Wissenschaft für die Praxis - s Mitteilungen der Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e. V - Wissenschaftsförderung Sparkassen
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Wissenschaft für die Praxis Mitteilungen der Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e. V. s Finanzgruppe Heft 84 · Dezember 2018 Wissenschaftsförderung
Herausgeber: Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e. V. Geschäftsstelle: Simrockstraße 4, 53113 Bonn Postanschrift: Postfach 14 29, 53004 Bonn Telefon: (02 28) 2 04-57 31 Fax: (02 28) 2 04-57 35 E-Mail: s-wissenschaft@dsgv.de Internet: www.s-wissenschaft.de Verantwortlich: Klaus Krummrich Redaktion: George Clegg Telefon: (02 28) 2 04-57 31 Fax: (02 28) 2 04-57 35 Gestaltung: weber preprint service, Bonn Die Mitteilungen erscheinen zweimal im Jahr und werden den Mitgliedern der Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe sowie der interessierten Fachöffentlichkeit unentgeltlich zur Verfügung gestellt. ISSN 1864-2721 Titelbild: Das Bronzestandbild des dänischen Bildhauers Bertel Thorvaldsen am Gutenbergplatz nahe des Staatstheaters Mainz zeigt den berühmtesten Sohn der Stadt, Johannes Gutenberg. In seinem linken Arm trägt der Erfinder sein wichtigstes Werk, die Gutenberg- Bibel. Foto: Landeshauptstadt Mainz
Editorial Editorial Die Brüsseler Kommission er- weist sich allen Subsidiaritäts- Bekenntnissen zum Trotz nach wie vor als in großen Teilen (über)eifrige Gesetzgeberin. Das gilt insbesondere auch für das Kapitalmarktrecht, bei dem die nationale Gesetzgebung durch immer weitergehende EU-Richtlinien ersetzt und zu- Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis, Vorsitzender des Kuratoriums Wissenschaftsförderung rückgedrängt wird. der Sparkassen-Finanzgruppe e.V. Für die heimische Kreditwirtschaft hat das spürbare dischen Kreditinstitute, wie die Sparkassen, ihre Konsequenzen, wie auch Professor Schneider im Aufgabe als verlässliche Partner in allen Fianzierungs- aktuellen Interview dieser Ausgabe nachweist. Gerade fragen wahrnehmen können. Dazu aber bedarf es nicht die kleineren und mittelgroßen Institute leiden zu- nur verlässlicher, sondern vor allem auch erträglicher nehmend unter der Regulierungswut Brüssels und wer- gesetzgeberischer Rahmenbedingungen. den – sowohl was die personellen Ressourcen als auch die ausufernden Kosten angeht – unverhältnismäßig Um nicht mißverstanden zu werden: Es geht nicht belastet. Zwar wird immer wieder über die Möglichkeit darum, notwendige Kontroll- und Sicherheitsmecha- aufsichtsrechtlicher Erleichterung für weniger kom- nismen zu verhindern oder auszuhebeln. Vielmehr plexe Institute diskutiert, doch in der Praxis dreht sich geht es um gesetzliche Rahmenbedingungen, die den das Gesetzgebungs-Karussell in Brüssel ungedrosselt Interessensausgleich zwischen Verbrauchern und weiter. Als exemplarisch dafür kann die Debatte um Instituten regeln, ohne die Leistungsfähigkeit der eine Europäische Einlagensicherung angesehen mittelständischen Kreditwirtschaft zu überfordern. Die werden, die allen begründeten Bedenken zum Trotz in Medizin immer neuer, EU-übergreifender Regulierun- Brüssel unverdrossen weiter vorangetrieben wird. gen und immer verkomplizierterer Verordnungs- und Hier gilt es für die Kreditwirtschaft, im Interesse der Richtlinienvorgaben garantiert nicht zugleich mehr Verbraucher und der mittelständischen Wirtschaft Sicherheit und Vertrauen. Vielmehr kommt es auf die „dicke Bretter“ zu bohren, um mit ihren guten Argu- individuelle Dosis an. Dann kann weniger auch mehr menten bei der EU-Kommission durchzudringen. (be)wirken. Denn Deutschland kann seine Rolle als konjunkturelle Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis Lokomotive eines sich nach wie vor in schwieriger Lage befindlichen EU-Raumes nur dann weiter ausfüllen, wenn die hierzulande traditionell starken mittelstän- 3
Inhalt Inhalt EDITORIAL 3 Das aktuelle Interview 6 Professor Dr. Dr. h.c. Uwe H. Schneider: Kapitalmarktrecht: Bedeutung wie Risiken sind rasant gestiegen Gremien 9 Kuratoriumssitzung 2018 fand in Berlin statt Helmut Schleweis im Vorstand des Stifterverbandes Wissenschaft vor Ort 12 13. Bonner Akademischer Sommer: Mit Wissen die Zukunft meistern und gestalten G-Forum: Entrepreneurship Research Newcomer Award geht nach Aachen DGF-Jahrestagung: Best Paper Award für Finance-Doktoranden: Wie Namen Aktien Flügel verleihen können Aus der Forschung 17 Studie: Management-Summary – Von der Bargeldzahlung zur digitalen Transaktion Bachelor-Absolventen: Jungen Menschen Chancen und Perspektiven bieten Fahrbare Sparkassen-Filialen: Mit dem richtigen strategischen Ansatz die Kunden mobilisieren Veranstaltungen 25 11. Magdeburger Finanzmarktdialog: Finanzielle Bildung: Investitionen in die Kundschaft von morgen Unternehmensgeschichte 29 200 Jahre Berliner Sparkasse: Als Kind der Aufklärung dem Gemeinwohl verpflichtet Savings & Retail Banking History Award: Forschungsarbeiten einreichen Institut für Kreditrecht Mainz 32 Brexit: Vertragskontinuität steht beim Brexit auf dem Prüfstand Seminartermine im Wintersemester 2018/19 Neues Studienprogramm der Sparkassen-Hochschule 33 Für die Besten das Beste aus zwei Welten Eberle-Butschkau-Stiftung 35 Sommerakademie 2018 in der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen: Nachhaltigkeit – ein essentieller Bestandteil der Geschäftspolitik EBuSti auf Informationsreise in Südafrika: Besuch im Land der Farben und Kontraste Hochschule der Sparkassen-Finanzgruppe: 132 Nachwuchskräfte für ihre Mühen belohnt Publikationen 39 5
Das aktuelle Interview Bedeutung wie Risiken sind rasant gestiegen Interview mit Professor Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider, Direktor des Instituts für internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Das Kapitalmarktrecht hat Mülbert hinzugekommen. Der Kommentar hat heute in den vergangenen 3426 Seiten. Aus welchem Grund – und vor allem: Jahren an Bedeutung Weshalb hat sich der Charakter des Kommentars gewonnen. Wie sehen und grundlegend verändert? Im Wertpapierhandelsgesetz bewerten Sie die derzei- sind die ursprünglichen Regelungsbereiche heute nur tige Entwicklung auf noch in Teilen erhalten. Allerdings wurden weitere Teile europäischer Ebene? (Regelungsbereiche? TW) ergänzt. Wesentliche Teile, die bisher im Wertpapierhandelsgesetz geregelt Das Kapitalmarktrecht waren, wurden in Europäische Verordnungen über- ist ein junges, schnell führt. Der Kommentar enthält daher heute auch wachsendes Rechts- erstmals eine Kommentierung von fünf europäischen gebiet, das in den letzten Jahren in der Tat große Verordnungen und damit Kommentierungen zu praktische Bedeutung für den Kapitalmarkt, für die Quellen des europäischen Kapitalmarktrechts. Im Kreditinstitute, für die Unternehmensfinanzierung und Einzelnen sind das die Marktmissbrauchsverordnung, für die Anleger gewonnen hat. Sein Umfang hat die Verordnung über Märkte für Finanzinstrumente erheblich zugenommen, die Beratung ist gefordert (MiFIR), die PRIIP-Verordnung, nämlich die Verordnung – aber die Übersichtlichkeit ist verloren. Die Risiken über Basisinformationsblätter für verpackte Anlagepro- fehlerhafter Anwendung sind gewachsen, etwa bei dukte für Kleinanleger und Versicherungsanlagepro- unterlassener Ad-hoc-Meldung, dabei können die dukte, die Leerverkaufsverordnung und die Verordnung Folgen fehlerhafter Anwendung dramatisch sein. über OTC-Derivate (EMIR). Im Zusammenhang mit diesen Verordnungen wurden die Delegierten Verord- Nachzeichnen lässt sich diese Entwicklung durch den nungen und Durchführungsverordnungen kommen- Umfang eines jüngst vorgelegten Kommentars zum tiert. Hinzu kommen die vielfältigen Verlautbarungen Wertpapierhandelsrecht. Das „Gesetz über den Wert- der ESMA, also der Europäischen Wertpapier- und papierhandel und zur Änderung börsenrechtlicher und Marktaufsichtsbehörde. Das alles hat zum Anwachsen wertpapierrechtlicher Vorschriften“, nämlich das des Kommentars letztlich des deutschen und europäi- Zweite Finanzmarktförderungsgesetz, als Grundgesetz schen Kapitalmarktrechts geführt – aber auch zu einer des Kapitalmarkts bezeichnet, wurde am 30. Juli 1994 unschönen Unübersichtlichkeit des Regelwerkes. im Bundesgesetzblatt verkündet. Das Gesetz regelt das Funktionieren der Finanzmärkte und den Schutz des Kapitalanlegers. Es diente unter anderem der Umset- „Liste von Verboten und zung der EG-Insider-Richtlinie, der EG-Transparenz- Geboten erschreckend“ Richtlinie sowie Teilen der EG-Wertpapierdienstleis- tungs-Richtlinie. Der von Professor Assmann und mir Wie schätzen Sie die Bedeutung der nationalen Rechts- herausgegebene Kommentar hatte 652 Seiten. setzung gegenüber europäischen Regelungen ein? In diesen Tagen erschien die siebte Auflage dieses Wesentliche Teile der Regelungen des Kapitalmarkt- Kommentars. Als Mitherausgeber ist Professor Peter O. rechts sind – noch – im nationalen Recht verblieben. 6
Das aktuelle Interview Dazu gehören die Regelungen zu den Aufgaben und Um auf die Frage zurückzukommen: Ja, ein großer Teil den allgemeinen Befugnissen der BaFin, zur Offen- des Kapitalmarktrechts ist heute in europäischen legung bei wesentlichen Beteiligungen, zu den Ver- Verordnungen geregelt. Diese Verordnungen enthalten haltenspflichten, Organisations- und Transparenzpflich- unmittelbar in den Mitgliedstaaten anwendbares ten der Wertpapierdienstleistungsunternehmen, zur Recht. Soweit nationales Recht verblieben ist, ist dies Haftung für falsche und unterlassene Kapitalmarkt- weitgehend Richtlinienrecht, also nationales Recht, information, zu Finanztermingeschäften, zur Überwa- das auf europäische Richtlinien zurückgeht. chung von Unternehmensabschlüssen und zur Ver- öffentlichung von Finanzberichten. Die Folge ist, dass sich insoweit auch die Kommentierung zwar auf deut- „Differenzierung in sches Recht bezieht, es sich dabei aber insoweit um hohem Maße begründet“ europäisches Richtlinienrecht handelt, das in nationa- les Recht umgesetzt wurde. Das hat auch Auswirkungen Inwieweit sehen Sie hier denn noch den Grundsatz der auf die Auslegung und Anwendung der Vorschriften; Proportionalität gewahrt? denn sie sind richtlinienkonform auszulegen. Artikel 5 Absatz 1 Satz 2 EU-Vertrag lautet: „Für die Ausübung der Zuständigkeiten der Union gelten die Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßig- keit.“ In Artikel 5 Absatz 4 EU-Vertrag wird definiert: „Nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gehen die Maßnahmen der Union inhaltlich wie formal nicht über das zur Erreichung der Ziele der Verträge erfor- derliche Maß hinaus. Die Organe der Union wenden den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nach dem Protokoll über die Anwendung der Grundsätze der Subsidiarität und der Verhältnismäßigkeit an.“ Anders formuliert: EG-Rechtsakte dürfen nicht über das zur Erreichung ihres angestrebten Zieles angemessene und erforderliche Maß hinausgehen. Das Protokoll über die Grundsätze der Subsidiarität und der Proportionali- Weiter fleißig bei der Kreation neuer Gesetze und Verordnungen: tät, das dem Vertrag von Lissabon angehängt ist, Die Mitglieder der Europäischen Kommission in Brüssel. konkretisiert diese Regelung. Danach müssen Kosten Foto: Etienne Ansotte/EU-Kommission und bürokratischer Aufwand der EU – der nationalen, regionalen und lokalen Behörden bei allen Handlungen Wachsende Bedeutung haben in diesem Zusammen- der EU – so gering wie möglich gehalten werden. hang auch die strafrechtlichen und bußgeldrechtlichen Demnach soll ein System geschaffen werden, das den Vorschriften erlangt. Die Lektüre ist erschreckend. Der kleinstmöglichen Eingriff bevorzugt. Abdruck von Paragraph 120 WpHG nimmt in dem Kommentar 19 Seiten ein! Mit der großen Zahl an Was bedeutet das nun für die europäische Gesetz- Unrechtstatbeständen bedroht der Gesetzgeber Ver- gebung und die europäische Aufsicht im Kapitalmarkt- stöße gegen Gebote und Verbote des Wertpapierhan- recht? delsgesetzes und gegen die europäischen Verordnun- gen im Kapitalmarktrecht mit Geldbußen. Hinzu kommt: In der aktuellen Diskussion geht es um die Erleichte- Das Kreditwesengesetz und das Börsengesetz enthalten rung aufsichtsrechtlicher Anforderungen gegenüber weitergehende Bußgeldkataloge. Der Hintergrund wird mittelständischen Instituten. Kreditinstitute müssen verständlich, wenn man berücksichtigt, dass die europä- sich seit Beginn der Finanzmarktkrise mit einer schnell ischen Rechtsakte in der Regel vorsehen, dass Verstöße wachsenden Regulierung abfinden. Dabei werden in unbeschadet strafrechtlicher Sanktionen mit angemes- der Regel alle Institute gleich behandelt, obwohl es in senen verwaltungsrechtlichen Sanktionen geahndet der Praxis erhebliche Unterschiede gibt und die werden müssen. Zumindest müssen den Behörden mittelständischen Institute unverhältnismäßig belastet Bußgeldsanktionen an die Hand gegeben werden. werden. Im Frühjahr 2016 hat daher der Bundesfinanz- Damit vollzieht sich im Kapitalmarktrecht eine Entwick- minister aufsichtsrechtliche Erleichterungen für lung, die im Kartellrecht längst Praxis ist, nämlich hohe mittelständische, weniger komplexe Institute gefor- Bußgelder und hohes Abschreckungspotential. dert. Seither wird von Politik, Aufsicht, Industrie und 7
Das aktuelle Interview Wissenschaft intensiv diskutiert, wie die Regulierung Wer sich dies vor Augen führt, muss sich zunächst mittelständischer Institute mit erleichterten Regelun- vergegenwärtigen, dass es gerade im europäischen gen und Anforderungen aussehen könnte. Plakativ Bereich besonders wichtig ist, dass die Wirklichkeit in geht es um die „small banking box“. Gedacht ist dabei den Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich ist und in erster Linie an vereinfachte Regeln im operativen deshalb genaue Information des Gesetzgebers erfor- Bereich und weniger an eine Senkung der Kapital- und dern. Die Bankenlandschaft in Deutschland ist eben Liquiditätsanforderungen. Solche Forderungen sind in anders als die Bankenlandschaft in Schweden oder hohem Maße begründet. Italien. Das verlangt hohe persönliche Präsenz in Brüssel und Straßburg – aber auch in Basel, wo die Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gilt auch für die Vorarbeiten geleistet werden. Aufsicht. Exemplarisch dazu heißt es etwa in den Leitlinien der Europäischen Bankenaufsichtsbehörde Dies vorausgesetzt sollte man sich vergegenwärtigen, zu den Baseler Offenlegungsanforderungen vom dass Brüssel eine Stadt der Expertengruppen ist. Januar 2015, Inhalt der Leitlinien seien sämtliche Das gilt gerade auch für den Bereich der „financial aktuellen Baseler Offenlegungselemente mit Ausnah- regulation“. Die Europäische Kommission hat in einer me der Anforderungen an die Verbriefung. Die Leitlinie Liste, die den Bank- und Kapitalmarktbereich betrifft, gelte sowohl für alle als global signifikant eingestuften alle Expertengruppen zusammengestellt und dabei Kreditinstitute, als auch für andere signifikante Ban- drei größere Gruppen unterschieden. Allein die erste ken. Gleichwohl obliege es den nationalen Aufsehern, Gruppe hat 16 Expertengruppen, die alle unterschied- die Offenlegungsanforderungen auch von den anderen liche Aufgaben haben, unterschiedlich zusammen- Kreditinstituten zu verlangen. Hierbei sollten sie aber gesetzt sind, unterschiedlich häufig tagen und unter- den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit anwenden, schiedlich großen Einfluss auf die europäische nach denen bei kleineren und wenig komplexen Gesetzgebung haben. Zu nennen sind etwa die Expert Instituten einzelne Anforderungen gelockert werden Group on Banking, Payments and Insurance, die können. High-Level Expert Group on Sustainable Finance, die Expert Group of the European Security Committee und andere. Nur wer für Mitgliedschaft in diesen Experten- „Gesetzgebung weiter in gruppen sorgt, kann seine Anliegen vortragen. Ob sie ungedrosseltem Tempo!“ gehört werden, ist eine andere Frage. Die Erfahrungen sind höchst unterschiedlich. Kann aus Ihrer Sicht die deutsche Kreditwirtschaft im aktuellen Umfeld ihre Interessen in Brüssel noch ausreichend vertreten und wenn ja, in welchem Rahmen „Brüssel macht keine Freude, und Umfang? wirklich keine Freude!“ Die Gesetzgebungsarbeit geht in Brüssel entgegen allen früheren Beteuerungen in ungedrosselter Ge- Und dabei kann man gelegentlich ernsthaft verzwei- schwindigkeit weiter. Gearbeitet wird an einem Re- feln. Exemplarisch ist die Diskussion über die so view–Package, an Änderungen der CRR, an der CRD IV genannte Europäische Einlagensicherung. Aus der und an der BRMD. Es geht um Basel IV, eine Überarbei- Bundesrepublik Deutschland wurden von unterschied- tung des Europäischen Finanzaufsichtssystems, um lichen Ebenen, aus der Politik, von der Kreditwirtschaft, einen Vorschlag für eine Verordnung über Aufsichtsan- den Verbraucherverbänden und nicht zuletzt von der forderungen an Wertpapierfirmen, das EMIR–Review I Wissenschaft, schwere Zweifel an einer europäischen und II und die Kapitalmarktunion. Da ist die gestellte Einlagesicherung vorgetragen. Man hat den Eindruck, Frage mehr als berechtigt. dass dies an der Wirklichkeit in Brüssel völlig vorbei- geht und dort weitergearbeitet wird an einem System, Der Einfluss auf die Gesetzgebungsarbeit vollzieht sich das zu einer Haftungsunion führt. Da kommen schwere auf vielen Ebenen, nämlich durch Anhörungen, durch Zweifel auf, ob man in Brüssel gehört wird. Das macht die Teilnahme an Expertengruppen, die die Kommis- keine Freude, wirklich keine Freude. sion und das Parlament beraten, durch Einfluss auf die Massenmedien und nicht zuletzt durch das sehr Wir bedanken uns herzlich für dieses Gespräch wichtige persönliche Gespräch mit den Mitarbeitern der Kommission. 8
Gremien Kuratoriumssitzung 2018 fand in Berlin statt Auf Einladung der Berliner Spar- kasse fand am 5. Oktober 2018 die 66. Sitzung des Kuratoriums der Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e. V. unter Leitung von Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis, Geschäfts- führendes Vorstandsmitglied des DSGV, in Berlin statt. Im zurückliegenden Jahr wurde über die Umstellung des Corporate Design, Internet, Broschüren etc., der Wissenschaftsförderung sowie der Eberle-Butschkau- Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis leitete die 66. Kuratoriumssitzung Stiftung berichtet. Diese Neuerungen sind inzwischen der Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e. V. erfolgreich zum Abschluss gebracht worden. mit welcher Dynamik Veränderungen im Zahlungsver- Immer wieder in der Diskussion ist auch die Frage nach kehr stattfinden. Die Ergebnisse dieser Untersuchung der Einbindung außeruniversitärer Kooperations- sind in einer Broschüre öffentlich zugänglich. partner. Mit dem DIW Berlin (Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung) sind bereits einige Projekte Ein anderes interessantes Forschungsvorhaben be- vereinbart worden. Außerdem ist die Vergabe eines arbeitete Professor Dr. Jörn Block, Universität Trier, Forschungsvorhabens an die Fraunhofer-Gesellschaft unter dem Titel „Finanzierung von europäischen in Vorbereitung. Diesem Handlungsfeld wird auch in kleinen und mittelständischen Unternehmen: Muster, Zukunft hohe Aufmerksamkeit geschenkt werden. Determinanten und Dynamiken im Zeitablauf“. Es wurden Muster in der KMU-Finanzierung auf Basis Mit Blick auf die Zukunft wird ein Schwerpunkt der neuer Daten identifiziert, die der SAFE Survey auf Arbeit des Vorstands und der Geschäftsführung des europäischer Ebene bereitstellt. Dieser umfasst derzeit Vereins darin liegen, die Organisationsform der ungefähr 17.000 Unternehmen in 30 Ländern in Wissenschaftsförderung zeitgemäß anzupassen. Europa. Gemeinsam mit mehreren wissenschaftlichen Einrichtungen und der Europäischen Sparkassenverei- nigung hat die Wissenschaftsförderung am 10. Oktober Ausgewählte Projekte 2017 in Brüssel einen Workshop zum Thema „Mittel- standsfinanzierung in Europa“ durchgeführt, in dem Die Vorstandsvorsitzende des Vereins, Pia Jankowski, die Ergebnisse des Vorhabens präsentiert und disku- erläuterte eingangs den Stand der geförderten Vorhaben. tiert wurden. Das Forschungsvorhaben „Erfolgsperspektiven von Eine sehr praxisorientierte Untersuchung zum Thema Zahlungsverkehrsinnovationen in einer digitalen Welt“ „Mobile Geschäftsstellen im Sparkassensystem – eine von Professor Dr. Dirk Schiereck von der Technischen wirtschaftsgeografische Analyse ihrer Einsatzmöglich- Universität Darmstadt ist besonders auf Anbieter keiten und Erfolgsfaktoren“ führte Professor Dr. Rudolf digitaler Produktinnovationen ausgerichtet und zeigt, Juchelka, Universität Duisburg-Essen, durch. Als 9
Gremien Nutzen dieses Forschungsvorhabens ergeben sich werden. Des Weiteren habe das gemeinsame Stipen- Optimierungspotenziale für die Sparkassen, die bereits dienprogramm mit der Stiftung für internationale über mobile Geschäftsstellen verfügen oder deren Kooperation für die Teilnehmer wertvolle Erfahrungen Einsatz planen. Professor Juchelka trug die Kern- gebracht und die Stiftung vor Ort unterstützt. ergebnisse seiner Untersuchung am Ende dieser Kuratoriumssitzung vor. Der Direktor des Forschungszentrums für Sparkassen- entwicklung e.V. an der Universität Magdeburg, Pro- fessor Dr. Peter Reichling, berichtete vom 11. Magde- Projekte in Bearbeitung burger Finanzmarktdialog am 14. Juni 2018 unter dem Thema „Finanzielle Bildung – Investition in die Kund- Professor Dr. Lukas Menkhoff, Humboldt-Universität schaft von morgen“. Auch in diesem Jahr konnten Berlin / DIW, beschäftigt sich in seinem Forschungsvor- wiederum hochrangige Referenten gewonnen werden. haben „Finanzielle Bildung: Maßnahmen, Erfahrungen, Darüber hinaus waren die Direktoren des Forschungs- Evaluierung und Ausblick“ vorrangig mit der Frage, wie zentrums in verschiedenen Veranstaltungen und finanzielle Bildung effizienter gestaltet werden kann. Arbeitsgruppen des öffentlich-rechtlichen Finanz- Dies soll auf Grundlage einer Meta-Analyse bereits sektors präsent. vorhandener internationaler empirischer Studien erfolgen. Für das Institut Mainz teilte Professor Dr. Peter O. Mülbert mit, dass Professor Dr. Dirk Verse die Univer- Professor Dr. Dorothea Schäfer, DIW Berlin und Jön- sität in Richtung Heidelberg verlassen hat, wo er ab köping International Business School, forscht unter dem Wintersemester 2018/19 einen Lehrstuhl für dem Titel „Die Bedeutung von Institutsvielfalt für Bürgerliches Recht übernommen hat. Er selbst nahm Bankensektorstabilisierung und KMU-Finanzierung“ zu an der Gründungsveranstaltung des Munich Center for einem Thema, das bislang wissenschaftlich noch nicht Capital Law, das an der LMU angesiedelt ist, teil. ausführlich behandelt worden ist. Es sollen jene Faktoren identifiziert werden, die von Institutsvielfalt Ergänzend äußerte Professor Dr. Dr. h. c. Uwe H. auf die Stabilität und Leistungsfähigkeit des Banken- Schneider seine große Sorge über die zunehmende sektors in der KMU-Finanzierung ausgehen. Verbreitung von Codizes und Leitlinien, insbesondere durch die nationalen und europäischen Aufsichts- behörden. Diese Regelungsmethode sei stark prozess- Institutionelle Partner und orientiert, und in den meisten Fällen nicht juristisch unterlegt. Es handele sich dabei um eine Form von Untergremien Rechtspolitik, deren Beeinflussung am ehesten durch Für den Arbeitskreis Sparkassengeschichte bedankte Kommunikation mit Rechtspolitikern, Richtern und sich Professor Dr. Günter Schulz bei Dr. Wilhelm zielgerichtete wissenschaftliche Arbeit gewährleistet Kraetschmer vom Österreichischen Sparkassenverband werden könne. für eine Einladung zu einem Workshop „Financial Literacy“ nach Wien im kommenden Jahr. In diesem Zusammenhang plädierte er dafür, von „finanzieller Zuwahlen in die Gremien Aufklärung“ zu sprechen, weil das viel eher den An- spruch von Financial Literacy deutlich mache. Zudem Der Kuratoriumsausschuss für Aufgaben der Eberle- stellte er heraus, wie wichtig es sei, sich mit wirt- Butschkau-Stiftung hat einen Neuzugang zu ver- schaftshistorischen Fragestellungen zu beschäftigen. zeichnen. Björn Gribbe, stv. Direktor Personal bei der Diese gäben in vergleichender Perspektive oft ein Landessparkasse zu Oldenburg, wurde vom Kuratorium gutes analytisches Raster für Gegenwartsphänomene einstimmig bestellt. ab. Für den Kuratoriumsausschuss für Aufgaben der Wissenschaftliche Tagungen Eberle-Butschkau-Stiftung berichtete Klaus Krummrich in Vertretung des Vorsitzenden, dass die Zahl von Als die jährliche Hauptveranstaltung des Vereins Anmeldungen für das Kolleg im Wintersemester eröffnete im Sommer 2018 der Bonner Akademische 2018/19 merklich anstieg und klar über den Zahlen der Sommer den Teilnehmern aus der Praxis und der Vorjahre liegt. Ferner solle die Positionierung des Wissenschaft die Möglichkeit, sich auch über rein Kollegs als Mittler digitalen Wandels unterstrichen kreditwirtschaftliche Themen hinaus mit neuen wissen- 10
Gremien schaftlichen Erkenntnissen auseinanderzusetzen. Er 20. bis 22. September 2018 in Trier. Bei dieser Ver- wird von der Wissenschaftsförderung der Sparkassen- anstaltung wurde der Doktorandenpreis der Wissen- Finanzgruppe e. V. in Kooperation mit der Manage- schaftsförderung überreicht. Bei der DGF handelt es ment-Akademie der Sparkassen-Finanzgruppe, dem sich um die bedeutendste wissenschaftliche Vereini- Lehrinstitut und der Hochschule der Sparkassen- gung nahezu aller deutschsprachigen Wirtschafts- Finanzgruppe – University of Applied Sciences –, Bonn, wissenschaftler, die zu Themen des Banken- und ausgerichtet. Finanzsystems forschen. Auf Einladung der Berliner Sparkasse fand am 6. Sep- tember 2018 der Sparkassenhistorische Workshop Wissenschafts-Netzwerk zum „Wendezeiten. Sparkassen in historischen Umbrüchen Nutzen der Sparkassen ausbauen am Beispiel Berlins“ statt. In mehreren Vorträgen und einem Zeitzeugengespräch wurden bei dieser Tagung Die Wissenschaftsförderung hat in diesem Jahr anläss- entscheidende Epochen der Berliner Sparkassen- lich des 22. G-Forums am 11. Oktober 2018 in Stuttgart geschichte beleuchtet. bereits zum zehnten Mal den Entrepreneurship Re- search Newcomer Award übergeben. Das G-Forum ist Die Wissenschaftsförderung und der Deutsche Spar- die Jahrestagung des FGF, Förderkreis Gründungs- kassen- und Giroverband beteiligten sich beratend und forschung. Von dieser Einrichtung gehen wichtige als Leihgeber an der Vorbereitung der Ausstellung Impulse für Mittelstand und innovative Unternehmen „Sparen. Geschichte einer deutschen Tugend“ im aus. Aus diesem Grund wird dieser Verein von der Deutschen Historischen Museum Berlin. Sie wurde Wissenschaftsförderung finanziell unterstützt. am 22. März 2018 eröffnet und lief bis zum 4. Novem- ber 2018. Die Ausstellung stieß weit über Deutschland Als Daueraufgabe der Wissenschaftsförderung in hinaus auf großes Interesse und wurde von Besuchern diesem Bereich gilt es nach wie vor, das Netzwerk mit rege frequentiert. Wissenschaftlern auszubauen, die für Fragestellungen der Sparkassen-Finanzgruppe Interesse zeigen. Ein weiteres Highlight war die 25. Jahreskonferenz der DGF, Deutsche Gesellschaft für Finanzwirtschaft, vom Gregor Mauer Schleweis in den Vorstand des Stifterverbandes gewählt Helmut Schleweis, Präsident des Deutschen Spar- kassen- und Giroverbandes (DSGV), ist am 24. Mai 2018 in den Vorstand des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft e. V., gewählt worden. Der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft e. V. ist eine Gemeinschaftsinitiative von Unterneh- men und Stiftungen, die als einzige ganzheitlich in den Bereichen Bildung, Wissenschaft und Innovation berät, vernetzt und fördert. Er verkörpert seit 1920 die gemeinsame Verantwortung der deutschen Unternehmen für eine zukunftsfähige und lebens- werte Gesellschaft. DAX-Konzerne, Mittelständler, Unternehmensverbände, Stifter und engagierte Privatpersonen. Rund 3000 Mitglieder haben sich im Stifterverband zusammengeschlossen und bilden Zivilgesellschaft. Über den Deutschen Sparkassen- den Nukleus eines in Deutschland einzigartigen und Giroverband ist die Sparkassen-Finanzgruppe Netzwerks aus Wirtschaft, Wissenschaft, Politik und Förderer dieser Einrichtung. 11
Wissenschaft vor Ort Mit Wissen die Zukunft meistern und gestalten Wie kann in einer Zeit des rasanten digitalen Wandels und großer politi- scher und gesell- schaftlicher Heraus- forderungen die Zukunft der Spar- kassen aktiv gestaltet werden? Diese Fragen standen im Mittelpunkt des 13. Bonner Akademischen Sommers. Um darauf Antworten zu finden, Vor allem die von der EU ange- hatte die Wissenschaftsförderung strebte Zentralisierung der Ein- der Sparkassen-Finanzgruppe lagensicherung mit einer Verge- renommierte Referenten aus dem meinschaftung der finanziellen Bereich der Wissenschaft und Sicherungs-Ressourcen (EDIS) Forschung nach Bonn eingeladen. brenne den Sparkassen auf den Nägeln. Denn ein Zugewinn an Prägende Themen waren die Finanzstabilität und Sicherheit für Herausforderungen des digitalen die Kunden könne aus diesen Umbruchs im Arbeitsalltag, die Plänen nicht erwachsen. Vielmehr Auswirkungen des sich wandeln- sei zu befürchten, dass hier „ein den Kundenverhaltens auf die weiterer zwischenstaatlicher Geschäftsabläufe sowie der Transferkanal“ geschaffen werde, Einfluss des demographischen der zu neuen europaweiten Ver- Wandels auf das Angebot der teilungsdebatten führen könne. Sparkassen im Vorsorgebereich. Würden die bewährten Instituts- Diese Veränderungen seien in eine sicherungssysteme der Sparkassen brisante politische Diskussion und Genossenschaftsbanken eingebettet, erläuterte das Ge- ausgehöhlt, hätte das aus Sicht von schäftsführende Vorstandsmitglied Schackmann-Fallis weitreichende des Deutschen Sparkassen- und negative Auswirkungen auf das „Das Vertrauen der Kunden in Spar- Giroverbandes, Dr. Karl-Peter Vertrauen der Kunden und die kassen darf nicht ausgehöhlt werden“, warnte DSGV-Geschäftsführer Schackmann-Fallis, in seiner Investitionsbereitschaft der Dr. Karl-Peter Schackmann-Fallis. Begrüßungsrede. Realwirtschaft. 12
Wissenschaft vor Ort Mit Spannung und großer Aufmerksamkeit verfolgten Die Ungleichgewichte in den die erneut zahlreichen Gäste des Bonner Akademischen Sommers Außenhandelsbilanzen thematisierte die hochkarätig besetzten Vorträge und Diskussionsforen. Professor Dr. Horst Gischer. Dass sich inzwischen eine zunehmend breite institu- „Neuvermessung der Welt“, in der industrielle Wert- tionelle und politische Phalanx gegen die Pläne der schöpfungsketten durch digitale Plattformen ersetzt Einlagensicherungs-Vergemeinschaftung organisiert, werden, sei mit Beharrungskräften und Ängsten sah der DSGV-Geschäftsführer als positives Zeichen. verbunden. Ihnen solle und müsse mit intelligenten Die Diskussion könne dadurch noch in eine Richtung gesellschaftlichen und unternehmerischen Strategien gelenkt werden, die den Interessen der deutschen und Konzepten begegnet werden. Kreditinstitute und deren Kunden gerecht werde. Wie einigen Herausforderungen in Fundamentale Veränderungen der Sparkassenpraxis begegnet benötigen fundierte Antworten. werden kann, wurde in drei ver- Darauf verwies Professor Dr. tiefenden Forenrunden zu den Henning Vöpel, Direktor des Themen „Mobile Geschäftsstellen Hamburgischen Weltwirtschafts- im Sparkassensystem“, „Mobiles Instituts und Professor an der Arbeiten im Zeitalter der Digitali- Hamburg School of Business sierung“ und „Digitale Anforderun- Administration, in seinen Betrach- gen im Firmenkundengeschäft“ tungen zum Einfluss der Digitali- diskutiert. sierung auf die gesellschaftliche und wirtschaftliche Entwicklung. In Dienstleistungen und Produkte in der Digitalisierung erblickte er den einer digitalisierten Welt pass- „größten Strukturbruch“ seit dem genau auf die individuellen Kun- Eintritt in die Industriegesellschaft denbedürfnisse zuzuschneiden sei vor 150 Jahren“. Die „digitale eine wesentliche Voraussetzung für Revolution“ biete neue technische einen nachhaltigen unternehmeri- Möglichkeiten, bedeute zugleich schen Zukunftserfolg, so Professor aber auch eine Disruption etablier- Dr. Isabell Welpe von der TU ter Strukturen, die sowohl die München in ihrem Vortrag zu Gesellschaft als auch Unternehmen Digitalisierung und Disruption. und Kreditinstitute vor extreme Die „digitale Revolution“ meistern, Darin zeigte sie auf, welche digita- Herausforderungen stelle. Diese forderte Professor Dr. Henning Vöpel. len und personellen Strategien 13
Wissenschaft vor Ort erfolgreiche Unternehmen wie Netflix und Amazon anwenden, um den veränderten Marktansprüchen gerecht zu werden. Die Förderung von Kreativität und die Stärkung der persönlichen Mitarbeiterfähigkeiten durch neue Formen der Unternehmensführung sowie die Nutzung innovativer Technologien wie Blockchain stellen für Welpe die wichtigsten Voraussetzungen für den nachhaltigen unternehmerischen Erfolg bei einer immer individuelleren Nachfragestruktur dar. Auf das brisante Thema einer ausreichenden Alters- vorsorge in einem schwierigen Finanzmarktumfeld ging Professor Dr. Thomas Langer von der Universität Münster ein. Er gab den Impuls zu einer Diskussions- runde. In ihr ging es darum, wie die Vorsorgebranche ihre Kunden über die Herausforderungen bei der privaten Zusatzvorsorge in Zeiten von Niedrigzins und zunehmender Inflation aufklären kann. Die Diskutanten Frank Dehnke, Vorstandsvorsitzender der Stadtspar- kasse Remscheid, und Dr. Ulrich Neugebauer von der Deka Investment GmbH waren sich einig, dass fundier- Zeigte das Geheimnis erfolgreicher digitaler und personeller Strategien in einem viel beachteten te Beratung und neutrale Aufklärung die Schlüssel- Vortrag auf: Professor Dr. Isabell Welpe. elemente für eine ausreichende Altersabsicherung darstellen. Die These der „Zukunft Europas als eine Republik“ stellte Professor Dr. Ulrike Guérot von der Donau- Universität Krems zur Diskussion. Auf die aktuelle Diskussion um die Ungleichgewichte in den Außen- handelsbilanzen ging Professor Dr. Horst Gischer, Direktor des Zentrums für Sparkassenentwicklung Magdeburg, ein. Abgerundet wurde das Tagungs- programm mit Erkenntnissen der Hirnforschung über ökonomisches Entscheidungsverhalten, die Professor Dr. med. Christian Elger von der Universitätsklinik Bonn den Teilnehmern näher brachte. Das hochkarätige Vortragsprogramm und die regen Diskussionen untermauerten das Plädoyer von DSGV- Geschäftsführer Dr. Schackmann-Fallis für eine ver- stärkte Kooperation zwischen Wissenschaft und unternehmerischer Praxis, wie sie exemplarisch von der Wissenschaftsförderung e. V. zum Nutzen der Sparkassen-Finanzgruppe praktiziert wird. Juliane Clegg Die Zukunft Europas aktiv gestalten, dazu rief Professor Dr. Ulrike Guérot auf. 14
Wissenschaft vor Ort Entrepreneurship Research Newcomer Award geht nach Aachen Zexiong Yan, Steffen Strese und Constanze Chwallek wurden am 11. Oktober in Stuttgart als Preisträger 2018 ausgezeichnet Für die englischsprachige Arbeit „Explorer CEOs: The effect of CEO career variety on large firms’ relative exploration orientation“ erhielten Zexiong Yan und Ass. Professor Dr. Steffen Strese, beide RWTH Aachen, sowie Professor Dr. Constanze Chwallek, Fachhochschule Aachen, auf der 22. Interdisziplinären Jahreskonferenz zu Entrepreneurship, Innovation und Mittelstand (G-Fo- rum) am 11. Oktober in Stuttgart den „Entrepreneurship Research Newcomer Award 2018“. Der mit 1000 Euro Professor Dr. Christoph Stöckmann von der Privatuniversität Schloss Seeburg (rechts) und Gregor Mauer von der Wissenschaftsförderung dotierte und von der Wissenschaftsförderung der der Sparkassen-Finanzgruppe überreichten den Preis an Constanze Sparkassen-Finanzgruppe e.V. bereits zum zehnten Mal Chwallek, die ihn stellvertretend für das Autorenteam entgegen- ausgelobte Preis wurde auf der Abendveranstaltung des nahm. Foto: Felix Pilz Fotografie 22. G-Forums im Haus der Wirtschaft Baden-Württem- berg in Stuttgart durch Gregor Mauer von der Wissen- Dieser Effekt wird interessanterweise gemindert, wenn schaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e.V. Bonn sie mit sehr heterogenen oder in starkem Maße funk- sowie den Vorsitzenden der Jury, Professor Dr. Christoph tional organisierten Top-Management-Teams zusam- Stöckmann von der Privatuniversität Schloss Seeburg, menarbeiten. Die Studie unterstreicht die Bedeutung, an Constanze Chwallek überreicht, die ihn stellver- die der Auswahl von CEOs und der Besetzung von Top- tretend für das gesamte Autorenteam entgegennahm. Management-Teams zur Förderung explorativer, neu- artiger Innovationen beizumessen sind. Inhalt der Arbeit Die vom Autorenteam verfasste Studie thematisiert den Der Preis Einfluss der Karrierevielfalt von CEOs auf die Ausrich- Der themenoffene Preis richtet sich speziell an Dokto- tung des Unternehmens im Spannungsfeld zwischen randen, Habilitanden und Juniorprofessoren, die ein explorativen und exploitativen Innovationen. In der Full-Paper Referatsangebot bei der interdisziplinären vorliegenden Studie wird untersucht, wie sich das Jahreskonferenz zu Entrepreneurship, Innovation und Ausmaß an vielfältigen beruflichen Erfahrungen, die Mittelstand (G-Forum) einreichen. Die Preisträger wur- die Führungskräfte sammeln konnten, bevor sie CEOs den in einem zweistufigen Auswahlverfahren ermittelt. wurden, auf die relative Explorationsorientierung In der ersten Stufe wurden in diesem Jahr die sieben im großer börsennotierter Unternehmen auswirkt. Basie- Double-blind-Review am besten bewerteten wissen- rend auf quellenübergreifenden Sekundärdaten für schaftlichen Arbeiten von Nachwuchswissenschaftlern 318 im S&P 500 vertretenen Unternehmen wird nach- nominiert. Anschließend wählte eine Jury aus den gewiesen, dass sich die Karrierevielfalt von CEOs positiv nominierten Arbeiten die zu prämierende Arbeit aus. auf die relative Explorationsorientierung auswirkt. Gregor Mauer 15
Wissenschaft vor Ort Best Paper Award für Finance-Doktoranden verliehen Wie Namen Aktien Flügel verleihen können Für seine Untersuchungen der Gemeinsam mit dem Preisträger Pavel Lesnevski (Mitte) freuten sich Professor Dr. Erik Theissen, Schirmherr des Doktoranden- Auswirkungen von Spillover- seminars, sowie Klaus Krummrich von der Wissenschaftsförderung der Sparkassen-Finanzgruppe e.V. Effekten auf Aktienrenditen wurde Pavel Lesnevski von der Spillover-Effekte in Bezug auf die Aufmerksamkeit von Uni Mannheim ausgezeichnet. Kleinanlegern mit Aktien ähnlich benannter Unter- nehmen, die in der Folge zu einer übermäßigen Anlässlich der Jahrestagung 2018 der Deutschen Korrelation der Aktienrenditen führen. Dabei sind die Gesellschaft für Finanzwirtschaft (DGF) an der Univer- Spillover-Effekte umso stärker ausgeprägt, je mehr sich sität Trier hat die Wissenschaftsförderung der Spar- die Namen der Unternehmen ähneln. Das gilt auch für kassen-Finanzgruppe wieder einen Best Paper Award Tage mit stärkeren Nachrichten. Aktienkurse reagieren für Finance-Doktoranden gefördert. Der Preis wurde auf Nachrichten von ähnlich benannten Unternehmen von Professor Dr. Erik Theissen von der Universität und kehren nach 40 Tagen zu ihrem Ausganskurs Mannheim, dem Schirmherrn des Doktorandensemi- zurück. nars, an den Preisträger Pavel Lesnevski (ebenfalls Universität Mannheim) im Beisein von Klaus Krumm- Der daraus resultierende Überschuss in Korrelation rich von der Wissenschaftsförderung der Sparkassen- der Renditen macht wirtschaftlich bedeutungsvolle Finanzgruppe überreicht. zehn Prozent der durchschnittlichen Korrelation aus. Er ist stärker quantifizierbar bei jüngeren Aktien mit einem größeren Privatanlegerbesitz und höheren Namensähnlichkeit Arbitragebeschränkungen. Eine Analyse von Ände- fördert Korrelationseffekt rungen des Firmennamens unterstützt die kausale Interpretation der Ergebnisse. Insgesamt lässt sich In seinem Arbeitspapier hat Pavel Lesnevski die feststellen, dass diese Studie eine Verhaltensver- Auswirkungen von Spillover-Effekten im Aktienmarkt zerrung identifiziert, die sich signifikant auf die analysiert. Dieses Arbeitspapier dokumentiert starke Korrelation der Aktienrenditen auswirkt. 16
Aus der Forschung Management Summary – Von der Bargeldzahlung zur digitalen Transaktion Eine Studie beleuchtet die formation : Autorenin S c hiereck Zukunft des Bezahlens im s o r D r. Dirk Pro fe s hls für h ab e r d es Lehrstu Zeitalter der Digitalisierung. ist In nzierung mensfina Unterneh n chnische an der Te s tadt Die Studie von Professor Dr. Dirk Schiereck präsentiert ät Darm Universit - eine Momentaufnahme zum Stand der digitalen Trans- k@bwl.tu (schierec formation im Bereich der Bezahlformen und Zahlungs- t.de). darmstad dienste am Anfang des Jahres 2018. Jede derartige Zustandsbeschreibung in einem Umfeld höchster Dynamik, das jetzt durch die Aufnahme der Wirecard AG ten erläutert. Dabei zeigt sich dann auch, was passie- in den DAX eine weit sichtbare Dokumentation erfährt, ren muss, um dieses Nutzungsverhalten allgemein zu wird zwar sofort im Detail unscharf. Aber jeder Leser, ändern, wer unter einem solchen Wandel besonders der sich nicht tagtäglich mit Innovationen bei Digital leidet und wie das Verhalten in Deutschland internatio- Payments befasst, erhält hier einen kompakten, facet- nal einzuordnen ist. tenreichen Überblick von immer noch sehr hoher Aktua- lität und Detailtiefe, die es ermöglicht, schnell ein Um die empirische Evidenz theoretisch zu unterlegen, gutes Grundverständnis zu den heutigen Herausforde- wird eine Einordnung in das theoretische Konzept der rungen im Bereich der Zahlungsdienste zu erlangen. mehrseitigen Märkte geboten. Netzwerkeffekte und die Bedeutung der Preissetzung werden erläutert und es wird gezeigt, dass trotz der Netzwerkeffekte nicht unbedingt von einer dauerhaften Dominanz der heute größten Anbieter ausgegangen werden muss, weil Zahlungsdienste mit ihren niedrigen Multi-Homing Costs bei unterschiedlicher Ausgestaltung einzelner Kriterien starke Nachfrageänderungen erfahren kön- nen, wenn sich die beigemessene Bedeutung wesent- licher Funktionalitäten im Zeitablauf kritisch wandelt. Ferner werden wesentliche Trends im Markt für Digital Im digitalen Zeitalter ändert sich auch das Zahlungsverhalten. Payments erläutert. Gemäß aktueller Studien gewinnen Foto: DSGV die Services von Fintechs in Deutschland sehr schnell Wer die Nutzung digitaler Bezahlformen verstehen will, an Akzeptanz, und 35 Prozent der deutschen Internet- muss sich zunächst mit dem Verhältnis zum Bargeld nutzer verwenden aktiv internetbasierte Finanzproduk- befassen. Während im Jahr 2017 der Bargeldanteil am te wie mobile Bezahlmethoden oder Online-Finanzie- Umsatz unter 50 Prozent sank, ist der Betrag, den ein rungen. Die Nutzung von Geldtransferservices und Bürger in Deutschland durchschnittlich an Bargeld mit Bezahlungen durch Nutzung eines Fintechs sind dabei sich führt, mit 105 Euro deutlich höher als in Griechen- am beliebtesten. Gerade jüngere und wohlhabendere land (80 Euro) oder Frankreich. In der Studie werden Menschen – und damit eine besonders attraktive die Motive der Bargeldpräferenz und die Vorbehalte Zielgruppe auch der Sparkassen – wenden sich Fin- gegenüber digitalen Innovationen bei Zahlungsdiens- techs für digitale Geldbewegungen zu. 17
Aus der Forschung Parallel zu einer steigenden Kundenakzeptanz sind Darüber hinaus wird die globale Dimension beschrie- die Eigenkapitalfinanzierungsmöglichkeiten für ben, die beim Aufbau von Zahlungsinfrastrukturen von Zahlungsinnovationen sehr günstig. Deutsche Apple, Google und Amazon, aber auch von Alibaba und Start-ups haben im ersten Halbjahr 2017 mehr Tencent zu beachten ist, und zudem auf die Zahlungs- Eigenkapital als jemals zuvor eingeworben. Fintechs verkehrsdienstleister wie Wirecard und Concardis und waren hierbei nach dem E-Commerce die zweit- ihre Services eingegangen, ohne die die Verbreitung bedeutendste Branche. Unterstützt wird diese digitaler Bezahlsysteme in der gegenwärtigen Ge- Entwicklung durch eine wachsende Bereitschaft zu schwindigkeit nicht möglich wäre. Engagements in Later-Stage-Finanzierungen, wobei auch der Anteil etablierter Unternehmen steigt, die Schließlich wird ein Überblick zu einigen absehbaren in disruptive Technologien und Geschäftsmodelle Trends zur weiteren Entwicklung des Marktes für investieren. Digital Payments als Ausblick gegeben. Jungen Menschen Chancen und Perspektiven bieten Ein wesentlicher Auftrag der Wissen- schaftsförderung der Sparkassen- Finanzgruppe besteht darin, den Dialog mit der Wissenschaft zu suchen, um den Wissenstransfer in die Sparkassen und Landesbanken zu ermöglichen. Den Wunsch junger Menschen nach Weiterbildung sollten die Sparkassen im eigenen Interesse fördern und unterstützen. Das Projekt „Beschäftigungsperspektiven für Bachelor- Die Sparkassen-Finanzgruppe hat zu entscheiden, ob Absolventen in der Sparkassen-Finanzgruppe“ wurde im und wie sie den zukünftigen, personellen Herausforde- Zeitraum von Juni 2014 bis Dezember 2016 als Koope- rungen begegnen möchte. Ein besonderes Interesse ration zwischen der Wissenschaftsförderung der Spar- besteht darin, interne Aus- und Weiterbildungsmög- kassen-Finanzgruppe und dem Magdeburger For- lichkeiten, im Speziellen das Angebot dualer Studien- schungszentrum für Sparkassenentwicklung realisiert. modelle, sowie den Einsatz von akademisch qualifizier- Motiviert war es durch den erwarteten personalwirt- ten Mitarbeitern in seiner Notwendigkeit und Wirkung schaftlichen Handlungsbedarf in der Sparkassen-Finanz- einzuordnen. gruppe. Dieser wird maßgeblich durch den demographi- schen Wandel und den Trend zur Akademisierung Basierend auf einer umfangreichen, empirischen verursacht. Studie zur vorherrschenden und zukünftigen Personal- 18
Aus der Forschung planungssituation, zum Meinungsbild von Vorständen und Personalleitern, Mitarbeitern sowie von Studieren- den und Alumni der Sparkassen-Bildungseinrichtun- gen wurden die zentralen Ergebnisse erarbeitet. Die Studie begründet folgende Aussagen zur zukünftigen Personalplanungssituation: b Ein erheblicher Anteil von Mitarbeitern mit Bache- lor oder höherem Abschluss wird Tätigkeiten ausführen, die auch ein Mitarbeiter ohne Bache- lorabschluss erledigen kann, und wird damit oft nicht qualifikationsgemäß eingesetzt sein. Das Team um Professor Dr. Thomas Spengler untersuchte in einer b Die Bereitschaft eines Mitarbeiters mit Bachelor Studie die Beschäftigungsperspektiven von Bachelor-Absolventen in der Sparkassen-Finanzgruppe. oder höherem Abschluss, die Sparkassen-Finanz- gruppe zu verlassen, ist zweimal so hoch wie die Bereitschaft eines Mitarbeiters ohne Bachelor- Den Wunsch nach abschluss. Akademisierung fördern b Der Hauptanteil der im Unternehmen beschäftigten Bachelor-Absolventen ist zwischen 21 und Gemäß dem Trend zur Akademisierung ist zu vermuten, 35 Jahre alt. dass zukünftig am Arbeitsmarkt wie auch in der Spar- kassen-Finanzgruppe ein hoher Anteil von Arbeitskräf- Das Meinungsbild der befragten Personen bezüglich ten mit Bachelor- oder höherem Abschluss zur Verfü- ihrer Arbeitssituation, dem Erwerb akademischer gung stehen wird. Der Gewinn bzw. die Bindung dieser Qualifikationen und der Sparkassen-Finanzgruppe als Arbeitskräfte kann unter anderem durch die Unterstüt- Arbeitgeber ist wie folgt zusammenzufassen: zung beim Erwerb eines – weiteren – akademischen b Durchschnittlich 40 Prozent der Mitarbeiter streben Abschlusses, die Förderung persönlicher Entwicklungs- eine (weitere) akademische oder vergleichbare möglichkeiten und durch interne Mechanismen zur Qualifikation an. Vergabe geeigneter Aufgaben und Arbeitsplätze für b Die am häufigsten angestrebten Abschlüsse sind akademisch qualifizierte Mitarbeiter realisiert werden. der Bachelor, der Sparkassenbetriebswirt und der Master. Die empirische Analyse bestätigt den Trend zur Akade- misierung, da 40 Prozent der Mitarbeiter in der Spar- b Die Hauptmotive für den Erwerb einer akademi- kassen-Finanzgruppe angeben, eine – weitere – akade- schen Qualifikation sind eine „höhere Vergütung“, mische Qualifikation anzustreben. Diesem Wunsch „bessere Aufstiegsmöglichkeiten“ und die „Ver- ihrer Mitarbeiter sollten die Institute nachkommen und änderung des Verantwortungs- und Aufgabenbe- solche Interessenten beim Erwerb einer akademischen reiches“. Qualifikation – z. B. durch Studienberatung, Stipendien b Durchschnittlich 20 Prozent der Mitarbeiter streben und Bereitstellung von zusätzlichen Lernmaterialien Auslandserfahrungen mit einer Dauer von mindes- – unterstützen. Erfahrene Unterstützung steigert die tens zwei Monaten an. Zufriedenheit der Arbeitskräfte und wirkt sich damit b Es kann kein eindeutiger Zusammenhang zwischen erwartungsgemäß positiv auf Produktivität, Motivation dem Erwerb einer akademischen Qualifikation und und Mitarbeiterloyalität aus. Zudem schätzen die dem Eintreten der erwarteten Auswirkungen Vorstände und Personalleiter, dass der benötigte Anteil begründet werden. von Mitarbeitern mit einem abgeschlossenen Bache- lorstudium in den kommenden fünf Jahren auf durch- b Die Hauptgründe dafür, die Sparkassen-Finanz- schnittlich 11 bis 20 Prozent ansteigen wird. Sie gruppe zu verlassen, sind „Höhe des Einkommens“, erwarten also ein Vorhandensein von Einsatzmöglich- „unzureichende Karriere- und Entwicklungsmög- keiten für akademisch qualifizierte Mitarbeiter. lichkeiten“ und „keine adäquaten Aufgaben für Hochschulabsolventen“. Die Einstellung von Mitarbeitern ohne Bachelorab- b Die Hauptaspekte, die für die Sparkassen-Finanz- schluss wird zudem zukünftig dadurch erschwert, dass gruppe als Arbeitgeber sprechen, sind „langfristige Arbeitskräfte, die qualifiziert genug sind, um Aufgaben Beschäftigungssicherheit“ und „hohe soziale in der Sparkassen-Finanzgruppe zu übernehmen, Verantwortung gegenüber Kunden und Kollegen“. vermehrt direkt nach einem akademischen Abschluss 19
Aus der Forschung anstelle einer Berufsausbildung streben. Die am Arbeitsmarkt verbleibenden Mitarbeiter ohne Bachelorabschluss werden dann erwartungsgemäß nicht über das Potenzial verfügen, überhaupt Tätig- keiten im Bankensektor auszuführen. An dieser Stelle ist der Einsatz dualer Studienkonzepte zu empfehlen, da diese sowohl Schulabgänger zum Ausbildungs- und Berufseinstieg in der Sparkassen- Finanzgruppe motivieren als auch vorhandene Mit- Durch gezielte arbeiter zur weiteren Qualifikation innerhalb des Förderung die Chancen junger Mitarbeiter gewohnten Arbeitsumfeldes bewegen können. erhöhen Foto: Hochschule der Sparkassen- Digitalisierung als Chance Finanzgruppe Die wachsende Bedeutung der digitalen Medien stellt qualifizierten Mitarbeiter im Alter zwischen 21 und personalwirtschaftlich gleichermaßen eine Heraus- 35 Jahren sind. Es verlassen also vorrangig jüngere, forderung und eine Chance dar. Die Digitalisierung als belastbar eingeschätzte Arbeitskräfte mit hoher verlangt neue Berufsbilder, bei deren Ausbildung erwarteter Produktivität die Sparkassen-Finanzgruppe. technologiebasierte Kompetenzen gezielt geschult und gefördert werden. Dieser Herausforderung kann gerade Gerade sie stellen jedoch eine wichtige Ressource in dadurch begegnet werden, dass das Angebot neuer, der Personalplanung dar. Dementsprechend besteht dualer Ausbildungsmöglichkeiten mit dem Fokus auf eine Notwendigkeit, Bachelor-Absolventen für das digitale Kompetenzen sowohl dem zukünftigen Perso- Unternehmen zu gewinnen bzw. diese als Mitarbeiter nalbedarf angepasst ist als auch Mitarbeiter mit im Unternehmen zu halten. Dies ist nicht zuletzt durch Interessen außerhalb der Finanzwirtschaft für die geeignete Einsatzmöglichkeiten für Bachelor-Absol- Sparkassen-Finanzgruppe gewinnt. venten in den Unternehmen sowie die Förderung der Integrationsbereitschaft von Mitarbeitern und Füh- Zudem sollte der Versuch unternommen werden, die rungskräften zu erreichen. Neben dem Aspekt der Fluktuationsrate der aktuell vorhandenen Mitarbeiter beruflichen Qualifikation können auch die Unterstüt- zu verringern. Eine mögliche Strategie kann dabei in zung beim Erwerb von angestrebten Auslandserfahrun- der Balance der Aufstiegschancen und Gehälter von gen durch Reisekostenzuschüsse und Stipendien sowie Männern und Frauen bestehen. Da die Frauen mit begleitende Netzwerke, wie das Kolleg der Eberle- 58 Prozent einen maßgeblichen Beschäftigtenanteil Butschkau-Stiftung, Aspekte für die Bindung dieser im Finanzsektor darstellen (Holst und Kirsch 2016), Mitarbeiter sein. hat eine Unzufriedenheit der Mitarbeiterinnen starke Auswirkungen auf das Unternehmen. Der nicht zuletzt Insgesamt ergibt sich in der Prognose für die nächsten aus dieser Ungleichheit resultierenden geringen fünf Jahre ein Personalbedarf für ausreichend quali- Frauenquote in Führungspositionen sollte begegnet fizierte Mitarbeiter. Gemäß dem demographischen werden, wobei ausbildungsfördernde Institutionen – Wandel und dem Trend zur Akademisierung ist zu wie z. B. die Eberle-Butschkau-Stiftung – eine tragende erwarten, dass am Arbeitsmarkt weniger qualifizierte Rolle übernehmen können. Eine weitere Strategie kann Arbeitskräfte zur Verfügung stehen werden und dass ein Ausbau von und eine bessere Kommunikation der die jungen, ausreichend qualifizierten Arbeitskräfte den internen Aus- und Weiterbildungsmöglichkeiten sein. Wunsch nach einem Hochschulstudium besitzen. Darauf aufbauend sollten als positiv wahrgenommene Die Sparkassen-Finanzgruppe kann und sollte dem- und erwartete Auswirkungen einer zusätzlich erworbe- entsprechend potenzielle Arbeitskräfte durch ein nen Qualifikation stärker hervorgehoben und konse- breites Angebot von dualen Studienplätzen, Aus- und quent umgesetzt werden. Weiterbildungsmöglichkeiten sowie ausbildungsunter- stützenden Leistungen für das Unternehmen gewinnen. Die Studie ergibt zudem, dass doppelt so viele Mit- arbeiter mit Bachelorabschluss die Sparkassen-Finanz- Professor Dr. Thomas Spengler, Frauke Kühn, gruppe verlassen wie Mitarbeiter ohne Bachelorab- Julia Lange (M.Sc.) schluss, und dass die meisten der akademisch 20
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