Gründen Erfolgreich Ratgeber der bayerischen IHKs - ihk-muenchen.de

Die Seite wird erstellt Finn Meister
 
WEITER LESEN
Gründen Erfolgreich Ratgeber der bayerischen IHKs - ihk-muenchen.de
Erfolgreich
Gründen
Ratgeber der bayerischen IHKs
Gründen Erfolgreich Ratgeber der bayerischen IHKs - ihk-muenchen.de
2 | KAPITEL

       Schon gewusst?
       Die bayerischen Industrie- und Handelskammern bieten flächendeckend diverse Services und Informationsmöglich-
       keiten zur Existenzgründung. Besuchen Sie uns doch einfach, z. B. die IHK für München und Oberbayern unter:
           ihk-muenchen.de/gruender
           ihkexistenz.de (Gründermessen IHK EXISTENZ in Oberbayern)
           ihk-akademie-muenchen.de (bezuschusste Seminare und Workshops)
           gruenden-in-oberbayern.de (kostenfreie Informationsveranstaltungen und Beratung)

       sowie zum Angebot der anderen bayerischen IHKs:
          aschaffenburg.ihk.de                 nuernberg.ihk.de
          bayreuth.ihk.de                      ihk-regensburg.de
          coburg.ihk.de                        schwaben.ihk.de
          ihk-niederbayern.de                  wuerzburg.ihk.de

     Hinweis: Aus Gründen der Lesbarkeit wird lediglich die weibliche oder männli-    Eine Haftung für die inhaltliche Richtigkeit (mit Ausnahme von Vorsatz oder
     che Schreibweise verwendet. Sie steht stellvertretend für beide Bezeichnungen.   grobem Verschulden) wird nicht übernommen. Ein Nachdruck – auch aus-
     Die Ausarbeitung der Broschüre erfolgte mit größter Sorgfalt, dennoch besteht    zugsweise – ist lediglich mit der Genehmigung des Bayerischen Industrie- und
     kein Anspruch auf Vollständigkeit.                                               Handelskammertages e. V. gestattet.
Gründen Erfolgreich Ratgeber der bayerischen IHKs - ihk-muenchen.de
VORWORT | 3

Vorwort

Die späteren Sieger lassen sich schon beim Start erkennen!

Diese Faustregel bewahrheitet sich nicht nur im Sport. Laut
einer Gründerstudie in München und Oberbayern hat nach vier
Jahren bereits jeder zweite Existenzgründer aufgegeben – die
Ursachen liegen nicht selten in unzureichender Vorbereitung;
typische, jedoch vermeidbare Anfängerfehler wurden gemacht.
Zur Selbständigkeit gehört neben Mut und einer guten Idee
eben auch die richtige Strategie.

Die bayerischen Industrie- und Handelskammern wollen Sie mit
dieser Broschüre von Anfang an auf die Erfolgsspur bringen.
Auf den folgenden Seiten erläutern wir Ihnen, wie Sie mit         Dr. Eberhard Sasse
exakter Planung die Risiken einer Existenzgründung minimie-       Präsident
ren. Sie erhalten viele Tipps, Hinweise und Anregungen aus        Bayerischer Industrie-
der Praxis, die Ihnen helfen werden, die Startprobleme jedes      und Handelskammertag e.V.
Unternehmens zu meistern: beispielsweise der Hürdenlauf über
bürokratische Barrieren, die Suche nach Kapital und Investoren,
die Einstellung von Mitarbeitern oder die soziale Absicherung
des Unternehmers.

Natürlich kann Ihnen auch ein noch so gründliches Studium
dieser Broschüre keine Garantie für den wirtschaftlichen Erfolg
Ihrer Selbständigkeit bieten. Es wird Ihnen aber sicher dabei
helfen, fundamentale Fehler auf dem Weg ins eigene Unter-
nehmen zu vermeiden. Danach liegt es an Ihnen, Ihre Ideen und
Fähigkeiten in steigende Umsätze und Gewinne umzusetzen.
Unsere freiheitliche, soziale Wirtschaftsordnung eröffnet Ihnen
alle Möglichkeiten!

Die bayerischen Industrie- und Handelskammern werden Sie          Dr. Manfred Gößl
auf Ihrem Weg zum erfolgreichen Mittelständler, Konzern oder      Hauptgeschäftsführer
Weltmarktführer begleiten.                                        Bayerischer Industrie-
                                                                  und Handelskammertag e.V.
Wir beglückwünschen Sie zu Ihrem Entschluss, sich selbständig
zu machen. Herzlich willkommen in der aufregenden Welt
der Wirtschaft!

 Dr. Eberhard Sasse                        Dr. Manfred Gößl
Gründen Erfolgreich Ratgeber der bayerischen IHKs - ihk-muenchen.de
4   | INHALT

               Inhalt
               Vorwort		                                                 3

               1.    Der Gründer und sein Umfeld                         6

               1.1 Gründerperson: Bin ich ein Unternehmertyp?            6
               1.2 Selbständigkeit muss sich rechnen! Aber wie?          6
               1.3 Stolpersteine, Hürden, Hindernisse                    7

               2. Geschäftsidee und Geschäftsmodellentwicklung           8

               2.1   Der große Wurf                                      8
               2.2   Unternehmensnachfolge und -übergabe                 8
               2.3   Franchising – Von Bestehendem profitieren           9
               2.4   Import und Export                                  10
               2.5   E-Commerce – Gut verkaufen über das Internet       10

               3.    Planung der Gründung: Erste Schritte               11

               3.1   Äußere Erfolgsfaktoren                             11
               3.2   Standortwahl                                       11
               3.3   Betriebsräume                                      12
               3.4   Ihr Businessplan                                   12
                     3.4.1 Ausgangspunkt Gewinnplanung                  13
                     3.4.2 Kosten / Ausgaben                            14
                     3.4.3 Umsatz / Einnahmen                           14
                     3.4.4 Liquiditätsplan                              15
                     3.4.5 Erfolg dauerhaft sichern                     16

               4.    Planung der Gründung – Rahmenbedingungen           17

               4.1 Gewerbefreiheit und Tätigkeitszuordnung              17
                   4.1.1 Überwachungsbedürftige Gewerbe                 17
                   4.1.2 Erlaubnispflichtige Gewerbe                    17
                   4.1.3 Besondere Rechtsvorschriften                   19
                   4.1.4 Reisegewerbe und -karte                        19
                   4.1.5 Handwerk                                       19
                   4.1.6 Freie Berufe                                   20

               4.2 Rechtsformwahl und Gesellschaftsrecht                20
                   4.2.1 Wahl der Rechtsform                            20
                   4.2.2 Eintrag im Handelsregister                     20
                   4.2.3 Kleingewerbe vs. Kaufmännischer Betrieb        21
                   4.2.4 Personenunternehmen                            21
                   4.2.5 Juristische Personen / Kapitalgesellschaften   23
                   4.2.6 Sonderformen                                   25
                   4.2.7 Rechtsformen im Vergleich                      26
Gründen Erfolgreich Ratgeber der bayerischen IHKs - ihk-muenchen.de
INHALT | 5

4.3 Steuern                                                                     28
    4.3.1 Umsatzsteuer                                                          28
    4.3.2 Einkommen- und Körperschaftssteuer                                    28
    4.3.3 Gewerbesteuer                                                         29
    4.3.4 Aufzeichnungs- und Buchführungspflichten                              29

4.4 Finanzierung und Förderung                                                  30
    4.4.1 Finanzierungsformen                                                   31
    4.4.2 Bonitätsprüfung                                                       32
    4.4.3 Öffentliche Förderung                                                 33
    4.4.4 Beispiele öffentlicher Förderung: Darlehen und Beteiligungen          33
    4.4.5 Beispiele öffentlicher Förderung: Zuschüsse und Sonderformen          35
    4.4.6 Beispiele öffentlicher Förderung: innovative Unternehmensgründungen   36

4.5 Versicherungen: privater und betrieblicher Schutz                           39
    4.5.1 Betrieblicher Versicherungsschutz                                     39
    4.5.2 Privater Versicherungsschutz                                          39
    4.5.3 Selbständig, unselbständig oder scheinselbständig?                    40
    4.5.4 Die Krankenversicherung                                               42
    4.5.5 Die Pflegeversicherung                                                46
    4.5.6 Die Rentenversicherung                                                47
    4.5.7 Die Arbeitslosenversicherung                                          53
    4.5.8 Die gesetzliche Unfallversicherung                                    54
    4.5.9 Ausgleichsverfahren                                                   57
    4.5.10 Die Sozialkassen                                                     57

5.   Umsetzung – der Start Ihres Unternehmens: Go-live!                         58

5.1 Gewerbeanmeldung und Formalitäten                                           58
    5.1.1 Ein Gewerbe anmelden                                                  58
    5.1.2 Der Gewerbeschein                                                     59
    5.1.3 Anmeldung beim Finanzamt                                              59

5.2 Die ersten Mitarbeiter                                                      60
    5.2.1 Berufsausbildung / Auszubildende                                      60
    5.2.2 Einstellung von Mitarbeitern                                          60
    5.2.3 Beschäftigung ausländischer Arbeitnehmer                              64

5.3 Datenschutz                                                                 65

Welche weiteren Hilfen bietet mir meine IHK?                                    67

Anhang		                                                                        69

     Beitragsbemessungsgrenzen in der Sozialversicherung                        69
     Formularmuster „Gewerbeanmeldung“                                          70
     Formularmuster „Fragebogen zur steuerlichen Erfassung“                     72

Impressum		                                                                     80
Gründen Erfolgreich Ratgeber der bayerischen IHKs - ihk-muenchen.de
6   | DER GRÜNDER UND SEIN UMFELD

      1. Der Gründer und sein Umfeld

      Der Schritt in die Selbständigkeit eröffnet tolle Aussichten:       Einen ausführlichen Eignungstest bietet beispielsweise das
      nie mehr Ärger mit Chef und Kollegen, größere Freiheiten als        Gründerportal des Bundeswirtschaftsministeriums unter
      in einer Anstellung und die Chance, endlich jeden Euro in die          existenzgruender.de.
      eigene Kasse zu wirtschaften und letztlich vielleicht auch sehr
      gut zu verdienen.                                                   Kein Existenzgründer sollte derlei Vorüberlegungen außen vor
                                                                          lassen: Das Wirtschaftsleben stellt enorme Anforderungen
      Die größte Motivation sollte freilich in der schöpferischen Kraft   an Unternehmen und die Unternehmer selbst. Wer dauerhaft
      des Unternehmers liegen: eine gute Geschäftsidee entwickeln         Erfolg haben will, muss über viele Eigenschaften, Fähigkeiten
      und auf dem Markt etablieren, für sich selbst und die eigenen       und auch Talente verfügen. Fachliches Können, Expertenwissen,
      Mitarbeiter Verantwortung übernehmen oder in ganz neue              Verkaufsgeschick, Entscheidungskraft, Risiko- und Einsatzbe-
      Märkte expandieren. Wer diese Herausforderungen meistert,           reitschaft sowie das nötige Gespür für das Geschäft – all das
      erfährt Erfolgserlebnisse und Selbstverwirklichung in einem         zeichnet den erfolgreichen Unternehmer aus.
      Maß, wie es Angestellte nie erfahren.
                                                                          Das folgende Beispiel mag die Bedeutung des „Unternehmer-
      Diese Vorzüge haben ihren Preis: Selbständige erhalten keinen       Typs“ für den Geschäftserfolg verdeutlichen: Mehr durch Zufall
      festen Monatslohn. Sie tragen und spüren wirtschaftliche            fand der Drogist John S. Pemberton 1886 das geniale Erfolgs-
      Chancen, aber auch Risiken unmittelbar und persönlich, denn         rezept für ein Erfrischungsgetränk namens „Coca-Cola“. Er hatte
      Gewinne und Verluste ihres Betriebes haben direkte Auswir-          allerdings kein Gespür dafür, welchen Schatz er damit in seinen
      kungen auf ihr Einkommen. Existenzgründer müssen daher ihre         Händen hielt. Pemberton verkaufte kaum mehr als 15 Gläser
      Risiken kennen und entsprechende Lösungsstrategien parat ha-        Cola am Tag, gab nach einiger Zeit resigniert auf und verkaufte
      ben; andernfalls gerät die Firmengründung zum unkalkulierba-        für bescheidene 2.300 Dollar die Nutzungsrechte an seiner
      ren Glücksspiel. Wobei Glück natürlich auch zu einem erfolgrei-     Erfindung an einen Mann namens Asa Candler. Candler hatte
      chen Firmenstart gehört! Mit der richtigen Vorbereitung lassen      den nötigen Weitblick und den unternehmerischen Instinkt
      sich jedenfalls Risiken minimieren und Chancen erhöhen. Sekt        – er erkannte sofort das enorme Potenzial, das in der Rezep-
      oder Selters – Sie können selbst bestimmen, was Sie am Ziel der     tur steckte: innerhalb von nur vier Jahren hatte er die Marke
      Unternehmensgründung erwartet!                                      Coca-Cola geschützt und ein Vertriebsnetz für ganz Amerika
                                                                          aufgebaut. Wenig später startete er mit dem Export nach
                                                                          Kanada und Mexiko unter seiner Regie den heute noch beispiel-
                                                                          haften Erfolg des Coca-Cola-Imperiums.
      1.1 Gründerperson:
      Bin ich ein Unternehmer-Typ?
      Filmfans kennen die gängige Szene aus dem Cockpit eines             1.2 Selbständigkeit muss sich rechnen!
      Flugzeugs: vor dem Start checken die Piloten alle Instrumente       Aber wie?
      durch: stehen die Systeme auf „go“, kann der Flug beginnen.
      Um eine Bruchlandung zu vermeiden, sollte auch jeder Exis-          Reich und berühmt sein – nicht jeder Selbständige will und wird
      tenzgründer einen „Start-Check“ absolvieren. Der erste Schritt      ein solches Lebensziel tatsächlich erreichen, aber rechnen soll
      hierfür ist die kritische Prüfung der eigenen Person. Beantwor-     sich das eigenen Unternehmen auf jeden Fall. Was banal klingt ...
      ten Sie möglichst ehrlich z. B. folgende Fragen:

        Habe ich genügend Selbstdisziplin und Durchhaltevermögen?          Ein Beispiel
        Bin ich körperlich und geistig fit genug, um die Heraus-
        forderungen des Unternehmer-Daseins zu verkraften?                 Max und Anna kennen sich aus dem Studium. Nach dem
        Bin ich auch psychisch in der Lage, Krisenzeiten durch-            Abschluss ging Max auf Nummer sicher und verdient nun als
        zustehen?                                                          Angestellter 3.200 Euro brutto pro Monat. Anna wollte schon
        Kann und will ich auf geregelte Arbeits- und Urlaubszeiten         immer ihre eigene Chefin sein und hat einen Faible für Mode
        verzichten?                                                        und Textilien. Sie plant, einen Online-Handel mit Damenbeklei-
        Wie sieht meine derzeitige Finanzlage aus? Verfüge ich über        dung und Accessoires zu starten. Will sie finanziell mindestens
        eigenes Startkapital?                                              so gut dastehen wie Max, benötigt sie einen monatlichen
        Kann ich andere für meine Ideen begeistern?                        Gewinn von wenigstens 4.000 Euro. Hochgerechnet bedeutet
                                                                           das ein Betriebsergebnis von mindestens 48.000 Euro im Jahr
                                                                           noch vor Steuern und Sozialabgaben.
Gründen Erfolgreich Ratgeber der bayerischen IHKs - ihk-muenchen.de
DER GRÜNDER UND SEIN UMFELD | 7

Gleichwohl mangelt es vielen Selbständigen selbst an rudimen-      von Klagen über die schwierige Balance zwischen Beruf und
tären betriebswirtschaftlichen Kenntnissen und immer wieder        Privatleben. Rund ein Drittel leidet insbesondere unter erdrü-
rutschen auch „Umsatzmillionäre“ in die Pleite.                    ckenden Steuer- und Bürokratielasten. Bemerkenswert ist der
Ist das zu schaffen? Die Antwort hängt entscheidend davon ab,      hohe Stellenwert, den die Existenzgründer dem Problem fehlen-
welcher Umsatz nötig ist, um diesen Überschuss auch tatsäch-       de Zeit für das Privatleben zumessen. Angehende Unternehmer
lich zu erzielen. Eine erste Orientierung und Unterstützung bei    sollten sich also darüber im Klaren sein, ob ihre Beziehung und
der entsprechenden Planung bieten diverse Betriebsvergleichs-      ihr Familienleben den zeitlichen Belastungen einer beginnenden
zahlen und Branchenstatistiken, die auch für einzelne Branchen     Selbständigkeit standhält. Wenn Lebenspartner und/oder Fami-
wie Handel (Institut für Handelsforschung, ifhkoeln.de)            lie nicht mitziehen, wird es in der Regel schwierig, die Motivati-
oder Gastgewerbe (Deutsches Wirtschaftswissenschaftliches          on für die Selbständigkeit aufrecht zu erhalten. Siehe dazu auch
Institut für Fremdenverkehr e. V., dwif.de) veröffentlicht         unsere vorherigen Ausführungen zur Gründerperson!
werden. Auch die Zahlen aus der sog. Richtsatzsammlung
des Bundesfinanzministeriums können eine Kalkulationshilfe         Bedauerlicherweise scheitern immer noch viele Selbständige
sein ( bundesfinanzministerium.de). Übrigens beträgt der           aufgrund teils massiver Qualifikations- und Informations-
durchschnittliche Reingewinn im deutschen Textileinzelhan-         mängel. So werden einfachste Buchführungspflichten und
del laut Statistik nur etwa 16 Prozent des erzielten Umsatzes.     Steuerregeln missachtet, die Aktivitäten der Konkurrenz oder
Demzufolge müsste Anna also mit ihrem Online-Shop einen            tatsächliche Kundenbedarfe außer Acht gelassen oder die realen
Jahresumsatz von mindestens 300.000 Euro erzielen, um so viel      Ertragschancen maßlos überschätzt.
zu verdienen wie ihr Freund Max.
                                                                   Vielen Gründern, die die ersten Klippen beim Unternehmens-
Solche Durchschnittszahlen und Statistiken liefern natürlich       start noch mühelos umschiffen, brechen später folgende
nur einen ersten Anhaltspunkt. Gleichwohl muss sich jeder          typische Fehler in der Finanzplanung das Genick:
Existenzgründer schon zu Beginn seiner Planungen fragen,
ob sich die angestrebten bzw. notwendigen Geschäftszahlen            Die Höhe der notwendigen Investitionen wird häufig un-
in absehbarer Zeit auch tatsächlich erreichen lassen. Dabei          terschätzt, beispielsweise für die Anschaffung eines
sollte man sich keinen Illusionen hingeben und die Realität im       ersten Warenbestands. Um eine mögliche Verschuldung
Blick behalten: Die ersten Jahre in der Selbständigkeit sind für     nicht weiter in die Höhe zu treiben, wird dann oftmals zu
den Unternehmer in der Regel eine harte Zeit! Umsätze und            wenig investiert. Viele Gründer kommen aus der Sicher-
mögliche Gewinne stehen in der Regel noch in keinster Weise in       heit einer Festanstellung: angesichts sich rasch anhäufender
einem angemessenen Verhältnis zum eingesetzten Aufwand an            Schulden bei einer zunächst ungewissen Einkommenssitu-
Zeit und Kosten.                                                     aton verlässt sie in vielen Fällen der nötige Mut. Nach einer
                                                                     geglückten Anlaufphase mangelt es plötzlich an Kapital für
Letztlich hilft jedem Jung-Unternehmer nur eine individuelle,        die Unternehmensexpansion. Das Warenlager lässt sich nicht
maßgeschneiderte Analyse. Die Industrie- und Handelskam-             weiter aufstocken, lukrative Großaufträge können nicht
mern können dabei wertvolle Hilfe und Unterstützung leisten:         vorfinanziert werden.
so bieten sie neben entsprechender Beratung auch wichtige            Viele Unternehmer unterschätzen finanzielle Folgen und
oft sogar standortbezogene Detailinformationen zu Markt              Länge der Anlaufphase. Fehler in der Terminplanung ver-
und Konkurrenzstruktur oder Vergleichs- bzw. Kennzahlen aus          schärfen dieses Problem noch. In allen Wirtschaftszweigen
entsprechenden Betriebsvergleichen, Branchenerhebungen und           und Branchen gibt es im Zeitverlauf typische Saisonkurven.
regionalen Strukturdatenerfassungen.                                 Wer dies bei der Geschäftseröffnung nicht berücksichtigt,
                                                                     verlängert seine „Durststrecke“. Es ist beispielsweise mehr als
                                                                     unvorteilhaft, einen Spielwarenhandel am 2. Januar zu eröff-
                                                                     nen – die Branche macht fast zwei Drittel ihres Umsatzes in
1.3 Stolpersteine, Hürden, Hindernisse                               den beiden Monaten November und Dezember.
                                                                     In der Start-Euphorie verliert mancher Gründer den Überblick
Für Existenzgründer gibt es typische Hindernisse, an denen re-       über fällige Zins- und Tilgungslasten. Bei klassischen Bank-
gelmäßig viele gute Geschäftsideen scheitern. Dies zeigen auch       krediten beginnt die Tilgung häufig schon nach wenigen
verschiedene Umfragen und Statistiken unter Existenzgründern         Monaten – zu einem Zeitpunkt, in dem die meisten Unter-
zu den größten Problemen in der kritischen Startphase der Un-        nehmen noch Verluste schreiben. Die besseren Alternativen
ternehmen: Jeder zweite befragte Unternehmer sieht in schwer         sind daher meist öffentliche Finanzierungshilfen, die einen
lösbaren Finanzierungsfragen die größte Gefahr, dicht gefolgt        häufig großzügigen tilgungsfreien Zeitraum vorsehen.

                                                                                                                   Inhaltsverzeichnis
Gründen Erfolgreich Ratgeber der bayerischen IHKs - ihk-muenchen.de
8   | GESCHÄFTSIDEE UND GESCHÄFTSMODELLENTWICKLUNG

      2. Geschäftsidee und Geschäftsmodellentwicklung

      2.1 Der große Wurf                                                 die Wettbewerbsbedingungen in absehbarer Zeit verschärfen
                                                                         – droht beispielsweise die Eröffnung eines Großmarktes oder
      Das Geheimnis einer guten Geschäftsidee liegt in der Formel        Einkaufszentrums in unmittelbarer Nachbarschaft?
      „das richtige Produkt zum richtigen Zeitpunkt am richtigen Ort“.   Wichtig ist zudem ein gründlicher Blick auf die Mietkondi-
      Die aussichtsreichsten Ideen sind die, die einen USP (unique       tionen. Mehrere Mietsteigerungen in den zurückliegenden
      selling proposition = einzigartiger Verkaufsvorteil) garan-        Jahren oder eine drohende Mieterhöhung sind ein deutliches
      tieren: In solchen Fällen gibt es auf dem betreffenden Markt       Warnzeichen. Außerdem ist zu prüfen, ob sich die aktuellen
      keine vergleichbaren Produkte und Dienstleistungen. Ein gutes      Konditionen des Mietvertrags ohne weiteres auf den neuen
      Beispiel hierfür ist die Entwicklung des Betriebssystems „DOS“     Geschäftsinhaber übertragen lassen.
      von Bill Gates. Das glückliche Zusammenwirken aller Erfolgs-       Der Vorbesitzer wird im Laufe der Übernahmeverhandlung
      faktoren ermöglichte ihm, sein Betriebssystem zur weltweiten       die Bilanz des zurückliegenden Geschäftsjahres präsentieren.
      Standard-Software für den überwiegenden Teil aller PCs zu          Informiert diese nur selektiv z. B. über die erzielten Umsätze,
      etablieren. Aufgrund der Übermacht von Microsoft ist es heute      ist besondere Vorsicht angebracht. Hohe Umsätze lassen sich
      auf kommerzieller Basis praktisch unmöglich, ein neues PC-Be-      beispielsweise auch durch besonders niedrige Preise erzielen.
      triebssystem auf den Markt zu bringen.                             Die Kunden greifen dann zwar gerne zu, in vielen Fällen deckt
                                                                         der Geschäftsinhaber mit den erzielten Einnahmen dann
      Gute Geschäftsideen fallen freilich nicht einfach vom Baum.        aber nicht einmal seine Betriebskosten. Erste Anhaltspunkte
      Auch bei so genannten „todsicheren Sachen“ z. B. aus dem           können sich hier aus einer Prüfung der aktuellen Preisaus-
      Freundes- und Bekanntenkreis ist in der Regel höchste Vorsicht     zeichnung bzw. Bepreisung im Vergleich zu den im Branchen-
      geboten. Fehlt der eigene, große Wurf, gibt es aber glücklicher-   schnitt üblichen Preisen sein. Verlangen Sie bei auffallend
      weise noch andere Möglichkeiten für den erfolgreichen Start        niedrigen Preisen eine plausible Erklärung!
      in die Selbständigkeit. Hierzu zählen beispielsweise Franchi-      Kritische Beurteilung der Ertragslage: Verliert das Geschäft
      sing-Modelle, bei denen der Unternehmer für die Nutzung einer      bei Übergabe und Ausscheiden des derzeitigen Chefs
      erfolgreichen Idee eines anderen bezahlt. In vielen Fällen ist     (wesentliche) Teile des Kundenstamms? Verfügte der Vor-
      auch ein nebenberuflicher Start in das Unternehmer-Dasein          gänger über viele persönliche Beziehungen, die Umsatz oder
      empfehlenswert: Solange der feste Job den Lebensunterhalt          besonders günstige Einkaufspreise garantierten? Haben
      sichert, kann sich der junge Selbständige sorglos an der Umset-    sich wichtige betriebswirtschaftliche Daten in jüngster Zeit
      zung seiner Geschäftsidee erproben. Auch die Unternehmens-         verschlechtert oder werden sich verschlechtern? Auffallend
      nachfolge kann ein vermeintlich sicherer Weg in die Selbstän-      niedrige Personalkosten sind meist typisch für einen „Fa-
      digkeit sein.                                                      milienbetrieb“. Verfügt der Nachfolger nicht ebenfalls über
                                                                         eine große und arbeitswillige Verwandtschaft, muss er die
                                                                         fehlende Unterstützung durch „echte“ und angemessen zu
      2.2 Unternehmensnachfolge und -übergabe                            bezahlende Mitarbeiter ersetzen. Möglicherweise verfügt der
                                                                         Vorbesitzer über erhebliches Eigenkapital und konnte so z. B.
      Die Übernahme eines bestehenden Geschäftes kann eine echte         alle Rechnungen mit Skonto-Vorteilen begleichen. Die Be-
      Alternative zur Neugründung sein. Aber auch dieser Schritt         triebskosten, die sich aus der Gewinn- und Verlustrechnung
      bedarf sorgfältiger Planung, und das sowohl auf Seiten des         ergeben, sollten in etwa den Durchschnittswerten branchen-
      jetzigen Inhabers wie im Besonderen durch Sie als Übernehmer.      relevanter Betriebsvergleiche entsprechen.
      Folgende Punkte sollten Sie beachten:                              Führt der neue Geschäftsinhaber den Namen eines im Han-
                                                                         delsregister eingetragenen Unternehmens weiter, haftet er
        Das Motiv – aus welchen Gründen gibt der bisherige Inhaber       für sämtliche Verbindlichkeiten seines Vorgängers. Dies lässt
        das Geschäft auf? Hier bedarf es einer guten Portion Skepsis,    sich durch einen entsprechenden Hinweis im Handelsregister,
        denn eine „Goldgrube“ gibt kaum jemand aus der Hand.             den sogenannten „Haftungsausschluss“, vermeiden.
        Die Standortfrage (falls relevant): Hat sich die Standortqua-    Mit der Übernahme eines oder von Teilen eines Betriebes
        lität in den zurückliegenden Jahren verschlechtert oder wird     fallen dem neuen Inhaber auch alle Rechte und Pflichten
        sie in absehbarer Zeit sinken? Die Verkehrsanbindung ist         bestehender Mitarbeiterverträge zu. Aufgrund des „Betriebs-
        z. B. ein wichtiger Aspekt. Fatale Folgen haben in der Regel     übergangs“ besteht in dieser Phase ein besonderes Kündi-
        die Umwidmung einer Straße in eine Einbahnstraße, die            gungsverbot.
        Verlagerung einer nahen Haltestelle öffentlicher Verkehrs-       Sind von der Geschäftsübernahme auch bestehende Aus-
        mittel, der Wegzug großer Behörden oder Firmen, die bislang      bildungsverträge betroffen, empfiehlt sich der Kontakt zum
        einen Großteil der Laufkundschaft garantierten. Werden sich      Ausbildungsberater der jeweiligen IHK.
Gründen Erfolgreich Ratgeber der bayerischen IHKs - ihk-muenchen.de
GESCHÄFTSIDEE UND GESCHÄFTSMODELLENTWICKLUNG | 9

  Bei einer kompletten Geschäftsübernahme haftet der neue          sächlichen Firmenwert gibt es z. B. bei kleinen Einzelhandelsge-
  Firmenchef auch für „Steuersünden“ des Vorgängers. Diese         schäften, wenn überhaupt, allenfalls nur auf kurzfristiger Basis
  Haftung betrifft z. B. gegenüber dem Finanzamt nicht             in Form des vorhandenen Warenbestands und ggf. Inventars.
  bezahlte Umsatzsteuer und Lohnsteuer oder gegenüber der          Entscheidend für Erfolg oder Flop ist hier einzig der Fleiß und
  Gemeinde Rückstände bei der Gewerbesteuer. Selbst mit ent-       das Talent des Inhabers.
  sprechenden Klauseln im Kaufvertrag lässt sich diese Haftung
  nicht umgehen. Ein seriöser Anbieter kann dem potentiellen
  Käufer in diesem Punkt beruhigende Gewissheit verschaf-           Gut zu wissen
  fen: Auf Antrag bescheinigen Finanzamt und Kommune,
  dass keine Steuerrückstände bestehen. Zudem sollte diese           Die IHK bietet zur Betriebsübergabe und -nachfolge umfas-
  Bescheinigung darauf hinweisen, dass auch Umsatzsteuervo-          sende Unterstützung und Services an: sehen Sie dazu mehr
  ranmeldungen und Lohnsteueranmeldungen fristgerecht und            unter ihk-muenchen.de/unternehmensnachfolge
  ordnungsgemäß abgegeben worden sind.

Kaufen oder pachten?
Auf die Frage „Kaufen oder pachten?“ gibt es keine generelle
Antwort. Stattdessen müssen im Einzelfall Vor- und Nachtei-
le verglichen werden. Grundsätzlich schont die Pacht eines
Geschäftes das Eigenkapital des Unternehmers, zieht aber in
den kommenden Jahren regelmäßige und hohe Belastungen              2.3 Franchise – Sonderform der
nach sich. Der Pachtzins besteht aus drei Bestandteilen: aus der   Existenzgründung
ortsüblichen Miete für die Geschäftsräume sowie den Entgelten
für die Nutzung des Inventars und des Firmenwertes.
                                                                   Das sog. Franchising ist eine besondere Variante, in die berufli-
Die Option Pacht ist vor allem dann vorteilhaft, wenn der          che Selbständigkeit zu gehen.
Übernehmer wenig Eigenkapital zur Verfügung hat und er im          Unter dem Begriff Franchising ist grundsätzlich ein auf Partner-
Gegenzug einen hohen Wert des Betriebsinventars erhält. In der     schaft basierendes Vertriebssystem mit dem Ziel der Verkaufs-
Dienstleistungsbranche fällt der Faktor Betriebsinventar kaum      förderung zu verstehen. Dabei räumt das Unternehmen, das als
ins Gewicht – entscheidend sind hier insbesondere Größe und        sogenannter Franchise-Geber auftritt, meist mehreren Partnern,
Qualität des Kundenstamms. Im Einzelhandel entstehen bei einer     den Franchise-Nehmern, das Recht ein, mit seinen Produkten
Geschäftsübernahme i.d.R. hohe Kosten für die Ablösung des         oder Dienstleistungen unter seinem Namen ein Geschäft auf
Warenbestands. Die Kosten für die Übernahme des Inventars fal-     selbständiger Basis zu betreiben.
len in Relation dazu meist kaum noch ins Gewicht. Der Kauf des
Unternehmens ist dann oftmals die vorteilhaftere Alternative.      Der Franchise-Geber bietet üblicherweise ein unternehmeri-
                                                                   sches Gesamtkonzept, das vom Franchise-Nehmer an dessen
                                                                   Standort bzw. Gebiet in Form eines eigenständigen Betriebs
Firmenwert                                                         umgesetzt wird. Der Franchise-Nehmer ist also ein rechtlich
Zum Thema „Ermittlung des Firmenwertes“ gibt es umfassende         selbständiger und eigenverantwortlich operierender, echter
(theoretische) Ansätze und Herangehensweisen ,, viele Autoren      Unternehmer. Die Gegenleistung des Franchise-Nehmers für
und Experten haben sich damit befasst. Sie als angehender          die vom Franchise-Geber eingeräumten Rechte besteht meist in
Selbständiger können demnach wählen: entweder kämpfen Sie          der Zahlung von Eintritts- bzw. Franchise-Gebühren und in der
sich durch entsprechende Abhandlungen und beschäftigen sich        Verpflichtung, den regionalen Markt zu bearbeiten.
intensiv mit wissenschaftlich fundierten Berechnungsmethoden
oder Sie halten sich an einfache Faustregeln aus der Praxis. In    Eine erste Orientierung und Entscheidungshilfe auf dem Weg
jedem Fall gilt: Angebot und Nachfrage regeln auch den Preis       ins Franchising bieten u.a. der Deutsche Franchise-Verband
eines Geschäfts!                                                   unter franchiseverband.com und das unabhängige Franchi-
                                                                   se-Experten-Netzwerk FranNet unter frannet.de.
Bei eventuellen Kaufverhandlungen gilt zudem grundsätzlich:
Je kleiner das Unternehmen, desto mehr hängt der (bisherige)
wirtschaftliche Erfolg an der Person des Inhabers. Einen tat-

                                                                                                                   Inhaltsverzeichnis
Gründen Erfolgreich Ratgeber der bayerischen IHKs - ihk-muenchen.de
10 | GESCHÄFTSIDEE UND GESCHÄFTSMODELLENTWICKLUNG

     2.4 Import- und Exportgeschäfte                                    den Eintritt in die Welt des Ex- und Importgeschäfts wesentlich
                                                                        erleichtert und zu finden ist unter auwi-bayern.de.
     Globalisierung, der Euro und die EU-Erweiterung werden die
     Verflechtung der bayerischen Wirtschaft mit ausländischen
     Märkten in den kommenden Jahren weiter verstärken. Dies
     bildet den Nährboden für aussichtsreiche Geschäftsideen im         2.5 E-Commerce – gut verkaufen übers
     Bereich Import und Export.
     Den rechtlichen Rahmen für das Import- und Exportgeschäft          Internet
     bilden Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und Außenwirtschafts-
     verordnung. Grundsätzlich kann demnach jeder Unternehmer           Gerade der Einzelhandel ist ständige Veränderungen gewohnt.
     nahezu alle Industrieerzeugnisse weltweit ohne Rücksicht auf       Erst kam die Selbstbedienung, dann siedelten sich riesige
     Ursprungs-, Einkaufs- und Herkunftsland genehmigungsfrei           Fachmarkt- und Einkaufszentren auf der grünen Wiese an. Seit
     einführen. Als Nachschlagewerk für Importeure ist die soge-        einigen Jahren ist es das Internet, das Wandlungs- und Anpas-
     nannte Einfuhrliste unentbehrlich: Dort lässt sich nachlesen,      sungsfähigkeit vom Unternehmer verlangt wie kein anderer
     welche Produkte problemlos, mit Auflagen oder überhaupt            Trend zuvor. Der Einkauf über Amazon, ebay und Co. ist für den
     nicht eingeführt werden dürfen. Die zollamtliche Anmeldung         Verbraucher zur Selbstverständlichkeit geworden, Einkaufs-
     der Ware erfolgt mit der Einfuhranmeldung.                         und Informationsgewohnheiten der Kunden haben sich massiv
                                                                        gewandelt und so schneidet sich der online-Handel vom Markt
     Die gleichen Rahmenbedingungen gelten auch für den Export:         immer größere Stücke ab. Während bestehende Einzelhändler
     Hier gibt es die sogenannte Ausfuhrliste und die Ausfuhran-        vor der Herausforderung stehen, sich auf diese Veränderungen
     meldung.                                                           einzustellen, bietet eine Existenzgründung im Internet-Handel,
                                                                        im Bereich e-Commerce besondere Chancen.
     Besonders praktisch für Export- und Importeinsteiger: Im
     EU-Binnenmarkt sind für Waren, die sich im sogenannten
     freien Verkehr der EU befinden, sämtliche Zollpapiere entfallen.
     Im freien Verkehr der EU befinden sich Waren, die entweder
     im Zollgebiet der EU hergestellt oder bei der Einfuhr in das        Gut zu wissen
     EU-Zollgebiet schon verzollt und versteuert wurden.
                                                                         Die IHK bietet umfassende Services und Informationen zum
     Unternehmer, die auf ausländischen Märkten Fuß fassen oder          Einstieg in den online-Handel: besuchen Sie uns gerne z. B.
     ihren Exportanteil steigern wollen, müssen das Exportgeschäft       unter ihk-muenchen.de/ecommerce! Hier finden Sie
     mindestens in seinen Grundzügen beherrschen. Hierzu gehören         neben einem E-Commerce-Leitfaden auch unser Planungs-
     folgende Voraussetzungen:                                           tool „E-Commerce-Canvas“.

       Ausreichendes Wissen über Absatzwege, die Abgabe von
       Auslandsangeboten, den Abschluss von Exportverträgen und
       die Formulierung der Lieferungs- und Zahlungsbedingungen
       Kenntnisse über Möglichkeiten der Exportfinanzierung sowie
       der staatlichen und privaten Exportkreditversicherung

     Die Industrie- und Handelskammern sind als Informationsquel-
     le zu den genannten Voraussetzungen wie für alle sonstigen
     Fragen zum internationalen Geschäft die erste Adresse.
     In Zusammenarbeit mit Bayerns Wirtschaftsministerium bieten
     die bayerischen Industrie- und Handelskammern praxisnahe
     außenwirtschaftliche Fördermaßnahmen an. Diese Maßnahmen
     zielen vor allem darauf ab, Kunden und Geschäftspartner im
     Ausland zu finden.
     Alle wesentlichen Informationen und Ansprechpartner zum
     Auslandsgeschäft liefert das „Außenwirtschaftsportal Bayern“ -
     ein Service der bayerischen IHKs und Handwerkskammern, der
PLANUNG DER GRÜNDUNG: ERSTE SCHRITTE | 11

3. Planung der Gründung:
   Erste Schritte

3.1 Äußere Erfolgsfaktoren                                           tungen, Software-Schmieden zu führenden IT-Konzernen und
                                                                     die innovative Gründer-Szene lebt vom direkten Kontakt zu
Selbst die besten Geschäftsideen benötigen ein gründer-              Venture-Capital-Unternehmen und ins engmaschige Start-up-
freundliches Umfeld, um zu gedeihen. Ein wichtiger Faktor ist        Netzwerk.
beispielsweise der allgemeine Konjunkturverlauf: Phasen mit
rückläufiger Binnennachfrage und schwachem Wirtschafts-              Die Standortwahl ist häufig eine langfristige Entscheidung.
wachstum sind eine denkbar schlechte Basis für den Unterneh-         Miet- und Pachtverträge lassen sich nicht ohne weiteres kündi-
mensstart.                                                           gen. Es verursacht unter Umständen hohe Kosten, den Betrieb
                                                                     umzusiedeln. Jeder angehende Unternehmer sollte daher
Von großer Bedeutung ist auch eine möglichst umfangreiche            gründlich darüber nachdenken, wo er sein Geschäft platzieren
Analyse der Branche, in der die Existenzgründung erfolgen soll.      will. Entscheidungen „aus dem Bauch“ oder nach Gefühl sind
Aufgrund des harten Verdrängungswettbewerbs und rasch                schlechte Ratgeber. Der einzig richtige Weg ist eine sorgfältige
wechselnder Trends im Konsumentenverhalten haben vor allem           Standortanalyse auf Grundlage folgender betriebswirtschaftli-
neue Betriebe in Gastronomie und Einzelhandel besonders              cher Überlegungen:
häufig mit Anlaufschwierigkeiten zu kämpfen. In diesem Zu-
sammenhang übersehen viele Gründer die Bedeutung der Frage,            Wie groß ist das Einzugsgebiet und die Zahl der potentiellen
welche Zielgruppe sie mit ihrem Angebot überhaupt erreichen            Kunden?
wollen. Mit deren Definition bewegt sich der Unternehmer               Wie hoch ist die Kaufkraft der Einwohner?
wiederum auf dem spannenden Feld der Verkaufspsychologie               Welcher Umsatz lässt sich an diesem Standort erreichen?
und steht vor einer Fülle weiterer Fragen: denn es gilt Alter, Le-     Realistische Einschätzung der Wettbewerbsbedingungen:
bensstil, Kaufkraft, Mobilität, Informationsverhalten u.v.m. der       Wie viele und vor allem große Konkurrenten gibt es im nähe-
potentiellen Kundschaft möglichst genau zu bestimmen. Daraus           ren Umfeld des Standorts? Wie attraktiv ist ihr Sortiment
ergeben sich wichtige Rückschlüsse z..B. für Standortwahl,             bzw. Angebot?
Marketing, Angebotssortiment und Investitionsbedarf.                   Ist die geplante Lage des Betriebs auch dauerhaft konkur-
                                                                       renzfähig? Hierzu zählen Aspekte wie z. B. Sichtbarkeit,
Jeder angehende Unternehmer sollte möglichst viel über diese           Verkehrsanbindung und gerade in Ballungsgebieten An-
äußeren Einflussfaktoren wissen. Informationsquellen hierfür           schluss an den öffentlichen Personennahverkehr. Gibt es
gibt es reichlich: neben dem Internet liefern u.a. Industrie-          ausreichend Parkplätze? Ist das Geschäft auch für Fußgänger
und Handelskammern, Statistische Ämter, Landratsämter und              gut erreichbar?
Rathäuser, Wirtschaftsverbände, Meinungs- und Marktfor-                Besteht die Möglichkeit, geeignete und bezahlbare Mitar-
schungsinstitute, Fachliteratur und -zeitschriften und nicht           beiter zu bekommen?
zuletzt auch Banken und Versicherungen die benötigten Daten.
                                                                     Die kniffligste aller Fragen ist die Prüfung, ob der jeweils zu
                                                                     bezahlende Miet- oder Grundstückspreis im vernünftigen Ver-
                                                                     hältnis zu dem zu erwartenden Umsatz steht. Der Selbständige
3.2 Standortwahl                                                     gerade im Handel oder in der Gastronomie steht hier häufig
                                                                     vor einem Dilemma: Die Top-Lagen versprechen hohe Umsätze,
Top-Standort = Top-Geschäftserfolg: Diese Faustregel wird vor        verschrecken aber mit horrenden Flächenpreisen.
allem im Einzelhandel und im Gastgewerbe ihre Berechtigung           Am Stadtrand und in der Region sind die Mietpreise möglicher-
haben. So stellen sich laut Statistik entsprechende Gründungen       weise niedriger. Ohne hohen Werbeaufwand lockt dort aber
im Stadtgebiet wesentlich stabiler dar als in strukturschwäche-      kaum ein Betrieb Kunden an. Für bestimmte Branchen kann
ren ländlichen Regionen.                                             dies wiederum sogar von Vorteil sein: bei der Miete sparen und
                                                                     stattdessen viel Geld für Werbung ausgeben – das eröffnet
Die Standortfrage kann daher von existenzieller Bedeutung            beispielsweise Anbietern von standardisierten Massenprodukten
für die Unternehmensgründung sein. Wobei: hat in Zeiten              gute Chancen!
der Digitaliserung und Globalisierung die Standortfrage nicht
ihre Bedeutung verloren? Gerade Erfahrungen aus der Grün-            Eine wertvolle Entscheidungshilfe kann in diesem Zusammen-
der-Hochburg München zeigen das Gegenteil! Im Umfeld der             hang ein Standortgutachten z. B. eines externen Beraters sein.
Stadt haben sich zahlreiche High-Tech-Cluster und Innovati-          Auch bei späteren wichtigen strategischen Entscheidungen ist
onszentren gebildet: Gentechnik- und Pharmafirmen suchen             es in der Regel sinnvoll, einen Unternehmensberater einzu-
die räumliche Nähe zu Forschungs- und Wissenschaftseinrich-          schalten. Bund und Land fördern eine solche Beratung übrigens

                                                                                                                    Inhaltsverzeichnis
12 | PLANUNG DER GRÜNDUNG: ERSTE SCHRITTE

     mit hohen Zuschüssen: die Industrie- und Handelskammern              lassen sich i.d.R. nur in eigens ausgewiesenen Gewerbe- und
     informieren auf Anfrage detailliert über die entsprechenden          Industrieparks betreiben.
     Förderungen.
     In jedem Fall muss der Gründer genau abwägen: Die Vorteile           Die Beschäftigung von Mitarbeitern verschärft das Problem
     eines Standorts sollten dessen Nachteile stets und deutlich          noch – die Räume des neuen Unternehmens müssen dann auch
     überwiegen.                                                          den Anforderungen der „Arbeitsstättenverordnung“ genügen.
                                                                          Diese Verordnung regelt zum Beispiel Mindestgrößen von Räu-
     Stichwort Mietvertrag: häufig werden gerade bei Unterneh-            men, Zahl der Fenster, Toiletten, Sozialräume usw.
     mensgründungen befristete Mietverträge (i.d.R. 5 Jahre oder
     mehr) angeboten: hiervon ist dringend abzuraten, da der Mieter       Betriebsräume von Lebensmittelgeschäften und Gastrono-
     in solchen Fällen keine Möglichkeit hat, den Vertrag vorzeitig       miebetrieben müssen den geltenden Hygienevorschriften
     zu kündigen. Insbesondere die Einstellung des Gewerbebetrie-         entsprechen. Das klingt selbstverständlich, sorgt in der Praxis
     bes ist regelmäßig kein Grund für eine fristlose Kündigung, da       aber regelmäßig für Konflikte zwischen Unternehmen und der
     das Betriebsrisiko alleine beim Mieter liegt. Wird dagegen ein       Gewerbeaufsicht, nicht erst bei Verstößen. Also Vorsicht! Wer
     unbefristeter Mietvertrag abschlossen, besteht ein ordentliches      „blind“ anfängt, eine Wohnung „businesstauglich“ umzubauen
     Kündigungsrecht mit einer Frist von 6 Monaten (Achtung: die          oder zur „Betriebsfläche“ umzugestalten, handelt sich unter
     Kündigung muss spätestens zum dritten Werktag eines Kalen-           Umständen eine Menge rechtliche Probleme ein. Die sorgfäl-
     dervierteljahres beim Vermieter eingehen, das Mietverhältnis         tige Vor-Information bei Baubehörde, Gewerbeamt und dem
     endet dann zum nächsten Kalendervierteljahr. Beispiel: Kündi-        Gewerbeaufsichtsamt ist daher eine Pflichtaufgabe – wer einen
     gung am 2.4., Mietverhältnis endet zum 30.9.). Ist ein befristetes   schriftlichen Vorbescheid in der Hand hält, kann ohne Behör-
     Mietverhältnis gewollt, sollte unbedingt ein außerordentliches       den-Stress mit dem Aufbau seines Unternehmens starten.
     Kündigungsrecht in den Vertrag aufgenommen werden mit der
     Maßgabe, bei Aufgabe des Gewerbebetriebs die Geschäftsräume
     mit ordentlicher Frist kündigen zu können. Deshalb sollten Sie       3.4 Ihr Businessplan
     vor Abschluss eines Mietvertrages zunächst allgemeine Aus-
     künfte bei der IHK oder eine Rechtsberatung bei einem Anwalt         So wichtig alle Vorüberlegungen und Informationssammlungen
     einholen.                                                            sind: irgendwann kommt der Zeitpunkt, seine Ziele zu konkreti-
                                                                          sieren und die Einzelplanungen in einer schlüssigen Erfolgsstra-
                                                                          tegie zu bündeln: das Werkzeug hierfür ist der Businessplan! Sie
     3.3 Betriebsräume                                                    erstellen ihn vorrangig für sich selbst: so schaffen Sie Klarheit
                                                                          und Planbarkeit bei der Umsetzung Ihrer Idee und behalten Ihr
     Viele Existenzgründer stehen vor der Herausforderung, geeig-         Ziel im Blick. Aber natürlich ist er auch essentielle Grundlage
     nete Betriebsräume zu beschaffen. Bekanntlich haben auch die         und Voraussetzung für eine Vielzahl von Anlässen: er ist Basis
     apple-Gründer Steve Jobs und Steve Wozniak an ihrem ersten           für den erfolgreichen Verlauf von Verhandlungen- und Bera-
     Computer in der Garage neben Jobs Elternhaus gebastelt. Frei-        tungsgesprächen mit Banken und möglichen Investoren, mit
     lich lässt sich dieses Modell aus dem sonnigen Kalifornien nicht     Industrie- und Handelskammer und Unternehmensberatern.
     ohne weiteres verallgemeinern.                                       Viele Existenzgründer scheuen solche Gespräche und empfin-
                                                                          den Kritik oder gar Zweifel an der eigenen Geschäftsidee als
     Privatwohnungen und -räume eignen sich nur in Ausnahme-              kleinlich und unangebracht – nur um später in der Praxis teures
     fällen als Geschäftsraum. In Mietwohnungen läuft ohne die            und unnötiges Lehrgeld zu bezahlen. Darum sollte man alle
     Zustimmung des Vermieters ohnehin nichts. In bestimmten Re-          Gelegenheiten für Beratungs- und Verhandlungsgespräche nut-
     gionen muss darüber hinaus auch die Kreisverwaltungsbehörde          zen: zwingt es doch dazu, die eigenen Ziele und Pläne in eine
     ihre Zustimmung erteilen, nämlich wenn mehr als die Hälfte der       feste Form, in ein schlüssiges Unternehmenskonzept zu gießen.
     verfügbaren Wohnung als Betriebsraum genutzt werden soll. Je         Gelingt es dem Gründer, in seinem Businessplan eine detaillierte
     nach Art und Umfang der geplanten Nutzungsänderung muss              Erfolgsstrategie zu entwickeln und hierfür die Zustimmung pro-
     auch eine besondere Genehmigung gemäß der Bayerischen                fessioneller Berater zu erhalten, hat er seine erste Reifeprüfung
     Bauordnung erfolgen. Bebauungs- und Flächennutzungspläne             als Unternehmer bestanden.
     der jeweiligen Stadt oder Gemeinde sind ebenso zu berück-
     sichtigen. In reinen Wohngebieten ist die Ansiedlung eines
     Gewerbebetriebs kaum oder nur mit starken Einschränkungen
     möglich. Betriebe mit deutlichen Schall- und Abgasemissionen
PLANUNG DER GRÜNDUNG: ERSTE SCHRITTE | 13

Ein Businessplan umfasst üblicherweise folgende wesentlichen         Der Unternehmensgewinn ergibt sich aus dem Jahresabschluss.
Bausteine:                                                           Um diesen Gewinn wiederum angemessen bewerten zu können,
                                                                     genügt nicht der bloße Blick auf die Gewinn- und Verlustrech-
  Kurzzusammenfassung (executive summary)                            nung. Auch die sogenannten kalkulatorischen Kosten sind zu
  Geschäftsidee                                                      berücksichtigen, nämlich:
  Gründerprofil
  Markteinschätzung                                                    der Unternehmerlohn (= quasi ein fiktives Gehalt, das der
  Wettbewerbssituation                                                 Unternehmer als angestellter Leiter seines Betriebes beziehen
  Marketing und Vertrieb                                               würde), der mindestens den Lebensunterhalt sichern muss;
  Lieferanten und Vorleistungen                                        eine angemessene Verzinsung des eingesetzten Kapitals.
  Standort
  Unternehmensorganisation und Personalmanagement
  Risikoanalyse                                                      Stichwort „Unternehmerlohn“ (Mindestgewinn)
  sowie eine umfassende                                              Neben der – je nach Ausgangslage – notwendigen zumindest
  Finanzwirtschaftliche Planung für die Anlaufzeit und Unter-        teilweisen Deckung der eigenen Lebenshaltung spielen bei der
  nehmensentwicklung in den ersten drei Jahren, bestehend            Ermittlung des Mindestgewinns gerade im direkten Vergleich zum
  aus einer Umsatz- und Ertragsvorschau (Gewinn- und                 sicheren Einkommen aus einer Festanstellung weitere Faktoren
  Verlustplanung), einem Liquiditätsplan und dem Kapitalbe-          eine nicht unerhebliche Rolle:
  darfsplan.                                                            Der Arbeitgeber trägt im System der gesetzlichen Sozialver-
                                                                        sicherung einen wesentlichen Anteil an den entsprechenden
Entsprechende Muster und Planungshilfen finden Sie beispiels-           Beiträgen;
weise unter   ihk-muenchen.de/businessplan.                             Hinzu kommen üblicherweise diverse Lohnneben- und Per-
                                                                        sonalzusatzkosten wie Beiträge zu einer betrieblichen Al-
                                                                        tersversorgung, Lohnfortzahlung im Krankheitsfall und diverse
3.4.1 Ausgangspunkt Gewinnplanung                                       Sozialleistungen

Jeder Existenzgründer wird, ja muss das Ziel haben, mit den          Diese Leistungen muss der Selbständige selbst übernehmen oder
Erträgen bzw. Einkünften aus seinem Betrieb zumindest den            hierauf ganz verzichten. Selbst wenn man nur die gesetzlichen
eigenen Lebensunterhalt zu sichern. Wobei mehrere Varianten          Sozialleistungen berücksichtigt, muss der Unternehmer also re-
denkbar sind:                                                        gelmäßig deutlich mehr Einkommen erzielen als der Angestellte,
                                                                     um einen vergleichbaren Lebensstandard zu erreichen.
  Ein Ehepartner bleibt in einem festen Arbeitsverhältnis tätig,
  aus dessen Einkommen der Lebensunterhalt der Familie               Ein Unternehmen bietet aber nur eine nachhaltige Existenzgrund-
  bestritten werden kann. Erzielt das neue Unternehmen nur           lage, wenn die erzielten Gewinne außerdem noch für folgende
  geringe Gewinne oder gar Verluste, gefährdet dies nicht            Ziele ausreichen:
  gleich die materielle Existenz des Unternehmers und seiner
  Angehörigen.                                                         Substanzerhaltung des Unternehmens,
  Mangels anderweitiger Einkünfte muss der Existenzgründer             Finanzierung eines angemessenen Unternehmenswachstums,
  von Anfang an aus den Erträgen des Unternehmens seinen               Bildung ausreichender Rücklagen zur Absicherung gegen
  Lebensunterhalt und ggf. auch den der Familie bestreiten.            Betriebsrisiken.
  Die Existenzgründung kann (zunächst) auch parallel zu einer
  bestehenden Angestelltentätigkeit, also im Nebenerwerb
  erfolgen z. B. mit dem Ziel, erst einmal die Marktchancen der      Stichwort “Eigenkapitalverzinsung”
  eigenen Geschäftsidee zu testen.                                   Steckt der Unternehmer eigenes Geld in den Betrieb, soll es auch
                                                                     entsprechende Zinsen bringen. Ansonsten könnte er für sein
So unterschiedlich die Startbedingungen sein mögen: auf lange        Geld besser andere Anlagealternativen wählen. Der Gewinn muss
Sicht muss jedes Unternehmen Gewinne abwerfen, sonst macht           daher zumindest die Verzinsung langfristiger Anlageformen wie
die Selbständigkeit wirtschaftlich keinen Sinn. Ohne eine entspre-   z. B. Pfandbriefe decken. Da Investitionen in den eigenen Betrieb
chende Vergütung für Arbeitsaufwand und unternehmerisches            größere Risiken bergen als der Kauf von Pfandbriefen, sollte sich
Risiko gerät die Selbständigkeit zum teuren Hobby.                   das eingesetzte Kapital deutlich höher verzinsen.

                                                                                                                     Inhaltsverzeichnis
14 | PLANUNG DER GRÜNDUNG: ERSTE SCHRITTE

     3.4.2 Kosten / Ausgaben                                               deutlich unter oder über den gemittelten Werten.
                                                                           Regionale Unterschiede werden nicht berücksichtigt.
     Kosten sind nicht gleich Ausgaben. Ein Beispiel hierfür sind          Die Teilnehmerzahl der verschiedenen Betriebsvergleiche
     Abschreibungen (steuerlich: AfA = Absetzung für Abnutzung).           schwankt erheblich. Daher sind deren Ergebnisse nicht
     Abschreibungen werden erst zu Ausgaben, wenn nach einigen             immer repräsentativ.
     Jahren die Neuanschaffung fällig wird. Der Unternehmer kann           Einige Kerndaten wie z. B. Angaben zur Betriebsmiete be-
     auf die Deckung dieser Kosten vorübergehend verzichten, muss          ruhen häufig auf Altverträgen, die zu relativ günstigen
     aber dafür sorgen, dass er zum Zeitpunkt der Neuanschaffung           Konditionen geschlossen wurden. Sie haben daher nur
     über die nötigen Mittel verfügt.                                      bedingte Aussagekraft.

     Tilgungsleistungen für aufgenommene Kredite sind Ausga-
     ben, aber keine Kosten. Handelt es sich dabei um die Tilgung
     von Investitionskrediten, werden die Raten aus den durch die         Gut zu wissen
     Abschreibungen freigesetzten Beträgen geleistet. Bei Warenkre-
     diten kann die Tilgung entweder aus aufgelaufenen Gewinnen            Betriebsvergleiche können wertvolle Anhaltspunkte für
     erfolgen oder es wird eine Umschuldung durch entsprechende            die eigenen Planungen liefern, sind aber kein verbindlicher
     Kontokorrent- bzw. Lieferantenkredite nötig.                          Leitfaden für das eigene unternehmerische Handeln. Die IHK
                                                                           bietet sich als erste Informationsquelle für diverse Betriebs-
     Grundsätzlich ist zwischen fixen und variablen Kosten zu              vergleiche z. B. für den Handel oder das Gastgewerbe an.
     unterscheiden. Zu den Fixkosten zählen z. B. die Miete für
     Geschäftsräume, Versicherungsbeiträge, Darlehenszinsen etc.
     Diese Kosten fallen auch dann an, wenn kein oder nur geringer
     Umsatz erzielt wird. Zudem entstehen dem Betrieb variable, weil     3.4.3 Umsatz / Einnahmen
     umsatzabhängige Kosten wie z. B. Material- und Wareneinsatz.
                                                                         Ohne ausreichenden Umsatz gibt es letztlich auch keinen Ge-
     Gewinne lassen sich in der Regel nur erzielen, wenn der             winn. Viele Existenzgründer begeistern sich zwar für Besonder-
     Unternehmer die Kosten „im Griff hat“: dies erfordert eine          heiten und Einzigartigkeit der eigenen Geschäftsidee, überse-
     entsprechende Planung und Kontrolle. Fixkosten wie die Miete        hen dabei aber nicht selten diese einfache, aber so wichtige
     sind dabei verlgeichsweise leicht zu ermitteln und kontrollieren.   betriebswirtschaftliche Grundregel. Um solche „Blindflüge“ zu
     Gleiches gilt bei entsprechender Planung für Personalkosten.        vermeiden, sollte der angehende Unternehmer zunächst den
     Daneben gibt es aber Bereiche wie den täglichen Büro- und           Mindestgewinn berechnen, den er zur Deckung seines Lebens-
     Kommunikationsbedarf, für die der Unternehmer die zu                unterhalts braucht. Der zweite Schritt ist die Kalkulation und
     erwartenden Kosten zunächst schätzen muss. Hilfestellung            Addition der voraussichtlichen Betriebskosten. Aus der Gegen-
     bieten hier insbesondere Betriebsvergleichszahlen, die amtliche     überstellung von Mindestgewinn und Kosten ergibt sich dann
     Kostenstrukturstatistik oder interne Statistiken der Industrie-     der Umsatz, den das Unternehmen mindestens erzielen muss,
     und Wirtschaftsverbände. Deren Ergebnisse basieren in der           um für seinen Gründer rentabel zu sein und sich für ihn zu
     Regel auf den Daten vieler Unternehmen aus den jeweiligen           lohnen.
     Branchen.
                                                                         In diesem Zusammenhang gibt es eine zweite Grundregel, die
     Betriebsvergleiche bieten nicht nur eine solide Basis für eine      unbedingt zu beachten ist: hohe Kosten und ein aufwändiger
     realistische Kostenschätzung, sie sind gleichzeitig ein Kontroll-   privater Lebensstil verschärfen den Zwang, möglichst sofort
     instrument für das Management des Unternehmens: liegen be-          gute Geschäfte und Umsätze zu machen. Existenzgründer
     stimmte Kosten deutlich über dem Branchenschnitt, ist dies ein      sollten daher den Erwerb der begehrten Luxus-Limousine oder
     Alarmzeichen und möglicherweise ein erstes Indiz für ineffektive    der Villa am See nicht unbedingt zu ihren vorrangigen Zielen
     Betriebsabläufe.                                                    machen.

     Allerdings sind die Zahlen und Daten aus solchen Betriebsver-       Eine der schwersten, zugleich wichtigsten Aufgaben des Exis-
     gleichen regelmäßig zu relativieren:                                tenzgründers ist es, eine möglichst realistische Umsatzprognose
                                                                         zu treffen: bleibt das Unternehmen längere Zeit deutlich unter
        Es handelt sich stets um Durchschnittszahlen: möglicher-         dem anvisierten Geschäftsvolumen, hat es in der Regel keine
        weise liegen bei kleineren und jungen Firmen die Kosten          Überlebenschance!
PLANUNG DER GRÜNDUNG: ERSTE SCHRITTE | 15

Eine Herangehensweise, um eine möglichst realitätsnahe             Hat sich der Existenzgründer Klarheit über den notwendigen
Planung zu erstellen, ist die Schätzung des zu erwartenden Um-     Umsatz verschafft, folgt der letzte und entscheidende Schritt:
satzes auf Grundlage der bereits erwähnten Betriebsvergleiche.     Moritz und alle anderen angehenden Unternehmer müssen nun
Eine gute Orientierung ermöglicht auch die Richtsatzsammlung       herausfinden, wieviel Umsatz sich tatsächlich erzielen lässt.
der Finanzverwaltung. Mit diesem Hilfsinstrument schätzen die      Während dies im stationären Handel oder in der Gastronomie
Finanzbehörden den Gewinn von Gewerbetreibenden, die keine         häufig mithilfe einer Standortanalyse geschieht, wird man in
ordentliche Buchführung vorlegen. Die Richtsätze gibt es für       der Produktherstellung oder in den meisten Dienstleistungsbe-
nahezu alle Wirtschaftsbranchen und Betriebsarten. Sie enthal-     reichen nicht um eine umfassende Markt- und Konkurrenzana-
ten beispielsweise Angaben über das prozentuale Verhältnis von     lyse, z. B. auf Basis von Marktforschungsergebnissen herum-
Roh- und Reingewinn zum erzielten Umsatz. Siehe nochmals           kommen.
unter bundesfinanzministerium.de.
                                                                   Ein wichtiger Faktor ist dabei die Kapazität des geplanten Un-
                                                                   ternehmens. So ist im Einzelhandel die zur Verfügung stehende
 Ein Beispiel                                                      Verkaufsfläche das Maß der Dinge: wer einen „Tante-Emma-
                                                                   Laden“ übernimmt, wird keine Millionen-Umsätze einfahren.
                                                                   Und auch für die Arbeitskraft gibt es Kapazitätsgrenzen, die den
 Moritz will ein Naturkostgeschäft eröffnen. Er berechnet          Umsatz limitieren.
 zunächst, wie viel Gewinn er braucht, um seinen Lebensunter-
 halt zu sichern und kommt dabei auf eine Summe von 2.500          Eine Unternehmensgründung gelingt nur dann, wenn die
 Euro pro Monat. Um herauszubekommen welchen Umsatz er             realistische Geschäftserwartung mit der Betriebsgröße überein-
 mit seinem Betrieb zum Erreichen dieses Gewinnziels schaffen      stimmt. Überkapazitäten gefährden auf Dauer selbst Großun-
 muss, nimmt Moritz die Richtsatzsammlung für Gewerbe-             ternehmen, für Existenzgründer werden sie in kürzester Zeit
 treibende zu Hilfe. Diesen Statistiken der Oberfinanzdirektion    zum Verhängnis. Bei den hierzulande üblichen hohen Miet- und
 entnimmt er folgendes: Im Durchschnitt erzielen Naturkost-        Personalkosten ist es im Zweifel eher ratsam, für die Unterneh-
 geschäfte einen Reingewinn von 14 Prozent des Umsatzes. Für       mensgründung zunächst die „kleinere Dimension“ zu wählen
 Moritz heißt das konkret: Er muss im Monat rund 17.850 Euro       und so vermeintlich einfacher und schneller sichere Gewinne zu
 und im Jahr gut 214.000 Euro Umsatz erreichen, benötigt also      erzielen. Floriert das Geschäft, ist eine spätere Betriebserweite-
 einen durchschnittlichen Tagesumsatz von ca. 745 Euro, um         rung immer noch möglich und sinnvoll.
 wirtschaftlich auf Dauer zu überleben.

                                                                   3.4.4 Liquiditätsplan
Es sei nochmals betont: derartige Beispielrechnungen auf Basis
von statistischen Durchschnittswerten und -zahlen berücksich-      Ein Unternehmen muss seine Verbindlichkeiten stets begleichen
tigen nicht die besonderen Umstände des jeweiligen Einzelfalls.    können, also zahlungsfähig sein. Ansonsten hat es keine Überle-
Eröffnet Max sein Geschäft in der Münchner Maximilianstraße,       benschancen. Zu einer erfolgreichen Geschäftsstrategie gehört
hilft kein Durchschnittswert. Hier braucht es außerordentliche     daher zwingend eine Liquiditätsplanung. Sie ist zum einen
Einnahmen, um die hohen Ladenmieten zu decken.                     ein wichtiges Kontroll- und Steuerungsinstrument, um Fehl-
                                                                   entwicklungen im Betrieb zu vermeiden. Zum anderen ist sie
Meist ist es daher besser, den zum Erreichen der Rentabilitäts-    zwingende Voraussetzung für aussichtsreiche Finanzierungsver-
schwelle erforderlichen Umsatz auf Basis der eigenen Daten         handlungen mit Banken und anderen Investoren.
und Vorgaben selbst zu ermitteln: dabei sind schlicht der nötige
Gewinn und die voraussichtlichen Kosten zu addieren. Beachten      Ein Unternehmen ist liquide, wenn es seine Ausgaben jederzeit
Sie: bei einem Dienstleistungsunternehmen müssen die Um-           durch ausreichende Einnahmen, Kapitalreserven oder einen ent-
sätze/Einnahmen die entsprechende Summe decken, bei einem          sprechenden Kreditrahmen begleichen kann. Die Liquiditätspla-
Handelsunternehmen genügt beispielsweise der Rohertrag, der        nung zählt daher zu den dauerhaften Aufgaben des Unterneh-
sich wiederum aus der Differenz von Ein- und Verkaufspreisen       mers. Wird sie vernachlässigt, scheitern selbst Großkonzerne,
ergibt. Betriebsvergleiche und Richtsatzsammlung erlauben          wie viele Beispiele aus der Weltwirtschaft zeigen.
auch hier einen ersten Überblick über die durchschnittlichen
Roherträge in den jeweiligen Branchen.                             Ein kritischer Zeitpunkt für jedes junge Unternehmen ist das
                                                                   dritte Jahr nach der Firmengründung: viele geraten in die-
                                                                   ser besonders kritischen Phase in eine Liquiditätsfalle. Eine

                                                                                                                   Inhaltsverzeichnis
Sie können auch lesen