EILDIENST 6/2020 - Landkreistag NRW

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EILDIENST 6/2020 - Landkreistag NRW
EILDIENST
                                                               6/2020

Aus dem Inhalt:
●    RW-Landräte sprechen mit NRW-Kommunalministerin Ina Scharrenbach
    N
    über Corona-Folgen
●   Schwerpunkt: Interkommunale Zusammenarbeit
●	Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände zur Änderung des
    E-Government-Gesetzes Nordrhein-Westfalen
EILDIENST 6/2020 - Landkreistag NRW
EILDIENST 6/2020                                                                                             Auf ein Wort

                                        Corona-Pandemie:
                                        Testen, testen, testen?

                                        Ob jemand mit dem Corona-Virus infiziert ist oder nicht, lässt sich sicher nur nach
                                        Durchführung einer entsprechenden Laboruntersuchung sagen. Deswegen kommt
                                        den Corona-Tests in der Debatte um die richtige Bekämpfungsstrategie eine zen-
                                        trale Bedeutung zu. Die Lockerung der Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung im
                                        Lauf der letzten Wochen erscheint deshalb als vertretbar, weil die Neuinfektionen,
                                        also die positiven Testergebnisse, in Deutschland sehr stark zurückgegangen sind.
                                        Weil die Bedeutung der Corona-Tests aber so groß ist, ist zu fragen, ob die Heran-
                                        gehensweise, insbesondere die Frage, wer getestet wird, richtig ist. Nach einer kur-
                                        zen Phase der Knappheit stehen nun ausreichende Testkapazitäten zur Verfügung.
                                        Eine Notwendigkeit, Testungen auf Verdachtsfälle, also Fälle, in denen eine corona-
                                        typische Symptomatik vorliegt, zu begrenzen, gibt es nicht mehr. Es besteht grund-
                                        sätzlich die Möglichkeit, auch weitere Bevölkerungsgruppen, etwa Pflegebedürftige
                                        oder das Personal von Pflegeheimen, Schulkinder und Lehrkräfte, Kita-Kinder und
                                        Erzieherinnen systematisch ohne Anlass zu testen. Zum Teil wurde und wird dies
bereits umgesetzt. So wurde in NRW das Personal, das in Schlachtbetrieben eingesetzt war, nach dem Auftreten entspre-
chender Verdachtsfälle einem Reihentest unterzogen. Mehrere Kreise haben Reihentestungen in Pflegeheimen durchge-
führt und konnten so frühzeitig Infektionen entdecken und eine Ausbreitung unterbinden.
Etliche Kreise und kreisfreie Städte haben seit Mitte März in Zusammenarbeit mit den Kassenärztlichen Vereinigungen (KV)
sogenannte Abstrich- oder Diagnosezentren eingerichtet. Diese gab und gibt es zum Teil mit mehreren Standorten, zum
Teil als „Drive-In-Station“ und zum Teil mit mobilen aufsuchenden Diensten. Mit ihnen wurde ein wesentlicher Beitrag zur
Eindämmung der Pandemie geleistet. Die KV übernahm grundsätzlich die Abrechnung der Kosten für Tests von Personen,
die eine Symptomatik aufweisen. Zum Teil hat sich die Zusammenarbeit mit der KV vor Ort allerdings äußerst schwierig
gestaltet. Vielen Kreisen wurden sogenannte Betriebsstättennummern und die erforderliche Abrechnungsausstattung zur
Verfügung gestellt. In einigen Kreisen gelang dies nicht. Mitte Mai 2020 kündigte die KV Westfalen-Lippe kurzfristig die
Zusammenarbeit in den Abstrichzentren und entzog den Kreisen und kreisfreien Städten die entsprechenden Abrechnungs-
möglichkeiten. Erst nach massivem politischen Druck wurde signalisiert, diese Entscheidung vorerst rückgängig zu machen.
Hintergrund dieses Sinneswandels könnte eine Rechtsänderung auf Bundesebene sein. Durch das Zweite Gesetz zum
Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite vom 19.05.2020 wird nämlich geregelt, dass
der Bundesgesundheitsminister durch Rechtsverordnung bestimmen kann, dass sämtliche Corona-Tests von den gesetzli-
chen Krankenkassen finanziert werden müssen, also auch in Fällen, in denen keine Symptome vorliegen. Es ist nicht auszu-
schließen, dass im Vorfeld dieser bundespolitischen Entscheidung mit der Zerschlagung der Abstrichzentren Fakten geschaf-
fen werden sollten.
Die geplante Verordnung hat große Bedeutung für die Ausrichtung der Test-Strategie und damit die Pandemiekontrolle in
Deutschland. Bis vor kurzem galt die Devise „Testen, testen, testen“! Dass dieser Ansatz richtig ist, wird jedoch immer mehr
in Zweifel gezogen. Anlassunabhängige Tests bestimmter Bevölkerungsgruppen würden immer nur eine Momentaufnahme
darstellen. Auch wenn eine solche Teststrategie auf bestimmte Einrichtungen, z.B. alle Pflegeheime konzentriert würde,
wäre stets nur die Aussage zu treffen, dass zu einem Tag X in dieser Einrichtung eine bestimmte Infektionszahl vorgelegen
hat oder eben nicht. Für eine schlüssige Ausrichtung der Teststrategie kommt den fachlichen Hinweisen des Robert-Koch-
Instituts maßgebliche Bedeutung zu.
Entscheidend muss sein, dass es keine finanziellen Fehlanreize geben darf. Notwendige Tests dürfen nicht unterbleiben, weil
die Etats der gesetzlichen Krankenkassen geschont werden sollen. Sofern das Land die Notwendigkeit erkennt, in bestimm-
ten Bevölkerungsgruppen oder Einrichtungen zu testen, müssen von diesem auch die entsprechenden Kosten übernommen
werden. Dies hat das Land im Beispielsfall der Schlachtbetriebe so geregelt, was zu begrüßen ist. Auch die Krankenkassen
sollten überlegen, ob es wirklich sinnvoll ist, bei der Frage der Finanzierung asymptomatischer Tests zu sparen. Wenn das
Pandemiegeschehen sich wieder verschärft, weil etwa ein Ausbruch aufgrund unterbliebener Test nicht rechtzeitig erkannt
und eingedämmt werden konnte, werden die kurativen Behandlungskosten, die die Krankenkassen zu tragen haben, sehr
viel höher ausfallen.

                                                                            Dr. Martin Klein
                                                                            Hauptgeschäftsführer
                                                                            des Landkreistages Nordrhein-Westfalen

                                                                                                                       269
EILDIENST 6/2020 - Landkreistag NRW
Inhalt                                                                                                       EILDIENST 6/2020

  Kavalleriestraße 8
                                                     AUF EIN WORT                                             269
  40213 Düsseldorf                                   ______________________________________________________________
  Telefon 0211/ 300 491-0
  Telefax 02 11/ 300 491-660
  E-Mail: presse@lkt-nrw.de
  Internet: www.lkt-nrw.de                           THEMA AKTUELL

                                                     Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände zur
  Impressum                                          Änderung des E-Government-Gesetzes Nordrhein-Westfalen            273
  EILDIENST – Monatszeitschrift
                                                     ______________________________________________________________
  des Landkreistages
  Nordrhein-Westfalen

  Herausgeber:                                       CORONA-KRISE
  Hauptgeschäftsführer
  Dr. Martin Klein
                                                     Covid-19 und die Finanzen – Kommunen unter Volllast               274
  Redaktion:
  Erster Beigeordneter Dr. Marco Kuhn                ______________________________________________________________
  Beigeordneter Dr. Kai-Friedrich Zentara
  Hauptreferent Dr. Markus Faber
  Referent Karim Ahajlin                             Ergebnisse der „Heinsberg-Studie“ veröffentlicht                  275
  Referentin Dr. Andrea Garrelmann
  Referentin Dorothée Heimann                        ______________________________________________________________
  Pressereferentin Rosa Moya
  Referent Christian Müller
  Referent Roman Shapiro                             Infektionsgeschehen in Schlachtbetrieb hat Folgen für
  Referent Martin Stiller
                                                     die Branche und den Kreis Coesfeld                                277
  Quelle Titelbild:
  Oberbergischer Kreis                               ______________________________________________________________

  Redaktionsassistenz:
  Gaby Drommershausen                                Wie die Kreise in der Covid-19-Pandemie handeln                   278
  Astrid Hälker
  Heike Schützmann                                   ______________________________________________________________
  Herstellung:
  ALBERSDRUCK GMBH & CO KG
  Leichlinger Straße 11                              AUS DEM LANDKREISTAG
  40591 Düsseldorf
  www.albersdruck.de
                                                     NRW-Landräte sprechen mit NRW-Kommunalministerin
                                                     Ina Scharrenbach über Corona-Folgen                               282
  ISSN 1860-3319
                                                     ______________________________________________________________

                                                     Kuratoriumssitzung des Freiherr-vom-Stein-Instituts am
                                                     6. März 2020                                                      285
                                                     ______________________________________________________________

                                                     SCHWERPUNKT:
                                                     Interkommunale Zusammenarbeit
                                                     Interkommunales: NRW                                              289
                     Kreise in Nordrhein-Westfalen
                                                     ______________________________________________________________

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EILDIENST 6/2020 - Landkreistag NRW
EILDIENST 6/2020                                                   Inhalt

Interkommunales.NRW – In Deutschland ganz vorn!              289
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Gemeinsam gegen den Heidebrand                               291
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Interkommunale Zusammenarbeit im Rhein-Kreis Neuss           294
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Wissensaustausch im Kreis Paderborn – Der Kreis Paderborn
unterstützt die Stadt Paderborn bei der Digitalisierung
ihrer Bauakten                                               295
______________________________________________________________

Nachwuchsförderung goes interkommunal –
ein „Sieben-Meilenstein“ für echte Zusammenarbeit            297
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10 Jahre ServiceCenter Kreis Wesel – „Wir lieben Fragen!“    299
______________________________________________________________

Beihilfeabrechnung in Zeiten von ‚Corona‘                    300
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THEMEN

Pionierarbeit im nachhaltigen und digitalen Bauen            302
______________________________________________________________

Jahres- und Eingliederungsbericht 2019 des Jobcenters
Kreis Coesfeld                                               304
______________________________________________________________

Auf dem Weg zum Klimaschutzkonzept für den Kreis Unna    305
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IM FOKUS

Neue App für den Ennepe-Ruhr-Kreis                           307
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                                                                     271
EILDIENST 6/2020 - Landkreistag NRW
Inhalt                                                          EILDIENST 6/2020

MEDIENSPEKTRUM                                           308
______________________________________________________________

KURZNACHRICHTEN                                          310
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HINWEISE AUF VERÖFFENTLICHUNGEN                          314
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EILDIENST 6/2020                                                                                                       Thema aktuell

Stellungnahme der kommunalen Spitzenverbände
zur Änderung des E-Government-Gesetzes Nordrhein-
Westfalen

D    as    E-Government-Gesetz
     08.07.2016 legt die rechtliche
                                      vom

Grundlage für die Digitalisierung in Nord-
                                              die entstehenden Mehrbelastungen auszu-
                                              gleichen.
                                                                                             das Land hier zentrale Vorgaben für alle
                                                                                             staatlichen Schulämter erlässt und eine
                                                                                             entsprechende Infrastruktur bereitstellt.
rhein-Westfalen. Im Zuge der fortschrei-      Dass – entgegen der Ausführungen in der        Zum anderen könnte aufgrund der Beson-
tenden Digitalisierung in Gesellschaft und    Begründung des Gesetzentwurfs – insbe-         derheit der staatlichen Schulämter ver-
Verwaltung sollen die gesetzlichen Rege-      sondere durch die beabsichtigten Neure-        mutet werden, dass hier die Kommunen
lungen an die geänderten Rahmenbedin-         gelungen in §§ 1, 9, 12 EGovG NRW ein          verpflichtet werden sollen, die Prozesse
gungen angepasst werden. Dazu hat die         zusätzlicher, durchaus erheblicher Auf-        zu überprüfen und ein geeignetes E-Akte-
Landesregierung einen Gesetzentwurf           wand entstehen würde, steht für uns außer      System einzuführen. Je nach gewähltem
in den Landtag eingebracht (Drucksache        Frage. Zwar arbeiten viele Kommunen z. B.      Ansatz ergeben sich unterschiedliche Aus-
17/8795), zu dem die kommunalen Spit-         schon an der Einführung einer elektroni-       wirkungen und Kosten für die kommuna-
zenverbände folgende Stellungnahme            schen Aktenführung, eines entsprechen-         le Ebene. Dies sollte dringend klargestellt
abgegeben haben:                              den      Dokumentenmanagementsystems           werden. Darüber hinaus wird um Klar-
                                              und einer digitalen Langzeitarchivierung.      stellung gebeten, ob und inwieweit durch
                                              Diese Planungen sind jedoch angesichts         § 16a der Gesetzesnovelle auch die staatli-
Beschleunigung der                            beschränkter Ressourcen und aufgrund           chen Schulämter betroffen sind.
Digitalisierung                               der damit verbundenen organisatorischen
                                              Umstellungen durchweg auf einen mehr-
Das mit dem Gesetzentwurf verfolgte           jährigen Umsetzungszeitraum ausgerich-         Servicekonto.NRW
Ziel, bis zum Jahr 2025 die Landesverwal-     tet. Wenn der Gesetzgeber nunmehr für
tung einschließlich der unteren staatlichen   bestimmte Aufgabenbereiche einen eige-         Zur kostenfreien Nutzung des Service-
Behörden zu digitalisieren, ist sehr ambi-    nen – deutlich kürzeren – Umsetzungszeit-      konto.NRW wird im Gesetzentwurf keine
tioniert. So könnten die im Frontend lie-     raum vorgibt, müssten entweder die bishe-      genaue Aussage getroffen. Es wird per-
genden Benutzerschnittstellen zwar digital    rigen Planungen der Kommunen vollstän-         spektivisch wichtig sein, ob kurz- oder mit-
angeboten werden (vgl. hierzu auch die        dig überarbeitet und angepasst oder eine       telfristig Kosten für dessen Nutzung ent-
Vorgaben des Onlinezugangsgesetzes –          parallele Umsetzungsplanung für einzelne       stehen. Für eine möglichst flächendecken-
OZG), die im Hintergrund laufenden Ver-       Bereiche eingeleitet werden. Das wäre          de Nutzung ist ein kostenfreies Angebot
waltungsprozesse sind aber häufig so kom-     nicht nur wenig sinnvoll, sondern erforder-    für Kommunen und Infrastrukturträger,
plex und vielschichtig, dass eine vollstän-   te in jedem Fall zusätzliche finanzielle und   wie z.B. Stadtwerke, wichtig.
dige Digitalisierung bis 2025 nur schwer      personelle Kapazitäten, über die aber die
vorstellbar ist.                              Kommunen in aller Regel nicht verfügen.        Weiterhin wird das Servicekonto.NRW
                                              Soweit dem in der Gesetzesbegründung           als Beispiel für das Once-Only-Prinzip
                                              mögliche Einsparpotenziale entgegenge-         beschrieben. Unabhängig davon, dass
Zusätzlicher Aufwand für die                  halten werden, löst diese Betrachtung die      wir dieses Prinzip befürworten, erlauben
Kommunen                                      erforderlichen Investitionen und personel-     wir uns den Hinweis, dass das Service-
                                              len wie sächlichen Mehraufwände aus.           konto aktuell lediglich als Schlüssel für
Soweit der Anwendungsbereich des                                                             den Zugang zu Dienstleistungen dient. Es
E-Government-Gesetzes (EGovG) NRW             Es gab gute Gründe, die den Gesetzge-          beinhaltet keinen Dokumentensafe und
auf bestimmte kommunale Aufgabenfel-          ber bei der erstmaligen Einbringung des        keine Ablagemöglichkeit für Behördenin-
der ausgeweitet werden soll, gehen wir        E-Government-Gesetzes NRW seinerzeit           formationen (Online-Postfach). Aus die-
davon aus, dass den kommunalen Aufga-         dazu bewogen haben, auf eine Verpflich-        sem Grunde sind Online-Postfächer aktu-
benträgern damit ein zusätzlicher Aufwand     tung der Kommunen zur elektronischen           ell (noch) in dezentralen Serviceportalen
aufgebürdet wird, ohne dass wir diesen        Aktenführung etc. zu verzichten. Diese         hinterlegt. Bei z.B. der Nutzung von fünf
derzeit genau abschätzen können. Unter        Gründe gelten unverändert fort. Von der        Serviceportalen liegen damit die Daten auf
diesem Gesichtspunkt begrüßen wir die in      mit dem vorliegenden Gesetzentwurf             sechs Servern verteilt - fünfmal auf einem
§ 26 Abs. 9 EGovG-E NRW vorgesehene           beabsichtigten Ausweitung des Anwen-           Serviceportal und einmal auf dem Service-
Berichtspflicht, weisen aber zugleich dar-    dungsbereichs des E-Government-Geset-          konto. Möchte ein Nutzer sein Servicekon-
auf hin, dass die Berichtspflicht nicht zu    zes auf bestimmte kommunale Aufgaben-          to löschen, müsste dieser an sechs Stellen
einer Aushöhlung bzw. Umgehung des            felder, sollte daher abgesehen werden.         die Löschung beantragen und beachten,
landesverfassungsrechtlich      verbürgten    Insbesondere mit Blick auf die staatlichen     dass das Servicekonto.NRW selbst als letz-
Konnexitätsprinzips führen darf. Wir sehen    Schulämter geht aus dem Gesetzentwurf          tes gelöscht wird, damit der Zugang zu
das Land in der Pflicht, in Abstimmung        nicht deutlich genug hervor, welche Ebene      den dezentralen Portalen erhalten bleibt.
mit den kommunalen Spitzenverbänden           für die Einführung der elektronischen Akte     Im Sinne von Once-Only kann nach unse-
bzw. den Kommunen die Kostenfolgen der        und die Durchführung der Geschäfts-            rer Auffassung das Servicekonto.NRW erst
beabsichtigten Gesetzesänderungen zeit-       prozessoptimierung verantwortlich ist. Es      genutzt werden, wenn über Schnittstellen
nah zu klären und in Abhängigkeit hiervon     besteht zum einen die Möglichkeit, dass        Serviceportale und Verfahren auf dort hin-

                                                                                                                                    273
EILDIENST 6/2020 - Landkreistag NRW
Thema aktuell • Corona-Krise                                                                                          EILDIENST 6/2020

terlegte Daten, freigegebene Dokumente,       zessen beteiligt und ihnen Informationen,     Partizipation und Wirtschaftsfreundlich-
Online-Postfächer u.ä. zugreifen können.      Statistiken und Daten zu allen Lebensbe-      keit.
Dies erachten wir als wichtigen Schritt.      reichen angeboten. In diesem Sinne haben
                                              sich die Kommunen im Rahmen des mit           Einer gesetzlichen Verpflichtung zur Bereit-
                                              dem Land abgeschlossen Open Govern-           stellung offener Daten bedarf es vor die-
Open Data                                     ment Pakts die Selbstverpflichtung aufer-     sem Hintergrund nicht. Dass der vorliegen-
                                              legt, eigene Daten unter näher bestimmten     de Gesetzentwurf darauf verzichtet (vgl.
Die kommunalen Gebietskörperschaften          Voraussetzungen frei zugänglich bereitzu-     §16a E-GovG-E NRW), ist konsequent und
unterstützen die Bereitstellung offener       stellen. Damit leisten Kommunen unter         ausdrücklich zu begrüßen.
Daten (Open Data). Seit langem werden         Berücksichtigung ihrer jeweiligen Gege-
Bürgerinnen und Bürger sowie Unterneh-        benheiten und Möglichkeiten ihren Beitrag               EILDIENST LKT NRW
men an kommunalen Entscheidungspro-           zur demokratischen Teilhabe, Bürgernähe,             Nr. 6/Juni 2020   10.55.03

Covid-19 und die Finanzen – Kommunen unter Volllast

   Die Covid-19-Pandemie hat massive finanzielle Auswirkungen auf die Kommunen: Starken Ausgabenaufwüchsen z.B.
   im Gesundheitsbereich stehen schmerzende Einnahmerückgänge entgegen. Es bedarf einer detaillierten Diagnose der
   Mehraufwendungen und tragfähiger Unterstützungsmaßnahmen durch Bund und Land.

Ausgangslage                                  Diesen Zahlen liegt eine düstere Progno-      lich. Der LKT NRW hatte dazu bereits im
                                              se der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung     März eine Blitzumfrage unter den Kreisen
Die Covid-19-Pandemie nimmt die Finan-        zu Grunde: Die Bundesregierung erwartet       gestartet. Naturgemäß ergab diese kein
zen der Kreise in NRW derzeit aus zwei Sei-   für dieses Jahr einen Rückgang des realen     vollständiges Bild, einzelne Rückschlüsse
ten in die Zange. Einerseits entstehen den    Bruttoinlandsprodukts um -6,3 %. Neben        ließen sich allerdings ziehen. So äußer-
Kreisen zur Bewältigung der Krise zusätzli-   den Steuerrückgängen müssen die Kreise        ten viele Kreise, dass sie insbesondere
che Ausgaben: Vor allem die Gesundheits-      sinkende Erträge u.a. bei den ausfallenden    durch ausfallende Kita-Elternbeiträge und
ämter sind mit kurzfristig dazugewonne-       Kitagebühren, den Beiträgen für Musik-        ansteigende KdU-Kosten gefordert seien.
nen Kräften im Dauer-(wochenend-)ein-         schulen und Volkshochschulen sowie im         Die Umfrage belegte, dass die wenigsten
satz, führen eine Vielzahl von kosteninten-   ÖPNV konstatieren. Die geringere Nach-        Kreise in aktuellen Liquiditätsengpässen
siven Tests durch und kaufen umfangreich      frage nach Verwaltungsleistungen wäh-         stecken und aktuell nicht prognostizier-
Schutzausrüstung. Daneben beteiligen sich     rend der Krise (z.B. KFZ-Zulassung) führt     bar ist, in welchem Umfang zukünftig
die Kommunen zur Hälfte an den Kita-          zu einem weiteren Minus.                      Liquidität benötigt wird. Das MHKBG
Elternbeiträgen, um Eltern angesichts der                                                   bereitet gerade eine Abfrage zur Kosten-
weitgehenden Schließung von Kindergär-        Die Covid-19-Pandemie trifft die nord-        entwicklung (Personal- und Sachkosten)
ten zu entlasten und die Einrichtungsträger   rhein-westfälischen Kommunen in einer         im öffentlichen Gesundheitswesen in
zu unterstützen. Im sozialen Bereich fan-     bereits seit langem finanziell angespann-     Folge der Pandemie bei den Kommunen
gen die Kreise die wirtschaftlichen Folgen    ten Situation. Die Städte, Gemeinden und      in NRW vor. Die Geschäftsstelle hat die
der Pandemie auf, indem sie die – in NRW      Kreise tragen aufgrund ihrer jahrelangen      Erarbeitung des Fragebogens mit Anre-
zwischen Februar und April um 6,3 %           strukturellen Unterfinanzierung einen gro-    gungen begleitet.
gestiegenen – Kosten der Unterkunft nach      ßen Berg an Schulden vor sich her, der sie
dem SGB II tragen.                            unter Druck setzt und die Gestaltungsspiel-
                                              räume stark einschränkt. Die Kassenkredite    Unterstützung durch Land und
Dem stehen die wegbrechenden Kommu-           der Kommunen in NRW belaufen sich auf         Bund
naleinnahmen durch geringere Steuer-,         etwa 23 Mrd. Euro (Stand 2018, Quelle:
Gebühren- und Beitragserträge entgegen.       IT.NRW).                                      Vor dem Hintergrund der immensen finan-
Die Steuerschätzung vom 14. Mai 2020                                                        ziellen Belastungen richtet sich der Blick
prognostiziert die voraussichtlichen Steu-                                                  der Kommunen auf Land und Bund. Wie in
ereinnahmen für den kommunalen Bereich        Datenerhebung                                 der letzten Ausgabe des Eildienstes berich-
in 2020 gegenüber den Erwartungswerten                                                      tet (vgl. EILDIENST LKT NRW Nr. 5/Mai
der Steuerschätzung vom Oktober 2019          Um ein möglichst präzises Bild davon zu       2020, S. 217 ff), haben beide staatlichen
um insgesamt -15,6 Mrd. Euro. Gemessen        haben, wie stark die Folgen der Covid-        Ebenen bereits umfangreiche Rettungs-
am Ist-Aufkommen des Jahres 2019 ver-         19-Pandemie auf die Kommunen in NRW           schirme gespannt, die Kommunen dabei
mindert sich das Steueraufkommen für die      ausfallen, sind genaue Daten über die         bisher aber weitestgehend im Regen ste-
kommunale Ebene um -12,7 Mrd. Euro.           krisenveränderte Finanzlage erforder-         hen lassen.

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EILDIENST 6/2020 - Landkreistag NRW
EILDIENST 6/2020                                                                                                         Corona-Krise

Anzuerkennen ist, dass NRW mit der hälf-       rung noch mit den Ländern abgestimmten         größenordnung von ca. 45 Mrd. Euro an.
tigen Übernahme der Kita-Elternbeiträge        – Vorschlag für eine kommunale Unter-          In ersten Reaktionen haben die gemeind-
in Höhe von 156 Mio. Euro mittelbar auch       stützung unterbreitet. Der Plan sieht eine     lichen Spitzenverbände auf Bundesebene
die Kommunen unterstützt hat. Die Lan-         Kompensation der Gewerbesteuermin-             und die kommunalen Spitzenverbände in
desregierung hat darüber hinaus in Aus-        dereinahmen von Städten und Gemein-            NRW das Konzept als wichtigen Beitrag
sicht gestellt, dass sie den im Stärkungs-     den i.H.v. 11,8 Mrd. Euro in 2020 durch        zur Lösung der ad hoc ausfallenden Steu-
pakt Stadtfinanzen befindlichen Kom-           hälftig von Bund und Ländern getragenen        ereinnahmen sowie der langfristigen Alt-
munen insgesamt 342 Millionen Euro zur         pauschalierten Zuweisungen vor. Darüber        schuldenproblematik begrüßt. Eine detail-
Verfügung stellen will.                        hinaus bietet er eine hälftig durch den        lierte Prüfung der Initiative des Bundesfi-
                                               Bund und die betroffenen Länder getra-         nanzministers wird noch erfolgen.
Auf Bundesebene hat Finanzminister Olaf        gene Übernahme der kommunalen Liqui-
Scholz Mitte Mai 2020 einen grundlegen-        ditätskredite ab einem Sockelbetrag von                  EILDIENST LKT NRW
den – jedoch weder in der Bundesregie-         100 Euro pro Einwohner in einer Gesamt-               Nr. 6/Juni 2020   20.30.75

Ergebnisse der „Heinsberg-Studie“ veröffentlicht

    Der Kreis Heinsberg in Nordrhein-Westfalen war einer der ersten Hotspots des neuartigen Coronavirus‘ SARS-CoV-2.
    Nach einer Karnevalssitzung Mitte Februar 2020 kam es dort zu einer der ersten massenhaften Ausbreitung des Erregers.
    Im Rahmen der Studie hatte ein Forschungsteam um Prof. Dr. Hendrik Streeck und Prof. Dr. Gunther Hartmann von der
    Universität Bonn in der Ortschaft Gangelt eine große Zahl von Einwohnern befragt, Proben genommen und analysiert.
    Nach einem umstrittenen Zwischenbericht haben die Forscher nun die Ergebnisse der Studie veröffentlicht.

Probennahme.                                                                                                    Quelle: Oberbergischer Kreis

Im Zentrum der Studie steht die Sterblich-
 keitsrate der Infektion, die den Anteil der
Todesfälle unter den tatsächlich Infizierten
                                               ersten Mal sehr gut geschätzt werden, wie
                                               viele Menschen nach einem Ausbruchs-
                                               ereignis infiziert wurden. In unserer Studie
                                                                                              Gangelt. Mit der Gesamtzahl aller Infi-
                                                                                              zierter kann die Infektionssterblichkeit
                                                                                              (IFR) bestimmt werden. Sie liegt für SARS-
angibt. „Mit unseren Daten kann nun zum        waren das 15 Prozent für die Gemeinde          CoV-2 für den Ausbruch in der Gemeinde

                                                                                                                                       275
EILDIENST 6/2020 - Landkreistag NRW
Corona-Krise                                                                                                             EILDIENST 6/2020

Gangelt bei 0,37 Prozent“, sagt Studienlei-     bare Krankheitssymptome verläuft, legt        sen können. So steht zum Beispiel in Frage,
ter Prof. Dr. Hendrik Streeck, Direktor des     nahe, dass man Infizierte, die das Virus      ob die Studie hinreichend zwischen einer
Instituts für Virologie am Universitätsklini-   ausscheiden und damit andere anstecken        Infektion mit Sars-CoV-2 oder anderen
kum Bonn. Mit der IFR lässt sich nach Ein-      können, nicht sicher auf der Basis erkenn-    Coronaviren unterscheiden konnte und
schätzung des Forschungsteams anhand            barer Krankheitserscheinungen identifizie-    ob eine überstandene Infektion dauerhaf-
der Zahl der Verstorbenen auch für andere       ren kann“, meint Prof. Martin Exner, Leiter   te Immunität bedeutet. Das Infektions-
Orte mit anderen Infektionsraten abschät-       des Instituts für Hygiene und öffentliche     geschehen in Gangelt sei möglicherweise
zen, wie viele Menschen dort insgesamt          Gesundheit und Co-Autor der Studie. Dies      auch nur dadurch positiv beeinflusst wor-
infiziert sind. Der Abgleich dieser Zahl mit    bestätige die Wichtigkeit der allgemei-       den, da schnell Maßnahmen zur Eindäm-
der Zahl der offiziell gemeldeten Infizierten   nen Abstands- und Hygieneregeln in der        mung der Infektionen getroffen wurden.
führt zur sogenannten Dunkelziffer. Diese       Corona-Pandemie. „Jeder vermeintlich          Ebenso sei eine Hochrechnung auf größere
ist in Gangelt laut der Studie rund 5-fach      Gesunde, der uns begegnet, kann unwis-        Bevölkerungsgruppen bei einem Basiswert
höher als die offiziell berichtete Zahl der     sentlich das Virus tragen. Das müssen wir     von nur sieben gemeldeten Todesfällen im
positiv getesteten Personen. Legt man für       uns bewusstmachen und uns auch so ver-        Erhebungsgebiet potentiell fehlerbehaftet.
eine Hochrechnung etwa die Zahl von fast        halten“, erklärt der Hygiene-Experte.         Ebenso kritisch werden die Schlussfolge-
6.700 SARS-CoV-2-assoziierten Todesfäl-                                                       rungen zur Infektiosität von Kindern in der
len in Deutschland zugrunde, so ergäbe          In den untersuchten Mehrpersonen-             Gangelt-Studie betrachtet, da die Zahl der
sich eine geschätzte Gesamtzahl von rund        Haushalten war das Risiko für die Anstec-     untersuchten Kinder relativ gering war.
1,8 Millionen Infizierten. Diese Dunkelzif-     kung einer weiteren Person überraschend
fer ist um den Faktor Zehn größer als die       gering. „Die Infektionsraten sind bei Kin-    Auch Prof. Hendrik Streeck räumte selbst
Gesamtzahl der zum Veröffentlichungs-           dern, Erwachsenen und Älteren sehr ähn-       ein, dass es sich in Gangelt um ein Mas-
zeitraum der Studie offiziell gemeldeten        lich und hängen offenbar nicht vom Alter      senausbreitungsereignis (ein sogenanntes
Fälle.                                          ab“, sagt Prof. Streeck. Es gebe auch keine   „superspreading event“) handele, das nur
                                                signifikanten Unterschiede zwischen den       eingeschränkt auf ganz Deutschland oder
Ob die Infektionssterblichkeit, die die Stu-    Geschlechtern.                                andere Länder übertragen werden kann.
die für die Gemeinde Gangelt ermitteln                                                        Trotzdem würden die nun vorliegenden
konnte, bundesweit übertragbar ist, gilt        Insgesamt 600 zufällig ausgewählte Haus-      Daten zu diesem Ereignis wichtige wis-
aufgrund der besonderen Gegenbenheiten          halte in Gangelt wurden angeschrieben         senschaftliche Ansatzpunkte bieten, weil
in Gangelt allerdings als umstritten. Prof.     und gebeten, an der Studie teilzunehmen.      es sich in Gangelt um ein sehr frühes und
Dr. Gunther Hartmann, Co-Autor der Stu-         919 Studienteilnehmer aus 405 Haushal-        sehr intensives Infektionsgeschehen in
die und Leiter des Instituts für Klinische      ten wurden vom 30. März bis 6. April sechs    Deutschland handelte. Mit den Zahlen lie-
Chemie und Klinische Pharmakologie am           Wochen nach dem Ausbruch der Infektion        ßen sich zum Beispiel Simulationsmodelle
Universitätsklinikum Bonn und Sprecher          in Gangelt befragt und getestet. Die Wis-     zur Ausbreitung des Virus verbessern.
des Exzellenzclusters ImmunoSensation,          senschaftler nahmen Rachenabstriche und
sagt dazu: „Die Ergebnisse können dazu          Blutproben. In der Akutphase der Infek-        „Welche Schlüsse aus den Studienergeb-
dienen, Modellrechnungen zum Ausbrei-           tion in den ersten ein oder zwei Wochen       nissen gezogen werden, hängt von vielen
tungsverhalten des Virus weiter zu verbes-      ist nach Einschätzung der Wissenschaftlier    Faktoren ab, die über eine rein wissen-
sern – bislang ist hierzu die Datengrundla-     der PCR-Test, der den „genetischen Dau-       schaftliche Betrachtung hinausgehen“,
ge vergleichsweise unsicher.“                   menabdruck“ von SARS-CoV-2 erfasst,           sagt Prof. Streeck. „Die Bewertung der
                                                sehr zuverlässig. Zwei oder drei Wochen       Erkenntnisse und die Schlussfolgerungen
Die Studie gibt wichtige Hinweise für wei-      nach der Infektion bildet das Immunsy-        für konkrete Entscheidungen obliegen der
terführende Forschung zu SARS-CoV-2,            stem sogenannte Antikörper gegen das          Gesellschaft und der Politik.“
etwa zum Infektionsrisiko in Abhängig-          Virus, die der ELISA-Test erkennt. „Durch
keit von Alter, Geschlecht und Vorerkran-       die Kombination von PCR- und ELISA-           Die maßgebliche Größe zur Beurteilung
kungen, zum höheren Schweregrad der             Test können wir sowohl akute als auch         der Gefährlichkeit kann nicht ausschließ-
Erkrankung unter den besonderen Bedin-          abgelaufene Infektionen erfassen“, sagt       lich an der Zahl der Infektionssterblich-
gungen eines massiven Infektionsereignis-       Hartmann. Vorstudien zeigten, dass der        keit, die als die Zahl der an einer Krankheit
ses wie in Gangelt, oder zum Infektionsrisi-    ELISA-Test sich in etwa einem Prozent der     verstorbenen Patienten geteilt durch die
ko innerhalb von Familien.                      durchgeführten Untersuchungen „irrt“          Zahl der tatsächlich Infizierten definiert
                                                und fälschlicherweise eine durchgemach-       ist, festgemacht werden. Letztere Zahl ist
Auch bei der Symptombeschreibung                te Infektion anzeigt. Bei aktuell geplan-     wegen der hohen Dunkelziffer unbekannt.
konnte die Studie bisherige Erkenntnisse        ten deutschlandweiten Studien mit einer       Die Gesundheitsbehörden kennen nur die
bestätigen und sogar erweiteren. In Gan-        geschätzten Infektionsrate von etwa ein       Fallsterblichkeit. Sie ist definiert als Zahl
gelt zeigten demnach insgesamt 22 Pro-          bis zwei Prozent sei dieser messtechnische    der verstorbenen Patienten geteilt durch
zent aller Infizierten gar keine Symptome;      Unsicherheitsfaktor jedoch ein Problem.       die Zahl der durch Tests bestätigten Pati-
jedoch hatten Personen, die körperliche                                                       enten. Die „wahre“ Infektionssterblichkeit
Nähe zu anderen hatten oder einer erhöh-        Führende Virologen wie Professor Michael      lässt sich folglich möglicherweise erst am
te Tröpfchenbildung z.B. durch lautes           Hallek von der Uniklinik Köln und Profes-     Ende der Pandemie zuverlässig bestimmen.
Sprechen ausgesetzt waren, einen stär-          sor Christian Drosten von der Berliner Cha-   Doch ist sie maßgebliche Größe zur Beur-
keren Krankheitsverlauf mit häufigeren          rité halten die Ergebnisse für nicht reprä-   teilung der Gefährlichkeit der Pandemie.
Symptomen. Weitere Untersuchungen in            sentativ. Sie betonen, dass man einfach       Denn nur sie lässt abschätzen, welche Bela-
Kooperation mit Spezialisten für Hygie-         noch zu wenig über das neue Virus weiß,       stungen dem Gesundheitssystem drohen.
ne sind nach Auffassung von Prof. Hart-         um daraus Rückschlüsse ziehen zu können,
mann dringend geboten. „Dass offenbar           ob sich die Zahlen aus Gangelt auf NRW                   EILDIENST LKT NRW
jede fünfte Infektion ohne wahrnehm-            oder gar ganz Deutschland übertragen las-             Nr. 6/Juni 2020   53.40.01

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EILDIENST 6/2020 - Landkreistag NRW
EILDIENST 6/2020                                                                                                        Corona-Krise

Infektionsgeschehen in Schlachtbetrieb hat Folgen für die
Branche und den Kreis Coesfeld

   Der Kreis Coesfeld musste eine Woche länger als alle anderen NRW-Kreise auf Lockerungen der Corona-Maßnahmen
   warten. Grund dafür waren eine deutlich erhöhte Anzahl positiver Testungen in einem fleischverarbeitenden Betrieb
   im Kreisgebiet.

K   urz nach der Ankündigung weitrei-
    chender Lockerungen der Corona-
Maßnahmen für NRW stiegen die Zahlen
                                              nungen, die auch im Kreis Coesfeld ab dem
                                              11. Mai starteten.
                                                                                             zu begehen und auf den Infektionsschutz
                                                                                             hin zu untersuchen. Bei Fleischbetrieben
                                                                                             besteht aufgrund der vielen dort beschäf-
der Neuinfizierten im Kreis Coesfeld stark    Der Kreis ordnete in Absprache mit dem         tigten Werksarbeiter aus dem Ausland
an. Am 6. Mai 2020 meldete der Kreis          NRW-Gesundheitsministerium und der             ein erhöhtes Infektionsrisiko, da diese
insgesamt 79 Infizierte bei einem fleisch-    Bezirksregierung Münster die sofortige         in Gemeinschaftsunterkünften vor Ort
verarbeitenden Betrieb in Coesfeld. Die       Schließung des Schlachtbetriebs an, dort       untergebracht sind. Bereits im April waren
Sorge, dass sich die Zunahme der Corona-      wurden bis zum Zeitpunkt der Schließung        bei einem Fleischproduzenten in Baden-
Fälle im Kreis negativ auf die geplanten      mehr als 100 Beschäftigte positiv auf Coro-    Württemberg rund 150 Mitarbeiter posi-
Lockerungen auswirken könne, wuchs.           na getestet. Alle Mitarbeiterinnen und Mit-    tiv auf Corona getestet worden. NRW-
Die Bundesregierung hatte als Vorausset-      arbeiter des Betriebs, die überwiegend bei     Umweltministerin Ursula Heinen-Esser
zung für weitere Lockerungen eine Maxi-       Subunternehmen beschäftigt sind, sollten       kündigte zudem an, auch die Unterbrin-
malgrenze für aktuelle Neuansteckungen        getestet werden. Der Kreis hatte bereits       gung von saisonalen Erntehelfern zu kon-
vorgesehen: Demnach soll die Zahl von         damit begonnen und über 650 Abstriche          trollieren. Für die Unterkünfte gelten auch
50 Neuansteckungen pro 100.000 Ein-           genommen. Bereits nach den ersten Hin-         nach der vorgeschriebenen zweiwöchigen
wohner über sieben Tage hinweg nicht          weisen hatte das Kreisgesundheitsamt eine      Quarantäne die gleichen coronabedingten
überschritten werden. „Diese statistische     aktive Fallsuche betrieben.                    Hygienevorschriften. Seit April dürfen Ern-
Grenze werden wir in diesen Tagen durch                                                      tehelfer aus dem Ausland unter strengen
das Ausweiten der Testungen wohl über-        Um das Infektionsgeschehen in der Beleg-       Corona-Auflagen in Deutschland arbeiten.
schreiten“, befürchtete Landrat Dr. Chri-     schaft und der Bevölkerung einzudämmen,
stian Schulze Pellengahr am 7. Mai. Noch      wurden Infizierte und direkte Kontaktper-      Am 15. Mai 2020 teilte NRW-Gesund-
ging der Kreis davon aus, dass die vielen     sonen den Vorgaben des Robert-Koch-            heitsminister Laumann mit, dass die Lan-
Corona-Fälle in einem Betrieb nicht für       Instituts entsprechend unter Quarantäne        desregierung die bestehenden landeswei-
das gesamte Kreisgebiet Konsequenzen          gestellt. Zudem wurden Gemeinschaftsun-        ten Lockerungen ab dem 18. Mai auch für
haben würde.                                  terkünfte überprüft. Das fleischverarbeiten-   den Kreis Coesfeld vorsehe. Insgesamt sei
                                              de Unternehmen musste einen Hygieneplan        die Zahl der Neuinfektionen innerhalb von
Einen Tag später war der Grenzwert von        aufstellen. Mehr als 250 Mitarbeiter waren     sieben Tagen bei 67,3. Rechne man die
50 Neuinfektionen je 100.000 Einwohner        bei der ersten Testung positiv auf Coro-       Mitarbeiter des betroffenen Schlachtbe-
innerhalb einer Woche bereits überschrit-     na getestet worden. Eine zweite Testreihe      triebs heraus, liege der Wert für den Kreis
ten und NRW-Gesundheitsminister Karl-         wurde initiiert, um die negativ Getesteten     Coesfeld bei 7,3. Laumann sprach daher
Josef Laumann teilte mit: Die Corona-         ein weiteres Mal zu überprüfen.                von einem begrenzten lokalen Ausbruchs-
Lockerungen, die für den 11. Mai 2020                                                        geschehen. Die Infektionslage beziehe sich
NRW-weit geplant waren, sollten im Kreis      Der Ausbruch im Coesfelder Betrieb             auf die Mitarbeiter eines einzelnen Betriebs
Coesfeld um eine Woche verschoben wer-        hatte aber auch weitere Konsequenzen           und sei nicht auf die restliche Bevölkerung
den. Die Gastronomie, Geschäfte mit einer     für die gesamte Branche. Bereits am 8.         im Kreis Coesfeld übergesprungen. Daher
Fläche von mehr als 800 Quadratmetern         Mai kündigte Gesundheitsminister Lau-          trete dort ab 18. Mai die gleiche Rechtsla-
sowie Fitnessstudios durften im Kreisgebiet   mann an, alle bis zu 20.000 Mitarbeiter        ge ein wie im Rest des Landes.
nicht wie geplant öffnen. Auch die Auswei-    von Schlachthöfen auf Corona zu testen.
tung der Kontaktregeln wurde verschoben.      Auch seien die Gesundheitsämter ange-                    EILDIENST LKT NRW
Einzige Ausnahme: die Kita- und Schulöff-     wiesen worden, alle Sammelunterkünfte                 Nr. 6/Juni 2020   53.40.01

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Corona-Krise                                                                                                                     EILDIENST 6/2020

Wie die Kreise in der Covid-19-Pandemie handeln

Testung aller Mitarbeitenden in Pflegeeinrichtungen schafft Sicherheit: (vorn) Anna Scheer (Arztpraxis Dr. Michael Scheer) und Ralf Wilberg
(Vorstand des Westphalenhofes) sowie (hinten, von links) Dr. Ulrich Polenz (Kassenärztliche Vereinigung), Landrat Manfred Müller; Dr. Rudolf
Jopen (Praxisnetz), Thomas Schlecking (Betriebsrat Westphalenhof), Ulrike Kahler (Pflegedienst) und Thomas Kintzen (Westphalenhof).
                                                                                                           Bild: Kreis Paderborn, Bernhard Schaefer

                                                  ausreichende Zahl von Ärztinnen und Ärz-           Daniel Sieveke, beim Gesundheitsmini-
Testserie für Pflegeheim-                         ten für die erforderliche Vornahme von             sterium sehr dafür ein, aus der Paderbor-
personal im Kreis Paderborn                       Abstrichen gemeldet. Da Teströhrchen               ner Initiative ein permanentes Projekt zu
erfolgreich angelaufen                            und Laborkapazitäten zur Verfügung ste-            machen, also kreisweit alle in Pflege- und
                                                  hen, konnten weit über 1.000 Tests bei             Seniorenheimen Beschäftigten, in kurzem
Acht Menschen waren im Kreisgebiet nach           den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern              Abstand regelmäßig zu testen“, schließt
einer Infizierung mit dem Corona-Virus            einer Großzahl von Einrichtungen vorge-            Landrat Müller.
verstorben. „Alle diese Menschen haben            nommen werden“, zeigt Jopen sich sehr
sich in einem Seniorenheim infiziert“, kon-       angetan.
statierte Landrat Manfred Müller. „Ange-                                                             Landfrauen spenden Masken
sichts des besonders großen Risikos Hoch-         Die Hälfte der Testergebnisse liegt bereits
betagter ist es unsere gemeinsame Aufga-          vor und bislang wurde nur eine Erkrankung          Die Corona-Pandemie bedeutet eine her-
be, diese zu schützen!“                           festgestellt. „Trotzdem stellt unser Perso-        ausfordernde Zeit für viele Menschen.
                                                  nal, das unter voller Anspannung Groß-             Die Landfrauen haben ihre Antwort auf
Trotz des lang praktizierten Besuchs-             artiges leistet, auch eine mögliche Infekti-       diese Herausforderung gefunden und tun
verbotes „kommt die Gefahr weiterhin              onsquelle für die Menschen dar, um die sie         das, was sie am besten können: Sich für
von außen“ so Manfred Müllers drastische          sich aufopferungsvoll kümmern“, ergänzt            ihre Mitmenschen einsetzen. Über 5.000
Formulierung. In einer beispiellosen              Ralph Wilberg, Vorstand des Pflegeheims            Mund-Nasen-Masken haben 200 Land-
Zusammenarbeit zwischen Kreis und dem             Westphalenhof und Kooperationspartner              rauen in nur einer Woche genäht und an
Praxisnetz Paderborn konnte kurzfristig           des Praxisnetzes. Betriebsratsvorsitzender         den Landrat des Kreises Paderborn über-
eine Testaktion für Mitarbeiterinnen und          Thomas Schlecking und Pflegedienstlei-             geben.
Mitarbeitern von Senioreneinrichtungen            terin Ulrike Kahler bekräftigen, dass man
im gesamten Kreisgebiet initiiert werden.         aber auch den Kolleginnen und Kolle-               „Wir Landfrauen möchten dazu beitra-
Dr. Rudolf Jopen vom Praxisnetzwerk               gen zum Eigenschutz die entsprechenden             gen, dass die Menschen sich und andere
Paderborn und Dr. Ulrich Polenz, Kassen-          Materialien schuldig sei.                          schützen und dass das Corona-Virus nicht
ärztliche Vereinigung, zeigten sich von                                                              weiterverbreitet“, mit diesen Worten über-
den Rückmeldungen begeistert. „Binnen             „Dr. Jopen und ich setzen uns, zusam-              brachte Kornelia Wegener, Kreisvorsitzen-
weniger Stunden hatte sich mit 25 eine            men mit unserem Landtagsabgeordneten;              de des Kreislandfrauenverbandes Pader-

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born-Büren, die Masken direkt ins Kreis-
haus. Dort wurde er freudig empfangen,
denn auch solche selbstgenähten Behelfs-
Mundschutze sind zurzeit sehr gefragt.
Wie sehr gefragt, erfuhren die Landfrauen
schon bei ihrer Materialbeschaffung: „Wir
stoßen inzwischen schon auf Materialeng-
pässe“, so Kornelia Wegener. „Gummi-
bänder sind beispielsweise schon Mangel-
ware.“

„In guten Zeiten habe ich immer schon
gesagt, dass ich mich auf ´meine Land-
frauen` verlassen kann. Und auch in die-
sen stürmischen Zeiten sind die Land-
frauen ein fester Halt für die Menschen
unserer Heimat. Mein Dank geht an alle,
die sich im Kreis für ihre Mitmenschen
engagieren, beispielhaft aber heute den
Landfrauen. Ihr lasst Worten Taten fol-
gen!“, kommentierte Manfred Müller die
Übergabe.

„Da die knappe medizinische Schutzaus-
rüstung dem medizinischen Personal              Mehrere hundert Tüten mit Teststäbchen und Röhrchen bereiten Andreas Thol, Annika
und der Pflege von Corona-Infizierten           Muthmann und Vanessa Vahle im Gesundheitsamt des Kreishauses für die Aktion vor.
vorbehalten bleiben soll, sind wir sicher,                                                                           Quelle: Ennepe-Ruhr-Kreis
dass unsere Masken helfen, auch in der
zweiten Linie Lücken zu schließen. Denn         Ennepe-Ruhr-Kreis nahm                        schnell zu unterbrechen”, betont Michael
der Bedarf ist riesig, insbesondere in                                                        Schäfer, Leiter des Krisenstabs.
den Altenheimen zum Schutz beson-
                                                vorsorglich hunderte Proben in
ders gefährdeter Bevölkerungsgruppen“,          drei Pflegeheimen                             Der Krisenstab hat sich für die materi-
erklärt Landrat Müller. Die von den Land-                                                     al- und zeitintensiven Tests entschieden,
frauen gespendeten Masken verteilt der          Andreas Thol, Vannessa Vahle und Anni-        auch, weil die mobile und stationäre Coro-
Kreis an Pflege- und Senioreneinrichtun-        ka Muthmann standen in aller Frühe im         na-Diagnostik des Ennepe-Ruhr-Kreises
gen im Kreisgebiet.                             Wartebereich des Gesundheitsamts im           freie Kapazitäten hatte.
                                                Schwelmer Kreishaus vor großen Kartons
                                                mit Teststäben, Röhrchen und Plastiktü-       „Wenn es tatsächlich zu einem Ausbruch
                                                ten. Der Mitarbeiter der Personalabteilung    in einem Pflegeheim kommen sollte, müs-
                                                und die beiden Auszubildenden packten         sen wir dort umgehend jeden testen. Dann
                                                Stäbchen in Röhrchen, Röhrchen in Tüten,      sollten Planung und Abläufe sowie das
                                                Tüten in Kisten. Die Kisten wanderten in      Zusammenspiel zwischen Gesundheits-
                                                DRK-Einsatzfahrzeuge, bestimmt waren          amt, ehrenamtlichen Helfern der Hilfsor-
                                                sie für drei Seniorenzentren.                 ganisationen und Einrichtung stimmen. Je
                                                                                              sicherer jeder Handgriff, je weniger Sand
                                                Weil es in diesen drei Pflegeeinrichtungen    im Getriebe, desto höher die Chance, das
                                                im Ennepe-Ruhr-Kreis einen bestätigten        Infektionsrisiko für alle Beteiligten zu mini-
                                                Fall beziehungsweise zwei begründete          mieren. Die entsprechenden Erfahrungen,
                                                Verdachtsfälle mit negativen Testergeb-       wie was im Detail am besten funktioniert,
                                                nissen auf eine Infektion mit dem Corona-     sollen und können alle Beteiligten jetzt
                                                Virus gegeben hatte, ließ der Kreis dort      sammeln”, erklärt Schäfer.
                                                jetzt sämtliche Mitarbeiter und Bewohner
                                                testen. Mit der Aktion verfolgte die Kreis-   Während Thol, Vahle und Muthmann
                                                verwaltung zwei Ziele: Zum einen soll eine    noch packen, besprechen DRK-Mitarbeiter
                                                nach wie vor durchaus denkbare Verbrei-       auf dem Parkdeck des Kreishauses bereits
                                                tung in den Einrichtungen ausgeschlossen      die letzten offenen Fragen. Ihre Aufgabe
                                                werden, zum anderen dienen die Tests als      an Tag 1 der Aktion: Alle Beschäftigten der
                                                Übung für den Ernstfall.                      drei Einrichtungen müssen einen Abstrich
                                                                                              erhalten. Dazu zählen neben den Pflege-
                                                „Notwendige Quarantäne und Todesfälle         kräften unter anderem auch Mitarbeiter
                                                in Pflegeheimen in Würzburg, Wolfsburg        der Verwaltung, der Haustechnik, der
                                                und vielen anderen Städten haben in den       Cafés und der Waschküchen. Die Pflege-
                                                letzten Tagen sehr eindrucksvoll gezeigt,     kräfte wurden geschult, denn sie sollten
Landfrauen helfen der Region durch die          wie ungemein wichtig es ist, gerade in        an Tag 2 die Abstriche bei den Bewohnern
Corona-Krise         Quelle: Kreis Paderborn   solchen Einrichtungen Infektionsketten        nehmen.

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„Unsere Teams sind normalerweise in            Wirtschaftsförderung Oberberg                   ent – wie kann ich mich schützen? Fragen
der stationären Diagnostik am Kreishaus                                                        wie diese hören Aranmolate und Szekely
beschäftigt”, erklärt Michael Emmert vom
                                               und „Das Bergische" unterstüt-                  zigmal am Tag. Wenn sie um 7.30 Uhr
DRK. „Sie haben bereits Erfahrung im           zen ortsansässige Gastronomie-                  ihre Schicht im Gesundheitsamt beginnen,
Umgang mit den Corona-Abstrichen und           betriebe                                        blinkt der Anrufbeantworter meist schon.
wissen, welche Vorsichtsmaßnahmen ein-                                                         Schnell sind die beiden Experten geworden,
zuhalten sind.”                                Das gemeinsame Angebot der Wirt-                was die Richtlinien des Robert-Koch-Insti-
                                               schaftsförderung des Oberbergischen             tuts (RKI) betrifft. „Es gibt klare Vorgaben,
Die wichtigste Maßnahme: Direkter Kon-         Kreises und des Tourismusverbandes              nach denen wir entscheiden können, ob
takt ist unbedingt zu vermeiden. Die           „Das Bergische" haben die ortsansässigen        zum Beispiel ein Abstrich genommen wer-
Rachenabstriche nehmen die Beschäftig-         Gastronomiebetriebe sehr gut angenom-           den muss oder eine Quarantäne nötig ist",
ten in den Pflegeheimen deshalb selbst         men. „Unserem Aufruf, den Kreis über            sagt Aranmolate, der im vierten Master-
und übergeben die Röhrchen mit den             ihre Abhol- und Lieferangebote zu infor-        semester Psychologie studiert. In solchen
Teststäbchen anschließend einem DRK-           mieren sind sehr viele Hotels, Restaurants,     Fällen erklären sie den Anrufern, was auf
Mitarbeiter in Schutzkleidung. Die Röhr-       Gaststätten und Imbisse gefolgt", sagt          sie zukommt und nehmen ihre Daten zur
chen werden in Kühlboxen zwischenge-           Landrat Jochen Hagt. „Die Servicelei-           weiteren Bearbeitung ins System auf.
lagert. Ist eine Kühlbox voll, fährt eine      stungen der Gastronomiebetriebe haben
weitere Einsatzkraft sie sofort zur Analyse    wir jetzt zusammengestellt, um Bürgerin-        Schwieriger wird es beizeiten, wenn sie
ins Labor.                                     nen und Bürger darüber zu informieren           einem Anrufer den Corona-Test verwei-
                                               insbesondere aufgrund der anhaltenden           gern müssen, zum Beispiel, weil dieser
An Tag 2 haben geschulten Pflegekräfte         Einschränkungen durch die Corona-Pan-           keinerlei Symptome aufweist, die RKI-Kri-
bei den insgesamt rund 400 Bewohnern           demie.”                                         terien also nicht erfüllt. „Manche reagieren
der drei Einrichtungen Proben genommen.                                                        dann erstmal sehr ungehalten", sagt Aran-
Mitarbeiter des DRK koordinierten die          Eine Übersicht und Informationen des            molate. „Ich kann das gut verstehen. Die
Aktion vor Ort, nahmen die Proben entge-       Gastronomie-Services im Oberbergischen          Menschen haben Angst und fühlen sich
gen und brachten sie ins Labor.                Kreis ist auf www.obk.de/coronavirus            allein gelassen." Dann sei es wichtig, die
                                               (Rubrik „Gastronomie”) verfügbar.               Gründe für die Richtlinien zu erklären und
                                                                                               Verständnis dafür zu wecken.
Der Märkische Kreis sucht                      Restaurants, Bars und Cafés bleiben zum
Helfer für medizinischen und                   Teil weiterhin geschlossen. „Auch unse-         Auch wenn die Kriterien auf den ersten
pflegerischen Bereich                          re heimische Gastronomie wird durch             Blick glasklar erscheinen, helfen sie nicht
                                               die Corona-Pandemie auf eine harte              immer weiter: „Die Richtlinien können
Mit einer neuen Plattform will der Märki-      Probe gestellt”, sagt Planungsdezernent         noch so gut durchdacht sein, in der Pra-
sche Kreis Helfer an Einrichtungen vermit-     Frank Herhaus. „Lediglich Lieferservices,       xis gibt es trotzdem Einzelfälle, die nicht
teln, die personellen Bedarf haben. Das        To-Go- oder Drivein-Angebote dürfen ihre        ins Schema passen", hat Aranmolate fest-
Angebot richtet sich zunächst an Personen      Geschäfte fortführen. Mit diesen Konzep-        gestellt. Solche Fälle und andere Fragen,
mit Qualifikationen in den Bereichen Pfle-     ten können jetzt viele heimische Gastro-        die sie nicht selbst beantworten können,
ge sowie Gesundheit und soll auch mögli-       nomiebetriebe ihre gute Küche am Laufen         besprechen die beiden Studenten mit den
chen Engpässen vorbeugen.                      halten, ihre Kundinnen und Kunden wei-          Mitarbeitern des Bereichs Gesundheitsauf-
                                               terhin zufrieden stellen und vielleicht sogar   sicht und gesundheitlicher Umweltschutz.
Das Coronavirus fordert in vielen Berei-       neue Gäste gewinnen.”                           „Das macht die Arbeit hier sehr span-
chen großen personellen Einsatz. Daher                                                         nend", findet der 27-Jährige. „Zum einen
werden aktuell und zukünftig Personen                                                          ist der Überblick über das große Ganze
benötigt, um Einrichtungen der gesund-         Zwischen Richtlinien und                        gefragt, zum Anderen auch Kreativität in
heitlichen und pflegerischen Versorgung        Menschlichkeit: Studenten                       der Praxis."
zu unterstützen oder bei der Kontaktper-
sonennachverfolgung im Gesundheitsamt
                                               beraten in Corona-Fragen                        Die Kompetenz im Team Gesundheitsauf-
zu helfen. Darüber hinaus gibt es viele        Zuhause warten Prüfungsvorbereitun-             sicht sei beeindruckend, sagen beide Stu-
Mitmenschen, die sich in dieser Zeit enga-     gen und eine Masterarbeit auf sie, aber in      denten übereinstimmend. Ebenso wie der
gieren wollen. Auf der Homepage des            Corona-Krisenzeiten wollen Kristof Szeke-       Umgang mit den Menschen. Das sei ihnen
Kreises finden Interessierte eine Plattform,   ly (25) und Lanre Aranmolate (27) noch          schon an ihrem ersten Tag in der Kreis-
falls sie sich zur Verfügung stellen möch-     mehr leisten: Die beiden Studenten der          verwaltung aufgefallen, als sie den Kolle-
ten. Einrichtungen haben die Möglichkeit       Universität Witten/Herdecke arbeiten täg-       gen beim Beantworten von Bürgerfragen
Unterstützungsbedarf zu melden. Die Ver-       lich im Gesundheitsamt des Ennepe-Ruhr-         zuhörten. „Es hat mir sehr gut gefallen,
mittlung zielt ab auf Personen mit pflegeri-   Kreises und beraten Bürger in Corona-Fra-       dass die Mitarbeiter hier versuchen, bei
schen und medizinischen Qualifikationen.       gen. Dabei haben sie schnell festgestellt:      allen Richtlinien auch die Situation der
                                               Neben fachlicher Kompetenz ist bei den          Menschen zu sehen und darauf einzuge-
Auf eine Meldung folgt nicht unmittelbar       Gesprächen vor allem Einfühlungsvermö-          hen”, sagt Aranmolate.
eine Antwort oder wird direkt in Anspruch      gen gefragt.
genommen. Aber: jede Anfrage wird ange-                                                        Weil dies auch den beiden Studenten
nommen und bearbeitet. Das Angebot soll        Ich fühle mich krank – kann ich einen           selbst sehr gut gelingt, weil sie sich als
außerdem Vorsorge treffen für mögliche         Abstrich bekommen? Ich war in Holland           äußerst engagiert und zuverlässig erwie-
personelle Engpässe durch das Coronavirus      – muss ich jetzt in Quarantäne? Ich habe        sen haben, sind sie für das Gesundheitsamt
und richtet sich ausdrücklich nicht nur an     eine Physiotherapie-Praxis – wie komme          des Ennepe-Ruhr-Kreises ein Glücksgriff.
ehrenamtliche Helfer.                          ich an Schutzmaterial? Ich bin Risikopati-      „Weil sie ganz am Ende ihres Studiums ste-

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EILDIENST 6/2020                                                                                                          Corona-Krise

hen und bereits umfangreiche Fachkennt-         Der Rhein-Sieg-Kreis hat das System ins        nicht zur Existenzsicherung ausreichen.
nisse haben, können sie unsere Arbeit sehr      Medienzentrum integriert und dem Bedarf        Die bislang vorliegenden Anträge kom-
gut unterstützen. Das ist im Moment viel        der Schulen angepasst. Als Alternative zu      men aus allen 16 Kommunen im Kreisge-
wert”, sagt Astrid Hinterthür, Leiterin des     kommerziellen Videokonferenzsystemen           biet. Bei der Soforthilfe handelt es sich um
Fachbereichs Soziales und Gesundheit            läuft es auf der Basis einer Open-Source-      einen einmaligen, nicht zurückzahlbaren
sowie des Krisenstabs. Und weil die Verun-      Software, liegt auf deutschen Servern und      Zuschuss von bis zu 7.500 Euro pro Unter-
sicherung in der Bevölkerung noch immer         ist datenschutzrechtlich unbedenklich.         nehmen oder Freiberufler aus dem Kreis
groß ist, wird das Team ab der nächsten         Lehrkräfte, die das neue System für ihren      Kleve. Die Antragstellerinnen und Antrag-
Woche noch einmal aufgestockt. Dann             Unterricht nutzen wollen, werden seit          steller kommen verstärkt aus den Berei-
unterstützen zwei weitere Studentin-            Anfang dieser Woche in insgesamt zehn          chen Handel, Dienstleistungen, Gastrono-
nen der Universität Witten/Herdecke das         Online-Seminaren mit der Handhabung            mie, Landwirtschaft und Gartenbau. Auf
Gesundheitsamt.                                 vertraut gemacht.                              der Homepage des Kreises Kleve (www.
                                                                                               kreis-kleve.de) gibt es einen Direktlink zum
Für Aranmolate und Szekely ist derweil          Von den 200 Schulen im Rhein-Sieg-Kreis        Soforthilfeprogramm.
klar: Sie bleiben, solange sie gebraucht        mit über 75.000 Schülerinnen und Schü-
werden. „Jeder kann sich in dieser Situa-       lern nutzen bereits viele Einrichtungen die
tion irgendwie einbringen. Als Medizin-         kostenlosen Angebote des Medienzen-            Gemeinsame Aktion gegen
student halte ich es für selbstverständlich,    trums. Die Lehrkräfte haben einen persön-      „Häusliche Gewalt“: Apothe-
dass ich meine Hilfe an einer Stelle anbiete,   lichen Zugang zu tausenden Lerninhalten,       ken im Rhein-Sieg-Kreis helfen
an der meine medizinischen Vorkenntnisse        wie z.B. Videos, Grafiken oder Arbeitsblät-
gut eingesetzt werden können”, sagt Sze-        tern. Diese Inhalte sind speziell für den      Mit den Ausgangsbeschränkungen in der
kely. Und Aranmolate ergänzt: „Um die           Unterricht produzierte Medien, für die         Corona-Krise steigt das Risiko, dass Frau-
Krise besser zu bewältigen, brauchen wir        der Rhein-Sieg-Kreis Lizenzen erwirbt und      en Opfer häuslicher Gewalt werden. Die
einfach an vielen Stellen Freiwillige.”         ebenfalls rechtssicher zur Verfügung stellt.   Frauenberatungsstellen im Rhein-Sieg-
                                                Lehrerinnen und Lehrer stellen aus den         Kreis und der Runde Tisch gegen häusliche
Stichwort: CoronAid                             unterschiedlichen Modulen Lernlisten           Gewalt haben jetzt mit Unterstützung hie-
Wenige Tage nachdem Mitte März alle             zusammen, bereiten sie für ihre Klasse,        siger Apotheken eine neue Informations-
Schulen und Universitäten geschlossen           Lerngruppe oder einen kompletten Jahr-         kampagne gestartet.
wurden, gründete Dr. Christian Scheffer,        gang auf und leiten den Schülerinnen und
Oberarzt am Gemeinschaftskrankenhaus            Schülern einen Zugangscode weiter. Über        Bei den Anlaufstellen ist die Befürchtung
Herdecke und Dozent an der Universität          ihre eigenen Geräte (Tablet, PC, Smart-        groß, dass durch die Ausgangbeschränkun-
Witten/Herdecke, die Initiative CoronAid.       phone) greifen die zu Hause auf die Inhalte    gen und die unfreiwillige Nähe in Familien
Freiwillige Studierende sollen je nach Qua-     zu und lernen den Stoff.                       und Beziehungen die Fälle von häuslicher
lifikation an verschiedenen Stellen einge-                                                     Gewalt zunehmen. Zudem können die
setzt werden, um bei der Bewältigung der                                                       Kontaktbeschränkungen erst recht dazu
Corona-Krise mitzuhelfen. Innerhalb kür-        Weitere 2 Mio. Euro für das
zester Zeit meldeten sich 300 Studierende.      Corona-Soforthilfeprogramm
Sie arbeiten zum Teil in Krankenhäusern         des Kreises Kleve
und Notfallambulanzen, unterstützen aber
– wie beim Gesundheitsamt der Kreisver-         Das Corona-Soforthilfeprogramm des
waltung – auch in der Beratung.                 Kreises Kleve war am 1. April 2020 mit
                                                einem Fördervolumen von 2 Mio. Euro
                                                gestartet (vgl. EILDIENST LKT NRW Nr.
Lernen per Videokonferenz:                      5/Mai 2020, S 234). Die Unternehmerin-
Rhein-Sieg-Kreis erweitert Ser-                 nen und Unternehmer aus dem Kreisgebiet
vice des Medienzentrums für                     fragten und fragen dieses Programm nach
                                                wie vor sehr stark nach. Da die ausgezahl-
alle Schulen                                    ten Hilfen bereits jetzt ein Gesamtvolumen
Als erster Kreis in Nordrhein-Westfalen         von 1.749.339 Euro haben, wurde ein wei-
stellt der Rhein-Sieg-Kreis allen Schulen       terer Dringlichkeitsbeschluss erforderlich.
im Kreisgebiet ein neues datenschutzkon-        Landrat Wolfgang Spreen und die sechs
formes Modul zur Videokommunikation             Vorsitzenden der im Kreistag vertretenen
zur Verfügung. Lehrkräfte können über           Fraktionen beschlossen heute ein weiteres
das Medienzentrum des Kreises den Dis-          Hilfspaket von 2 Mio. Euro, sodass das Pro-
tanzunterricht um ein wichtiges Instrument      gramm des Kreises Kleve nun ein Gesamt-
erweitern.                                      volumen von 4 Mio. Euro aufweist. Die
                                                zusätzlichen Mittel werden über den lau-
„Dieses zusätzliche Angebot des Medien-         fenden Haushalt bereitgestellt. „Die wei-
zentrums bedeutet eine erhebliche Erleich-      teren Hilfen sind notwendig, um weiteren
terung für den Online-Unterricht der Schu-      gefährdeten Betrieben und Freiberuflern
len”, sagt Kreis-Schuldezernent Thomas          im Kreis Kleve schnell helfen zu können“,
Wagner. „Damit ist es möglich, innerhalb        so Landrat Wolfgang Spreen. Das Hilfspro-
der Lerngruppe nicht nur auf bestimmte          gramm des Kreises Kleve greift weiterhin       Flyer mit Informationen zu Anlaufstellen
Medien zurückzugreifen, sondern auch            nachrangig und erst dann, wenn andere          für Opfer von häuslicher Gewalt.
miteinander zu kommunizieren.”                  Hilfsprogramme von EU, Bund und Land                                  Quelle: Rhein-Sieg-Kreis

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