Superabschreibung“ für
            vielmehr über Rahmenbedingungen sprechen. Dabei kann der          Investitionen in Innovation und Klimaschutz vorzusehen.
            Staat jedoch nicht die komplette Transformation mit Förde-
            rungen begleiten.“ Wüst warb dafür, sich insbesondere der         „Wir benötigen einen Modernisierungs- und Innovations-
            US-amerikanischen Herausforderung im Wettbewerb um Rah-           schub. Wichtig ist, dass die Antwort auf den amerikanischen
            menbedingungen zu stellen, und zielte damit auf den „infla-       Weg in diesem Jahr erfolgt, denn jetzt stehen etliche Investi-
            tion reduction act“, der eine klare Subventionierung von In-      tionen an!“ Die Koalition sei sich hierin einig, es gebe praktisch
            vestitionen in die Transformation vorsieht. „Schon jetzt          keinen Dissens. Es müsse nur eben umgesetzt werden, forder-
            wandern Investitionen massiv in die USA ab, die auch hierhin      te der Ministerpräsident in Richtung Berlin. Zudem müssten
            hätten gehen können!“                                             Ansparungen besser privilegiert werden. Viele Betriebe signa-
                                                                              lisierten, investieren zu wollen, verfügten aber noch nicht über
            Hohe Energiekosten, hohe Lohnkosten (auch infolge des Fach-       hinreichende Klarheit, wann dies genau möglich sein wird.
            kräftemangels), eine alternde Gesellschaft sowie hohe Sozial-     „Mit diesen Ansätzen werden wir schneller und effektiver sein,
            und Umweltstandards bildeten den Rahmen. Wirksame Ver-            als mit noch so vielen Förderprogrammen“, war sich Hendrik
            besserungen ließen sich einerseits durch den Abbau von            Wüst sicher.
Wirtschaftsreport März 23   9

    NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst

    „Deutschland-Tempo“ zum
    Maßstab machen

»   „Wir brauchen größtmögliche Lösungen und nicht den kleins-
    ten gemeinsamen Nenner!“ Hendrik Wüst erläuterte den Gäs-
    ten des IHK-Jahresempfangs die Ziele der Landesregierung.
    Angesichts der gegenwärtigen Herausforderungen – von der
                                                                      rhein-Westfalen, die – auf den unterschiedlichsten Wegen –
                                                                      Engagement zeigten. „220.000 Ukrainer sind mittlerweile in
                                                                      unserem Bundesland angekommen. Unsere Bürger öffnen im
                                                                      wahrsten Sinne des Wortes ihre Häuser.“ Die Botschaft sei klar:
    digitalen Transformation über die Energieversorgung bis hin       „Wer vor diesem Krieg flieht, ist in NRW willkommen!“
    zur Bildungspolitik – gelte es, pragmatische Entscheidungen
    zu treffen und den Standort NRW langfristig zu stärken. In        Ökonomisch leide der Industriestandort Nordrhein-Westfalen
    seiner Festrede ging der Ministerpräsident zudem auf eines der    natürlich unter den aktuellen Entwicklungen: „Die Länder be-
    für die heimische Region bedeutendsten Themen, die Verkehrs-      zahlen mit. Sparsamkeit gehört daher auf die Agenda“, nahm
    infrastruktur, ein.                                               der Ministerpräsident Bezug auf die Forderungen Walter Vie-
                                                                      geners, finanzielle Vernunft walten zu lassen. Die Landesregie-
    Nach den belastenden Krisenjahren, betonte der CDU-Politiker,     rung arbeite konsequent daran, Lücken zu schließen und die
    sei zwar noch längst nicht die Zeit für unbeschwerten Optimis-    Unternehmen im Land zu unterstützen. Südwestfalen würdig-
    mus gekommen. Die Art und Weise, mit der Nordrhein-Westfalen      te Wüst als robuste Wirtschaftsregion, die für Agilität und
    die Herausforderungen der Gegenwart annehme, biete jedoch         Innovation stehe: „45 % der Arbeitnehmer hier sind in der
    Anlass dafür, wieder mehr Zuversicht an den Tag zu legen.         Industrie beschäftigt. Der hiesige Mittelstand schafft – ins-
                                                                      besondere mit seinen vielen Hidden Champions – seit Jahr-
    „Corona hat Gott sei Dank so langsam seinen Schrecken verlo-      zehnten Wohlstand und stärkt die gesellschaftliche Stabilität.“
    ren“, unterstrich der 47-Jährige gleich zu Beginn mit Blick auf
    die Pandemie, die seit Anfang 2020 das Land in Atem gehalten      Verständnis brachte er dafür auf, dass sich die Siegen-Witt-
    und deren Bewältigung sich zu einer der schwierigsten Aufga-      gensteiner und Olper Unternehmen mit Nachdruck für schnel-
    ben der Nachkriegszeit entwickelt habe. Das Jahr 2022 sei indes   lere Arbeiten an der Verkehrsinfrastruktur einsetzen. Das
    in erster Linie vom Krieg in der Ukraine überschattet worden.     „Deutschland-Tempo“, das die Bundesregierung bei der Errich-
    Nach der anfänglichen Schockstarre sei es inzwischen zumin-       tung der LNG-Terminals an den Tag gelegt habe und für den
    dest wieder möglich, „klarer zu sehen und zu kalkulieren. Aus     weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien plane, müsse in
    ökonomischer Sicht besteht Hoffnung auf eine Besserung.“ Das      jedem Fall auch bei Verkehrsprojekten gelten, allen voran na-
    moralisch wichtigste Ziel müsse aber darin bestehen, den Op-      türlich beim Neubau der Talbrücke Rahmede, stellte der Mi-
    fern des Krieges so gut wie möglich zur Seite zu stehen und den   nisterpräsident klar. Planungsbeschleunigung sei das zentrale
    geflüchteten Menschen Perspektiven aufzuzeigen. Dass dies so      Credo und ein ganz entscheidender Hebel. Auch das Thema
    eindrucksvoll gelinge, sei das Verdienst vieler Kräfte in Nord-   Route 57 ist Wüst aus seiner Vergangenheit als Verkehrsmi-
10   März 23 Wirtschaftsreport

                                                                              nister bestens bekannt. In dieser Zeit hatte er sich vehement
                                                                              für die Ortsumgehungskette ausgesprochen. So überraschte es
                                                                              ihn nun vermutlich nicht, dass er bei Betreten des großen Saals
                                                                              der Siegerlandhalle direkt von zwei Route-57-Fahnen begrüßt
                                                                              wurde. Dass er in seiner Rede nicht konkret auf dieses für die
                                                                              Region so elementare Verkehrsprojekt einging, hielt IHK-
                                                                              Hauptgeschäftsführer Klaus Gräbener nicht davon ab, dem
                                                                              Gast aus Düsseldorf augenzwinkernd ein besonderes Geschenk
                                                                              zu überreichen: ein Biber-Kuscheltier. Eine Erinnerung an den
                                                                              „Kofferraum-Biber“, von dem vermutet wird, dass er im Fern-
                                                                              dorftal ausgesetzt wurde, um den Bau der Südumgehung
                                                                              Kreuztal zu verzögern.

                                                                              Um Fachkräfte in Südwestfalen zu halten und die Attraktivität
                                                                              der Arbeitgeber zu fördern, sei es wichtig, die betriebliche Aus-
                                                                              bildung politisch zu unterstützen, betonte Wüst – etwa, indem
                                                                              man dem Wunsch der Berufskollegs nach kleineren Lerngrup-
                                                                              pen nachkomme. Hierbei verwies der Ministerpräsident auf die
                                                                              intensiven Gespräche mit der IHK zu diesem Thema. Die viel-
                                                                              fältigen Möglichkeiten der Digitalisierung seien hier unbedingt
                                                                              zu nutzen. „Es kann nicht sein, dass junge Leute, die zum Teil
                                                                              nicht mal volljährig sind und demnach keinen Führerschein
                                                                              haben, regelmäßig in die Berufsschule nach Dortmund fahren
                                                                              müssen, nur weil entsprechende Klassengrößen nicht zustande
                                                                              kommen. Hier muss etwas getan werden.“

                                                                              Ohnehin identifizierte der Christdemokrat das Thema Bildungs-
                                                                              politik als eines der bedeutendsten Aufgabenfelder seiner Regie-
                                                                              rung. „Schon PISA hat uns damals die Augen geöffnet. Und die
                                                                              Probleme werden nicht weniger. Wir müssen uns anstrengen!“,
                                                                              betonte er. Aktuelle Erkenntnisse legten dar, dass vor allem die
                                                                              jüngsten Schüler in Nordrhein-Westfalen zum Teil erhebliche
                                                                              Defizite, zum Beispiel bei Sprache und Textverständnis, haben.

             Jahrgangsbeste Auszubildende
             Ehrung beim Jahresempfang
             Beim Jahresempfang wurden wie gewohnt die leistungs-             Die beste Abschlussprüfung in gewerblich-technischen Be-
             stärksten Auszubildenden des Prüfungsjahrgangs 2022 ge-          rufen im Kreis Siegen-Wittgenstein erreichte Fares Almozal
             ehrt. IHK-Präsident Walter Viegener und NRW-Ministerpräsi-       aus Kreuztal mit einem Gesamtergebnis von 97,8 %. Er ist
             dent Hendrik Wüst zeichneten vier Nachwuchskräfte aus dem        Fachkraft für Metalltechnik und absolvierte seine Ausbildung
             Kammerbezirk aus und überreichten ihnen unter dem großen         beim Bildungszentrum des Handels in Siegen. Der außerbe-
             Beifall der Gäste Weiterbildungsgutscheine im Wert von 500       triebliche Teil seiner Lehre fand bei der DELA Zerspanung
             € sowie Urkunden und Präsente.                                   GmbH in Freudenberg statt. Fares Almozal besuchte das in Sie­
                                                                              gen ansässige Berufskolleg Technik des Kreises Siegen-Witt-
             Das beste Ergebnis bei den kaufmännischen Berufen aus dem        genstein. Leon Schmidt aus Olpe avancierte als Industrieelek-
             Kreis Siegen-Wittgenstein erzielte Lena Marie Gerhardus aus      triker zum besten gewerblich-technischen Auszubildenden im
             Betzdorf im Ausbildungsberuf Verkäuferin mit einem Traum-        Kreis Olpe. Er schloss die Prüfung mit dem Gesamtergebnis
             ergebnis von sage und schreibe 99,1 %. Sie absolvierte ihre      von 96,8 % ab. Sein Ausbildungsbetrieb war die Kirchhoff
             Ausbildung bei der Deichmann SE in Freudenberg und be-           Automotive Deutschland GmbH (Attendorn). Er besuchte
             suchte das Berufskolleg Wirtschaft und Verwaltung des Krei-      ebenfalls das Berufskolleg Technik in Siegen.
             ses Siegen-Wittgenstein in Siegen. Hannah Severin aus Fin-
             nentrop (Caritas-Verband für den Kreis Olpe e.V., Attendorn),    Mit langanhaltendem Applaus bedachten die Gäste des Emp-
             Kauffrau für Büromanagement, erreichte mit 97,4 % die bes-       fangs den Hinweis, dass Fares Almozal und Leon Schmidt mit
             te Abschlussprüfung aller kaufmännischen Auszubildenden          ihren überragenden Prüfungsergebnissen sogar zu den Lan-
             im Kreis Olpe. Sie besuchte das Berufskolleg des Kreises Olpe.   desbesten gehören.
Wirtschaftsreport März 23   11

Die Grundschulen seien personell unterbesetzt. So sei es nicht
möglich, die stetig wachsenden Herausforderungen – etwa
durch die zwingend notwendige Integration von Kindern mit
Migrationshintergrund – zu bewältigen. Für einen wichtigen
Schritt hält Wüst die Angleichung der Gehälter von Grund-
schullehrkräften, für die in der laufenden Wahlperiode rund
900 Mio. eingesetzt würden. Dass dies in Zeiten des eigentlich
so wichtigen Sparens eine Menge Geld sei, räumte der Minis-
terpräsident ein. „Aber es ist absolut notwendig, um unser
Land dauerhaft gut aufzustellen.“

Ganz oben auf der Agenda stehe freilich auch ein anderes gro-
ßes Thema unserer Zeit – der Klimaschutz. „Man muss nur ein-
mal in den Sommermonaten einen Blick in die trockenen Wälder
und auf die braunen Grünlandflächen werfen, um zu erkennen:
Der Klimawandel ist da!“ Die verheerende Flutkatastrophe im
Jahr 2021, die neben menschlichem Leid auch finanzielle Schä-
den in Milliardenhöhe verursacht habe, sei ein besonders alar-
mierendes Ereignis gewesen und habe auch den letzten Zweif-
lern den Ernst der Lage in dramatischer Weise vor Augen
geführt. Nun gelte es, Wirtschaftlichkeit und Klimaschutz ziel-
führend miteinander zu verbinden. Wenn es um die Energie der
Gegenwart und der Zukunft gehe, sei eines klar: „Russisches Gas
wollen wir nicht mehr haben.“ Die Kohle im rheinischen Revier
spiele zum Beispiel vorübergehend noch eine wichtige Rolle, um
die landesweite Versorgungssicherheit zu gewährleisten. „Aber
2030 werden wir aus der Kohle aussteigen und am langen Ende
CO² einsparen.“ Man müsse in puncto Energiepolitik pragma-
tisch bleiben. Insgesamt gehe es „nicht ohne Konflikte“, unter-
strich Wüst. „Solar- und Windenergie werden konsequent ge-
fördert. Die entsprechenden Anlagen sind aber natürlich nicht
unsichtbar.“ Ziel sei es, kluge Investitionen in die Transforma-
tion des Energiesektors gezielt zu subventionieren. n

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (l.) und IHK-Präsident Walter Viegener (r.) überreichten den Prüfungsbesten die Urkunden.
12           März 23     Wirtschaftsreport

IHK-Blitzumfrage zur Siegener Schullandschaft:
Siegener Unternehmen votieren für Erhalt der Haupt- und Realschulen

                                                                                                                                                              Pixabay
Bei vielen Unternehmen ist die Sorge groß, dass es zukünftig noch schwieriger wird, die Ausbildungsplätze mit geeigneten Schulabgängern zu besetzen.

Aus Sicht der deutlichen Mehrheit der Siegener          zwei Schultypen – Gesamtschule und Gymna-                Begabungsdifferenziertes schulisches
Unternehmen (86 %) sollten die drei Haupt- und          sium – der Trend zur Akademisierung verstärkt            Angebot wichtig
Realschulen im Stadtgebiet erhalten bleiben. 13         wird. „Die Veränderung in nur noch zwei Schul-           „Jugendliche haben unterschiedliche Begabun-
% sprechen sich dagegen aus. 85 % der Betrie-           typen birgt die Gefahr, dass Eltern sowie vor            gen. Um auf diese zielgerichtet eingehen zu
be sind der Auffassung, dass gerade Haupt- und          allem Lehrer noch stärker den akademischen               können, wünschen die Unternehmen offenkun-
Realschulen ihre Schüler gezielt auf die betrieb-       Weg als erste Wahl in Betracht ziehen“, lautet           dig eine große Vielfalt unterschiedlicher Schul-
liche Ausbildung vorbereiten und diese Schul-           einer von zahlreichen Hinweisen der Unterneh-            formen“, betont IHK-Geschäftsführerin Sabine
formen einen wichtigen Beitrag für die Fach-            men hierzu. 77 % der befragten Unternehmen               Bechheim. Die IHK-Blitzumfrage zeigt: 76 % der
kräftesicherung in der Region leisten. 14 % der         sind der Meinung, dass sich die Vorbereitung auf         Betriebe sehen bei einer Beschränkung aus-
befragten Firmen teilen diese Aussage nicht. Das        den Berufseinstieg hierdurch nicht verbessern            schließlich auf Gesamtschulen und Gymnasien
sind zentrale Ergebnisse einer Blitzumfrage der         wird.                                                    die Gefahr, dass die Schüler nicht ihren indivi-
Industrie- und Handelskammer Siegen bei 211                                                                      duellen Entwicklungsbedarfen entsprechend
Siegener Unternehmen.                                   „Selten erhielten wir bei einer von uns durch-           gefördert werden: Leistungsstärkere könnten
                                                        geführten Umfrage derart viele begleitende               hinter ihren Möglichkeiten bleiben, Leistungs-
Das Meinungsbild der Siegener Unternehmer-              Kommentare“, erläutert Klaus Gräbener. „Auch             schwächere dagegen überfordert werden. „Eine
schaft ist klar: Ein Schulsystem, das allen Be-         wenn sich die Unternehmen für die Beibehal-              Aufgabe der Vielfalt an Schulformen macht nur
gabungen gerecht wird, sollte demnach beibe-            tung der Haupt- und Realschulen aussprechen,             dann Sinn, wenn eine hinreichende Binnendif-
halten werden. Die Sorge ist groß, dass es              bedeutet dies jedoch nicht, dass sie sich pau-           ferenzierung im Angebot der verbleibenden
zukünftig noch schwieriger werde, die Ausbil-           schal gegen den Schultyp Gesamtschule posi-              Schulformen gesichert ist“, unterstreicht Sabine
dungsplätze mit geeigneten Schulabgängern zu            tionieren.“ Vielmehr hegten sie Zweifel an einer         Bechheim. So sind immerhin 41 % der befragten
besetzen. „Die erwarteten Nachteile für die be-         hinreichenden Ausstattung zur praktischen Um-            Unternehmen davon überzeugt, dass für die
triebliche Erstausbildung sind offenkundig.             setzung des Gesamtschulansatzes. „Eine Ge-               Schüler eine Verbesserung der individuellen
Wenn für alle Schüler der Weg zum Abitur ge-            samtschule ist grundsätzlich eine gute Sache,            Leistungen auch bei einer Beschränkung auf
öffnet wird, werden auch immer mehr den Ver-            allerdings wird das Konzept nur selten wirklich          zwei Schultypen möglich ist, wenn das schuli-
such unternehmen, diesen Abschluss zu erzie-            erfolgreich umgesetzt, da es nicht nur an Lehr-          sche Angebot genügend ausdifferenziert ist. Das
len. Es ist bis heute nicht erkennbar, dass diese       kräften generell, sondern auch an Sonderpäda-            klare Votum der Unternehmen für den Erhalt der
jungen Menschen anschließend in nennenswer-             gogen aller Art zur Unterrichtsbegleitung man-           drei Haupt- und Realschulen fuße auf der Er-
tem Umfang in der betrieblichen Erstausbildung          gelt“, gibt ein Unternehmer zu bedenken. Ein             fahrung, dass dies in der Praxis nicht hinrei-
landen“, bilanziert IHK-Hauptgeschäftsführer            weiterer Betrieb mahnt, dass eine Diskussion,            chend umgesetzt werde, berichtet die IHK-Ge-
Klaus Gräbener.                                         die sich nur um die Schulform drehe, nicht ziel-         schäftsführerin.
                                                        führend sei. Vielmehr müsse mehr in die Schü-
78 % der an der Umfrage mitwirkenden Betrie-            lerbetreuung und in vielfältige Angebote inves-          Die hohe Beteiligung an der Umfrage – 17,6 %
be befürchten, dass durch die Beschränkung auf          tiert werden.                                            der befragten 1.200 Unternehmen haben geant-
Wirtschaftsreport       März 23            13

wortet – und die Fülle an differenzierten Kom-       wollen wir die Sorgen und Erfahrungen der            fand erst nach Redaktionsschluss des Wirt-
mentaren zeigen aus Sicht der IHK, wie sehr das      Unternehmen in die Diskussion einbringen.“ So        schaftsreports statt) erfolgreich sein wird und
Thema die Siegener Unternehmen bewegt. Der           klagten viele Betriebe über unzureichende Ma-        somit die Achenbacher Hauptschule, die Real-
Siegener Lehrstellenmarkt hat hierbei für die        thematik- oder Deutschkenntnisse junger Be-          schule Auf der Morgenröthe und die Realschule
Region eine herausgehobene Bedeutung. Klaus          werber. Lediglich 19 % der Unternehmen gehen         Am Oberen Schloss bestehen bleiben. IHK-Ge-
Gräbener: „Siegen geht schulpolitisch den Weg,       jedoch davon aus, dass sich die Kenntnisse           schäftsführerin Sabine Bechheim: „Eine klare
den andere Kommunen bereits gegangen sind.           durch eine Beschränkung auf zwei Schultypen          Botschaft an die Politik: Sollte es aufgrund des
Allerdings ist die Dimension eine andere: 41 %       mit der Möglichkeit eines Abiturabschlusses          Anmeldeverhaltens der Eltern zukünftig auf ein
der neu eingetragenen Ausbildungsverhältnisse        verbessern würden. 80 % glauben dies nicht.          ‚Zwei-Säulen-Modell‘ hinauslaufen, müssen vor
im Kreis Siegen-Wittgenstein entfallen auf die                                                            allem die Gesamtschulen sowohl finanziell als
Krönchenstadt. Daher ist eine Positionierung der     Die Hoffnung der Siegener Unternehmen ist            auch personell so ausgestattet werden, dass sie
Wirtschaft in dieser schulpolitischen Diskussion     groß, dass der Ratsbeschluss wieder zurückge-        den Ansprüchen – sowohl der Schülerinnen und
notwendig. Es geht uns nicht darum, eine Schul-      nommen wird. 78 % der Unternehmen erwarten,          Schüler als auch der Eltern und der Wirtschaft
form gegen die andere auszuspielen. Vielmehr         dass der eingeleitete Bürgerentscheid (dieser        – gerecht werden.“

     Kommentar
                                                                                                                            Sabine Bechheim
     Bessere Lösungen im Dialog
  Konflikte kann man auf verschiedene Weisen         Lehrkräfte und Schüler eine Meinung                              frageergebnisse haben wir – nicht
  lösen. Zu einer Lösung, mit der alle Seiten le-    haben. Denn es gibt weitere gesell-                            ohne Rücksprache mit dem Rathaus
  ben können, kommt man, indem man mitein-           schaftliche Gruppen, die bei einer Entschei-             – veröffentlicht und eingeordnet. Das
  ander spricht. Insofern ist der „Schulstreit“ in   dung über das Schulsystem gehört werden wol-         kann man als Fingerzeig verstehen, wie eine
  Siegen gerade ein gutes, demokratisches Bei-       len. So in diesem Fall auch die Unternehmen, die     nicht ganz unerhebliche Gruppierung der
  spiel. Hier wird darüber diskutiert, welche        ihren Sitz im Stadtgebiet Siegen haben. Sie ver-     Stadtgesellschaft den Beschluss beurteilt. Zu-
  Schulformen in Siegen demnächst noch an-           stehen sich als diejenigen, die Fehler, die in der   gleich wurde in der Presseveröffentlichung
  geboten werden. Die Stadt Siegen als Schul-        Schulpolitik gemacht werden, nachher ausbaden        darauf hingewiesen, dass eine solche Ent-
  träger hat entschieden, dass es künftig nur        müssen. Weil sie keine Auszubildenden mehr           scheidung durchaus getragen werde – sofern
  noch Gymnasien und Gesamtschulen sein              finden, wenn sich ein immer größerer Anteil für      denn die angestrebten Gesamtschulen in Aus-
  sollen. Alle anderen Schulformen sollen aus-       das Abitur entscheidet – und davon etliche im        stattung und Personal vernünftig aufgestellt
  laufen bzw. in diesen beiden aufgehen. Jetzt       Anschluss für ein Studium. Weil die Auszubil-        wären. Das hätte eine entsprechende Argu-
  sind Schulthemen immer Aufreger, insofern          denden zu wenig oder die falsche Vorbildung          mentation in Richtung Landesregierung – zu-
  wundert es nicht, dass diese Diskussion mit        mitbringen. Weil fundamentale Anforderungen          ständig für Schulpolitik – untermauern kön-
  dem Ratsbeschluss erst so richtig losging.         von einem großen Teil der Schulabgänger (und         nen. Stattdessen greift die Stadt nun die
  Vielleicht wäre es also gut gewesen, im Vor-       auch der Studienabsolventen) nicht (mehr) er-        Unternehmen an, die sich offenbar falsch in-
  feld die unterschiedlichen Meinungen zu hö-        füllt werden. Weil die Betriebe ausgleichen müs-     formiert hätten. Dass diese aus ihrer Erfahrung
  ren. So formierte sich Widerstand, dieser führt    sen, was im Vorfeld versäumt wurde, aus wel-         heraus argumentieren, wird einfach beiseite
  nun zu einem Bürgerentscheid, in dem sich die      chen Gründen auch immer.                             gewischt. Und mit einer Statistik belegt, die
  Bürgerinnen und Bürger der Stadt Siegen zum                                                             eher das gegenteilige Argument stützt. Scha-
  Sachverhalt äußern dürfen. Das Ergebnis hat        Wir als IHK sind die Stimme der gewerblichen         de, dass hier eine Chance zum Dialog verpasst
  bindende Wirkung auf die Stadt. Schule ist ein     Wirtschaft und haben deshalb unsere Mitglieder       wurde. Denn – siehe oben – wer miteinander
  System, zu dem nicht nur Eltern, Großeltern,       aus Siegen nach ihrer Meinung gefragt. Die Um-       spricht, kommt oft zu besseren Lösungen.
14          März 23     Wirtschaftsreport

Weiter auf China setzen?
IHK-Außenwirtschaftsausschuss nimmt neue Märkte unter die Lupe
                                                                                                                      der M.G. International (Holding) GmbH ergänz-
                                                                                                                      te, dass sich die Logistikketten aus China heraus
                                                                                                                      zwischenzeitlich wieder entspannt hätten: „Vor
                                                                                                                      allem sind erfreulicherweise die langen Warte-
                                                                                                                      zeiten in den chinesischen Häfen weggefallen.“

                                                                                                              Wachstumschancen für deutsche
                                                                                                              Unternehmen im Ausland
                                                                                                              Für deutsche Unternehmen sei es umso wichti-
                                                                                                              ger, sich mit neuen Märkten zu befassen, be-
                                                                                                              tonte Rainer Dango. „Immerhin geht es bei sol-
                                                                                                              chen strategischen Entscheidungen häufig um
                                                                                                              Zeiträume von zehn bis 15 Jahren.“ Erstmals

                                                                                                    Carsten Schmale
                                                                                                              waren daher in Kooperation mit der Deutschen
                                                                                                              Bank Marktexperten aus anderen Kontinenten
                                                                                                              zur Sitzung zugeschaltet, um über die Lage in
                                                                                                              vielversprechenden Ländern zu berichten. Die
Referent Frank Aldenhoff gab den Ausschussmitgliedern wertvolle Impulse mit auf den Weg.
                                                                                                              Chancen und Risiken in Bangladesch beleuchte-
Auch in schwierigen Zeiten bestehen für export- Alexander Brand (Geschäftsführer der BLEFA te – online aus Dhaka – Syed-Naushad Zaman,
orientierte heimische Unternehmen Wachs- GmbH in Kreuztal) appellierte an die unterneh- Leiter der Repräsentanz der Deutschen Bank in
tumschancen auf ausländischen Märkten. Das merische Eigenverantwortung. „Wir sollten Bangladesch. Die Aussichten seien hier gut, wo-
zeigte die jüngste Sitzung des IHK-Außenwirt- nicht auf die Politik warten, sondern selbst aktiv für ein starkes Wachstum spreche, das sich Pro-
schaftsausschusses. Dessen Vorsitzender Rainer werden.“ Er gab zu bedenken, dass China zur                    gnosen zufolge trotz der weltpolitischen Ver-
Dango begrüßte unter anderem Frank Aldenhoff Umgehung von Einfuhrzöllen auf Edelstahl-­ werfungen fortsetzen werde. Zu den Risiken
von der Deutschen Bank, der die Teilnehmer zu Coils (zzt. 25 %) immer häufiger fertige Produk- gehöre unter anderem eine steigende Inflation.
einem weltweiten Überblick über Länder mit te aus Edelstahl nach Europa exportiere und
großen Chancen einlud. „Wichtigster Handels- damit sogar eine höhere Wertschöpfung erziele. In den Sub-Sahara-Ländern habe sich das
partner war auch 2022 China, zum siebten Mal André Barten (Achenbach Buschhütten GmbH & Wachstum infolge der Corona-Pandemie spür-
in Serie. Gleichzeitig sind infolge der Sanktionen     Co. KG) bestätigte dies auch für sogenannte bar verlangsamt, wusste der aus Lagos zuge-
die Exporte nach Russland um mehr als 45 % im „grüne Produkte“. Am Ende sei es an jedem                       schaltete Andreas Voss, Leiter der Deutsche
Vergleich zum Vorjahr eingebrochen“, erläuterte        Unternehmen, sich zu positionieren. Länder wie Bank Repräsentanz in Nigeria, zu berichten. Ur-
der Finanzexperte.                                     Bangladesch, Vietnam oder Indonesien stünden sächlich hierfür seien auch dort die hohe Infla-
                                                       in zunehmender Rivalität zu China. Zudem neh- tion und sinkende Devisenreserven. Auch ehe-
Lebhaft diskutiert wurde vor diesem Hinter- me der USA-Handel zu, fasste Jens Brill zusam- malige Wachstumsländer, wie Ghana, Südafrika
grund die unternehmerische Ausrichtung im              men. Er hob hervor, dass gleichwohl aufgrund oder Nigeria seien betroffen. Dennoch sei die
Spannungsfeld zwischen den USA und China. der gewachsenen Strukturen und Abläufe im Lage in den einzelnen Ländern sehr unterschied-
Jens Brill, Außenwirtschaftsreferent der IHK Handel mit China an der Volksrepublik für viele lich, weshalb eine genaue Analyse ratsam sei.
Siegen, erörterte das erheblich gestiegene kaum ein Weg vorbeiführe. Uwe Stupperich von Angola etwa zeige eine ganz erstaunliche Ent-
deutsche Handelsdefizit. „China ist die zweit-
größte Volkswirtschaft weltweit und auf Platz
1 der Länder, von denen Deutschland im Bereich
strategisch wichtiger Güter besonders import-
abhängig ist.“ Politisch positioniere man sich
derzeit neu zu China. Rainer Dango kritisierte
hierbei den Alleingang in der deutschen Wirt-
schafts- und Außenpolitik für eine China-Stra-
tegie vor dem Hintergrund, dass zeitgleich auf
EU-Ebene hieran gearbeitet werde. Dabei werde
unnötig Vertrauen verspielt, wie die ver-
schnupften Reaktionen aus der Volksrepublik
                                                                                                                                                                    Carsten Schmale

zeigten. In der Diskussion wurde deutlich zum
Ausdruck gebracht, dass während in China ein
Zehn-Jahresplan verfolgt werde, in Deutsch-
land der Blick häufig nur bis zur nächsten Wahl Nahmen Wachstumsmärkte unter die Lupe: (v.l.) Rainer Dango (Vorsitzender des IHK-Außenwirtschaftsausschus-
reiche.                                                ses), Frank Aldenhoff (Deutsche Bank) und IHK-Außenwirtschaftsreferent Jens Brill.
Wirtschaftsreport   März 23       15

wicklung. Kaum ein Weg jedoch führe an Nige-
ria mit seiner hohen Importabhängigkeit vorbei.
Hier sei spätestens Ende des Jahres mit einem
                                                                                            MORGEN KANN KOMMEN.
deutlichen Wachstum zu rechnen, so Andreas
Voss, der China und Indien „klar auf dem Vor-
marsch“ sieht. Gleichwohl bestünden große
Chancen für deutsche Unternehmen, deren Ser-
vice sehr geschätzt werde.

Bei seinem Blick auf Lateinamerika konzentrier-
te sich Carlos Luna, Lateinamerika-Spezialist der
Deutschen Bank, vor allem auf Brasilien und
Kolumbien. Für den brasilianischen Markt sei
Deutschland wichtig. Brasilien selbst gehöre zu
den 30 größten Export- und Importnationen
weltweit und verfüge bei moderatem Wachstum
über enormes wirtschaftliches Potenzial. Immer
interessanter werde zudem Kolumbien, das in-
folge der Russland-Sanktionen zuletzt verstärkt
Steinkohle ausführen konnte. Die deutschen Im-
porte aus Kolumbien hätten sich im vergange-
nen Jahr beinahe verdreifacht, die Exporte in das
Land im Jahresvergleich um ein Viertel zugelegt.
Die Risiken lägen in einer hohen Inflation und
Arbeitslosigkeit sowie dem Haushalts- und Leis-
tungsbilanzdefizit. Außerdem stehe mit Merco-
sur das größte Freihandelsabkommen weltweit
vor der Tür. Zu den weiteren Ländern mit be-
sonders guten Exportchancen gehören aus Sicht

                                                     BESTE
der Experten vor allem Indien, Vietnam und Al-
gerien. 

„LehrkräftePLUS“
                                                     STARTHILFE
Bewerbungsphase
gestartet
Die Bewerbungsphase für das Qualifizierungs-
programm „LehrkräftePLUS Siegen“ ist gestar-
                                                    Wenn nicht jetzt, wann dann? Und wenn
tet. Das Programm der Uni Siegen bietet Lehr-       nicht mit uns, mit wem sonst? Denn wir
kräften mit Fluchthintergrund die Möglichkeit,      sind die Richtigen, um Ihrem Projekt die
sich im Rahmen eines einjährigen Vollzeit-Pro-      passende Starthilfe zu geben, damit Sie
gramms für eine Tätigkeit an einer Schule in        Ihre Geschäftsidee erfolgreich auf den
Nordrhein-Westfalen zu qualifizieren. Bis zum       Weg bringen.
31. März können Interessierte sich bewerben.
Der nächste Durchgang beginnt im Oktober. Er
umfasst universitäre Kurse in den Bereichen der
sprachlichen, pädagogisch-didaktischen, fach-
didaktischen und interkulturellen Weiterbildung.
Außerdem gibt es eine mehrmonatige Praxisphase
an einer Schule in der Region sowie Beratungs-
angebote und Veranstaltungen zum Aus­tausch
und zur Vernetzung. Ausführliche Informatio-
nen zum Programmablauf, zu den Teilnahme-                                                        VB-ECHT-JETZT.DE
voraussetzungen und zur Bewerbung finden sich
unter lehrkraefteplus.uni-siegen.de. 
16           März 23      Wirtschaftsreport

CrossMentoring
Paare des Jahrgangs 2022/23 verabschiedet
                                                                                                                           lichkeiten der Konfliktlösung durch Mediation
                                                                                                                           ein. Bei der Mediation wird durch eine offene
                                                                                                                           Gesprächshaltung und bestimmte Schrittfolgen
                                                                                                                           daran gearbeitet, einen Konflikt so aus der Welt
                                                                                                                           zu schaffen, dass alle Parteien mit der Lösung
                                                                                                                           zufrieden sind. Silke Rother plädierte leiden-
                                                                                                                           schaftlich dafür, diese Methoden als Führungs-
                                                                                                                           kompetenz zu nutzen, um Konflikte im Team in
                                                                                                                           Richtung produktiver Ergebnisse zu steuern.

                                                                                                                           In der Abschlussveranstaltung wurde in persön-
                                                                                                                           lichen Statements noch einmal auf das zurück-
                                                                                                                           liegende Jahr geschaut. Dass die Paare mit Mut

                                                                                                         Carsten Schmale
                                                                                                                           und Vertrauen ihre Chance nutzten, wurde in
                                                                                                                           den Rückmeldungen deutlich: „Lernen, sich
                                                                                                                           selbst zu sehen, voranzubringen und somit auch
                                                                                                                           das Unternehmen zu bereichern“ sei ein Argu-
Silke Rother führte in die Möglichkeiten der Konfliktlösung durch Mediation ein.
                                                                                                                           ment, am Mentoring teilzunehmen. Oder auch
Mut und Vertrauen – so beschrieb IHK-Präsident            Unternehmen für die anstehenden Führungs-                        „Hilfestellungen für viele kritische Fragen“ be-
Walter Viegener in seinem Grußwort die Vor-               aufgaben erweitern. Das CrossMentoring stellte                   kommen zu haben. Andere nannten die „Stär-
aussetzungen für ein erfolgreiches Mentoring-             diesen jeweils einen Mentor oder eine Mentorin                   kung der eigenen Persönlichkeit, Erfahrungsaus-
Jahr. Das Programm „CrossMentoring Südwest-               aus einem anderen Unternehmen zur Seite, die                     tausch, Perspektivwechsel“ als Erfolgsfaktoren
falen: Stark in Führung!“ der IHK Siegen hatte            ein Jahr lang ehrenamtlich in regelmäßigem                       für diese besondere Form der Führungskräfte-
elf Paare zusammengeführt, die mit dem Ziel der           Austausch ihre Erfahrungen teilten. Durch die                    entwicklung. Alle Teilnehmer berichteten, dass
persönlichen Weiterentwicklung von Nach-                  Perspektive von außen konnten aktuelle Füh-                      das Mentoring sie persönlich weitergebracht
wuchsführungskräften (Mentees) ein Jahr lang              rungssituationen anders betrachtet werden und                    und ihnen im Unternehmen bei der Entwicklung
an Führungsthemen gearbeitet haben. Walter                die Mentees erhielten Hinweise, wie sie mit die-                 ihrer Führungspersönlichkeit geholfen habe.
Viegener überreichte diesen Mentees sowie mit             sen besser umgehen können. Die Gruppe wurde                      Und so war es auch keine Überraschung, dass
besonderem Dank auch ihren Mentorinnen und                außerdem durch vorbereitende und fachliche                       einige Teilnehmer bereits von weiteren Karriere-
Mentoren jetzt in der IHK-Geschäftsstelle Olpe            Workshops durch das Jahr begleitet.                              schritten im Betrieb berichten konnten. Der
die Abschlusszertifikate.                                                                                                  nächste Jahrgang startet Ende März. Interessier­
                                                          Auch in der letzten Veranstaltung des Pro-                       te Unternehmen dürfen sich gerne bei Sabine
Angestoßen wurde die Teilnahme am Mento-                  gramms bekamen die Teilnehmer einen Impuls                       Bechheim (0271 3302-200, sabine.bechheim@
ring-Programm durch die Arbeitgeber. Sie woll-            für ihren Führungsalltag. Silke Rother, Wirt-                    siegen.ihk.de) melden, die in der IHK Siegen für
ten die Kompetenzen ihrer Nachwuchskräfte im              schaftsmediatorin aus Soest, führte in die Mög-                  das CrossMentoring verantwortlich ist. 
                                                                                                                                                                        Carsten Schmale

IHK-Präsident Walter Viegener (Mitte) mit Mentees, Mentoren, Unternehmensverantwortlichen, Silke Rother (8. v. l.) und dem CrossMentoring-Team der IHK Siegen.
100 €
                                                                                                                                                                                                Wechsel-
                                                                                                                                                                                                 Bonus*

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Kundenkonto gutgeschrieben (Barauszahlung nicht möglich), wenn Sie Ihre Rufnummer von Ihrem bisherigen Anbieter in Ihren neuen Vertrag mitnehmen. Der Wechselbonus wird für jeden neuen Vertrag gewährt, für den Sie eine Rufnum-
mern-Mitnahme durchführen. Der Auftrag muss bis 03.04.2023 bei uns eingegangen sein. Das Beendigungsdatum des Vertrags mit Ihrem vorherigen Anbieter darf nicht mehr als 90 Kalendertage in der Vergangenheit liegen und höchstens
123 Kalendertage in der Zukunft. Die Mindestvertragslaufzeit beträgt 24 Monate mit einer Kündigungsfrist von 3 Monaten zum Ablauf der Mindestvertragslaufzeit.
Vodafone GmbH · Ferdinand-Braun-Platz 1 · 40549 Düsseldorf · vodafone.de
18          März 23      Wirtschaftsreport

Viega GmbH & Co. KG
Seminarcenter macht Zukunft des Bauens erlebbar
                                                                                                                    Gebäude ist Schulungsinhalt
                                                                                                                    „Mit der Viega World erreichen wir eine neue
                                                                                                                    Qualitätsstufe in der Wissensvermittlung“, ver-
                                                                                                                    spricht Walter Viegener. Denn das Gebäude selbst
                                                                                                                    wird zum Lernobjekt. Mit Exponaten zum Anfas-
                                                                                                                    sen und Anschauen wird Wissen erlebbar. Die Ge-
                                                                                                                    bäudetechnik ist so installiert, dass diese von den
                                                                                                                    Seminarteilnehmern in sichtoffenen Schächten
                                                                                                                    live und unter Betriebsbedingungen erlebt wer-
                                                                                                                    den kann. Offengelegte Systeme sowie digitale
                                                                                                                    Modelle des Gebäudes veranschaulichen Prozesse
                                                                                                                    und kleinste Details, die sonst hinter der Wand
                                                                                                                    verborgen sind. Präsentationstechniken wie Aug-
                                                                                                                    mented Reality (AR) bieten völlig neue Schu-
                                                                                                                    lungserlebnisse. Dadurch lässt sich die reale Dar-
                                                                                                                    stellung etwa der Gebäudetechnik mit digitalen
                                                                                                                    Elementen auf einem mobilen Gerät wie einem
                                                                                                                    Tablet oder einer AR-Brille in Echtzeit ergänzen.

                                                                                                         Werkfoto
                                                                                                                    „Die Viega World ist nicht nur ein Referenzob-
Die Vorsitzenden des Viega-Gesellschafterausschusses, Anna Viegener und Walter Viegener, brachten symbolisch
                                                                                                                    jekt für das Bauen der Zukunft, sondern auch
die Viega World als „Herz der Marke“ zum Schlagen.
                                                                                                                    das Herz der Marke Viega“, erklärt Anna Viege-
Mit einem feierlichen Festakt eröffnete die Vie-        suchern jährlich. Der Fokus liegt auf der Schu-             ner. „Hier erleben unsere Gäste Vergangenheit
ga GmbH & Co. KG jüngst eines der nachhaltigs-          lung von Fachkräften aus der Sanitär- und Hei-              und Zukunft unseres Familienunternehmens.“
ten Bildungsgebäude der Sanitär- und Hei-               zungsbranche. Mehr als ein Drittel davon                    Die Viega World zeige die 124-jährige Entwick-
zungsbranche. Das klimaneutrale Gebäude ist             besucht das Seminarcenter in Attendorn-En-                  lung vom Ein-Mann-Betrieb zum Weltmarkt-
nach höchsten ökologischen Standards gebaut.            nest. Geschult werden die Teilnehmer in den                 führer, vom Komponenten- zum Systemanbie-
Die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges              zentralen Viega-Themen, wie Erhalt der Trink-               ter. „Die Viega World spiegelt vor allem unsere
Bauen (DGNB) würdigte bereits die hohen                 wasserqualität, Energieeffizienz und Digitales              Verantwortung wider“, betont Anna Viegener.
Nachhaltigkeitsstandards mit einem Vorzertifi-          Bauen. Das Seminarkonzept gilt in der Gebäude-              „Wir wollen zum Klimaschutz und zum bewuss-
kat in Platin, der höchsten DGNB-Auszeichnung.          technik schon seit vielen Jahren als besonders              ten Umgang mit wertvollen Ressourcen beitra-
In dem 12.200 m² großen Gebäude werden am               erfolgreich.                                                gen. Wir arbeiten daran, dass Trinkwasserhygi-
Viega-Standort in Attendorn-Ennest zukünftig
Tausende von Fachkräften aus der Sanitär- und
Heizungsbranche geschult. Mit der hohen zwei-
stelligen Millioneninvestition will das Familien-
unternehmen die Weiterbildung von Fachkräf-
ten stärken und das Bauen der Zukunft erlebbar
machen.

Anna Viegener und Walter Viegener, die Vorsit-
zenden des Gesellschafterausschusses der Viega
Holding GmbH & Co. KG, begrüßten zur Eröff-
nung rund 130 Gäste aus Politik, Wirtschaft und
Verbänden. Walter Viegener betonte, dass der
Schulungsservice bei Viega eine lange Tradition
habe. Das erste Informationszentrum habe das
Unternehmen bereits 1979 am Stammsitz in At-
tendorn-Zentrum eröffnet. 20 Jahre später habe
das Seminarcenter am Standort Attendorn-En-
nest den Schulungsbetrieb aufgenommen, das
jetzt von der „Viega World“ abgelöst werde.
                                                                                                                                                                    Werkfoto

Insgesamt unterhält die Unternehmensgruppe
23 Seminarcenter weltweit mit über 20.000 Be-           Mit der Viega World hat eines der nachhaltigsten Bildungsgebäude der Sanitär- und Heizungsbranche eröffnet.
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