100 JAHRE BOKU AGRAR ABSOLVENTEN ABSOLVENTENAGRARABSOLVENTENAGRARABSOLVENTENAGRARAB SOLVENTENV - AGRARABSOLVENTEN ABSOLVENTENVERBAND ...
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2 Inhaltsverzeichnis 3 Inhaltsverzeichnis Vorwort des Obmannes und Ehrenobmannes 04 Grußbotschaften 08 100 Jahre Agrarpolitik 20 100 Jahre Agrarwirtschaft 48 100 Jahre Agrartechnik 68 Entwicklungsgeschichte der Universität für Bodenkultur 76 Sponsionsformel 94 Der Verband in der Zeit von 1910 bis 2010 93 Die Landesverbände 124 Impressionen - Zeitzeugen berichten 136 Impressum 156
4 5 Vorwort des Obmannes 100 Jahre Absolventengemeinschaft sehr tragfähig und damit belastbar sind. Netzwerkkno- unserem Landwirtschafts- und Umweltminister Niki Ich wünsche uns allen viel Verbundenheit in unserer Bildung verbindet Menschen und schafft Gemeinschaft. ten haben dabei eine besondere Bedeutung. Bei einem Berlakovich und auch den Landeshauptleuten Erwin Pröll Agrarabsolventen-Gemeinschaft und danke für das Vertrau- 100 Jahre Gemeinschaft in vereinsmäßig organisierter Form Netz von über 1.600 Mitgliedern und einem 100-jährigen und Luis Durnwalder sowie dem ehemaligen EU-Kommissar en, das ich ein Drittel der beschriebenen Zeitgeschichte ist ein besonderer Anlass des Rückblicks – des Dankes – und Bestehen sind die Netzwerkknoten des Zusammenhal- Franz Fischler. aktiv im Vorstand mitgestalten durfte, davon 12 Jahre als des Schauens in die Zukunft, aber vor allem ein Grund tes vor allem der Vereinsvorstand. Ein wichtiger Knoten Ich lade Sie zur Zeitreise durch die vergangenen 100 Obmann. zum Feiern. ist das Medienteam rund um das agrarjournal und des Jahre auf den nächsten Seiten ein. Dabei werden die Ent- Der Kristallisationspunkt für unsere Gemeinschaft Internetauftrittes. Als Generationenknoten bezeichne ich wicklungen der Agrarpolitik, der Agrarwissenschaften, unsere ist die BOKU. Um diese Forschungs- und Ausbildungsstätte die Stammtische. Hier treffen sich Jung und Alt um über geliebte Alma mater viridis sowie unsere eigenen Hochs und haben diejenigen, die dieses Haus verlassen haben, ein Netz gemeinsame Themen zu diskutieren. Die Ländernetzwerk- Tiefs auch – bedingt durch Weltkriege und Krisen – in gebildet: ein Schutz-, Nutz- und Freundschaftsnetz. Zu schüt- knoten sind notwendig, um regionale Teilgemeinschaften Erinnerung gerufen. Min.R Josef Resch zen und unterstützen gilt es, was wichtig ist. Die gemein- zu formen. Das internationale Netzwerk kommt durch Aus der Tradition heraus wollen wir auch in Zukunft Obmann same Zeit des Studierens und die Ausbildung dienen haupt- Partnerschaften mit befreundeten Absolventenverbänden unsere Ziele, nämlich sächlich beruflichen Zwecken, aber dabei kommt auch zur im Ausland zustande. Das Reisenetzwerk ist durch die ge- • eine Plattform für alle Agrarabsolventen sein, mit Universität in der Wechselwirkung wieder ein Nutzen zurück. meinsamen Reiseinteressen unserer Mitglieder entstanden. Erfahrungsaustausch und gegenseitigem Unterstützen, Das wichtigste Netz ist jedoch das Netz der Freundschaft. Im Bildungsinstitutionennetzwerk sind wir bei Der Absolventenverband hat sich im vergangenen LandImpulse Österreich und im Alumni-Dachverband ein- • der Universität mit Rat und Tat zur Verfügung stehen Jahrhundert zu einem starken Netz entwickelt. Netze geknüpft. Unser Netzwerk reicht auch in politische Höhen • und einen Beitrag für die Landwirtschaft und den haben es an sich, dass sie trotz eines geringen Gewichtes mit unserem Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll, Ländlichen Raum leisten.
6 7 Vorwort des Ehrenobmannes 100 Jahre Absolventenverband ist ein Grund zu feiern, Der Verband diente seit jeher dazu, diese herausfordern- kannt, gehört und durften mitsprechen. Persönlich war aber auch ein Grund nachzudenken. Grund für die Be- den Situationen mit Gleichgesinnten zu diskutieren. Ich der Absolventenverband für mich eine Plattform, die es sinnung auf Erreichtes, die Evaluierung des Bestehenden möchte dem Absolventenverband wünschen, dass er eine mir ermöglichte, viele interessante Persönlichkeiten im In- und die Absteckung neuer Ziele. Die Ausgangssituation Gemeinschaft bleiben möge, in dem das Leben pulsiert und und Ausland kennen zu lernen und nette Freundschaften für das zweite Jahrhundert unseres Verbandes ist eine die Verbindung der einzelnen Mitglieder weiterhin unterei- zu schließen. Dadurch war es mir immer wieder möglich, ganz andere, als die vor hundert Jahren. Es hat sich viel nander gesichert ist. jungen Absolventen bei der Postensuche behilflich zu sein in der Agrarpolitik, Agrarwirtschaft, Agrarwissenschaft, Als mich der legendäre »Studentenvater« Hofrat und mit ihren Sorgen und Problemen vertraut zu werden. in der Arbeitswelt der Absolventen und auf der BOKU Greil im Jahre 1967 nach Dienstschluss auf der Straße zur Wenn man mit vielen Menschen zu tun hat, kommt geändert. Das hat im Verband immer wieder zu kon- Teilnahme an der Vollversammlung des Absolventenver- auch sehr viel Freude zurück. Für die schönen Jahre möch- troversen Diskussionen geführt. Während vor hundert bandes vergattert hat und ich dort überraschenderweise te ich allen, denen ich im Laufe meiner Funktionärstä- Jahren mit Lebensmittelknappheit und einem Lebens- gleich zum Schriftführer gewählt wurde, habe ich sicher tigkeit im Absolventenverband begegnen durfte, meinen mittelhandel auf einem Mikromarkt zu kämpfen war, ist nicht damit gerechnet, dass ich 40 Jahre für unsere aufrichtigen Dank sagen und wünsche allen Absolventin- heute mit Lebensmittelüberschuss im Westen, Proble- Kolleginnen und Kollegen tätig sein werde. Rückschauend nen und Absolventen alles erdenklich Gute für die Zukunft. men der Globalisierung und hohen Erwartungen an die freut mich insbesondere, dass es uns im Team gelungen Lebensmittelsicherheit und Qualitätsanspruch sowie ist, viele unserer Mitglieder zu motivieren, sich mit dem naturnahe Produktion von Lebensmitteln und nachhal- Absolventenverband zu identifizieren und auch vermehrt tigen Rohstoffen unter ökonomischer und ökologischer die Veranstaltungen zu besuchen. Unser Verband konnte Sicht zu handeln. an der Universität gut situiert werden, wir wurden aner- Hon.Prof. Rudolf Marschitz Ehrenobmann
8 9 Grußbotschaft der Universität für Bodenkultur Wien Liebe Kolleginnen und Kollegen! für anspruchsvolle und verantwortungsvolle Positionen in zu erfüllen haben, als dies zu Beginn ihres Bestehens der Als Universität des Lebens nimmt die BOKU eine besondere Wirtschaft und Gesellschaft auszubilden. Unsere Absolven- Fall war. Globale Märkte, zunehmende Umweltprobleme gesellschaftliche und politische Verantwortung wahr. Ihre tInnenverbände liefern uns wertvolle Informationen über und Verlust an Böden sind nur einige der Herausfor- Kernkompetenz liegt darin, Möglichkeiten zur nach- Stärken und Schwächen, die wir für die Profilbildung und derungen, auf die sich die BOKU und ihre AbsolventInnen haltigen Nutzung und damit zur Sicherung natürlicher für das interne Qualitätsmanagement einer Universität einstellen müssen. Dem tragen wir auch mit der Gründung Ressourcen zu erforschen und zu vermitteln. Das hundert- einsetzen können. Denn das eigentliche Ziel universitärer des neuen Zentrums für Agrarwissenschaften Rechnung, jährige Jubiläum des Verbandes der AgrarabsolventInnen Ausbildung ist ja nicht die bloße Quantität an Absolven- mit dem die Bearbeitung agrarwissenschaftlicher Themen zeigt, welche zentrale Bedeutung die Agrarwissenschaften tInnen, sondern vor allem deren Erfolg in ihrem späteren unterstützt wird. Die agrarwissenschaftlichen Aktivitäten für die BOKU hatten und haben. Die Erhaltung unserer Beruf. Nicht zuletzt brauchen wir Rückmeldungen unserer in Forschung und Lehre sollen künftig intensiver vernetzt Lebensgrundlagen erfordert persönliche, nationale sowie AbsolventInnen, um unseren Wissensstand über die Ar- und nach außen besser sichtbar gemacht werden. internationale Vernetzungen, die intensiv gepflegt werden beitsmärkte und ihre Berufsfelder aktuell zu halten. Der Verband der Agrarabsolventen ist als Instrument müssen. Damit die BOKU auch mit ihren AbsolventInnen Die BOKU gilt seit jeher als ein Ort, an dem unter- für die weitere Entwicklung der BOKU unverzichtbar ge- in Verbindung bleibt, sind die AbsolventInnenverbände für schiedlichste Wissensbereiche, Forschungsthemen, Meinun- worden. Lassen Sie uns gemeinsam dieses Juwel weiterhin uns besonders wichtig. gen, Lebenshaltungen, Personen und Nationen aufeinander pflegen! An dieser Stelle bedanke ich mich herzlichst für Wir benötigen Informationen über unsere Absol- treffen; Offenheit und Vielfalt prägen den Alltag. Als die exzellente Zusammenarbeit des Verbandes der ventInnen, die zum einen den Übergang aller Studieren- einzige Universität dieser Art in Österreich hat sie auf die Agrarabsolventen mit der BOKU und mit dem Alumni- den ins Berufsleben in den Blick nehmen – und die zum Landeskultur und die Wirtschaft entscheidenden Einfluss Verband, gratuliere zum Geburtstag und wünsche auch Univ.Prof. Dr. Martin H. Gerzabek anderen festhalten, ob das Studium sein Ziel erfüllt hat, und wird in der Zukunft eine noch bedeutsamere Mission weiterhin viel Erfolg! Rektor der Universität für Bodenkultur Wien
10 11 Europäische Grußworte von Dr. Franz Fischler Mein Studium an der BOKU habe ich als umfassende Aus- sollen Landschaften gestaltet werden? Das sind nur einige Im Sinne des ökosozialen Gedankens und der Offenheit bildung in Erinnerung, die alle Aspekte des Agrarsektors der lebenswichtigen Fragen, mit denen sich die Mitglieder gegenüber dem Dialog wünsche ich dem Verband auch für abdeckte. Heute sind die BOKU-Studien wesentlich spe- des Verbandes auseinandersetzen, über die sie diskutieren die Zukunft die Kraft und das Engagement, diese Ziele zialisierter geworden, aber werden in einer viel größeren und nach Lösungen suchen. Im Mittelpunkt stehen die weiter zu verfolgen. Zahl angeboten. Insgesamt deckt die Alma mater viridis Entwicklung von Forschung, Lehre, Management natürli- mittlerweile ein enormes Spektrum an zentralen Frage- cher Ressourcen von Wasser, Pflanzen, Boden, alternative Ihr stellungen unserer Zeit ab und die AbsolventInnen finden Energien usw. sowie die angewandten Lebenswissenschaf- in den verschiedensten Bereichen unserer Gesellschaft ten, die sich mit Fragen der Ernährung und Gesundheit interessante Beschäftigungen. beschäftigen. Dabei gibt es auch ökologische, technologi- Werden wir weiterhin über genug sauberes Wasser sche, ökonomische, ethische und kulturelle Anforderungen verfügen, welche Energieträger sind umweltschonend? zu erfüllen. Dr. Franz Fischler Wie wird die Landwirtschaft dem Klimawandel begegnen? Die aktive Erschließung von internationalen Netz- EU-Kommissar a.D. Sind wir für Naturkatastrophen gerüstet? Wie können wir werken ist künftig für den Verband von wachsender die vielfältigen Funktionen unserer Wälder sicherstellen? Bedeutung und zeigt einen wichtigen Schritt in Richtung Welche Chancen bietet die Biotechnologie und welche internationaler Diskussion von lebens- und überlebens- Auswirkungen hat der Einsatz von Gentechnik? Kann wichtigen Fragen. sich die Landwirtschaft im internationalen Wettbewerb behaupten? Wie funktionieren komplexe Biotope oder wie
12 13 Grußbotschaft aus dem Finanzministerium Grußbotschaft aus dem Wissenschaftsministerium Netzwerke bereichern Wissenschaft und Forschung Als Mitglied des Verbandes der Agrarabsolventen der BOKU Absolventenverbandes leisten dadurch einen wichtigen Den Mitgliedern des Verbandes der Agrarabsolventen der Wien ist es mir ein besonderes Anliegen, diesem, anläss- Beitrag für die berufliche Optimierung des erworbenen Ein erfolgreicher Wissenschaftsbetrieb kommt ohne Universität für Bodenkultur Wien meinen herzlichen lich des 100jährigen Bestandsjubiläums sehr herzlich zu Wissens und haben großen Anteil daran, dass die fachli- funktionierende Netzwerke nicht aus. Was uns in Wis- Glückwunsch zum 100jährigen Bestehen und meinen Dank gratulieren. chen Qualitäten der Absolventinnen und Absolventen auch senschaft und Forschung weiterbringt, hängt wesentlich allen Absolventinnen und Absolventen für deren Engage- Fachspezifische und professionelle Ausbildung – ge- international anerkannt und geschätzt werden. mit internationalem Austausch, Netzwerken sowie der ment im Sinne des Wissenschafts- und Forschungsstand- rade im Agrarbereich – ist nicht nur für die heimische In diesem Sinne wünsche ich allen Mitgliedern des Mobilität von Studierenden, Forschenden und Lehrenden ortes Österreich. Ich wünsche Ihnen allen weiterhin viel Agrarwirtschaft, sondern auch im Verband mit den Absolventenverbandes für ihre künftigen Aktivitäten viel zusammen. Entsprechende Abkommen werden laufend Erfolg und interessante Begegnungen! Mitgliedstaaten in einem geeinten Europa eine wesent- Erfolg und alles Gute. weltweit unterzeichnet – mit dem Ziel, Brain-Circulation in liche Voraussetzung für die Bewältigung kommender Gang zu bringen. Herausforderungen. Die Ausbildung an der Universität für Ihr Im Wettbewerb um die besten Köpfe haben die Ab- Bodenkultur befähigt AbsolventInnen in vielen verschie- solvent/innenverbände einen hohen Stellenwert. Sie sind denen führenden Positionen in der Politik und Wirtschaft es, die die Universitäten und ihre ehemaligen Studierenden Bundesminister Dr. Beatrix Karl erfolgreich tätig zu sein. (wieder) zusammenbringen. Die Absolvent/innenverbände Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung Der Absolventenverband hat sich zum Ziel gesetzt, sind ein unverzichtbares Bindeglied zwischen Wissen- Absolventinnen und Absolventen in der Berufspraxis nicht Vizekanzler Josef Pröll schaft, Wirtschaft und Praxis. Wenn auch die modernen nur zu beraten, sondern durch gezielte – auf Erfahrungs- Bundesministerium für Finanzen Kommunikationstechnologien viel leisten – die persönliche werten beruhende – Informationen weiterzuhelfen und Begegnung und das Kennenlernen können dadurch nicht in vielerlei Hinsicht zu unterstützen. Die Mitglieder des ersetzt werden.
14 15 Grußbotschaft des Absolventenverbandes Grußbotschaft aus dem Lebensministerium Mosonmagyaróvár Sehr geehrter Herr Rektor, Herr Obmann, geschätzte Die Universität für Bodenkultur Wien bringt in ihrer eng- Voraussetzung für fruchtbare, multidisziplinäre Koopera- und seiner Frau Christina Habsburg, der Tochter von Maria lischen Bezeichnung »University of Natural Resources and tionen. Die AbsolventInnen aller agrarischen Studien der Professoren und Absolventen! Theresia in Magyaróvár gegründet. Ungefähr 60 Jahre spä- Applied Life Sciences« das zum Ausdruck, was auch dem BOKU haben dies bereits vor 100 Jahren erkannt und den Es ist mir eine große Ehre, Sie im Namen des Absolventen- ter haben sich unsere Wege getrennt. Die deutschsprachi- Auftrag und dem Selbstverständnis des Lebensministeriums heutigen erfolgreichen Verband gegründet. Besonders freut verbandes und der Fakultät für Agrar- und Lebensmittel- gen Studenten sind nach Wien gekommen, und eine neue entspricht. Eine Universität als Forschungs- und Ausbil- es mich, dass Vertreter meines Ressorts federführend um wissenschaften der Universität Westungarn in Magyaróvár Universität wurde ins Leben gerufen. Beide Institute sind dungsstätte für nachhaltige Lebensgrundlagen, sauberen die Entwicklung des Verbandes bemüht sind, was ich sehr recht herzlich zu begrüßen. Persönlich freue ich mich auch in unseren Tagen von höchster Qualität, und pflegen Lebensraum und sichere Lebensmittel. Diese fachliche begrüße. sehr, da ich dies nicht zum ersten Mal machen darf, weil einen guten Kontakt. Identität der BOKU und ihrer Absolventinnen und Absol- In diesem Sinne gratuliere ich allen AbsolventInnen ich 1997 als ehemaliger Landwirtschaftsminister von Wir wünschen unserer Bruder-Universität eine venten ist auch der Grund dafür, dass eine enge Zusam- zu ihrer bisherigen Tätigkeit und wünsche der Zukunft des Ungarn im Festsaal des Wiener Rathauses im Auftrag der glückliche Zukunft und viel Erfolg, den Absolventen viel menarbeit mit meinem Ressort in beiderseitiger Wertschät- Verbandes alles Gute. Ungarischen Regierung die 125 Jahre alte Hochschule von Gesundheit, und unseren Vereinen die Fortführung unserer zung die logische Konsequenz ist. Bodenkultur begrüßen konnte. wohlwollenden Zusammenarbeit. Wir hoffen, dass unsere Der Absolventenverband der AgrarstudentInnen Ihr Es ist ein schöner Gedanke, dass Absolventen manch- Bauern in der EU erfolgreich und wettbewerbsfähig sein orientiert sich aber neben seiner fachlichen Ausrichtung mal zusammenkommen und die Frage der Landwirtschaft werden. vor allem auch an Freundschaften. Viele AbsolventInnen besprechen. Sie pflegen die alten Traditionen, welche diese schließen langfristige Kontakte, profitieren von der Unter- Gruppe von Fachleuten verbindet. stützung beim Studium und nicht zuletzt vom Netzwerk, Bundesminister Niki Berlakovich Viel Wasser ist bereits in der schönen, blauen Donau das sie über den Verband mitnehmen können. Der Zu- Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt während der Geschichte unserer Institute geflossen. Prak- Prof. Dr. Nagy Frigyes & Prof. Dr. Schmidt Rezsö sammenschluss und die Pflege dieser Kontakte sind beste und Wasserwirtschaft tisch wurden beide Institute 1818 von Prinz Albert Kazimir Obmann & Dekan
16 17 Grußbotschaft der Vereinigung Weihenstephaner Universitätsabsolventen Grußbotschaft von LandImpulse Österreich In diesem Jahr feiert der Verband der Agrarabsolventen der der Vermittlung von Stellenangeboten über die Förderung LandImpulse Österreich ist der Verband der Absolventen und und setzt sich zum Ziel, die einzelnen Verbände zu unterstüt- Universität für Bodenkultur Wien den 100jährigen Jahrestag von hilfsbedürftigen Studierenden bis hin zu den Kontak- Absolventinnen agrarischer Ausbildungsstätten in Öster- zen und für Projekte und Förderabwicklung zur Verfügung zu seines Bestehens. Das ist wirklich ein Anlass für ein Fest. ten zu Nachbarverbänden. Ein besonders gutes Zeichen reich. Der Verein wurde bereits am 6. Mai 1953 unter dem stehen. LandImpulse Österreich strebt eine hohe Vernetzung Zum einen darf man stolz darauf sein, dass vor 100 Jahren für das Engagement der Mitglieder stellen die regional von Namen »Bundesverband der Absolventen landwirtschaftlicher von den Absolventenverbänden der Fachschulen, des höheren engagierte Absolventen den Entschluss gefasst haben, einen Absolventen organisierten Veranstaltungen dar. Überaus Lehranstalten in Österreich« durch den Zusammenschluss von Schulwesens bis hin zum Absolventenverband der Hochschule Verein zu gründen, der sich um den Kontakt der Ehemaligen vorbildlich kann man auch die Pflege der Kontakte zu den einigen Absolventenverbänden gegründet. Der Verband der für Agrar- und Umweltpädagogik und den Agrarabsolventen untereinander und um den Kontakt zu den Studierenden Mitgliedern bezeichnen. Der Verband der Agrarabsolventen Agrarabsolventen fungierte dabei von Beginn an als tragende der Universität für Bodenkultur Wien an. Es wird geschätzt, kümmert. Die Feier zum 100jährigen Jahrestag ist darüber der Universität für Bodenkultur Wien kann den 100jährigen Säule. Somit haben der Verein LandImpulse Österreich und dass ca. 40.000 Personen in den einzelnen Absolventen- hinaus ein Beleg dafür, dass der Studiengang Agrarwissen- Jahrestag seines Bestehens mit besonderem Stolz feiern, der Agrarabsolventenverband seit knapp 60 Jahren eine ge- verbänden organisiert sind. Im Jahr 2008 wurde die Öster- schaften auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Die weil viele engagierte Mitglieder und die Vorstandschaft den meinsame Geschichte. Das heute meistgelesene Agrarmagazin reichische Outdoorakademie als bedeutender Anbieter für aktuellen Absolventenzahlen bestätigen aber auch, dass Verein bis heute so attraktiv gestaltet haben. So wünsche Österreichs »Blick ins Land« wurde damals über diesen Dach- naturpädagogische Methoden zu Persönlichkeitsentwicklung, dieser Studiengang heute nicht minder attraktiv ist, als vor ich dem Verband und seinen Mitgliedern ein weiterhin er- verband versandt. Mit den Jahren versank der Verein in einen Teambuilding, Stärken-Schwächenanalyse sowie Grenzerfah- 100 Jahren. folgreiches Miteinander und eine gute Zusammenarbeit mit Dornröschenschlaf und wurde erst im Jahre 2007 zu neuem rung in den Verein LandImpulse Österreich integriert. Wir Die Bedeutung und der Stellenwert einer Absolventen- unserer Absolventenvereinigung. Leben erweckt. Dem großen Engagement unter anderem von danken für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen vereinigung lassen sich aber nicht allein mit dem 100jäh- Min.R Josef Resch und Min.R Josefa Reiter-Stelzl ist es zu ver- Jahren und freuen uns auf eine gemeinsame Zukunft! rigen Jahrestag begründen, wichtig sind vor allem Aktivi- danken, dass der Verein in der Generalversammlung vom 12. täten, die eine Mitgliedschaft erstrebenswert erscheinen Prof. Dr. A. Heißenhuber März 2007 neue Statuten und den Namen LandImpulse Öster- lassen. Die Bandbreite reicht dabei von der Interessenvertre- Vorsitzender der Vereinigung Weihenstephaner reich erhielt. Heute sieht sich der Dachverband als wichtige Josef Plank tung über die Durchführung von Tagungen und Exkursionen, Universitätsabsolventen Plattform für Bildungsangelegenheiten im ländlichen Raum Obmann LandImpulse Österreich
18 Grüße vom Alumnidachverband der Universität für Bodenkultur Wien Der Alumni-Vorstand (v.l.n.r) Als ältester und größter der Absolventenverbände der die laufende Beratung und Unterstützung der AbsolventIn- Universität für Bodenkultur Wien genießt der Verband nen beim Berufseinstieg und Berufswechsel. Die Jobbörse der Agrarabsolventen ein besonderes Ansehen und gilt als stellt dabei die Schnittstelle zu den Unternehmen dar und Anna Koll – Forum Landschaftsplanung - AbsolventInnenverband Pionier auf diesem Gebiet. Umso wichtiger war die Unter- spiegelt die guten Perspektiven und Arbeitsmarktchancen SC Dr. Leopold Zahrer – Verband der AbsolventInnen der Studien für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft stützung und Mitbegründung des Alumnidachverbandes im für die KollegInnen aus der Landwirtschaft wider. Was der Dr. Johannes Schima – Österreichischer ForstakademikerInnen Verband Jahr 2005, bei dem bis vor kurzem Josef Resch und nun Alumniverband nicht bieten kann, ist der fachliche Kon- Thomas Knoll – Österreichische Gesellschaft für Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur (ÖGLA) Josefa Reiter-Stelzl als aktives Vorstandsmitglied mitwir- takt und Austausch untereinander und hier ist der Verband Sylvia Polleres – Verband Holzwirte Österreichs (VHÖ) ken und an der Gestaltung und Weiterentwicklung des der Agrarabsolventen gefragt. Mit den Aktivitäten beider Alumni-Service beitragen. Verbände - fachlich wie auch studienrichtungsübergrei- Min.R Prof. Josefa Reiter-Stelzl – Verband der Agrarabsolventen der Universität für Bodenkultur Wien Das Wort alumni (lat.) bedeutet übersetzt Zögling fend - wird den AbsolventInnen ein optimales und ein sehr Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Kneifel – Verein Österreichischer Lebensmittel- und Biotechnologen (VÖLB) und ist der neue Begriff für AbsolventInnen. Diese Be- umfangreiches Service zuteil, das sich sehen lassen kann. zeichnung hat sich mittlerweile im Hochschulraum durch- Die über hundert Jahre lange Tätigkeit des Verbandes gesetzt und soll die Bindung der AbsolventInnen zu Ihrer der Agrarabsolventen bildet ein wertvolles Erfahrungsgut Universität stärker zum Ausdruck bringen. Der gemeinsam und wir freuen uns durch die aktive Mitwirkung im Alum- gegründete Alumnidachverband hat studienrichtungsüber- niverband auf eine weiterhin positive und gemeinsame greifende Aufgaben und ist an der BOKU hauptamtlich als Weiterentwicklung. Ansprechstelle für alle Belange der Absolventinnen und Absolventen eingerichtet. Eine wichtige Kernkompetenz ist
20 100 Jahre Agrarpolitik in Österreich 21 100 Jahre Agrarpolitik in Österreich Von Prof. Dr. Gerhard Poschacher, Wien » Hans Kudlich Der bäuerliche Famili- Der Zeitraum von der Gründung (1910) des Verbandes für nutzenlehre. Der deutsche Friedrich Aereboe (1865 bis te Abgeordnete des Reichstages, der 25jährige Student und Rechtsform fand ihr Ende. Selbst der grundbesitzende Adel enbetrieb ist und bleibt die Absolventen der landwirtschaftlichen Studienrichtung 1942) und der Schweizer Ernst Laur (1871 bis 1964) haben Bauernsohn aus Lobenstein (heute Uvalno in Tschechien), befürwortete mehrheitlich die neue Agrarverfassung. Der das Leitbild der österrei- an der damaligen Hochschule für Bodenkultur bis heute die ökonomischen Analysen bäuerlicher Betriebe in einer von deutschen und tschechischen Bauern animiert, stellte Liberalismus begann sich in der Folge durchzusetzen, die ist von den Auswirkungen bahnbrechender naturwissen- wachsenden Volkswirtschaft auf neue Grundlagen gestellt, den Antrag: »Die Reichsversammlung möge beschließen: Abkehr von protektionistischen Grundsätzen war die Folge. chischen Agrarpolitik. schaftlich-technischer Errungenschaften geprägt, die einen die bis Mitte des 20. Jahrhunderts die landwirtschaftliche Von nun an ist das Untertänigkeitsverhältnis samt allen Im Jahr 1868 wurde als Konsequenz aus der Bauernbefrei- Ein neues unterneh- umfassenden, alle Lebensbereiche der bäuerlichen Familien Betriebslehre als eigenständigen wissenschaftlichen Zweig daraus entspringenden Rechten und Pflichten aufgeho- ung ein eigenes Ressort, das Ackerbauministerium mit merisches Denken der umfassenden Strukturwandel und Anpassungsprozess prägten. Der deutsche Ingenieur Max Eyth (1836 bis 1906) ben.« Nach eingehenden Verhandlungen wurde vom Reichs- Alfred Graf Potocki als erstem Minister gegründet. Zur Land- und Forstwirte, auslösten. Wissenschaftler und Forscher der Alma Mater gilt als Begründer der modernen Agrartechnik. Seine Pio- rat, in dem damals landwirtschaftliche Interessen fast nur Intensivierung von Lehre, Forschung und Wissenschaft ein erweiteter Begriff Viridis haben zu wichtigen wissenschaftlichen Errungen- nierleistung bestand in der Einführung des Dampfpflugs in von Großgrundbesitzern vertreten wurden, die Grundent- förderte der zwischen 1871 und 1875 amtierende Acker- von Land- und Forst- schaften der letzten 100 Jahre einen bleibenden Beitrag der Landwirtschaft. lastung beschlossen und auch vom Kaiser sanktioniert. Am bauminister Freiherr von Chlumecky die Errichtung der wirtschaft sind Ziele der geleistet. 24. September bedankten sich die Bauern bei Kudlich mit Hochschule für Bodenkultur 1872 in Wien. Die moderne Düngerlehre, aufbauend auf den Er- Von der Bauernbefreiung zur Republik einem eindrucksvollen Fackelzug, zu dem 60.000 Menschen Österreich-Ungarn unterschied sich in diesem ökosozialen Agrarpolitik. kenntnissen Justus von Liebigs (1803 bis 1873), der die Ein Meilenstein in der Entwicklung der Land- und Forst- aus allen Teilen der Monarchie nach Wien kamen. Zeitraum nicht wesentlich von den anderen europäi- Josef Riegler im Manifest »Zukunft Bedeutung der Mineraldünger für eine ausgewogene Pflan- wirtschaft und der Beginn des freien Bauerntums war die Die Ideen Hans Kudlichs fanden nicht nur die Un- schen Großstaaten. Kurz vor Ausbruch der Krise hatte für die Bauern« | 1988 zenernährung als erster erkannte, ist ebenso anzuführen Befreiung vom Untertänigkeitsverband der Feudalherren, terstützung der bäuerlichen Abgeordneten im Reichstag, die Doppelmonarchie durch den unglücklichen Ausgang wie die Wiederentdeckung der Mendelschen Erbgesetze untrennbar mit dem Wirken von Hans Kudlich (1823–1917) sondern auch bei den bürgerlich liberalen Gruppen. Staats- des Krieges mit Preußen (1866) die endgültige Loslösung durch Erich von Tschermak-Seysenegg (1871 bis 1962) oder verbunden. Am 24. Juli 1848 begann für die Bauern der kanzler Klemens Wenzel Metternich trat im Revolutionsjahr vom Deutschen Bund vollzogen, was einen entscheiden- auch die Erkenntnisse der betriebswirtschaftlichen Grenz- damaligen Habsburger-Monarchie eine neue Ära. Der jüngs- 1848 zurück, eine nicht mehr zeitgemäße Wirtschafts- und den Schritt zur völligen politischen Verselbständigung
22 100 Jahre Agrarpolitik in Österreich 23 Friedrich Wilhelm Raiffeisen bedeutete, der sich auch wirtschaftlich und agrarpolitisch ganisationen und Genossenschaften angeregt; 1886 wurde Berufsvertretung gegenüberzustellen. Im Jahr 1898 und Auffassungswandel erwähnt werden, der die betriebs- auswirken sollte. Die reichlich komplizierte Entwicklung in Österreich die erste Raiffeisenkassa in Mühldorf bei Spitz nach der Ministerschaft von Julius Graf von Falkenhayn wirtschaftliche Struktur der Landwirtschaft betraf. Die der agrarischen Zolltarifs- und Handelsvertragspolitik in (Niederösterreich) gegründet. (1878–1895) kam es zur Schaffung der Zentralstelle zur wissenschaftliche Forschung und das landwirtschaftli- den Krisenjahrzehnten lief auf Kompromisse zwischen den Der Genossenschaftsgedanke entsprach den sozial- Wahrung der land- und forstwirtschaftlichen Interessen che Ausbildungswesen hatten den landwirtschaftlichen gegensätzlichen Strömungen und den politischen Schwie- reformerischen Bestrebungen Karl Vogelsangs und seiner beim Abschluss von Handelsverträgen. Der Initiator dieser Betrieb lange Zeit vorwiegend aus dem Gesichtswinkel rigkeiten der Doppelmonarchie hinaus. Der Gegensatz zwi- Gesinnungsgenossen im christlichsozialen Lager. Eine ge- Spitzenorganisation, die hinsichtlich der Aufgaben dem des Großbetriebes betrachtet, während man die Beson- schen den ungarischen Agrariern und den Industriellen der wichtige Stimme zugunsten der Genossenschaftsbewegung Deutschen Landbund entsprach, war Alfred Simitsch derheiten bäuerlicher Betriebsführung so gut wie un- westlichen Reichshälfte war eines der Probleme, die eine war die des auf agrarischem Gebiet besonders beschlagenen Reichsritter von Hohenblum. In ihrem Programm nahm der beobachtet ließ. Hier trat nun im ersten Jahrzehnt des einheitliche und zielbewusste Agrarpolitik erschwerten. Rechtslehrers Gustav Machet, der 1872 auf einer Studien- Schutz gegen die erdrückende Konkurrenz der übersee- 20. Jahrhunderts eine Wendung ein, die sich zunächst in reise in das Rheinland die Raiffeisenschen Darlehenskassen- ischen Agrarländer einen wichtigen Platz ein. Als die Mo- der Schweiz geltend machte, wo der junge Ernst Laur als Beginn der Berufsvertretungen und vereine gründlich studiert hatte. Lagerhäuser und Molkerei- narchie als Folge des Ersten Weltkriegs zerfiel, betrug der Bauernsekretär sich zielbewusst für die Errichtung einer Genossenschaften genossenschaften wurden gegründet. Eine Dachorganisation Anteil der bäuerlichen Familien an der gesamten Einwoh- leistungsfähigen Buchführungszentrale einsetzte, die sich Den vielfach mit der unternehmerischen Freiheit überfor- kam 1898 mit der Errichtung des »Allgemeinen Verbandes nerzahl (fünfzig Millionen Menschen) fast 55 Prozent. Auf mit der betriebswirtschaftlichen Analyse von ausgewähl- derten Bauern musste eine Hilfestellung gewährt werden. landwirtschaftlicher Genossenschaften in Österreich« (heu- dem Gebiet des heutigen Österreich wurden etwa 400.000 ten Bauernwirtschaften in den verschiedensten Landestei- Es war die Geburtsstunde der bäuerlichen Selbsthilfe, wie te Österreichischer Raiffeisenverband) zustande, die den Betriebe gezählt. len befasste und durch den wissenschaftlichen Ausbau der sie der Sozialreformer F. W. Raiffeisen (1818 bis 1888) - ein einzelnen nationalen Gruppen volle Autonomie einräumte. Während bedeutungsvolle Maßnahmen auf agrar- Auswertungsmethoden sehr bald internationales Aufsehen Zeitgenosse von Karl Marx - ins Leben rief. Im Jahr 1875 Die Agrarkrise vor dem Ersten Weltkrieg führte auch politischem Gebiet in engerem Sinne in diesem Zeitraum erregte. An der Hochschule für Bodenkultur wurde die wurde beim Agrarkongress in Wien die Bildung von Hilfsor- zu Überlegungen, den jeweiligen Ackerbauministern eine kaum zur Durchführung kamen, muss ein wichtiger Taxationslehre intensiviert und in der Zwischenkriegszeit
24 100 Jahre Agrarpolitik in Österreich 25 vor allem von Prof. Anton Steden als anerkanntem Buch- In der unmittelbaren Nachkriegszeit, in der die Regie- sind hervorzuheben. Kultivierungsaktionen und Hilfs- und Ordnung geschaffen und gleichzeitig ein Anstoß zu führungsexperten in die moderne Betriebswirtschaftslehre rung auf allen Seiten mit Widerständen und unlösbaren programme für den Viehabsatz wurden in diesen Jahren dem denkwürdigen Zusammenschluss der Landesbau- integriert. Problemen zu kämpfen hatte, kann man kaum von einer entwickelt und nach 1945 neuerlich ins Leben gerufen. ernbünde zum »Reichsbauernbund« gegeben wurde. Aus kraftvollen und zielbewussten Agrarpolitik sprechen. Es Der letzte Landwirtschaftsminister vor der nationalsozialis- diesen Ereignissen heraus erwuchs dann die offizielle Erste Republik und NS-Zeit galt in erster Linie die Versorgung der Bevölkerung mit tischen Machtübernahme war der Präsident der Landwirt- Verankerung der landwirtschaftlichen Interessenvertretung Am 12. November 1918 wurde die Erste Republik gegründet, Nahrungsmitteln sicherzustellen, was durch die schwer schaftskammer für Oberösterreich, Peter Mandorfer (1936 in den Landwirtschaftskammern, von denen die erste und am gleichen Tag trat der volkswirtschaftliche Ausschuss zu erlangenden und die Staatskassa stark belastenden bis 1938). In seine Amtszeit fielen die Organisation der schlagkräftigste 1922 in Niederösterreich errichtet und der provisorischen Nationalversammlung zusammen. Durch Einfuhren von Grundnahrungsmitteln und durch Anstren- Agrarbehörden und marktwirtschaftliche Regelungen zur durch ein Landesgesetz bestätigt wurde. Im Gegensatz den raschen Zusammenbruch der Monarchie waren viele gungen zur Hebung der inländischen Produktion erreicht Sicherstellung der Versorgung, vor allem in Wien. zu den früheren Körperschaften vergleichbarer Art war der bereits 1917 geplanten Maßnahmen für eine Friedens- werden sollte. Eine Erscheinung, die von weitreichendem und damit eine autonome Berufsvertretung mit Pflichtmitglied- wirtschaft hinfällig. Es blieb aber bei den Lenkungs- und Mit der Amtszeit von Rudolf Buchinger, Engelbert vorwiegend wohltätigem Einfluss auf die Folgezeit werden schaft und Umlagerecht geschaffen worden. Die Kammern Rationierungsverordnungen. Die Erzeugung der Landwirt- Dollfuß, Josef Reither sowie dem Tiroler Andreas Thaler sollte, war die fortschreitende Politisierung des bäuer- übernahmen von Anfang an auch wichtige Aufgaben der schaft war bis 1918 in der österreichischen Reichshälfte (1926/1929 und 1930/1931) verbindet sich vor allem der lichen Berufsstandes. Als Abwehr einer auch in Wien Landwirtschaftsförderung und gewannen in der Folgezeit der Monarchie auf fünfzig Prozent von 1913 zurückgegan- Aufbau des Genossenschaftswesens, die Errichtung der durchaus im Bereich des Möglichen liegenden »Diktatur zunehmenden Einfluss auf das agrarpolitische Geschehen. gen. Die Nationalversammlung beschloss die Errichtung Landwirtschaftskammern sowie der Beginn eines geord- des Proletariats« hatte in den Junitagen von 1919 in Die übrigen Bundesländer folgten dem Beispiel Niederös- eines Staatsamtes für Landwirtschaft, mit dessen Führung neten Förderungswesens. Besitzfestigungsprogramme, der Wien eine Großkundgebung von Tausenden von Bauern terreichs, und im Jahr 1923 wurde die »Präsidentenkon- der niederösterreichische Landtags- und Reichtagsabgeord- Bau von Düngerstätten, Saatguthallen und produktionsför- aus Niederösterreich und aus den übrigen Bundesländern ferenz der landwirtschaftlichen Hauptkörperschaften« ins nete Josef Stöckler (1918–1920) beauftragt wurde. dernde Maßnahmen im Pflanzenbau und in der Tierzucht stattgefunden, durch die eine Atmosphäre der Sicherheit Leben gerufen, die später in die »Präsidentenkonferenz
26 100 Jahre Agrarpolitik in Österreich 27 Unrra Leopold Figl der Landwirtschaftskammern Österreichs« unbenannt wur- rungswirtschaft. Der Reichsnährstand mit seinen regiona- Aufbauarbeit. Die Erfahrungen, die nach 1918 gemacht die erste UNRRA-Lieferung – ein Güterzug mit Weizen – in de und seit 2005 als »Landwirtschaftskammer Österreich« len Untergliederungen entfachte eine Erzeugungsschlacht, wurden, bildeten eine wertvolle Grundlage, chaotische Wien eingetroffen. fungiert. die Blut- und Bodenideologie hofierte den Bauernstand. Zustände konnten nach 1945 vermieden werden. Der Marshallplan und die UNRRA-Hilfe, von Amerika Dank dieser Entwicklung, der als wirksame Selbst- Zu den wirksamsten Förderungsmaßnahmen gehörten die Als im März 1946 in London eine internationale ausgehend, haben wirksam zum Aufbau einer geordneten hilfeorganisation das Genossenschaftswesen tatkräftig zur Verbilligung von Düngemitteln, Maschinen und Futter- Notstandskonferenz über die europäische Getreideversor- Agrarproduktion beigetragen. Die Agrarpolitik wurde auf Seite trat, setzte in den zwanziger Jahren eine Pro- mitteln. Kulturtechnische Maßnahmen erschlossen neue gung stattfand, entsandte Figl seinen Landwirtschafts- die möglichst rasche Selbstversorgung mit wichtigen Pro- duktionssteigerung der österreichischen Landwirtschaft Produktionsflächen. Die Bergbauern wurden vielfach ent- minister, Josef Kraus (1945 bis 1952), der als erstes dukten ausgerichtet. Kriegs- und Mangelzeiten bringen ein, die etwa 1925 den Vorkriegszustand erreichte oder schuldet und besonders gefördert. Die massiven Eingriffe österreichisches Regierungsmitglied Gelegenheit hatte, es mit sich, dass alle lebenswichtigen Güter, vor allem überflügelte. Besonders markant war der Aufstieg der des Reichsnährstands und Zwangsbewirtschaftung empfan- sein Land offiziell vor einem internationalen Forum zu aber Nahrungsmittel, bewirtschaftet und preisgebunden Milchwirtschaft, der sowohl in einer kräftigen Vermehrung den viele Bauern in Österreich als schwere Belastung und vertreten. Kraus teilte in London mit, der Frühjahrsan- sind und dass es neben den offiziellen Bezugsquellen des im Krieg stark reduzierten Kuhbestands als auch in Beschränkung der Freiheit. Die Blut- und Bodenmythologie bau sei in Österreich im Gange und man hoffe, dass es inoffizielle mit erhöhten Preisen gibt. Während nun für einer Steigerung der Milchleistung pro Kuh Ausdruck fand (agrarkonservative Vision) wurde im Reichserbhofgesetz mit Hilfe der UNRRA (dem Hilfsaktions- und Wiederauf- die gewerblich industriellen Güter sehr bald die Fesseln und eine Gesamtleistung ergab, die schon bald einen Ex- 1939 auch in Österreich umgesetzt. bau-Ausschuss der UN) gelingen würde, auch das noch der Bewirtschaftung fallengelassen wurden, blieben portüberschuss von Molkereiprodukten ermöglichen sollte. fehlende Saatgut aufzutreiben. Bittere Klage erhob Kraus die Höchstpreise für die landwirtschaftlichen Produk- Durch die Eingliederung Österreichs in das natio- Von der Mangelwirtschaft zum Überfluss darüber, dass es der österreichischen Landwirtschaft, wie te wesentlich länger bestehen. Die gebundenen Preise nalsozialistische Deutschland 1938 vollzog sich rasch der Nach dem Zweiten Weltkrieg standen die Produktions- der Wirtschaft überhaupt, unmöglich wäre, einen Güter- mussten mehrfach den geänderten Verhältnissen ange- Umbau auf eine totalitäre Agrarwirtschaft mit deutlichen ankurbelung in der Land- und Forstwirtschaft sowie die austausch zwischen den österreichischen Besatzungszo- passt werden, wobei die Auftriebstendenzen teils vom Merkmalen für die Vorbereitung auf eine Kriegsernäh- Ernährungssicherung im Vordergrund der politischen nen durchzuführen. Noch im März 1946 ist dann auch »schwarzen oder grauen Markt«, teils von der Importseite
28 100 Jahre Agrarpolitik in Österreich 29 Wende in der Agrarpolitik her wirksam wurden oder aber durch die Anpassung des ab. Thoma hatte in der Zwischenkriegszeit im Landbund sich die »Grüne Revolution«, die sich in einem giganti- Schillings an die Kurse der Auslandsvaluten ausgelöst Das Wirtschaftsjahr 1952/53 brachte erstmalig eine seine politische Heimat und trug zusammen mit Vinzenz schen Produktivitätsfortschritt dokumentiert. Die Erträge wurden. Die notwendigen Anpassungen der gebundenen friedensmäßige Versorgung mit einem Rekordanteil von Schumy wesentlich zur Eingliederung des Landbundes in in der pflanzlichen und tierischen Erzeugung haben Preise wurden in fünf Etappen, durch so genannte Lohn- 86 Prozent aus der Ernte 1953. Da dieser Prozentsatz nur den Bauernbund nach 1945 bei. In seine Amtszeit fielen sich seit Mitte der fünfziger Jahre bis heute verdoppelt und Preisübereinkommen, vollzogen. einen Durchschnitt darstellt, der in den einzelnen land- der Aufbau einer geordneten Agrarförderung, die Inten- und verdreifacht. Die »Grüne Revolution« übertraf die Die fünf Lohn- und Preisübereinkommen wirtschaftlichen Produkten eine ziemlich weite Streuung sivierung des Qualitätsweizenanbaus, die Einführung des kühnsten Prognosen. Bei allen Produkten (ausgenommen (1949/1951), die vom Gewerkschaftsbund und Vertre- von etwa fünfzig Prozent der Bedarfsdeckung bei Fetten Agrarinvestitionskredits und die Beschlussfassung über die pflanzliche Öle und Fette) wurde schon Ende der fünfziger tern der Landwirtschaft verhandelt wurden, waren wohl bis über hundert Prozent bei Vieh und Molkereiprodukten landwirtschaftliche Zuschussrente. Jahre die Selbstversorgung fast erreicht oder überschritten unvermeidbar, befriedigten aber niemanden, jedenfalls aufweist, traten in diesem Jahr erstmalig wieder Preis- und Die zunehmende Industrialisierung übte einen star- (1958/59): bei Butter 124 Prozent, bei Rindfleisch 110 Pro- auch nicht die Landwirtschaft. Während die übrige Absatzschwierigkeiten auf. Das Jahr 1953 kann daher als ken Sog auf die Arbeitskräfte in der Land- und Forstwirt- zent, bei Schweinefleisch 93 Prozent, bei Brotgetreide 78 Wirtschaft schon sehr bald nach dem Kriege wieder die die Wende in der Agrarpolitik angesehen werden, ab der schaft aus, ebenso der rasche Fortschritt in der Techni- Prozent. Ein Landwirt ernährt heute in den europäischen höheren freien Preise und für die Importprodukte die nicht mehr die Produktions-, sondern wieder die Preis- sierung. 1950 waren in der Land- und Forstwirtschaft Industriestaaten im Durchschnitt hundert Personen, vor günstigsten Weltmarktpreise lukrieren konnte, musste und Absatzprobleme das Agrargeschehen beherrschten. Für nur 14.500 Traktoren und Motorkarren eingesetzt, aber fünfzig Jahren war es weniger als die Hälfte. sich die Landwirtschaft im wesentlichen mit den gebun- die Milchwirtschaft waren schon ab 1955 Exporte erforder- 283.100 Pferde. Bis zum Jahre 1960 hat sich das Verhält- Bei Milch war schon Mitte der fünfziger Jahre die denen, in der Regel nur vorübergehend die Gestehungs- lich. Ab 1953 mussten schon Rinder mit subventionierten nis auf 150.240 zu 121.000 verengt; heute gibt es noch Selbstversorgung erreicht, in der Pflanzenproduktion wirk- kosten deckenden Preisen begnügen. Sie hat damit nicht Ausfuhren auf Auslandsmärkten untergebracht werden. 87.000 Pferde (überwiegend für die Freizeitgestaltung) ten sich die Züchtungsfortschritte bei Getreide, Mais und unwesentlich zum Wiederaufbau der Gesamtwirtschaft Franz Thoma (1952 bis 1959) trat am 23. Jänner und 352.000 Traktoren. Von der Sichel zum Mähdrescher Rüben noch deutlich in den Erträgen und der Qualität aus, beigetragen. 1952 in das Kabinett Figl II ein und löste Josef Kraus bis hin zu computergesteuerten Melkanlagen vollzog in der Rinderwirtschaft wurde die Spezialisierung eingelei-
30 100 Jahre Agrarpolitik in Österreich 31 Eduard Hartmann Landwirtschaftsgesetz als Meilenstein tet. Immer mehr Produkte drängten in den Export. Die Zeit derte entsprechende Konsequenzen. Die Entwicklung der die preisgünstige Versorgung der Bevölkerung mit Nah- der erwünschten Massenproduktion war vorbei, Qualität bäuerlichen Einkommen, gemessen am fortschreitenden Die rasche Aufwärtsentwicklung der land- und forstwirt- rungsgütern und die Einkommensverbesserung für die in und Exporterfolge standen im Vordergrund, von Europarei- Wohlstand in anderen Sektoren, ließ den Ruf nach einem schaftlichen Erzeugung machte neue Überlegungen zur der Landwirtschaft Tätigen vor. Der Grüne Plan für den fe wurde bereits gesprochen. Planungsgesetz am Beispiel der Schweiz oder der Bundes- Markt- und Förderungspolitik notwendig. In Deutschland Agrarsektor als Teil des Bundesbudgets war die wichtigste Ende der fünfziger Jahre war der Übergang von der republik Deutschland immer lauter werden. (1955) und in der Schweiz (1948) gab es bereits Landwirt- Förderungsgrundlage. Seit der Beschlussfassung des Land- Mangelversorgung zur Überschussproduktion bei den wich- Der erfreulichen Produktionssteigerung in den schaftsgesetze. wirtschaftsgesetzes ist der jeweilige Bundesminister für tigsten Produkten deutlich erkennbar. Es galt, die markt- fünfziger Jahren entsprach keineswegs eine entsprechende Schon 1952 wurde in Österreich der Ministerialent- Land- und Forstwirtschaft auch verpflichtet, jährlich bis wirtschaftlichen Regelungen anzupassen, Exportmärkte zu Entwicklung der Einkommen. Eine globale Gegenüberstel- wurf eines Landwirtschaftsgesetzes zur Begutachtung zum 15. September, den Grünen Bericht mit dem Grünen beobachten und das Förderungssystem für die Land- und lung der landwirtschaftlichen Preisindexzahlen zeigt zwar vorgelegt. Die Sozialpartner waren intensiv in die Beratun- Plan (Maßnahmen gemäß §9/3 LWG) der Bundesregierung Forstwirtschaft zu überdenken. In die Ära von Landwirt- für das Jahrzehnt 1950/51 bis 1958/59 ein beträchtliches gen eingeschaltet. Mit dem heute noch (fast) unveränder- und dem Parlament vorzulegen. Am 8. September 2009 schaftsminister Eduard Hartmann (1959 bis 1964) fielen Ansteigen der Betriebseinkommen, aber eine wesentlich ten Landwirtschaftsgesetz und dem Motto »Agrarpolitik wurde der 50. Grüne Bericht mit den notwendigen Maß- bereits bedeutende agrarpolitische Zäsuren. stärkere Erhöhung der Gesamtausgaben. Forderungen geht alle an« schuf sich Eduard Hartmann, zusammen nahmen für die Förderung der Land – und Forstwirtschaft Die produktionsfördernde Phase der Nachkriegspoli- nach einer wirksamen Agrarschutzpolitik wurden von den mit seinem legendären Sektionschef Rudolf Leopold und gemäß Landwirtschaftsgesetz von der Bundesregierung tik (1945 bis 1951) wurde von der produktionslenkenden bäuerlichen Interessenvertretungen (Bauernbund, Land- dem damaligen Generalsekretär der Präsidentenkonferenz beschlossen. und absatzsichernden (1952 bis 1961) abgelöst. Markt- wirtschaftskammern) mit großer Vehemenz vertreten. Die der Landwirtschaftskammern, Ernst Brandstätter, einen Die Absatzsicherung für die wichtigen Produkte und Qualitätsprobleme und deren Lösung standen im SPÖ-dominierten Organisationen (Arbeiterkammer, Gewerk- bleibenden Platz in der österreichischen Agrargeschichte. Getreide, Milch sowie Vieh und Fleisch wurde 1950 im Vordergrund. Die Bildung der Europäischen Wirtschaftsge- schaftsbund) verlangten Preisabsprachen und Versorgungs- Das Gesetz wurde am 13. Juli 1960 im Parlament beschlos- Milchwirtschafts-, Getreidewirtschafts- und Viehwirt- meinschaft (EWG) mit den »Römer-Verträgen« 1957 erfor- sicherheit. sen und sieht die Förderung der bäuerlichen Betriebe, schaftsgesetz geregelt und 1958 zum Marktordnungsgesetz
32 100 Jahre Agrarpolitik in Österreich 33 Karl Schleinzer Familienbetrieb zusammengefasst. Es bildete, dutzendfach geändert, bis ausschied, folgte ihm Karl Schleinzer als Landwirtschafts- Agrarkommissar Sicco Mansholt mit seinem Plan für die Die strukturpolitische Phase der österreichischen Agrarpo- zum EU-Beitritt den wichtigsten Rechtsrahmen für die minister nach. Zahlreiche und richtungweisende Gesetze Schaffung moderner Produktionseinheiten und landwirt- litik erfuhr durch die Regierungsvorlage vom 17.06.1969 Produktion und Versorgung mit Grundnahrungsmitteln. für Bauern und Konsumenten wurden geschaffen und schaftlicher Unternehmungen (PE und MLU) kam. Die- über das Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Verbes- Zusammen mit dem seit 1959 eingeführten Agrarinvesti- eindrucksvoll die Öffnung der Agrarpolitik vollzogen. Die ser viel gescholtene »Mansholt-Plan« (1968) löste eine serung der Besitzstruktur bäuerlicher Betriebe gefördert tionskredit (AIK), für den der Bund das von den Banken Schaffung des Qualitätsklassengesetzes 1967 (BGBl. Nr. stürmische Diskussion in Österreich und Europa aus und werden, einen legistischen Höhepunkt, nachdem bereits (überwiegend Raiffeisen) bereitgestellte Kreditvolumen 161) und des Weinwirtschaftsfonds 1969 (BGBl. Nr. 296) fand auch einen entsprechenden Niederschlag in agrar- 1967 das Siedlungsgrundsatzgesetz (BGBl. Nr. 79) sowie mit Zinszuschüssen verbilligt, wurde auch ein Förderungs- dokumentieren diese Bemühungen. Besonders hervorzu- politischen Initiativen, vergleichbar mit den agrarpoliti- die entsprechenden Landesausführungsgesetze verab- instrumentarium geschaffen, das die Leistungs- und Wett- heben sind für diesen Zeitabschnitt der österreichischen schen Auseinandersetzungen über die Reformvorschläge schiedet wurden. Dieses Gesetz sieht die Schaffung und bewerbsfähigkeit der Betriebe stärkte und Investitionen in Agrarpolitik auch das Außenhandelsgesetz 1968 (BGBl. Nr. Franz Fischlers (Agenda 2000) im Sommer 2003. Erhaltung leistungsfähiger bäuerlicher Betriebe vor. Zu er- den Ausbau der ländlichen Infrastruktur (Wege, Grundzu- 314), das Geflügelwirtschaftsgesetz 1969 (BGBl. Nr. 115) Der bäuerliche Familienbetrieb als bis dahin allge- wähnen sind als Meilensteine dieser agrarpolitischen Nach- sammenlegungen, Vermarktungs- und Verwertungseinrich- und das Stärkeabgabengesetz 1969 (BGBl. Nr. 152). Einen mein gültiges agrarpolitisches Leitbild geriet ins Wanken, kriegsära auch die Flurverfassungsnovelle 1967 (BGBl. 103), tungen) ermöglichte und so die Integration des Agrarsek- Fortschritt bedeutete auch das Zuckergesetz 1967 (BGBl. und in einer Publikation des Bundesministeriums für zur Vereinfachung und Beschleunigung der Grundzusam- tors in den Binnenmarkt erleichterte. Nr. 267). Land- und Forstwirtschaft mit dem Titel Landwirtschaft im menlegung sowie das Güter-Seilwege-Grundsatzgesetz 1967 Die immer schwieriger werdenden marktwirtschaft- Umbruch – Agrarstrukturpolitik in Österreich (Wien 1969) (BGBl. Nr. 198), welches die modernen Voraussetzungen für Der Kurswechsel lichen Probleme führten gegen Ende der sechziger Jahre hieß es unter anderem: »Der bäuerliche Familienbetrieb die innere und äußere Erschließung landwirtschaftlicher Als Eduard Hartmann wegen innerparteilicher Konflikte auch zu einer intensiven strukturpolitischen Diskussion, als strukturelles Leitbild ist kein starres Modell, weil die Betriebe schuf. Das umfangreichste Gesetzeswerk war zwei- und Differenzen mit Finanzminister Josef Klaus, der 1964 wobei der entscheidende Anstoß für diese europaweite unterschiedlichen Standortbedingungen eine Vielfalt von fellos die Schaffung des »Bäuerlichen Besitzstrukturfonds« Alfons Gorbach als Kanzler ablöste, aus der Regierung agrarpolitische Auseinandersetzung vom damaligen EG- Betriebsformen und Betriebsgrößen bedingen.« beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft in
34 100 Jahre Agrarpolitik in Österreich 35 der diesbezüglichen Regierungsvorlage, die vor allem auch abfinden musste, besonders groß. Der Österreichische sind auch regionalpolitische Maßnahmen im Interesse der Nach dem Zweiten Weltkrieg trug die SPÖ im Wesentlichen durch den in dieser Zeit errichteten Entwicklungs- und Bauernbündler titelte am 7. März 1970 »Was wird aus den ländlichen Siedlungsräume notwendig. / Die Umstellung aber alle Konzepte mit, die der Produktionssteigerung Erneuerungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft durch Bauern?« und schrieb: »In einer Zeit, in der die Bauern der Produktion, insbesondere auf Erzeugnisse, bei denen in der Landwirtschaft und der Versorgungssicherung für eine Initiative des damaligen Finanzministers Stefan Koren immer weniger werden, in der die Vertretung und Durch- im In- und Ausland aufnahmefähige Märkte vorhanden die Bevölkerung diente. Die Marktordnung aus dem Jahre (Koren-Plan) ermöglicht wurde. setzung von Bauerninteressen immer schwieriger wird, ist sind, soll durch eine entsprechende Preis- und Absatzpoli- 1958, seither immer umstritten und bis 1995 Gegenstand Während der ÖVP-Alleinregierung (1966 bis 1970) es für die bäuerliche Bevölkerung einfach lebensnotwendig, tik gewährleistet werden.« politischen Pokerspiels zwischen SPÖ und ÖVP, sowie das wurden zur Budgetsanierung (»Korenplan«) auch den an der bewährten und erprobten politischen Bauerneinig- Diese Ausführungen, die durchaus Kontinuität mit Landwirtschaftsgesetz aus dem Jahre 1960 sind dafür ein Bauern Opfer (Einführung der Weinsteuer, Anhebung des keit festzuhalten.« agrarpolitischen Bemühungen der abgewählten ÖVP-Allein- gutes Beispiel. Beitrages der Bauern zur Überschussverwertung bei Milch Am 27. April 1970 gab Bundeskanzler Dr. Bruno regierung 1966 bis 1970 erkennen ließen, überraschten in- Die Ära der SPÖ-Agrarpolitik zwischen 1970 und »Krisengroschen«) abverlangt. Große Demonstrationen Kreisky vor dem Nationalrat seine Regierungserklärung sofern, als im Wirtschaftsprogramm der SPÖ aus dem Jahre 1986 war vor allem in der Amtszeit des streitbaren SPÖ- waren die Folge. Die Verärgerung der bäuerlichen Familien »Für ein modernes Österreich« ab. Der Land- und Forst- 1968 »Reform der österreichischen Wirtschaft« einleitend Gewerkschafters Günter Haiden (1976 bis 1986) von einem hat nicht unwesentlich zur Wahlniederlage der Volkspartei wirtschaft wurde ein ausführliches Kapitel gewidmet, in stand: »Die Bauern sind Opfer einer falschen Agrarpolitik. harten Konfrontationskurs mit dem ÖVP-Bauernbund ge- 1970 beigetragen. dem es unter anderem hieß: »Die Bundesregierung ist Das österreichische System der Agrarsubventionen ist un- prägt, während sein Vorgänger Oskar Weihs (1970 bis 1976) der Auffassung, dass eine gesunde und leistungsfähige rationell. Es schafft die Einkommensunterschiede zwischen die Partnerschaft mit den Landwirtschaftskammern pflegte. Die sozialdemokratische Agrarpolitik Land- und Forstwirtschaft ein unentbehrlicher Bestandteil gewerblicher Wirtschaft und Landwirtschaft nicht aus der Trotzdem wurde vieles umgesetzt und positive Weichen für Die Enttäuschung über den Sieg der SPÖ bei den National- der Gesamtwirtschaft ist. / Da die Strukturprobleme der Welt und wirkt überdies den notwendigen Strukturänderun- die Entwicklung in der Land- und Forstwirtschaft gestellt. ratswahlen 1970 war beim ÖVP-Bauernbund, der sich völlig österreichischen Land- und Forstwirtschaft mit agrarpoli- gen entgegen. Die österreichische Subventionspolitik trägt Anzuführen sind: unvorbereitet mit einem SPÖ-Landwirtschaftsminister tischen Maßnahmen allein nicht bewältigt werden können, dazu bei, die Strukturen zu versteinern.«
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