SCHWEIZ IMMOBILIA - SVIT Schweiz
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
# 05 — MAI 2019 — 86. Jahrgang / Erscheint monatlich / CHF 7.– / www.svit.ch SC HW E IZ IMMOBILIA P L EN UM 14.06.2019 – Luzern www.svit.ch/plenum FOKUS IVO BRACHER ÜBER STANDORT ENTWICKLUNG 04 IMMOBILIEN WIRTSCHAFT WIE KOMMT LEBEN AUFS AREAL? 14 «EINE GEMEINSAME VERMARKTUNGS BAU & HAUS KUNST IST STRATEGIE» UNVERRÜCKBAR 36
EDITORIAL 24 VON—ANDREAS INGOLD R LÜBER SYSTEM Wasserbehandlungsanlagen KORROSIONS- SCHUTZ für Trink EINE BÜCHSE wassersysteme DER PANDORA? Als Pandora die Büchse öffnete, die ihr Zeus mit der Anweisung übergeben hatte, selbiges nie zu tun, entwi- Situation chen daraus alles Übel, alle Laster und Untugenden. Der Mythos sollte uns in vielerlei Hinsicht eine Lehre sein, Rostiges Wasser. so auch hier: Die Rechtskommission des Nationalrats hat Anfang Mai der Motion «Revision der Regeln der Mietzinsgestaltung bei Wohn- und Geschäftsräumen» Analyse der Rechtskommission des Ständerats zugestimmt. Untersuchung der Trink wasserleitungen vor Ort. DIE IMMOBILIEN Lösung WIRTSCHAFT KANN MIT DEM JETZIGEN Zuverlässiger Schutz durch MIETRECHT LEBEN. Hydrocleaner ® Plus. ANDREAS INGOLD Diese beauftragt den Bundesrat, die heute geltenden ge- setzlichen Grundlagen der Mietzinsgestaltung bei Wohn- und Geschäftsräumen einer umfassenden Über- prüfung zu unterziehen und dem Parlament einen aus- gewogenen Entwurf für eine Änderung des Obligatio- nenrechts zu unterbreiten. Ziel soll es sein, die Regeln an die heutigen Gegebenheiten anzupassen, zu verein- fachen und damit eine Verbesserung für Mieter und Vermieter zu ermöglichen. Die Erfahrung zeigt, dass eine solche «Win-win»-Si- tuation im Mietrecht in der gegenwärtigen politischen Konstellation nicht gibt. So beim «historischen Kom- promiss» im Jahr 2007, als die damalige Wirtschaftsmi- nisterin Doris Leuthard dem Druck des welschen Mie- terverbands nachgab und die Vorlage einseitig zulasten der Vermieter abänderte. Ich bin skeptisch, dass nun gelingen soll, was bereits in vielen Anläufen scheiterte. Am Ende könnten die Vermieter die Verlierer sein. Kä- me es dereinst zu einer Volksabstimmung, wären die IHR WASSER – Mehrheiten wohl klar. Eines hatte Zeus ebenfalls in die Büchse gesperrt – die Hoffnung. Es bleibt also, auf einen guten Ausgang in diesem Risikogeschäft des Parlaments zu hoffen und al- les zu unternehmen, damit das Mietrecht nicht «ver- schlimmbessert» wird. IN GUTEN HÄNDEN Lüber System GmbH Weinfelderstrasse 113, 8580 Amriswil T. 071 910 08 44, info@luebersystem.ch www.luebersystem.ch 2 IMMOBILIA / Mai 2019
INHALT IMMOBILIA —INHALT NR. 05 MAI 2019 FOKUS 04 «SOLOTHURN BRAUCHT EINE VERMARKTUNGSSTRATEGIE» Ivo Bracher, CEO der Bonainvest Holding AG, über smarte Haustechnologie, Living Services und den Immobilienmarkt im Kanton Solothurn. 10 IMMOBILIENWIRTSCHAFT 10 ERNEUERUNGSFONDS: WOHIN GEHT DIE REISE? IMMOBILIENPOLITIK Einlagen in den Erneuerungsfonds sind in den meisten Kantonen abzugsfä- hig. Mit der Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung würde diese Mög- MIETZINS ALS FAKTOR lichkeit bei selbstbewohntem Eigentum verschwinden. FÜR VERDICHTUNG 14 WIE KOMMT LEBEN AUFS AREAL? Die Zukunft vieler ehemaliger Industrieareale beginnt mit der Umnutzung. DIE HÖHE DES MIETZINSES BESTIMMT Dabei bleiben historische Elemente oft erhalten und verleihen dem Areal ei- DEN KONSUM VON WONHFLÄCHE, WIE NEUESTE ne Identität. ZAHLEN DES BUNDES ZEIGEN. IE MAN MIT EINEM COMPUTER SPRICHT 22 W Ein Chatbot ist eine Software, die es Usern ermöglicht, in natürlicher Spra- che via Chat-Interface mit einem Computer zu kommunizieren. 18 24 DER MONAT IN DER IMMOBILIENWIRTSCHAFT IMMOBILIENRECHT 28 «A-POST PLUS» IN DER BEWIRTSCHAFTUNG Wann ist der Versand fristauslösender Mitteilungen an Mieter mittels A-Post Plus rechtlich sinnvoll und in welchen Konstellationen ist immer noch der klassische Versand mittels eingeschriebener Post vorzuziehen? BAU & HAUS ES GIBT IMMER MEHR ORTLOSIGKEIT» 32 « Im Gespräch mit der Immobilia verteidigt der Kurator Christoph Doswald die Kunst im öffentlichen Raum und erläutert, warum es manchmal doch IMMOBILIENWIRTSCHAFT besser ist, darauf zu verzichten. ORMAT MIT POTENZIAL 34 F TRANSFORMATION Kunst am Bau hat viele Gesichter. Mal kontrastierend und mal gefällig – ob EINES GROSSAREALS Wohnsiedlung, Schulhaus, Spital, Freibad oder Sportstadion. Doch nicht immer ist sie gern gesehen. DIE WEITERENTWICKLUNG EINES GROSSAREALS IST EINE HERAUSFORDERUNG, DIE VOM IMMOBILIENBERUF EIGENTÜMER MUT FÜR INNOVATIVE NUTZUNGSKONZEPTE VERLANGT. SIND SIE SCHON DIGITAL?» 40 « Lehrgangsleiter Peter Staub spricht über den 3. Lehrgang Certificate of Advanced Studies «Digital Real Estate» an der HWZ. 43 S VIT BASEL: Transformation von Retailimmobilien 44 S VIT ZÜRICH: Die Messe mit Seeblick 47 SVIT OSTSCHWEIZ: «Nicht jammern, sondern Chancen nutzen» 49 S EMINARE UND TAGUNGEN 50 K URSE DER SVIT-MITGLIEDERORGANISATIONEN VERBAND 36 UB: DIENSTBARKEITEN GENAU PRÜFEN 52 K Da zu den meisten Grundstücken auch Dienstbarkeiten gehören, sollte man vor dem Kauf einer Immobilie prüfen, was hinter solchen Einträgen steckt. BAU & HAUS EK: «Schätzerkammer – quo vadis?» 54 S KUNST IST 55 S VIT PLENUM: EIN BEWEGTES JAHR FÜR DEN VERBAND Am 14. Juni trifft sich die SVIT-Gemeinde zum Jahrestreffen der Immobili- «UNVERRÜCKBAR» enwirtschaft. In diesem Jahr ist das SVIT Plenum in Luzern zu Gast. KUNST AM BAU WECKT NEUGIER, 56 F ACHKAMMER STWE: «EIN GELUNGENES JAHR 2018» TRÄGT ZUR SCHÄRFUNG DER WAHRNEHMUNG Die Fachkammer Stockwerkeigentum hat mit der Generalversammlung BEI UND ÖFFNET DEN BLICK AUF DIE WELT. von Mitte April ein arbeitsreiches Jahr zu den Akten gelegt und ist bereits wieder mittendrin in «Grossprojekten». STANDARDS: MARKTPLATZ & PRODUKTE-NEWS 58 / BEZUGSQUELLENREGISTER 66 / ADRESSEN & TERMINE 69 / ZUGUTERLETZT & IMPRESSUM 70 IMMOBILIA / Mai 2019 3
FOCUS INTERVIEW STANDORT- UND AREALENTWICKLUNG Ivo Bracher, CEO der Bonainvest Holding AG, über smarte Haus technologie, Living Services und den Immobilienmarkt im Kanton Solothurn. INTERVIEW—DIETMAR KNOPF* Sie sind studierter Rechtsanwalt, Mitinhaber einer Kanzlei und leiten heute die Bonain- vest Holding AG. Können Sie Ihren berufli- chen Werdegang kurz skizzieren? Ivo Bracher: Meinen Eltern hatten ihre Pensions- kasse in den Bau von Stockwerkeigentum investiert, das plötzlich nicht mehr verkäuflich war, weil die Zinsen damals auf rund 7,5% gestiegen waren. Die fi- nanzielle Last des Leerstands mussten meine Eltern damals selber tragen und der Totalverlust des Pen- sionskassengeldes drohte. An Stelle eines von den Eltern bezahlten Studiums wurde ich Werkstudent und befragte zuerst Mieter und Interessenten. In den rund 300 Gesprächen lernte ich viel über Markt- bedürfnisse. Als Ergebnis aus den Gesprächen riet ich meinen Eltern, das Stockwerkeigentum vorläu- fig zu behalten, zu vermieten und kümmerte mich gleich selbst darum. Und tatsächlich, nach fünf Jah- ren, die Zinsen waren inzwischen gesunken, hatten meine Eltern das ganze Pensionskassengeld unbe- schadet zurück. Nach diesen Erfahrungen und Ab- schluss eines Jurastudiums baute ich mit Kollegen ANZEIGE IMMOBILIA / Mai 2019 5
FOCUS INTERVIEW STANDORT- UND AREALENTWICKLUNG zwei Anwaltsbüros auf, war der erste Geschäftsfüh- erlauben der Grossmutter, die zu Besuch kommt, ei- rer der Schweizerischen juristischen Datenbank nen komfortablen Gang auf das WC. Dies dient Jung und gründete und leitete rund 50 Baugenossen- und Alt: nach Operationen wird auch der junge schaften. Später initiierte ich die Espace Real Esta- Mensch sofort zum Spital «hinausgeworfen» und te AG. Da diese den Fokus nicht auf generationen- dann muss seine Wohnung funktionieren. taugliches Wohnen richten wollte, suchte ich neue Für die Planung ihrer Liegenschaften Partner und gründete mit diesen die Bonainvest haben Sie einen Regelkatalog definiert, Holding AG, Muttergesellschaft der Bonainvest AG der rund 200 Punkte umfasst. Was sind und der Bonacasa AG. Bonainvest hat in den letzten die wichtigsten Punkte dieses Katalogs? Jahren über 1000 Wohnungen erstellt, plus den ei- Die wichtigsten Punkte sind Hindernis- und genen auch 7000 weitere Wohnungen von Drittin- Schwellenfreiheit, verbunden mit Sicherheitsele- vestoren. Die Bilanzsumme mit den bereits gekauf- BIOGRAPHIE menten. Um dies zu erreichen, müssen wir vor dem ten Grundstücken wird in ungefähr 4 Jahren circa IVO BRACHER Baubeginn einiges an Denkarbeit leisten. Unter- 600 Mio. CHF betragen. Bonacasa ist Marktführe- (*1957), studierte stützt wird dies mit einem Informatiksystem, ab- Rechts- und Wirt- rin in punkto Servicewohnen in der Schweiz. schaftswissenschaften rufbar über Telefon oder über die Bonacasa-App, Sie bieten Ihren Kunden als Alleinstellungs- an der Universität Bern. mit deren Hilfe man eine Concierge rufen kann, merkmal nachhaltige Architektur, smarte Seit über 30 Jahren ist bzw. im Notfall auch die Ambulanz kommt. Haustechnologie und Living Services. er selbstständiger Bera- Die Bonainvest Holding AG wurde von der ter und Wirtschaftsan- Was genau steckt hinter diesem Konzept? walt. Bracher ist seit Walder Stiftung für «selbstbestimmtes Wir wollen allen Menschen ein komfortables 2009 Vorsitzender der Wohnen im Alter» ausgezeichnet. Wohnumfeld verbunden mit Sicherheit bieten. Geschäftsleitung und Warum liegt Ihnen die ältere Generation Verwaltungsratspräsi- Niemand will alt sein. Treten Beschwerden vorü- dent der Bonainvest am Herzen? bergehend oder permanent auf, dann soll eine Woh- Holding AG. Diese be- Ich leite seit 30 Jahren Genossenschaften im Al- nung Autonomie ermöglichen. Unsere Wohnungen treibt in Oensingen mit tersbereich. Wir werden alle immer älter. Dies führt sind schwellenfrei, Tür- und Gangbreiten ermögli- 19 Firmen und Hoch- dazu, dass viele ältere Menschen die Angst um- schulen auch die Smart chen auch eine Benutzung im Rollstuhl. Smart Living Loft. treibt, ihre Ersparnisse könnten nicht bis zum En- Home Elemente steigern den Komfort und geben de des Lebens reichen. Diese Ängste sind zum Teil Sicherheit. Auslöser für alle diese Arbeiten war der verständlich, weil die Verzinsung und der Um- Besuch meiner Grossmutter im Rollstuhl im El- wandlungssatz seit Jahren sinken. Es braucht gute ternhaus: keine der drei Toiletten taugte und sie bezahlbare Wohnungen. Ein zweiter Aspekt, der musste in der Garage behelfsmässig auf die Toilet- mich berührt, ist die Einsamkeit von älteren Men- te. Alle Wohnungen, die wir seit 2009 gebaut haben, schen. Mit dem Bau von technisch gut durchdach- 6 IMMOBILIA / Mai 2019
ICH WOLLTE EINEN BERUF ERGREIFEN, DER MIT MENSCHEN ZU TUN HAT. SMARTE WOHNUNGEN FÖRDERN AUTONOMIE UND KOMFORT FÜR JUNGE ten Liegenschaften mit Gemeinschaftsräumen, in Ja, wir investieren viel weniger in Stockwerkeigen- UND ALTE. denen zahlreiche Veranstaltungen stattfinden, ver- tum. Denn wir wollen grundsätzlich für unsere In- suchen wir, ihre Lebensqualität zu verbessern. vestoren ein Portfolio aufbauen. Zudem ist die Fi- Sie kooperieren bei Standort- und nanzierung für Interessenten bereits ab 55 Jahren Arealentwicklungen auch mit den viel schwieriger geworden. Das Hauptproblem im Gemeinden. Können Sie ein Beispiel für STWE sind aber die grundzyklischen Erneuerun- diese Zusammenarbeit geben? gen, die ja überwiegend aus dem Erneuerungsfond Ja, wir entwickeln fast jedes Projekt in Zusammen- bezahlt werden sollten, der oft unterdotiert ist. Bei arbeit mit Gemeinden. Wir wollen an zentralen La- dem heutigen klassischen STWE-Modell können gen gute generationentaugliche Wohnüberbauun- einzelne Parteien Entscheidungen verhindern, gen entwickeln. Wir arbeiten dabei sehr intensiv wenn es um grössere Renovationen geht. Ein ande- mit Einwohner-, Bürger- und Kirchgemeinden zu- res Modell, das wir derzeit prüfen, ist Stockwerkei- sammen, denn es gibt viele Bedürfnisse: Pflegbet- gentum auf Zeit, das über 30 Jahre abgeschrieben ten, Einkaufen, Bushaltstelle, Gruppenarztpraxis, wird. Kerneigentümer könnte eine Pensionskasse Physiotherapie, neben guten Wohnungen. Alles sein, welche dann nach 30 Jahren die Erneuerun- wird verbunden mit guter Architektur, energetisch gen übernimmt. optimierten Gebäudehüllen, nachhaltiger Wärme- Was kennzeichnet den Immobilienmarkt energie und geschickten Grundrissen. Stadt und Kanton Solothurn, welche Sie halten Stockwerkeigentum für ein Aus- Besonderheiten gibt es? laufmodell und investieren stattdessen in ers- Die Dynamik findet eher im Umland statt, weniger ter Linie in den Mietwohnungsbau. Warum? in der Stadt Solothurn. Stadt und Kanton Solothurn IMMOBILIA / Mai 2019 7
Wir kümmern uns nicht nur um Ihre Betriebs- kosten, sondern auch um die Umwelt Die Kleinen Riesen für das Mehrfamilienhaus realisieren dank der hohen Ressourceneffizienz sehr niedrige Betriebskosten. Die Waschmaschinen erreichen die Energieeffizienzklasse A+++ und die Trockner A++. Dank dem wartungsfreien Wärmetauscher ist sichergestellt, dass der Energieverbrauch kontinuierlich niedrig bleibt. Miele. Immer Besser. miele.ch/kleineriesen
FOCUS INTERVIEW STANDORT- UND AREALENTWICKLUNG JEDE WOHNUNG SOLLTE TECHNISCH SO AUSGERÜSTET SEIN, DASS DIE NUTZER IM NOTFALL SCHNELL GEFUNDEN WERDEN KÖNNEN. fehlt eine klare Vermarktungsstrategie. Die Entfer- hätte die Entsorgung des Stadtmistes rund dreimal nung von Solothurn zum Flughafen Zürich ist in et- bezahlt und einzigartigen Wohnraum geschaffen. wa gleich, wie von Paolo Alto nach San Francisco. Der Grund und Boden des Projekts gehört der Stadt Somit könnte Google’s Schweizer Firmensitz an und dem Kanton. Bonainvest und andere Investo- sich auch in Solothurn, Olten oder Grenchen statt ren hatten ein bewilligungsfähiges Vorprojekt aus in Zürich sein. Damit Solothurn überhaupt wahrge- der Feder von Herzog & de Meuron Architekten als nommen wird, bedingt dies aber die Bündelung der PPP-Modell in Zusammenarbeit mit Stadt und Argumente und planerische Koordination. Einfach Kanton entwickelt. Dieses Projekt hätte für die Re- 300 Wohnungen in Olten ohne Veloabstellplätze gion und den Kanton Solothurn eine Signalwirkung am Bahnhof zu bauen geht nicht. Solothurn scheint gehabt. Während der Projektphase wurde das oft an einer Selbstblockade zu leiden, obwohl es in Raumplanungsgesetz geändert, was zur Folge hat- unserem Kanton sehr gute wirtschaftliche Rah- te, dass das Baugrundstück vorläufig nicht mehr als menbedingungen gibt. Vermutlich haben die rund Wohnbauzone eingezont werden konnte. 300 Mio. CHF Finanzausgleich etwas Trägheit aus- Was tun Sie in Ihrer Freizeit, um sich von gelöst. Die Steuerstrategie lässt nun aber hoffen: es Ihrer Arbeit zu erholen? braucht nach Annahme der tieferen Unterneh- Ich lese, laufe, rudere, fahre gerne Ski oder schaue menssteuersätze dann aber wirklich ein koordi- mir Städte an, dies mit meiner Frau und meiner Fa- niertes Vermarkten der Standortvorteile. milie. Beim Lesen interessieren mich vor allem Fra- Sie haben sich als Co-Investor für den gen rund um die technischen Möglichkeiten und die Bau der Wasserstadt Solothurn stark Entwicklung unserer Gesellschaft. Was macht gu- gemacht. Schlussendlich wurde das Projekt tes Wohnen aus? Denn wir stehen punkto Energie aus juristischen Gründen vom Bau- und und Lebensqualität verbunden mit den demogra- *DIETMAR KNOPF Justizdepartement abgelehnt. Warum? phischen Veränderungen vor grossen Herausforde- Für gewisse Politiker in Solothurn waren offen- rungen. Die Planung muss viel integrierter erfolgen. Der diplomierte Architekt ist sichtlich andere Themen wichtiger als das zu- Und die Politik muss übergeordneter und langfris- Chefredaktor der kunftsorientierte Projekt der Wasserstadt. Dieses tiger denken. Zeitschrift Immobilia. IMMOBILIA / Mai 2019 9
IMMOBILIENPOLITIK WOHNFLÄCHENKONSUM MIETZINS ALS Die neusten Erhebungen des Bundes zei- gen: Der Mietzins ist der wichtigste Faktor, WICHTIGSTER FAKTOR um Verdichtung zu erreichen. Tiefe Mieten führen zu Mehrkonsum von Wohnfläche. FÜR VERDICHTUNG TEXT—IVO CATHOMEN* HOHE MIETZINSE, TIEFER FEIND DER VERDICHTUNG FLÄCHENV ERBRAUCH Damit lässt sich argumentieren, dass die WOHNFLÄCHENVERBRAUCH 2017 Mieter handeln rational. Sind die Miet- Höhe des Mietzinses ein Hauptfaktor dafür Durchschnittliche Wohnfläche pro zinse hoch, schränken sie ihren Wohnflä- ist, wie viel Wohnraum pro Person konsu- Bewohner in Quadratmeter chenverbrauch ein. Das ist der Schluss aus miert wird. Diese Preiselastizität könnte Schweiz 46 den jüngsten Erhebungen des Bundesamts wiederum dahingehend interpretiert wer- für Statistik zu den Schweizer Wohnver- den, dass Wohnraum ab einer bestimmten 100 000 und mehr Einwohner hältnissen. 2017 konsumierte jeder Bewoh- als notwendig erachteten Fläche kein rei- Basel 40 ner in der Schweiz im Durchschnitt 46 nes Grundgut darstellt. Damit ist ein höhe- Bern 39 Quadratmeter. Je grösser die Wohnung rer bzw. steigender Mietzins dazu geeignet, Genève 36 Lausanne 37 nach Massgabe der Zimmerzahl, umso hö- den Flächenkonsum zu beeinflussen. Wer- Winterthur 43 her ist der Flächenverbrauch. Sind es bei den die Mietzinse durch Regulierung unter Zürich 39 den 1-Zimmer-Wohnungen durchschnitt- dem Marktgleichgewicht gehalten, wird lich nur 29 Quadratmeter, so beläuft sich der Konsum von Wohnfläche stimuliert – 50 000 bis 99 999 Einwohner der Konsum bei 6 und mehr Zimmern auf für gleich viel Mietzins kann mehr Fläche Biel 41 doppelt so viel, nämlich 59 Quadratmeter verbraucht werden. Lugano 47 Luzern 45 pro Person. Damit ist der Mietzins ein wichtiger St. Gallen 44 Auffallende Abweichungen vom Durch- Faktor bei den Verdichtungsbestrebungen. schnittswert sind in Städten mit mehr als Denn Verdichtung kann nicht nur bei der 20 000 bis 49 999 Einwohner 100 000 Einwohnern sowie in bevorzugten Bauordnung ansetzen. Sie muss ebenso den (Auswahl) Vororten und Tourismusregionen auszu- Flächenverbrauch in Betracht ziehen. Die- Aarau 48 Chur 45 machen. In den grössten Städten beträgt ser hat 2017 gegenüber den Vorjahren Dietikon 38 die durchschnittliche Wohnfläche ver- nochmals auf die erwähnten 46 Quadrat- Dübendorf 43 gleichsweise tiefe 36 bis 43 Quadratmeter meter zugenommen. Von 2013 bis 2016 lag Frauenfeld 49 – und dies, obwohl die Anzahl Personen pro er bei 45 Quadratmeter. Das tönt nach we- Fribourg 37 Wohnung in den grössten Städten mit zwi- nig. Umgerechnet auf die Schweizer Bevöl- La Chaux-de-Fonds 43 Meyrin 31 schen 1,9 und 2,2 Personen mehrheitlich kerung sind es aber immerhin 8,4 Mio. Qua- Neuchâtel 41 unter dem schweizerischen Durchschnitt dratmeter. Eine Konsolidierung des Nyon 40 liegt (2,2). Flächenverbrauchs zeichnet sich zwar ab, Rapperswil-Jona 47 Der geringere Flächenkonsum korres- eine eigentliche Trendwende ist aber nicht Schaffhausen 48 pondiert mit den höheren Mietzinsen in in Sicht. Sion 44 Thun 43 den Städten. Die Mieter in der Schweiz be- Uster 45 zahlten gemäss einer ebenfalls jüngst ver- Wettingen 46 öffentlichten Statistik über die Periode Wetzikon ZH 43 2015 bis 2017 durchschnittlich 1319 CHF Wil SG 46 Nettomietzins pro Monat. Zürich (1536 Yverdon-les-Bains 37 CHF), Genf (1395 CHF), Winterthur (1381 *IVO CATHOMEN QUELLE: BUNDESAMT FÜR STATISTIK, WOHNVER- CHF) und Luzern (1371 CHF) lagen signi- Dr. oec. HSG, ist Herausgeber der HÄLTNISSE, STRUKTURERHEBUNG, MÄRZ 2019 fikant über diesem Durchschnittswert. Zeitschrift Immobilia. 10 IMMOBILIA / Mai 2019
KURZMELDUNGEN Software-Gesamtlösung für das Immobilien- management SCHWEIZ ledigt. Eine Einigung zwischen den Parteien durch Vergleich, VERNEHMLASSUNG Klageanerkennung oder Klage- ZU EIGENMIETWERT rückzug wurde in 6345 Fällen Anfang April hat die Kom- erzielt. Dies entspricht einem mission für Wirtschaft und Anteil von 50% der erledigten Abgaben des Ständerats die Verfahren. Zum Jahresende Vernehmlassung zum System- waren 6223 Fällen pendent. wechsel bei der Wohneigen- tumsbesteuerung eröffnet. In- BÜRGERLICHE teressierte Kreise haben bis MEHRHEIT IN DEN zum 12. Juni Zeit, sich zu den STÄDTEN Vorschlägen und Varianten der In den Exekutiven der Kommission zu äussern. Eben- Schweizer Städte mit mehr als falls Anfang April hat das Fi- 10 000 Einwohnern dominiert nanzdepartement die Ver- mit Abstand die FDP als nehmlassung zur Änderung stärkste Partei. 266 von insge- der Eigenmittelverordnung samt 963 Exekutivmitgliedern lanciert. So sollen die Vor- gehören den Freisinnigen an, schriften für Hypotheken für wie eine jüngst veröffentlichte Wohnrenditeliegenschaften Erhebung des Bundesamts für verschärft werden. Statistik für das Jahr 2018 zeigt. 59 von ihnen sind Frau- UNTERSCHRIFTEN- en, 207 Männer. Die SP kommt SAMMLUNG FÜR auf 209 Mandate, die CVP auf INITIATIVE 142 und die SVP auf 129. Die Ende März hat die Unter- anderen Parteien sind bereits schriftensammlung für die deutlich abgeschlagen. 38% Volksinitiative «Gegen die der Mandate entfallen auf Verbauung unserer Landschaft Frauen. Innert zehn Jahren (Landschaftsinitiative)» be- veränderten sich die Partei- gonnen. Die Sammlung dauert stärken nur geringfügig. SVP bis zum 26. September 2020. und SP verloren leicht, die Die Initiative zielt darauf ab, CVP legte zu. • Verwaltung von Mietliegenschaften, die Überbauung des Kulturlan- Stockwerkeigentümergemeinschaften des zu stoppen und dem Bauen BASEL-STADT und Wohnbaugenossenschaften ausserhalb der Bauzonen Grenzen zu setzen. Bund und WOHNSITZPFLICHT • Prozessorientierte Programmassistenten Kantone sollen u. a. dafür sor- FÜR WOHNUNGS- • Individuell gestaltbare Masken gen, dass im Nichtbaugebiet KÄUFER? • Elektronische Ablage sämtlicher Dokumente die Zahl der Gebäude und die In Basel sollen am alten Ra- • Mobile Wohnungsübergabe inkl. Abnahme- von ihnen beanspruchte Flä- diostudio-Standort der SRG protokoll auf iPad che nicht zunehmen. auf dem Bruderholz 48 Eigen- tumswohnungen entstehen. RÜCKL ÄUFIGE Der Grosse Rat stimmte Zo- www.abacus.ch SCHLICHTUNGS- nenänderung und einen Be- FÄLLE bauungsplan oppositionslos Im Vergleich zum 1. Halb- zu. Die Bau- und Raumpla- jahr 2018 sowie zum 2. Halb- nungskommission hatte aller- jahr 2017 gab es in der 2. Jah- dings für den Fall, dass Eigen- reshälfte 2018 weniger neue tumswohnungen entstehen, Schlichtungsverfahren im eine Residenzpflicht für Käu- Miet- und Pachtwesen. Insge- fer in die Vorlage aufgenom- samt wurden im vergangenen men. Nun ficht die SRG den Halbjahr 12 700 Schlichtungs- Parlamentsentscheid an. Die verfahren eingeleitet. Gleich- Residenzpflicht ist rechtlich Ecknauer+Schoch ASW zeitig wurden 12 678 Fälle er- umstritten. IMMOBILIA / Mai 2019
IMMOBILIENPOLITIK STOCKWERKEIGENTUM Einlagen in den Erneuerungsfonds sind ERNEUERUNGS- in den meisten Kantonen sowie bei der Bundessteuer als Liegenschafts- unkosten abzugsfähig. Mit der im Par- FONDS: WOHIN lament diskutierten Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung wird diese GEHT DIE REISE? Möglichkeit zumindest bei selbstbe- wohntem Eigentum verschwinden. TEXT—MICHEL DE ROCHE* Die Höhe des Eigen- mietwerts über- rascht viele Käufer erst lange nach dem Einzug. BILD: 123RF.COM AUSGANGSLAGE unkosten abzugsfähig. Es muss einzig sichergestellt Die Eigenmietwertbesteuerung wurde bereits 1940 sein, dass der Fonds lediglich zum Zwecke von Unter- Bestandteil des Schweizer Steuerrechts. Sie war Ge- halt, Reparatur und Erneuerung verwendet wird. Das genstand anhaltender politischer Auseinandersetzun- Fondsvermögen ist steuerlich kein Sondervermögen, gen. Bisher war jedoch allen Versuchen, die auf eine sondern ist vom einzelnen Stockwerkeigentümer ent- Änderung oder Abschaffung des Systems zielten, kein sprechend seiner Wertquote an seinem Wohnsitz zu Erfolg beschieden. Zuletzt scheiterte eine Volksinitia- versteuern. Die Verwaltung ist deshalb gehalten, jedem tive für «Sicheres Wohnen im Alter» im Septem- Eigentümer jährlich eine Übersicht über seine Einla- ber 2012. Diese Initiative sah vor, dass Pensionierte ein gen und seinen Anteil am Erneuerungsfonds zu erstel- einmaliges Wahlrecht haben sollten, um auf die Eigen- len, damit der Eigentümer seiner Steuerdeklarations- mietwertbesteuerung am Wohnsitz für selbstgenutz- pflicht nachkommen kann. tes Wohneigentum zu verzichten. Die Erträge des Erneuerungsfonds unterliegen der Das Schweizer Steuerrecht beruht auf den Grund- Verrechnungssteuer. Diese kann von der Gemein- VOR DEM sätzen der Besteuerung des Gesamteinkommens und schaft bzw. durch den Verwalter zurückgefordert wer- INKRAFTTRETEN der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Steuer- den, soweit die Stockwerkeigentümer Wohnsitz in der EINER ALLFÄLLI- pflichtigen. Mieteinnahmen aus Wohneigentum sind Schweiz haben. GEN ABSCHAF- FUNG DER als Einkünfte zu versteuern. Im Fall von selbstbewohn- EIGENMIETWERT- tem Eigentum muss der Eigentümer den sogenannten ABSCHAFFUNG DER BESTEUUERUNG Eigenmietwert als Einkommen versteuern, weil der EIGENMIETWERTBESTEUERUNG? KANN MAN NOCH Gesetzgeber davon ausgeht, dass ihm aus dem Eigen- Eine Anfang 2017 eingereichte parlamentarische VON STEUERLI- tum ein Nutzen im Sinne von ersparter Miete zufliesst. Initiative der Kommission für Wirtschaft und Abgaben CHEN ABZUGS- Im Gegenzug ist es dem Eigentümer sowohl beim des Ständerats zielt nun auf die Abschaffung der MÖGLICHKEITEN selbstbewohnten als auch beim vermieteten Eigentum Eigenmietwertbesteuerungfür den Hauptwohnsitz. PROFITIEREN. erlaubt, Unterhaltskosten und Schuldzinsen vom Ein- Sie stiess auch in der Kommission des Nationalrats auf kommen abzuziehen. Zustimmung. Derzeit läuft der politische Prozess. Der Entwurf der inzwischen ausgearbeiteten Gesetzesvor- EINLAGEN IN DEN ERNEUERUNGSFONDS lage ist noch bis Juni in der Vernehmlassung. Einlagen in den Erneuerungsfonds sind in den meis- Mit der Abschaffung der Eigenmietwertbesteuerung ten Kantonen und beim Bund als Liegenschafts am Wohnsitz sollen auch die Abzüge für Unterhalts- und 12 IMMOBILIA / Mai 2019
13 Instandstellungskosten, Versicherungsprämien sowie STEUEROPTIMIERUNG VOR Verwaltungskosten aufgehoben werden. Auf Bundes- SYSTEMWECHSEL ebene sollen zudem die Abzugsmöglichkeiten für aus- Es ist nicht damit zu rechnen, dass der angedachte serfiskalisch motivierte Abzüge fürs Energiesparen, Systemwechsel vor den Steuerperioden 2020/21 in Umweltschutz sowie Denkmalpflege entfallen. Den Kraft treten wird. Eigentümer, welche noch von der Kantonen soll hier noch ein Spielraum gelassen werden. steuerlichen Abzugsfähigkeit der Unterhaltskosten und damit im Fall von Stockwerkeigentum auch der FOLGEN DES SYSTEMWECHSELS IM Einlagen in den Erneuerungsfonds profitieren wol- STOCKWERKEIGENTUM len, sei Folgendes geraten: Mit der Abschaffung der Möglichkeit des Abzugs der Allenfalls bestehende Sanierungsprojekte sind zu Unterhaltskosten entfällt automatisch auch die Mög- beschleunigen und zeitnah abzuwickeln. Bei der Be- lichkeit des Abzugs von Einlagen in den Erneuerungs- zahlung ist zu beachten, dass einzelne Kantone für die fonds. Dies ist fiskalisch nachvollziehbar und konse- Frage der steuerlichen Abzugsfähigkeit auf das Da- quent. Umgekehrt dürfte dieser Systemwechsel tum der Rechnungsstellung des Unternehmers, ande- Stockwerkeigentümer noch weniger motivieren, ihren re auf das Datum der Bezahlung der Rechnungssum- *MICHEL DE Erneuerungsfonds so zu äufnen, wie das erforderlich me abstellen. ROCHE wäre. Gepaart mit der bisherigen Weigerung der Politik, Bis zum Systemwechsel können Einlagen in den Der Autor ist Advokat die Schaffung und die Höhe der Einlagen in den Erneu- Erneuerungsfonds gegenüber den bisherigen Sum- in Basel mit Fokus auf Immobilienrecht. Er erungsfonds zwingend zu regeln, dürfte dieser System- men erhöht werden. Selbstverständlich ist hierbei auf ist Präsident der Fach- wechsel die Finanzierung von grosszyklischen Sanie- die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit der Stock- kammer Stockwerk rungen im Stockwerkeigentum weiter erschweren. werkeigentümer zu achten. eigentum des SVIT. ANZEIGE Carlo Staub – Geschäftsleitung STAUB Immobilien Treuhand AG, Frauenfeld: « Die Mobile Apps von W&W steigern die Effizienz unserer Immobilien- bewirtschafter.» W&W Immo Informatik AG Affoltern am Albis • Bern • St. Gallen w w i m m o . c h IMMOBILIA / Mai 2019 13
IMMOBILIENWIRTSCHAFT STANDORT- UND AREALENTWICKLUNG Die Zukunft vieler ehemaliger Industrieareale beginnt mit WIE KOMMT LEBEN der Umnutzung. Bestehende Elemente mit historischem AUFS AREAL? Industriecharakter werden oft erhalten und verleihen dem Areal eine Identität. TEXT—BRITTA VODICKA & DAVID JOHO* Kunstobjekte im Zellweger-Park in Uster. AUSTAUCH UNTER DEN BEWOHNERN BILD: ROMAN KELLER Mobility-Konzepte. Nachbarn werden zu einer Com- FÖRDERN munity, und Areal-Apps stellen jederzeit den kurzfris- Ziel einer nachhaltigen Arealentwicklung ist es, tigen Austausch sicher. Generationenwohnen, Cluster Leben auf das Areal zu bringen, das Impulse gibt und und Familienwohngemeinschaften lösen grossenteils die Weiterentwicklung fördert. Dafür spielt der geeig- die typischen Wohnungstypologien von 2-, 3- und nete Nutzungsmix mit den entsprechenden Nutzer- 4-Zimmer-Wohnungen ab. Ist der Austausch unter den gruppen eine wesentliche Rolle. Die Rollen von Woh- Bewohnern einmal angeregt, ist bereits ein Schritt in nen und Arbeiten vermischen sich in der heutigen Richtung eines lebhaften Areals getan. Zeit teilweise, was sich in räumlichen Hybridformen Bei der Arealentwicklung des Hobelwerks Winter- wie Coworking im Wohnquartier oder Small-Office/ thur, ehemaliges Kälin-Areal, erarbeiteten die Areal- Homeoffice innerhalb der Wohnung niederschlägt. entwickler Odinga Picenoni Hagen AG in einer ersten Die Bedeutung des Wohnens und die Ansprüche da- Phase ein Leitbild für die sozial nachhaltige Entwick- ran verändern sich mit der soziodemografischen Be- lung des Areals unter dem Motto «Leben - Beleben - wegung in Richtung von mehr Einpersonenhaushalten ZWISCHENNUT- Begegnen». Dieses macht wesentliche Aussagen zum und sich wandelnden Familienkonstellationen über ZUNGEN MÜS- Erscheinungsbild und der Atmosphäre auf dem Kälin- die verschiedenen Lebensphasen hinweg. Zusätzlich SEN TEIL DES Areal und hat zum Ziel, eine möglichst grosse Wohn- zur ökologischen wird auch die soziale Nachhaltigkeit TRANSFORMA- und Lebensqualität für die Zielgruppen zu schaffen: TIONSPROZES- zum Begriff. Gesucht werden private Rückzugsorte von Familien über Single- und Paarhaushalte bis hin SES WERDEN. mit gemeinschaftlichem Austausch bei Bedarf. Nebst zu den Senioren. den eigenen vier Wänden sorgen Gemeinschaftsräume mit hohen Aufenthaltsqualitäten wie Lounges, Wohn- BEAT ODINGA, ODINGA VOM FRÜHSTÜCKSLADEN ZUM zimmer und Dachterrassen für geselligen Austausch. PICENONI HAGEN AG WIRTSCHAFTSFAKTOR Bereiche für Urban Gardening sowie gemeinschaftli- Ein weiterer wichtiger Faktor für die erfolg ches Kochen und Speisen werden den Bewohnern zur reiche Entwicklung eines Areals ist das Gewerbe. Aneignung angeboten. Die Sharing-Economy ermög- Damit sind einerseits Kleingewerbe und Einkaufs- licht eine Velowerkstatt für alle und gemeinschaftliche möglichkeiten gemeint, die den täglichen Bedarf der 14 IMMOBILIA / Mai 2019
1 Bewohnerdecken: der Laden um die Ecke, die Bäcke- rei, der Obst- und Gemüsehändler, das Quartiercafé, der Mehrzweckraum für kreative oder sportliche Frei- zeitangebote. Unter Betrachtung eines grösseren Ra- dius sind damit Dienstleistungs- oder Gewerbeunter- nehmen gemeint, die dem Areal, je nach Grösse und Art des Areals, wirtschaftlichen Schwung verleihen und so das Areal zu einem Wirtschaftsfaktor im Stand- ortmarketing der Region machen. Für die erfolgreiche Ansiedelung von Unternehmen ist eine Zusammen- Areal ihren Prototypen des autonomen Busses Trapi- Zellweger Park Uster arbeit mit der Standortförderung der Region oder des zio entwickelt und in der Pilotphase getestet, mit dem (BILD: ROMAN KELLER). Kantons unerlässlich. Diese kann auf übergeordneter Ergebnis, dass dieser seit gut einem Jahr im öffentli- Ebene für ein attraktives Klima sorgen, das Chancen chen Linienverkehr von Neuhausen verkehrt. Durch eröffnet und innovative Unternehmen anzieht. diese Erfolgsgeschichte siedelte sich beispielsweise Die Bildung von Clustern innerhalb eines Wirt- das Swiss Transit Lab (Kompetenzzentrum für intel- schaftszweiges, wie dies auf dem SIG-Areal in Neu- ligente Mobilität) an, welches wiederum weitere Un- hausen am Rhein angestrebt wird, kann eine geschick- ternehmen im Bereich der Mobilität anziehen wird. te Strategie für die nachhaltige Wertschöpfung eines Ein wachsender Anteil an Wirtschaftsunterneh- Areals darstellen. Die Firma Trapeze hat auf dem SIG- men geht Hand in Hand mit einer grösseren ANZEIGE M ENT A GE AN M E TAT S E L PARTNER EA –R M EIGENTÜMER TE SYS ÖKO LIEFERANTEN INTERESSENTEN MITBEWERBER MIETER Was Eigentümer und Mieter gemeinsam haben Sie wollen beide das Beste für sich. Die attraktivsten Immobilien, die besten Wohnungen, die besten Büros, Verkaufs- und Gewerberäume. Das Rezept dazu: intelligente Ver netzung im Ökosystem der Immobilienbranche. Permanente Kooperation aller Beteiligten und mass geschneiderte Services für Mieter und Eigentümer. Das Real Estate Management der Zukunft wird zur Kunst, auf die Kunden zu hören, auf sie einzugehen, ihre Wünsche zu erkennen und dann: gemeinsam Neues zu wagen! Das finden wir spannend, und darauf freuen wir uns. Bewirtschaftung, Facility Management, Vermietungsmanagement, Baumanagement
IMMOBILIENWIRTSCHAFT STANDORT- UND AREALENTWICKLUNG Arealplakat vom Hobelwerk Winterthur. (BILD: WALDER WERBER WERBEAGENTUR AG) Nachfrage nach Nutzungen. Das Angebot an Ein- kaufsmöglichkeiten, Gastronomie, Fitness und Abendunterhaltung nimmt zu und erschliesst dadurch wiederum eine grössere Öffentlichkeit. KURATIERTE FLÄCHEN UND ERSCHLIESSUNG Die Begegnungsräume, welche das Arealleben an- regen, müssen sehr sorgfältig entwickelt werden. Ein Aussenraumkonzept schafft Bezüge zu anderen öf- fentlichen Orten ausserhalb des Areals: zum Dorf- kern, zu einem Naherholungsort, zu einer Touristen- attraktion, zu Grünflächen und Plätzen, die bereits frequentiert werden und belebt sind. Hierbei kann die optimale Anbindung an den öffentlichen Verkehr eine meinschaft fördern, möglicherweise jedoch die Ren- wichtige unterstützende Rolle einnehmen. Ist ein Ort diteansprüche nicht erfüllen, quer zu finanzieren, um nicht einfach zu Fuss aus dem Stadtzentrum heraus nachhaltig die Attraktivität und somit die nachhaltige erreichbar, sollte er gut mit Zug oder Bus erschlossen Wertschöpfung des Areals zu sichern. sein. Velowege und Parkierungsmöglichkeiten ergän- PROJEKTENT- zen die Erschliessung. Im Zeitalter der Sharing-Eco- WICKLER MÜS- NACHHALTIGKEIT UND ARCHITEKTUR nomy ist ein Mobility-Konzept auf Arealebene üblich. SEN VISIONEN Energetische und ökologische Auflagen gelten heu- Kleinwagen sowie Elektrobikes oder Velos stehen zen- ENTWICKELN, te für alle grösseren Arealentwicklungen. Nicht ganz DIE ÜBER DIE tral für alle Nutzer im Mobility-Hub zur Verfügung einfach ist es, sich im Dschungel der Öko-Labels zu- NÄCHSTEN GE- und ersetzen das herkömmliche Statussymbol Auto. NERATIONEN rechtzufinden. Es gilt zu klären, welche Ziele der Bau- Ist das Areal einmal verkehrstechnisch mit der Um- HINWEG AUCH herr auf dem Areal verfolgen möchte und mit welchen gebung vernetzt, wird die Wegführung auf dem Areal NOCH BESTE- Massnahmen diese in Übereinstimmung mit den wei- wesentlich. Sorgfältig konzipierte Aussenräume ha- HEN KÖNNEN. teren Ansprüchen an das Areal umgesetzt werden kön- ben die Aufgabe, Passantenströme zu lenken – von nen. Hierfür sind ein tiefes Verständnis für das Gebiet Gassen zu Plätzen, von dort in Läden und Cafés hin- der Nachhaltigkeit und eine zielführende Beratung es- ein. Gut gestaltete Orte im Freien mit Sitz- und Spiel- OLIVER HAGEN, ODINGA sentiell. PICENONI HAGEN AG gelegenheiten, Grünflächen und Pflanzen, gewährleis- Last but not least bereitet wohldurchdachte und an- ten den längeren Aufenthalt der Besucher und fördern sprechende Architektur den Weg zu attraktiven Räu- somit ein lebhaftes Quartiersleben. Die an öffentliche men, in welchen man sich gerne aufhält – im Aussen- Plätze angrenzenden Erdgeschossnutzungen müssen wie im Innenraum. Die Übergänge zwischen Aussen sorgfältig kuratiert werden. Unter Umständen lohnt und Innen sowie kluge Freiraumkonzepte innerhalb es sich, Nutzungen, welche den Austausch und die Ge- der Gebäude sind ebenso wichtig wie smarte Grund- 16 IMMOBILIA / Mai 2019
UNSERE VISION FÜR DAS SIG AREAL LIEGT IN DER VERNET- ZUNG VON ÖFFENTLICHEM RAUM UND EINER ATTRAKTIVITÄTS- STEIGERUNG DES AREALS. BEAT ODINGA, ODINGA PICENONI HAGEN AG SIG Areal in Neuhausen am Rhein (BILD: ZVG). risstypologien, welche der zeitgemässen Forderung AREALENTWICKLUNG BRAUCHT ZEIT nach Variabilität, Flexibilität und Diversität nach- Der wichtigste Faktor, der alle oben genannten kommen. Die Wahl der geeigneten Konstruktionen Entwicklungsaspekte berührt, ist die Zeit – Areal- hat wesentlichen Einfluss auf die Baukosten und spielt entwicklung braucht Zeit. Zeit, um Akzeptanz in der auch im Nachhaltigkeitskonzept eine Rolle. Das wohl Bevölkerung zu finden und zu identifizieren, welche am stärksten von den Nutzern bewusst wahrgenom- Bedürfnisse bei den neuen Nutzern entstehen. Nicht mene Element der Architektur ist die Materialisie- zuletzt spielt die Zeit auch im Sinne der Etappierbar- rung. Farbe und Beschaffenheit sprechen die Nutzer keit eine ganz pragmatische Rolle. Durch die Entwick- *BRITTA VODICKA auf emotionaler Ebene an. Beim Betreten eines Rau- lung des Areals in Etappen haben der Bauherr und die Die Autorin ist Pro mes spürt jeder sofort, ob er sich gern darin aufhält Projektbeteiligten die Gelegenheit, die bereits reali- jektassistentin bei der oder nicht. sierten Etappen zu analysieren und bei Bedarf An- Odinga Picenoni Hagen AG. Verschiedene Verfahren können den richtigen An- passungen bei den zukünftigen Etappen durchzufüh- satz zur passenden Architekturlösung darstellen. An- ren. In diesem Sinne gewährleistet die Etappierung gefangen beim Direktauftrag, wenn der Wunscharchi- die Risikokontrolle über die Arealentwicklung in ih- tekt schon gesetzt ist, bis hin zum Studienauftrag mit rer Gesamtheit. einer Anzahl eingeladener Architekten, welche zuvor Arealentwicklung muss als Generationenprojekt sorgfältig evaluiert wurden. Beim Zellweger-Park in verstanden werden, als ein langfristiger Prozess, der Uster, der aus einem Park mit zwei natürlichen Wei- Raum und Flexibilität für zukünftige Entwicklun- *DAVID JOHO hern besteht, wurden bewusst unterschiedliche Ver- gen bietet und dadurch einen massgeblichen Mehr- fahren für die Bebauung der einzelnen Baufelder ge- wert sowohl für den Eigentümer als auch für den Ort Der Autor ist Projekt- entwickler bei der wählt: Einige wurden im Direktauftrag vergeben, für generiert. Odinga Picenoni andere wurde ein Studienauftrag durchgeführt. Hagen AG. IMMOBILIA / Mai 2019 17
IMMOBILIENWIRTSCHAFT STÜCKI PARK TRANSFORMATION Die Weiterentwicklung eines Grossareals ist eine Herausfor- derung. Diese erfordert vom EINES EigentümerMut für innovative Nutzungskonzepte – und viel GROSSAREALS gegenseitiges Vertrauen. TEXT— NIKLAS NAEHRIG* Bild links: Der neue Stücki Park in Basel. Gesamtansicht. Bild rechts: Das Village im Stücki Park. BILDER: SWISS PRIME SITE IMMOBILIEN AG EIN AREAL – VIELE ERFOLGSGESCHICHTEN Im Stücki Park werden bis 2023 in meh- reren Phasen zahlreiche Transformati- onsprojekte mit hohem Innovationspo- tenzial umgesetzt. Die Labor- und Büroflächen in den vier Neubauten wer- VOM OBJEKT ZUM AREAL Unter dieser Voraussetzung entschloss den weitgehend schlüsselfertig erstellt. Das Areal der ehemaligen Stückfärberei in sich Swiss Prime Site im Oktober 2017, Den Mietern werden so voll ausgebaute Basel ist seit jeher ein guter Ort für innovati- die ehemals getrennten Liegenschaften Arbeitsplätze zur Verfügung gestellt. Ein ve Entwicklungen. Die Erfolgsgeschichte von Shoppingcenter, Hotel und Science Park einzigartiges Angebot, das massgeschnei- Basel als führendem Standort der Chemie- zukünftig als Gesamtareal unter der ge- dert für dynamische Unternehmen aus und Pharmaindustrie nahm hier ihren An- meinsamen Dachmarke Stücki Park zu dem Lifesciences-Bereich ist. So wird der fang. In den 1980er- und 90er-Jahren entwi- führen. Für das Areal wurde zusammen Pharma und Biotechkonzern Lonza seine ckelte der Ort durch progressive Kunst- und mit der zur Swiss Prime Site-Gruppe ge- Erfolgsgeschichte im Stücki Park fort- Clubprojekte internationale Strahlkraft. Im hörenden Wincasa ein Nutzungskonzept schreiben und rund 8000 m² zusätzliche ersten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts er- entwickelt, das Innovation, Erlebnis, For- Flächen anmieten. lebte das Gelände erneut einen tiefgreifen- schung, Gesundheit und Einkauf in den Auch in der ehemaligen Mall wurden in- den Wandel, als das bekannte Basler Archi- Mittelpunkt stellt und sowohl für Anwoh- novative Raum- und Vermietungskonzep- tekturbüro Diener & Diener hier im Auftrag ner als auch für Kunden und Mitarbeiten- te umgesetzt. Nicht nur, dass in einem ge- der Jelmoli-Gruppe eines der grössten Shop- de der im Stücki Park ansässigen Firmen nauso mutigen wie radikalen Schritt der pingcenter der Schweiz mit angeschlosse- ein attraktives und vielfältiges Angebot Retailanteil zugunsten von kleinflächige- nem Hotel plante und ausführte. bereithält. Mit Crossover-Konzepten wer- ren Nutzungen von 33 000 auf 10 000 m2 Unter der Regie des neuen Eigentümers den Synergien zwischen den Arealnutzun- reduziert wurde, gemeinsam mit dem Mie- Swiss Prime Site Immobilien AG erlebt das gen angestrebt. ter Regus wurden auch neue Formate wie Areal seit 2016 erneut eine Transformati- Einen echten Mehrwert bedeutet zudem Co-Working-Spaces umgesetzt. Das Fit- on. Swiss Prime Site ist ebenfalls Eigentü- die effiziente und kompetente Betreuung nesstudio GYYM hat seine Flächen im Stü- merin des benachbarten Grundstücks mit aus einer Hand. Wincasa übernahm dabei cki Park erweitert und gehört nun zu den über 30 000m2 Labor- und Büroflächen, das nicht nur das technische und kaufmänni- grössten in der Schweiz. bis 2023 in zwei Etappen um 27 000m2 er- sche Management des Areals, sondern wi- Als sichtbarstes Zeichen der Neupositi- weitert wird. Mit über 4000 Arbeitsplät- ckelt als integraler Immobiliendienstleister onierung und zugleich als Begegnungsort zen entsteht hier ein für die gesamte Regi- auch die zahlreichen Bauprojekte im Zu- im Stücki Park wurde bereits im Herbst on Basel bedeutender Life Science Cluster. sammenhang mit der Neuausrichtung ab. 2018 das Stücki Village eröffnet. Auf drei 18 IMMOBILIA / Mai 2019
Clever sanieren – Rollladen erhalten – geringere Investitionskosten – geringere Unterhaltskosten + höhere Rendite Etagen ist hier ein neuartiges Flächenan- rer Komplexität höchste Anforderungen gebot mit attraktiver architektonischer an das Areal- und Baumanagement. Gestaltung und hoher Aufenthaltsquali- Mit Mixed-Use-Site-Management und tät entstanden, das sich explizit an Gast- Construction- and Facility-Management ronomie, Dienstleister, Büros und Arzt- konnte Wincasa dem Eigentümer von der praxen richtet. Die Vollvermietung dieser Strategieentwicklung bis zur Umsetzung Flächen ist eine weitere Erfolgsgeschichte, alle für die Transformation relevanten die für den Umgang mit leerstehenden Re- Dienstleistungen aus einer Hand anbieten. tailflächen in Einkaufszentren richtungs- Die Bandbreite der erbrachten Leistungen weisend ist. geht dabei von der technischen und kauf- Ein weiterer bedeutender Meilenstein männischen Bewirtschaftung über die Be- für die Transformation des Areals wird die ratung hinsichtlich der architektonischen Eröffnung des Multiplex-Kinos im Som- Gestaltung und die Erstellung von Betriebs- mer 2020 sein. Zusammen mit dem Betrei- und Nutzungskonzepten bis hin zur treu- ber Arena werden hochmoderne Kinosäle händerischen Begleitung der Ausführung. und weitere Entertainmentnutzungen um- Als grosser Vorteil hat sich erwiesen, dass gesetzt, die den Aufenthalt im Stücki Park für bestehende und neue Mieter auch in der zu einem einzigartigen Erlebnis machen. Bauzeit nur ein Ansprechpartner zustän- dig ist und Anliegen offen diskutiert wer- VERTRAUEN – DER STOFF AUS den können. So werden Schnittstellen und DEM EINE ERFOLGREICHE Kommunikationswege minimiert und ein TRANSFORMATION ENTSTEHT Vertrauensverhältnis zwischen allen be- Um die komplexen Anforderungen teiligten Parteien aufgebaut. Gegenseitiges im Management von gemischt genutz- Vertrauen ist vielleicht der wichtigste Er- RUFALEX Rollladen-Systeme AG ten Grossarealen zu erfüllen, sind neue folgsfaktor in einem komplexen Transfor- Industrie Neuhof 11 Ansätze gefragt. Dies gilt ganz besonders mationsprojekt, das häufig genug auch ein 3422 Kirchberg, Switzerland dann, wenn das Areal als Ganzes oder in unkonventionelles Vorgehen erfordert. Teilen strategisch neu positioniert werden Telefon +41 34 447 55 55 soll. Die Transformation des Areals Stücki *DR. NIKLAS NAEHRIG Park mit Neubau der Labor- und Büroflä- rufalex@rufalex.ch chen sowie Einbau von Village und Kino Der Autor ist seit 2017 bei Wincasa als Projektleiter Strategy & Deve- www.rufalex.ch bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung des lopment im Bereich Construction Betriebs von Hotel und Mall stellt mit ih- & Facility Management tätig. IMMOBILIA / Mai 2019 19
IMMOBILIENWIRTSCHAFT RISIKOBEWERTUNG Ein Risikomodul beschreibt und PROJEKTRISIKEN bewertet Risiken von Projektent- wicklungen. Das schafft Transpa- BEWERTEN renz in Bewertungsgutachten und erhöht deren Akzeptanz. TEXT—RAINER MARTI* PROJEKTRISIKEN IN DER BEWERTUNGSPRAXIS Schematische 1 2 3 4 5 In der Bewertungslehre wird bei nicht Darstellung der baureifem Land von «Bauland mit Män- Kosten- bzw. geln» gesprochen. Entsprechendes Land Risikoentwick- erfährt im Vergleich zu mängelfreiem Land lung im Verlauf einen Abschlag. einer Projekt entwicklung. Gewisse «Mängel» können dabei mit BILD: FPRE einem einfachen «Preisetikett» versehen werden. Die Kosten für die Realisierung ei- ner Erschliessungsstrasse ausserhalb des Grundstücks beispielweise kann ausrei- chend genau geschätzt und in der Bewer- tung berücksichtigt werden. Kauf / Sicherung Bau- Bau- Fertigstellung Andere «Mängel», die zum Wesen der Grundstück eingabe beginn Projektentwicklung gehören, sind komple- xer. Bis zur Inbetriebnahme einer Immo- 1. Grundstücksevaluation und -sicherung Kostenentwicklung (kumuliert) 2. Projektentwicklung und -planung Risikoverlauf bilie vergeht Zeit, in welcher sich endoge- 3. Bewilligungsphase und Ausführungsplanung ne und exogene Faktoren sowohl positiv als 4. Erstellungsphase auch negativ auf die Entwicklung, Projek- 5. Betriebsphase tierung und Realisierung – und damit auf den Landwert – auswirken können. Bei Projektbewertungen handelt es sich somit immer um Einschätzungen von zum Bewertungszeitpunkt noch nicht umge- ANSATZ 2 dabei als «roher Marktwert» (oder eben setzten Projekten. Annahmen, die dazu ge- Die Projektrisiken werden als Erstel- als «Bauland ohne «Mängel») bezeichnet. troffen werden müssen, sind immer mit lungskosten eingeschätzt. Oft wird hier in Die Bewertung der Projektrisiken erfolgt Unsicherheiten behaftet. Eine angemes- der Bewertungspraxis ein eher genereller auf Grundlage dieses «rohen Marktwerts» sene und für alle Beteiligten «faire» Be- Zuschlag für Gewinn/Risiko auf den Anla- und führt zum bereinigten Marktwert per urteilung dieser Unsicherheiten bzw. der gekosten einer künftigen Projektentwick- Bewertungsstichtag. Projektrisiken (und -chancen) ist somit in lung eingerechnet. Wenngleich weit ver- Gemäss unseren Erfahrungen liegt der einer Projektbewertung unabdingbar. Für breitet und daher von hoher Akzeptanz ist entscheidende Vorteil des dritten Ansatzes die Einschätzung von Projektrisiken gibt es dieser Ansatz jedoch methodisch proble- in seiner Transparenz. Die Einschätzun- in der Immobilienbewertung drei Ansätze. matisch, weil dabei effektive und poten- gen von Chancen und Risiken einer Pro- zielle Kosten (oder in letzterem Fall eben jektentwicklung sind klar ersichtlich und ANSATZ 1 ein Gewinn für den Projektierenden) mit- der Unterschied zum Landwert in «män- Die mit einer Immobilie verbundenen einander vermischt werden. Auch sind ge- gelfreiem Zustand» ist klar ausgewiesen. Risiken werden über den (risikogerech- wisse Risiken nur indirekt und/oder nur Auf Grundlage des dritten Ansatzes hat ten) Diskontierungssatz abgebildet. Die- teilweise mit Kosten verbunden (z. B. Bau- FPRE zur Bewertung von Projektrisiken ser setzt sich neben Basissatz und einem verzögerungen). Die Vergleichbarkeit von innerhalb der IMBAS-Applikation «Pro- Immobilienzuschlag aus weiteren Kompo- Projekten und damit die Kommunikation jektentwicklung und -bewertung» ein Ri- nenten wie Makro- und Mikrolage, Objekt, wird damit erschwert. sikomodul konzipiert. Nutzung und Vertragsstruktur zusammen. Während diese Risiken aufgrund beobach- ANSATZ 3 PHASENGERECHTE teter Transaktionen von Liegenschaften Sämtliche Erträge und Kosten wer- RISIKOBEURTEILUNG zu einem hohen Grad modellier- und damit den risikogerecht diskontiert und un- Das Risikomodul orientiert sich im We- vergleichbar sind, stellen Projektri-siken ter Anwendung der DCF-Methode auf sentlichen an der SIA-Norm 112 «Modell einen anderen Risikotyp dar. Sie sind pro- den Bewertungsstichtag zurückgerech- Bauplanung» und damit an den in der Bau- jektspezifisch und wirken nur sehr befris- net. Erträge, Kosten und Diskontierung wirtschaft bestens verankerten SIA-Pha- tet (nämlich bis zur Inbetriebnahme einer basieren dabei auf anerkannten Bench- sen. Unterschieden werden Risiken in der Immobilie). Dieser Ansatz führt damit zu marks der Immobilienwirtschaft (zu- Entwicklung, Planung und Projektierung einer «Verunklärung» der Bewertung, in- mal weitestgehend robuste Datengrund- und Realisierung. dem die Projektrisiken dem langfristigen lagen und entsprechende Modelle für die • Entwicklung: Im Vordergrund steht die sowie lage- und objektspezifischen Dis- Bewertung von Renditeliegenschaften Bewertung von Risiken aufgrund von kontierungssatz in Form eines zusätzli- und Eigentumsobjekten existieren). Der «Bestellungen» aus der Politik (z. B. chen Zuschlags aufgerechnet werden. Marktwert von unbebautem Land wird Forderung nach preisgünstigem Woh- 20 IMMOBILIA / Mai 2019
20 IDENTIFIZIERTE UND NICHT IDENTIFIZIERTE PROJEKT RISIKEN Grundsätzlich muss zwischen identi- fizierten und nicht identifizierten Risi- ken differenziert werden. Können erste- re eingeschätzt werden, ist dies bei den nicht identifizierten Risiken naturgemäss nicht abschliessend möglich. Sie bleiben nungsbau), von Risiken als Folge des öf- bei der Projektbewertung damit poten- Damit leistet das Risikomodul von fentlichen Planungsrechts (z. B. Durch- ziell unberücksichtigt. Die Annahme ei- FPREnicht nur einen wesentlichen Bei- führung qualitätssichernder Verfahren) nes allgemeinen – und zum Zeitpunkt der trag zu einer angemessenen Risikobeurtei- sowie von privatrechtlichen Risiken Projektbewertung kaum widerlegbare- lung bzw. -bewertung in sämtlichen Pha- (z. B. Aushandeln nachbarschaftlicher ren – Risiko- bzw. Kostenzuschlags mag sen einer Projektentwicklung, sondern Kompromisse). ein logischer Reflex darstellen, ist aber führt auch zu erhöhter Transparenz bei • Planung und Projektierung: Im Vorder- schlussendlich für alle Beteiligten unbe- Transaktionsprozessen. grund stehen die Bewertung der «übli- friedigend. Werden Erstellungskosten chen» Planungs- und Vergaberisiken wie und Nettoerträge mit grossem Aufwand ZUNEHMENDE BEDEUTUNG FÜR auch das generelle Einspracherisiko und vermeintlich auf den Schweizer Franken DIE PROJEKTENTWICKLUNG weitere Risiken bis zum Vorliegen einer genau geschätzt, so erfolgt die Risikobeur- Abschliessend sei darauf hingewiesen, Baubewilligung. teilung – wie dargelegt – pauschal und in- dass in der Vergangenheit eine gewisse • Realisierung: Im Vordergrund steht die transparent: Fehlertoleranz in Bezug auf das Risikoma- Bewertung von Kosten- und Vermark- • Das Risikomodul hilft erstens, die Effek- nagement bei Projektentwicklungen vor- tungsrisiken sowie von Risiken aufgrund te von identifizierten Risiken zu quan- handen sein mag. Selbst Immobilienakteu- von Bauverzögerungen. tifizieren und damit für alle Beteiligten re, welche nicht für den eigenen Bestand • Weitere Risiken: Keiner der SIA-Phasen transparent zu machen. Eine Überfüh- entwickelten (sprich solche, welche Risi- zugerechnet werden können die mit dem rung z. B. in die Anlagekosten oder das ken der Projektentwicklung auf die nach- Geschäftsmodell des Projektentwicklers Terminprogramm der Projektentwick- folgende Betriebsphase überwälzen konn- verbundenen Unternehmerrisiken. Da lung ist denkbar. ten) haben von steigenden Marktpreisen Projektentwicklungen scheitern können, • Durch die systematische Erfassung für Renditeliegenschaften profitiert. ist in jedem Fall ein angemessenes Basis- möglicher Projektrisiken können zwei- Nicht identifizierte und/oder schlicht un- risiko (sozusagen die «Existenzgrundla- tens, bis zu einem gewissen Grad, vorab terschätzte, jedoch in der Folge eingetre- ge») für den Bauträger vorzusehen. nicht identifizierte Risiken identifiziert tene «teure» Projektrisiken wurden durch Im Risikomodul von FPRE werden die werden. Damit sinkt der Anteil nicht die positive Entwicklung auf den Immobi- Projektrisiken entweder als absolute Wer- identifizierterRisiken und damit deren lienmärkten kompensiert bzw. überkom- te und, wo sinnvoll, als Prozentsatz der potenzielle Auswirkung auf die Projekt- pensiert – eine Situation, die sich in abseh- Anlagekosten BKP 1–9 und/oder als Zeit bewertung. barer Zeit ändern dürfte. effekt dargestellt. Die Einschätzungen Nicht identifizierte Risiken können werden anschliessend vom «rohen Markt- drittens bis zu einem gewissen Grad mo- wert» in Abzug gebracht bzw. diesem zu- dellbasiert, d. h. mittels Benchmarks und *RAINER MARTI geschlagen. Die Einschätzungen erfolgen anhand von verschiedenen Indikatoren zu Der Autor ist Partner bei phasengerecht per Bewertungsstichtag, Standort, Objekt und angestrebter Nut- Fahrländer Partner per Baubeginn und per Fertigstellung. zung grob eingeschätzt werden. Raumentwicklung (FPRE). ANZEIGE Die Graffitischutz- Spezialisten www.desax.ch Graffitischutz DESAX AG DESAX AG DESAX SA Betonschutz Ernetschwilerstr. 25 Felsenaustr. 17 Ch. des Larges-Pièces 4 Desax-Betonkosmetik 8737 Gommiswald 3004 Bern 1024 Ecublens Betongestaltung T 055 285 30 85 T 031 552 04 55 T 021 635 95 55 Betonreinigung
Sie können auch lesen