11/2012 Bayerischer Gemeindetag
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BAYERISCHER GEMEINDETAG • Verband kreisangehöriger Städte, B 6015 E Märkte und Gemeinden • Körperschaft des öffentlichen Rechts Bayerischer Gemeindetag 11/2012 BAYERISCHEN GEMEINDETAGS Krippenmuseum in Glattbach (Lkr. Aschaffenburg) Die Zeitschrift des Der Bayerische Gemeindetag im Internet: http://www.bay- gemeindetag.de Die Geschäftsstelle ist gleichzeitig über folgende e-mail-Adresse erreichbar: baygt@bay-gemeindetag.de
Bayerischer Gemeindetag Inhaltsverzeichnis QuintEssenz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 397 Dr. Brandl: Verwalten heißt gestalten . . . . . . . . . . . . . . . . 399 Dr. Busse: 10 Thesen zum Landesentwicklungs- programm Bayern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403 Informationen des Bayerischen Gemeindetags im Oktober 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 404 Graf: Energiewende – vom Sonnendeck in den Maschinenraum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 406 Dr. Thimet: Die neue Muster-EWS . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 410 Hummel: „Kein Anschluss unter dieser Nummer“ . . . . . 415 Reichard + Bläß: Das Konzessionsvergabeverfahren im Strom- und Gasbereich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 419 Zum 50. Jubiläum von „Ludyga/Hesse“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 423 VERWALTUNG Führung in Zeiten des Wandels . . . . . . . . . . . . . . 427 Moderationstechniken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 427 KOMMUNALWIRTSCHAFT 43. Seminar für Führungskräfte der Versorgungs- und Entsorgungswirtschaft in Bad Wiessee . . . . . . . 428 Jahreskongress der Energieeffizienzgemeinden . . . . . . . . . . . . . . . 428 Förderung elektronischer Anzeigetafeln . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 SOZIALES Kommunalpolitikerinnen unterwegs zu Sozialthemen im Elsass . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 429 Aktuelles aus Brüssel – Die EU-Seite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 432 VERSICHERUNGEN Rechtsschutzversicherung . . . . . . . . . . . . . . 434 PLANEN + BAUEN Novelliertes Städtebaurecht aus erster Hand . . 434 UMWELTSCHUTZ Service- und Kompetenzzentrum Kommunaler Klimaschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 435 VERSCHIEDENES Netzwerk Nachhaltige Bürgerkommune Bayern (NENA) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 436 KAUF + VERKAUF Feuerwehrfahrzeuge, Sammelbestellung eines Feuerwehrfahrzeugs, Fendt GT380 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 438 Literaturhinweise . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 439 In letzter Minute Gemeindetag erfreut über zusätzliche Steuermillionen für die Gemeinden und Städte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 440 Gemeinden und Städte wollen Alkoholexzesse unterbinden . . . . . . 441 Business Partnering Convention 2012 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 442 Übersendung von Gerichtsentscheidungen an die Geschäftsstelle Die Auskunfts- und Beratungstätigkeit der Geschäftsstelle hängt in einem hohen Maße davon ab, wie gut der Informationsfluss zwischen Mitgliedskörperschaften und der Geschäftsstelle ist. Wir bitten deshalb unsere Mitglieder dringend, uns gerichtliche Entscheidungen umgehend zu überlassen und uns über anhängige Verfahren bei den Verwaltungsgerichten oder bei den obersten Bundesgerichten zu informieren, damit andere Mitglieder schnell und zeitnah von diesen Erfah- rungen profitieren können.
Bayerischer Gemeindetag • QuintEssenz Wichtiges in Kürze 397 Verwaltung und Selbstverständliches im vorge- legten Entwurf. Eine echte Vision zur Verwalten heißt gestalten Zukunft der Raumentwicklung in „In der neuen Bürgergesellschaft spielt Bayern fehlt. Ein so wichtiges Thema die Musik schneller und lauter. Die wie die Energiewende bleibt im An- Politik hat sich längst hierauf einge- satz stecken. Das „alte“ Problem der stellt und entscheidet immer rascher Verkaufsflächenbeschränkung beim und beliebiger nach Zuruf.“ Solch Einzelhandel ist wieder nicht gelöst. wenig tröstliche Worte ruft Gemein- Auf den Seiten 403 und 404 fasst detagspräsident Dr. Uwe Brandl den Dr. Jürgen Busse, Geschäftsführen- jungen, frisch ausgebildeten Beam- des Präsidialmitglied des Bayerischen ten zum Start in ihr (hoffentlich erfolg- Gemeindetags, die Kritikpunkte des reiches) Berufsleben zu. Am 15. No- Bayerischen Gemeindetags am vor- vember 2012 hielt er die Festanspra- gelegten LEP-Entwurf zusammen. che bei der Diplomierungsfeier der Fachhochschule für öffentliche Ver- waltung und Rechtspflege in Hof. Auf Energieversorgung den Seiten 399 bis 402 können Sie Die Länder, Gemeinden und Ge- Energiewende: Wie? seine Ausführungen nachlesen. meindeverbände waren Ende 2011 beim nicht-öffentlichen Bereich mit Wann? Wo? „Jetzt gilt es, Ihr theoretisches Wissen 745 Milliarden Euro verschuldet. Je Kürzlich fand in Nürnberg die Verlei- an den Mann bzw. an die Frau zu Einwohner waren das 9112 Euro. bringen. Jetzt warten die Bürgerin- hung des Bayerischen Energiepreises Die höchste Schuldenlast pro Kopf nen und Bürger auf Sie, sei es in den entfiel mit 28 638 Euro auf die Be- 2012 statt. Eine hochkarätige Veran- staatlichen oder sei es in den kom- wohner in Bremen, auf die Sachsen staltung mit 500 Teilnehmern. Reprä- munalen Verwaltungen. Jetzt beginnt kamen mit 2196 Euro pro Person sentanten des Bundes, des Freistaats, Ihr Fronteinsatz.“ Damit hat der Ge- die niedrigsten Schulden.Insgesamt, der Elektrizitätswirtschaft und der meindetagspräsident unmissverständ- also einschließlich der Schulden des kommunalen Seite nahmen daran Bundes und der gesetzlichen Sozial- teil. Für den Bayerischen Gemeinde- lich umrissen, was auf die Elite der versicherung, war der öffentliche bayerischen Verwaltungsbeamten zu- tag nahm Stefan Graf, zuständiger Haushalt in Deutschland Ende 2011 kommt: eine hohe Erwartungshal- Referent in der Geschäftsstelle des mit 2025 Milliarden Euro verschul- tung in der Bevölkerung, die mittler- det (24771 je Einwohner). Der größ- Bayerischen Gemeindetags, teil. Sei- weile kaum noch verständlichen Ge- te Teil der Gesamtschulden entfiel ne Gedanken im Nachgang zu dieser setzestexte und Verwaltungsregeln mit rund 1280 Milliarden Euro Veranstaltung sind vortrefflich ge- verständlich gemacht zu bekommen, (15 649 Euro je Einwohner) auf den eignet, den Leser auf den neuesten Bund. Auf die gesetzliche Sozial- Stand des brisanten Themas „Ener- damit sich die Bürgerinnen und Bür- versicherung entfielen 823 Millio- ger damit identifizieren und danach giewende“ zu bringen, um in der nen Euro,was einem Anteil von zehn leben. Angesichts der immer komple- aktuellen Diskussion bestehen zu Euro pro Einwohner entsprach. xer werdenden Welt mit ihrer immer können. Auf den Seiten 406 bis 409 heterogeneren Gesellschaftsstruktur finden Sie seine Ausführungen. kein leichtes Unterfangen … Landesentwicklung Nicht ganz überraschend schoben sich Bund und Freistaat gegenseitig 10 Thesen zum LEP Bayern den Schwarzen Peter für das derzei- Kommunalwirtschaft Vor genau drei Jahren verkündete tige Erlahmen der Aktivitäten bei der der bayerische Ministerrat geradezu Energiewende zu. Im Grunde genom- Die neue Muster-EWS Revolutionäres: Das Landesentwick- men wartet jeder auf das Handeln Anfang 2012 wurde die neue Muster- lungsprogramm Bayern solle radikal des anderen. Während der Bund eine Entwässerungssatzung (Muster-EWS) entschlackt und auf das Nötigste koordinierte Aktion der Länder er- veröffentlicht. Damit wurde das alte beschränkt werden. Ausgehend von wartet, fordern die Länder ihrerseits Vorgängermuster aus dem Jahre 1998 einem weißen Blatt Papier solle sich klare Vorgaben vom Bund, wie der abgelöst. Die zuständige Referentin das Bayerische Wirtschaftsministe- Strom künftig in ganz Deutschland in der Geschäftsstelle des Bayerischen rium auf den Weg machen, ein zu- verteilt werden soll. Stichwort: Mas- Gemeindetags, Dr. Juliane Thimet, kunftsgerichtetes, modernes, schlan- terplan. Annähernd Konsens herrsch- nimmt auf den Seiten 410 bis 414 kes LEP auszuarbeiten, mit dem die te wenigstens bei der Erkenntnis, dass ausführlich unter dem Blickwinkel weitere Entwicklung des Freistaats die derzeitige Förderung des Ausbaus des Bayerischen Gemeindetags zur vorgezeichnet würde. der Erneuerbaren Energien dringend neuen Muster-EWS Stellung. Ergän- Genau drei Jahre später ist Ernüchte- reformbedürftig ist. Sonst steigt der zend zu den sieben Veranstaltungen rung eingetreten. Der vorgelegte Ent- Strompreis in astronomische Höhen. auf Bezirksregierungsebene in Bayern, wurf ist in weiten Teilen das Papier Was noch alles auf dieser Veranstal- die in den letzten Monaten von rund nicht wert, auf dem der Text steht. tung diskutiert wurde, entnehmen 1.500 Teilnehmern besucht wurden. Immer noch steht viel zu viel Banales Sie bitte dem informativen Bericht.
Bayerischer Gemeindetag • QuintEssenz Die Steuereinnahmen fallen in den kommenden Jahren besser aus als im Mai erwartet. Nach den Be- rechnungen der Steuerschätzer können Bund, Länder und Gemeinden 2011 mit 16,2 Milliarden Euro mehr an Steuereinnahmen rechnen, als noch bei der letzten Schätzung im Mai angenommen worden war. Insgesamt wurden die Steuereinnahmen des Staates für das laufende Jahr auf 571,2 Milliarden Eu- 398 ro veranschlagt - 40,6 Milliarden mehr als 2010. Telekommunikation Kein Anschluss unter dieser Nummer Die Deutsche Telekom AG ist wie jedes private Unternehmen zu be- triebswirtschaftlichem Handeln ge- zwungen. Sie muss daher Einspar- potenziale ausschöpfen und gewinn- bringend denken und handeln. Das wirft ihr niemand vor. Allerdings wol- len Bayerns Gemeinden und Städte für ihre Bürgerinnen und Bürger die gewohnten Leistungen haben und einer Qualitäts- und Strahlendiskus- sion aus dem Weg gehen. Daher ist es verständlich, wenn sich Bayerns Kommunen gegen Überlegungen der Deutschen Telekom stemmen, in Neubaugebieten Festnetzanschlüsse künftig auf Mobilfunkbasis anzubie- ten, wenn die Verlegung von Kupfer- Nach Meinung der Eltern ist das deutsche Bildungssystem zu sehr leistungs- kabeln unwirtschaftlich ist. Solange orientiert und bietet eine zu geringe Chancengleichheit. Das geht aus der die Universaldienstverpflichtung der sogenannten JAKO-O-Bildungsstudie hervor, in der 3 000 Eltern schulpflich- Deutschen Telekom grundsätzlich ei- tiger Kinder nach ihren Sichten zur deutschen Bildungspolitik befragt wur- ne Festnetzversorgung auf drahtge- den. Demnach meinen 74 Prozent der Eltern, dass die Leistungsorientierung bundener Basis impliziert, will man eher „stark“ oder „sehr stark“ im Vordergrund steht. 28 Prozent halten die- von einer Funklösung nichts wissen. sen Aspekt für sehr wichtig. 84 Prozent ist es hingegen sehr wichtig, dass viel Wert auf soziales Verhalten gelegt wird und dass alle die gleichen Bildung- Auf den Seiten 415 bis 418 stellt der schancen haben. Die Umfrage wurde im Auftrag des mittelständischen Journalist Manfred Hummel die neue Kinderwaren-Unternehmens JAKO-O vom Meinungsforschungsinstitut tns Strategie der Telekom vor und be- emnid erstellt. richtet von Missstimmung bei einzel- nen Kommunen. Feuerwehren Hausnummern müssen erkennbar sein! Das Auffinden von Hausnummern bereitet den Feuerwehren, aber auch den Einsatzkräften von Polizei und Rettungsdiensten immer wieder Pro- bleme und führt zu einer Verzöge- rung bei der Hilfeleistung. In jedem Fall kann das verzögerte Auffinden einer Einsatzstelle aufgrund einer nicht deutlich angebrachten Haus- nummerierung Leben kosten oder hohen Sachschaden nach sich zie- hen. Deshalb sollte es im Interesse aller sein, dass die Einsatzkräfte die Hausnummernschilder von der öffent- lichen Verkehrsfläche aus eindeutig Der deutsche Staat war Ende 2011 mit 2025 Milliarden Euro verschuldet. Das entsprach einer Schuldenlast von 24 771 Euro je Einwohner. Der größte Teil und schnell erkennen bzw. auffinden der Schulden entfiel mit rund 1287 Milliarden Euro auf den Bund. In den ver- können. Dies gilt vor allem in der gangenen 50 Jahren ist der Schuldenstand des öffentlichen Gesamthaushalts Nacht oder bei schlechter Sicht. um ein Vielfaches gestiegen. Ende 1960 war der Staat mit rund 29 Milliarden Den Hauseigentümern sollte immer Euro verschuldet. Allerdings ist eine Vergleichbarkeit des heutigen Schulden- wieder nahegebracht werden, dass stands mit historischen Daten nicht uneingeschränkt möglich. Gründe hierfür sie ihre Hausnummern gut sichtbar sind beispielsweise das erweiterte Bundesgebiet nach der Wiedervereini- gung, Änderungen bei berücksichtigten Schuldenarten oder auf den Bund am Gebäude anbringen und von Be- übergegangene Schulden, wie die im Juli 1999 auf den Bund übergegangene wuchs freihalten. Bitte achten Sie Verbindlichkeiten des Bundeseisenbahnvermögens. darauf!
- 11/2012 Bayerischer Gemeindetag 399 u- Verwalten „Die Fachhochschule für öffent- heißt gestalten* frontiert. Bürgerinnen und Bür- liche Verwaltung und Rechtspfle- ger mit zunehmend steigenden ge in Hof gilt als Kaderschmiede Ansprüchen. Bürger, die eben für den exzellent ausgebildeten nicht wissen wollen, was nicht Nachwuchs in der öffentlichen geht, sondern die oft zu Recht Verwaltung in Bayern. Sie alle oder vermeintlich wissen, was können heute nach dreijähriger geht. Ähnlich verhält es sich intensiver und umfassender Aus- Dr. Uwe Brandl, künftig in Ihrem Berufsleben in bildung stolz sein auf die Über- Präsident des der Beziehung zu Ihren politi- reichung ihres Diploms, das Sie schen Gremien. Auf der einen Bayerischen Gemeindetags ab sofort befähigt, in der öffent- Seite soll Verwaltung der Politik lichen Verwaltung Verantwortung einen Rahmen aufzeigen, inner- zu übernehmen. Ich gratuliere Ihnen sich vertieft mit den verschiedenen halb dessen man sich noch auf siche- zu Ihren bestandenen Prüfungen und fachlichen Schwerpunkten des nicht- rem rechtlichem Terrain befindet. An- spreche Ihnen meinen Dank aus für technischen Verwaltungsdienstes aus- dererseits erwarten Politikerinnen und Ihre Entscheidung, Ihr erworbenes um- einandersetzen. Jetzt gilt es, meine Politiker aber auch Anregungen, wie fangreiches Wissen und auch Ihre Per- Damen und Herren, Ihr theoretisches man künftig neue und innovative sönlichkeit in den Dienst der öffent- Wissen an den Mann beziehungswei- Wege beschreiten kann. Das lange lichen Verwaltung zu stellen. Sie ha- se an die Frau zu bringen. Jetzt war- Zeit gezeichnete Bild über die öffent- ben drei Jahre lang nun viel über Ver- ten die Bürgerinnen und Bürger auf liche Verwaltung von Beamtinnen und waltungsrecht gelernt und durften Sie, sei es in der staatlichen oder sei es Beamten in verstaubten Büros, die mit in der kommunalen Verwaltung. Jetzt Ärmelschonern die Akten von links beginnt Ihr Fronteinsatz. Jetzt gilt es nach rechts und wieder zurück bewe- zu beweisen, dass Sie Theorie und gen, ist längst einem Bild des moder- Praxis erfolgreich umsetzen können. nen Verwaltungsmanagers gewichen, Aus meiner langjährigen persönlichen der heute in einem High-Tech-Büro Erfahrung kann ich Ihnen schon heu- sitzt und in Multi-Tasking-Manier Bür- te mit auf den Weg geben, dass ich gerschaft und Politik gleichermaßen die Arbeit mit und für den Menschen zufriedenzustellen hat. Das Headset als sehr sinnstiftend und überwiegend ist dann nur noch das I-Tüpfelchen als ausgesprochen spannend und er- beim Outfit eines sonst rund um die freulich finde. Natürlich werden sich Uhr verkabelten Beamten. Rufbereit- sehr viele Verwaltungsabläufe immer schaftspauschale nicht immer inklu- wiederholen und damit zu einer ge- sive. wissen Routine führen. Dennoch war- Sie haben mich heute freundlicher- ten jeden Tag neue Herausforderun- weise zu Ihrer Diplomierungsfeier ein- gen und oft Überraschungen auf Sie. geladen, sicherlich auch in der Erwar- Verwalten heißt für mich in vielen Be- tung, Ihnen als Präsident des Bayeri- reichen gestalten. Gerade in den Kom- * Festansprache des Präsidenten bei der Diplomie- Dr. Uwe Brandl munalverwaltungen werden Sie täg- rungsfeier der Fachhochschule für öffentliche Verwal- lich mit neuen Herausforderungen kon- tung und Rechtspflege am 15. November 2012 in Hof BAYERISCHER Geschäftsführendes Präsidialmitglied Dreschstraße 8, 80805 München Marina Ottendorfer, Tel. 0 87 09 / 92 17-60 GEMEINDETAG Direktor Dr. Jürgen Busse Tel. 0 89 / 36 00 09-30, Fax 0 89 / 36 00 09-36 Margit Frey (BayGT),Tel. 0 89 / 36 00 09-13 Verantwortlich für Redaktion und Erscheinungsweise monatlich; Bezugspreis Druck, Herstellung und Versand: Herausgeber und Verlag: Anzeigen: EUR 33,– jährl.; bei Mitgliedern im Beitrag enth. Druckerei Schmerbeck GmbH Bayerischer Gemeindetag, Wilfried Schober, Direktor beim Anzeigenverwaltung: Gutenbergstr. 12, 84184 Tiefenbach b. Landshut Körperschaft des öffentlichen Rechts; Bayerischen Gemeindetag Druckerei Schmerbeck GmbH Tel. 0 87 09 / 92 17-0, Fax 0 87 09 / 91 57 25
400 Bayerischer Gemeindetag 11/2012 schen Gemeindetags einige Überle- nicht ausreichen, kommen die staat- ärmelaufkrempelnden Menschen in gungen zum Verhältnis Politik, Ver- lichen Ressourcen zum Tragen. Schon diesem Land zu verdanken. Doch die waltung und Bürgerschaft vorzustel- Theodor Heuss, unser erster Bundes- Rahmenbedingungen hierfür sind in len. Kurz vorweg einige Informatio- präsident, lag wohl nicht falsch in sei- unseren Städten und Gemeinden ge- nen über unseren kommunalen Spit- ner Behauptung, dass die Gemeinde schaffen worden. Kommunalpolitik zenverband. Wie Sie sicherlich wissen, wichtiger sei als der Staat. Auch in die- hat vor Ort die entsprechenden Wei- haben wir in Bayern vier kommunale ser Aussage können Sie das Subsidia- chen gestellt, um Tradition und Zu- Spitzenverbände, die im Großen und ritätsprinzip herauslesen. Die verfas- kunft miteinander zu verbinden, um Ganzen miteinander sehr gut harmo- sungsrechtlich verbriefte Selbstver- Industriestandorte zu fördern und nieren, insbesondere wenn es um die waltungsgarantie hat also neben der gleichermaßen die Belange der Um- gemeinsame kommunale Interessens- formalen Regelungsbefugnis auch eine welt zu beachten. Fortschritt ist ohne vertretung gegenüber dem Freistaat, Abwehrfunktion, nämlich die Botschaft: lokale Infrastruktur schlichtweg nicht dem Bund oder gegenüber den euro- Die Gemeinde regelt ihre örtlichen vorstellbar. All diese Veränderungs- päischen Institutionen geht. Hin und Angelegenheiten. Der Staat kommt prozesse in der Vergangenheit und wieder müssen wir uns allerdings auch erst dann ins Spiel, wenn die Gemein- auch in der Zukunft können nicht – wie in jeder Familie üblich – mit- de mit der Aufgabenbewältigung über- ohne entsprechende Handlungsspiel- einander beschäftigen und sind da- fordert ist. Nicht anders ist die Funk- räume der Kommunen erfolgreich bei sehr wohl in der Lage, lebhaft und tion des Staates definiert, wenn es um umgesetzt werden. Deswegen ist der mit Herzenslust miteinander um die seine Einschaltung in die Erledigung Bayerische Gemeindetag ein so vehe- besten Lösungen zu streiten. Zum gemeindlicher Angelegenheiten des menter Verfechter der kommunalen Beispiel in Fragen der Zuständigkei- eigenen Wirkungskreises geht. Er ist Selbstverwaltung. Und daher können ten auf den verschiedenen kommu- jenseits seiner rechtsaufsichtlichen Be- Sie sicherlich auch nachvollziehen, nalen Ebenen und den damit verbun- fugnisse lediglich Hilfstruppe zur För- dass wir allen Versuchen, unsere Hand- denen Finanzierungsfragen. Es liegt in derung, Stärkung und Erhaltung ge- lungsspielräume einzuengen, so ener- der Natur der Sache, dass es hier meindlicher Autonomie. Das beginnt gisch entgegentreten. Und die Gefah- zwischen Großstädten und ländlichen beim kommunalen Finanzausgleich ren lauern überall: Das fängt in Brüs- Räumen zu unterschiedlichen Bewer- und endet bei der Regelung kommu- sel an mit einer sich immer deutlicher tungen kommt. Gleiches gilt für die naler Zusammenarbeit. Wir Kommu- abzeichnenden Vision eines zentra- Beurteilung von Aufgabenzuständig- nalvertreter müssen diese Spielregeln listischen Europas. Das wollen wir so keiten zwischen den verschiedenen gebetsmühlenartig den Kollegen vom nicht. Und das wollen auch die Bürge- kommunalen Ebenen. Von den 2.031 Staat immer wieder vortragen. rinnen und Bürger so nicht. Wir wol- kreisangehörigen Städten,Märkten und len ein Europa der Vielfalt. Wir wollen Der Bayerische Gemeindetag ist ein Gemeinden sind bis auf eine Handvoll ein Europa nicht nur der Staaten, son- glühender Verfechter dieses Subsidia- alle Mitglied beim Bayerischen Ge- dern wir wollen auch ein Europa ritätsprinzips und damit der kommu- meindetag. Wir sind damit der mit- Regionen und ein Europa der Städte nalen Selbstverwaltung. Die Erfolgs- gliederstärkste kommunale Spitzen- und Gemeinden und damit ein Euro- geschichte der Bundesrepublik Deutsch- verband nicht nur in Bayern, sondern pa der Bürgerinnen und Bürger.Trans- land und ihres demokratischen und in ganz Deutschland. portieren Sie mal eine solche Idee in föderalen Staatsaufbaus liegt für mich politische Gremien, in denen Vertreter Der Bayerische Gemeindetag kann in zunächst einmal begründet in der von Staaten sitzen, die die Wörter kom- diesem Jahr sein 100jähriges Beste- kommunalen Selbstverwaltung. De- munale Selbstverwaltung, Subsidiari- hen feiern. 1912 haben sich in Kolber- mokratie wird vom Bürger zunächst tät oder Daseinsvorsorge in ihrem Le- moor im Landkreis Rosenheim 56 Ge- einmal vor der eigenen Haustür im ben noch nie gehört haben. Da freut meinden zusammen getan, um einen eigenen Ort erfahren. Nirgendwo man sich in Brüssel, wenn man einem Spitzenverband der königlich-bayeri- sonst sind sich Wähler und Gewählte Österreicher oder einem Südtiroler schen kreisangehörigen Gemeinden so nah. Nirgendwo sonst wirken poli- begegnet. Der weiß wenigstens, von zu gründen. Schon bei der Gründung tische Entscheidungen so unmittel- was wir sprechen. Und glauben Sie ja unseres Verbandes wurde die tragen- bar auf die Bürger wie in der Kommu- nicht, dass sich die Bundesregierung de Idee sichtbar: Nämlich die Wah- nalpolitik. Dabei hat Kommunalpoli- oder auch die Bayerische Staatsregie- rung des Subsidiaritätsprinzips. Die- tik nicht nur Verantwortung für lokale rung auf der europäischen Ebene zu ses Prinzip, die örtlichen Angelegen- Angelegenheiten, sondern sie hat oft Anwälten der Gemeinden machen. heit zunächst einmal dort zu regeln, auch gesamtgesellschaftliche Verant- wo sie anfallen, ist die tragende Säule wortung zu tragen. Der Aufschwung Unser ständiger Kampf um die kom- des kommunalen Selbstverwaltungs- Bayerns in den vergangenen Jahr- munale Selbstverwaltung ist auch in rechts. Den ersten Zugriff zur Bewälti- zehnten weg von einem Agrarland unserer eigenen Heimat nicht leichter. gung aller Angelegenheiten der ört- hin zu einem zukunftsfähigen High- Das beginnt in Berlin, von wo aus wei- lichen Gemeinschaft hat die dem- Tech-Land ist selbstverständlich zu- terhin insbesondere in der Sozial- und nach Gemeinde. Erst wenn ihre Kräfte nächst einmal den innovativen und in der Jugendhilfe stets neue Aufga-
11/2012 Bayerischer Gemeindetag 401 ben formuliert und in Gesetzestexte ten im Deutschen Bundestag finden, Bestimmungen zum Wohle der gegossen werden, die dann von den der diesem Irrsinn Einhalt gebietet Bürger so umsetzen wollen oder Kommunen umzusetzen und zu finan- und sich für eine entsprechende No- nicht. zieren sind. Auch hier hat der Bayeri- vellierung des Achten Sozialgesetz- So bauen wir unsere Schulen aus zu sche Gemeindetag in den letzten Jah- buches einsetzt? Ganztagsschulen, aber nur, wenn der ren sehr energisch darum gekämpft, Auch gegenüber der Bayerischen Staats- kommunale Schulaufwandsträger um aus diesem Würgegriff der bun- regierung sind wir immer wieder ge- „freiwillig“ einen Antrag stellt. So ent- despolitischen Sozialgesetzgebung fordert, um für das verfassungsrecht- wickeln wir unsere Hauptschulen zu herauszukommen. Es ist ein Unding, lich garantierte Selbstverwaltungsrecht Mittelschulen weiter, aber nur auf dass z.B. die Grundsicherung für Men- zu kämpfen. Aus München kommen Antrag der jeweiligen Kommune. Wir schen im Alter oder aber auch die Ein- fast täglich neue Ideen, wie man die setzen die Inklusion in unseren Schu- gliederungshilfe für behinderte Mit- Bürgerinnen und Bürger insbesonde- len um, aber nur, wenn dies die Kom- bürgerinnen und Mitbürger als kom- re vor Landtagswahlen beglücken kann. munen vor Ort wünschen. Aus den munale Ausgabe deklariert wird. Wir Natürlich auf Kosten der Kommunen. ehemaligen gesetzlichen Bestimmun- sind uns in diesem Kreis sicher alle Als aktuelles Beispiel dient da die No- gen ist in Zeiten der Konnexität ein einig, dass es sich dabei um eine ge- vellierung des Bayerischen Kinderbil- reines „Wunschkonzert“ geworden. samtgesellschaftliche Aufgabe han- dungs- und -betreuungsgesetzes, das Dabei weiß der Staat ganz genau, delt, über deren Aufgabenzuständig- die Kommunen schon seit Jahren per- dass es sich die Gemeinden aus politi- keit und über deren Finanzierung sonell, organisatorisch und finanziell schen Gründen gar nicht erlauben Bund, Länder und Kommunen zu ver- sehr belastet. Oder nehmen Sie weite können, sich bei all diesen Themen handeln haben. Es ist uns nach jahre- Teile der bayerischen Schulpolitik. auszuklinken. Fair ist dieses Verhalten langem und hartem Ringen endlich Eine Reform jagt die andere, ein Mo- allerdings nicht. Und es zeugt auch gelungen, wenigstens nun die Grund- dell folgt dem anderen. Die Eltern wis- von einem Geist, das den Grundge- sicherung im Alter als Aufgabe von sen morgens oftmals gar nicht mehr, danken der Konnexität nicht ernst den Kommunen abzugeben und dem in welche Schulart ihre Kinder heute nimmt. So steht zu befürchten, dass Bund zuzuführen. Das wird die kom- gehen. sich bald die Gerichte mit diesem munalen Haushalte alleine in Bayern Mir geht es darum, das Sie nachvoll- Thema zu befassen haben. Sollte es um jährlich fast 500 Millionen Euro ziehen können, warum wir den Wert bei der Umsetzung der Inklusion in entlasten. Jetzt werden wir diese Dis- der kommunalen Selbstverwaltung so Schulen nicht bald zu einer Einigung kussion auch über die Eingliederungs- hoch einschätzen für das Erfolgsmo- kommen, ist hier der erste Streitfall hilfe führen. Für diese Aufgabe geben dell Demokratie in Deutschland bzw. vorprogrammiert. die Kommunen in Bayern fast 2 Mil- in Bayern. liarden Euro im Jahr aus. Mit einem Meine sehr geehrten Damen und Vielleicht haben Sie bisher in diesem Herren, liebe Festgäste, von der Bayerischen Staatsregierung Zusammenhang einige Bemerkungen geforderten Bundesleistungsrecht wür- zur Konnexität vermisst. Möglicher- Ihnen wird in Ihrem künftigen Berufs- den wir diese Aufgabe als eine ge- weise vermuten Sie, dass bei der Vor- leben eine gewichtige Rolle im Span- samtgesellschaftliche gerne dem Bund gabe neuer Aufgaben doch derjenige nungsverhältnis Politik, Verwaltung zuordnen. Dies wäre eine faire und die Zeche zu zahlen hat, der diese und Bürgerschaft zukommen. Eine ehrliche Lösung, die uns Kommunen auch bestellt hat. So steht es doch in öffentliche Verwaltung ist nicht zum finanziell endlich ein wenig Luft ge- der bayerischen Verfassung. Da unter- Selbstzweck da. Sie hat gesetzliche ben würde, um unseren ureigenen schätzen Sie aber die Fantasie und Rahmenbedingungen zu beachten, Aufgaben vor Ort nachkommen zu Tricksereien des Landesgesetzgebers politische Vorgaben zu verfolgen und können. Oder denken Sie an das im gewaltig. Seit Verankerung der Kon- letztendlich für den Bürger zu han- Bundessozialrecht normierte Wunsch- nexität in unserer bayerischen Verfas- deln. Zielkonflikte sind dabei nicht und Wahlrecht der Leistungsberech- sung wird fast jeder von der Staats- ausgeschlossen. Die Zeiten des Durch- tigten. Das führt in der aktuell geführ- regierung oder vom Landtag vorge- regierens sind längst vorbei.Den Obrig- ten Diskussion über den im kommen- legte Gesetzentwurf wie folgt be- keitsstaat mit seiner unantastbaren den Jahr geltenden Rechtsanspruch gründet: Verwaltung können Sie den Geschichts- auf einen Krippenplatz dazu, dass die 1. neue Aufgabe als unabwendbar im büchern entnehmen. In der neuen Gemeinden mit Millionenaufwand vor Sinne der Wohlfahrt des Bürgers Bürgergesellschaft spielt die Musik Ort neue Betreuungsplätze schaffen notwendig. schneller und lauter. Die Politik hat und die Eltern dann zu der Erkenntnis sich längst hierauf eingestellt und ent- kommen: Danke für den Platz vor der 2. Alternative: keine scheidet immer rascher und beliebiger Haustür, aber ich schicke mein Kind in 3. Kostenmehrung: eventuell möglich nach Zuruf. Atomunfall in Fukushima, eine benachbarte Einrichtung. Das 4. Konnexität: wird nicht ausgelöst, da raus aus der Kernkraft in Deutschland. frustriert. Aber glauben Sie, dass Sie die Kommunen selbst bestimmen Euro-Krise in Griechenland. Sofortige auch nur einen einzigen Abgeordne- können, ob diese die gesetzlichen Aufstellung von Schutzschirmen mit
402 Bayerischer Gemeindetag 11/2012 astronomischen Summen. Das kommt gesetzlichen Vorgaben als vielmehr hohe Kunst, die künftig auch viel stär- an beim interessierten Publikum und eine Ausweitung und Verbesserung ker von der öffentlichen Verwaltung zeigt Tatkraft und Entscheidungsfreu- der informellen Bürgerbeteiligung. erwartet wird. Insbesondere wenn Sie digkeit. Aber frage niemand nach Welche Rolle spielen da in diesem Ihr Berufsweg in den sogenannten konkreten Plänen oder Zeitplänen. Zusammenhang die neuen Medien. Frontoffice-Bereich führen sollte, wird Und die Verwaltung steht mittendrin, Internet und mobile Informations- neben Ihrer fachlichen Kompetenz auch soll konzeptionell mitarbeiten, Geset- technologien ermöglichen heute auf Ihre soziale Kompetenz von ganz ent- ze mitformulieren und letztendlich Knopfdruck einen Informationsaus- scheidender Bedeutung für eine er- das Ganze umsetzen. Und dies unter tausch in Sekundenschnelle. Da müs- folgreiche Arbeit sein. Das Scharnier Berücksichtigung der oft völlig unter- sen die verantwortlichen Kommunal- zwischen Politik und Bürgerschaft, in schiedlichen Interessenslagen der Bür- politiker künftig darauf achten, Bür- dem Sie sich häufig befinden werden, gerschaft beziehungsweise der Lobby- gerinnen und Bürger von Anfang an wird auch in Zukunft sehr betriebsam, verbände aus Politik, Wirtschaft und in diese Entscheidungsprozesse durch um nicht zu sagen hektisch sein. Gesellschaft. Informationsveranstaltungen stärker mit einzubeziehen. Wenn dieses Ge- Meine sehr geehrten Damen und Wir machen auf der kommunalen Herren, vor Ihnen liegen spannende fühl in weiten Teilen der Bürgerschaft, Ebene gleiche Erfahrungen. Auch Jahre eines hoffentlich erfüllten, sinn- dass über ihre Köpfe hinweg regiert dort stehen die politisch Verantwort- stiftenden und erfolgreichen Arbeits- wird, nicht nachlässt, dann werden wir lichen ständig unter Handlungsdruck. lebens. Fit for work, so heißt ein Pro- auch weiterhin mit zahlreichen Bür- Wer nichts tut, der hat schon verloren. gramm des Arbeitsministeriums für gerbegehren und Bürgerentscheiden Der Bürger erwartet Action in seinem junge Menschen, die in den Beruf zu rechnen haben. Bayern steht übri- Interesse, und er will bei dieser Action einsteigen. Fit for work, das sind auch gens mit 1.700 Bürgerbegehren in den eine treibende Kraft sein. Auf jeden Sie heute, wenn es darum geht ab vergangenen Jahren an der Spitze der Fall, will der Bürger nicht das Gefühl morgen in der öffentlichen Verwal- gesamten Bundesrepublik. Bürger mit haben, dass über seinen Kopf hinweg tung in Bayern so richtig mit zu mi- in die politischen Entscheidungsfin- eine politische Entscheidung getrof- schen. Ich hoffe, dass auch ich als dungsprozesse mit einbinden heißt, fen wird. Die repräsentative Demokra- niederbayerischer Bürger einen Ruck auch nach neuen Wegen der Kontakt- tie steht auf dem Prüfstand. Die Ple- durch die öffentliche Verwaltung in aufnahme zu suchen. Zukunftswerk- biszite sind im Vormarsch. Nicht nur in Bayern spüre, sobald Sie mit Ihrer stätten entstehen landesweit, Work- Stuttgart wegen des Hauptbahnhofs, Tätigkeit begonnen haben. Krempeln nicht nur in München wegen der drit- shops, Bürgerbefragung, Beteiligungs- möglichkeiten per Mausklick. All dies Sie Ihre Ärmel auf, packen Sie zu, ten Start- und Landebahn am Flug- halten Sie Linie auf einem klaren Kurs. hafen. Sondern flächendeckend in ganz sind Möglichkeiten, um tatsächliche Bayern.Widerstände gegen Mobilfunk- oder wohl auch nur vermutete Kom- munikationsdefizite zwischen Politik Lassen Sie mich schließen mit einem masten oder Windkrafträder,gegen Ski- Auszug aus einem Gedicht von Her- lifte oder Kreisverkehre. Neue Wege in und Bürgerschaft zu minimieren. Da- bei wird auch der Verwaltung eine mann Hesse, der vor 50 Jahren ver- der Bürgerbeteiligung. Unter diesem storben ist. Motto finden derzeit zahlreiche Sym- neue Rolle zukommen. Der Verwalter posien und Fachkongresse statt. Auch wird zum Gestalter. Vom rein vollzie- „Stufen: Und jedem Anfang wohnt ein Ihre Fachhochschule hat sich mit die- henden wird der handelnde Verwal- Zauber inne, der uns beschützt und sem Thema Anfang Februar in einer tungsbeamte. Ihnen, der nachfolgen- der uns hilft, zu leben. Wir wollen hei- zweitägigen Veranstaltung sehr um- den jüngeren Generation, muss ich ter Raum und Raum durchschreiten, fangreich und intensiv beschäftigt. nach erfolgreichem Abschluss an die- an keinem wie an einer Heimat hän- ser Fachhochschule nicht erklären, wie gen. Der Weltgeist will nicht fesseln Die formellen Beteiligungsmöglich- der moderne Kontakt zu den Bürge- uns und engen, er will uns Stuf um keiten gerade bei der Aufstellung von rinnen und Bürgern aussieht. Sie sind Stuf heben, weiten.“ Flächennutzungs- und Bebauungsplä- fit für eine transparente Form der In- nen bestehen schon seit vielen Jah- formationsweitergabe sowohl an Po- Sie haben nun den Raum Ihrer Ausbil- ren. Es ist alles klar geregelt und wird litik als auch an Bürgerschaft. Aber es dung durchschritten und betreten auch so von den Kommunen beach- muss Ihnen auch bewusst sein, dass bald den Raum Ihrer künftigen Auf- tet. Dennoch brauchen wir offensicht- dieser Weg zu mehr Transparenz und gabe in der öffentlichen Verwaltung. lich mehr als nur eine rein formelle zur stärkeren Einbindung der Bürger- Sie sollen offen sein für Neues. Lassen Bürgerbeteiligung, um die Bürger mit- schaft in politische Entscheidungsfin- Sie sich nach Hesse auf Ihrem nächs- zunehmen in den politischen Entschei- dungsprozesse von Ihnen ein hohes ten Schritt ins Berufsleben auch ein dungsfindungsprozess. Und wenn wir Maß an Engagement,Verständnis und wenig verzaubern. von einer Modernisierung der Bürger- letztendlich auch mehr Zeitaufwand beteiligung sprechen, dann meinen erfordert. Menschen zuzuhören und Alles Gute nochmals und viel Erfolg wir wohl weniger Änderungen der ihre Belange ernst zu nehmen, ist eine für Ihren künftigen Lebensweg.
11/2012 Bayerischer Gemeindetag 403 10 Thesen zum Landesentwicklungs- 1. Der ursprüngliche Ansatz des 5. Bei der Neuformulierung des Ministerrats (Beschluss vom De- programm Bayern Zentrale-Orte-Systems hat der zember 2009) einer grundsätz- LEP-Entwurf eine große Chance lichen und radikalen Reform des vertan. Es sollen zwar die sieben Landesentwicklungsprogramms Dr. Jürgen Busse, bisher vorhandenen Kategorien („weißes Blatt Papier“) unter der Geschäftsführendes auf lediglich nur noch drei redu- Überschrift „Entbürokratisie- Präsidialmitglied des ziert werden, diese Verände- rung, Deregulierung und – so- Bayerischen Gemeindetags rung korrespondiert aber nicht weit möglich – Kommunalisie- mit einer vertieften inhaltlichen rung“ wird weiterhin nachhaltig Auseinandersetzung mit der Fra- begrüßt. Der vorliegende Entwurf wird 3. Dem LEP-Entwurf fehlt eine echte ge, ob die Funktion des Zentrale-Orte- dieser Zielsetzung allenfalls ansatz- Vision zur Zukunft der Raumentwick- Systems vor dem Hintergrund insbe- weise gerecht.Die beabsichtigte quan- lung in Bayern. Das als Präambel for- sondere der demographischen Ent- titative Reduzierung der Ziele auf ca. mulierte „Leitbild“ kann den Ansprü- wicklung heute überhaupt noch zeit- ein Viertel und der Grundsätze auf ca. chen an eine solche Vision nicht ge- gemäß ist. Hier bedarf es einer völli- ein Drittel ist zwar ein Schritt in die recht werden. Es bleibt auf einem viel gen Neuorientierung. richtige Richtung, allerdings fehlt es zu hohen Abstraktionsniveau und ent- 6. Prinzipiell begrüßenswert ist der an einer qualitativen Umorientierung. hält viel zu wenig Hinweise, wann und Versuch, die Struktur der Raumkate- Gerade die erhalten bleibenden Ziele wie die gesteckten Ziele erreicht wer- gorien zu vereinfachen. Allerdings ist sind zum Teil schärfer als die gelten- den sollen. Insgesamt muss sich die auch hier das Festhalten an der her- den und engen die gemeindlichen Landesplanung in ihren Inhalte und kömmlichen Begriffswelt fragwürdig. Handlungsspielräume unnötig ein. Mechanismen den veränderten öko- Eine Neueinteilung sollte sich an den 2. Alle Festlegungen des LEP-Entwurfs logischen, wirtschaftlichen und sozia- neuen landesplanerischen Leitlinien müssen nochmals intensiv daraufhin len Rahmenbedingungen anpassen. „Demographie“ und „Klimawandel“ untersucht werden, ob sie den Prinzi- Die Megatrends„demografischer Wan- orientieren. pien der Überörtlichkeit, der Subsi- del“ und „Energiewende“ müssen die diarität und der Verhältnismäßigkeit herausragenden Elemente landespla- 7. Die materiellen Regelungsbereiche entsprechen. Vorgaben für Sachver- nerischer Vorgaben werden. Die Lan- im Landesentwicklungsprogramm halte, die auf der Ebene der Gemein- desplanung muss sich bewusst wer- sind auf ein absolutes Minimum zu de geregelt werden können, sind zu den, dass die Förderung der regiona- beschränken. Erforderlich erscheinen unterlassen. len Stärken entscheidend für den Frei- allenfalls Aussagen zur überregiona- staat Bayern ist. Auch für den länd- len Verkehrsentwicklung, zur Rohstoff- lichen Raum muss ein eigenständiges sicherung, zum Einzelhandel sowie und umsetzungsorientiertes Leitbild zur Energieversorgung. Wenn aber formuliert werden. Aussagen zur Bildung, Gesundheits- 4. Uneingeschränkt zu begrüßen ist, vorsorge etc. getroffen werden, dür- dass der LEP-Entwurf an den Grund- fen nicht inhaltsleere Programmsätze sätzen der Gleichwertigkeit der Lebens- formuliert, sondern müssen echte Um- und Arbeitsverhältnisse, dem Vor- setzungsstrategien erarbeitet werden. rangprinzip für den strukturschwa- 8. Für den Bereich der Energiewende chen Raum sowie dem Vorhalteprin- enthält der LEP-Entwurf keinerlei Kon- zip festhalten will. Der Freistaat hat zept zur Bewältigung dieser enormen diese Grundsätze aber auch bei ande- Herausforderung. Weder die Proble- ren Politikentscheidungen in konkre- me der Energiespeicherung (Pump- te Maßnahmen umzusetzen. Als Bei- speicherkraftwerke) noch der Energie- spiele seien die Finanzverteilung (z.B. übertragung (Leitungstrassen) werden Einwohnerveredelung, demografischer auch nur mit einem Wort erwähnt. Ein Dr. Jürgen Busse Faktor beim Finanzausgleich) oder Landesentwicklungsprogramm, das auch der Schulbereich genannt. die Raumstruktur der nächsten 10 – 15
404 Bayerischer Gemeindetag 11/2012 Jahre in Bayern vertreten soll, muss eine sinnvolle städtebauliche Steue- nen, dass vom Erfordernis der städte- sich zwingend mit diesen Themen rung zu gewährleisten. baulichen Integration – etwas ver- auseinandersetzen. kürzt ausgedrückt – immer dann ab- 10. Regelungen für die Ansiedlung gewichen werden sollte, wenn die Ge- 9. In besonderer Weise schmerzhaft großflächigen Einzelhandels sind auch meinde – insbesondere im Rahmen für die Gemeinden ist die Behand- auf der Ebene der Landesplanung not- eines Einzelhandelsgutachtens – nach- lung des Bereichs der Siedlungsstruk- wendig. Allerdings müssen diese Be- weisen kann, dass der vorgesehene tur. Die Ziele, die in der Vergangenheit stimmungen die Planungshoheit der Standort für den Einzelhandelsbetrieb die kommunale Planungshoheit außer- Gemeinde respektieren und dürfen unter Berücksichtigung aller konkre- ordentlich eingeschränkt haben, sollen nur dann eingreifen, wenn tatsächlich ten Umstände des Einzelfalles richtig nicht nur erhalten bleiben, sondern landesplanerische Zwecksetzungen ist. zum Teil auch noch verschärft wer- beeinträchtigt werden. den. Beispielhaft sei das so genannte Anbindegebot herausgegriffen. Die Ge- Viel zu eng ist die Forderung nach Bedauerlicherweise bleibt der Entwurf meinden sollen weiter dazu gezwun- städtebaulich integrierter Lage ent- im Zusammenhang mit der Decke- gen werden, neue Siedlungsflächen sprechender Projekte. Wir bedauern, lung der zulässigen Verkaufsflächen nur in Anbindung an geeignete Sied- dass eine Kompromissformel, die zwi- wieder bei dem herkömmlichen An- lungseinheiten auszuweisen. Die im schen dem Gemeindetag und dem satz der Kaufkraftabschöpfung. Die BauGB enthaltenen Regeln, insbeson- Staatsministerium des Innern ent- ermittelten Verkaufsflächen für die dere das Abwägungsgebot des § 1 wickelt worden ist, nicht Eingang in einzelnen Gemeinden sind wenig Abs. 7 BauGB, reichen völlig aus, um den Entwurf gefunden hat. Wir mei- praxisgerecht. Informationen des Bayerischen Gemeindetags im Oktober 2012 … … können Sie unter www.bay-gemeindetag.de im „Mitgliederservice“ nachlesen. • Pressemitteilungen 22/2012 Gemeindetag erfreut über zusätzliche Steuermillionen für die Gemeinden und Städte • Rundschreiben 65/2012 Feuerwehrfahrzeugkartell; aktueller Sachstand 66/2012 Altersabhängige Staffelung des Erholungsurlaubs bei Beamten; Entscheidungen des Freistaats Bayern für Beamte für die Umsetzung der Jahre 2011 und 2012 67/2012 Baumschutzverordnung; Forderung von Ausgleichszahlungen 68/2012 „Kommunalwaldpakt 2011“ Änderung der KWaldV und Auszahlung des Gemeinwohlausgleichs 69/2012 Kostenloses Energiecoaching für Kommunen 70/2012 Veranstaltung „Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie – Kommunen aktiv für den guten Zustand klei- nerer Gewässer“ 71/2012 Staatliche Rechnungsprüfungsstellen; Zuweisungen von Gemeinden, Verwaltungsgemeinschaften und Zweckverbänden zum Bayerischen Kommunalen Prüfungsverband 72/2012 Benchmarking Abwasser Bayern geht in die vierte Runde • Schnellinfos für Rathauschefs 25/2012 Beteiligung der Gemeinden an der Einkommensteuer und an der Umsatzsteuer im 3. Quartal 2012 26/2012 Straßenverkehrszählung 2010; Verkehrsmengen-Atlas Bayern auf DVD 27/2012 Umfrage zur kommunalen Energieaktivitäten 28/2012 Gemeindetag bietet Bündelausschreibungen für kommunalen Strombezug an 29/2012 Veranstaltung „Novelliertes Städtebaurecht aus erster Hand“
11/2012 Bayerischer Gemeindetag 405 ah res k ale nder 2013 J individuell für Ihre Gemeinde Deckblatt 4-farbig gestaltet nach Ihren Wünschen – eventuell mit einem Werbeträger Jahreskalender aus Ihrer Gemeinde (örtl. Bank, Apotheke, ortsansässige Firma etc.) 2013 12 Monatsblätter 4-farbig ● ● ● mit Motiven aus Ihrer Gemeinde mit Müllabfuhrterminen (mit farbigen Tonnensymbolen gekennzeichnet) mit Veranstaltungsterminen Ihrer Gemeindevereine und Verbände ● freier Platz für Werbung (am Fuß der Kalenderblätter) 3 Infoblätter 4-farbig ● mit Öffnungszeiten und Telefonnummern der Gemeinde ● mit Adressen der öffentlichen Einrichtungen im Gemeindebereich ● mit wichtigen Telefonnummern Pfarrkirche der Gemeinde Musterheim ● mit Informationen über die Abfallwirtschaft ● mit Adressen der örtlichen Vereine und Verbände Gemeinde ● mit Busfahrplänen usw. Musterheim Ausführungsbeispiel: 16 Blätter, Format 48 x 15 cm (abweichende Ausführung jederzeit auf Anfrage möglich) mit Motiven aus dem Gemeindebereich * davon 13 Blätter mit Motiven aus Ihrer Gemeinde Müllabfuhrtermine * Veranstaltungstermine Mit Werbeanzeigen kann der Kalender ganz oder teilweise finanziert werden * Wissenswertes über die Gemeinde (z.B. durch örtliche Banken, Apotheken, ortsansässige Firmen) * Öffentliche Einrichtungen im Gemeindebereich * Wichtige Telefonnummern Preise per Stück zuzügl. MwSt.: (gültig für Ausführungsbeispiel) * Bürgerinformation Abfallwirtschaft * Müllgebühren 500 Stück 1000 Stück 1500 Stück 2000 Stück 2500 Stück * Vereine und Verbände * Busfahrplan Euro 2,30 1,50 1,25 1,10 1,05 Herzlichen Dank den Firmen: zuzügl. Satzkosten (Sie liefern uns Ihre Gemeindedaten im Word- oder PDF-Format, ?Þ SQRCPK?LLÞßÞ?Þ SQRCPK?LL wir pflegen Ihre gelieferten Daten in das Layout ein.) ?Þ SQRCPK?LLÞßÞ?Þ SQRCPK?LLÞßÞ?Þ SQRCPK?LL ?Þ SQRCPK?LLÞßÞ?Þ SQRCPK?LL ?Þ SQRCPK?LLÞßÞ?Þ SQRCPK?LLÞßÞ?Þ SQRCPK?LL ?Þ SQRCPK?LLÞßÞ?Þ SQRCPK?LL Bitte fordern Sie ein unverbindl. Muster an oder setzen sich telefonisch in Verbindung mit ?Þ SQRCPK?LLÞßÞ?Þ SQRCPK?LLÞßÞ?Þ SQRCPK?LL die mit ihren Werbeanzeigen zur Mitfinanzierung beitragen Herrn Georg Schmerbeck $ 0 87 09 / 92 17-20 Dieser Jahreskalender ist für Ihre Bürgerinnen und Bürger die ideale und wichtige Information im Gemeindebereich. GmbH Druckerei Schmerbeck Gutenbergstraße 12 • 84184 Tiefenbach bei Landshut Tel. 0 87 09 / 92 17-0 • Fax 0 87 09 / 92 17- 99 info@schmerbeck-druckerei.de
406 Bayerischer Gemeindetag 11/2012 Energiewende – Zur Verleihung des bayerischen vom Sonnendeck nario B 2032), sowie der dazu er- Energiepreises (aus unserem Mit- forderliche Verteilnetzausbau (zum gliederkreis wurde Fürstenfeld- in den Maschinenraum Anschluss der regionalen Energie- bruck ausgezeichnet, siehe S. 437) erzeugungsanlagen) mit geschätz- fand im Oktober in Nürnberg ten Kosten von 25 Milliarden Euro eine hochkarätige Veranstaltung (bis 2030, ohne smart grid-Netz- mit 500 Teilnehmern statt. Die Stefan Graf, umbau). entscheidenden Herausforderun- Bayerischer Gemeindetag gen der Energiewende wurden Wie viel Überzeugungsarbeit bis von Repräsentanten des Bundes, zu einer Harmonisierung hier Bayerns, der Elektrizitätswirtschaft und giepolitik verfolgen würden. Zum Bei- noch ansteht, zeigte das Statement der kommunalen Seite auf den Punkt spiel wolle Schleswig-Holstein drei- der Wirtschaftsstaatssekretärin Katja gebracht. Nachfolgend bieten wir eine mal so viel Strom durch erneuerbare Hessel, die das Energiekonzept ihres mit Anmerkungen aus kommunaler Energien-Anlagen bis 2022 erzeugen, Hauses „Energie Innovativ“ als bayeri- Sicht garnierte (in kursiv) Zusammen- wie es selbst verbrauche. Andere Län- schen Masterplan bestätigt hat. Eben fassung, die es dem Leser ermöglicht, der hätten ähnliche Exportambitio- darin stehen die ambitionierten weiß- sich komprimiert auf den aktuellen nen. Auf der anderen Seite gebe es blauen Ausbauziele für die erneuer- Stand der Debatte zu bringen: kaum ein Bundesland, welches nicht baren Energien. zumindest rechnerisch seine Spitzen- Außerdem hat die Staatsekretärin an- 1. Masterplan zur Energiewende last (also die aufgrund des Verbrauchs gemahnt, dass es für die fünf auf baye- Der für Energiepolitik zuständige Ab- benötigte Höchstleistung, i.d.R. am rischen Boden geplanten Gaskraft- teilungsleiter im Bundeswirtschafts- frühen Abend) durch innerhalb der werke endlich ein „Marktdesign“ ge- ministerium, Detlef Dauke, startete jeweiligen Landesgrenzen erzeugten ben müsse. Hinter dem neudeutschen einen Frontalangriff auf die Länder. Er Strom decken möchte („leistungs- Begriff Marktdesign verbirgt sich freilich prangerte an, dass neben dem Bun- mäßige Autarkie“). Dies habe dazu ge- nichts anderes, als der Ruf nach einem deskonzept 16 Länderenergiekonzep- führt, dass nach den Meldungen der neuen Fördermechanismus. Denn we- te existieren, die eine isolierte Ener- Länder für den deutschen Netzent- gen der zu erwartenden geringen Lauf- wicklungsplan (Konsultation gerade zeiten – bei Wind- und Sonnenzeiten abgeschlossen) alleine die erneuerba- kämen die Gaskraftwerke am Markt ren Energien 2022 eine Gesamtleis - nicht zum Zuge – seien die Großkraft- tung von 149 Gigawatt (= 149.000 werke über den heutigen „Energy only“- MW) haben sollen. Zum Vergleich: Die Markt (Bezahlung nur für gelieferten Spitzenlast Deutschlands wird bis da- Strom) nicht rentabel zu betreiben. hin auf 84 Gigawatt taxiert. Der Bun- Deshalb wird die Einführung eines desvertreter hat letztlich das Menetekel Kapazitätsmarkts, also eines Markts, ausgesprochen, dass der Aktivismus Aller der Stromverfügbarkeit unabhängig dazu führe, dass wir alles gleichzeitig von tatsächlichem Stromabruf han- machen und die Wettbewerbsfähigkeit delt, ins Spiel gebracht. Hierzu wurde unserer Strompreise in höchster Gefahr überraschend deutlich, dass die Ener- sei: Übertragungsnetzausbau mit Kos- giewirtschaft selbst zurückhaltend ist: ten von geschätzten 27 Milliarden Euro Dr. Markus Litpher, Vorstandsmitglied und Offshore-Windausbau in der leis- der LEW, sah höchstens langfristig tungsmäßigen Größenordnung aller hierfür eine Perspektive – der Eingriff deutschen AKWs einerseits und ande- in den heutigen Energiemarkt sei rerseits PV-Ausbau und Onshore-Wind- nämlich erheblich. kraftausbau mit Gesamtleistung von je- Zum Thema Masterplan merkte der weils weit über 60 Gigawatt in den Län- LEW-Vertreter an, dass die vorgeleg- dern (alle Angaben jeweils aus dem Ent- ten Energiekonzepte bestenfalls Ziel- Stefan Graf wurf des Netzentwicklungsplans, Sze- vorgaben seien, aber keinen Weg auf-
11/2012 Bayerischer Gemeindetag 407 zeigen würden. Der Bayerische Ge- liarden Euro nach Mitteldeutschland Als Zukunftslösung von den Fachleu- meindetag hat deshalb in Übereinstim- transferiert. Es bestehe dringender ten favorisiert wird deshalb die Inte- mung mit dem Bundesverband (DStGB) Handlungsbedarf, weil ansonsten täg- gration des Stroms aus erneuerbaren mehrmals einen solchen Masterplan lich neue EE-Anlagen 20-jährige Ver- Energien in den allgemeinen Energie- eingefordert. Gerade weil uns bewusst gütungszusagen erhalten, andererseits markt. Statt dass der Anlagenbetrei- ist, dass das Energiegeschehen von in den nächsten Jahren noch kaum ber eine garantierte Einspeisevergü- einer Vielzahl von Akteuren bestimmt Anlagen aus dem Umlagesystem aus- tung vom Netzbetreiber ausgezahlt ist, tut eine Verständigung der Akteure scheiden würden. E.ON-Vorstandsmit- bekommt, würden die Energieversor- auf einen solchen Masterplan not. Man glied Dr. Egon Westphal hat dies da- gungsunternehmen verpflichtet wer- kann gespannt sein, ob der jetzt von der mit illustriert, dass in der jüngsten den, eine bestimmte Quote ihrer Deutschen Energie-Agentur (dena) im Vergangenheit jährlich alleine 40.000 Stromlieferungen über erneuerbare Auftrag des BDI erstellte Masterplan, PV-Anlagen an ihr bayerisches Netz Energiequellen zu erfüllen. Den Ener- also wann, wo und welche Stromnetze gegangen sind. gieversorgungsunternehmen bliebe es und Kraftwerke errichtet werden sollen, dann überlassen, bei welchen Erzeu- eine solche staatliche „Adelung“ erfährt. Vom stetig anwachsenden Umlage- gungsanlagen „erneuerbarer Strom“ volumen, aufgrund der zu zahlenden eingekauft wird. Da diese versuchen EEG-Vergütungen, kann jedoch nicht werden, ihre Quote möglichst preis- 2. Zukunft der Förderung der pauschal auf die fehlende Wettbe- günstig zu erfüllen, würde dies zu erneuerbaren Energien werbsfähigkeit der erneuerbaren Ener- einem Wettbewerb unter den Anlagen- Annährend Konsens herrschte bei den gien geschlossen werden. Dies zeigte betreibern führen. Teilnehmern, dass die derzeitige För- die anschließende Diskussion: Von derung des Ausbaus der erneuerbaren Abteilungsleiter Dauke wurde näm- Welche Probleme ein solches Quo- Energien (= EEG) dringend reformbe- lich ein Publikumsbeitrag bestätigt, tenmodell zu lösen hätte, wurde je- dürftig sei. An die Spitze der Bewe- dass die stark angewachsenen Strom- doch ebenfalls deutlich: Derzeit be- gung setzte sich Staatssekretärin Hes- mengen aus erneuerbaren Energien steht zwischen den einzelnen erneuer- sel, die noch vor der nächsten Bun- die Spotmarktpreise für Strom ge- baren Energieträgern eine erhebliche destagswahl ein Marktmodell forder- drückt hätten. Da sich aber die EEG- Spreizung in der Einspeisevergütung. te, das den Wettbewerb im erneuer- Umlage aus der Differenz zwischen Spitzenreiter ist beispielsweise die Geo- baren Energien-Sektor einführe. Die gesetzlich garantierter Einspeisever- thermie, die zwischen 25 und 30 Cent pro jährlich ausgezahlten EEG-Vergütun- gütung einerseits und dem am Ener- KWh erhält. Die Grundvergütung bei gen würden für 2013 zu einem Um- giemarkt für den EE-Strom zu erzie- Windenergieanlagen beträgt dagegen lagevolumen von 14 Milliarden Euro lenden Preis andererseits errechne, nur 4,87 Cent. Möchte man einzelne führen. Zum Vergleich: Über den Solida- steige das Umlagevolumen je niedri- Träger nicht in die Erforschungsphase ritätszuschlag wurden 2008 ca. 12 Mil- ger der erzielte Börsenpreis sei. zurück werfen, müssten also differen- Über 500 Fachteilnehmer nahmen in Nürnberg am Fachkongress „Die Energiemärkte der Zukunft gestalten“ teil, der anlässlich der Verleihung des Bayerischen Energiepreises veranstaltet wurde.
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