G8- und G9-Schüler getestet - Intelligenzleistungen: 2018 - Profil - Das Magazin für Gymnasium ...
←
→
Transkription von Seiteninhalten
Wenn Ihr Browser die Seite nicht korrekt rendert, bitte, lesen Sie den Inhalt der Seite unten
Junge Philologen: Kooperation von Gymnasien und Wirtschaft 5 / 2018 Intelligenzleistungen: G8- und G9-Schüler getestet Pädagogik & Hochschul Verlag . Graf-Adolf-Straße 84 . 40210 Düsseldorf · Foto: AdobeStock
PROFIL > auf ein wort Wir haben es geschafft! Sie haben es geschafft! Liebe Kollegen und Kolleginnen, Dankbar sind wir an dieser Stelle auch explizit der DAK (Deutsche Angestell- lassen Sie mich an dieser Stelle mei- ten-Krankenkasse), hier Frau Winter- nen großen Dank ausdrücken: Wir ha- stein und Herrn Storm, die unsere Stu- ben unser Ziel erreicht! Der Deutsche Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing, die großzügig unterstützt haben und Philologenverband wollte im Interesse Bundesvorsitzende damit ihren Beitrag und ihr besonde- des Deutschen aller gymnasialen Lehrkräfte die erste res Interesse an der Gesundheit von Philologenverbandes bundesweite Befragung zur Arbeits- Lehrerinnen und Lehrern deutlich zeit, Belastung und Gesundheit durch- gemacht haben. Hier wird das gesell- führen – und es ist uns gelungen! schaftliche Interesse an der Bildung Deutlich mehr gymnasiale Lehrkräfte der Schülerinnen und Schüler am als für eine aussagekräftige Studie für Gymnasium deutlich, die ohne gute die Bundesrepublik Deutschland erfor- und gesunde Lehrkräfte nicht glücken derlich sind, haben an unserer LaiW- kann! Studie (Lehrerarbeitszeit im Wandel) Gleichwohl müssen Sie, müssen wir teilgenommen. Ihnen gebührt Dank uns nun noch eine ganze Weile gedul- und Respekt! Dank dafür, dass Sie sich den: Die Auswertung steht ja noch be- inmitten aller Belastungen drange- vor! Sie wird lange Monate in An- setzt haben und drangeblieben sind, spruch nehmen, bevor Zwischen- um sowohl den Fragebogen als auch und Endergebnisse vorliegen. Was das Arbeitszeitprotokoll auszufüllen! herauskommt, wissen wir nicht! Das Dank gebührt auch Rainer Starke, Rostocker Wissenschaftlerinnenteam Steffen Pabst vom Deutschen Philolo- untersucht, wertet aus und teilt uns genverband, Dr. Reingard Seibt, die Ergebnisse mit. Wir werden auf Dr. Steffi Kreuzfeldt und Institutsleite- jeden Fall gespannt, aber auch zuver- rin Prof. Dr. Regina Stoll vom Institut sichtlich die Ergebnisse abwarten! für Präventivmedizin in Rostock, dass Wir gehen davon aus, dass die gestie- sie sich an die Konzeption, Begleitung genen Anforderungen an die gymna- und Durchführung der Studie ge- sialen Lehrkräfte zusätzlich zum Kern- macht haben! Insbesondere Rainer geschäft Unterricht im Arbeitszeitpro- Starke sei für etliche Nachtschichten tokoll deutlich sichtbar werden, zu- gedankt, in denen er sich gemeinsam sätzlich zur kontinuierlichen Zunahme mit den nimmermüden Rostockerin- statt Abnahme der wöchentlichen Un- nen an die Beantwortung vieler Fra- terrichtsverpflichtung seit dem zwei- gen der interessierten Kollegen und ten Weltkrieg! Wenn es so belegbar ist, Kolleginnen gesetzt hat! werden die für Bildung und Finanzen In der Vorbereitung und Durchführung verantwortlichen Politikerinnen und dieser Studie haben wir alle sicherlich Politiker in den Ländern handeln und viel gelernt. Jetzt dürfen wir zunächst zeigen müssen, wie sie mit der angeb- einmal froh, dankbar und zufrieden lich so wichtigen Ressource Bildung in sein, dass der wichtigste Schritt für der Schule neu umgehen wollen! diese Studie erfolgreich verlaufen ist: Gymnasiallehrkräften der ganzen Mit herzlichen Grüßen Republik war es wichtig, Rechenschaft über ihre Tätigkeiten, ihre Arbeitszeit, ihre Belastungen, ihren Gesundheits- Ihre zustand abzugeben. Susanne Lin-Klitzing > PROFIL | Mai 2018 3
PROFIL > inhalt > dphv Expertin fordert: Abiturnoten müssen neu berechnet werden 5 DPhV fordert: Einstellungspflicht für die besten Lehramtsstudenten 5 Sollen Grundschullehrer so viel verdienen wie Gymnasiallehrkräfte? 5 Gleichmacherei verschiedener Lehrämter Seminar der Länder aus ökonomischen Gründen in Hamburg 6 Ost: Wertschätzende Kommunikation > dphv-gremien Seite 8 Steffen Pabst: Seminar der Länder Ost: Wertschätzende Kommunikation Eine Voraussetzung für Gesundheit und Belastungsfähigkeit von Gymnasiallehrkräften 8 > tarifpolitik Steffen Pabst: Erfolgreicher Abschluss der Tarifrunde 2018 bei Bund und Kommunen: Abstand zu den Entgelttabellen des TV-L vergrößert sich 10 > lehrerarbeitszeitstudie Steffi Kreuzfeld, Reingard Seibt & Rainer Starke: LaiW-Studie 2018: Was sagen Lehrkräfte zur Studie ‘Lehrerarbeit im Wandel?’ 12 Frühjahrstagung der Jungen > junge philologen Philologen: Kooperation von Georg Hoffmann: Kooperation von Gymnasium Gymnasium und Wirtschaft und Wirtschaft: Moderne Gymnasien brauchen Seite 15 starke außerschulische Partner 15 > studie Sebastian Bergold, Linda Wurthwein, Detlef H. Rost & Ricarda Steinmayr: G8 versus G9 Schulbesuchsdauer und kognitive Leistungsfähigkeit 18 > vor ort Niedersachsen: Korrekturtage zur Sicherung der Abiturkorrekturen gefordert Kultusminister Tonne verstößt gegen Fürsorgeflicht 34 Schleswig-Holstein: Reform der Lehrerbildung im Ansatz richtig, in der Durchführung inkonsequent ‘Grüne’ verkennen die Realität an den Gymnasien 34 G8 versus G9: Sachsen: Auftakt zu Gesprächen mit Schulbesuchsdauer und Kultusminister Christian Piwarz 37 kognitive Leistungsfähigkeit Seite 18 > glosse Rainer Dollase: Endlich: Schluss mit der Langeweile im Bildungsfeuilleton: Lieber fakes als Fakten Die außeruniversitäre Bildungsforschuung als Motor des Populismus 38 > impressum 40 > nachrichten dbb magazin Öffentlicher Dienst der Zukunft: Mobil, agil, divers und digital 41 Mehr Wertschätzung für öffentlichen Dienst: Privat vor Staat ist vorbei 41 Neuregelung der Grundsteuererhebung: Glosse: Lieber fakes Keine Mehrbelastung für Finanzämter und Bürger 42 als Fakten Seite 38 Spitzengespräch im Bundesarbeitsministerium 42 > senioren dbb magazin Bundesversicherungsamt rügt Krankenkasse: Alte und Kranke unerwünscht? 44 > brennpunkt dbb magazin Beihilfe und ‘Hamburger Modell’: Bürgerversicherung durch die Hintertür 46 4 > PROFIL | Mai 2018
PROFIL > dphv > Bernd Saur, Vorsitzender des Landes- verbandes Baden-Württemberg, und Prof. Dr. Susanne Lin-Klitzing (r.), Bun- desvorsitzende des DPhV, im Gespräch mit der Ministerin für Kultus, Jugend und Sport des Landes Baden-Würt- temberg Dr. Susanne Eisenmann. DPhV fordert: Einstellungspflicht für die besten Expertin fordert: Fo t o: Lehramtsstudenten Ad ob Abiturnoten Angesichts des Lehrermangels eS to ck in Deutschland hat der Deut- sche Philologenverband eine müssen neu berechnet werden Einstellungspflicht für die jahrgangsbesten Lehramts- Tausende deutsche Schüler sind in diesen Tagen im Abi-Stress, studenten gefordert. Dabei sei es egal, ob diese Lehrer ak- doch die Kritik von Bildungsexperten hält an: Das deutsche Abitur tuell auch gebraucht würden ist innerhalb Deutschlands nicht vergleichbar – und damit ungerecht. oder nicht, sagte Verbands- chefin Susanne Lin-Klitzing D erzeit setzt sich die Abi- Note zu einem Drittel aus den schriftlichen und mündli- (54), Chefin des Deutschen Philologenverbandes: »Für die zwei Drittel werden abhängig Schulformen, die zum Abitur führen, sollten deshalb ver- bindlich alle Oberstufenkurse der Presse. Eine solche Rege- lung solle zudem in jedem Bundesland und für jedes chen Prüfungsnoten und zu von der Schulform zwischen in Deutsch, Mathe, Fremd- Fach gelten. »Das kostet uns zwei Drittel aus den Noten 32 und 40 unterschiedliche sprache und einer Naturwis- jedes Jahr Geld«, räumte Lin- der Oberstufenkurse zusam- Kurse eingebracht. Wir brau- senschaft sowie die gleiche Klitzing ein. Dies sei »aber we- men, allerdings überall an- chen aber eine einheitliche Anzahl an Kursen einbringen, niger, als Quereinsteiger bis ders. Susanne Lin-Klitzing Einbringungspflicht.« Alle fordert Lin-Klitzing. ■ zur Rente zu finanzieren«. ■ Sollen Grundschullehrer so viel verdienen wie Gymnasiallehrkräfte? »Die Forderung, Grundschullehrer genauso zu besolden wie Gymnasiallehrer, geht in die falsche Rich- tung«, so die Bundesvorsitzende des DPhV, Susanne Lin-Klitzing, gegenüber den Medien auf Nachfrage. > Gleiche Bezahlung zu promovieren. Das ist einen höheren Korrektur- Schulabschlüssen: der Mitt- für ungleiche Arbeit beim Grundschullehramt aufwand. leren Reife und des Abiturs. gewöhnlich nicht der Fall.« • Außerdem hätten Gymnasi- Das bedeutet aber nicht, be- In drei Punkten unterschei- • Die beruflichen Anforderun- allehrkräfte eine hohe Ver- tont Lin-Klitzing, dass der den sich beide Gruppen er- gen am Gymnasium seien antwortung, weil sie die Philologenverband den heblich: höher, auch weil Kinder von Schüler auf Studium und Grund- und Hauptschullehr- • Die nötige Ausbildung mit der fünften bis zur 13. Klas- Beruf vorbereiteten. Sie ver- kräften nicht mehr Geld gön- dem vertieften Studium se unterrichtet würden und geben zudem im Laufe der nen würde. »Aus unserer mindestens zweier Fächer damit über eine große Al- Gymnasialzeit auch ver- Sicht wäre es aber nicht ak- sowie den Erziehungswis- terspanne hinweg adäquat schiedene Schulabschlüsse: zeptabel, wenn nur diese senschaften sei komplexer. betreut werden müssten. die Mittlere Reife, das Fa- Lehrämter finanziell aufge- »Dieses vertiefte Studium Außerdem lassen Gymnasi- chabitur und originär das wertet würden. Also wenn ermöglicht es den Studie- allehrer viele und sehr an- Abitur. die einen in A13 eingestuft, renden, im Prinzip in je- spruchsvolle Klausuren Sie sind zudem verantwortlich müssten die anderen auf dem der studierten Fächer schreiben und haben damit für die Vergabe von zwei A14 angehoben werden.« ■ > PROFIL | Mai 2018 5
PROFIL > dphv Gleichmacherei verschiedener Lehrämter aus ökonomischen Gründen in Hamburg Der Deutsche Philologenverband äußert sich entsetzt über die Pläne des Hamburger Senats, eine einheitliche Lehramtsausbildung für die Lehrkräfte an Gymnasien und Stadtteilschulen zu schaffen. »M it dieser offensichtli- Foto: AdobeStock chen Gleichmacherei zweier grundverschiedener Schularten mit je spezifi- schem Bildungsauftrag auf dem Weg über die Lehrerbil- dung reiht sich Hamburg in die unrühmliche Reihe der beiden anderen bildungspoli- tisch defizitären Stadtstaaten Bremen und Berlin ein« sagte die Vorsitzende des Verban- des, Susanne Lin-Klitzing, in einer ersten Stellungnahme. Der Bedeutung Hamburgs als Wirtschafts- und Wissen- schaftsstandort sei ein diffe- renziertes Schulwesen und ei- ne dementsprechende diffe- renzierte Lehrerausbildung > Auch der Deutsche Lehrerverband angemessen, nicht das Ge- übte heftige Kritik an den Plänen genteil, ergänzte Lin-Klitzing. des rot-grünen Hamburger Senats Die Lehrerausbildung richtet zur Abschaffung der bisherigen sich sinnvollerweise an den schulartspezifischen Lehrerbildung Zielen der jeweiligen Schular- für Stadtteilschulen und Gymna- sien und der Schaffung eines Ein- ten aus. Das wird hier – entge- heitsschullehramts für die Sekun- gen der Empfehlung der wis- darstufe. senschaftlichen Expertenkom- mission – aufgegeben. Zudem Lehrämter Hamburgs und sei- zeigen die Ergebnisse in den ner Lehramtsstudierenden mit verschiedensten bundeswei- denen der Mehrzahl der ande- ten Vergleichsstudien von ren Länder erhalten«, machte Schulleistungen, dass die Län- Lin-Klitzing deutlich. der mit einem guten Differen- »Wir sind eins mit der Ham- zierungssystem erfolgreicher burger Elternschaft, so wie da- sind. mals gegen den politisch ge- »Ich fordere die verantwortli- wollten und dann verhinder- chen Politiker der Hansestadt ten Übertritt erst nach Klasse Hamburg dringend auf, die 6, so auch heute gegen die Ein- jetzt bekannt gewordenen Plä- führung einer Einheitslehrer- ne zu stoppen und in eine ech- ausbildung und für die diffe- te zukunftsweisende Lehrer- renzierte, schulartspezifische ausbildung zu investieren. Ab- Lehramtsausbildung und be- gesehen davon bleibt auch nur halten uns öffentlichkeitswirk- so die Vergleichbarkeit der same Maßnahmen vor!« ■ 6 > PROFIL | Mai 2018
PROFIL > dphv-gremien Seminar der Länder Ost: Wertschätzende Kommunikation Eine Voraussetzung für Gesundheit und > Seminarleiterin Alice Belastungsfähigkeit von Gymnasiallehrkräften Westphal konnte klären, was die Themen ‘Wert- schätzende Kommunikati- »Die Schönheit in physischen Gleichgewicht als hat. Wer sich über längere on’ und ‘Lehrkräfte im Vorbild’ miteinander zu tun, so Zeit nicht im psychischen psychischen und physi- einem Menschen dachte mancher der Teilneh- Gleichgewicht befindet, spürt schen Gleichgewicht als zu sehen ist dann mer, als sie das Programm des dies später auch in seinem Vorbild’ miteinander zu am nötigsten, wenn diesjährigen Seminars der Län- körperlichen Befinden. Nicht tun haben. er auf eine Weise der Ost in Erfurt gelesen hat- zuletzt waren auch im Frage- ten. Auf den ersten Blick bogen, der ein Bestandteil der kommuniziert, die > Eine Leitlinie für scheint es, dass es zwei sepa- Studie zu Arbeitszeit, Belas- es am schwierigsten rate Themen sind. Schon nach tung und Gesundheit bei alle am Schulleben macht, sie zu kurzer Zeit wurde den Teilneh- Gymnasiallehrkräften war, die Beteiligten sehen.« mern deutlich, dass es hier um vom Deutschen Philologen- »Die gewaltfreie Kommunika- einen wichtigen Zusammen- verband im ersten Quartal tion ist die verlorene Sprache Marshall Bertram Rosenberg hang geht, der entscheidende 2018 durchgeführt wurde, As- der Menschheit, durch die wir Auswirkungen auf die Gesund- pekte der Wertschätzung und lernen können, rücksichtsvoll von STEFFEN PABST heit und auf die Belastbarkeit Anerkennung betrachtet wor- miteinander umzugehen und von uns Lehrkräften hat. Ärger den. Die Studie wird jetzt von in Balance mit uns selbst und W as haben die Themen schlägt auf den Magen, lautet dem Institut für Präventivme- mit anderen zu leben.«, äu- ‘Wertschätzende ein Sprichwort, das fast jeder dizin der Universitätsmedizin ßerte der amerikanische Mar- Kommunikation’ und von uns kennt und auch schon ausgewertet und von der DAK shall Bertram Rosenberg ‘Lehrkräfte im psychischen und einmal bei sich selbst erlebt Gesundheit gefördert. (1934 bis 2015), der als erster > Netzwerkbildung: Die gewaltfreie oder wertschätzende Kommunikation ist nicht nur auf Lehrkräfte beschränkt, sondern muss Leitlinie in der Interaktion aller am Schulleben Beteiligten sein. 8 > PROFIL | Mai 2018
PROFIL > dphv-gremien das Konzept der gewaltfreien Was fühle ich beim Handeln Adressaten. »Um einen inte- durch die regelmäßigen Wie- Kommunikation entwickelte. des anderen, was macht es ressanten Unterricht zu ge- derholungen zu Stundenbe- Unter Gewalt versteht man mit mir? »Die Fachlehrer ha- stalten, benötige ich eine ho- ginn gelangweilt.« »Ich benö- in diesem Zusammenhang je- ben mir berichtet, dass sie he Konzentration ohne stö- tige bereits zum Stundenan- de Art des Sprechens, das sich durch das Zuspätkom- rende Unterbrechungen.« In fang Aufgaben, die mich zu moralische Wertungen ent- men in ihrer Konzentration dieser Form werden im Bei- weiterführenden Erkenntnis- hält oder wo man ohne Rück- auf den Unterricht gestört spiel die eigenen Bedürfnisse sen führen.« Mit der gegen- sicht auf die Bedürfnisse an- fühlen.« ist besser formuliert dem Schüler gegenüber be- seitigen Äußerung von den je- derer Menschen die Erfüllung statt »Die Fachlehrer haben gründet formuliert. weiligen Gefühlen und Be- der eigenen Bedürfnisse in das Gefühl, dass du sie är- dürfnissen wird der Weg für den Mittelpunkt stellt. Die gern willst und dir Pünktlich- Der letzte Schritt der wert- eine Lösung bereitet. Mit ei- gewaltfreie oder wertschät- keit egal ist.« Der zweite Satz schätzenden Kommunikation ner wertschätzenden Kommu- zende Kommunikation ist beinhaltet schon eine Inter- ist das Formulieren von Bit- nikation gelingt es, offen Kon- nicht nur auf Lehrkräfte be- pretation derart, dass davon ten zur Erfüllung der Bedürf- flikte anzusprechen, ohne den schränkt, sondern muss Leit- ausgegangen wird, das der nisse. Ziel einer wertschät- anderen zu verletzen. Konflik- linie in der Interaktion aller Schüler die Lehrkräfte ärgern zenden Kommunikation ist te gehören zum Leben und am Schulleben Beteiligten, will. Durch die geäußerte Ver- es, den anderen Gesprächs- bringen uns weiter. Sie zu ver- von Lehrerkräften, Eltern und mutung wird der andere so- partner für die eigenen Ge- drängen, führt zu negativen Schülern sein. psychischen und physischen Beschwerden. Dies muss ver- > Vier Schritte zu einer hindert werden. wertschätzenden Kommunikation Im Schulalltag kommt es nicht nur zwischen Schülern und Von Rosenberg stammen vier Lehrkräften zu Konflikten. Schritte, um eine wertschät- Auch zwischen den Lehrkräf- zende Kommunikation zu ten sind diese vorhanden und entwickeln. Der erste Schritt werden nicht immer auf der ist das Beobachten ohne zu Basis einer wertschätzenden bewerten. Wie oft verbinden Kommunikation ausgetragen. wir eine Beobachtung mit ei- »Ich bin genervt, weil du ner Schuldzuweisung oder ei- schon wieder nicht dein Stun- ner Verurteilung. Ein Schüler denthema in das Klassenbuch kommt innerhalb von zwei eingetragen hast.« Solche und Wochen mehrfach zu spät auch andere Äußerungen sind zum Unterricht und die Kolle- Ihnen bestimmt bekannt und ginnen und Kollegen be- sorgen, wenn sie früh einem schweren sich bei Ihnen als als Erstes zur Begrüßung im > Klassenleiter. Ein Problem, Neben der Vermittlung der theoretischen Grundlagen gab es Lehrerzimmer entgegenschal- wie es tagtäglich an unseren auch die Möglichkeit wertschätzende und damit gewaltfreie Kommunikation zu üben. len, dafür, dass man den Gymnasien vorkommen kann Schultag gleich mit schlechter und das einer Lösung und da- fort in eine Abwehrposition fühle und Bedürfnisse aufzu- Laune beginnt. mit eines Gespräches bedarf: gehen. Entscheidend ist es schließen. »Ich möchte, dass Im ersten Schritt geht es nur deshalb im zweiten Schritt du zukünftig pünktlich er- > Das Üben von um die Beobachtung des seine Gefühle ohne Schuld- scheinst, damit für alle ein verschiedenen Sachverhaltes. Eine Beurtei- zuweisungen zu formulieren. interessanter und sinnerfüll- Situationen lung oder Übertreibung »Du ter Unterricht stattfindet.« In Der dritte Schritt beinhaltet Lehrkräfte tragen für eine gu- kommst ja immer zu spät so einem Gesprächsklima ist die Formulierung von Bedürf- te Arbeitsatmosphäre Verant- zum Unterricht.« oder »Wa- es für beide Seiten leichter, nissen, ohne jedoch bereits wortung. Eine wertschätzen- rum kommst du schon wie- gemeinsam nach Lösungen Lösungsstrategien zu artiku- de Kommunikation ist eine der zu spät zum Unterricht?« für einen Konflikt zu suchen. lieren. Je besser es uns ge- Maßnahme, dies zu realisie- zu diesem Zeitpunkt führen ren. Im Seminar, das von Alice lingt unsere Gefühle mit den meist dazu, dass der andere > Offene Konflikte eigenen Bedürfnissen zu be- Westphal geleitet wurde, hat- blockiert und in eine Abwehr- ansprechen ohne ten wir neben der Vermittlung gründen, desto leichter kann haltung geht. Gleichzeitig der andere Gesprächspartner andere zu verletzen der theoretischen Grundlagen werden auch negative Erwar- die Möglichkeit, uns auch an- darauf reagieren. Bedürfnisse So wie die Lehrkraft ihre Ge- tungen des Schülers bedient. hand von verschiedenen Si- sind immer positiv besetzt. fühle und Bedürfnisse artiku- Der zweite Schritt ist ge- Sie sind für unser Handeln liert, wird dies auch der Schü- tuationen in der wertschät- prägt, Gefühle zu artikulie- motivierend und geben ein ler in unserem Beispiel tun zenden und damit gewaltfrei- ren, ohne zu interpretieren. wichtiges Signal an den können: »Ich fühle mich en Kommunikation zu üben. ■ > PROFIL | Mai 2018 9
PROFIL > tarifpolitik > Die Vertreter des Deutschen Philologenverbandes während der BTK-Sitzung zur Einkommensrunde 2018 in Potsdam. Erfolgreicher Abschluss der Tarifrunde 2018 bei Bund und Kommunen: Abstand zu den Entgelttabellen des TV-L vergrößert sich von STEFFEN PABST finden, werden deren Entgelte > Öffentlicher Dienst zeitig wird damit der öffentli- mit dem Erhöhungssatz der für junge Fachkräfte che Dienst für junge Fachkräf- B ei den Verhandlungen regulären Stufe 6 angepasst. attraktiver te attraktiver. Weiterhin wird im Rahmen der Entgelt- Es erfolgt keine Verrechnung im Bereich der Vereinigung runden bei Bund und der individuellen Endstufe mit Gegenüber März 2018 werden der kommunalen Arbeitgeber Kommunen wurde ein Ergeb- den Erhöhungen. Die neu ge- Tarifbeschäftigte in der EG 13 die Jahressonderzahlung im nis erzielt, das für alle Be- schaffenen Tabellen im TVöD einen Einkommenszuwachs Tarifgebiet Ost an das Tarifge- schäftigten deutlich über der beseitigen Unwuchten inner- zwischen 6,8 Prozent (Erfah- biet West bis 2022 vollständig Inflationsrate liegt. Besonders halb einer Entgeltgruppe, die rungsstufen 5 und 6) und angeglichen und damit nach Beschäftigte, die in den Beruf in der alten Tabelle vorhanden 11,34 Prozent (Erfahrungsstu- über dreißig Jahren auch in einsteigen bzw. erst wenige waren und die durch verschie- fe 3) haben. Gerade für junge der Vergütung die deutsche Dienstjahre besitzen, profitie- dene Sockel- und Mindestbe- Beschäftigte, die sich in der Einheit vollendet. ren überproportional. Bei den träge der vergangenen Ein- Phase der Familiengründung älteren Kollegen, die sich in ei- kommensrunden verstärkt befinden, ist der Einkom- > Anschluss an den ner individuellen Endstufe be- wurden. menszuwachs wichtig. Gleich- TVöD halten Aus Sicht des Deutschen Phi- Vergleich EG 13 TVöD zum TV-L März 2018 lologenverbandes ist dieser EG 13 Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6 Tarifabschluss für die Beschäf- Lineare Steigerung gegenüber tigten bei Bund und Kommu- 4,64 % 3,44 % 4,82 % 4,25 % 2,89 % 2,89 % 02/2018 nen ein guter Kompromiss Tabellenwerte TVöD-Bund und positiv zu bewerten. Ei- 3.827,03 4.196,02 4.479,41 4.893,73 5.433,88 5.683,28 nen Wermutstropfen gibt es 03/2018 jedoch. Es ist nicht gelungen, Tabellenwerte TV-L 03/2018 3.672,02 4.075,76 4.293,17 4.715,55 5.299,43 5.378,92 den Abstand zwischen EG 12 Differenz absolut - 155,01 - 120,26 - 186,24 - 178,18 - 134,45 - 304,36 und EG 13 ähnlich wie bei an- Differenz zum TVöD- Bund in % 4,22 % 2,95 % 4,34 % 3,78 % 2,54 % 5,66 % deren Entgeltgruppen zu ge- stalten. Anfang 2019 stehen Vergleich EG 13 TVöD (April 2019) zum TV-L (Dezember 2018) die Gewerkschaften bei den EG 13 Stufe 1 Stufe 2 Stufe 3 Stufe 4 Stufe 5 Stufe 6 Verhandlungen für die Be- Tabellenwerte TVöD-Bund schäftigten im Bereich der 3.996,72 4.335,42 4.685,32 5.093,03 5.586,51 5.842,91 Länder vor einer großen He- 04/2019 rausforderung, gilt es doch, Tabellenwerte TV-L 12/2018 3.672,02 4.075,76 4.293,17 4.715,55 5.299,43 5.458,41 Anschluss an den TVöD zu hal- Differenz zum TVöD- Bund in % 8,84 % 6,37 % 9,13 % 8,01 % 5,42 % 7,04 % ten. ■ 10 > PROFIL | Mai 2018
PROFIL > lehrerarbeitszeitstudie LaiW-Studie 2018: ich parallel noch Übungsaufsätze und Schulaufgaben korrigieren muss, denn das kann gut und gerne zehn bis Was sagen Lehrkräfte zur fünfzehn Stunden plus pro Woche aus- machen. Es wäre mir also wichtig, dass dies nicht ganz aus den Augen genom- Studie ‘Lehrerarbeit im Wandel?’ men wird bei der Auswertung der Er- gebnisse. Vielen Dank an dieser Stelle im Voraus!« Anonymisierte Zuschriften allehrkäften würde bewegen tatsächlich geleistet werden müssen. von STEFFI KREUZFELD, Das persönliche Deputat wird so in ei- Den Untersuchungszeitraum REINGARD SEIBT und lassen, sich an einer so zeitauf- nem völlig anderen Licht gesehen, erst unter Berücksichtigung der Fe- RAINER STARKE wendigen Studie zu beteiligen, recht die Begriffe gebundene und unge- sodass am Ende belastbare Er- bundene Arbeitszeit.« rien- und Prüfungszeiten in D ie Studie des Deutschen gebnisse vorgelegt werden Anonymisierte Zuschriften den Ländern so zu wählen, Philologenverbandes zur dass eine bundesweite Daten- können,« so Prof. Dr. Susanne > Gründe für die Arbeitszeit, Belastung und Ge- erfassung über vier zusam- Lin-Klitzing. »Umso glücklicher Nichtteilnahme an sundheit ist am 1. Mai dieses bin ich jetzt! Äußerst gespannt menhängende Wochen über- der LaiW-Studie haupt möglich ist, war eine Jahres abgeschlossen worden. warte ich – wie auch viele Teil- Gegenüber Dr. Reingard Seibt ‘Herausforderung’. Als Zeit- Bundesweit haben sich an der nehmerinnen und Teilnehmer und Dr. Steffi Kreuzfeld (beide raum für die Durchführung der LaiW-Studie deutlich mehr – auf die ersten Auswertungs- Institut für Präventivmedizin) LaiW-Studie wurde von allen Lehrkräfte der Gymnasien als ergebnisse. Natürlich wird die wurden aber auch zahlreiche Landesverbänden des Deut- erwartet beteiligt. Prof. Dr. Su- Auswertung Wochen, ja Mona- Äußerungen getroffen, warum schen Philologenverbandes ge- sanne Lin-Klitzing, Bundesvor- te in Anspruch nehmen.« bewusst von einer Teilnahme meinsam das 1. Quartal 2018 sitzende des Deutschen Philo- logenverbandes, dankt allen > Viele positive abgesehen wurde. Anmerkun- festgelegt. Dabei mussten Rückmeldungen gen wie »Der Zeitraum der Stu- auch länderspezifische Beson- Lehrkräften, die zum Erfolg der Im Institut für Präventivmedi- die ist falsch gewählt.«, »Es än- derheiten – wie zum Beispiel Durchführung der Studie bei- zin der Universitätsmedizin dert sich ja doch nichts.«, »Ich Winterferien oder der Einfluss getragen haben (siehe Seite 3 Rostock, das die wissenschaft- möchte gar nicht wissen, wie des Karnevals – berücksichtigt in diesem Heft). liche Betreuung der LaiW-Stu- viele Stunden ich hier leiste; es werden. > Die Herausforderung die und die Auswertung über- würde mich nur wütend ma- Natürlich gibt es Zeiträume in- einer bundesweiten nommen hat, gingen im Unter- chen.« oder »Ich habe so viel zu nerhalb eines Schuljahres, die Arbeitszeitstudie suchungszeitraum viele Anfra- tun, da noch Zeit für eine Stu- belastender sind. Beispielsweise gen und Kommentare von Teil- die aufzuwenden, habe ich Mit der Durchführung der Stu- ist die Phase der Abiturprüfun- nehmerinnen und Teilnehmern nicht den Nerv.« spiegeln das die ist der Deutsche Philologen- gen mit den knappen Fristen für ein. Neben technischen Fragen Spektrum der Gründe für eine verband bewusst neue Wege die Korrekturen durch extreme und inhaltlichen Hinweisen Nichtteilnahme an der Studie gegangen. Noch nie wurden zeitliche Belastungen gekenn- gab es viele positive Rückmel- wider. Sind Lehrkräfte mit ihrer Lehrkräfte in allen deutschen zeichnet. Wäre dieser Zeitraum dungen von Lehrkräften, die Belastung am Limit? Befinden Bundesländern in etwa zum für die Studie ausgewählt wor- die Notwendigkeit einer sol- sich einige Lehrkräfte bereits gleichen Zeitpunkt so umfas- den, wäre sofort der Vorwurf der chen Studie bekräftigten. jenseits der Belastungsgrenze? send befragt. Im Einzelnen ist Unwissenschaftlichkeit aufge- Die Auswertung wird uns Hin- die LaiW-Studie in Profil 4/2018 »Vielen Dank für die Erstellung und kommen. Und wahrscheinlich Betreuung der Studie zur Arbeitsbelas- weise dazu geben. ‘Erste Etappe abgeschlossen: hätten dann auch viele Lehrkräf- tung von Lehrkräften. Ich freue mich Auswertung der Arbeitszeitstu- schon auf die Teilnahme.« > Der Zeitraum der Stu- te nicht an der Studie teilge- die beginnt’, Seite 20ff darge- die ist falsch gewählt? nommen, weil sie in dieser Zeit »Vielen Dank nochmal für Ihre Infor- stellt. Bisherige Untersuchun- mationen. Ich würde nach wie vor »Zum Arbeitszeitprotokoll möchte ich zu belastet gewesen wären und gen haben nur einzelne Ge- gern an der Studie teilnehmen und bin anmerken, dass dieser Zeitraum nicht keine Zeit für die Studie hätten gestern Abend aus der Kur zurückge- repräsentativ für die Lehrerarbeitszeit sichtspunkte der Lehrerarbeit ist. Elternversammlungen, Elternge- aufbringen können. kehrt und seit heute wieder im Dienst. betrachtet oder fanden nur in Somit könnte ich am Montag anfan- spräche, Erarbeitung von Stoffvertei- Die Studie ist bewusst so ange- einem Bundesland statt. gen. Den Fragebogen habe ich schon lungsplänen, umfangreiche Fach- legt, dass die Arbeitszeit in ei- ausgefüllt – die TANs wurden dann ja schaftssitzungen unter anderes finden Da Schule und Bildung Länder- nochmal zugeschickt vom Philologen- vorrangig in anderen Monaten statt. nem Zeitraum von vier ‘relativ sache sind, war eine der größ- verband. Es wäre prima von Ihnen ei- Auch die Mehrarbeitszeit durch das normalen’ Unterrichtswochen nen Link zu bekommen, damit ich doch schriftliche Abitur wird nicht erfasst. ten Herausforderungen, die erfasst werden soll, wohl wis- noch teilnehmen kann. Ich hoffe aller- Ich bitte dies bei der Erfassung der Leh- Studie so zu gestalten, dass sie dings auch, dass viele Kolleginnen und rerarbeitszeit zu berücksichtigen.« send, dass die Arbeitsbelastung einerseits für alle Bundeslän- Kollegen in Deutschland an der Studie »Ich habe bei der Erfassung der Arbeits- innerhalb des Schuljahres er- teilnehmen.« der zutreffend ist und anderer- zeit teilgenommen. Ich wollte an die- heblichen Schwankungen un- »Die Arbeitszeiterfassung liegt hinter ser Stelle nur anmerken, dass der Zeit- terliegt, und es innerhalb eines seits nach einheitlichen Krite- uns und war häufig Gesprächsthema im punkt der Erfassung für das Bundes- rien ausgewertet werden Lehrerzimmer. Es ist sehr begrüßenswert, land nicht ganz authentisch gewählt Schuljahres Phasen deutlich kann. »Das größte Wagnis war dass eine solche Datenerhebung endlich war, denn das Zwischenzeugnis ist ge- höherer Belastung gibt. Aber einmal durchgeführt wurde! Durch das rade abgeschlossen gewesen und es auch die intensiven Arbeitspha- aber ohne Zweifel die Ein- minutiöse Erfassen der persönlichen Ar- war nun kein Schulaufgabenzeitraum. schätzung, ob sich eine hinrei- beitszeit ist einem sehr deutlich bewusst Gerade für mich als Deutschlehrerin ist sen sind nicht repräsentativ für chend große Zahl an Gymnasi- geworden, wie viele Wochenstunden das natürlich schon entscheidend, ob ein ganzes Schuljahr! Für die > 12 > PROFIL | Mai 2018
PROFIL > lehrerarbeitszeitstudie Beurteilung der Arbeitsbelas- bisherige Studien zur Lehrerar- lich, dass eine beständige Zu- »Diese Studie ist längst überfällig und ich würde gerne daran teilneh- tung wird der Untersuchungs- beitszeit und -belastung, wie nahme der geforderten Tätig- men – aber wann? Allein in dieser zeitraum in den einzelnen Bun- die von Knight-Wegenstein keiten sehr wohl wahrgenom- Woche habe ich dreißig Wochenstun- desländern retrospektiv genau 1993, Mummert & Partner men wird. Zugleich wird eine den aufgrund einer Planänderung und Vertretungen; mit zwei Haupt- definiert und bei der Interpre- 1999 oder Schaarschmidt Reduzierung von Tätigkeiten an fächern muss ich in diesem Monat tation der Ergebnisse zur Ar- 2003 und 2006, ungehört ver- anderen Stellen oder eine Sen- sechs Arbeiten schreiben lassen, drei beitszeit berücksichtigt. hallten. Die Arbeitszeitanalyse kung des Pflichtstundenanteils davon habe ich in der Ferienwoche gerade noch so korrigieren können. ... Ein Korrektiv ist der ONLINE- im Rahmen des Projektes vermisst. Dies kommt in der Zurzeit bereite ich die nächsten bei- Fragebogen, durch den Ar- ‘LANGE LEHREN’ 2006 brachte Nebenaussage »Es würde mich den vor. ... Zwischendurch Telefonate beitszeit und -belastung äu- allerdings für Gymnasiallehr- nur wütend machen.« zum Aus- mit Eltern (Klassenlehrerin in jedem Jahr!), Vorbereitung des Wandertags ßerst umfassend für eine ‘nor- kräfte eine Stundenreduzie- druck. Zugleich wird in dem Ne- ..., einer Klassenkonferenz ... Ich kann male’ Schulwoche im Schuljahr rung von einer Stunde. bensatz Resignation sichtbar: mich nicht noch mit einer weiteren erhoben werden. So werden »Die da oben tun ja doch nichts Dokumentation belasten. Und dies Die Teilnehmerinnen und Teil- wird – wie immer – zu meinen Lasten vergleichbare Aussagen gene- für uns.« Es ist daher dringend nehmer an der LaiW-Studie gehen, schade. Dennoch: Ich wünsche riert, die die Lehrerarbeitszeit notwendig, die Diskussion um Ihnen viel Erfolg, damit zumindest haben einen wichtigen Beitrag in einer ‘normalen’ Schulwo- die Lehrerarbeitszeit jetzt auf meine jüngeren Kolleginnen und Kol- zur Ermittlung der Arbeitszeit, legen einmal eine geringere Belas- che im Schuljahr ausmachen. einer aktuellen empirischen Ba- Belastung und Gesundheit tung haben werden. Ich selbst … bin sis weiterzuführen. Weder die gesundheitlich angeschlagen und Arbeitszeitprotokoll und Frage- von Gymnasiallehrkräften ge- Landesregierungen noch die hoffe, die letzten Jahre noch durch- bogen bilden eine Einheit und leistet. Die empirischen Be- zuhalten, denn mein Beruf macht Kultusministerkonferenz waren werden durch den persönli- funde der Studie sollen bei mir trotz allem immer noch Spaß!« oder sind bereit, eine solche Anonymisierte Zuschriften chen Code zusammengeführt. entsprechendem Ergebnis da- Untersuchung zu veranlassen Jedes Instrument hat seine Be- zu dienen, von den politischen So bedauerlich es ist, dass und damit ihrer Fürsorgepflicht deutung in der Studie und er- Entscheidungsträgern eine sich Lehrkräfte, die der Studie gegenüber den Lehrkräften möglicht den Abgleich zwi- Entlastung der Kolleginnen positiv gegenüberstehen, nachzukommen. Der Deutsche schen ‘geschätzter’ und konkre- und Kollegen einzufordern. nicht zur Teilnahme durchrin- Philologenverband als Dachver- ter wöchentlicher Arbeitszeit. gen konnten, so ist dies an- > Haltung: »Ich möchte band aller Landesverbände hat hand der geschilderten zeitli- Ein weiteres Korrektiv sind die es gar nicht wissen!« sich deshalb dazu entschlossen, chen Belastung doch nach- Bundesländer untereinander. nicht weiter auf die Politik zu Im Laufe der letzten Jahrzehn- vollziehbar. Ein Kennzeichen Im Untersuchungszeitraum warten, sondern das Großpro- te haben sich die Tätigkeitsfel- des Lehrerberufs ist es gerade, sind die in den einzelnen Bun- jekt einer bundesweiten Ar- der und Arbeitsbelastungen nie mit der Arbeit fertig zu desländern durchzuführenden beitszeit- und Arbeitsbelas- an den Gymnasien beständig werden. Immer ist noch etwas Tätigkeiten unterschiedlich in- tungsuntersuchung selbst in erhöht und gewandelt. Vor al- liegen geblieben, immer jagt tensiv, sodass ein breites Spek- Angriff zu nehmen. lem sind verwaltungsspezifi- die eine Tätigkeit die nächste trum schulischer Belastungen Die Haltung »Ich möchte es gar sche, organisatorische Aufga- wie die Zuschriften eindring- abgebildet wird. In Rheinland- nicht wissen.« hängt eng mit ben hinzugekommen. Zu nen- lich bestätigen. Pfalz ist die Studie in die kor- der Wahrnehmung »Ich habe nen sind aber auch die Auswir- rekturintensive Abiturzeit ge- kungen heterogenerer Klassen so viel zu tun, …« zusammen. > Gesundheits- fallen. Zudem werden in die gefährdung mit dem Zwang der inneren > Wahrnehmung: »Ich Analysen auch Langzeiterhe- bungen (Dokumentationen der Differenzierung und des zu- habe so viel zu tun, …« Die beständige Arbeit an der nehmenden Einsatzes vielfälti- »Ich unterstütze ihre Studie voll und oder sogar jenseits der Belas- Arbeitszeit über ein bis zehn ger Medien. Vor zusätzlichen ganz, denn es gibt so viele falsche Vor- tungsgrenze birgt für die be- Jahre), die uns vorliegen, ein- stellungen von den Bedingungen/Ar- pädagogischen und didakti- treffenden Lehrkräfte die Ge- fließen. Auch wenn diese nur beitszeiten im Lehrerberuf. Leider muss schen Herausforderungen ste- ich Ihnen aber mitteilen, dass ich nicht fährdung ihrer Gesundheit. exemplarisch sind, so bieten hen die Lehrkräfte aktuell bei teilnehmen werde, dabei hatte ich ver- Burnout ist nur eine der Ge- sie doch eine zielführende Ori- gangene Woche schon damit begon- der Umsetzung der UN-Behin- fährdungen. Der Deutschen entierung für die Arbeitsbelas- nen, den Fragebogen auszufüllen. dertenrechtskonvention und … Ich bin momentan sehr eingespannt Angestellten Krankenkasse tung der Gymnasiallehrkräfte der Integration von minder- in der Schule, es stehen wichtige Ter- (DAK-Gesundheit) ist die Ge- im Jahresverlauf. mine an – unter anderem Abitur, ich jährigen Flüchtlingen, da die sundheit der Lehrkräfte ein bin mit vielen Dingen im Rückstau, > Resignation: soziale Heterogenität in den nun auch mit Ihrem Arbeitszeitproto- ernstes Anliegen. Sie unter- »Es ändert sich Klassen einen weiteren Belas- koll, sodass ich mich entschlossen stützt die LaiW-Studie des abe, mich damit nicht auch noch zu be- Deutschen Philologenverban- ja doch nichts!« tungsfaktor darstellt. In die- lasten. sem Zusammenhang ist auch des. Diese resignative Haltung Ich weiß, das klingt wie die Geschichte müsste den Kultusministern der zunehmend komplexer mit den Holzfällern mit den stumpfen »Die Auswertung der Studie der Länder zu denken geben. werdende Umgang mit den El- Äxten, die so viel zu tun hatten, dass sie keine Zeit fanden, ihre Werkzeuge bleibt jetzt abzuwarten. Hof- Letztendlich haben sie gegen- tern zu nennen. zu schärfen, aber ich schaffe das zur fen wir«, so Prof. Dr. Susanne über den Lehrkräften auch ei- Aus der Aussage »Ich möchte es Zeit nicht. Tut mir leid. Ich wünsche Lin-Klitzing, »dass die Lage Ihnen viel Erfolg mit Ihrer Studie. Was ne Fürsorgepflicht. Nachvoll- gar nicht wissen, wie viele Stun- passiert eigentlich mit den Ergebnis- nur für Einzelne so prekär ziehbar ist diese Haltung, da den ich hier leiste.« wird deut- sen?« ist.« ■ 14 > PROFIL | Mai 2018
PROFIL > junge philologen Kooperation von Gymnasium und Wissenschaft: Moderne Gymnasien brauchen starke außerschulische Partner von GEORG HOFFMANN > Die Jungen Philologen im DPhV Mitte März auf ihrer Frühjahrstagung in Bremerhaven. B ereits unmittelbar in der Zeit nach Alexander von Humboldt lag der Schwerpunkt des allgemein bildenden Gymnasiums auf dem Erlangen der allgemei- nen Hochschulreife und auf der Vorbereitung eines wis- senschaftlichen Hochschul- studiums. Nach wie vor sind vertiefte Allgemeinbildung, Wissenschaftspropädeutik und allgemeine Studierfähig- keit drei Kernelemente gym- nasialer Bildung. Insbesonde- re der Unterricht der gymna- sialen Oberstufe führt exem- plarisch in wissenschaftliche Fragestellungen, Kategorien und Methoden ein. Hierzu ge- hört ebenso eine Ermögli- spiel Verknüpfung von Theorie konzept des Gymnasiums Das High-Sea-Projekt3 ist ei- chung von Wahlangeboten, und Praxis, Technikverständ- dazu.2 ne Kooperation der gymna- Freiräumen und Vernetzung nis, Fähigkeit zu Kommunika- sialen Oberstufe des Carl von mit außerschulischen Institu- tion und zur Zusammenarbeit, > Möglichkeit Ossietzky Schulzentrums tionen, in denen die Schüle- Ausdauer, Konzentration, Ge- und Grenzen der (CvO GyO)4 mit dem Alfred- rinnen und Schüler sich mu- nauigkeit, und Leistungsfreu- Kooperation von Wegener-Institut (AWI).5 In sisch, künstlerisch, sportlich, de. Diese und andere Schlüs- Gymnasium und enger Kooperation zwischen erfinderisch und experimen- selkompetenzen gehören zu Wissenschaft der Stiftung Alfred-Wegener- tell entfalten können.1 Hierbei einem modernen Bildungs- Institut für Polar- und Mee- stehen verschiedene Schlüs- Wie kann jedoch ein moder- resforschung (AWI) und den selqualifikationen im Vorder- > nes Gymnasium eine Vernet- Stabübergabe: Thomas Bremerhavener Schulbehör- grund. Dazu zählen zum Bei- zung von Schule, Wissen- Langer (l.) übergibt nach den ist dieses Unterrichts- schaft, Theorie und Praxis acht Jahren erfolgreicher projekt entstanden. Seit Au- 1 Vgl. Grundsatzpapier umsetzen? Mit dieser Frage- Arbeit den Vorsitz der Ju- gust 2002 bereiten sich na- Gymnasiale Bildung des PhV NW phis an Georg Hoffmann. stellung haben sich die Jun- turwissenschaftlich beson- gen Philologen Mitte März ders interessierte und in ei- auf Ihrer Frühjahrstagung in nem mehrstufigen Verfahren Bremerhaven auseinander- ausgewählte Schülerinnen gesetzt, um am Beispiel des und Schüler außer in der Projektes ‘High Sea’ den Schule auch am AWI auf > Möglichkeiten und Grenzen der Kooperation von Gymna- sium und Wissenschaft auf 3 https://www.cvo-gyo.de/awi- den Grund zu gehen. projekt-highsea/ letzter Zugriff: 4. April 2018, 19:35 Uhr 4 https://www.cvo-gyo.de/ letzter Zugriff: 4. April 2018,19:38 Uhr 2 Vgl. Grundsatzpapier 5 https://www.awi.de/ Gymnasiale Bildung des PhV NW letzter Zugriff: 4. April 2018, 19:50 Uhr > PROFIL | Mai 2018 15
PROFIL > Oberstudiendirektor Ingo Beck(l.), Schulleiter der CvO GyO Bremerhaven und Kerstin von Engeln, Studienrätin für Biologie und Chemie das Abitur vor. Sie erarbeiten am CvO GyO (v.l.n.r) und Leitung des ‘High während der gesamten Ober- Sea’-Projektes machten deutlich, dass die Identifikation mit dem Projekt ‘High Sea’ bei stufe (E- und Q-Phase) for- allen Kolleginnen und Kollegen sowie Schüle- schend-experimentell Unter- rinnen und Schüler der Schule sehr hoch ist. richtsgegenstände. AWI-Wis- senschaftlerinnen und AWI- Wissenschaftler nehmen ak- tiv an der Unterrichtsgestal- tung teil und gewährleisten eine enge Anknüpfung des Unterrichts an laufende Pro- jekte des Instituts. In dauer- haft fächerübergreifendem Unterricht arbeiten vom Schulamt freigestellte Biolo- gie-, Chemie-, Physik-, Mathe- matik-, und Englischlehrkräf- te in Form des Teamteaching zusammen. Der Unterricht in den genannten Fächern fin- • Vier Schülerinnen und Schü- und Schülern und den Teilneh- richt Besonderheiten geben det ohne festen Stundenplan ler des Highsea-Projekts merinnen und Teilnehmern kann, die teilweise Sonderlö- an zwei Tagen pro Woche im (Klassenstufe 11 bis 13) des Projektes nahezu de- sungen notwendig machen«, AWI statt und erfordert ein ckungsgleich ist, was auch auf erläutert OStD Beck. Insge- hohes Maß an Flexibilität und Rede und Antwort. die besonderen Anforderun- samt ist dieses Projekt ein gu- Teamfähigkeit bei Schülerin- gen zurückzuführen ist. Die tes Beispiel für eine gelunge- > Das Projekt nen, Schülern, Lehrerinnen Lehrkräfte fühlen sich laut ne Kooperation von Gymna- und Lehrern. In allen anderen ‘High Sea’ OStD Beck an der CvO GyO sien und Naturwissenschaft, Fächern findet der Unterricht Kerstin von Engeln führte zu- sehr wohl und das, obwohl erfordert jedoch die ent- an den anderen drei Tagen nächst aus, dass sich das Pro- mitunter längere Abwesen- schlossene und konzentrierte der Woche in der Gymnasia- jekt ‘High Sea’ nicht als Förde- heit einiger Schülerinnen und Unterstützung durch Bil- len Oberstufe des Schulzen- rung für begabte oder hoch- Schüler eine hohe Sensibilität dungspolitik, Wissenschaft, trums Carl von begabte Schülerinnen und und Flexibilität bei den Kolle- Lehrkräfte und Eltern. Die Grö- Ossietzky statt. Schüler versteht, sondern al- ginnen und Kollegen des CvO ße der Lerngruppen ermög- len Schülerinnen und Schü- GyO im Umgang mit diesen licht optimale Lernbedingun- Als Referentinnen und Refe- lern, die die notwendige Be- im Vergleich zu den anderen gen. Nach Rainer Dollase (Was renten/Diskussionsteilneh- geisterung und Leistungsbe- Schülerinnen und Schülern er- macht erfolgreichen Unter- merinnen und -teilnehmer reitschaft mitbringen, eine fordert. Der Schulleiter führt richt aus? 2004, S. 11) verbes- standen uns Teilnahme am Projekt offen dies darauf zurück, dass »die sert sich der Lernerfolg einer • Oberstudiendirektor Ingo steht. Nach den Aussagen der Identifikation mit dem Projekt Lerngruppe dramatisch bei ei- Beck, Schulleiter der CvO anwesenden Schülerinnen ‘High Sea’ bei allen Kollegin- ner Gruppengröße, die bei GyO Bremerhaven; und Schüler scheint es aller- nen, Kollegen, Schülerinnen siebzehn Teilnehmerinnen dings so, als ob die Schnitt- und Schülern der Schule sehr und Teilnehmern liegt oder • Kerstin von Engeln, Studien- menge zwischen besonders hoch ist. Somit ist allen klar, darunter. Zusammenfassend rätin für Biologie und Che- leistungsstarken Schülerinnen dass es für den eigenen Unter- ist das Projekt ‘High Sea’, trotz mie am CvO GyO und Lei- des hohen Aufwandes, ein tung ‘High Sea’-Projekt; > Die vier anwesenden Schülerinnen und Schüler des ‘High Sea’- best practice Beispiel für die Projekts (Klassenstufe 11-13) stellten sich den Fragen des Kooperation von Wissenschaft Gremiums: Für den eigenen Unterricht gebe es Besonderheiten, und Gymnasium, das den die teilweise auch Sonderlösungen notwendig mache. Kernelementen gymnasialer Bildung in besonderem Maße entspricht. Es ermöglicht, wenn auch nicht intendiert, gerade den Schülerinnen und Schülern, die eine besondere Neigung zu und Begabung für naturwissenschaftliche The- men sowie die notwendige Leistungsbereitschaft mitbrin- gen, die vorhandenen Schlüs- selkompetenzen zu vertiefen. 16 > PROFIL | Mai 2018
PROFIL > junge philologen > ‘Profil des diums ist, da die Schülerinnen senschaft gelingen kann. Sie Schulgesetz beschriebene Auf- Gymnasiums’ und Schüler von Beginn an kann dort gelingen, wo es aus- trag des Gymnasiums, einer systematisch auf die gymna- reichende finanzielle und per- »vertieften allgemeinen Bil- Am Abend des ersten Tages siale Oberstufe und das Abitur sonelle Ressourcen gibt. Ferner dung gerecht zu werden« der Bundestagung wurde ein vorbereitet werden.« Hierin müssen feste Rahmenbedin- (§ 16, 1) weiterhin gesichert neuer Vorstand gewählt und liegt laut Prof. Dr. Susanne gungen geschaffen werden, bleibt, und nicht zu Gunsten Thomas Langer nach acht Jah- Lin-Klitzing eine der Stärken die verhindern, dass es bei ver- einzelner Fachbereiche aufge- ren erfolgreicher Arbeit als des Gymnasiums im Unter- einzelten Leuchtturmschulen hoben wird. Die Kernelemente Vorsitzender der Juphis ge- schied zu anderen Schulfor- bleibt. Es bedarf vielmehr ei- gymnasialer Bildung müssen bührend verabschiedet. men, die ebenfalls zum Abitur ner breiten Vernetzung zwi- darüber hinaus wieder ge- Am Freitag konnten wir Prof. führen und gleichzeitig die schen Wissenschaft und Schu- stärkt und fest in den Lehrplä- Dr. Susanne Lin-Klitzing, Pro- Ansprüche gymnasialer Bil- le, ohne dass die Wissenschaft nen und Richtlinien in allen fessorin für das Gymnasium dung erfüllen müssen. Daraus die Schülerinnen und Schüler Bundesländern verankert wer- an der Universität Marburg lässt sich aber auch die Not- als Humankapital betrachtet. den. ■ und neue Bundesvorsitzende wendigkeit einer Kooperation Die Projekte müssen nachhal- des Deutschen Philologenver- für alle Schulen, die zum Abi- tig im Schulprogramm veran- FAZIT bandes bei uns als Referentin tur führen, ableiten. kert werden. Hierfür werden Die Kooperation von Gym- begrüßen. Der Vortrag und die zusätzliche Lehrkräfte und nasium und Wissenschaft anschließende Diskussion be- > Stärkung der Ressourcen benötigt. Dabei ist ein systemimmanenter schäftigten sich mit dem The- Kernelemente sollte nicht nur der MINT-Be- Bestandteil gymnasialer Bil- ma ‘Profil des Gymnasiums’. gymnasialer Bildung reich, sondern der gesamte Fä- dung. Diese Kooperation muss gefördert werden, um Prof. Dr. Lin-Klitzing machte Zum Abschluss der Tagung for- cherkanon der Gymnasialen den Ansprüchen gymnasia- deutlich, »dass das Abitur am mulierten die Jungen Philolo- Oberstufe berücksichtigt wer- ler Bildung gerecht zu wer- Gymnasium der höchste Prä- gen eine Antwort auf die Fra- den. Ferner muss der reguläre den und das Profil des Gym- diktor für den erfolgreichen gestellung, wie eine Koopera- Fachunterricht unbedingt er- nasiums zu stärken. Abschluss eines Hochschulstu- tion von Gymnasium und Wis- halten bleiben, damit der im > PROFIL | Mai 2018 17
PROFIL > studie Mehrere Studien haben gezeigt, dass jedes Jahr Beschu- lung einen signifikan- ten positiven Einfluss auf den IQ hat. Schulbesuchsdauer und 1 kognitive Leistungsfähigkeit terrichtsstunden unverändert blieben. In zwei Untersuchungen von SEBASTIAN BERGOLD, LINDA WIRTHWEIN, wurde die G8-Reform als natürliches Quasi-Experiment genutzt, DETLEF H. ROST & RICARDA STEINMAYR um zu untersuchen, ob die Schulbesuchsdauer die Leistungen in Intelligenztests steigert, auch wenn Schüler1 mit unterschiedli- M ehrere Studien haben gezeigt, dass jedes Jahr Beschu- cher Beschulungsdauer dieselben curricularen Inhalte in ver- lung einen signifikanten positiven Einfluss auf den IQ gleichbarer Gesamtzahl der Unterrichtsstunden absolviert ha- hat. Es wird debattiert, wie dieser Effekt zu erklären ben. In Studie A wurden n = 81 nach G8 und n = 80 nach G9 be- ist. Mit der G8-Reform wurde die Schulbesuchsdauer an Gym- schulte Jugendliche hinsichtlich ihrer Leistungen im Berliner In- nasien von neun (G9) auf acht (G8) Jahre verkürzt, während gleichzeitig die curricularen Inhalte und die Gesamtzahl der Un- Fußnoten finden Sie auf Seite 32 18 > PROFIL | Mai 2018
PROFIL > studie Foto: pictworks/AdobeStock telligenzstruktur-Test verglichen. In Studie B wurden die Leis- re Beschulung die Leistung von Schülern2 in Intelligenztests tungen von n = 244 nach G8 und n = 204 nach G9 beschulten steigert (zum Beispiel Brinch & Galloway, 2012; Cahan & Co- Jugendlichen im Intelligenz-Struktur-Test 2000 R untersucht. Im hen, 1989; Hansen, Heckman, & Mullen, 2004; Merz, Remer & Mittel schnitten die nach G9 beschulten Jugendlichen trotz glei- Ehlers, 1985). cher Curricula in fast allen gemessenen kognitiven Fähigkeiten Die Prozesse, die hinter diesem Beschulungseffekt stehen, sind besser ab als die nach G8 beschulten. Der Beschulungseffekt noch ungeklärt. In der vorliegenden Studie nutzten wir die G8- auf Intelligenztestwerte geht sehr wahrscheinlich vorrangig auf Reform als natürliches Quasi-Experiment, um die Frage zu klä- die Förderung intelligenznaher Fähigkeiten, die unabhängig von ren, ob der Beschulungseffekt auf Intelligenztestwerte durch formellen Curricula sind, zurück. die Vermittlung spezifischer, curriculumsgebundener Fähigkei- > 1. Einleitung ten oder durch die Förderung allgemeiner, intelligenznaher Fä- Die Beschulungsdauer wirkt sich auf zahlreiche Lebensbereiche higkeiten, die unabhängig von formalen Curricula sind, zustan- positiv aus, etwa auf die Beteiligung am Arbeitsmarkt und die de kommt. Höhe des Einkommens (Schnittker & Behrman, 2012), die Ge- 1.1 Schulbesuchsdauer und Intelligenz sundheit (Amin, Behrman & Spector, 2013; Kemptner, Jürges & Reinhold, 2011) oder die Entwicklung sozialer Kompetenzen Bekanntlich besteht in unausgelesenen Stichproben zwischen (Bowles & Gintis, 2002). Mehrere Studien konnten außerdem Schulbesuchsdauer und Schülerleistungen in Intelligenztests belegen, dass bei sonst vergleichbaren Bedingungen eine länge- ein substantieller Zusammenhang von etwa r = 0,50 bis r = > > PROFIL | Mai 2018 19
PROFIL > studie Foto: Colour es-Pic/Adob eStock Inzwischen legen nationale und internationale Studien nahe, Intelligenz nicht nur als Bedingung (‘unabhängige Variable’), sondern auch als Konsequenz (‘ab- hängige Variable’) der Schulbesuchsdauer zu verstehen. 0,60 (Ceci, 1991; Rost, 2013). Ein Einfluss der Schulbesuchsdau- ein ganzes Schuljahr hinweg gelang es Rost und Wild (1995), er auf die intellektuelle Entwicklung galt jedoch lange Zeit als den Einfluss der Beschulungsdauer vom Lebensalter und der unwahrscheinlich. Die Korrelation zwischen Schulbesuchsdauer Wechselwirkung dieser beiden Faktoren zu separieren. All diese und Intelligenz wurde auf Selektionseffekte (intelligentere Studien fanden übereinstimmend, dass die Beschulung einen Schüler gehen länger zur Schule) und auf den Einfluss von Dritt- deutlichen positiven Effekt auf die Leistungen in Intelligenz- variablen (wie dem sozioökonomischen Status), die gleichför- tests hatte. Jedoch variierten die Effektstärken zwischen den mig auf Schulbesuchsdauer und Intelligenz einwirken, zurück- Studien, auch innerhalb ähnlicher Altersgruppen und derselben geführt (vgl. Ceci, 1991). untersuchten intellektuellen Fähigkeit. Merz et al. (1998) fan- den, dass bei Viertklässlern ein Jahr Beschulung je nach unter- Inzwischen legen nationale und internationale Studien nahe, suchter intellektueller Fähigkeit 5,9 bis 8,6 IQ-Punkte ausmach- Intelligenz nicht nur als Bedingung (‘unabhängige Variable’), te. Für die allgemeine Intelligenz betrug der Effekt 7,6 IQ-Punk- sondern auch als Konsequenz (‘abhängige Variable’) der Schul- te. Rost und Wild (1995) untersuchten die allgemeine Intelli- besuchsdauer zu verstehen (Brinch & Galloway, 2012; Cahan & genz einer großen Stichprobe von Drittklässlern. Sie fanden, Cohen, 1989; Cliffordson & Gustafsson, 2008; Merz et al., 1985; dass jeder Monat an Beschulung rund 0,4 IQ-Punkte ausmachte Rost & Wild, 1995). (was rund 4 IQ-Punkten pro Schuljahr entspricht). In einem Die Bestimmung des Ausmaßes des Beschulungseffekts gestal- Sammelreferat schätzte Rindermann (2011) den Mittelwert des tet sich allerdings schwierig, da die Beschulungsdauer mit zahl- Beschulungseffekts höher ein, nämlich auf 5,6 IQ-Punkte. Eine reichen anderen Variablen vermengt ist, die ebenfalls mit dem frühere Übersicht (Ceci, 1991) schätzte den Intelligenzverlust chronologischen Alter einhergehen und für die intellektuelle pro versäumtes Schuljahr auf 0,25 bis 6 IQ-Punkte. Entwicklung relevant sind, wie zum Beispiel biologische Reifung Auch wenn die Studien hinsichtlich der Stärke des Beschulungs- oder intellektuelle Anregungen außerhalb der Schule (durch die effekts variierten, zeigten sie dennoch übereinstimmend, dass Familie, Massenmedien usw.). Experimentelle Untersuchungen der Beschulungseffekt mindestens doppelt so groß war wie der zur Schulbesuchsdauer sind aus ethischen Gründen nicht mög- Effekt des chronologischen Alters. Einige methodisch überzeu- lich. Es liegen jedoch quasi-experimentelle Studien vor, in denen gende Studien fanden, dass das chronologische Alter keinen das chronologische Alter konstant gehalten wurde, um den Be- nennenswerten Effekt auf Intelligenztestwerte hatte. In der schulungseffekt zu isolieren: Die in vielen Ländern vorherr- Studie von Rost und Wild (1995) waren beispielsweise der Al- schende Stichtagsregelung für den Schuleintritt ermöglicht die terseffekt und seine Interaktion mit der Schulbesuchsdauer ver- Schätzung des Beschulungseffekts über einen Vergleich der nachlässigbar. Merz et al. (1985) verglichen den geschätzten Ef- Schüler, die sich in ihrem Lebensalter nicht oder nur geringfügig fekt eines Schuljahrs mit dem Gesamt-Anstieg im IQ in einem unterscheiden, jedoch in der Beschulungsdauer bis zu einem Jahr, den sie aus den Normtabellen der von ihnen verwendeten Schuljahr differieren. Testet man zum Beispiel alle Schüler zeit- Instrumente berechneten. Für fluide Intelligenz ging der Ge- nah zu ihrem zehnten Geburtstag, so sind diese zwar alle gleich samt-Anstieg vollständig auf die Beschulung zurück, bei den an- alt, ihre Beschulungsdauer kann aber um mehrere Monate vari- deren Facetten der kognitiven Leistungsfähigkeit etwa zu 75 ieren. So sind zum Beispiel Merz et al. (1985) vorgegangen. Eine Prozent. Studie von Cahan und Cohen (1989) nutzte dagegen den soge- nannten Regressions-Diskontinuitäts-Untersuchungsplan, in Cliffordson und Gustafsson (2008) analysierten den Beschu- dem der Intelligenztestwert separat in mindestens zwei aufei- lungs- und den Alterseffekt auf die Intelligenz an einer schwedi- nanderfolgenden Jahrgangsstufen mit dem Alter der Schüler schen Stichprobe von 48 269 Männern, bei denen Alter und Be- vorhergesagt wird. Die Steigung der Regressionsgeraden zeigt schulung unabhängig voneinander variierten. Ermöglicht wurde dann den Alterseffekt an, während die Differenz zwischen den dies dadurch, dass die Untersuchungsteilnehmer an einem von vorhergesagten Werten des ältesten Schülers der unteren Jahr- mehreren möglichen Zeitpunkten innerhalb des Jahres, in dem gangsstufe und des jüngsten Schülers der darauffolgenden sie achtzehn Jahre alt wurden, an einer Testung teilnahmen. So- Jahrgangsstufe (beide sind gleich alt) den Beschulungseffekt re- mit variierten die Dauer der Beschulung (gemessen in Tagen in- präsentiert. Durch eine Streckung der Intelligenztestungen über nerhalb dieses Jahres) und das Alter (gemessen in Tagen vor > 20 > PROFIL | Mai 2018
Sie können auch lesen