100 JAHRE BOKU AGRAR ABSOLVENTEN ABSOLVENTENAGRARABSOLVENTENAGRARABSOLVENTENAGRARAB SOLVENTENV - AGRARABSOLVENTEN ABSOLVENTENVERBAND ...

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                           100 Jahre |Agrar Absolventen der BOKU Wien
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100 JAHRE BOKU AGRAR ABSOLVENTEN ABSOLVENTENAGRARABSOLVENTENAGRARABSOLVENTENAGRARAB SOLVENTENV - AGRARABSOLVENTEN ABSOLVENTENVERBAND ...
Festschrift
100 Jahre Verband der Agrarabsolventen
 der Universität für Bodenkultur Wien
              1910 – 2010
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2   Inhaltsverzeichnis                                                                  3

                         Inhaltsverzeichnis

                         Vorwort des Obmannes und Ehrenobmannes                   04

                         Grußbotschaften                                          08

                         100 Jahre Agrarpolitik                                   20

                         100 Jahre Agrarwirtschaft                                48

                         100 Jahre Agrartechnik                                   68

                         Entwicklungsgeschichte der Universität für Bodenkultur   76

                         Sponsionsformel                                          94

                         Der Verband in der Zeit von 1910 bis 2010                93

                         Die Landesverbände                                       124

                         Impressionen - Zeitzeugen berichten                      136

                         Impressum                                                156
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    Vorwort des Obmannes

                    100 Jahre Absolventengemeinschaft
                                                                                    sehr tragfähig und damit belastbar sind. Netzwerkkno-      unserem Landwirtschafts- und Umweltminister Niki               Ich wünsche uns allen viel Verbundenheit in unserer
                    Bildung verbindet Menschen und schafft Gemeinschaft.            ten haben dabei eine besondere Bedeutung. Bei einem        Berlakovich und auch den Landeshauptleuten Erwin Pröll         Agrarabsolventen-Gemeinschaft und danke für das Vertrau-
                    100 Jahre Gemeinschaft in vereinsmäßig organisierter Form       Netz von über 1.600 Mitgliedern und einem 100-jährigen     und Luis Durnwalder sowie dem ehemaligen EU-Kommissar          en, das ich ein Drittel der beschriebenen Zeitgeschichte
                    ist ein besonderer Anlass des Rückblicks – des Dankes – und     Bestehen sind die Netzwerkknoten des Zusammenhal-          Franz Fischler.                                                aktiv im Vorstand mitgestalten durfte, davon 12 Jahre als
                    des Schauens in die Zukunft, aber vor allem ein Grund           tes vor allem der Vereinsvorstand. Ein wichtiger Knoten           Ich lade Sie zur Zeitreise durch die vergangenen 100    Obmann.
                    zum Feiern.                                                     ist das Medienteam rund um das agrarjournal und des        Jahre auf den nächsten Seiten ein. Dabei werden die Ent-
                           Der Kristallisationspunkt für unsere Gemeinschaft        Internetauftrittes. Als Generationenknoten bezeichne ich   wicklungen der Agrarpolitik, der Agrarwissenschaften, unsere
                    ist die BOKU. Um diese Forschungs- und Ausbildungsstätte        die Stammtische. Hier treffen sich Jung und Alt um über    geliebte Alma mater viridis sowie unsere eigenen Hochs und
                    haben diejenigen, die dieses Haus verlassen haben, ein Netz     gemeinsame Themen zu diskutieren. Die Ländernetzwerk-      Tiefs auch – bedingt durch Weltkriege und Krisen – in
                    gebildet: ein Schutz-, Nutz- und Freundschaftsnetz. Zu schüt-   knoten sind notwendig, um regionale Teilgemeinschaften     Erinnerung gerufen.                                            Min.R Josef Resch
                    zen und unterstützen gilt es, was wichtig ist. Die gemein-      zu formen. Das internationale Netzwerk kommt durch                Aus der Tradition heraus wollen wir auch in Zukunft     Obmann
                    same Zeit des Studierens und die Ausbildung dienen haupt-       Partnerschaften mit befreundeten Absolventenverbänden      unsere Ziele, nämlich
                    sächlich beruflichen Zwecken, aber dabei kommt auch zur         im Ausland zustande. Das Reisenetzwerk ist durch die ge-
                                                                                                                                               • eine Plattform für alle Agrarabsolventen sein, mit
                    Universität in der Wechselwirkung wieder ein Nutzen zurück.     meinsamen Reiseinteressen unserer Mitglieder entstanden.
                                                                                                                                                 Erfahrungsaustausch und gegenseitigem Unterstützen,
                    Das wichtigste Netz ist jedoch das Netz der Freundschaft.       Im Bildungsinstitutionennetzwerk sind wir bei
                           Der Absolventenverband hat sich im vergangenen           LandImpulse Österreich und im Alumni-Dachverband ein-      • der Universität mit Rat und Tat zur Verfügung stehen
                    Jahrhundert zu einem starken Netz entwickelt. Netze             geknüpft. Unser Netzwerk reicht auch in politische Höhen   • und einen Beitrag für die Landwirtschaft und den
                    haben es an sich, dass sie trotz eines geringen Gewichtes       mit unserem Vizekanzler und Finanzminister Josef Pröll,
                                                                                                                                                 Ländlichen Raum leisten.
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    Vorwort des Ehrenobmannes

                    100 Jahre Absolventenverband ist ein Grund zu feiern,       Der Verband diente seit jeher dazu, diese herausfordern-     kannt, gehört und durften mitsprechen. Persönlich war
                    aber auch ein Grund nachzudenken. Grund für die Be-         den Situationen mit Gleichgesinnten zu diskutieren. Ich      der Absolventenverband für mich eine Plattform, die es
                    sinnung auf Erreichtes, die Evaluierung des Bestehenden     möchte dem Absolventenverband wünschen, dass er eine         mir ermöglichte, viele interessante Persönlichkeiten im In-
                    und die Absteckung neuer Ziele. Die Ausgangssituation       Gemeinschaft bleiben möge, in dem das Leben pulsiert und     und Ausland kennen zu lernen und nette Freundschaften
                    für das zweite Jahrhundert unseres Verbandes ist eine       die Verbindung der einzelnen Mitglieder weiterhin unterei-   zu schließen. Dadurch war es mir immer wieder möglich,
                    ganz andere, als die vor hundert Jahren. Es hat sich viel   nander gesichert ist.                                        jungen Absolventen bei der Postensuche behilflich zu sein
                    in der Agrarpolitik, Agrarwirtschaft, Agrarwissenschaft,           Als mich der legendäre »Studentenvater« Hofrat        und mit ihren Sorgen und Problemen vertraut zu werden.
                    in der Arbeitswelt der Absolventen und auf der BOKU         Greil im Jahre 1967 nach Dienstschluss auf der Straße zur          Wenn man mit vielen Menschen zu tun hat, kommt
                    geändert. Das hat im Verband immer wieder zu kon-           Teilnahme an der Vollversammlung des Absolventenver-         auch sehr viel Freude zurück. Für die schönen Jahre möch-
                    troversen Diskussionen geführt. Während vor hundert         bandes vergattert hat und ich dort überraschenderweise       te ich allen, denen ich im Laufe meiner Funktionärstä-
                    Jahren mit Lebensmittelknappheit und einem Lebens-          gleich zum Schriftführer gewählt wurde, habe ich sicher      tigkeit im Absolventenverband begegnen durfte, meinen
                    mittelhandel auf einem Mikromarkt zu kämpfen war, ist       nicht damit gerechnet, dass ich 40 Jahre für unsere          aufrichtigen Dank sagen und wünsche allen Absolventin-
                    heute mit Lebensmittelüberschuss im Westen, Proble-         Kolleginnen und Kollegen tätig sein werde. Rückschauend      nen und Absolventen alles erdenklich Gute für die Zukunft.
                    men der Globalisierung und hohen Erwartungen an die         freut mich insbesondere, dass es uns im Team gelungen
                    Lebensmittelsicherheit und Qualitätsanspruch sowie          ist, viele unserer Mitglieder zu motivieren, sich mit dem
                    naturnahe Produktion von Lebensmitteln und nachhal-         Absolventenverband zu identifizieren und auch vermehrt
                    tigen Rohstoffen unter ökonomischer und ökologischer        die Veranstaltungen zu besuchen. Unser Verband konnte
                    Sicht zu handeln.                                           an der Universität gut situiert werden, wir wurden aner-     Hon.Prof. Rudolf Marschitz
                                                                                                                                             Ehrenobmann
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    Grußbotschaft der Universität für Bodenkultur Wien

                     Liebe Kolleginnen und Kollegen!
                                                                                 für anspruchsvolle und verantwortungsvolle Positionen in       zu erfüllen haben, als dies zu Beginn ihres Bestehens der
                     Als Universität des Lebens nimmt die BOKU eine besondere    Wirtschaft und Gesellschaft auszubilden. Unsere Absolven-      Fall war. Globale Märkte, zunehmende Umweltprobleme
                     gesellschaftliche und politische Verantwortung wahr. Ihre   tInnenverbände liefern uns wertvolle Informationen über        und Verlust an Böden sind nur einige der Herausfor-
                     Kernkompetenz liegt darin, Möglichkeiten zur nach-          Stärken und Schwächen, die wir für die Profilbildung und       derungen, auf die sich die BOKU und ihre AbsolventInnen
                     haltigen Nutzung und damit zur Sicherung natürlicher        für das interne Qualitätsmanagement einer Universität          einstellen müssen. Dem tragen wir auch mit der Gründung
                     Ressourcen zu erforschen und zu vermitteln. Das hundert-    einsetzen können. Denn das eigentliche Ziel universitärer      des neuen Zentrums für Agrarwissenschaften Rechnung,
                     jährige Jubiläum des Verbandes der AgrarabsolventInnen      Ausbildung ist ja nicht die bloße Quantität an Absolven-       mit dem die Bearbeitung agrarwissenschaftlicher Themen
                     zeigt, welche zentrale Bedeutung die Agrarwissenschaften    tInnen, sondern vor allem deren Erfolg in ihrem späteren       unterstützt wird. Die agrarwissenschaftlichen Aktivitäten
                     für die BOKU hatten und haben. Die Erhaltung unserer        Beruf. Nicht zuletzt brauchen wir Rückmeldungen unserer        in Forschung und Lehre sollen künftig intensiver vernetzt
                     Lebensgrundlagen erfordert persönliche, nationale sowie     AbsolventInnen, um unseren Wissensstand über die Ar-           und nach außen besser sichtbar gemacht werden.
                     internationale Vernetzungen, die intensiv gepflegt werden   beitsmärkte und ihre Berufsfelder aktuell zu halten.                  Der Verband der Agrarabsolventen ist als Instrument
                     müssen. Damit die BOKU auch mit ihren AbsolventInnen              Die BOKU gilt seit jeher als ein Ort, an dem unter-      für die weitere Entwicklung der BOKU unverzichtbar ge-
                     in Verbindung bleibt, sind die AbsolventInnenverbände für   schiedlichste Wissensbereiche, Forschungsthemen, Meinun-       worden. Lassen Sie uns gemeinsam dieses Juwel weiterhin
                     uns besonders wichtig.                                      gen, Lebenshaltungen, Personen und Nationen aufeinander        pflegen! An dieser Stelle bedanke ich mich herzlichst für
                           Wir benötigen Informationen über unsere Absol-        treffen; Offenheit und Vielfalt prägen den Alltag. Als         die exzellente Zusammenarbeit des Verbandes der
                     ventInnen, die zum einen den Übergang aller Studieren-      einzige Universität dieser Art in Österreich hat sie auf die   Agrarabsolventen mit der BOKU und mit dem Alumni-
                     den ins Berufsleben in den Blick nehmen – und die zum       Landeskultur und die Wirtschaft entscheidenden Einfluss        Verband, gratuliere zum Geburtstag und wünsche auch          Univ.Prof. Dr. Martin H. Gerzabek
                     anderen festhalten, ob das Studium sein Ziel erfüllt hat,   und wird in der Zukunft eine noch bedeutsamere Mission         weiterhin viel Erfolg!                                       Rektor der Universität für Bodenkultur Wien
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     Europäische Grußworte von Dr. Franz Fischler

                      Mein Studium an der BOKU habe ich als umfassende Aus-       sollen Landschaften gestaltet werden? Das sind nur einige   Im Sinne des ökosozialen Gedankens und der Offenheit
                      bildung in Erinnerung, die alle Aspekte des Agrarsektors    der lebenswichtigen Fragen, mit denen sich die Mitglieder   gegenüber dem Dialog wünsche ich dem Verband auch für
                      abdeckte. Heute sind die BOKU-Studien wesentlich spe-       des Verbandes auseinandersetzen, über die sie diskutieren   die Zukunft die Kraft und das Engagement, diese Ziele
                      zialisierter geworden, aber werden in einer viel größeren   und nach Lösungen suchen. Im Mittelpunkt stehen die         weiter zu verfolgen.
                      Zahl angeboten. Insgesamt deckt die Alma mater viridis      Entwicklung von Forschung, Lehre, Management natürli-
                      mittlerweile ein enormes Spektrum an zentralen Frage-       cher Ressourcen von Wasser, Pflanzen, Boden, alternative    Ihr
                      stellungen unserer Zeit ab und die AbsolventInnen finden    Energien usw. sowie die angewandten Lebenswissenschaf-
                      in den verschiedensten Bereichen unserer Gesellschaft       ten, die sich mit Fragen der Ernährung und Gesundheit
                      interessante Beschäftigungen.                               beschäftigen. Dabei gibt es auch ökologische, technologi-
                             Werden wir weiterhin über genug sauberes Wasser      sche, ökonomische, ethische und kulturelle Anforderungen
                      verfügen, welche Energieträger sind umweltschonend?         zu erfüllen.                                                Dr. Franz Fischler
                      Wie wird die Landwirtschaft dem Klimawandel begegnen?             Die aktive Erschließung von internationalen Netz-     EU-Kommissar a.D.
                      Sind wir für Naturkatastrophen gerüstet? Wie können wir     werken ist künftig für den Verband von wachsender
                      die vielfältigen Funktionen unserer Wälder sicherstellen?   Bedeutung und zeigt einen wichtigen Schritt in Richtung
                      Welche Chancen bietet die Biotechnologie und welche         internationaler Diskussion von lebens- und überlebens-
                      Auswirkungen hat der Einsatz von Gentechnik? Kann           wichtigen Fragen.
                      sich die Landwirtschaft im internationalen Wettbewerb
                      behaupten? Wie funktionieren komplexe Biotope oder wie
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     Grußbotschaft aus dem Finanzministerium                                                                                                Grußbotschaft aus dem Wissenschaftsministerium

                                                                                                                                            Netzwerke bereichern Wissenschaft und Forschung
                     Als Mitglied des Verbandes der Agrarabsolventen der BOKU    Absolventenverbandes leisten dadurch einen wichtigen                                                                     Den Mitgliedern des Verbandes der Agrarabsolventen der
                     Wien ist es mir ein besonderes Anliegen, diesem, anläss-    Beitrag für die berufliche Optimierung des erworbenen      Ein erfolgreicher Wissenschaftsbetrieb kommt ohne             Universität für Bodenkultur Wien meinen herzlichen
                     lich des 100jährigen Bestandsjubiläums sehr herzlich zu     Wissens und haben großen Anteil daran, dass die fachli-    funktionierende Netzwerke nicht aus. Was uns in Wis-          Glückwunsch zum 100jährigen Bestehen und meinen Dank
                     gratulieren.                                                chen Qualitäten der Absolventinnen und Absolventen auch    senschaft und Forschung weiterbringt, hängt wesentlich        allen Absolventinnen und Absolventen für deren Engage-
                           Fachspezifische und professionelle Ausbildung – ge-   international anerkannt und geschätzt werden.              mit internationalem Austausch, Netzwerken sowie der           ment im Sinne des Wissenschafts- und Forschungsstand-
                     rade im Agrarbereich – ist nicht nur für die heimische            In diesem Sinne wünsche ich allen Mitgliedern des    Mobilität von Studierenden, Forschenden und Lehrenden         ortes Österreich. Ich wünsche Ihnen allen weiterhin viel
                     Agrarwirtschaft, sondern auch im Verband mit den            Absolventenverbandes für ihre künftigen Aktivitäten viel   zusammen. Entsprechende Abkommen werden laufend               Erfolg und interessante Begegnungen!
                     Mitgliedstaaten in einem geeinten Europa eine wesent-       Erfolg und alles Gute.                                     weltweit unterzeichnet – mit dem Ziel, Brain-Circulation in
                     liche Voraussetzung für die Bewältigung kommender                                                                      Gang zu bringen.
                     Herausforderungen. Die Ausbildung an der Universität für    Ihr                                                              Im Wettbewerb um die besten Köpfe haben die Ab-
                     Bodenkultur befähigt AbsolventInnen in vielen verschie-                                                                solvent/innenverbände einen hohen Stellenwert. Sie sind
                     denen führenden Positionen in der Politik und Wirtschaft                                                               es, die die Universitäten und ihre ehemaligen Studierenden    Bundesminister Dr. Beatrix Karl
                     erfolgreich tätig zu sein.                                                                                             (wieder) zusammenbringen. Die Absolvent/innenverbände         Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung
                           Der Absolventenverband hat sich zum Ziel gesetzt,                                                                sind ein unverzichtbares Bindeglied zwischen Wissen-
                     Absolventinnen und Absolventen in der Berufspraxis nicht    Vizekanzler Josef Pröll                                    schaft, Wirtschaft und Praxis. Wenn auch die modernen
                     nur zu beraten, sondern durch gezielte – auf Erfahrungs-    Bundesministerium für Finanzen                             Kommunikationstechnologien viel leisten – die persönliche
                     werten beruhende – Informationen weiterzuhelfen und                                                                    Begegnung und das Kennenlernen können dadurch nicht
                     in vielerlei Hinsicht zu unterstützen. Die Mitglieder des                                                              ersetzt werden.
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                                                                                                                                               Grußbotschaft des Absolventenverbandes
     Grußbotschaft aus dem Lebensministerium                                                                                                   Mosonmagyaróvár

                                                                                                                                               Sehr geehrter Herr Rektor, Herr Obmann, geschätzte
                     Die Universität für Bodenkultur Wien bringt in ihrer eng-     Voraussetzung für fruchtbare, multidisziplinäre Koopera-                                                                  und seiner Frau Christina Habsburg, der Tochter von Maria
                     lischen Bezeichnung »University of Natural Resources and      tionen. Die AbsolventInnen aller agrarischen Studien der    Professoren und Absolventen!                                  Theresia in Magyaróvár gegründet. Ungefähr 60 Jahre spä-
                     Applied Life Sciences« das zum Ausdruck, was auch dem         BOKU haben dies bereits vor 100 Jahren erkannt und den      Es ist mir eine große Ehre, Sie im Namen des Absolventen-     ter haben sich unsere Wege getrennt. Die deutschsprachi-
                     Auftrag und dem Selbstverständnis des Lebensministeriums      heutigen erfolgreichen Verband gegründet. Besonders freut   verbandes und der Fakultät für Agrar- und Lebensmittel-       gen Studenten sind nach Wien gekommen, und eine neue
                     entspricht. Eine Universität als Forschungs- und Ausbil-      es mich, dass Vertreter meines Ressorts federführend um     wissenschaften der Universität Westungarn in Magyaróvár       Universität wurde ins Leben gerufen. Beide Institute sind
                     dungsstätte für nachhaltige Lebensgrundlagen, sauberen        die Entwicklung des Verbandes bemüht sind, was ich sehr     recht herzlich zu begrüßen. Persönlich freue ich mich         auch in unseren Tagen von höchster Qualität, und pflegen
                     Lebensraum und sichere Lebensmittel. Diese fachliche          begrüße.                                                    sehr, da ich dies nicht zum ersten Mal machen darf, weil      einen guten Kontakt.
                     Identität der BOKU und ihrer Absolventinnen und Absol-              In diesem Sinne gratuliere ich allen AbsolventInnen   ich 1997 als ehemaliger Landwirtschaftsminister von                 Wir wünschen unserer Bruder-Universität eine
                     venten ist auch der Grund dafür, dass eine enge Zusam-        zu ihrer bisherigen Tätigkeit und wünsche der Zukunft des   Ungarn im Festsaal des Wiener Rathauses im Auftrag der        glückliche Zukunft und viel Erfolg, den Absolventen viel
                     menarbeit mit meinem Ressort in beiderseitiger Wertschät-     Verbandes alles Gute.                                       Ungarischen Regierung die 125 Jahre alte Hochschule von       Gesundheit, und unseren Vereinen die Fortführung unserer
                     zung die logische Konsequenz ist.                                                                                         Bodenkultur begrüßen konnte.                                  wohlwollenden Zusammenarbeit. Wir hoffen, dass unsere
                           Der Absolventenverband der AgrarstudentInnen            Ihr                                                                Es ist ein schöner Gedanke, dass Absolventen manch-    Bauern in der EU erfolgreich und wettbewerbsfähig sein
                     orientiert sich aber neben seiner fachlichen Ausrichtung                                                                  mal zusammenkommen und die Frage der Landwirtschaft           werden.
                     vor allem auch an Freundschaften. Viele AbsolventInnen                                                                    besprechen. Sie pflegen die alten Traditionen, welche diese
                     schließen langfristige Kontakte, profitieren von der Unter-                                                               Gruppe von Fachleuten verbindet.
                     stützung beim Studium und nicht zuletzt vom Netzwerk,         Bundesminister Niki Berlakovich                                    Viel Wasser ist bereits in der schönen, blauen Donau
                     das sie über den Verband mitnehmen können. Der Zu-            Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt     während der Geschichte unserer Institute geflossen. Prak-     Prof. Dr. Nagy Frigyes & Prof. Dr. Schmidt Rezsö
                     sammenschluss und die Pflege dieser Kontakte sind beste       und Wasserwirtschaft                                        tisch wurden beide Institute 1818 von Prinz Albert Kazimir    Obmann & Dekan
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     Grußbotschaft der Vereinigung Weihenstephaner
     Universitätsabsolventen                                                                                                                       Grußbotschaft von LandImpulse Österreich

                     In diesem Jahr feiert der Verband der Agrarabsolventen der      der Vermittlung von Stellenangeboten über die Förderung       LandImpulse Österreich ist der Verband der Absolventen und        und setzt sich zum Ziel, die einzelnen Verbände zu unterstüt-
                     Universität für Bodenkultur Wien den 100jährigen Jahrestag      von hilfsbedürftigen Studierenden bis hin zu den Kontak-      Absolventinnen agrarischer Ausbildungsstätten in Öster-           zen und für Projekte und Förderabwicklung zur Verfügung zu
                     seines Bestehens. Das ist wirklich ein Anlass für ein Fest.     ten zu Nachbarverbänden. Ein besonders gutes Zeichen          reich. Der Verein wurde bereits am 6. Mai 1953 unter dem          stehen. LandImpulse Österreich strebt eine hohe Vernetzung
                     Zum einen darf man stolz darauf sein, dass vor 100 Jahren       für das Engagement der Mitglieder stellen die regional von    Namen »Bundesverband der Absolventen landwirtschaftlicher         von den Absolventenverbänden der Fachschulen, des höheren
                     engagierte Absolventen den Entschluss gefasst haben, einen      Absolventen organisierten Veranstaltungen dar. Überaus        Lehranstalten in Österreich« durch den Zusammenschluss von        Schulwesens bis hin zum Absolventenverband der Hochschule
                     Verein zu gründen, der sich um den Kontakt der Ehemaligen       vorbildlich kann man auch die Pflege der Kontakte zu den      einigen Absolventenverbänden gegründet. Der Verband der           für Agrar- und Umweltpädagogik und den Agrarabsolventen
                     untereinander und um den Kontakt zu den Studierenden            Mitgliedern bezeichnen. Der Verband der Agrarabsolventen      Agrarabsolventen fungierte dabei von Beginn an als tragende       der Universität für Bodenkultur Wien an. Es wird geschätzt,
                     kümmert. Die Feier zum 100jährigen Jahrestag ist darüber        der Universität für Bodenkultur Wien kann den 100jährigen     Säule. Somit haben der Verein LandImpulse Österreich und          dass ca. 40.000 Personen in den einzelnen Absolventen-
                     hinaus ein Beleg dafür, dass der Studiengang Agrarwissen-       Jahrestag seines Bestehens mit besonderem Stolz feiern,       der Agrarabsolventenverband seit knapp 60 Jahren eine ge-         verbänden organisiert sind. Im Jahr 2008 wurde die Öster-
                     schaften auf eine lange Geschichte zurückblicken kann. Die      weil viele engagierte Mitglieder und die Vorstandschaft den   meinsame Geschichte. Das heute meistgelesene Agrarmagazin         reichische Outdoorakademie als bedeutender Anbieter für
                     aktuellen Absolventenzahlen bestätigen aber auch, dass          Verein bis heute so attraktiv gestaltet haben. So wünsche     Österreichs »Blick ins Land« wurde damals über diesen Dach-       naturpädagogische Methoden zu Persönlichkeitsentwicklung,
                     dieser Studiengang heute nicht minder attraktiv ist, als vor    ich dem Verband und seinen Mitgliedern ein weiterhin er-      verband versandt. Mit den Jahren versank der Verein in einen      Teambuilding, Stärken-Schwächenanalyse sowie Grenzerfah-
                     100 Jahren.                                                     folgreiches Miteinander und eine gute Zusammenarbeit mit      Dornröschenschlaf und wurde erst im Jahre 2007 zu neuem           rung in den Verein LandImpulse Österreich integriert. Wir
                           Die Bedeutung und der Stellenwert einer Absolventen-      unserer Absolventenvereinigung.                               Leben erweckt. Dem großen Engagement unter anderem von            danken für die gute Zusammenarbeit in den vergangenen
                     vereinigung lassen sich aber nicht allein mit dem 100jäh-                                                                     Min.R Josef Resch und Min.R Josefa Reiter-Stelzl ist es zu ver-   Jahren und freuen uns auf eine gemeinsame Zukunft!
                     rigen Jahrestag begründen, wichtig sind vor allem Aktivi-                                                                     danken, dass der Verein in der Generalversammlung vom 12.
                     täten, die eine Mitgliedschaft erstrebenswert erscheinen        Prof. Dr. A. Heißenhuber                                      März 2007 neue Statuten und den Namen LandImpulse Öster-
                     lassen. Die Bandbreite reicht dabei von der Interessenvertre-   Vorsitzender der Vereinigung Weihenstephaner                  reich erhielt. Heute sieht sich der Dachverband als wichtige      Josef Plank
                     tung über die Durchführung von Tagungen und Exkursionen,        Universitätsabsolventen                                       Plattform für Bildungsangelegenheiten im ländlichen Raum          Obmann LandImpulse Österreich
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     Grüße vom Alumnidachverband der
     Universität für Bodenkultur Wien

                                                                                                                                                Der Alumni-Vorstand (v.l.n.r)
                     Als ältester und größter der Absolventenverbände der         die laufende Beratung und Unterstützung der AbsolventIn-
                     Universität für Bodenkultur Wien genießt der Verband         nen beim Berufseinstieg und Berufswechsel. Die Jobbörse
                     der Agrarabsolventen ein besonderes Ansehen und gilt als     stellt dabei die Schnittstelle zu den Unternehmen dar und     Anna Koll – Forum Landschaftsplanung - AbsolventInnenverband
                     Pionier auf diesem Gebiet. Umso wichtiger war die Unter-     spiegelt die guten Perspektiven und Arbeitsmarktchancen       SC Dr. Leopold Zahrer – Verband der AbsolventInnen der Studien für Kulturtechnik und Wasserwirtschaft
                     stützung und Mitbegründung des Alumnidachverbandes im        für die KollegInnen aus der Landwirtschaft wider. Was der     Dr. Johannes Schima – Österreichischer ForstakademikerInnen Verband
                     Jahr 2005, bei dem bis vor kurzem Josef Resch und nun        Alumniverband nicht bieten kann, ist der fachliche Kon-
                                                                                                                                                Thomas Knoll – Österreichische Gesellschaft für Landschaftsplanung und Landschaftsarchitektur (ÖGLA)
                     Josefa Reiter-Stelzl als aktives Vorstandsmitglied mitwir-   takt und Austausch untereinander und hier ist der Verband
                                                                                                                                                Sylvia Polleres – Verband Holzwirte Österreichs (VHÖ)
                     ken und an der Gestaltung und Weiterentwicklung des          der Agrarabsolventen gefragt. Mit den Aktivitäten beider
                     Alumni-Service beitragen.                                    Verbände - fachlich wie auch studienrichtungsübergrei-
                                                                                                                                                Min.R Prof. Josefa Reiter-Stelzl – Verband der Agrarabsolventen der Universität für Bodenkultur Wien
                           Das Wort alumni (lat.) bedeutet übersetzt Zögling      fend - wird den AbsolventInnen ein optimales und ein sehr     Univ.-Prof. Dr. Wolfgang Kneifel – Verein Österreichischer Lebensmittel- und Biotechnologen (VÖLB)
                     und ist der neue Begriff für AbsolventInnen. Diese Be-       umfangreiches Service zuteil, das sich sehen lassen kann.
                     zeichnung hat sich mittlerweile im Hochschulraum durch-             Die über hundert Jahre lange Tätigkeit des Verbandes
                     gesetzt und soll die Bindung der AbsolventInnen zu Ihrer     der Agrarabsolventen bildet ein wertvolles Erfahrungsgut
                     Universität stärker zum Ausdruck bringen. Der gemeinsam      und wir freuen uns durch die aktive Mitwirkung im Alum-
                     gegründete Alumnidachverband hat studienrichtungsüber-       niverband auf eine weiterhin positive und gemeinsame
                     greifende Aufgaben und ist an der BOKU hauptamtlich als      Weiterentwicklung.
                     Ansprechstelle für alle Belange der Absolventinnen und
                     Absolventen eingerichtet. Eine wichtige Kernkompetenz ist
20   100 Jahre Agrarpolitik in Österreich                                                                                                                                                                                                                                                               21

                100 Jahre Agrarpolitik in Österreich
                Von Prof. Dr. Gerhard Poschacher, Wien

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                                                                                                                                                                               Hans Kudlich

                Der bäuerliche Famili-               Der Zeitraum von der Gründung (1910) des Verbandes für       nutzenlehre. Der deutsche Friedrich Aereboe (1865 bis        te Abgeordnete des Reichstages, der 25jährige Student und    Rechtsform fand ihr Ende. Selbst der grundbesitzende Adel
                enbetrieb ist und bleibt             die Absolventen der landwirtschaftlichen Studienrichtung     1942) und der Schweizer Ernst Laur (1871 bis 1964) haben     Bauernsohn aus Lobenstein (heute Uvalno in Tschechien),      befürwortete mehrheitlich die neue Agrarverfassung. Der
                das Leitbild der österrei-           an der damaligen Hochschule für Bodenkultur bis heute        die ökonomischen Analysen bäuerlicher Betriebe in einer      von deutschen und tschechischen Bauern animiert, stellte     Liberalismus begann sich in der Folge durchzusetzen, die
                                                     ist von den Auswirkungen bahnbrechender naturwissen-         wachsenden Volkswirtschaft auf neue Grundlagen gestellt,     den Antrag: »Die Reichsversammlung möge beschließen:         Abkehr von protektionistischen Grundsätzen war die Folge.
                chischen Agrarpolitik.
                                                     schaftlich-technischer Errungenschaften geprägt, die einen   die bis Mitte des 20. Jahrhunderts die landwirtschaftliche   Von nun an ist das Untertänigkeitsverhältnis samt allen      Im Jahr 1868 wurde als Konsequenz aus der Bauernbefrei-
                Ein neues unterneh-                  umfassenden, alle Lebensbereiche der bäuerlichen Familien    Betriebslehre als eigenständigen wissenschaftlichen Zweig    daraus entspringenden Rechten und Pflichten aufgeho-         ung ein eigenes Ressort, das Ackerbauministerium mit
                merisches Denken der                 umfassenden Strukturwandel und Anpassungsprozess             prägten. Der deutsche Ingenieur Max Eyth (1836 bis 1906)     ben.« Nach eingehenden Verhandlungen wurde vom Reichs-       Alfred Graf Potocki als erstem Minister gegründet. Zur
                Land- und Forstwirte,                auslösten. Wissenschaftler und Forscher der Alma Mater       gilt als Begründer der modernen Agrartechnik. Seine Pio-     rat, in dem damals landwirtschaftliche Interessen fast nur   Intensivierung von Lehre, Forschung und Wissenschaft
                ein erweiteter Begriff               Viridis haben zu wichtigen wissenschaftlichen Errungen-      nierleistung bestand in der Einführung des Dampfpflugs in    von Großgrundbesitzern vertreten wurden, die Grundent-       förderte der zwischen 1871 und 1875 amtierende Acker-
                von Land- und Forst-                 schaften der letzten 100 Jahre einen bleibenden Beitrag      der Landwirtschaft.                                          lastung beschlossen und auch vom Kaiser sanktioniert. Am     bauminister Freiherr von Chlumecky die Errichtung der
                wirtschaft sind Ziele der            geleistet.                                                                                                                24. September bedankten sich die Bauern bei Kudlich mit      Hochschule für Bodenkultur 1872 in Wien.
                                                           Die moderne Düngerlehre, aufbauend auf den Er-                Von der Bauernbefreiung zur Republik                  einem eindrucksvollen Fackelzug, zu dem 60.000 Menschen            Österreich-Ungarn unterschied sich in diesem
                ökosozialen Agrarpolitik.
                                                     kenntnissen Justus von Liebigs (1803 bis 1873), der die      Ein Meilenstein in der Entwicklung der Land- und Forst-      aus allen Teilen der Monarchie nach Wien kamen.              Zeitraum nicht wesentlich von den anderen europäi-
                Josef Riegler im Manifest »Zukunft   Bedeutung der Mineraldünger für eine ausgewogene Pflan-      wirtschaft und der Beginn des freien Bauerntums war die             Die Ideen Hans Kudlichs fanden nicht nur die Un-      schen Großstaaten. Kurz vor Ausbruch der Krise hatte
                für die Bauern« | 1988               zenernährung als erster erkannte, ist ebenso anzuführen      Befreiung vom Untertänigkeitsverband der Feudalherren,       terstützung der bäuerlichen Abgeordneten im Reichstag,       die Doppelmonarchie durch den unglücklichen Ausgang
                                                     wie die Wiederentdeckung der Mendelschen Erbgesetze          untrennbar mit dem Wirken von Hans Kudlich (1823–1917)       sondern auch bei den bürgerlich liberalen Gruppen. Staats-   des Krieges mit Preußen (1866) die endgültige Loslösung
                                                     durch Erich von Tschermak-Seysenegg (1871 bis 1962) oder     verbunden. Am 24. Juli 1848 begann für die Bauern der        kanzler Klemens Wenzel Metternich trat im Revolutionsjahr    vom Deutschen Bund vollzogen, was einen entscheiden-
                                                     auch die Erkenntnisse der betriebswirtschaftlichen Grenz-    damaligen Habsburger-Monarchie eine neue Ära. Der jüngs-     1848 zurück, eine nicht mehr zeitgemäße Wirtschafts- und     den Schritt zur völligen politischen Verselbständigung
22   100 Jahre Agrarpolitik in Österreich                                                                                                                                                                                                                                                                   23

                                                                                                                                                   Friedrich Wilhelm Raiffeisen

                                            bedeutete, der sich auch wirtschaftlich und agrarpolitisch      ganisationen und Genossenschaften angeregt; 1886 wurde                Berufsvertretung gegenüberzustellen. Im Jahr 1898 und         Auffassungswandel erwähnt werden, der die betriebs-
                                            auswirken sollte. Die reichlich komplizierte Entwicklung        in Österreich die erste Raiffeisenkassa in Mühldorf bei Spitz         nach der Ministerschaft von Julius Graf von Falkenhayn        wirtschaftliche Struktur der Landwirtschaft betraf. Die
                                            der agrarischen Zolltarifs- und Handelsvertragspolitik in       (Niederösterreich) gegründet.                                         (1878–1895) kam es zur Schaffung der Zentralstelle zur        wissenschaftliche Forschung und das landwirtschaftli-
                                            den Krisenjahrzehnten lief auf Kompromisse zwischen den                Der Genossenschaftsgedanke entsprach den sozial-               Wahrung der land- und forstwirtschaftlichen Interessen        che Ausbildungswesen hatten den landwirtschaftlichen
                                            gegensätzlichen Strömungen und den politischen Schwie-          reformerischen Bestrebungen Karl Vogelsangs und seiner                beim Abschluss von Handelsverträgen. Der Initiator dieser     Betrieb lange Zeit vorwiegend aus dem Gesichtswinkel
                                            rigkeiten der Doppelmonarchie hinaus. Der Gegensatz zwi-        Gesinnungsgenossen im christlichsozialen Lager. Eine ge-              Spitzenorganisation, die hinsichtlich der Aufgaben dem        des Großbetriebes betrachtet, während man die Beson-
                                            schen den ungarischen Agrariern und den Industriellen der       wichtige Stimme zugunsten der Genossenschaftsbewegung                 Deutschen Landbund entsprach, war Alfred Simitsch             derheiten bäuerlicher Betriebsführung so gut wie un-
                                            westlichen Reichshälfte war eines der Probleme, die eine        war die des auf agrarischem Gebiet besonders beschlagenen             Reichsritter von Hohenblum. In ihrem Programm nahm der        beobachtet ließ. Hier trat nun im ersten Jahrzehnt des
                                            einheitliche und zielbewusste Agrarpolitik erschwerten.         Rechtslehrers Gustav Machet, der 1872 auf einer Studien-              Schutz gegen die erdrückende Konkurrenz der übersee-          20. Jahrhunderts eine Wendung ein, die sich zunächst in
                                                                                                            reise in das Rheinland die Raiffeisenschen Darlehenskassen-           ischen Agrarländer einen wichtigen Platz ein. Als die Mo-     der Schweiz geltend machte, wo der junge Ernst Laur als
                                                   Beginn der Berufsvertretungen und                        vereine gründlich studiert hatte. Lagerhäuser und Molkerei-           narchie als Folge des Ersten Weltkriegs zerfiel, betrug der   Bauernsekretär sich zielbewusst für die Errichtung einer
                                                   Genossenschaften                                         genossenschaften wurden gegründet. Eine Dachorganisation              Anteil der bäuerlichen Familien an der gesamten Einwoh-       leistungsfähigen Buchführungszentrale einsetzte, die sich
                                            Den vielfach mit der unternehmerischen Freiheit überfor-        kam 1898 mit der Errichtung des »Allgemeinen Verbandes                nerzahl (fünfzig Millionen Menschen) fast 55 Prozent. Auf     mit der betriebswirtschaftlichen Analyse von ausgewähl-
                                            derten Bauern musste eine Hilfestellung gewährt werden.         landwirtschaftlicher Genossenschaften in Österreich« (heu-            dem Gebiet des heutigen Österreich wurden etwa 400.000        ten Bauernwirtschaften in den verschiedensten Landestei-
                                            Es war die Geburtsstunde der bäuerlichen Selbsthilfe, wie       te Österreichischer Raiffeisenverband) zustande, die den              Betriebe gezählt.                                             len befasste und durch den wissenschaftlichen Ausbau der
                                            sie der Sozialreformer F. W. Raiffeisen (1818 bis 1888) - ein   einzelnen nationalen Gruppen volle Autonomie einräumte.                     Während bedeutungsvolle Maßnahmen auf agrar-            Auswertungsmethoden sehr bald internationales Aufsehen
                                            Zeitgenosse von Karl Marx - ins Leben rief. Im Jahr 1875               Die Agrarkrise vor dem Ersten Weltkrieg führte auch            politischem Gebiet in engerem Sinne in diesem Zeitraum        erregte. An der Hochschule für Bodenkultur wurde die
                                            wurde beim Agrarkongress in Wien die Bildung von Hilfsor-       zu Überlegungen, den jeweiligen Ackerbauministern eine                kaum zur Durchführung kamen, muss ein wichtiger               Taxationslehre intensiviert und in der Zwischenkriegszeit
24   100 Jahre Agrarpolitik in Österreich                                                                                                                                                                                                                                                     25

                                            vor allem von Prof. Anton Steden als anerkanntem Buch-      In der unmittelbaren Nachkriegszeit, in der die Regie-     sind hervorzuheben. Kultivierungsaktionen und Hilfs-           und Ordnung geschaffen und gleichzeitig ein Anstoß zu
                                            führungsexperten in die moderne Betriebswirtschaftslehre    rung auf allen Seiten mit Widerständen und unlösbaren      programme für den Viehabsatz wurden in diesen Jahren           dem denkwürdigen Zusammenschluss der Landesbau-
                                            integriert.                                                 Problemen zu kämpfen hatte, kann man kaum von einer        entwickelt und nach 1945 neuerlich ins Leben gerufen.          ernbünde zum »Reichsbauernbund« gegeben wurde. Aus
                                                                                                        kraftvollen und zielbewussten Agrarpolitik sprechen. Es    Der letzte Landwirtschaftsminister vor der nationalsozialis-   diesen Ereignissen heraus erwuchs dann die offizielle
                                                  Erste Republik und NS-Zeit                            galt in erster Linie die Versorgung der Bevölkerung mit    tischen Machtübernahme war der Präsident der Landwirt-         Verankerung der landwirtschaftlichen Interessenvertretung
                                            Am 12. November 1918 wurde die Erste Republik gegründet,    Nahrungsmitteln sicherzustellen, was durch die schwer      schaftskammer für Oberösterreich, Peter Mandorfer (1936        in den Landwirtschaftskammern, von denen die erste und
                                            am gleichen Tag trat der volkswirtschaftliche Ausschuss     zu erlangenden und die Staatskassa stark belastenden       bis 1938). In seine Amtszeit fielen die Organisation der       schlagkräftigste 1922 in Niederösterreich errichtet und
                                            der provisorischen Nationalversammlung zusammen. Durch      Einfuhren von Grundnahrungsmitteln und durch Anstren-      Agrarbehörden und marktwirtschaftliche Regelungen zur          durch ein Landesgesetz bestätigt wurde. Im Gegensatz
                                            den raschen Zusammenbruch der Monarchie waren viele         gungen zur Hebung der inländischen Produktion erreicht     Sicherstellung der Versorgung, vor allem in Wien.              zu den früheren Körperschaften vergleichbarer Art war
                                            der bereits 1917 geplanten Maßnahmen für eine Friedens-     werden sollte.                                                   Eine Erscheinung, die von weitreichendem und             damit eine autonome Berufsvertretung mit Pflichtmitglied-
                                            wirtschaft hinfällig. Es blieb aber bei den Lenkungs- und         Mit der Amtszeit von Rudolf Buchinger, Engelbert     vorwiegend wohltätigem Einfluss auf die Folgezeit werden       schaft und Umlagerecht geschaffen worden. Die Kammern
                                            Rationierungsverordnungen. Die Erzeugung der Landwirt-      Dollfuß, Josef Reither sowie dem Tiroler Andreas Thaler    sollte, war die fortschreitende Politisierung des bäuer-       übernahmen von Anfang an auch wichtige Aufgaben der
                                            schaft war bis 1918 in der österreichischen Reichshälfte    (1926/1929 und 1930/1931) verbindet sich vor allem der     lichen Berufsstandes. Als Abwehr einer auch in Wien            Landwirtschaftsförderung und gewannen in der Folgezeit
                                            der Monarchie auf fünfzig Prozent von 1913 zurückgegan-     Aufbau des Genossenschaftswesens, die Errichtung der       durchaus im Bereich des Möglichen liegenden »Diktatur          zunehmenden Einfluss auf das agrarpolitische Geschehen.
                                            gen. Die Nationalversammlung beschloss die Errichtung       Landwirtschaftskammern sowie der Beginn eines geord-       des Proletariats« hatte in den Junitagen von 1919 in           Die übrigen Bundesländer folgten dem Beispiel Niederös-
                                            eines Staatsamtes für Landwirtschaft, mit dessen Führung    neten Förderungswesens. Besitzfestigungsprogramme, der     Wien eine Großkundgebung von Tausenden von Bauern              terreichs, und im Jahr 1923 wurde die »Präsidentenkon-
                                            der niederösterreichische Landtags- und Reichtagsabgeord-   Bau von Düngerstätten, Saatguthallen und produktionsför-   aus Niederösterreich und aus den übrigen Bundesländern         ferenz der landwirtschaftlichen Hauptkörperschaften« ins
                                            nete Josef Stöckler (1918–1920) beauftragt wurde.           dernde Maßnahmen im Pflanzenbau und in der Tierzucht       stattgefunden, durch die eine Atmosphäre der Sicherheit        Leben gerufen, die später in die »Präsidentenkonferenz
26   100 Jahre Agrarpolitik in Österreich                                                                                                                                                                                                                                                  27

                                                                                                                                                            Unrra   Leopold Figl

                                            der Landwirtschaftskammern Österreichs« unbenannt wur-      rungswirtschaft. Der Reichsnährstand mit seinen regiona-    Aufbauarbeit. Die Erfahrungen, die nach 1918 gemacht        die erste UNRRA-Lieferung – ein Güterzug mit Weizen – in
                                            de und seit 2005 als »Landwirtschaftskammer Österreich«     len Untergliederungen entfachte eine Erzeugungsschlacht,    wurden, bildeten eine wertvolle Grundlage, chaotische       Wien eingetroffen.
                                            fungiert.                                                   die Blut- und Bodenideologie hofierte den Bauernstand.      Zustände konnten nach 1945 vermieden werden.                      Der Marshallplan und die UNRRA-Hilfe, von Amerika
                                                  Dank dieser Entwicklung, der als wirksame Selbst-     Zu den wirksamsten Förderungsmaßnahmen gehörten die               Als im März 1946 in London eine internationale        ausgehend, haben wirksam zum Aufbau einer geordneten
                                            hilfeorganisation das Genossenschaftswesen tatkräftig zur   Verbilligung von Düngemitteln, Maschinen und Futter-        Notstandskonferenz über die europäische Getreideversor-     Agrarproduktion beigetragen. Die Agrarpolitik wurde auf
                                            Seite trat, setzte in den zwanziger Jahren eine Pro-        mitteln. Kulturtechnische Maßnahmen erschlossen neue        gung stattfand, entsandte Figl seinen Landwirtschafts-      die möglichst rasche Selbstversorgung mit wichtigen Pro-
                                            duktionssteigerung der österreichischen Landwirtschaft      Produktionsflächen. Die Bergbauern wurden vielfach ent-     minister, Josef Kraus (1945 bis 1952), der als erstes       dukten ausgerichtet. Kriegs- und Mangelzeiten bringen
                                            ein, die etwa 1925 den Vorkriegszustand erreichte oder      schuldet und besonders gefördert. Die massiven Eingriffe    österreichisches Regierungsmitglied Gelegenheit hatte,      es mit sich, dass alle lebenswichtigen Güter, vor allem
                                            überflügelte. Besonders markant war der Aufstieg der        des Reichsnährstands und Zwangsbewirtschaftung empfan-      sein Land offiziell vor einem internationalen Forum zu      aber Nahrungsmittel, bewirtschaftet und preisgebunden
                                            Milchwirtschaft, der sowohl in einer kräftigen Vermehrung   den viele Bauern in Österreich als schwere Belastung und    vertreten. Kraus teilte in London mit, der Frühjahrsan-     sind und dass es neben den offiziellen Bezugsquellen
                                            des im Krieg stark reduzierten Kuhbestands als auch in      Beschränkung der Freiheit. Die Blut- und Bodenmythologie    bau sei in Österreich im Gange und man hoffe, dass es       inoffizielle mit erhöhten Preisen gibt. Während nun für
                                            einer Steigerung der Milchleistung pro Kuh Ausdruck fand    (agrarkonservative Vision) wurde im Reichserbhofgesetz      mit Hilfe der UNRRA (dem Hilfsaktions- und Wiederauf-       die gewerblich industriellen Güter sehr bald die Fesseln
                                            und eine Gesamtleistung ergab, die schon bald einen Ex-     1939 auch in Österreich umgesetzt.                          bau-Ausschuss der UN) gelingen würde, auch das noch         der Bewirtschaftung fallengelassen wurden, blieben
                                            portüberschuss von Molkereiprodukten ermöglichen sollte.                                                                fehlende Saatgut aufzutreiben. Bittere Klage erhob Kraus    die Höchstpreise für die landwirtschaftlichen Produk-
                                                  Durch die Eingliederung Österreichs in das natio-           Von der Mangelwirtschaft zum Überfluss                darüber, dass es der österreichischen Landwirtschaft, wie   te wesentlich länger bestehen. Die gebundenen Preise
                                            nalsozialistische Deutschland 1938 vollzog sich rasch der   Nach dem Zweiten Weltkrieg standen die Produktions-         der Wirtschaft überhaupt, unmöglich wäre, einen Güter-      mussten mehrfach den geänderten Verhältnissen ange-
                                            Umbau auf eine totalitäre Agrarwirtschaft mit deutlichen    ankurbelung in der Land- und Forstwirtschaft sowie die      austausch zwischen den österreichischen Besatzungszo-       passt werden, wobei die Auftriebstendenzen teils vom
                                            Merkmalen für die Vorbereitung auf eine Kriegsernäh-        Ernährungssicherung im Vordergrund der politischen          nen durchzuführen. Noch im März 1946 ist dann auch          »schwarzen oder grauen Markt«, teils von der Importseite
28   100 Jahre Agrarpolitik in Österreich                                                                                                                                                                                                                                                     29

                                                                                                     Wende in der Agrarpolitik
                                            her wirksam wurden oder aber durch die Anpassung des                                                                   ab. Thoma hatte in der Zwischenkriegszeit im Landbund        sich die »Grüne Revolution«, die sich in einem giganti-
                                            Schillings an die Kurse der Auslandsvaluten ausgelöst    Das Wirtschaftsjahr 1952/53 brachte erstmalig eine            seine politische Heimat und trug zusammen mit Vinzenz        schen Produktivitätsfortschritt dokumentiert. Die Erträge
                                            wurden. Die notwendigen Anpassungen der gebundenen       friedensmäßige Versorgung mit einem Rekordanteil von          Schumy wesentlich zur Eingliederung des Landbundes in        in der pflanzlichen und tierischen Erzeugung haben
                                            Preise wurden in fünf Etappen, durch so genannte Lohn-   86 Prozent aus der Ernte 1953. Da dieser Prozentsatz nur      den Bauernbund nach 1945 bei. In seine Amtszeit fielen       sich seit Mitte der fünfziger Jahre bis heute verdoppelt
                                            und Preisübereinkommen, vollzogen.                       einen Durchschnitt darstellt, der in den einzelnen land-      der Aufbau einer geordneten Agrarförderung, die Inten-       und verdreifacht. Die »Grüne Revolution« übertraf die
                                                  Die fünf Lohn- und Preisübereinkommen              wirtschaftlichen Produkten eine ziemlich weite Streuung       sivierung des Qualitätsweizenanbaus, die Einführung des      kühnsten Prognosen. Bei allen Produkten (ausgenommen
                                            (1949/1951), die vom Gewerkschaftsbund und Vertre-       von etwa fünfzig Prozent der Bedarfsdeckung bei Fetten        Agrarinvestitionskredits und die Beschlussfassung über die   pflanzliche Öle und Fette) wurde schon Ende der fünfziger
                                            tern der Landwirtschaft verhandelt wurden, waren wohl    bis über hundert Prozent bei Vieh und Molkereiprodukten       landwirtschaftliche Zuschussrente.                           Jahre die Selbstversorgung fast erreicht oder überschritten
                                            unvermeidbar, befriedigten aber niemanden, jedenfalls    aufweist, traten in diesem Jahr erstmalig wieder Preis- und         Die zunehmende Industrialisierung übte einen star-     (1958/59): bei Butter 124 Prozent, bei Rindfleisch 110 Pro-
                                            auch nicht die Landwirtschaft. Während die übrige        Absatzschwierigkeiten auf. Das Jahr 1953 kann daher als       ken Sog auf die Arbeitskräfte in der Land- und Forstwirt-    zent, bei Schweinefleisch 93 Prozent, bei Brotgetreide 78
                                            Wirtschaft schon sehr bald nach dem Kriege wieder die    die Wende in der Agrarpolitik angesehen werden, ab der        schaft aus, ebenso der rasche Fortschritt in der Techni-     Prozent. Ein Landwirt ernährt heute in den europäischen
                                            höheren freien Preise und für die Importprodukte die     nicht mehr die Produktions-, sondern wieder die Preis-        sierung. 1950 waren in der Land- und Forstwirtschaft         Industriestaaten im Durchschnitt hundert Personen, vor
                                            günstigsten Weltmarktpreise lukrieren konnte, musste     und Absatzprobleme das Agrargeschehen beherrschten. Für       nur 14.500 Traktoren und Motorkarren eingesetzt, aber        fünfzig Jahren war es weniger als die Hälfte.
                                            sich die Landwirtschaft im wesentlichen mit den gebun-   die Milchwirtschaft waren schon ab 1955 Exporte erforder-     283.100 Pferde. Bis zum Jahre 1960 hat sich das Verhält-           Bei Milch war schon Mitte der fünfziger Jahre die
                                            denen, in der Regel nur vorübergehend die Gestehungs-    lich. Ab 1953 mussten schon Rinder mit subventionierten       nis auf 150.240 zu 121.000 verengt; heute gibt es noch       Selbstversorgung erreicht, in der Pflanzenproduktion wirk-
                                            kosten deckenden Preisen begnügen. Sie hat damit nicht   Ausfuhren auf Auslandsmärkten untergebracht werden.           87.000 Pferde (überwiegend für die Freizeitgestaltung)       ten sich die Züchtungsfortschritte bei Getreide, Mais und
                                            unwesentlich zum Wiederaufbau der Gesamtwirtschaft             Franz Thoma (1952 bis 1959) trat am 23. Jänner          und 352.000 Traktoren. Von der Sichel zum Mähdrescher        Rüben noch deutlich in den Erträgen und der Qualität aus,
                                            beigetragen.                                             1952 in das Kabinett Figl II ein und löste Josef Kraus        bis hin zu computergesteuerten Melkanlagen vollzog           in der Rinderwirtschaft wurde die Spezialisierung eingelei-
30   100 Jahre Agrarpolitik in Österreich                                                                                                                                                                                                                                                     31

                                                                                                                                                                    Eduard Hartmann

                                                                                                                                                                    Landwirtschaftsgesetz als Meilenstein
                                            tet. Immer mehr Produkte drängten in den Export. Die Zeit   derte entsprechende Konsequenzen. Die Entwicklung der                                                                     die preisgünstige Versorgung der Bevölkerung mit Nah-
                                            der erwünschten Massenproduktion war vorbei, Qualität       bäuerlichen Einkommen, gemessen am fortschreitenden         Die rasche Aufwärtsentwicklung der land- und forstwirt-       rungsgütern und die Einkommensverbesserung für die in
                                            und Exporterfolge standen im Vordergrund, von Europarei-    Wohlstand in anderen Sektoren, ließ den Ruf nach einem      schaftlichen Erzeugung machte neue Überlegungen zur           der Landwirtschaft Tätigen vor. Der Grüne Plan für den
                                            fe wurde bereits gesprochen.                                Planungsgesetz am Beispiel der Schweiz oder der Bundes-     Markt- und Förderungspolitik notwendig. In Deutschland        Agrarsektor als Teil des Bundesbudgets war die wichtigste
                                                  Ende der fünfziger Jahre war der Übergang von der     republik Deutschland immer lauter werden.                   (1955) und in der Schweiz (1948) gab es bereits Landwirt-     Förderungsgrundlage. Seit der Beschlussfassung des Land-
                                            Mangelversorgung zur Überschussproduktion bei den wich-           Der erfreulichen Produktionssteigerung in den         schaftsgesetze.                                               wirtschaftsgesetzes ist der jeweilige Bundesminister für
                                            tigsten Produkten deutlich erkennbar. Es galt, die markt-   fünfziger Jahren entsprach keineswegs eine entsprechende          Schon 1952 wurde in Österreich der Ministerialent-      Land- und Forstwirtschaft auch verpflichtet, jährlich bis
                                            wirtschaftlichen Regelungen anzupassen, Exportmärkte zu     Entwicklung der Einkommen. Eine globale Gegenüberstel-      wurf eines Landwirtschaftsgesetzes zur Begutachtung           zum 15. September, den Grünen Bericht mit dem Grünen
                                            beobachten und das Förderungssystem für die Land- und       lung der landwirtschaftlichen Preisindexzahlen zeigt zwar   vorgelegt. Die Sozialpartner waren intensiv in die Beratun-   Plan (Maßnahmen gemäß §9/3 LWG) der Bundesregierung
                                            Forstwirtschaft zu überdenken. In die Ära von Landwirt-     für das Jahrzehnt 1950/51 bis 1958/59 ein beträchtliches    gen eingeschaltet. Mit dem heute noch (fast) unveränder-      und dem Parlament vorzulegen. Am 8. September 2009
                                            schaftsminister Eduard Hartmann (1959 bis 1964) fielen      Ansteigen der Betriebseinkommen, aber eine wesentlich       ten Landwirtschaftsgesetz und dem Motto »Agrarpolitik         wurde der 50. Grüne Bericht mit den notwendigen Maß-
                                            bereits bedeutende agrarpolitische Zäsuren.                 stärkere Erhöhung der Gesamtausgaben. Forderungen           geht alle an« schuf sich Eduard Hartmann, zusammen            nahmen für die Förderung der Land – und Forstwirtschaft
                                                  Die produktionsfördernde Phase der Nachkriegspoli-    nach einer wirksamen Agrarschutzpolitik wurden von den      mit seinem legendären Sektionschef Rudolf Leopold und         gemäß Landwirtschaftsgesetz von der Bundesregierung
                                            tik (1945 bis 1951) wurde von der produktionslenkenden      bäuerlichen Interessenvertretungen (Bauernbund, Land-       dem damaligen Generalsekretär der Präsidentenkonferenz        beschlossen.
                                            und absatzsichernden (1952 bis 1961) abgelöst. Markt-       wirtschaftskammern) mit großer Vehemenz vertreten. Die      der Landwirtschaftskammern, Ernst Brandstätter, einen               Die Absatzsicherung für die wichtigen Produkte
                                            und Qualitätsprobleme und deren Lösung standen im           SPÖ-dominierten Organisationen (Arbeiterkammer, Gewerk-     bleibenden Platz in der österreichischen Agrargeschichte.     Getreide, Milch sowie Vieh und Fleisch wurde 1950 im
                                            Vordergrund. Die Bildung der Europäischen Wirtschaftsge-    schaftsbund) verlangten Preisabsprachen und Versorgungs-    Das Gesetz wurde am 13. Juli 1960 im Parlament beschlos-      Milchwirtschafts-, Getreidewirtschafts- und Viehwirt-
                                            meinschaft (EWG) mit den »Römer-Verträgen« 1957 erfor-      sicherheit.                                                 sen und sieht die Förderung der bäuerlichen Betriebe,         schaftsgesetz geregelt und 1958 zum Marktordnungsgesetz
32   100 Jahre Agrarpolitik in Österreich                                                                                                                                                                                                                                                               33

                                                                                                                                                         Karl Schleinzer   Familienbetrieb

                                            zusammengefasst. Es bildete, dutzendfach geändert, bis       ausschied, folgte ihm Karl Schleinzer als Landwirtschafts-        Agrarkommissar Sicco Mansholt mit seinem Plan für die          Die strukturpolitische Phase der österreichischen Agrarpo-
                                            zum EU-Beitritt den wichtigsten Rechtsrahmen für die         minister nach. Zahlreiche und richtungweisende Gesetze            Schaffung moderner Produktionseinheiten und landwirt-          litik erfuhr durch die Regierungsvorlage vom 17.06.1969
                                            Produktion und Versorgung mit Grundnahrungsmitteln.          für Bauern und Konsumenten wurden geschaffen und                  schaftlicher Unternehmungen (PE und MLU) kam. Die-             über das Bundesgesetz, mit dem Maßnahmen zur Verbes-
                                            Zusammen mit dem seit 1959 eingeführten Agrarinvesti-        eindrucksvoll die Öffnung der Agrarpolitik vollzogen. Die         ser viel gescholtene »Mansholt-Plan« (1968) löste eine         serung der Besitzstruktur bäuerlicher Betriebe gefördert
                                            tionskredit (AIK), für den der Bund das von den Banken       Schaffung des Qualitätsklassengesetzes 1967 (BGBl. Nr.            stürmische Diskussion in Österreich und Europa aus und         werden, einen legistischen Höhepunkt, nachdem bereits
                                            (überwiegend Raiffeisen) bereitgestellte Kreditvolumen       161) und des Weinwirtschaftsfonds 1969 (BGBl. Nr. 296)            fand auch einen entsprechenden Niederschlag in agrar-          1967 das Siedlungsgrundsatzgesetz (BGBl. Nr. 79) sowie
                                            mit Zinszuschüssen verbilligt, wurde auch ein Förderungs-    dokumentieren diese Bemühungen. Besonders hervorzu-               politischen Initiativen, vergleichbar mit den agrarpoliti-     die entsprechenden Landesausführungsgesetze verab-
                                            instrumentarium geschaffen, das die Leistungs- und Wett-     heben sind für diesen Zeitabschnitt der österreichischen          schen Auseinandersetzungen über die Reformvorschläge           schiedet wurden. Dieses Gesetz sieht die Schaffung und
                                            bewerbsfähigkeit der Betriebe stärkte und Investitionen in   Agrarpolitik auch das Außenhandelsgesetz 1968 (BGBl. Nr.          Franz Fischlers (Agenda 2000) im Sommer 2003.                  Erhaltung leistungsfähiger bäuerlicher Betriebe vor. Zu er-
                                            den Ausbau der ländlichen Infrastruktur (Wege, Grundzu-      314), das Geflügelwirtschaftsgesetz 1969 (BGBl. Nr. 115)                Der bäuerliche Familienbetrieb als bis dahin allge-      wähnen sind als Meilensteine dieser agrarpolitischen Nach-
                                            sammenlegungen, Vermarktungs- und Verwertungseinrich-        und das Stärkeabgabengesetz 1969 (BGBl. Nr. 152). Einen           mein gültiges agrarpolitisches Leitbild geriet ins Wanken,     kriegsära auch die Flurverfassungsnovelle 1967 (BGBl. 103),
                                            tungen) ermöglichte und so die Integration des Agrarsek-     Fortschritt bedeutete auch das Zuckergesetz 1967 (BGBl.           und in einer Publikation des Bundesministeriums für            zur Vereinfachung und Beschleunigung der Grundzusam-
                                            tors in den Binnenmarkt erleichterte.                        Nr. 267).                                                         Land- und Forstwirtschaft mit dem Titel Landwirtschaft im      menlegung sowie das Güter-Seilwege-Grundsatzgesetz 1967
                                                                                                               Die immer schwieriger werdenden marktwirtschaft-            Umbruch – Agrarstrukturpolitik in Österreich (Wien 1969)       (BGBl. Nr. 198), welches die modernen Voraussetzungen für
                                                   Der Kurswechsel                                       lichen Probleme führten gegen Ende der sechziger Jahre            hieß es unter anderem: »Der bäuerliche Familienbetrieb         die innere und äußere Erschließung landwirtschaftlicher
                                            Als Eduard Hartmann wegen innerparteilicher Konflikte        auch zu einer intensiven strukturpolitischen Diskussion,          als strukturelles Leitbild ist kein starres Modell, weil die   Betriebe schuf. Das umfangreichste Gesetzeswerk war zwei-
                                            und Differenzen mit Finanzminister Josef Klaus, der 1964     wobei der entscheidende Anstoß für diese europaweite              unterschiedlichen Standortbedingungen eine Vielfalt von        fellos die Schaffung des »Bäuerlichen Besitzstrukturfonds«
                                            Alfons Gorbach als Kanzler ablöste, aus der Regierung        agrarpolitische Auseinandersetzung vom damaligen EG-              Betriebsformen und Betriebsgrößen bedingen.«                   beim Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft in
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                                            der diesbezüglichen Regierungsvorlage, die vor allem auch    abfinden musste, besonders groß. Der Österreichische         sind auch regionalpolitische Maßnahmen im Interesse der      Nach dem Zweiten Weltkrieg trug die SPÖ im Wesentlichen
                                            durch den in dieser Zeit errichteten Entwicklungs- und       Bauernbündler titelte am 7. März 1970 »Was wird aus den      ländlichen Siedlungsräume notwendig. / Die Umstellung        aber alle Konzepte mit, die der Produktionssteigerung
                                            Erneuerungsfonds für die gewerbliche Wirtschaft durch        Bauern?« und schrieb: »In einer Zeit, in der die Bauern      der Produktion, insbesondere auf Erzeugnisse, bei denen      in der Landwirtschaft und der Versorgungssicherung für
                                            eine Initiative des damaligen Finanzministers Stefan Koren   immer weniger werden, in der die Vertretung und Durch-       im In- und Ausland aufnahmefähige Märkte vorhanden           die Bevölkerung diente. Die Marktordnung aus dem Jahre
                                            (Koren-Plan) ermöglicht wurde.                               setzung von Bauerninteressen immer schwieriger wird, ist     sind, soll durch eine entsprechende Preis- und Absatzpoli-   1958, seither immer umstritten und bis 1995 Gegenstand
                                                  Während der ÖVP-Alleinregierung (1966 bis 1970)        es für die bäuerliche Bevölkerung einfach lebensnotwendig,   tik gewährleistet werden.«                                   politischen Pokerspiels zwischen SPÖ und ÖVP, sowie das
                                            wurden zur Budgetsanierung (»Korenplan«) auch den            an der bewährten und erprobten politischen Bauerneinig-            Diese Ausführungen, die durchaus Kontinuität mit       Landwirtschaftsgesetz aus dem Jahre 1960 sind dafür ein
                                            Bauern Opfer (Einführung der Weinsteuer, Anhebung des        keit festzuhalten.«                                          agrarpolitischen Bemühungen der abgewählten ÖVP-Allein-      gutes Beispiel.
                                            Beitrages der Bauern zur Überschussverwertung bei Milch            Am 27. April 1970 gab Bundeskanzler Dr. Bruno          regierung 1966 bis 1970 erkennen ließen, überraschten in-          Die Ära der SPÖ-Agrarpolitik zwischen 1970 und
                                            »Krisengroschen«) abverlangt. Große Demonstrationen          Kreisky vor dem Nationalrat seine Regierungserklärung        sofern, als im Wirtschaftsprogramm der SPÖ aus dem Jahre     1986 war vor allem in der Amtszeit des streitbaren SPÖ-
                                            waren die Folge. Die Verärgerung der bäuerlichen Familien    »Für ein modernes Österreich« ab. Der Land- und Forst-       1968 »Reform der österreichischen Wirtschaft« einleitend     Gewerkschafters Günter Haiden (1976 bis 1986) von einem
                                            hat nicht unwesentlich zur Wahlniederlage der Volkspartei    wirtschaft wurde ein ausführliches Kapitel gewidmet, in      stand: »Die Bauern sind Opfer einer falschen Agrarpolitik.   harten Konfrontationskurs mit dem ÖVP-Bauernbund ge-
                                            1970 beigetragen.                                            dem es unter anderem hieß: »Die Bundesregierung ist          Das österreichische System der Agrarsubventionen ist un-     prägt, während sein Vorgänger Oskar Weihs (1970 bis 1976)
                                                                                                         der Auffassung, dass eine gesunde und leistungsfähige        rationell. Es schafft die Einkommensunterschiede zwischen    die Partnerschaft mit den Landwirtschaftskammern pflegte.
                                                   Die sozialdemokratische Agrarpolitik                  Land- und Forstwirtschaft ein unentbehrlicher Bestandteil    gewerblicher Wirtschaft und Landwirtschaft nicht aus der     Trotzdem wurde vieles umgesetzt und positive Weichen für
                                            Die Enttäuschung über den Sieg der SPÖ bei den National-     der Gesamtwirtschaft ist. / Da die Strukturprobleme der      Welt und wirkt überdies den notwendigen Strukturänderun-     die Entwicklung in der Land- und Forstwirtschaft gestellt.
                                            ratswahlen 1970 war beim ÖVP-Bauernbund, der sich völlig     österreichischen Land- und Forstwirtschaft mit agrarpoli-    gen entgegen. Die österreichische Subventionspolitik trägt   Anzuführen sind:
                                            unvorbereitet mit einem SPÖ-Landwirtschaftsminister          tischen Maßnahmen allein nicht bewältigt werden können,      dazu bei, die Strukturen zu versteinern.«
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