Rückblick Fußball WM = ATC WM Info und Ergebnisse Schlichtungsverfahren ATC International Die FAB-Konferenz
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4/2006 Rückblick Fußball WM = ATC WM Info und Ergebnisse Schlichtungsverfahren ATC International Die FAB-Konferenz Praxis Turn left right now Incidents Ein ganz „normaler“ Notfall AI t ? OS s is C“ „M Wa
Inhalt Editorial von Klaus Berchtold-Nicholls Kapitalprivatisierung und Single European Sky – keine Sommerpause in Sicht! . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4 Bericht aus dem Vorstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Die Ehemaligen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 ATC+ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 8 Tarif Die neuen Schiedsvereinbarungen . . . . . . . . . . . . . . . . . 9 Recht 10 FAQ’s zur Schlichtung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Steuervorteile bei Unterhaltszahlung nutzen . . . . . . . . . 13 Das Arbeitszeugnis – es kommt auf Kleinigkeiten an . . . 14 Fußball-WM = ATC-WM ab S. 19 Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14 ATC International Was ist MOSAIC? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 FAB-Conference in Rom, Bericht zur italienischen Federazione Italiana Transporti-CISL . . . . . . . . . . . . . . . 30 Intern Es geht nicht um die Wurst. Wozu eigentlich Kapitalprivatisierung? . . . . . . . . . . . . . 16 TUFKAR – Eine 500-Tage Bilanz nach dem Umzug der Berliner ins Badener Land . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Schlechtes Klima – Neues aus der ÖMV Rhein-Main . . 34 Fußball WM Fußball ist unser Leben, König Fußball regiert die Welt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19 Berliner Luft – gesättigt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 Wieder ‘mal Tempelhof . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 24 Denn fang’ wa mal jleich an . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 Technik Fußball-WM und die DLR . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 Ein ganz „normaler“ Notfall? S. 42 FOGS – oder Wie aus dem Versuch einer Entlastung eine Belastung wurde . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 Drohungen ja – Verhandlungsbereitschaft nein . . . . . . 37 Cluster-Frust in der Technik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Joes Corner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 Gegendarstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Safety Die Englische Sprache: Ein Sicherheitsaspekt! . . . . . . . 41 Incidents Ein ganz „normaler“ Notfall? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Reportage Kanada: Sechshundertfünfzig Meter Anlauf bis zum Himmel . . . 46 Alltag Turn left right now . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Historie In Long Beach gehen die Lichter aus S. 52 Wegweiser des Luftverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 In Long Beach gehen die Lichter aus . . . . . . . . . . . . . . . 52 Leserbrief Hypokritischer Eid oder: VAFORIT wird verschoben . . . . 74 Döntjes A propos . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 Airlines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Airplanes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 Airports . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 Short Final . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 Für Sie gelesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 Bücherboard . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Personalien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 Fliegender Wechsel beim DLR in Braunschweig S. 58 Last Call . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 Impressum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 3 der flugleiter 2006/04
GDF-Vorstand GdF endgültig anerkannt Auch die vergangenen acht Wochen, die seit dem Erscheinen des letzten „flugleiter“ vergangen sind, waren für den Bun- desvorstand der GdF wieder mit einer Vielzahl von Terminen nationale Alternativ-Projekt zu unterstützen und Entscheidungen gefüllt, die, aufgrund ihrer Dringlichkeit und weiter voran zu treiben. Dies zumindest oder ihrer grundsätzlichen Bedeutung keinerlei Aufschub ergab ein ganztägiges Treffen der Spitzen- duldeten. vertreter aller drei Vorstände zu diesem Thema. Auf zwei Treffen der Mosaic-Gruppe, von Dies führte sogar dazu, daß die in diesem Zeitraum die außerdem aus den Flugsicherungsgewerkschaften Marek erfolgte, endgültige Anerkennung der GdF als Ge- Frankreichs, der Niederlande, Italiens, der Schweiz, Kluzniak werkschaft, eher beiläufig und schon beinahe wie Belgiens sowie der Kollegen von Eurocontrol besteht, selbstverständlich zur Kenntnis genommen wurde. wurden die Ergebnisse der GdF-internen Beratungen Wer hätte dies wohl vor zwei Jahren oder selbst noch vorgestellt und letztlich allseits akzeptiert. vor einem Jahr gedacht? Damals wurde diese, mitt- lerweile feststehende, Tatsache noch erbittert und Tarifarbeit vehement bestritten. Erneut ist die Auffassung der Ein weiterer, bereits sehr viel konkreterer Schwerpunkt GdF bestätigt worden, wieder hatten weder der Vor- der Vorstandsarbeit war natürlich die Tarifarbeit, bei stand noch unsere juristischen Berater im Vorfeld der gleich vier Themen gleichzeitig zu verhandeln Zweifel an dieser Entwicklung, zum wiederholten waren. Neben den beiden, mittlerweile aus Sicht des Male haben unsere Gegner mit ihren Argumenten GdF-Vorstandes ganz hervorragend abgeschlossenen kein Gehör und erst recht kein Verständnis gefunden. Schlichtungen zu den Themen „Kastner“ und „Alters- Was in weniger bewegten Zeiten sicherlich mit der ei- versorgung“, war vor allem der geplante Tarifvertrag nen oder anderen Flaschen Champagner gebührend zum Thema „Rationalisierungsschutz“ ein Schwer- gefeiert worden wäre, wurde aufgrund der anstehen- punkt der vergangenen Wochen. Um mögliche schäd- den Arbeit lediglich in einer nüchternen Info an die liche Folgen des geplanten Verkaufs der Flugsicherung Mitglieder bekannt gegeben. Trotzdem bin ich mir an private Investoren, sowohl bezüglich der Sicher- sicher, daß jeder, der an der Gründungszeit der GdF heit des Luftverkehrs wie auch der sozialen Folgen für engagiert oder interessiert teilgenommen hat, sich in die Mitarbeiter abzumildern, ist unsere Tarifabteilung ein paar Jahren gerne an die aufregende, anstrengen- darum bemüht, einen entsprechend weit reichenden de aber letztlich doch vor allem sehr erfolgreiche Tarifvertrag abzuschließen. Die ersten Termine mit der Gründungsphase unserer jungen Gewerkschaft zurück DFS haben jedoch bereits gezeigt, wie weit die Vor- erinnern wird. Diese Phase ist nun vorbei, jetzt heißt stellungen der beiden Parteien voneinander entfernt es mit voller Kraft den eingeschlagenen Weg fortzu- sind. Es wird ein Stück extrem harter Arbeit sein, diese setzen und in diesem so entscheidenden Moment für diametral entgegen gesetzten Positionen friedlich mit- die Zukunft der Flugsicherung - in Europa genauso wie einander zu vereinen. Und schließlich gab es auch noch in Deutschland - darauf zu achten, daß nicht Techno- mehrere Treffen mit den Arbeitnehmervertretern un- kraten, Politiker oder Manager mit ihren sachfremden serer „jüngsten“ Mitglieder, nämlich der Kollegen der Überlegungen dafür sorgen, daß es bald nur noch Vorfeldkontrollen in Frankfurt und München. Auch eine „Flugsicherung Light“ gibt. diese Auftaktveranstaltungen gaben nicht gerade Anlass zur Hoffnung, daß man sich respektvoll, wie Das Mosaic-Projekt unter vernünftigen Menschen üblich, auf gangbare Eine möglicherweise entscheidende Rolle könnte hier- Wege verständigen können wird. Die hierbei insbe- bei das Projekt „Mosaic“ spielen, das in den vergan- sondere von den Vertretern der FRAPORT gezeigte genen Monaten eine fulminante Anlaufphase hatte und Borniertheit und Arroganz im Auftreten, gepaart mit nun dabei ist, von einem bloßen Hirngespinst, einer schlechtem Stil, lassen jedenfalls zum jetzigen Zeit- anfangs vielleicht sogar naiven Träumerei von einer punkt, eine einvernehmliche Lösung relativ unwahr- perfekten Flugsicherung in Europa, zu einem detail- scheinlich erscheinen. lierten und konkreten Zukunftskonzept zu werden. Die jeweiligen Details, so sie denn bereits veröffentlicht „Mosaic“ kann eine echte Alternative zu den Konkur- werden können, sind den entsprechenden Tarifinfos renzgelüsten und Großmachtsphantasien einiger zu entnehmen. Allein der bloßen Anzahl an Themen Flugsicherungschefs darstellen. Was es mit diesem kann entnommen werden, welch riesige Aufgabe von Projekt en detail auf sich hat, wird an anderer Stelle unseren Tarifverantwortlichen in den vergangenen in diesem Heft vorgestellt werden. Der Vorstand der Wochen und Monaten geschultert wurde und immer GdF hat sich jedenfalls zusammen mit den Vorständen noch wird. In Anbetracht des bisher Erreichten soll je- der beiden Fachbereiche FSBD und FSTD nach aus- doch an dieser Stelle die Gelegenheit wahrgenommen führlicher Diskussion dafür entschieden, dieses inter- werden, der Tarif- sowie der Verhandlungskommission der flugleiter 2006/04 6
GDF-Vorstand auch im Namen des Vorstandes für ihr großartiges schaftskritische Wirtschaftspresse verwundert fest, Engagement zu danken. Die bisherigen Ergebnisse wie trefflich die GdF bereits vor Monaten all diese können sich wahrlich sehen lassen und machen Mut Probleme vorhergesagt hat, und wie genau diese für die Zukunft. Prognosen nun eintreffen. Diese präzisen Analysen, gepaart mit unserer undogmatischen und praxisori- Privatisierung gerät ins Stocken entierten Haltung zu all diesen Fragen hat uns zumin- Wie ein Damokles-Schwert schwebte natürlich auch dest auf Seiten der Presse einen noch besseren Ruf in den vergangenen Wochen der drohende Verkauf beschert, als dies in der Vergangenheit bereits der der Deutschen Flugsicherung an private Investoren Fall war. Wenn sich eine derartige Erkenntnis nun über allen in diesem Bereich tätigen Angestellten und noch bei den Verantwortlichen in der Politik einstel- beschäftigte selbstverständlich auch den Vorstand der len würde, könnten wir den Privatisierungsgelüsten GdF in höchstem Maße. Mit einer gewissen Genug- der selbsternannten „Flugsicherungsexperten“ rela- tuung konnten wir dabei beobachten, daß die Be- tiv gelassen entgegen sehen. mühungen um den Verkauf zumindest in ein sehr raues Fahrwasser gekommen sind, wenn nicht sogar Allein die bisher stets gezeigte Unfähigkeit der politi- momentan gerade stocken. Vieles, was die GdF be- schen Klasse zur Selbstkritik lässt in diesem Punkt je- reits im Vorfeld prophezeit hatte, wie z.B. die doch leider relativ wenig Hoffnung aufkommen. Deckungslücke bei den Rückstellungen für die Al- tersversorgung in Höhe von 780 Millionen Euro oder Allein anhand der Länge dieses Tätigkeitsberichts aber die verfassungsrechtlichen Bedenken bezüglich über die vergangenen acht Wochen ist zu ersehen, der hoheitlichen Aufgaben der Flugsicherung, haben wie viele Aufgaben momentan von den Verantwortli- sich bewahrheitet. Das Zögern des Bundespräsiden- chen der GdF gleichzeitig zu bewältigen sind. Dabei ten, das vom Bundestag beschlossene FS-Gesetz zu sind hier lediglich die wichtigsten und einschneidend- unterzeichnen, sowie das Urteil des Landgerichts sten Ereignisse genannt worden. Viele kleinere Konstanz zum Thema Staatshaftung für das Unglück Themen finden an dieser Stelle gar keine Erwähnung. von Überlingen und die darin enthaltenen Passagen Einige Ziele wurden mittlerweile erreicht, viele Themen zum Thema „hoheitliche Aufgabe Flugsicherung“ be- liegen aber derzeit noch vor uns. Wir werden sie en- stätigen den Vorstand in seiner Haltung und zeigen gagiert und entschlossen angehen, denn wir wollen uns, daß wir anscheinend nicht die einzigen sind, die selber über unser Schicksal mitentscheiden können. diese Fragen derart kritisch betrachten. Wenn dann Dies setzt ein gehöriges Maß an Selbstdisziplin, noch das Konsortium aus Fluggesellschaften und Durchsetzungswillen und Verantwortung voraus. Wir Flughäfen sich damit schwer tut, das benötigte Geld möchten uns an dieser Stelle jedenfalls auch bei un- zum Erwerb der DFS zusammen zu bekommen und seren Mitgliedern für die bisher gezeigte Unterstüt- gleichzeitig die Politik der Nötigung bezichtigt und zung bedanken und hoffen, daß wir mit ihrer Hilfe für die schlechte Vorbereitung der Privatisierung ta- auch zukünftig das in uns gesetzte Vertrauen recht- delt, stellt selbst die traditionell eher gewerk- fertigen können. Quelle: FAZ 7 der flugleiter 2006/04
ATC International Was ist MOSAIC? Im Editorial der letzten Ausgabe des flugleiter haben wir be- reits angeschnitten, dass sich die GdF, zusammen mit den Gewerkschaften und Berufsverbänden aus den Beneluxlän- dern, Frankreich, Italien und der Schweiz, mit einer alternati- ven Initiative zu den Projekten der Air Navigation Service Provider (ANSPs) der einzelnen Länder beschäftigt. Das Projekt MOSAIC existiert seit Ende 2005 und wurde Wo liegen also die eigentlichen Unterschiede zwi- von ins Leben gerufen, nachdem die Abstimmung der schen den Planungen einzelner Staatengruppen zu Klaus vom FAB Central betroffenen Verbände in mehreren verschiedenen FABs und der MOSAIC zu Grunde lie- Berchtold- Meetings etabliert worden war. genden Idee? Nicholls, Die Gewerkschaften der vier Länder (D, B, L, NL) be- Wettbewerb oder Kooperation? schlossen, zusammen mit der französischen Fluglot- Der FAB Central (ursprünglich eine Initiative der DFS) sengewerkschaft SNCTA an einer Alternative zu ei- fußt ebenso wie der FAB Alps (F-CH) oder der FAB nem FAB zu arbeiten, der vor allem von einem zukünf- Ireland-UK und andere auf der Interpretation von tig privatisierten ANSP, der DFS, voran getriebenen SES, dass es in Zukunft einen Wettbewerb zwischen wurde. Kernziel von MOSAIC ist es, die Flugsicherung verschiedenen Gruppen von ANSPs geben wird (und in allen beteiligten Ländern in staatlichem Besitz und soll), die wiederum in sich Kooperationen eingehen, staatlicher Verantwortung zu belassen und dabei um die notwendige Größe und Wettbewerbsposition gleichzeitig einen großen Schritt (in Form eines zu erlangen. Die anfänglichen Harmonisierungsbe- großen Functional Airspace Block/FAB) in Richtung strebungen und die nachfolgende Konsolidierung Umsetzung von Single European Sky (SES) zu machen. (jeweils innerhalb der FABs) können sich in zwei ver- Fernziel ist es, eine gemeinsame europäische Flug- schiedenen Formen fortsetzen: entweder 1. weiterge- sicherung zu etablieren, nicht viel anders, als es die hende Kooperation und Konsolidierung zwischen den einstmalige Zielsetzung von Eurocontrol in den späten FAB-Gruppen untereinander oder 2. Ausschaltung der 60er Jahren war. Wettbewerber und Übernahme von deren Geschäft durch die Benennung der betroffenen Staaten auf Die Organisationsform sollte so weit offen bleiben, Grund des besseren Angebots für die „Bewirtschaf- dass man alle derzeitigen ANSPs mit einbeziehen tung“ von deren Luftraum. kann. Innerhalb der Projektgruppe kam es bereits des Öfteren zu heftigen Diskussionen, da sich eine der Diese Variante basiert auf mehreren Annahmen: der Gewerkschaften bisher als Ziel (und Alternative zur Markt wird automatisch für den nötigen Konsolidie- Privatisierung) nur eine Behörde nach europäischem rungsdruck sorgen und die dann in allen europäischen Recht vorstellen konnte. Die GdF und andere drängen Staaten eingerichteten Aufsichtsbehörden sind hin- mit Vehemenz (und wie es scheint mit Erfolg) darauf, reichend mit Ressourcen und Erfahrung ausgestattet, zumindest die Möglichkeit einer privatrechtlichen um für faire Wettbewerbsbedingungen bei gleichzei- Organisationsform in gemeinsamem Staatseigentum, tig harmonisierten Sicherheits- und Qualitätsstan- analog der zurzeit am meisten verbreiteten Form auf dards zu sorgen. Daneben wird sich langfristig eine nationaler Ebene, zuzulassen. Ziel der GdF ist es, die interessante neue Aufgabe für den europäischen Organisationsform bis zur Phase einer Zusammen- Wettbewerbskommissar ergeben, wenn eine markt- führung der einzelnen ANSPs völlig offen zu lassen, beherrschende Stellung einiger weniger, verbliebener da es unsinnig ist, sich über solch ungelegte Eier in ANSPs droht. Dies alles unter der Voraussetzung, dass diesem frühen Stadium schon den Kopf zu zerbrechen. jeder der Staaten für sich dafür verantwortlich bleibt, dass die hoheitliche Aufgabe der Flugsicherung in Während derzeit das nötige Informationsmaterial zu- seinem Gebiet ordnungsgemäß durchgeführt wird – sammengestellt und intensiv bei nationalen und eu- bei einem staatlichen Anteil von gerade einmal 25,1% ropäischen Politikern, sowie bei anderen Stakeholdern an dem jeweiligen nationalen Provider (oder schlimm- in der Luftfahrt (z. B. Airlines, Pilotenverbände) für stenfalls genauso wenig an den jeweiligen multina- diese Variante geworben wird, läuft die Mitarbeit der tionalen ANSPs) keine leichte Aufgabe. Dass es sich kleineren Gruppe der vom FAB Central (D-Benelux) bei der Flugsicherung im Kern um eine staatliche Auf- betroffenen Verbände an den Vorbereitungen dazu gabe der Daseinsfürsorge handelt, darüber gibt es in weiter. Dieselben Vorarbeiten verlören ihre Berechti- keinem europäischen Land Zweifel. Meine Meinung, gung nicht, wenn ein größerer FAB unter Einschluss wie sich Wettbewerb auf die Sicherheitsstandards des geplanten FAB Central Wirklichkeit werden sollte. auswirkt, habe ich bereits hinreichend in mehreren 15 der flugleiter 2006/04
ATC International / Intern Editorials dargestellt. Die Tatsache, dass das deutsche sich bei MOSAIC um ein Gewerkschaftsprojekt handelt, Flugsicherungsgesetz die deutschen Standards auf sind die Vorstellungen naturgemäß anders als bei die europäischen Mindestanforderungen reduziert hat, marktwirtschaftlich orientierten Vorhaben. Und die um die DFS wettbewerbsfähig zu machen, bestätigt beteiligten Gewerkschaften und Berufsverbände ha- diese Meinung ebenso wie die Forderungen der DFS ben darüber hinaus andere Ideen davon, wie viel Per- GmbH zur Flexibilisierung des Personaleinsatzes (mit sonal überhaupt abgebaut werden soll und darf. Wir derselben Begründung). gehen gemeinsam vom Primat der Sicherheit aus. Und das bezieht sich nicht ausschließlich auf die Sicherheit MOSAIC hingegen macht den Charakter der Flugsi- unserer „Kunden“, sondern schließt soziale Sicherheit cherung als hoheitliche Aufgabe zum Dreh- und An- mit ein. gelpunkt. Um höchstmögliche, und nicht nach unten nivellierte, Sicherheitsstandards bei gleichzeitiger Die Entscheidungsträger in der Politik und die Nutzer Verbesserung der Effizienz (und damit Vorhaltung der der Flugsicherung (über ihre politische Einflussnahme) nachgefragten Kapazität) und der Dienstleistungsqua- haben es in der Hand, ob sich die Flugsicherung in lität zu gewährleisten, muss der Staat/müssen die Europa zukünftig primär marktwirtschaftlichen Ge- Staaten die uneingeschränkte Kontrolle über die (auch setzmäßigkeiten unterwirft oder vor allem inhaltliche, multinationale) Flugsicherung behalten. Die Interessen qualitative Ansprüche bestmöglich zu erfüllen ver- privater Investoren kollidieren automatisch mit den sucht. Und dazu gehört auch die Verpflichtung jeder zuvor genannten Prioritäten. MOSAIC sieht den Wett- Regierung, nach bestem Wissen und Gewissen für die bewerb als Hindernis für eine weitreichende Harmo- Sicherheit der Reisenden und der Bevölkerung am nisierung, da die verschiedenen FABs im Wettbewerb Boden zu sorgen. um zusätzliche Marktanteile (=Lufträume) um die überzeugendsten und effizientesten Verfahren, aber Bundesvorstand und Fachbereichsvorstände begleiten auch um Systeme konkurrieren werden. das Projekt intensiv und werden im flugleiter und durch andere Mitteilungen über die Bestrebungen Nur damit wir uns nicht falsch verstehen: bei MOSAIC der GdF, aktiv eine moderne, sicherheitsorientierte werden (wie bei FAB Projekten, die von den ANSPs, Flugsicherung für Europa voran zu treiben, auf dem also vom Management, betrieben werden) in vielen Laufenden halten. Bereichen, durch z. B. Reduzierung der Anzahl von Flugsicherungsschulen oder der Anzahl der unter- Weitere Informationen kann man auf der ganz jungen schiedlichen FS-Systeme, langfristig Arbeitsplätze ab- und teilweise noch im Aufbau befindlichen Website gebaut werden. Die große Frage ist nur: wie? Da es einholen: www.project-mosaic.eu Es geht nicht um die Wurst. Wozu eigentlich Kapitalprivatisierung? von Wie hinlänglich bekannt ist, wird die Deutsche Flugsicherung Thomas Seng bald (kapital)privatisiert. Es soll an dieser Stelle in einem allgemeineren Kontext erörtert werden, welche Veränderun- gen eine Privatisierung hervorruft und warum sie eigentlich bei war und anscheinend Geschmack daran durchgeführt wird. gefunden hatte, folgten weitere Privatisie- rungen aus dem Bestand der alten Bundes- Was bedeutet (Kapital)privatisierung? republik (z.B. Telekom, Krankenhäuser etc.). Was Grundsätzlich wird bei einer Privatisierung gegen die verändert sich für diese Unternehmen nach einer Entrichtung eines mehr oder weniger bedeutenden Privatisierung? Ganz allgemein gesprochen werden Obolus’ Gemeineigentum in Privateigentum transfe- sie (z.T. schrittweise) in vollem Umfang den Gesetz- riert. Die größte Privatisierung in der Geschichte der mäßigkeiten des Marktes ausgesetzt. Bei diesen Ge- Bundesrepublik Deutschland fand nach der deut- setzmäßigkeiten handelt es sich selbstverständlich schen Einheit statt, woran sich sicher viele Bürger nicht um unveränderbare Naturgesetze, auch wenn in aus den neuen Bundesländern noch erinnern werden. der veröffentlichten Meinung gewöhnlich dieser Ein- Durch die dafür gegründete Treuhandanstalt wurden druck vermittelt wird. Vielmehr sind darin Verhaltens- die Produktionsstätten und Betriebe der ehemaligen muster zu sehen, denen die Marktteilnehmer unter DDR an private Investoren, teilweise für eher symbo- den gegebenen Bedingungen mehr oder weniger lische Beträge, verkauft. Da man nun schon mal da- zwangsläufig folgen. der flugleiter 2006/04 16
Intern Diese Bedingungen, das so genannte Marktumfeld, In der Privatwirtschaft bekommt die angebotene Lei- können sehr unterschiedlich sein. So hatten z.B. die stung endgültig den Charakter einer Ware. Dagegen privatisierten Betriebe in Russland ein völlig anderes könnte man einwenden, dass es prinzipiell gleichgül- Marktumfeld, als die Betriebe in der ehemaligen DDR, tig ist, ob eine Leistung von einem staatlichen Dienst die sofort in vollem Ausmaß der Konkurrenz der west- oder von unabhängigen Marktteilnehmern ver- bzw. deutschen Unternehmen ausgesetzt waren. Sicherlich gekauft wird, es bleibt so oder so eine Dienstleistung. würden auch die meisten Sportartikelhersteller nicht Das ist auch richtig, doch die Leistung bekommt ein unbedingt in Asien produzieren, wenn sie in Europa zusätzliches Merkmal, nämlich das einer Ware und oder in den USA ein Marktumfeld hätten, in dem sie dieses Merkmal kann den Umgang mit dieser Dienst- Kinder anstellen könnten, die am Tag zwölf Stunden leistung auf erstaunliche Weise verändern. Um das zu für einen Stundenlohn von bspw. 1€ arbeiten, und veranschaulichen, ist es hilfreich, Beispiele aus der sich nicht mit lästigen Gewerkschaften herumschla- Entwicklung der EU heranzuziehen. Im ersten Beispiel gen müssten. Es hängt also auch sehr stark von den geht es um Filme. jeweiligen Rahmenbedingungen ab, welche konkreten Folgen eine Privatisierung für das betroffene Unter- Ein Gremium war mit der Frage beschäftigt, wie die nehmen hat. Was sich jedoch für alle Unternehmen kulturelle Identität und Vielfalt der europäischen Län- ändert, ist ihr eigentlicher Daseinszweck. Die Aufgabe der erhalten und gefördert werden kann. Man wollte von Unternehmen der öffentlichen Hand ist es, eine Quotenregelungen für das Fernsehen einführen, so bestimmte Leistung zu erbringen, also z.B. den Luft- dass z.B. 50% aller dort ausgestrahlten Filme aus verkehr zu regeln und dies nach Möglichkeit wirtschaft- Europa kommen müssten. Damit sollte eine völlige lich. Natürlich besteht diese Aufgabe auch weiterhin, Überflutung der Programme mit amerikanischen Filmen wenn sich dieses Unternehmen in Privatbesitz befindet. verhindert und der Fortbestand europäischer Filmpro- Allerdings ist sie nun nur noch Mittel zum Zweck, duktionen ermöglicht werden. Es wurde kolportiert, denn das Hauptziel eines privaten Unternehmens ist dass ein damaliger, sehr einflussreicher Regierungs- die Mehrung des Reichtums seiner Eigentümer. Es chef gegen diese Regelung intervenieren ließ. Die kommt also zu einer Verschiebung der Prioritäten, Neufassung der Regelung besagte dann, dass sich die Profitmaximierung steht im Vordergrund. mindestens 50% aller im Fernsehen gezeigten Filme in europäischem Besitz befinden müssen. Diese Um- Welche Konsequenzen hat eine Privatisierung? gestaltung stellte sich als großer Vorteil für den Be- Neben der Zielorientierung des Unternehmens resul- sitzer von einigen hundert amerikanischen Filmlizen- tieren aus einer Privatisierung weitere Veränderungen. zen und mehreren Fernsehsendern aus dem gleichen ✈ „Beim Gründungsakt der DFS 1992 war von einer Kapitalprivatisierung noch keine Rede“ Photo: DFS 17 der flugleiter 2006/04
Intern Land heraus, der zufälligerweise ein sehr guter Be- verdienen. Das alles sind ebenso plausible wie hin- kannter des intervenierenden Regierungschefs war. terfragbare Erklärungen. Doch bilden die Triebkräfte Indem man nicht die Filme an sich und ihre Substanz, einzelner Akteure zwar notwendige, aber alleine also Inhalte, Schauspieler, Regisseure und Produzen- nicht hinreichende Bedingungen in diesem Spiel. Ent- ten etc. als Bewertungskriterium heranzog, sondern scheidend ist der Kontext, in dem das Spiel stattfin- die Eigentumsrechte, wurden die Filme zu einer reinen det oder, wenn man so will, der Zeitgeist. Der herr- Ware, völlig losgelöst von ihrem Inhalt. Auf diese Weise schende Zeitgeist besteht in der Durchsetzung der können also z.B. „Stirb langsam“, „Rambo III“ oder marktwirtschaftlichen Ideologie in möglichst allen Le- auch „Easy Rider“ sowie alle Ronald Reagan-Filme zu bensbereichen. Diese Ideologie springt täglich aus europäischem Kulturgut mutieren. dem Fernseher und den Printmedien. Ihre Hoheprie- ster kann man z.B. wöchentlich in diversen Sendun- In einem anderen Beispiel geht es um die Wurst. Eine gen bewundern, eine davon geleitet von einer Mode- spanische Wurst begehrte Einlass nach Deutschland. ratorin, die mit der Luftfahrt einmal vertraut war - wo- Das war aber nach deutscher Lebensmittelgesetzge- von sie heute aber absolut nichts mehr hören will. bung nicht statthaft. Die Wurst wurde abgewiesen. Dabei werden meist auf sechs Stühlen zwei Meinun- Der Hersteller der Wurst war empört und unterstellte gen präsentiert. Wahlweise werden dazu, in der Rolle nationalistischen Protektionismus. Er intervenierte der sozialpolitischen Exoten, Oskar Lafontaine, Gre- bei der EU und bekam Recht; die Wurst durfte einrei- gor Gysi oder ein DGB-Vertreter eingeladen, um einen sen. Europäisches Wirtschaftsrecht schlug deutsche Rest von Meinungsvielfalt zu suggerieren. Generell Lebensmittelgesetze. Es ging also nicht um die Wurst, gilt ansonsten: Nichts ist gut und nichts darf Bestand nicht darum, ob ihr Verzehr vielleicht nässenden Haut- haben, was nicht nach marktwirtschaftlichen ausschlag, Magengeschwüre oder langfristig Krebs Prämissen organisiert wird. Die Anbetung von markt- hervorruft (was wir dieser spanischen Wurst nicht un- wirtschaftlichen Regelungen hat schon religiösen bedingt unterstellen wollen); es ging um den freien und Charakter. Und sie ist ungemein praktisch für unsere uneingeschränkten Handel mit Waren, also um Profit. politische Elite. Denn genau wie in der Religion Pro- blemlösungen im Zweifel in den jenseitigen Sektor Was hat nun die Flugsicherung mit Filmen und Wür- verschoben und damit einer höheren Gerechtigkeit sten zu tun? Substanziell gesehen nichts - sobald sie übergeben werden, so entledigt sich die Kaste unse- jedoch den Charakter einer Ware bekommt, werden rer so genannten Volksvertreter zunehmend ihrer Ver- die Unterschiede peripher. Es geht dann in erster antwortung, indem sie immer mehr Bereiche dem Linie darum, Profit zu erzielen. Wie maximiert man freien Spiel der Märkte überlässt. heutzutage die Profite? Indem man die Produktions- kosten senkt. Wie senkt man am leichtesten die Pro- Sie wollen einmal eine Rente? Kümmern Sie sich duktionskosten? Indem man das Personal reduziert. doch selbst darum. Sie wollen Kündigungsschutz? Natürlich unter heftigsten Beteuerungen, dass die Damit behindern sie nur den Bürokratieabbau und Qualität des Produkts, in diesem Fall also u.a. die die freie Entfaltung der segnungsreichen Marktkräfte. Sicherheit des Luftverkehrs, in keiner Hinsicht leiden Sie wollen einen Arbeitsplatz? Dann gründen Sie werde. Wer diesen Beteuerungen Glauben schenkt, doch eine Ich-AG. Werden Sie selbständiger Markt- sollte sich vielleicht ein wenig mit der Entwicklung teilnehmer und verzichten Sie auf die weitere Bela- der englischen Eisenbahn beschäftigen. stung unserer Statistik. Im Zuge des herrschenden Zeitgeistes werden gesellschaftliche Probleme indivi- Warum wird die Kapitalprivatisierung eigentlich dualisiert und privatisiert. Du bist Deutschland! durchgeführt? Schließlich können sich unsere Politiker nicht um Nun bleibt die Frage: „Warum eigentlich das Ganze?“ alles kümmern. Sie haben genug damit zu tun, Weshalb zerschlägt man ein System, das eigentlich mindestens einmal in der Woche im Fernsehen zu recht gut funktioniert und kostendeckend arbeitet? erscheinen, über Arbeitslose und Gewerkschaften zu Hierzu sind vereinzelte Begründungen im Angebot. Man schimpfen und vor allem wieder gewählt zu werden. hört, dass der Finanzminister Geld braucht. Das holt er sich bekanntermaßen am liebsten von der arbeiten- Im Rahmen dieser angestrebten und breit angelegten den und konsumierenden Bevölkerung. Und wenn er Entsolidarisierung ist die Kapitalprivatisierung der nicht genug von den einzelnen bekommt, holt er es Flugsicherung - mit Verlaub - eher eine Petitesse. sich eben, indem er Gemeineigentum verscherbelt. An- Zumindest solange, bis es mal richtig kracht. geblich steht das mehrheitliche Bundeseigentum an Aber dann war mit Sicherheit der Pilot oder der Lotse der Flugsicherung zukünftigen Beteiligungen – also schuld. der Expansion – im Wege. Möglicherweise wollen sich auch Führungskräfte einen goldenen Handschlag Gute Reise. der flugleiter 2006/04 18
ATC International FAB-Conference in Rom, Bericht zur italienischen Federazione Italiana Transporti-CISL Am 05./06.Juni hatte der FSBD-Vorstand - vertreten durch Fortschritts entscheidende Punkte noch immer W.Wörz und mich - die Gelegenheit, sich auf der von der nicht behandelt wurden. Exemplarisch sollen italienischen Gewerkschaft FIT-CISL in Rom veranstalteten erwähnt werden: Haftungsfragen bei Vor- Konferenz ein Bild über den aktuellen Stand der Functional kommnissen bis hin zu midair collisions im Airspace Block (FAB)-Entwicklung zu machen. grenzüberschreitenden Verkehr innerhalb eines FAB, mögliche Abschuss-Szenarien Auf dieser zweitägigen Konferenz, bei der sämtliche nach 9/11, die in den Staaten sehr unterschiedlich von Jens hochrangigen Entscheidungsträger der italienischen geregelt sind, single charge gegenüber different social Lehmann Zivil- und Militärluftfahrt vertreten waren, wurden in costs; oder Fragen wie: Können unterschiedliche ausgiebigen Präsentationen die aktuellen Fortschrit- Gebühren in den unterschiedlich stark beflogenen Luft- te, aber auch die auftretenden Probleme diskutiert. räumen innerhalb eines FABs erhoben werden? Gibt Neben den sehr interessanten Präsentationen und es „billigere“ Routen innerhalb eines FAB? Wie soll Vorträgen ist leider zu bemängeln, dass die Qualität gemeinsames Training aussehen? Wie soll in die unter- der Simultanübersetzung der nicht-englischen Vor- schiedlichen Rentenkassen eingezahlt werden? Was träge so schlecht war, dass es zum Teil fast unmöglich passiert, wenn ein ANSP innerhalb eines FAB „pleite“ war, diesen Vorträgen zu folgen – die Informationen geht? Wie können unterschiedliche Kostenstrukturen konnten über weite Strecken hinweg nur aus den der einzelnen ANSPs ausgeglichen werden? Welche Art PPT-Präsentationen entnommen werden. „Airspace Design“ wird im FAB angewandt, sofern eine Einer Eröffnungsrede des FIT-CISL ATM National unterschiedliche Vorschriftenlage besteht? Wie wer- Secretary F.Persi folgte ein interessanter Vortrag des den Gebühren umverteilt, wenn sich Verkehrsflüsse Repräsentanten der Europäischen Kommission, Koon ändern? Klare Antworten blieb auch diese Konferenz de Vos, der die aktuelle Entwicklung aus deren Sicht schuldig. Im folgenden sollen die Sachstände der ein- darstellte. Zunächst erklärte er, dass es sich bei dem zelnen FABs in Zentraleuropa erläutert werden: so oft beschworenen „bottom-up-APP“ um eine in- tensive Zusammenarbeit der Staaten mit den ANSPs, FAB UK-Irland: den Luftraumnutzern und „selbstverständlich auch Das „Grüne Licht“ für ein klares „go“ erfolgte im Fe- mit dem Personal“ handelt. Demnach „brauchen wir bruar 2006. Es wurde erklärt, dass es durch einen FABs, um die Verspätungen zu reduzieren, um die Luft- UK-IRL-FAB zu beträchtlichen Kosteneinsparungen raumfragmentierungen endlich wirksam bekämpfen kommen wird, zum gegenwärtigen Zeitpunkt es aber zu können und um die Konsolidierung der ANSPs vor- unmöglich sei, die Höhe zu beziffern. Beschlossen ist anzutreiben“. Die EC wird 5 Jahre nach Gründung eines jedoch schon, dass es zu einer Konsolidierung bei NATS FAB evaluieren, ob es sich um einen „FAB in deren Sinn“ bis zum Jahr 2010 von 4 ACCs auf 2 kommen wird. In handelt. Es bleibt dem geneigten Leser vorbehalten, der aktuellen Betrachung ist TWR Ops nicht vorgese- sich selbst ein Bild zu machen, wenn man die folgen- hen. Die anfallende Arbeitslast wird in 5 verschiedene den Ausführungen gelesen hat. Teams aufgeteilt: Coordination, Legal Issues, Opera- In einer vielbeachteten Rede erläuterte J.Magee, tions and Airspace, Charging and Economic Regulation ITF/ETF Advisor, dass wir keineswegs in einer „schönen sowie Human Resources. Die englischen Gewerkschaf- Photo: Fit-CISL Neuen Welt“ leben, sondern dass auch nach Jahren des ten sind an den Entscheidungsprozessen nicht der flugleiter 2006/04 30
ATC International beteiligt, werden jedoch in regelmäßigen Abständen raumdesign Europas“ spielen möchten. Leider stellte unterrichtet. Noch im Juni wird es ein High Level - sich die „DFS Italiens“, die ENAV, in einem ganz an- Memorandum of Understanding, MoU, geben, bei dem deren Lichte dar: man ist zwar nach dem Ende von in Grundzügen das weitere Vorgehen beschlossen CEATS an drei verschiedenen FAB-Projekten als „Be- werden soll. Als Problem bleibt z.B. die stark unter- obachter“ beteiligt, weiß aber immer noch nicht, für schiedlichen Kostenstrukturen der beiden ANSPs be- welche Seite man sich entscheiden will oder sollte. stehen. Soll IRL einen Teil der Einnahmen nach UK Zur „Auswahl“ stehen Frankreich-Italien“FAB Alps“, überweisen? Sehr unwahrscheinlich. Oder soll UK die SEE-FABA (South Eastern Europe mit Albanien, etc.) Kosten auf „irisches Niveau“ noch weiter drücken, was oder sogar „Blue med“, einem möglichen FAB Italiens NATS bereits als unmöglich bezeichnet hat? Lösung mit verschiedenen Mittelmeeranrainerstaaten Nord- unbekannt. afrikas, Griechenlands etc. Es werden überall viele Pro- bleme gesehen, die man erst einmal „gründlich unter- NUAC Programme: suchen müsse“. So müsse man zwar dies alles „global“ Nach dem Ausscheiden Norwegens und Finnlands aus und sehr „europäisch“ sehen, doch dabei die „Wich- dem NUAC Projekt, wurde das„Northern Upper Area tigkeit“ für das italienische Volk nicht unterschätzen. Control Center, NUAC, Project“ jetzt in „Programme“ umbenannt, um dem nun dänisch-schwedischen Pro- Bulgarien – Rumänien, BULROM-FAB: jekt die notwendige Bedeutung zu geben und um es Die FAB-Working group besteht aus 7 Untergruppen, über den Status eines „Projekts“ zu erheben. Der die hier aus Platzgründen unerwähnt bleiben sollen. Hauptgrund dieser engen Zusammenarbeit besteht Die Verfahren und Regeln in einem solchen FAB sind nach wie vor in dem Ziel der Kostenreduzierung. Da bereits in einem „Overall Action Plan“ festgelegt wor- die TWR in DK von verschiedenen Organisationen be- den, der mit einem „safety case“ hinterlegt wurde, trieben werden, werden diese nicht einbezogen. Um um den optimalen Nutzen aus diesen beiden Lufträu- den „Implementation Plan“ bis 2010-2012 zu schaffen, men ziehen zu können. Es wird ein gemeinsames wurde eine „coordination group“ gegründet, die sich Training für ATCOs geben. Beide Staaten werden die mit einem „virtual model of cooperation“ beschäftigen Anzahl ihre ACCs von 2 auf jeweils eines reduzieren soll. Drei mögliche „Zusammenarbeits-Szenarien“ (Sofia und Bukarest) wobei betont wurde, dass dies werden zur Zeit evaluiert. Der von der dänischen schon vor den FAB-Planungen beschlossen war. Bis Naviair favorisierte „merger“ der beiden ANSPs wird März 2008 soll es eine study phase“ geben, die dann aber von den Gewerkschaften kategorisch abgelehnt. im Jahre 2009 zur „implementation phase“ wird. Zur Die Einbindung der Gewerkschaften ist hervorragend Zeit wird bereits an der Hamonisierung der Pensionen, und auf allen Ebenen garantiert. Die Frage wurde auf- der Schichtlängen und der Anzahl der Arbeitsstunden geworfen, ob es sich dann überhaupt um einen „FAB“ pro Tag/Woche gearbeitet. Auch dieser FAB soll wei- handelt. terhin offen sein für weitere, interessierte Staaten. Marie Desseaux, CANSO Director European Affairs, Frankreich-Schweiz: erläuterte, dass das neue und entscheidende Wort Von der bereits 40 Jahre bestehenden engen Koope- dieses ganzen Prozesses „Kooperation“ sei und nicht ration der beiden Staaten, erhofft man sich in einem mehr das böse Wort „Konkurrenz“ - und es habe sich FAB noch weitere operationelle Vorteile. Schon im Jahr herausgestellt, dass „one size fits all“ kontraproduk- 2005 wurde eine Feasibility Study durchgeführt, deren tiv sei, um eine „win-win“-Situation zu schaffen, da Final Report im März 2006 präsentiert wurde. Dieser dies alles auch eine „positive Grundhaltung aller“ befindet sich nun auf Regierungsebene zur weiteren voraussetze. F.Ballestero, ETF Politial Secretary, be- Abstimmung. Der FAB „Alps“ soll bereits in 2008 im- tonte in seiner Rede, dass Single European Sky, SES, plementierbar sein und von beiden ANSPs gemeinsam nicht zu weiteren Privatisierungen und Konsolidierun- betrieben werden. Eines der Hauptziele ist die Weiter- gen von ANSPs führen dürfe. Dies sei für die ETF kein entwicklung der Flughäfen, der FAB wird sich deshalb akzeptables Modell und würde bekämpft. von GND-UNL erstrecken. Zwar verwies man auf die Bei all den Reden und Präsentationen wurde klar, Möglichkeit einer dann bestehenden erhöhten Mobi- dass der oben erwähnte „bottom-up“ APP sehr unter- lität der Lotsen, was jedoch sehr kritisch aufgenommen schiedlich interpretiert wird. So heißt er für die Arbeit- wurde, da es sich nur um den französisch-sprechenden geber, die ANSPs, dass sie die Gelegenheit haben, sich Teil der Schweiz handelt. Die Gewerkschaften wurden, mit ihren Vorstellungen bei der EC durchzusetzen und französisch traditionell, sehr früh in die Planungen nichts „von oben“ aufgezwungen zu bekommen. Für eingebunden. Betont wurde auch, dass dieser FAB die Gewerkschaften und das Betriebspersonal bedeu- natürlich auch für andere offen sei. tet es dagegen, dass auch sie an der zukünftigen Ent- wicklung mitreden, mitarbeiten dürfen. Klar wurde Italien: auch, dass niemand so richtig weiß, was eigentlich ein Unsere italienischen Gastgeber wurden in allen ihren „FAB“ so ganz genau sei. Auf meine diesbezügliche Präsentationen und Vorträgen (die ausschließlich in Frage an den EC Repräsentanten Koon de Vos antwor- Italienisch gehalten wurden) nicht müde zu betonen, tete dieser: „Er könne mir/uns das nur so sagen: Ein dass auch sie eine „entscheidende Rolle im neuen Luft- FAB ist es dann, wenn es funktioniert“. Na dann. 31 der flugleiter 2006/04
Apron FOGS – oder Wie aus dem Versuch einer Entlastung eine Belastung wurde. Bei FOGS (Followe-Me Guidance Support) handelt es sich um ein Tool zum drahtlosen Informationsaustausch zwischen den Follow-Me Fahrern auf der einen und Apron Control auf Dabei ist es selbstverständlich, dass er stän- von der anderen Seite. dig die Position eines jeden Inbounds beob- Frank achten und kennen muss, um ggf. eingreifen Marshall Um zu verstehen, wofür FOGS gut ist und welche zu können. Die zweite wichtige Aufgabe ist die Abar- Probleme es mit sich bringt, muss man zunächst die beitung des gesamten Schleppverkehrs. Dazu melden Arbeitsabläufe am Follow-Me Arbeitsplatz (AC3) der sich die Schlepper auf der Frequenz mit ihrem Rufzei- Vorfeldkontrolle kennen. chen und melden das Flugzeug schleppbereit. Ist ein Wie schon in einer früheren Ausgabe des Flugleiter Pushback nötig oder muss der Schlepp sogar gelotst beschrieben, muss am Frankfurter Flughafen, bevor ein werden, schickt der Controller einen Fahrer vorbei, der Flugzeug auf Position rollt, ein Follow-Me diese auf den Pushback Vorgang überwacht oder den Schlepper etwaige Hindernisse überprüft haben. Der gesamte zur Zielposition lotst. Abschließend muss der Schlepp Flughafen ist dafür in zwölf Bereiche aufgeteilt, denen durch einen Einwinker noch korrekt auf der Zielposition bestimmte Positionen und pro Schicht ein Follow-Me abgestellt werden. Die Kunst besteht nun darin, den („Viktor XY“) zugeordnet sind. Die Arbeitsaufträge mit Schlepp möglichst reibungslos in den laufenden Ver- den Details, wie Position, Flugzeugtyp und ggf. Stand- kehr einzufädeln. Um den Koordinationsaufwand auf ort (z.B.: “Viktor 75, für A24 ein Lufthansa A321, landet ein Mindestmaß zu beschränken, muss der Controller gerade auf der Nordbahn“) werden dafür über Funk an dafür den gesamten rollenden Verkehr im Blick haben. den Fahrer übermittelt. Zudem gilt es noch eine Menge anderer kleiner Aufga- Nachdem der Einwinker sich von der Hindernisfrei- ben zu bewältigen, die aber in das Thema FOGS nur heit überzeugt hat, meldet er dem Lotsen die Position geringfügig einspielen und deshalb hier getrost unter- frei, der dann die AGNIS (automatische visuelle Einroll- schlagen werden können. hilfe) einschaltet - falls keine AGNIS vorhanden ist, wird noch mit Kellen eingewunken. Ist das Luftfahr- Das System FOGS zeug auf Position, übermittelt der Einwinker zum Da- Durch FOGS werden nun den Fahrern alle für ihren und tenabgleich die Registration und der Lotse setzt den die Nachbarbereiche relevanten Daten per WLAN auf Flug on-block, der damit auch als Datensatz von den ein Display in den Fahrzeugen übermittelt. Die Mitar- Bildschirmen verschwindet. beiter erhalten so Informationen über Zielpositionen, Im Idealfall arbeitet der Fahrer so die für seinen Flugzeugtyp, Umschleppvorgänge, Landebahn, Lande- Bereich ankommenden Flugzeuge nacheinander ab. zeiten und letztlich einen Überblick über den bevor- Sind die anfallenden Aufgaben vom Bereichsfahrer stehenden Verkehr in ihrem Bereich. Von der Über- nicht alleine zu bewältigen - was eher die Regel als die nahme des Fluges, über das Aktivieren der Einrollhilfe Ausnahme darstellt - ist es die Aufgabe des Lotsen, AGNIS, bis zum Registration-Abgleich und on-block Fahrer aus den Nachbarbereichen zur Verstärkung hin- Nehmen, könnten die Fahrer nun weitgehend selbst- zu zu holen. Es obliegt dabei allein der Pflicht des hier ständig handeln. Dem zuständigen Controller werden eingesetzten Controllers, bei nicht vorhandener Frei- diese Schritte auf seinem Bildschirm farblich darge- meldung das Flugzeug vor der Position anzuhalten. stellt. Grau bedeutet, dass der Flug übernommen 35 der flugleiter 2006/04
Apron wurde, grün: die AGNIS wurde aktiviert und wenn der Verkehrsaufkommen zu sehr die Aufmerksamkeit der Datensatz verschwindet, wurde die Maschine on-block Lotsen. Sie waren zum Teil mehr mit der Systembe- gesetzt. In Reinform angewendet, wird der Funkver- dienung und -beobachtung, als mit ihrer eigentlichen kehr so auf ein Minimum reduziert. Aufgabe beschäftigt. In einem ersten Lotsenworkshop wurden diese Die Probleme Probleme aufgegriffen und in einer geänderten Ver- Ziel der Einführung des Systems FOGS war und ist es, fahrensanweisung umgesetzt. So wird heute ein Ver- eine deutliche Arbeitserleichterung am Arbeitsplatz fahren angewandt, das (mit Ausnahme des Registration- AC3 zu erreichen - im besonderen durch die Entlastung Abgleichs) über weite Strecken mit der Arbeit ohne des Funkkreises Viktor. Grundproblem ist, dass die FOGS identisch ist. Das heißt, es werden Aufträge visuelle Aufnahmekapazität durch die ständige Beob- weiterhin verbal erteilt und bestätigt. Freimeldungen achtung des Verkehrsgeschehens schon nahezu aus- erfolgen ebenfalls verbal. Neben der Arbeit im alten gereizt ist. Nun setzt aber FOGS eine ständige Bild- Stil muss der Controller nach wie vor das ja in der Test- schirmüberwachung seitens des Controllers voraus. phase befindliche System FOGS überwachen und D. h. bspw.: Hat der Fahrer den Auftrag übernommen? kontrollieren. Ist die AGNIS aktiviert worden? Ist der Flug on-block? Die Grundidee, Informationen nur via Datenfunk Wichtig ist diese Frage vor allem für die weitere Ein- auszutauschen, ist sicherlich begrüßenswert, jedoch setzbarkeit des Fahrers. muss sichergestellt sein, dass sich ein solches Ver- Was früher alles akustisch wahrgenommen wurde, fahren am AC3 umsetzen lässt. Zur Zeit sieht es so aus, soll nun das Auge leisten. Hinzu kommt, dass jede dass die visuelle Kapazität des Controllers, besonders neue Zuweisung von Aufträgen mühsam eingegeben zu verkehrsstarken Zeiten, beinahe vollständig durch werden muss. Was früher einfach und schnell per Funk die notwendige Beobachtung/Kontrolle des Verkehrs abgewickelt wurde, nimmt nun die volle Konzentration gebunden sind. Die zusätzliche Überwachung eines des Lotsen in Anspruch. Es ist wohl einleuchtend, dass Systems ist daher nicht zumutbar und auch nicht zu dies bei mittlerem bis hohem Verkehrsaufkommen eine verantworten. Das Prinzip „Sehen statt Hören“ funk- deutliche Mehrbelastung für die Controller bedeutet. tioniert nur, solange eine visuelle Aufnahme möglich Nach einem Testbetrieb im Bereich der Rampe Ost, ist. Unumstritten dürfte sein, dass die Aufnahmemög- in dem erste technische Probleme ausgemerzt wurden, lichkeiten mit Sehen und Hören vielseitiger sind. folgte ein Testbetrieb in der Hauptstelle. Dabei zeigte Angesichts dieser bisherigen Ergebnisse scheint sich, dass der Einsatz von FOGS an diesem Arbeits- es dringend notwendig, das System FOGS grundle- platz in „Reinform“ nur schlecht möglich ist. Da die gend zu überdenken und gegebenenfalls andere Follow-Me Fahrer nur die Positionsfreimeldung über Möglichkeiten zur Entlastung des Arbeitsplatzes AC3 Funk durchgaben, band das System bei steigendem zu finden. der flugleiter 2006/04 36
Reportage / Alltag Wenn Tania in die kleine Maschine klettert, die ein paar Jahre älter ist als sie selber, dann sieht selbst das elegant aus. Wenn sie die Haare zum Pferde- schwanz bindet. Erst wenn sie den Kopfhörer auf- setzt, das Mikro vor den Mund klemmt, konzentriert schaut, ernst und älter, dann ist sie plötzlich nicht mehr das Mädchen, sondern die Buschpilotin. Wenn sie noch vorm Start den ersten Funkspruch absetzt, einen Blick auf den Wetterbericht wirft und ihre Brille aufsetzt, die im Cockpit bereit lag. Draußen hatte sie sie nicht getragen. Sie mag sie nicht. Sie mag sich damit nicht, und Robert hatte diesmal Fotos von den Startvorbereitungen gemacht. „Einen Traum fern vom Buschpilotenleben habe ich“, ruft Tania plötzlich durchs geöffnete Seitenfenster der Cessna-Cockpit- tür, ehe sie 350 Meter Anlauf Richtung Trout Lake nimmt. „Ein Foto von mir in der italienischen Vogue! Das wäre das Größte!“ Robert drückt auf den Auslöser. Für alle Fälle. Turn left right now von Heute wieder einmal eine Folge aus der losen Reihe mit Ralph dem Titel „turn left right now“, meinem ATC Lieblingsspruch. Eine andere Besonderheit war die Cleverness Reinwarth (Thanks to Cpt. Col.MY/ FVK14/15). Jeder hat so seinen Lieb- britischer Airline-Profis, die genau wussten, lingsspruch. wie man ATC bescheisst. Die sind hinterein- ander an der Runway gestanden, haben die Der eine schwört auf „climb on Runway-Heading, der gleiche Destination, fliegen beide das gleiche Muster, andere auf „whichever requires the lesser bank“, mein wollen beide den gleichen level, sehen den anderen Alternate-Lieblingsspruch wäre „acknowledge by vor sich fliegen und haben dennoch nichts besseres rocking your wings“, alles callouts, die für einen so- zu tun, als bei jedem Frequenzwechsel den level des genannten Dünnluftcontroller so richtig Sinn machen. anderen zu requesten. Irgendeine Kollege wurde dann Am Anfang der Serie habe ich die beiden großen Illu- trotzdem immer weichgeklopft und zeigte seinen gut- sionen der Flugsicherung beschrieben, die da wären en Willen, indem er den ersten nach der Machnumber Parallel Headings und Same Speed. Aus aktuellem fragte. Die hörte der hinten natürlich mit und reporte- Anlass bedürfen diese beiden Phänomene eines te prompt die gleiche, regardless of real speed. (Das Amendments. wurde dann untereinander auf der 123.45 glattgezo- gen, die internationale Cockpit-Schwafel Frequenz, Mach-Number lange Zeit die Frequenz von Speyer-Tower, meinem In unseren Gefilden arbeitet man mit Machzahlen, was langjährigen Wohnort, da konnte man sowas mit- die Speeds betrifft. Die Kommunikation war bis jetzt hören). fast immer eindeutig, was die „Machnumber“ betraf, Aus jener Zeit stammt die Regel, dass, wenn man bis auf die paar Ausfälle mit den „Reach“, die ja vor- die ehrlichere Antwort hören will, den hinteren zuerst mals „MAC“ hiessen, für „Military Airlift Command“, fragt. Dessen hat sich wohl jetzt einer bei der ICAO gefolgt von einer Tripnumber. Da konnte die eigent- mal erinnert, und hat die „True Machnumber“ einge- lich harmlose Frage „what is your Machnumber“ führt, die ungelogene. Einen anderen Sinn kann das schonmal falsch gedeutet werden, und der hat einem nicht haben, Machzahl ist immer eine Größe der True in zunehmender Verzweiflung die Tripnumber erzählt Airspeed und es gibt nur die eine. Man hat das bis statt der gefragten Speed in Mach.“MAC 2841, what jetzt keinem schlüssig erklären können, ähnlich der is your Machnumber?“ Antwort: „MAC 2841“ höchst- Reduktion unseres Arbeitsbereiches von unlimited auf wahrscheinlich gefolgt von der Mikro-zu-Frage an sei- FL660, ebenso ein Mythos wie die Änderung der climb/ nen Co: „Why the hell is this Kraut asking us?“ Das descent-Rates von „or more“ auf „or greater“. Da ver- konnte dann schon mal länger dauern. selbstständigt sich irgendwas im Bürokratendschungel der flugleiter 2006/04 48
Alltag und man findet keine kompetente Erklärung. Die wird worauf mir nichts besseres einfiel als zu sagen: „Ich natürlich auch nicht mitgeliefert, weil unsere Unter- glaube, der hat ein Estimate für Dich!“ Ich habe mich nehmenszentrale ja keinen Support für die Niederlas- dann erbarmt, im Sinne des zügigen Produktionspro- sungen leistet, sondern im Gegenteil die Niederlas- zesses und habe es aufgenommen, schließlich kam sungen immer mehr damit beschäftigt sind (zusätzlich) der Trainee frisch von der Akademie, ich meine - wo- Alimentation für die Abteilungen der Zentrale zu liefern, her soll der wissen, was ein Estimate ist - das lernt so scheint es. man halt im OJT. Kann aber auch danebengehen, wenn man auf erfahrene Leute trifft. Das ging mir mal Parallelen so mit einem ganz erfahrenen Flight Data Assistant, Zu der Überschrift fällt mir immer der Wetterlehrer dem ich ein TGO-Estimate durchgeben wollte. Klar, Ittner ein, der nie wusste, wo bei dem Wort die l´s sagte er, go ahead! Also ging ich „ahead“ und sagte hinkommen, aber es gibt noch andere Besonderheiten, „Estimate Tango F-O-G-S-I“, was er augenblicklich wie die parallel Headings, oft gebraucht um die Kun- konterte mit den wissenden (und seinerzeit korrek- denzufriedenheit zu erhöhen, manchmal auch unsin- ten) Worten: „Dös gibts net, a Registräischen mit 6 nig im guten Glauben, dass … Buchstobn!“ Wohl wahr, aber so war es ja eigentlich Meine ursprüngliche Ausführung zum Thema gip- nicht. Wir konnten das dann friedlich aufklären. felte in der Erkenntnis, dass entgegengesetzt der in der Schule gelernten Behauptung, parallele Geraden New Destination schneiden sich erst in der Unendlichkeit, das bei par- Aufklärung verlangte auch ein Pilot von uns, als er ei- allelen Headings schon viel früher der Fall sein kann, nen Level wollte, der sichtbar von einem vor ihm flie- im hier und jetzt und immer überraschend. Neulich genden Jumbo besetzt war, von dem er aber glaubte, durfte ich einer neuen Variante zuhören, wahrschein- ihn demnächst haben zu können, weil er mit seiner 737 lich die Antwort auf meine Frage, was denn wird, um einiges langsamer war. „What is the Destination wenn Proficiency-Check auf PISA-Studie trifft. of that 747 ahead of us?“ war seine Frage. Die Antwort kam prompt, als Trainee will man sein Fachwissen ja Die gestellte Koordinationsfrage: auch mal anbringen, es handelte sich um LLBG, also „Reference A-line 123 and B-line 234“ „go ahead!“ „Tel Aviv Le Bourget“. Na dann - aber fragt mal Nanda „nimmste die beiden parallel?“ nach ihrer Geschichte mit dieser Destination, die ist Gegenfrage: „wer ist denn vorne?“ noch schöner! Take Care! Da staunt der Fachmann und der Laie wundert sich, gibt es jetzt so eine Art von serieller Parallelität, aber ich hatte keinen Leistungskurs Geometrie belegt, wer weiß? Schriftergonomie Einen Leistungskurs in Ergonomie könnten unsere Schriftendesigner mal besuchen, diese vielen ver- schiedenen Fonts können auch zu Irritationen führen; so wurde der vom Coordinator zwecks einer „Revision“ mit „Five Oskar India India India“ titulierte Flieger vom Radaristen mit „SAM zero triple-one“ angesprochen, wodrauf der auch artig hörte. Und es war kein Früh- dienst, wie früher in dem ähnlich gelagerten Fall des „Papa Alpha Oskar Oskar India“, der nicht hörte, weil es sich laut glaubhafter Aussage eines ganz nüchter- nen Kollegen um den „Clipper 1“ handelte. Estimates Aber da gab es schon immer krasse Gegensätze, was das Zugeben eines Fauxpas betrifft. Ich erinnere mich an den sehr schönen Spruch „jetzt haste mir mein Estimate kaputtgevectored“ als Ausdruck der Empö- rung eines Co´s gegen seinen Radaristen, weil sein Estimate nicht passte. Das ist aber auch eine ausster- bende Kunst. „Ich hab´n Estimate für Dich“ sagte neu- lich der Frankfurter Kollege am Telefon (Who the hell is Langen?), mein Trainee schaute mich ungläubig und mit waidwundem Blick an und fragte: „Was will der?“, 49 der flugleiter 2006/04
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