MAGAZIN 01|21 - VEREINSMAGAZIN / Februar 2021
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DNWE 01| 21 MAGAZIN VEREINSMAGAZIN / Februar 2021 Virtuelle Veranstaltungsreihe Intern DNWE Jahrestagung 2020 Insight DNWE Nachberichte zur erfolgreichen Interview mit dem Vorstandsmitglied virtuellen Veranstaltungsreihe Dr. Stefan Otremba HERAUSGEGEBEN VOM DEUTSCHEN NETZWERK WIRTSCHAFTSETHIK - EBEN DEUTSCHLAND E.V.
EDITORIAL Geschätzte Mitglieder und Freunde des DNWE, den Wandel in die Virtualität als Chance begreifen – unter diesem Motto stand im letzten Jahr sowohl die DNWE-Mitgliederversammlung als auch unsere virtuelle Veranstaltungsreihe, die als Ersatz für die traditionsreiche Jahrestagung konzipiert wurde. Unter dem Titel „Wirtschafts- und Unternehmens- ethik zwischen Nachhaltigkeit und Krisenmanagement“ fanden im Herbst 2020 fünf Webcasts zu unterschiedlichen Fragen der Wirtschafts- und Unternehmensethik statt, in denen fruchtbare Diskurse geführt wurden und ein breites Publikum erreicht werden konnte. Lesen Sie in dieser neuen Ausgabe unseres DNWE-Magazins eine ausführliche Nachberichterstattung zur Veranstaltungsreihe. Im Zuge der Vorbereitung und Durchführung dieser virtuellen Dialogformate hat unsere Geschäftsstelle viel Erfahrung und technisches Know-how gesammelt. Dieses Wissen soll unserem Netzwerk weiterhin zugutekommen. So wollen wir auch künftig an virtuellen Formaten festhalten, etwa in Form von Impuls- vorträgen, Paneldiskussionen oder virtuellen DNWE-Salons. Herzlich laden wir Sie, geschätzte Mitglie- der, dazu ein, sich bei der inhaltlichen Konzeption zu beteiligen. Nennen Sie uns gerne Ideen, Impulse oder diskussionswürdige Fragestellungen – wir kümmern uns nach Möglichkeit um deren Umsetzung! Mit unserem DNWE-Magazin wollen wir Ihnen unser gemeinsames Netzwerk in regelmäßigen Abstän- den nah- und greifbarer machen und zeigen, wie und wo das DNWE aktiv und sichtbar mitgestaltet und wie und wo auch Sie sich beteiligen können. Hierzu finden Sie in der aktuellen Ausgabe zahlreiche Mel- dungen aus dem Netzwerk, interessante Ausschreibungen und Veranstaltungshinweise. Ferner lesen Sie in dieser Ausgabe ein Interview mit unserem Vorstandsmitglied, Herrn Dr. Stefan Otremba, ausge- wählte Artikel unserer Dialogplattform Forum Wirtschaftsethik online sowie interessante Buchempfeh- lungen von Neuerscheinungen aus den Federn von DNWE-Mitgliedern. Wir freuen uns bereits heute sehr darauf, wenn wir uns wieder persönlich im Rahmen von Präsenz- veranstaltung treffen und austauschen können. Bis es soweit ist, setzen wir den Austausch zu unseren gemeinsamen Themen und Anliegen virtuell fort. Wir wünschen Ihnen Freude bei der Lektüre, freuen uns über Ihr Feedback und senden Ihnen frühlingshafte Grüße vom Bodensee Ihr Team der DNWE-Geschäftsstelle Marielle Buck Prof. Dr. Stephan Grüninger Quirin Kissmehl DNWE MAGAZIN 1|21 2
INHALT 01| 21 EDITORIAL 02 Editorial NEUES AUS DEM NETZWERK 05 Regionalforum Frankfurt / Rhein-Main 05 Virtuelle Mitgliederversammlung 06 Neuer SDSN-Lenkungsausschuss gewählt 06 Vorstandswahl 2021 07 Interview mit Vorstandsmitglied Dr. Stefan Otremba AKTUELLE MELDUNGEN 08 Leifaden zur Abfrage der Nachhaltigkeitspräferenz (MiFID-II) veröffentlicht 08 Neues aus unserem EBEN-Dachverband 09 Kontinuierliche Überarbeitung der DNWE Homepage 09 DNWE-Preisträger „Vereinigung MaxTex“ erhält umfangreichen Schulungsauftrag der GIZ 10 ZfW veröffentlicht Studienergebnisse DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 11 WEBCAST 1: Integrität und Compliance in der Krise - oder: Warum Wirtschaftsethik gerade jetzt gebraucht wird 14 Food for Thought: Compliance & Risikomanagement in der Krise: Die Krise als Verstärker und Beschleuniger 18 Interview: Integrität und Compliance in der Krise: 5 Fragen an Dr. Wolfgang Bartels 21 WEBCAST 2: Agilität und Nachhaltigkeit – Zwei Megatrends in der Krise 22 WEBCAST 3: Unternehmensverantwortung und CSR in der Krise – Wohin geht die Reise? 23 Food for Thought: Unternehmensverantwortung und CSR in der Krise – wohin geht die Reise? 28 Interviewreihe: 5 Fragen an... 29 WEBCAST 4: Der Covid-19-Impfstoff: Globale Verteilungskriterien auf dem ethischen Prüfstand. Wirtschafts- und Medizinethik im Dialog 32 WEBCAST 5: Social Compliance and Human Rights – Menschenrechte als unternehmerische Sorgfaltspflicht 35 Statement: Unternehmerische Sorgfaltspflicht in der globalisierten Wirtschaft DNWE MAGAZIN 1|21 3
INHALT 01| 21 VERANSTALTUNGEN 41 Vierter CSR-Kommunikationskongress nimmt Gestalt an 42 Übersicht Veranstaltungen AUSSCHREIBUNGEN 45 Übersicht Ausschreibungen FORUM WIRTSCHAFTSETHIK 48 Rezension zu Ulrich Hemel: Kritik der Digitalen Vernunft; von Prof. Dr. Dr. h.c. Klaus Leisinger 51 Rezension zu Erhard Meyer-Galow: Business Ethik 3.0. Die neue integrale Ethik aus der Sicht eines CEOs; von Henning Weyerstraß. 53 Rezension zu Klaus M. Leisinger: Integrität im geschäftlichen Handeln; von Prof. Dr. Josef Wieland 55 Integrität und Compliance: Hemmschuh oder Erfolgsgarant?; Interview mit Prof. Dr. Stephan Grüninger 60 Twitter & Trump – die Geister, die ich rief?; von Dr. Birgit Spiesshofer 62 Ernstfall Integrität – Wieviel Wert haben Werte?; von Marcus Ketschau 68 Partner des DNWE 68 Impressum ! Hier gelangen Sie zur 1. Ausgabe des Vereinsmagazins, das im September 2020 erschien. DNWE MAGAZIN 1|21 4
AUS DEM NETZWERK Das Regionalforum Frankfurt/Rhein-Main steht als kompetenter Ansprechpartner für Nachhaltig- keit und unternehmensethische Fragestellungen Experten- und Unternehmensgruppen zur Verfü- gung. Derzeit befindet es sich in Gesprächen mit Spon- soren und Kooperationspartnern, um den the- matischen Neuaufbau und finanziellen Unterbau des Forums zu ermöglichen. Künftig wird das Fo- rum Seminare, Projekte und Veranstaltungen mit Schwerpunktthemen, u.a. im Bereich Digitalisie- rung und Nachhaltigkeit, Green Finance, Nachhal- tige Chemie- und Pharma, Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE) und Frauenförderung in der Nachhaltigkeit anbieten. Unsere Kooperations- INFORMATION DER GESCHÄFTSSTELLE partner und Mitglieder haben sich für ein starkes Engagement ausgesprochen. Regionalforum Das Regionalforum Frankfurt/Rhein-Main freut Frankfurt/Rhein- sich über Ihre Impulse, Beiträge und Ideen! Bei Projekt-, Kooperations- und Sponsorenanfragen Main wenden Sie sich bitte an frankfurt@dnwe.de. An dieser Stelle danken wir Herrn Dr. Jochen Wei- mar für sein langjähriges ehrenamtliches Engage- ment als Regionalgruppenleiter dieser Regional- Das Regionalforum Frankfurt/Rhein-Main hat eine gruppe. neue Regionalgruppenleiterin: Wir freuen uns sehr, dass Katharina Knoll – Mitglied des DNWE- Eine Übersicht über die aktuellen Regionalforen Vorstands – diese Position übernimmt. des DNWE sowie die jeweiligen Ansprechpartner_ innen finden Sie hier. Die Versammlung war mit 64 vertretenen Stimmen Virtuelle Mitglieder- stimmfähig – die Vorstandschaft wurde entlastet. Im Zuge der Versammlung informierten Mitglie- versammlung der der Vorstandschaft sowie der Geschäftsstelle über das Wirken des DNWE im Berichtsjahr 2019 sowie im vergangenen Jahr 2020. Den Jahresbericht 2019 können Sie hier einsehen, Am 17. Dezember 2020 fand die 28. ordentliche außerdem finden Sie hier den Foliensatz zum vor- Mitgliederversammlung des DNWE im Anschluss gestellten Tätigkeitsbericht des Vorstands sowie an die Abschlussveranstaltung unserer virtuellen der Geschäftsstelle. Veranstaltungsreihe statt. Pandemiebedingt wurde die Versammlung das erste Mal in der Geschichte des Vereins virtuell abgehalten. DNWE MAGAZIN 1|21 5
AUS DEM VORSTAND Neuer SDSN- Lenkungsausschuss gewählt Das Sustainable Development Solutions Network hat am 23.11.2020 im Zuge der 7. Deutschen SDSN-Versammlung einen neuen Lenkungsaus- schuss gewählt. Ganz herzlich dürfen wir hierbei unser Vorstands- mitglied Prof. Dr. Joachim Fetzer für seine Wieder- wahl beglückwünschen! Vorstandswahl 2021 Gemäß der Satzung des DNWE endet die Amts- zeit der amtierenden 9-köpfigen Vorstandschaft in diesem Jahr, sodass in der diesjährigen Mitglie- derversammlung Neuwahlen anstehen. Die Amtszeit in diesem ehrenamtlichen Gremium dauert drei Jahre. Pandemiebedingt findet die Arbeit im Vorstandsgremium derzeit rein virtuell statt – mit regelmäßigen Sitzungen im 2-Monats- turnus. Haben Sie Interesse, Verantwortung in unserem Netzwerk zu übernehmen und dieses gemein- sam mit unserer Geschäftsstelle weiterzuentwi- ckeln? Wir freuen uns auf Ihre Initiative! Melden Sie sich gerne jederzeit für weitere Infor- mationen bei unserer Geschäftsstelle oder kon- taktieren Mitglieder der amtierenden Vorstand- schaft direkt. Von links: Herr Prof. Dr. Stephan Grüninger, Herr Prof. Dr. Joachim Fetzer, Herr Bernhard Schwager, Herr Prof. Dr. Nick Lin-Hi, Frau Katharina Knoll, Herr Dr. Stefan Otremba, Herr Dr. Matthias Herfeld (fehlend: Herr Otto Geiß, Frau Monika Rühl) DNWE MAGAZIN 1|21 6
AUS DEM VORSTAND INTERVIEW Interview mit Vorstandsmitglied Dr. Stefan Otremba Dr. Stefan Otremba Dr. Stefan Otremba ist Mitglied im Vorstand des Governance-Systeme in Unternehmen und Be- DNWE, sowie Partner bei der KPMG AG Wirtschafts- hörden effektiv zu etablieren, Vorständen und prüfungsgesellschaft. Er leitet dort den Geschäftsbe- Mitarbeitern Orientierung in Dilemmasituationen reich Corporate Risk Management und ist zusätzlich zu geben und bei alledem zu erreichen, dass ethi- Regionalleiter für die Risk & Compliance Beratungs- sche Prinzipien nicht in Konkurrenz zu ökonomi- und Prüfungsleistungen der KPMG AG in den Regio- schen Kenngrößen stehen, sondern als Grundbe- nen Nord und Ost. Als Autor diverser Publikationen dingung nachhaltigen Wirtschaftens angesehen im Bereich Governance, Risikomanagement & Com- werden. pliance sowie zum Themenbereich Wirtschaftsethik, gilt Herrn Dr. Otrembas Hauptinteresse stets der in- Wie wirkt sich die aktuelle Pandemie auf diese terdisziplinären Verknüpfung von Erkenntnissen aus Fragestellungen aus? Wirtschaft, Recht und Ethik. Die Pandemie aktiviert die Krisenreaktionsmecha- Was verbindet Sie mit dem DNWE? nismen in Unternehmen und lenkt den Blick noch stärker auf betriebswirtschaftliche Kenngrößen Zunächst die Grundüberzeugung, dass Freiheit wie Liquidität und Kapitalerhalt. In dieser Zeit ist mit Verantwortung einhergeht und Wirtschaft in die Wirtschaftsethik besonders gefragt: einer Weise gestaltet werden muss, dass unter- Wie können legitime wirtschaftliche Interessen nehmerisches Erfolgsstreben mit den Interessen mit der medizinisch notwendigen Einschränkung der Allgemeinheit in Einklang gebracht werden individueller Freiheitsrechte in Einklang gebracht kann. Das DNWE bietet eine Plattform, auf der werden? Wie können die wirtschaftlichen Lasten dieses Spannungsfeld diskutiert wird und leistet der Krise fair verteilt werden? Aber auch: Wie damit einen wichtigen Beitrag zum öffentlichen kann es uns gelingen, gestärkt aus der Krise her- Diskurs. Darüber hinaus sind die praktischen vorzugehen und ein „neues Normal“ zu schaffen, Handreichungen, die das DNWE im Dialog mit das Ökonomie und Ökologie in Einklang bringt? Wissenschaft und Praxis entwickelt, und die Fo- Die Wirtschaftsethik kann zur Beantwortung die- ren, die es veranstaltet, relevant, hochwertig und ser Fragen einen Beitrag leisten und sollte das of- beispielhaft. Beides zusammen verbindet mich fensiv tun. mit dieser im deutschen Sprachraum beispiello- sen Institution. Was wünschen Sie sich vom und für das DNWE? Welche wirtschaftsethischen Fragestellun- gen liegen Ihnen besonders am Herzen? Ich wünsche mir, dass sich noch mehr Mitglieder aktiv in unsere Debatten einbringen. Als Vorstand Wir müssen die Wirtschaftsethik aus den wissen- sind wir offen für Ideen und binden Interessierte schaftlichen Diskursen in die praktische Anwen- gerne ein, z.B. durch unsere Regionalforen. Daher dung bringen – dort, wo alltäglich Entscheidungen verbinde ich meine Antwort gerne mit einem Ap- mit moralischer Relevanz getroffen werden. pell: Kommen Sie auf uns zu, bringen Sie sich ein Als Praktiker geht es mir also vor allem darum, und gestalten Sie die vielfältigen Debatten mit. die philosophischen Konzepte mittels geeigneter Wir freuen uns auf Sie! DNWE MAGAZIN 1|21 7
AKTUELLE MELDUNGEN der Nachhaltigkeitspräferenzen von Kund_innen Leifaden zur in der Anlageberatung verpflichtend werden. Abfrage der Das DNWE hat im Rahmen einer gemeinsamen Arbeitsgruppe mit dem Forum Nachhaltige Geld- Nachhaltigkeits- anlagen einen Leitfaden zur Abfrage der Nach- haltigkeitspräferenzen entwickelt, der Finanzbe- präferenz (MiFID-II) rater_innen helfen soll die Nachhaltigkeitsziele der Kund_innen einzuordnen. Dieser wurde am 30.11.2020 im Rahmen eine Videokonferenz ver- veröffentlicht öffentlicht, die Sie sich hier als Aufzeichnung an- sehen können. Finden Sie hier den Leitfaden, das Begleitdoku- ment sowie eine entsprechende Pressemitteilung. Mit der Änderung der MiFID-II Richtlinie im Rah- men der Umsetzung des EU-Aktionsplans Finan- zierung Nachhaltigen Wachstums soll die Abfrage am Ende ihrer Amtszeit stehen – wird als Online- Neues aus Veranstaltung am 21.05.2021 organisiert. unserem EBEN- Die Research Conference soll nach Möglichkeit als physische Veranstaltung, wie ursprünglich ge- Dachverband plant, in St. Petersburg stattfinden – nach jetzigem Stand im Herbst. Die überarbeitete EBEN-Homepage gibt einen Überblick über anstehende Veranstaltungen, etwa Der europäische Dachverband des DNWE – das einen Doktoranden-Workshop am 21.05.2021, European Business Ethics Network (EBEN) – wen- sowie virtuelle Veranstaltungen zu den Themen det sich mit erfreulichen Worten an seine Mitglie- „Self-regulation of Market Ethics“, „Shared Re- der_innen. sponsibilities for a New Social Contract“ und „Re- sponsibility and inclusion revisited in the Organi- Die im Jahr 2020 noch abgesagten Veranstaltun- zation of Sport“. gen (Annual Conference und Research Confe- rence) sollen in diesem Jahr nachgeholt werden. Nähere Informationen finden Sie unter Veranstal- tungen. Eine Annual Assembly – also Generalversamm- lung, u.a. mit Wahl dreier ExCom-Mitglieder, die DNWE MAGAZIN 1|21 8
AKTUELLE MELDUNGEN zins „Forum Wirtschaftsethik“ entdecken und Aus- Kontinuierliche gaben ab 2004 direkt digital einsehen. Überarbeitung der Zur Weiterentwicklung unserer Website sind wir über jedes Feedback dankbar. DNWE Homepage Wir freuen uns, Ihnen auch dieses Mal neugestal- tete Unterseiten auf der Homepage des DNWE präsentieren zu können. Besuchen Sie beispielsweise die Seite zum Schü- lerwettbewerb oder informieren Sie sich über den aktuellen Stand der Arbeit des DNWE auf der Seite Aktuelle Meldungen. Ebenso können Sie auch im Archiv der Hefte und Jahresschriften ältere Ausgaben des Printmaga- schen Gesellschaft für Internationale Zusammen- DNWE-Preisträger arbeit (GIZ) und erhält dadurch einen umfangrei- chen Schulungsauftrag zum Thema Nachhaltigkeit „Vereinigung in der Textil und Bekleidungsbranche. MaxTex“ erhält MaxTex möchte damit noch stärker auf die vielfäl- tigen Herausforderungen der Textilbranche ein- umfangreichen gehen und reagieren können. Bereits seit 2018 bietet die Vereinigung für Mit- Schulungsauftrag gliedsunternehmen und auch externe Teilneh- mer eine Reihe von Seminaren und Workshops der GIZ an. Mit der Gründung der „MaxTex Academy for Sustainable Textiles“ will die Vereinigung diese er- weitern und verstärken. Sobald die ersten Veran- staltungen terminiert werden, informieren wir Sie Die 2019 mit dem DNWE-Preis für Unterneh- gerne über unseren Veranstaltungskalender auf mensethik ausgezeichnete Vereinigung MaxTex der Homepage. gewinnt die öffentliche Ausschreibung der Deut- DNWE MAGAZIN 1|21 9
AKTUELLE MELDUNGEN ZfW veröffentlicht Studienergebnisse 56% der befragten Führungsverantwortlichen großer Unternehmen erwarten von ihrem Arbeit- geber, dass er sich stärker als bisher für Integri- tät, Transparenz und Fairness im Wettbewerb ein- setzt. Ein ethisch einwandfreies Geschäftsgebaren ist demnach für die Arbeitgeberbindung wichtiger als ein an Nachhaltigkeit oder Klimaschutz ausge- richteter „Purpose“. Zu diesem Ergebnis kommt eine Führungskräfte- befragung der Agentur A&B One aus dem Novem- ber 2020, die in Kooperation mit dem Zentrum für Wirtschaftsethik (ZfW) mehr als 300 Führungs- kräfte aller Ebenen zum Thema Compliance-Kom- munikation befragt hat. Die Studienergebnisse können Sie hier einsehen. DNWE MAGAZIN 1|21 10
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 Lesen Sie hier die Nachberichte der fünf erfolg- Webcasts im rein virtuellen Format statt und er- reichen Webcasts, die im Zuge der virtuellen Ver- freuten sich alle einer breiten Publikumszahl. anstaltungsreihe zum Thema „Wirtschafts- und Unternehmensethik zwischen Nachhaltigkeit und Wir freuen uns das gelernte Know-How in Zu- Krisenmanagement“ von Oktober bis Dezember kunft auch für andere online Veranstaltungen ein- 2020 stattfanden. bringen zu können – zum Beispiel für regionale DNWE-Salons oder themenspezifische Veranstal- Während die Auftaktveranstaltung als semi-vir- tungen von Mitglieder_innen, die wir in diesem tuelles Event aufgegleist war, fanden die weiteren Punkt sehr gerne unterstützen. WEBCAST 1 Integrität und Compliance in der Krise – oder: Warum Wirtschaftsethik gerade jetzt gebraucht wird Die Auftaktveranstaltung „Integrität und Compli- nikationsdesign unmittelbar am Seerhein boten ance in der Krise – oder: Warum Wirtschaftsethik dem Veranstaltungsformat die notwendige tech- gerade jetzt gebraucht wird“ der diesjährigen Ver- nische Ausstattung sowie die richtige Kulisse für anstaltungsreihe zur Jahrestagung des DNWE, eine Corona-konforme Veranstaltung. wurde erstmals – den gegebenen Umständen entsprechend – semi-virtuell ausgerichtet. Ge- Diese eröffnete Prof. Dr. Stephan Grüninger in treu dem Motto: Den Wandel in die Virtualität als seiner Funktion als Vorstandvorsitzender des Chance zu begreifen, konnte neben hochkarä- DNWE und Hochschulprofessor. Er verwies ge- tigen Speaker_innen ein breites Teilnehmerfeld zielt auf die Anpassungen, welche das DNWE von bis zu 200 Zuschauer_innen erreicht werden. aufgrund der Pandemie ergreifen musste und Ein besonderer Dank gebührt im Vorfeld unserem erläuterte den Teilnehmenden, dass vor allem Veranstaltungspartner, der Hochschule Konstanz. auch wirtschafts- und unternehmensethische Dis- kurse immens von der aktuellen Situation beein- Die Räumlichkeiten des Fachbereichs Kommu- flusst würden. Andere Krisen oder allgemein ge- DNWE MAGAZIN 1|21 11
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 sprochen das Themenfeld Nachhaltigkeit, sollten Integrität der Daimler AG. Neben den facetten- jedoch nicht außer Acht gelassen werden dürfen reichen Tätigkeitsbereichen, welche Frau Jungo und sind nach wie vor von Relevanz. Nach einer Brüngger als Vorständin der Daimler AG zu ver- Einführung zur virtuellen Veranstaltungsreihe antworten hat – neben Compliance-Organisation und kurzer Darstellung der weiteren Redebeiträ- auch eine integre Unternehmenskultur, Nachhal- ge, übergab Prof. Grüninger das Wort an die neu tigkeit, CSR sowie die Revision – diskutierten die ins Amt berufene HTWG-Präsidentin Prof. Dr. Sa- beiden Experten über die Entwicklung der Com- bine Rein. In Ihrer kurzen Grußbotschaft sprach pliance. Diese begleitete Frau Jungo Brüngger von die frischgebackene Präsidentin die Bedeutsam- Beginn an. Im Jahr 2011 trat Sie als Leiterin des keit von ethischem Handeln von Politik und Wirt- Bereichs Legal in die Daimler AG ein. Zeitgleich schaft an, um Vertrauen der Gesellschaft in diese befand sich diese mitten in einem Compliance- zu schaffen und zurückzugewinnen. Monitorship. Im Gespräch erläuterte Frau Jungo Brüngger, wie die Compliance sich weit über die Im Anschluss führte Prof. Grüninger einen span- Korruptionsprävention hinaus entwickelte und nenden Dialog zu Integrität und Compliance mit aus Ihrer Sicht ins Rollen kam. Renata Jungo Brüngger, Vorständin für Recht & Hier gelangen Sie zur Aufzeichnung des Dialoggesprächs zwischen Prof. Dr. Stephan Grüninger und Renata Jungo Brüngger. Folglich wurden die zukunftsweisenden Themen Stephan Grüninger erörterten gemeinsam die (Stichwort: adaptive Compliance) sowie die auf- Differenz zwischen Qualitätsmangel und inter- kommenden Schwierigkeiten, denen sich ein Un- nationalem Betrug. Zudem nahm die Vorständin ternehmen wie die Daimler AG durch die vorherr- der Daimler AG Stellung zur in den USA getätig- schende ex nunc ex tunc Betrachtung zu stellen ten Vergleichszahlungen. Abschließend legte Frau hat, diskutiert. Eine weitere richtungsweisende Jungo Brüngger dar, wie Mitarbeiter_innen und Thematik stellt für die beiden Diskutanten auch Führungskräfte in der Daimler AG dazu befähigt das sich in den Startlöchern befindende Sorgfalts- werden ausgewogene Entscheidungen – und zwar pflichtengesetz. in allen Bereichen einer Organisation – zu treffen und ging auf Prof. Dr. Stephan Grüningers Frage Nicht zu kurz kam im Gespräch die Dieselthe- ein, wie Ethical Awareness im Unternehmen ver- matik und deren Implikationen für die Automo- mittelt wird. bilindustrie. Frau Jungo Brüngger und Prof. Dr. DNWE MAGAZIN 1|21 12
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 Auf das Interview folgte ein gewohnt redege- Schmitt–Leonardy, seit Oktober 2020 Professorin wandter und inhaltsreicher Beitrag von Dr. Stefan für Strafrecht, Strafprozessrecht und interdiszi- Otremba, DNWE Vorstand & Partner sowie Head plinäre Rechtsforschung an der Universität Bie- of Risk Management bei der KPMG AG, zu Com- lefeld und Rainald Thannisch, Referatsleiter für pliance und Risikomanagement in der Krise. Die Mitbestimmung, Corporate Governance und CSR verschriftlichte Form des Redebeitrags zum Nach- beim Deutschen Gewerkschaftsbund (DGB) die lesen finden Sie nachfolgend. Frage, ob es zur Integritätsförderung in der Wirt- schaft den Gesetzgeber benötigt. Moderiert wur- Anschließend diskutierte Dr. Wolfgang Bartels, de die Paneldiskussion von Prof. Grüninger und der neue Chief Compliance Officer der Daimler Dr. Otremba. Untenstehend gelangen Sie zur Auf- AG, der ebenfalls aus Stuttgart an den Bodensee zeichnung der Paneldiskussion. gereist war, gemeinsam mit den digital zugeschal- teten Panelist_innen: Stefanie Reichel, Mitglied Wir bedanken uns recht herzlich bei allen Beteilig- der Geschäftsleitung sowie Chief Legal & Compli- ten sowie den Teilnehmenden für diese gelunge- ance Officer der Vodafone GmbH und Vorsitzen- ne Auftaktveranstaltung. de des DICO-Verwaltungsrats, Prof. Dr. Charlotte Hier gelangen Sie zur Aufzeichnung der Podiumsdiskussion. DNWE MAGAZIN 1|21 13
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 FOOD FOR THOUGHT ZUM WEBCAST 1 Compliance & Risikomanagement in der Krise: Die Krise als Verstärker und Beschleuniger Dr. Stefan Otremba; Bild: © Martin Joppen “Food for Thought” im Rahmen der semi-virtuellen Fragen in drei Schritten zuwenden. Zunächst wer- Auftaktveranstaltung der DNWE-Jahrestagung 2020 de ich Ihnen aufzeigen, was ich annehme, wenn zum Thema “Integrität und Compliance in der Krise – ich von einer sogenannten “Krise” spreche. An- oder: Warum Wirtschaftsethik gerade jetzt gebraucht schließend werde ich Ihnen darlegen, welche Aus- wird” wirkungen diese Krise für die Unternehmen hat, um abschließend den Versuch zu unternehmen, Es stellt sich mir die Frage, wie Compliance und einen Ausblick zu wagen, was die Corporate Go- Risikomanagement – die zwei tragenden Säulen vernance Funktionen im Allgemeinen und Com- der regulatorischen Corporate Governance – in pliance und Risikomanagement im Besonderen der aktuellen Situation gefordert, wie sie durch tun müssen, um diesen Herausforderungen zu diese beeinflusst sind und wie sie dazu beitragen begegnen. können, diese Situation, nennen wir sie Krise, zu bewältigen. Im Folgenden werde ich mich diesen DNWE MAGAZIN 1|21 14
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 Was verstehe ich unter „Krise“? hinsichtlich notwendiger Maßnahmen zur Bewäl- tigung der unterschiedlichen Krisen einerseits Die Psychologie definiert eine Krise als einen und unserem tatsächliche Verhalten andererseits durch ein überraschendes Ereignis oder akutes – soziologisch formuliert: eine kollektive kognitive Geschehen hervorgerufenen schmerzhaften see- Dissonanz – die unsere Gesellschaft im Jahr 2020 lischen Zustand, der entsteht, wenn sich eine Per- prägt – und ich denke, besonders deutlich wird son Hindernissen bei der Alltagsbewältigung ge- dies an unserem Umgang mit Flüchtlingen, an genübersieht und diese nicht mit den gewohnten unserem Umgang mit dem Klima, und es wäre ein Problemlösungsmethoden bewältigen kann. leichtes weitere Beispiele hierfür zu finden. Übertragen auf unsere Gesellschaft werden Sie Mit anderen Worten: Wenn ich von den Auswir- unweigerlich an COVID-19 denken, die pandemi- kungen der “Krise” auf die Corporate Governance sche Krise, die unsere Gesellschaft seit Monaten spreche, dann meine ich dieses multiple Krisenge- in Atem hält. Das ist nicht falsch – aber auch nicht schehen und unsere verbale Aufgeschlossenheit ganz richtig. Es ist nicht COVID-19 alleine, welche bei gleichzeitiger Verhaltensstarre, die unsere Ge- die Omnipräsenz des Begriffes “Krise” erklärt. sellschaft an sich und die Unternehmen als wichti- Vielmehr handelt es sich um ein multiples Krisen- ge gesellschaftliche Akteure herausfordern. geschehen, das erst durch das wechselseitige Zu- sammenwirken einer Reihe krisenähnlicher Ent- wicklungen seine volle Wirkung entfaltet: Erst das Welche Auswirkungen hat die Gemengelage kombinierte Auftreten der durch die Pandemie für Unternehmen und deren Governance? ausgelösten und noch nicht bewältigten Krisen, beispielsweise der noch nicht einmal im Ansatz Auf einer gesamtgesellschaftlichen Ebene beob- bewältigten Klimakrise, der ebenfalls noch nicht achte ich eine deutlich gewachsene Bedeutung gelösten sogenannten Flüchtlingskrise, sowie des Staates – und zwar in zweierlei Hinsicht: durch die jüngsten Skandale in einzelnen Wirt- schaftsunternehmen und deren Aufsichtsbehör- Zum einen als normgebenden Akteur bei der Be- den ausgelösten Vertrauenskrise in ökonomische wältigung des multiplen Krisengeschehens und und staatliche Institutionen. Diese Krisen führen als Orientierungsstifter in unsicheren Zeiten. Mit zu einem Zustand, den viele als Verlust der Kon- anderen Worten: Die Komplexität unserer Welt trolle, als Verlust der Perspektive und schließlich im Jahr 2020 führt zu einem Mehr an institutionel- als Überforderung empfinden und die durch ei- ler Gestaltung. Zum zweiten verstärkt der Staat nen versäumten Strukturwandel in ganzen Bran- seine Rolle als wirtschaftlicher Akteur, indem er chen und Regionen ausgelöste tiefergehende durch arbeitsmarktpolitische Maßnahmen (Kurz- ökonomische Krise. arbeitergeld), durch wirtschafts- und geldpoliti- sche Maßnahmen über die Zentralbanken (“defi- Hinzu kommt ein weiterer wichtiger Punkt: Es cit spending”) die konjunkturellen Auswirkungen sind nicht die soeben beschriebenen Krisen und abzufedern versucht – mit allen fiskalpolitischen deren Symptome allein, die uns umtreiben. Es ist Konsequenzen für die kommenden Jahre und die Dissonanz zwischen unseren Überzeugungen Jahrzehnte. Hier gelangen Sie zur Videoaufzeichnung des Food for Thought. DNWE MAGAZIN 1|21 15
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 Auf der Ebene des einzelnen Unternehmens be- al Credit System”. obachte ich – je nach Branchenzugehörigkeit und Geschäftsmodell – vier Entwicklungen: Jedoch gilt es hier nicht allein die regulatorischen Vorgaben zu nennen. Auch und vor allem die Zum einen zum Teil heftige Umsatz- und Gewinn- durch eine Vielzahl und Vielfalt an Stakeholdern einbrüche, insbesondere als Folge von COVID-19, geprägten Anforderungen an Unternehmen set- aber auch bedingt durch eine Beschleunigung des zen die Corporate Governance von Unternehmen Strukturwandels in zahlreichen Branchen. Folg- unter Druck. Nie zuvor war die Straße so laut in lich deutlich erhöhten Kostendruck, insbesondere der Artikulation ihrer Ambitionen, so vielschich- durch eine Eintrübung der Wirtschaftslage, aber tig, in der Benennung ihrer Forderungen und so auch durch notwendige Investitionen in die För- mächtig, in der Beeinflussung der politischen und derung künftiger Wertschöpfungspotenziale – von wirtschaftlichen Agenda! Ich bin der festen Über- der Digitalisierung über notwendige Strukturmaß- zeugung, dass die anstehende Bundestagswahl nahmen bis hin zur Nachhaltigkeit. Des Weiteren ganz wesentlich von der Klimadebatte geprägt ein Mehr an Anforderungen durch eine Vielzahl sein wird. Risikomanagement und Compliance an Stakeholdern, hier vor allem in den Umwelt-, werden in dieser Debatte gebraucht. Neben der Sozial-, Arbeitnehmer und Governance-Themen Funktion des aufmerksamen Beobachters, auch und abschließend eine sich immer weiter ver- als Berater und nicht zuletzt als Vermittler in ei- schärfende Orientierungslosigkeit zahlreicher Un- nem zunehmend lebhaften Diskurs, der durch ternehmen beim Finden einer Balance zwischen die sozialen Medien verstärkt und nicht allein mit den zahlreichen sich teils widersprechenden Ent- Pressemitteilungen geführt wird. wicklungen und beim Umgang mit dem eingangs beschriebenen multiplen Krisengeschehen. Eng damit verknüpft ist die Rolle von Risikoma- nagement und Compliance als Schutzfunktion im und für das Unternehmen. Ich bin der Ansicht, Was heißt das nun für die Corporate Gover- dass staatliche Institutionen ihre Möglichkeiten nance von Unternehmen? zur Durchsetzung geltenden Rechts künftig stär- ker ausschöpfen werden – um leere Kassen infol- Zweifelsohne werden die normativen Anforde- ge so mancher Staatsintervention wieder zu fül- rungen an Unternehmen weiter zunehmen und len, aber auch, um auf offensichtlich gewordene mit ihnen die Bedeutung von Compliance und Defizite in der Führung und Überwachung von Risikomanagement als Gatekeeper einer wirksa- Unternehmen zu reagieren. Risikomanagement men Corporate Governance. Mit dem Sorgfalts- und Compliance sollten diese finanziellen, recht- pflichtengesetz (“Lieferkettengesetz”) steht ein lichen und Reputationsrisiken abschätzen, ihre Ri- neues Gesetz vor der Tür – als Folge eines völlig sikoinventare vervollständigen, ihre Risikouniver- unzureichenden Ergebnisses aus einer Bestands- sen neu kalibrieren und Prioritäten überdenken. aufnahme zum Umgang mit menschenrechtli- chen Sorgfaltspflichten in der Praxis im Rahmen Das Ganze erfolgt vor dem Hintergrund eines zu- des NAP. Neben diesem erwartet uns das Ver- nehmenden Kosten- und Wettbewerbsdrucks für bandssanktionengesetz und mit ihm die erstma- nahezu alle Unternehmen. Aus meinen Gesprä- lige Einführung eines Unternehmensstrafrecht im chen mit zahlreichen Vorständen und Aufsichts- deutschen Raum. Glücklich schätzen kann man räten kenne ich den Eindruck, dass die CG-Debat- sich zudem über die EU-Hinweisgeberrichtlinie, te der vergangenen Jahre zwar zu teils riesigen die im kommenden Jahr in deutsches Recht um- Bereichen geführt hat, ein unmittelbarer Mehr- gesetzt wird. Mit ihr wird der Schutz von “Whistle- wert für die Entscheidungsträger im Unterneh- blowern” in Unternehmen deutlich gestärkt. Auch men aber nicht erkennbar ist. Riskmanagement im internationalen Kontext sehen sich Unterneh- und Compliance werden künftig noch stärker in men mit einer zunehmend volatilen Geopolitik Entscheidungsfindungsprozesse eingebunden sowie mit der systematischen Verknüpfung von sein, Lösungen entwickeln und das Management Rechtsverstößen einerseits und deren Zugang zu unterstützen müssen, um als Mehrwertstifter Produktions- und Absatzmärkten andererseits im Unternehmen wahrgenommen zu werden. konfrontiert. In bemerkenswerter Weise auf die Nur dann wird es ihnen gelingen, in den sich ab- Spitze getrieben im chinesischen “Corporate Soci- zeichnenden Einsparrunden in vielen Firmen ver- DNWE MAGAZIN 1|21 16
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 schont zu bleiben und in ihrer umfassenden Rolle zu Ethik, Ökonomik und Recht – die zur Signatur als Beratungs-, Ordnungs- und Schutzfunktion ge- der Corporate Governance in den kommenden schätzt zu werden. Jahren wird und meiner Überzeugung nach über alle anderen Fragen entscheidet. Charles Darwin Und schließlich: Je komplexer Unternehmens- hat einmal gesagt: umfeld und –Umwelt sind, desto bedeutsamer werden die organisationalen Fähigkeiten der „Es ist nicht die schnellste Spezies, die überlebt, Polylingualität und der Transkulturalität für das nicht mal der schlaueste, sondern diejenige, die in diskursive Erkennen der Interessen von internen der Lage ist, sich am besten auf sich verändernde und externen Mitarbeitern, von den Handlungen Umfeldbedingungen anzupassen.“ eines Unternehmens betroffener Personen. Die über ethnische, kulturelle und Generationengren- zen hinweg reichende Anschlussfähigkeit ist eine Was für die natürliche Evolution gilt, das gilt in wesentliche Kompetenz, die in Zukunft immer gewisser Weise auch für Unternehmen. Die CG- stärker beeinflussen wird, inwiefern es dem Ma- Funktionen haben eine wichtige Aufgabe dabei, nagement eines Unternehmens gelingt, die An- Unternehmen auf diesem Weg zu unterstützen. sprüche der Stakeholder zu erkennen und eigene Zweifelsohne werden Sie noch stärker Orientie- Werte und Ziele so zu kommunizieren, dass sie rung stiften müssen, wo regulatorische Vorgaben eine Chance auf Verwirklichung haben. ungenau sind oder fehlen. Sie werden noch stär- ker Sicherheit geben müssen, wo Informationsla- Dass dies nicht allein mithilfe von Richtlinien und gen unvollkommen bleiben und sie werden noch internen Kontrollen erreicht werden kann, dürfte stärker aus ihren jeweiligen Silos herauskommen in den meisten Unternehmen mittlerweile ange- und stattdessen interagieren müssen. Erst die in- kommen sein. Jedoch fehlt es noch viel zu oft an terdisziplinäre Verknüpfung der CG-Funktionen Mechanismen der Partizipation und der systema- auf allen Verteidigungslinien wird das volle Po- tischen Rückkopplung, kurzum: an einer von mo- tenzial eines resilienten Unternehmens entfalten ralischen Anreizstrukturen getragenen und durch können. Vor allem aber werden sie daran mitwir- Integrität geprägten offenen Kommunikations- ken müssen, jenseits aller Regeln und Kontrollen und Kooperationskultur. Es ist diese spezifische den Werte-Kompass der Mitarbeitenden zu stär- diskursive, kognitive und empathische Kompe- ken und damit der Integrität in Unternehmen zur tenz – getragen von einem profunden Verständnis Geltung zu verhelfen. Der Autor Dr. Stefan Otremba Als Partner der KPMG AG und Head of Corporate Risk Management verantwortet Herr Otremba die deutschlandweiten Beratungs- und Prüfungsaktivitäten im The- menfeld Risikomanagement für den Nichtfinanzsektor. Darüber hinaus fungiert Herr Dr. Otremba als Regionalleiter für die Risk & Compliance Beratungs- und Prü- fungsleistungen der KPMG AG in den Regionen Nord und Ost. Zuvor war er u.a. als Group Chief Compliance & Risk Officer eines Company Builders in der FinTech- Branche sowie Konzern-Geldwäschebeauftragter eines DAX-Konzerns. Stefan Otremba hat Wirtschaftswissenschaften sowie Moralphilosophie studiert und über Governance, Risk & Compliance promoviert. Neben seiner beruflichen Tä- tigkeit ist Dr. Otremba Vorstandsmitglied des Deutschen Netzwerk Wirtschaftsethik sowie Autor zahlreicher Publikationen über Corporate Governance, Risikomanage- ment, Compliance und Wirtschaftsethik. DNWE MAGAZIN 1|21 17
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 INTERVIEW ZUM WEBCAST 1 Integrität und Compliance in der Krise: 5 Fragen an Dr. Wolfgang Bartels Dr. Wolfgang Bartels; Bild: privat Herr Dr. Bartels, Sie sind seit Juli diesen Jah- neue Dinge lernen, inzwischen haben wir auch res Chief Compliance Officer der Daimler AG für die aktuelle Ausnahmesituation angemesse- und waren zuvor bereits in verschiedenen ne Instrumente und Arbeitsweisen gefunden und Positionen der Rechtsabteilung tätig. Wenn etabliert. Sie auf die vergangenen Wochen und Mo- Eines war aber von Anfang an klar: Compliance ist nate zurückblicken: Was hat sich geändert für uns unverzichtbar – auch in einer Pandemie. beim Compliance- und Risikomanagement in diesen Zeiten der Pandemie? “Integrität in der Wirtschaft – braucht es Dr. Wolfgang Bartels: Wir mussten den Status quo dazu den Gesetzgeber?” Zugegeben, eine unserer tagtäglichen Arbeitsroutinen und – Pro- zesse hinterfragen: Wie reagieren wir als Compli- sehr weit gefasste Frage. Bezogen auf ein ance-Einheit darauf, wenn ein “normales Arbei- mögliches Verbandssanktionengesetz oder ten” kaum noch möglich oder stark eingeschränkt auch ein mögliches Sorgfaltspflichtenge- ist? Da mussten wir manches umorganisieren und setz, aber vielleicht doch etwas konkreter: DNWE MAGAZIN 1|21 18
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 Wie ist denn ihr praktischer Blick zu diesem rem Arbeitsalltag umsetzen können. Thema? Ein weiterer wichtiger Punkt ist die sogenannte Es kann durchaus helfen, wenn der Gesetzgeber “Speak Up-Kultur”. Das heißt für mich, dass wir einen rechtlichen Rahmen vorgibt. Nehmen wir auch kritische Themen offen ansprechen und die aktuelle Gesetzesinitiative zum Thema Liefer- schwierige Entscheidungen bewusst treffen. Spe- ketten als Beispiel: In einem globalen Unterneh- ak-Up bedeutet dabei nicht nur, dass ich mit mei- men wie Daimler ist es durchaus üblich, dass die nem Vorgesetzten über offene Fragen oder Prob- Lieferkette – bezogen auf den Aspekt der Men- leme reden kann. Wir haben dafür auch weitere schenrechte – bis zu sieben oder acht Stufen um- Anlaufstellen, wie beispielsweise unser Hinweis- fasst. Wir sind national und international tätig und gebersystem Business Practices Office (BPO). finden dort unterschiedliche gesetzliche Rahmen- bedingungen vor. Wonach bedarf es nun im Besonderen, dass Es handelt sich also um ein hochkomplexes Sys- die Compliance-Abteilung im Unternehmen tem. Ein mögliches Sorgfaltspflichtengesetz kann von Mitarbeiter_innen als “Business Ena- helfen, in der gesamten Lieferkette gleiche ge- bler” – also als Wegbereiter für Geschäfte – setzliche Anforderungen zu haben. Wir erhalten wahrgenommen wird und worin liegen hier- dadurch in einem internationalen Kontext das bei die größten Herausforderungen? gleiche “Level Playing Field” und eine Transparenz über die ganze Lieferkette hinweg. Insofern kön- Wir bemerken, dass die Herausforderungen für nen solche Gesetzesinitiativen dazu führen, dass Compliance größer werden und gleichzeitig der Unternehmen Dinge einfacher umsetzen können. wirtschaftliche Druck steigt. Eine unserer größ- Deswegen stehen wir dem Sorgfaltspflichtenge- ten Herausforderungen dabei ist, sicherzustellen, setz offen gegenüber, wenn die Vorgaben ange- dass wir uns im Unternehmen nicht gegenseitig messen und für uns als Unternehmen auch um- blockieren. setzbar sind. Risiken im Blick zu behalten und zu kontrollieren ist wichtig. Aber das Wirtschaftsleben besteht na- Stichwort Unternehmenskultur: Wie ge- türlich auch darin, bewusste, kalkulierte Risiken hen Sie damit um und welche Maßnahmen einzugehen. Wir wollen als Compliance-Abteilung greifen Ihrer Ansicht nach, um Mitarbei- nachhaltig Geschäfte ermöglichen. Dafür ist es ter_innen darin zu befähigen, gute und aus- wichtig, dass Compliance nicht als Silo agiert, son- gewogene Entscheidungen zu treffen trotz dern dass wir ein Teil des Geschäfts sind und in- jeweiliger Compliance-Kontrollen? Sprich, terdisziplinär mit den Business-Kollegen von An- wie fördern Sie eine entsprechende (ethi- fang an zusammenarbeiten. sche) Unternehmenskultur in Ihrem Unter- nehmen? Zum Abschluss die Frage: Wie sieht Ihre Ar- Compliance muss das Fundament eines Unter- beit in fünf Jahren aus? nehmens sein, sonst kann es nicht dauerhaft erfolgreich wirtschaften. Das heißt: Compliance Ich denke, dass sich unsere Arbeit immer mehr muss tief in der Unternehmenskultur verankert in Richtung eines “Risikomanagers” entwickelt sein. Das ist ein intensiver und kontinuierlicher und die Zahl der verschiedenen Compliance-Fel- Prozess, der sich aber lohnt. Regelmäßige Schu- der, um die wir uns kümmern werden, weiter zu- lungen der Mitarbeiter sind dabei ein ganz wich- nimmt. tiges Instrument. Die Trainings müssen dabei auf die konkreten Aufgaben der Beschäftigten zuge- Nehmen wir Künstliche Intelligenz als Beispiel. schnitten sein, damit sie Compliance auch in ih- Sie bietet enorme Chancen, sowohl für innovative Services im Fahrzeug als auch für die Produktion DNWE MAGAZIN 1|21 19
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 und unsere Arbeitsweise; gleichzeitig bringt die- Das umfasst beispielsweise auch regulatorische ser Trend auch gewisse Risiken mit sich, die iden- Änderungen im Bereich technische Compliance tifiziert und minimiert werden müssen. oder beim Thema Daten. Die Bedeutung von Compliance für den Unternehmenserfolg Wir nennen das adaptive Compliance: Neben den wird also weiter zunehmen. “klassischen” Compliance-Feldern gibt es immer mehr solcher Themen, die wir auf Risiken über- prüfen müssen, um erfolgreich zu bleiben. Dr. Wolfgang Bartels Dr. Wolfgang Bartels ist seit dem 1. Juli 2020 Leiter des Bereichs Compliance bei der Daimler AG und Chief Compliance Officer. Dr. Wolfgang Bartels studierte Rechtswissenschaften an der Eberhard-Karls-Univer- sität Tübingen sowie in Fribourg (Schweiz). 2005 wurde er in Tübingen promoviert. Er trat 2007 nach Stationen in einer internationalen Anwaltskanzlei in die Rechts- abteilung der Daimler AG im Bereich Einkauf und Kooperationen ein. Im Unternehmen hatte er mehrere Leitungspositionen, unter anderem im Bereich “Mergers & Acquisitions” und als Geschäftsführer und Vorstand in verschiedenen Daimler-Tochtergesellschaften. Von 2017 bis 2019 war er Leiter des Bereichs Ver- trieb und After Sales in der Rechtsabteilung der Daimler AG. Vor seiner Ernennung zum Chief Compliance Officer leitete er die Rechtsabteilung der Mercedes-Benz AG. DNWE MAGAZIN 1|21 20
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 WEBCAST 2 Agilität und Nachhaltigkeit – Zwei Megatrends in der Krise Am 28. Oktober fand der zweite Webcast der Ver- menden die Begriffe Agilität und Nachhaltigkeit. anstaltungsreihe statt, in der uns Sebastian Weiß- Zudem untersuchte er die genannten Elemente gerber, DNWE-Mitglied, Ethikkompetenztrainer nach Verbindungen und Synergieeffekten, um zu bei der Sparkassenakademie Bayern und wissen- verdeutlichen, dass die Gestaltung einer nachhal- schaftlicher Mitarbeiter an der Katholischen Uni- tigen Zukunft vor allem über den Begriff der inte- versität Eichstätt-Ingolstadt, durch eine spannen- grierten (sozial-ökologischen) Innovation mit dem de Präsentation zu “Agilität und Nachhaltigkeit Thema Agilität verknüpft sei. – zwei Megatrends in der Krise” führte. Wir danken Herrn Weißgerber sehr, seine Experti- Herr Weißgerber hob hervor, dass Agilität und se in Form diesen 2. Webcasts allen Teilnehmen- Nachhaltigkeit synergetische Schnittstellen be- den zur Verfügung gestellt zu haben und für die sitzen, die sichtbar werden, wenn man die Mak- anschließende Plenumsdiskussion! Den ausführ- roebene der Modewörter (auch Buzzwörter ge- lichen inhaltlichen Nachbericht zur Veranstaltung nannt) verlässt. finden Sie hier. Sein Beitrag dekonstruierte dabei den Teilneh- Hier kommen Sie außerdem zum Folienvortrag. DNWE MAGAZIN 1|21 21
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 WEBCAST 3 Unternehmensverantwortung und CSR in der Krise – Wohin geht die Reise? Im dritten Webcast “Unternehmensverantwor- schaftsethik und Vorstandsmitglied des DNWE, tung und CSR in der Krise – Wohin geht die Rei- mit einem anreicherndem Food for Thought, in- se?“ widmete sich das breit besetzte Panel den dem er sich der Fragestellung widmete, ob sich durch die globale Pandemie neu entstandenen grundlegende Kategorien der Wirtschaftsethik Chancen und Risiken der Wirtschaftsethik. tatsächlich verändern müssten oder ob diese be- reits hinreichend resilient gegenüber Krisen und Angelehnt an die Interviewreihe “5-Fragen an…“, Widerständen seien. Prof. Dr. Fetzers Denkanstö- traten Expert_innen in einen fruchtvollen Diskurs, ße und die verschriftlichte Form des Redebeitrags der ohne die zeitliche Begrenzung des Veranstal- können Sie im Anschluss an diesen Artikel finden. tungsformats noch mehrere Stunden hätte anhal- ten können. Zu Beginn der Veranstaltung begrüß- Anschließend eröffnete Dr. Christian Schilcher, te Monika Rühl, Vorstandsmitglied des DNWE, die Projekt Manager der Bertelsmann Stiftung mit Zuhörer_innen und führte kurz und prägnant in einem Einstiegsimpuls und vielen Fragen an die den Begriff der Unternehmensverantwortung ein. Diskutant_innen – u.a. welche empirische Stu- Ausgehend von einem Stakeholder-Ansatz erläu- dien zur Unternehmensverantwortung dringend terte Frau Rühl die verschiedenen Facetten der und notwendig erscheinen, ob Unternehmen, die Unternehmensverantwortung, differenzierte den bereits vor der Pandemie Verantwortung über- Begriff zur Corporate Social Responsibility und nommen haben, nun resilienter gegenüber der hebte hervor, dass das WIE des Unternehmens- Krise sind und ob Unternehmen seit Ausbruch der handelns ein großer Bestandteil der Unterneh- Pandemie ihre Unternehmensverantwortung neu mensethik sei. überdenken. Anschließend folgte Prof. Dr. Joachim Fetzer, Wis- Unter der Moderation von Ann Sophie Lauterbach senschaftlicher Direktor des Zentrums für Wirt- diskutieren folglich Prof. Dr. Harald J. Bolsinger, DNWE MAGAZIN 1|21 22
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 Professor für Wirtschaftsethik an der Hochschule Jochen Weimer, Geschäftsführer der Reisedienst Würzburg-Schweinfurt, Prof. Dr. Peter Eigen, Mit- Weimer KG sowie die DNWE Vorstandsmitglie- gründer der HUMBOLDT-VIADRINA Governance der Otto Geiß, Monika Rühl und Prof. Dr. Joachim Platform gGmbH sowie Gründer und ehem. Vor- Fetzer. sitzender von Transparency International, Prof. Dr. Annette Kleinfeld, Professorin für Business Wir bedanken uns recht herzlich bei allen Beteilig- and Society an der HTWG Konstanz, Dr. Christoph ten sowie den Teilnehmenden für Ihre Anwesen- Quarch, freischaffender Philosoph und Autor, Dr. heit und eine gelungene Veranstaltung. FOOD FOR THOUGHT ZUM WEBCAST 3 Unternehmensverantwortung und CSR in der Krise – wohin geht die Reise? Prof. Dr. Joachim Fetzer; Bild: privat Verehrte Besucherinnen und Besucher unserer mende Rede für eine verantwortungsvolle Gestal- Jahrestagung, Edition 2020, tung der Globalisierung. Nein – Korruption ist kei- ne kulturelle Besonderheit in manchen Teilen der vor noch nicht ganz einem viertel Jahrhundert bin Welt, sondern überall falsch und überall zu be- ich ins DNWE eingetreten. Annette Kleinfeld war kämpfen, natürlich mit regional unterschiedlichen schon da und Peter Eigen hielt bei der damaligen Voraussetzungen und Mitteln. Andere sagten bei Jahrestagung eine flammende Rede. Eine flam- der gleichen Tagung, dass es doch abenteuerlich DNWE MAGAZIN 1|21 23
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 wäre, wenn eine deutsche Konzernzentrale glo- Aber wie steht es um den Rest? In den schon er- bale Anti-Korruptionsstandards überlegen, verab- wähnten 90ern und frühen Nuller-Jahren wurde schieden oder gar versuchen würde, durchzuset- mal aufgeschrieben, welche Aufgaben Unterneh- zen. Globalisierung als Herausforderung und die men in einer Marktwirtschaft haben – in normati- Gestaltung als die ganz große Herausforderung. ver Hinsicht. Und das waren vier: Heute reden wir von De-Globalisierung und man- 1. geeignete Produkte und Dienstleistungen er- che träumen von einer Regionalisierung der Wert- stellen und anzubieten schöpfungsketten. Die Frage ist also – ob heute al- 2. dieses effizient zu tun les anderes ist? Ob wir heute ganz andere Fragen 3. immer wieder Innovationen in die Gesellschaft stellen müssen? Ganz andere flammende Reden hinein zu tragen und halten? Oder die flammenden Reden gleich ande- 4. die bei all dem entstehenden Risiken selbst zu ren überlassen? Egal was sie sagen? tragen Wie immer in Krisen ist derzeit viel davon die Das waren die vier Kernaufgaben und das Ver- Rede, dass wir Resilienz lernen müssten, die Fä- sprechen der Marktwirtschaft war: Wenn ein paar higkeit an Widerständen nicht zu zerbrechen. Die externe Voraussetzungen gegeben sind und Du Fähigkeit, sich Störungen und Veränderungen an- in diesen vier Disziplinen gut bist, dann sollte sich zupassen, ohne die grundlegenden Eigenschaften das auch rentieren. Die falschen oder schlechte zu verändern. Der Bambus ist elastisch, aber er Produkte, unnötige Ressourcenverbräuche, also strebt wieder in seinen Ausgangszustand. Wenn Ineffizienz, mangelnde Innovation in times that ich den Bambus klein häcksle, dann ist es kein are a changing oder ein fahrlässiger Umgang mit Bambus mehr. Risiken, das wird bestraft. So wäre Unterneh- mensverantwortung in einer Marktwirtschaft. Ich möchte mal mit Ihnen sehen, ob sich grundle- gende Kategorien der Wirtschaftsethik tatsächlich Woran erkennen wir ein normatives Konzept? verändern müssen oder ob sie hinreichend resi- Daran dass es nie ganz mit der Realität überein- lient sind. stimmt. Natürlich gab es immer und gibt es massi- ve Abweichungen. Und zwischen den vier Punkten Dem Briefing der Tagungsleitung folgend, möchte gibt es eingebaute Zielkonflikte – so ist das Leben. ich das in vier Schritten tun: Und ganz sicher ist da mit den Erfahrungen der Pandemiebewältigung manches zu justieren: 1. bzgl. Unternehmensverantwortung und CSR 2. bzgl. der Priorisierung von Nachhaltigkeit • Rächen sich zu spät erfolgte Innovationen, weil 3. bzgl. der grundlegenden Konzeption, wie wir es erst einer Pandemie und eines Shut-Downs wirtschaften und wirtschaften wollen und brauchte, um digitale Prozesse aus den Nischen 4. bzgl. der Aufgabe der Wirtschafts- und Unter- der Technik-Freaks herauszuholen? nehmensethik. • Ist meine Produktpalette geeignet, um auch größere Marktschwankungen abfedern zu kön- nen? 1. Ändert sich in den Zeiten der Pandemie die Bedeutung von Unternehmensverant- Usw. usw. – ganz viel ist hier in der Ausgestaltung wortung und CSR? der Strategien neu zu überprüfen, aber es ist doch kein Anlass, die Kategorien der Unterneh- What to do? Und: How to do it? Für beide Dimen- mensverantwortung neu zu sortieren. Nein – sie sionen gibt es Verantwortung. bewähren sich gerade jetzt. Das “How to do it” hat natürlich mit Fairness und Allerdings sind die vier Verantwortlichkeiten von Regeleinhaltung zu tun. Zur Compliancefunktion Unternehmen natürlich Verantwortlichkeiten in hatten wir einen anderen Webcast. Ich lasse das einer Marktwirtschaft westlicher Prägung. Die Aus- jetzt mal etwas links liegen. setzung relevanter Grundrechte, vornehmlich des Eigentumsrechtes, der freien Berufswahl und der Ausübung des eigenen Gewerbes, ist nicht vorge- DNWE MAGAZIN 1|21 24
DIE DNWE-JAHRESTAGUNG 2020 sehen. Es gibt kein Recht auf Kundschaft, aber es arbeiter in Hamburg geschrieben hat: Aus Anlass gibt auch kein Recht des Staates, die Kundschaft einer Initiative aus der Hauptverwaltung werden draußen zu halten. Und wenn er es doch tut und in Hamburg die Essensgutscheine abgeschafft – damit Verfügungsrechte beschneidet, dann ist aus Gründen der Gleichbehandlung. das so etwas wie eine Enteignung. Enteignung nicht im juristischen Sinne, sondern im ökonomi- Food for Thought: Lassen Sie uns mal wieder nach- schen Sinne, wo Eigentum ja vor allem bedeutet: denken über den Standard unserer Erwartungsge- Verfügen zu können, Verfügungsrechte zu haben. wohnheiten untereinander, aber auch den Unterneh- men und dem Staat gegenüber. Enteignung ist möglich, aber erfordert Entschä- digung. Insofern sind manche der sogenann- ten “Hilfen” in der normativen Perspektive ein- 2. Ändert sich die Priorisierung von Nach- fach nur die Entschädigung für staatlich verfügte haltigkeit? Schließungen – natürlich nur, wenn sie für alle betroffenen Unternehmen offen stehen. Für alle Ob sich die Priorisierung von Nachhaltigkeit än- Juristen, in denen der Widerspruch schon hoch- dert und ändern darf? Ich weiß, dass viele Sorgen kocht: Ja ich weiß, dass juristisch derzeit es keine haben, dass insbesondere die Klimaschutzan- “Entschädigungen” für Betriebsschließungen und strengungen unter den aktuellen Bedingungen -einschränkungen gibt, weil das eben unter der zurückgestellt werden könnten. Wenn das der Fall Ägide des Infektionsschutzgesetzes nicht vorgese- wäre, dann frage ich mich, welchen Stellenwert hen ist. Aber daher wird es ja auch strittig werden, diese eigentlich hatten. Waren sie ein Hype in der ob das Infektionsschutzgesetz wirklich geeignet dauernd nötigen Aufregungs- und Krisengefühls- ist, über Monate zur Grundlage einer neuen Wirt- Bewirtschaftung? schaftsordnung zu werden. Nachhaltigkeit kommt jedenfalls aus der Forstwirt- Food for Thought: Unternehmen sind Teil der Gesell- schaft: Nicht mehr Bäume dem Wald entnehmen, schaft und einer oder mehrer Staatsordnungen. Las- als er wieder wachsen lassen kann. Sie kennen sen Sie uns mal wieder gründlicher nachdenken über das alle. Und wenn der Sturm große Schneisen den Zusammenhang zwischen Unternehmensver- hinein geschlagen hat, auch überlegen, welche antwortung und der Gesellschafts- und Wirtschafts- Baumarten eigentlich geeignet sind. Aus meiner ordnung, in der Unternehmen Verantwortung tragen Sicht gehört dieses Nachhaltigkeitsmanagement bzw. tragen sollen. in den Zielkonflikt der beiden Verantwortungs- dimensionen Effizienz und Risikoawareness. Ver- Ähnlich müsste man bei CSR vorgehen. Erst mal meintliche Effizienz, welche den Eigenkapitalanteil die Kategorie klären und dann in die Empirie bli- immer weiter reduziert, gleichzeitig ökologische cken. Ob Unternehmen ihre CSR-Aktivitäten in Co- und soziale Ressourcen verschleudert und damit rona-Zeiten verschieben oder zurückschrauben vermeidbare Risiken evoziert, ist eben kein gutes oder teilweise auch mit erhöhtem Spendenauf- Management der Unternehmensverantwortung. kommen erhöhen, das setzt erst mal voraus, die Das war auch ohne Greta und den FFF-Hype im- Kategorie zu klären. Kleine Anekdote: Ein Unter- mer klar. Aber dieser hat Teile dieser Verantwor- nehmen aus Rhein-Main hat eine größere Zahl tungsdimension öffentlich in den Fokus gerückt. von Verwaltungsmitarbeitern auch in Hamburg. Ob aber Alarmismus geeignet ist, Nachhaltigkeit In Rhein-Main gibt es eine Kantine. In Hamburg zu fördern? Ich weiß es nicht. gibt es keine Kantine. Die Mitarbeiter in Hamburg erhalten einen Essensgutschein oder pauschalen Vor zwei Stunden war die Jahrestagung der Zuschuss. Wir sind nun in der Shutdown-Pha- 2-Grad-Stiftung. Das sind die Unternehmen, wel- se und alle Mitarbeiter sind im Home-Office. Die che bereits investiert haben in eine Klimatrans- Kantine in Rhein-Main ist geschlossen. Es entsteht formation. Prof. Michael Otto forderte dabei, dass eine Initiative von Mitarbeiterinnen, dass es nach es klare und langfristige Rahmenbedingungen der Kantinenschließung jetzt auch in Rhein-Main für Unternehmen gäbe, weil die Investitionsren- Essenszuschüsse geben müsse – aus Gründen tabilität in manchen Bereichen Fristen von 20-30 der Gleichbehandlung. Ich habe nicht verfolgt, ob Jahren erforderten. Dies ist verständlich. Aber ich die Unternehmensleitung eventuell an die Mit- DNWE MAGAZIN 1|21 25
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