SpeKtrumOKTOBER 2016 - Herausforderungen in der Finanzwirtschaft - Hochschule Ludwigshafen

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SpeKtrumOKTOBER 2016 - Herausforderungen in der Finanzwirtschaft - Hochschule Ludwigshafen
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                                                                    OKTOBER 2016

Herausforderungen         Neuer Studienschwerpunkt     Flexibler Studieren:
in der Finanzwirtschaft   am Ostasieninstitut: Korea   Offenes Studienmodell LU
SpeKtrumOKTOBER 2016 - Herausforderungen in der Finanzwirtschaft - Hochschule Ludwigshafen
INHALT
                                         TITELTHEMA
                                         Finance-Studiengänge:
                                         Herausforderungen und Chancen in der Finanzwirtschaft ...........................................                                                 4
                                         Vorausschauend planen: „Unternehmensnachfolge“......................................................                                              6
                                         Die Weisheit der Masse:
                                         Können Anleger von Schwarmintelligenz profitieren? ....................................................                                           8
                                         Öffentliche Unternehmen im Fokus der Forschung .........................................................                                         12

                                         AKTUELL
                                         „Digitale Transformation“
                                         als Herausforderung für die Unternehmenssteuerung ..................................................                                             16
Vorbereitende Baumaßnahmen für           Hochschule Ludwigshafen – Quo vadis? ...............................................................................                             18
den Bau der Kita auf dem Gelände des     An der Schnittstelle von Theorie und Praxis:
Studierendenparkplatzes
                                         1. Ludwigshafener Marketinggespräche .................................................................................                          22
                                         9. Ludwigshafener Personalgespräche: „Zwischen Bewegung und Balance“ ........                                                                   24
                                         20 Jahre eigenständige (Fach-)Hochschulen des Landes Rheinland-Pfalz ..............                                                             26
IMPRESSUM
                                         Ein Hoch auf unsere Absolventinnen und Absolventen:
Spektrum, Zeitschrift der Hochschule     Studienabschlussfeier der Hochschule Ludwigshafen ....................................................                                          28
Ludwigshafen am Rhein, erscheint
                                         Ein starker Partner für die Hochschule:
dreimal im Jahr. (Als PDF-Version auf:
www.hs-lu.de/spektrum)                   Die Graduate School Rhein-Neckar wird 10 Jahre alt .......................................................                                      30
Die Beiträge geben die Meinung der       „50 PLUS“-Vorlesungsreihe: Neues Programm liegt vor ..................................................                                          32
Autoren wieder. Der Nachdruck von        Kinder in die Hochschule! ............................................................................................................          33
Beiträgen ist nach Absprache möglich.    Einblicke und Perspektiven: Studium Generale 2016/2017 ............................................                                             34
Herausgeber
Der Präsident der Hochschule
Ludwigshafen am Rhein, Ernst-Boehe-
                                         INTERNATIONAL
Straße 4; 67059 Ludwigshafen             Ostasieninstitut startet mit neuem Studienschwerpunkt Korea ............................... 36
Redaktion
                                         Summer School 2016: Studierende aus Japan und China zu Gast ............................. 40
Dr. Elena Wassmann (ew), (v.i.S.d.P.);   „Empower”: Harvard Project for Asian
E-Mail: elena.wassmann@hs-lu.de,         and International Relations (HPAIR) in Hongkong ............................................................. 42
Ute Sahmel (us);                         „My Erasmus experience” – Von Bratislava nach Ludwigshafen ................................. 46
E-Mail: ute.sahmel@hs-lu.de              „Neue Normalität“ in der VR China .......................................................................................... 48
Korrektorat
Astrid Hainich,
E-Mail: info@astridhainich.de            FORSCHUNG & LEHRE
Satz, Grafik und Layout                  Herausforderung Pflegeberufsgesetz –
Alexandra Steppat,                       Plädoyer für einen kritisch-konstruktiven Umgang ......................................................... 50
E-Mail: info@xenosign.de                 Flexibler Studieren – Offenes Studienmodell Ludwigshafen ....................................... 54
Anzeigen und Vertrieb                    Willkommen bei Wikipedia!
Ute Sahmel, Stabsstelle Hochschul-       Wikipedia-Artikel als wissenschaftlicher Leistungsnachweis ....................................... 57
kommunikation, Tel.: 0621/5203-346;
                                         Früh übt sich …................................................................................................................................... 58
E-Mail: ute.sahmel@hs-lu.de
                                         Im Tandem: Zu zweit geht’s einfach besser! ........................................................................ 60
Druck
repro|concept rhein-neckar;              Deutschlandstipendium: Förderer gesucht! ........................................................................ 61
Postfach 10 03 35; 67403 Neustadt an     „Open Dinner“ – Begegnung und Kommunikation im öffentlichen Raum ............ 62
der Weinstraße, Tel.: 06321/18524-0;     „Logistik goes BASF“ Teil 2 ............................................................................................................ 64
Fax: 06321/185277;
E-Mail: info@repro-concept.de
Bildnachweis
                                         ALUMNI
Titelbild: Colourbox                     „Digitale Transformation – Industrie 4.0“ ............................................................................. 65
Wenn nicht anders vermerkt:              Wechsel im Vorstand ..................................................................................................................... 66
Hochschule Ludwigshafen am Rhein         Geschäftsstelle Alumni unter neuer Leitung ...................................................................... 66
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Man muss noch Chaos in sich haben, um
einen tanzenden Stern gebären zu können.
Friedrich Nietzsche („Also sprach Zarathustra“)

Liebe Leserinnen und Leser,

über den zurückliegenden Sommer waren Teile der Hoch-         Apropos Baumaßnahmen: Es geht los!
schule im Ausnahmezustand. Aufgrund der Bauaktivitä-          Seit Juli sind wir auf dem Campus Ernst-Boehe-Straße mit
ten, die sich aus neuen Brandschutzvorgaben ableiteten,       den Baggern und Baufahrzeugen auf „Du und Du“. Die
wurden fast alle Standorte in der vorlesungsfreien Zeit       Bodenarbeiten wurden begonnen und führen direkt über
mit teilweise erheblichen Belastungen hinsichtlich Lärm       die Grundsteinlegung zu den Bauaktivitäten. Im Herbst
und Schmutz konfrontiert. Viele Büros mussten frei-           2017 soll es dann soweit sein: Die Kindertagesstätte der
geräumt beziehungsweise verlagert werden und dies             Hochschule Ludwigshafen wird eröffnet. Ohne Frage ein
teilweise innerhalb von Tagen oder sogar Stunden. Für         Meilenstein für unsere Hochschule!
unser Facility-Team und das IT-Service-Center bedeutete
dies Schwerstarbeit, aber auch für alle direkt betroffenen    Mit der Bereitstellung der projektierten Campuserwei-
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stellte die Situation eine   terung wird dann bis 2020/2021 gerechnet.
große Herausforderung dar. Wenngleich man manches
seitens der eingesetzten Baufirmen zweifellos besser          In der vorliegenden Spektrum-Ausgabe haben wir uns
hätte regeln können, kann festgestellt werden, dass           wieder bemüht, ein breites Themenspektrum bereitzu-
unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter das teilweise         stellen. Wir freuen uns, erneut ein wissenschaftliches
gegebene oder zumindest gefühlte Chaos gut bewäl-             Kompetenzfeld unserer Hochschule sichtbar machen zu
tigt haben. Die durchaus nicht einfachen Bedingungen          können: und zwar im finanzwirtschaftlichen Bereich, wo
haben sogar in vielen Fällen einen bemerkenswerten            wir in Studium und Lehre sowie Forschung und Transfer
Teamspirit angeschoben. Da half man sich gegenseitig          über ausgezeichnete Angebote und kompetente Akteure
und bot kurzerhand Arbeitsmöglichkeiten an Plätzen, die       verfügen.
urlaubsbedingt frei waren, an. Aus auf die Schnelle für
die Verwaltungsarbeit bezogenen Vorlesungsräumen mit          Ich wünsche Ihnen viel Freude beim Lesen.
improvisierter Infrastruktur entwickelten sich auch neue
Perspektiven. Es war beeindruckend, wie viel ungeachtet       Herzliche Grüße
des Unmußes im Hause geleistet wurde. Die Hochschule
hat in der Außenwahrnehmung funktioniert, so dass             Ihr
kaum einer vermutet hätte, welches Chaos sich dort
punktuell abspielte.

                                                              Prof. Dr. Peter Mudra, Hochschulpräsident
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    Finance-Studiengänge:

    Herausforderungen und
    Chancen in der Finanzwirtschaft
    von Gösta Jamin

    Sowohl Finanzdienstleistungsunternehmen als auch die         sehr günstige Bedingungen, um langfristiges Wachstum
    betriebliche Finanzwirtschaft sehen sich großen Heraus-      zu finanzieren. Und nicht zuletzt sind kreative Köpfe ge-
    forderungen gegenüber. Die Niedrigzinsen setzen tradi-       fragt, um die neuen digitalen Finanzdienstleistungen der
    tionelle Geschäftsmodelle von Banken, Versicherungen         Zukunft zu entwickeln. Auch im Treasury und Controlling
    und auch die betriebliche Altersvorsorge unter Druck, die    von Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen
    Regulierung stellt hohe Anforderungen an alle Beteiligten,   sind Mitarbeiter mit hochwertigem Finanzprofil gesucht.
    die Digitalisierung verändert massiv das Verhalten von
    Kunden und Investoren, und die hohe Volatilität an den       Grundständige Studienprogramme
    Finanzmärkten erschwert eine stabile Refinanzierung          Absolventinnen und Absolventen der beiden grundständi-
    von Unternehmen.                                             gen Studienprogramme „Finanzdienstleistungen & Corpo-
                                                                 rate Finance“ (sechssemestriger Bachelor) und „Finance &
    Finanzwirtschaftlich hervorragend ausgebildete Fach-         Accounting“ (viersemestriger Master) werden systematisch
    leute haben in diesem anspruchsvollen Marktumfeld            qualifiziert, um die oben beschriebenen Chancen nut-
    gleichzeitig große Chancen. Geldanleger haben einen          zen zu können. Die Studieninhalte sind funktional und
    großen Beratungsbedarf, um im Niedrigzinsumfeld ihr          branchenbezogen ausgerichtet. Das bedeutet, dass die
    Geld renditeträchtig und dennoch sicher anzulegen. Ver-      Absolventinnen und Absolventen eine Tätigkeit bei Finanz-
    sicherungsunternehmen und Pensionskassen benötigen           dienstleistern (Banken, Versicherungen, FinTechs) und auch
    aus dem gleichen Grund neue Anlagestrategien. Für Un-        in der betrieblichen Finanzwirtschaft von Unternehmen
    ternehmen ergeben sich auf Grund der niedrigen Zinsen        unabhängig vom Wirtschaftszweig aufnehmen können.
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TITELTHEMA         5

Das Portfolio finanzwirtschaftlicher Studiengänge reicht vom Bachelor
über den Master bis hin zum berufsbegleitenden Fernstudium.
Auch ein individuelles Zertifikatsstudium ist möglich.

        Die finanzwirtschaftlich-fachlichen Inhalte werden durch        samstags statt, um mögliche Konflikte mit beruflichen
        die Vermittlung wichtiger Schlüsselkompetenzen er-              Verpflichtungen zu minimieren.
        gänzt: Dazu zählen die externe Berichterstattung von
        Unternehmen, Beratungs- und Führungskompetenzen                 Individuelles Zertifikatsstudium
        sowie die Fähigkeit zur Nutzung unterstützender IT (wie         Neben dem MBA-Studium mit seinem international
        zum Beispiel ERP-Systeme oder Business Intelligence).           anerkannten, hochwertigen Titel gibt es weitere Ab-
        Nicht zuletzt gehören eine starke Praxis- und Anwen-            schlussoptionen: Wer erst später ein volles MBA-Studium
        dungsorientierung zur Philosophie der Programme, die            aufnehmen möchte oder eine spezielle Zusatzqualifika-
        unter anderem in praktischen Abschlussarbeiten und der          tion benötigt, entscheidet sich für ein individuell zuge-
        Möglichkeit eines Pflichtpraktikums beziehungsweise             schnittenes Zertifikatsstudium: Je nach persönlichem
        Auslandssemesters zum Ausdruck kommen.                          Qualifizierungsbedarf kann man ein Modul aus zwei bis
                                                                        vier Einzelveranstaltungen oder mehrere Module bis
        MBA-Fernstudiengang Finance, Strategie & Accouting              zu 60 ECTS aus dem Weiterbildungsprogramm selbst
        Im Sommersemester 2015 wurde der MBA-Fernstudien-               zusammenstellen.
        gang „Finance, Strategie & Accounting“ als neuer Weiter-
        bildungsstudiengang gestartet, um dem zunehmenden               Verzahnung von Forschung und Lehre durch das Finance-
        Bedarf nach anspruchsvoller Management-Qualifizierung           Institut
        parallel zur Berufstätigkeit Rechnung zu tragen. Das            Das Finance-Institut der Hochschule Ludwigshafen dient
        Programm richtet sich an Berufstätige mit einem bereits         der Bündelung der Forschungs- und Transferaktivitäten
        vorher erworbenen akademischen Abschluss und min-               im Bereich der Finanzwirtschaft und der Sicherstellung
        destens einjähriger Berufstätigkeit. Somit ist es ebenso        einer praxis- und forschungsnahen Lehre in den drei
        interessant für Professionals aus technischen, natur-           finanzwirtschaftlichen Studiengängen. Ein beispielhaf-
        wissenschaftlichen und juristischen sowie geistes- und          tes aktuelles Projekt ist die Untersuchung der „Weis-
        sozialwissenschaftlich geprägten Funktionen wie für             heit der Masse“ auf Social-Trading-Plattformen und die
        wirtschaftswissenschaftlich ausgebildete Interessenten,         Entwicklung darauf aufbauender Anlageprodukte (vgl.
        die ihre Kompetenzen in den Disziplinen Finance sowie           nachfolgender Beitrag). Dieses Projekt steht beispiel-
        Strategie und Accounting marktgerecht erweitern und             haft für den Anspruch des Instituts: theoriebasierte
        sich zusätzlich die notwendigen Fertigkeiten im Bereich         Lösung praktischer Fragestellungen, Einbeziehung von
        Personalführung und Coaching aneignen wollen. Wie in            Studierenden in die Forschungsarbeit im Rahmen von
        MBA-Studiengängen üblich, werden nicht nur die durch            Abschlussarbeiten und Übertragung der gewonnenen
        den Titel „Finance, Strategie & Accounting“ angedeuteten        Erkenntnisse in die laufenden Lehrveranstaltungen der
        Kompetenzen vermittelt, sondern es erfolgt eine breit           finanzwirtschaftlichen Studiengänge.
        angelegte General-Management-Ausbildung, die es den
        Absolventinnen und Absolventen ermöglichen soll, später
        in ihren Unternehmen in herausgehobenen Fach- und
                                                                           Informationen zu den grundständigen Finance-
        Führungspositionen zu arbeiten.
                                                                           Studienangeboten: www.bachelor-finanzen.info
                                                                           www.hs-lu.de/studium/master/finance-accounting.
        Das Studium mit insgesamt 120 ECTS erstreckt sich über
                                                                           html
        insgesamt fünf Semester. Dabei sind die Studienformate
        speziell auf die Bedürfnisse Berufstätiger ausgerichtet. Die       Informationen zum MBA-Fernstudiengang Finance,
        zum Selbststudium bereitgestellten Materialien bestehen            Strategie & Accounting und dem Zertifikatsstudium
        einerseits aus klassischen Fernstudienmaterialien wie              unter: www.mba-fsa.de
        Studienbriefen, Übungsaufgaben mit Lösungshinweisen
        oder vertiefenden Literaturempfehlungen und anderer-               Informationen zum Finance-Institut der Hochschule
        seits aus modernen eLearning-Inhalten. Die Präsenztage             Ludwigshafen: www.finance-lu.de
        (5 bis 10 pro Semester) finden ausschließlich freitags und
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       Vorausschauend planen:

       „Unternehmensnachfolge“
       von Timo Defren

                                 Am 28. Juni 2016 veranstaltete das Finance-Institut der
                                 Hochschule Ludwigshafen einen Vortragsabend zum Thema
                                 „Unternehmensnachfolge“. Referenten aus der Praxis boten
                                 informative Kurzvorträge zu relevanten Bereichen der Unter-
                                 nehmensnachfolge und stellten sich anschließend den Fragen
                                 des Auditoriums. Die große Resonanz auf die Veranstaltung –
                                 rund 70 Gäste waren der Einladung gefolgt – zeigt die
                                 Bedeutung des Themas.
Geballtes Expertenwissen zum
Thema Unternehmensnachfolge

       Dr. Timo Defren, Professor für Corpo-     nach einem passenden Nachfolger            einen fundierten Vortrag zu den
       rate Finance und Kapitalmarkttheorie      eingingen. Zudem widmeten sie              rechtlichen Aspekten der Unter-
       sowie Institutsmitglied, organisierte     sich der Due Diligence als zentrale        nehmensnachfolge. Dabei nahm
       die Veranstaltung und zeigte sich mit     Risikoprüfung einer Transaktion und        sie eine Differenzierung zwischen
       dem Erfolg hoch zufrieden: „Dass das      den Methoden der Unternehmens-             der familieninternen und -externen
       Thema für viele Unternehmer in den        bewertung. Am Ende ihres Vortrags          Übergabe vor. Der Schlussvortrag
       nächsten Jahren eine hohe Relevanz        diskutierten sie Fallbeispiele aus ihrer   erfolgte durch Dr. Michael Böhmer,
       besitzt, spiegelte die große Resonanz     beruflichen Praxis.                        Partner seiner gleichnamigen Steu-
       wider. Mit einem so großen Publikum                                                  erberaterkanzlei in Ludwigshafen, zu
       haben wir nicht gerechnet.“               Jede Unternehmensnachfolge erfor-          den steuerlichen Fallstricken bei der
                                                 dert eine Finanzierung. Die HypoVer-       Unternehmensnachfolge. Den Fokus
       Auch Hochschulpräsident Professor         einsbank ist in diesem Bereich ein         legte er dabei auf die ertragsteuerli-
       Dr. Peter Mudra wies in seiner Be-        Finanzierungsspezialist und hat zahl-      chen Besonderheiten beim Kauf eines
       grüßung auf die Wichtigkeit solcher       reiche Übernahmen in der Vergan-           Unternehmens und auf die Folgen
       Veranstaltungen hin und betonte den       genheit mit finanziert. Martin Stoll,      der unentgeltlichen Übergabe.
       Bezug auf den Praxistransfer zwi-         Leiter der Unternehmer Bank am
       schen Hochschule und Wirtschaft.          Standort Mannheim, ging zunächst           Der Abend endete mit lebhaften
       Diesen Mix aus Theorie und unter-         auf die wesentlichen Rahmendaten           Diskussionen bei einem kleinen Um-
       nehmerischer Praxis boten denn auch       einer Finanzierung, wie zum Beispiel       trunk. Das Finance-Institut bedankt
       die Vorträge erfahrener Praktiker, die    Sicherheiten oder den maximalen            sich sehr herzlich bei allen Referenten
       das Finance-Institut für die Veranstal-   Anteil eines Bankkredits, ein. Im An-      und Helfern rund um die Veranstal-
       tung gewinnen konnte.                     schluss beschrieb er ausführlich vier      tung. Aufgrund des großen Erfolgs
                                                 konkrete Beispiele zur Finanzierung        sind bereits weitere Vortragsabende
       Den Auftakt machte die Firma CF           von Übernahmen im Mittelstand.             zu relevanten Praxisthemen in kon-
       Advisors, deren Partner Professor Dr.                                                kreter Planung.
       Philipp Sandner und Nico Konrad den       Rechtsanwältin Mona-Larissa Staud
       Prozess einer Unternehmensnach-           von der Gesellschaft Castle Law            Nähere Informationen unter:
       folge erklärten und auf die Suche         GmbH mit Sitz in Frankfurt hielt           http://finance-lu.de
SpeKtrumOKTOBER 2016 - Herausforderungen in der Finanzwirtschaft - Hochschule Ludwigshafen
SpeKtrumOKTOBER 2016 - Herausforderungen in der Finanzwirtschaft - Hochschule Ludwigshafen
Die Weisheit der Masse:
Können Anleger von
Schwarmintelligenz profitieren?
von Timo Defren und Gösta Jamin

Zwei Mitglieder des hochschulzugehörigen Finance-Instituts, Dr. Timo Defren, Professor für Kapitalmarktthe-
orie und Corporate Finance, und Gösta Jamin, Professor für Finanzwirtschaft und Bankbetriebslehre, analy-
sieren im Rahmen einer groß angelegten Studie die Portfolios der Social-Trading-Plattform wikifolio.com.
Hier erläutern sie, unter welchen Voraussetzungen sich Anleger die Schwarmintelligenz anderer Inves-
toren zunutze machen können und wie Social-Trading-basierte Finanzprodukte aussehen könnten.

Die Digitalisierung der Finanzbranche ist in vollem Gan-   relativ gering ist, kann diese neue Form des Investierens
ge. Immer mehr junge Start-ups der Fintech-Branche         künftig eine Konkurrenz zu klassischen Investmentfonds
(= moderne Technologien im Bereich der Finanzdienst-       darstellen und möglicherweise ganz neue Anlagekon-
leistungen, Anm. d. Red.) sind dabei, den Banken durch     zepte schaffen.
digitale Finanzdienstleistungen Geschäft abzujagen.
Unter den neuartigen Dienstleistungen hat sich das so      Neben der Schaffung von mehr Transparenz hinsichtlich
genannte Social Trading in den letzten Jahren als ein      des Anlageprozesses stellt sich die praxisrelevante Frage,
Geschäftsmodell etabliert.                                 inwieweit Anleger auf Social-Trading-Plattformen von
                                                           der Weisheit der Masse oder auch Schwarmintelligenz
Social Trading gewinnt zunehmend an Popularität            profitieren können. Hierunter versteht sich, dass eine
Social Trading ist eine neue Form der unregulierten An-    große Masse im Durchschnitt fähig ist, bessere Entschei-
lageberatung und Vermögensverwaltung, die sich bisher      dungen als ein einzelnes Mitglied der Masse zu treffen.
hauptsächlich an Privatanleger richtet. Hierbei bieten     Bezogen auf die Weisheit der Masse im Rahmen von
neue Plattformen die Möglichkeit an, Portfolios nach-      Social-Trading heißt dies, dass eine große Gruppe von
zubilden, die von Börsenverlagen, von professionellen      Portfolios im Durchschnitt ein besseres Ergebnis als diver-
Vermögensverwaltern, aber ebenfalls auch von erfah-        se Vergleichsindizes erzielt beziehungsweise Anleger im
renen Privatinvestoren gemanagt werden. Auch wenn          Aggregat in der Lage sind, überlegene Anlagestrategien
das investierte Kapital auf diesen Plattformen noch        zu identifizieren.
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TITELTHEMA          9

Führt Schwarmintelligenz zu überlegenen Anlagestra-          beruflichem Hintergrund sowie die Auswertung unter-
tegien?                                                      schiedlicher Informationsquellen vermuten lassen.
Dem aus der sozialwissenschaftlichen Forschung stam-
menden Phänomen der Schwarmintelligenz widmet sich           Weitere Datenanalysen sollen vorläufige Ergebnisse
das aktuell durchgeführte Forschungsprojekt am Beispiel      bestätigen
der Social-Trading-Plattform wikifolio.com. Im Hinblick      Erste Indikationen zeigen, dass die Weisheit der Masse
auf die Analyse der Weisheit der Masse im Rahmen von         bei der Gruppe der Signalgeber vorliegen könnte und dass
Social Trading lassen sich zwei Gruppen unterscheiden:       sich vor allem langfristig eine durchschnittliche Outper-
                                                             formance (= Wertpapiere, die eine bessere Kursentwick-
Zum einen handelt es sich um die Gruppe der Signalfolger     lung versprechen als der Gesamtwert, Anm. d. Red.) der
(Anleger in Wikifolios), die verschiedene Handelsstra-       Wikifolios gegenüber Vergleichsindizes erzielen lassen
tegien über den Kauf von Zertifikaten direkt nachbil-        kann. Die Firma wikifolio.com zeigt an diesen vorläufigen
den können. Schwarmintelligenz läge bei Signalfolgern        Ergebnissen ein großes Interesse und ist daher mit dem
dann vor, wenn diese im Durchschnitt in der Lage wären,      Finance-Institut seit Juni dieses Jahres eine Forschungs-
systematisch die erfolgreichsten Einzelstrategien zu         kooperation eingegangen. Da sich die bisherigen Analysen
identifizieren.                                              aufgrund des begrenzten Datenzugangs noch nicht als
                                                             valide erachten lassen, stellte das Unternehmen dem
Zum anderen gibt es die Gruppe der Signalgeber (Verwal-      Institut eine große Datenmenge zur Verfügung. Auf
ter der Wikifolios), die ihre Anlagestrategien direkt über   dieser Basis soll durch weiterführende Analysen heraus-
ein Musterportfolio anbieten können. Von Schwarmin-          gefunden werden, ob die Masse zu einem überlegenen
telligenz könnte man bei Signalgebern dann ausgehen,         Anlageergebnis kommen kann.
wenn die durchschnittliche Anlageperformance der an-
gebotenen Anlagestrategien besser wäre als die eines         Das Forschungsprojekt soll unter anderem auch die Frage
geeigneten Vergleichsindexes oder die von professionell      beantworten, wie die verteilte Intelligenz der Aufleger von
verwalteten Anlageportfolios.                                Wikifolios vor allem dem langfristigen Anleger Nutzen
                                                             stiften kann. Sollte die Weisheit der Masse tatsächlich zu
Weisheit der Masse oder Herdenverhalten?                     überlegenen Anlageergebnissen führen können, besteht
Damit die Weisheit der Masse überhaupt vorliegen kann,       die Aufgabe der Praxis darin, geeignete Anlageprodukte
müssen grundlegende Voraussetzungen erfüllt sein. Bezo-      für einen breiten Anlegerkreis zu entwickeln. Damit könn-
gen auf die Gruppe der Signalfolger scheint das Vorliegen    ten womöglich auch diejenigen Anleger angesprochen
der Schwarmintelligenz bereits an der Voraussetzung der      werden, die bisher keinen aktiven Zugang zum Kapital-
Unabhängigkeit der Mitglieder zu scheitern. So müssten       markt finden, jedoch über große Anlagesummen verfügen,
Anleger ihre Anlageentscheidungen idealerweise voll-         die es in der aktuellen Niedrigzinsphase anzulegen gilt.
ständig unabhängig und losgelöst von beeinflussenden
Faktoren treffen. Es zeigt sich jedoch, dass die Auswahl     Praktische Implikationen für die Entwicklung eines
überwiegend auf Basis von historischen Renditen erfolgt      Anlageprodukts
und damit eher ein Fall von Herdenverhalten der Anleger      Um die Entwicklung von Social-Trading-basierten Anla-
vorliegt.                                                    geprodukten weiter voranzutreiben, werden die beiden
                                                             Professoren Defren und Jamin zusammen mit einem
Anders sieht das Bild in Bezug auf die Gruppe der Signal-    Masterstudenten zahlreiche weitere Analysen mit den
geber aus. Im Wesentlichen sind die zentralen Vorausset-     zur Verfügung gestellten Daten durchführen. Neben
zungen für das Vorliegen von Schwarmintelligenz erfüllt.     reinen Performance-Analysen werden vor allem folgen-
Insbesondere treffen die einzelnen Wikifolio-Verwalter       de praktische Implikationen mit Finanzdienstleitern zu
ihre Anlageentscheidungen selbst und werden größ-            klären sein:
tenteils in ihrem Handeln nicht von einer Institution
beeinflusst. Zudem liegen sehr viele verschiedenartige       ■   Damit Anleger von der Weisheit der Masse profitieren
Anlagestrategien vor, die eine hohe Vielfalt unter den           können, müssen spezifische Anlageprodukte geschaffen
Verwaltern mit unterschiedlichem persönlichem und                werden. Denkbar ist die Auflegung von sogenannten
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10   TITELTHEMA

         Dach-Portfolios, die sämtliche Einzelanlagen bündeln            nach Regionen (z.B. Europa oder USA), nach Anlageklas-
         und es Anlegern ermöglichen, in ein „durchschnittliches         sen (z.B. Aktien oder Anleihen) und nach Anlagedauer
         Portfolio“ zu investieren, das vergleichbar einer passi-        (z.B. kurzfristiges Trading oder langfristiges Investieren)
         ven Anlage in ein Indexzertifikat wäre. Technisch sind          möglich. Die Entwicklung geeigneter Filterkriterien
         Social-Trading-Plattformen zwar bereits heute in der            und -mechanismen ist für eine effiziente Auswahl des
         Lage, Dach-Portfolios aufzulegen, allerdings erfüllen           Anlegers jedoch erforderlich.
         diese derzeit noch nicht die zentralen Anforderungen,       ■   Das Gebührenmodell eines Dach-Portfolios muss
         um von der Weisheit der Masse profitieren zu können.            sicherstellen, dass die Gesamthöhe der Gebühren
     ■   Die in das Dach-Portfolio eingehenden Einzelanlagen             deutlich unter denen aktiv verwalteter Produkte liegt,
         lassen sich entweder volumen- oder gleichgewichten.             damit kostenseitig weiterhin ein signifikanter Wettbe-
         Für eine Gleichgewichtung spricht, dass dabei der               werbsvorteil besteht.
         Gedanke der Weisheit der Masse stärker zum Tragen           ■   Zu klären ist das Thema der Insolvenzsicherung, da
         kommt und zudem extreme Ausreißer des verwalteten               es sich bei Social-Trading-basierten Produkten meist
         Vermögens weniger stark ins Gewicht fallen würden.              um Zertifikate handelt, die nicht insolvenzgesichert
     ■   Um verschiedene Anlagestrategien und Risikopräfe-               sind. Als Minimum ist eine ausführliche Aufklärung
         renzen abzubilden, ist eine Differenzierung der Dach-           der Anleger notwendig. Wünschenswert wären wei-
         Portfolios zu empfehlen. So wäre eine Kategorisierung           tergehende Lösungen.

                                                                                             „MEIN
                                                                                              LUDWIGSHAFEN:
                                                                                              IN SACHEN
                                                                                              BILDUNG MEINE
                                                                                              ERSTE WAHL.“
                                                                                                Janina Steffens
                                                                                                Mitarbeiterin der Hochschule Ludwigshafen

                                                                                                14 STADTTEILE -
                                                                                                EINE STARKE STADT

                                                                    Die Hochschule Ludwigshafen ist für mehr als 4.000
                                                                    Studierende solide Grundlage für den Karrierestart
                                                                    in der Metropolregion Rhein-Neckar, Deutschland
                                                                    und der ganzen Welt.

WIR SIND LU – UND DU?
TITELTHEMA            11

Zum Hintergrund:

Das Finance-Institut – Forschung und Transfer für
angewandte Fragestellungen in der Finanzwirtschaft
Das Finance-Institut der Hochschule      gerne zur Verfügung. Je nach Frage-      Beteiligten dar: Die Unternehmen
Ludwigshafen am Rhein verfolgt           stellung lassen sich unterschiedliche    profitieren von innovativen und wis-
mit seinen Forschungs- und Trans-        Zusammenarbeitsformate finden:           senschaftlich fundierten Lösungs-
feraktivitäten das Ziel, angewandte      von Projektarbeiten durch Studieren-     ansätzen für ihre Fragestellungen.
finanzwirtschaftliche Fragestellun-      de über gemeinsam durchgeführte          Die mitarbeitenden Studierenden
gen unter Einbeziehung von Studie-       Workshops oder Konferenzen bis           erwerben Erfahrung und Know-how
renden in enger Zusammenarbeit           hin zu vollumfänglichen Projekten        in Themenfeldern, die auch für ihre
mit Praktikern zu adressieren und        mit einem Personaleinsatz von stu-       spätere Forschungs- und Berufstä-
dabei neue und innovative Lösun-         dentischen und wissenschaftlichen        tigkeit von hohem Nutzen sein wer-
gen aufzuzeigen. Das Institut be-        Hilfskräften – qualitativ immer be-      den. Und nicht zuletzt können die
schäftigt sich mit den strategischen     gleitet von hauptamtlichen Instituts-    hauptamtlichen Dozierenden der
Herausforderungen im Bereich der         mitgliedern.                             Hochschule für ein hohes Maß an
Finanzwirtschaft und den damit                                                    Aktualität und Praxisrelevanz ihrer
verbundenen Vorgängen in den leis-       Studierende der Hochschule erhal-        Lehre sorgen.
tungswirtschaftlichen Wertschöp-         ten über unsere Kooperationspartner
fungsfeldern von Unternehmen. Über       ausgezeichnete Möglichkeiten, eine       Nähere Informationen unter:
alle Branchen hinweg stellen sich die    praxisorientierte Bachelor- und Mas-     http://finance-lu.de/
Unternehmensleitungen die Frage,         terarbeit zu verfassen. Auch das Pro-
wie Unternehmenserfolg dauerhaft         jekt zur Weisheit der Masse basiert
gelingen kann. Unser Institut versteht   ursprünglich auf der Bachelorarbeit
sich als Ansprechpartner für regiona-    eines Studierenden, der sich privat
le und überregionale Unternehmen,        mit dem Phänomen Social Trading
die durch angewandte Forschung           befasst hat und dieses Thema sys-                         Prof. Dr. Timo Defren
und den Wissenstransfer in die un-       tematisch im Rahmen einer wissen-
                                                                                                   Professur für Kapital-
ternehmerische Praxis Antworten auf      schaftlichen Arbeit untersuchen
                                                                                                   markttheorie und
diese fundamentale Frage suchen.         wollte. Gerne geben wir Studierenden                      Corporate Finance
                                         die Chance, eigene Ideen einzubrin-                       timo.defren@hs-lu.de
Hierbei sind externe und interne Ko-     gen und ihre Themen gemeinsam
operationen für das Finance-Institut     mit uns zu Forschungsprojekten zu
zentral. Daher besteht ein enger Kon-    entwickeln. Die daraus resultieren-
takt zu zahlreichen Unternehmen          den Veröffentlichungen bilden die
und Institutionen – insbesondere im      Grundlage für die Erlangung weiterer                      Prof. Dr. Gösta Jamin
Rhein-Neckar-Raum, aber auch bun-        akademischer Abschlüsse bis hin zu
                                                                                                   Professur für Finanz-
desweit. Wir sind bestrebt, weitere      einer (kooperativen) Promotion.
                                                                                                   wirtschaft und
Unternehmens- und Praxiskoopera-                                                                   Bankbetriebslehre
tionen für Transfer- und Forschungs-     Die Zusammenarbeit zwischen Un-                           goesta.jamin@hs-lu.de
projekte einzugehen und stehen für       ternehmen und dem Finance-Institut
entsprechende Gespräche jederzeit        stellt eine Win-win-Situation für alle
Öffentliche Unter-
nehmen im Fokus
der Forschung
von Marcus Sidki

Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen sind volkswirt-
schaftlich von großer Bedeutung. Zugleich beschäftigen The-
men wie ‚Privatisierung‘ und – im Nachgang der Finanz- und
Schuldenkrise von 2007 – auch ‚Rekommunalisierung‘ des
öffentlichen Sektors Politik, Wirtschaft, Medien und Öffent-
lichkeit gleichermaßen. Umso erstaunlicher, dass bislang
ein ganzheitlicher Diskurs der angewandten Forschung zur
theoretischen Fundierung öffentlicher Unternehmen wenig
stattfindet. Prof. Dr. Marcus Sidki, Professor für Volkswirt-
schaftslehre und Statistik am Fachbereich Marketing und
Personalmanagement, hat sich zum Ziel gesetzt, diese Lücke
zu schließen. Hier gibt er einen ersten Einblick in die von ihm
verantwortete „Forschungsstelle für öffentliche und Nonprofit-
Unternehmen“.

Öffentliche Unternehmen – die amtliche Statistik nutzt        zwischen den beiden Polen der Privatwirtschaft und des
hierzu das Aggregat FEUs (öffentliche Fonds, Einrichtun-      (reinen) öffentlichen Sektors, das heißt der öffentlichen
gen und Unternehmen) – sind Institutionen, deren Tätig-       Kernhaushalte, wobei freilich auch innerhalb des Sektors
keiten zu einem signifikanten Anteil einer sozialen oder      öffentlicher Unternehmen eine deutliche Bandbreite hin
öffentlichen Beauftragung folgen und die dabei gleichsam      zu dem einen oder anderen Pol besteht.
weder rein privatwirtschaftlichen noch rein sozialen be-
ziehungsweise öffentlichen Handlungsmaximen folgen.           Definition und volkswirtschaftliche Bedeutung
Dies äußert sich regelmäßig in einer maximal teilprivaten     Eine eher technische Definition von öffentlichen Unter-
Eigentümerstruktur beziehungsweise Einflussnahme              nehmen folgt den Richtlinien des Europäischen Systems
auf die Finanz- und Geschäftspolitik bei oftmals, aber        Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen (ESVG 1995).
nicht ausschließlich, privatwirtschaftlicher Gesellschafts-   Demnach handelt sich bei öffentlichen Unternehmen um
form. Aus wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive           solche Institutionen, die nicht den öffentlichen Kernhaus-
bezeichnend ist die schwierige theoretische Verortung         halten zuzuordnen sind, von diesen allerdings kontrolliert
TITELTHEMA         13

Auch lokale Strom- und Gasnetze als kommunale Unter-
nehmen – hier ein Fernheizkraftwerk der TWL – sind im
Blick des Forschungsbereichs. (Bild: TWL AG Ludwigshafen)

       werden. Dies ist erfüllt, falls mindestens 50 Prozent des          unterscheidet 93 verschiedene Branchenzugehörigkeiten
       Nennkapitals beziehungsweise der Stimmrechte direkt                von FEUs. Unter Nichtberücksichtigung der Verzerrung
       oder indirekt von der öffentlichen Hand gehalten be-               durch die Bundesbetriebe erweisen sich dabei die Bran-
       ziehungsweise kontrolliert werden. Weiterhin muss ein              chen der Ver- beziehungsweise Entsorgung von Energie,
       öffentliches Unternehmen ein eigenes Rechnungswesen                Wasser und Abfall, des Verkehrs und Transports sowie
       aufweisen (Schmidt 2011, S. 154). Die Organisationformen           Einrichtungen des Grundstücks- und Wohnungswesens
       können dabei sowohl privatrechtlicher (GmbH, AG, KG                und des Gesundheitswesens als besonders bedeutsam.
       et cetera) als auch öffentlich-rechtlicher (Körperschaft,          Im Jahr 2013 vereinigten diese Branchen 55 Prozent
       Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts et cetera)           aller öffentlichen Unternehmen und 78 Prozent aller
       Natur sein.                                                        Umsatzerlöse auf sich (Statistisches Bundesamt 2015,
                                                                          S. 264 – 265). Dabei ist zu berücksichtigen, dass öffent-
       Die volkswirtschaftliche Bedeutung dieser Branche steht            liche Unternehmen nebst nicht marktlichen Leistungen,
       außer Frage. Die amtliche Statistik weist für 2012, das            also öffentlichen Gütern, auch solche Güter bereitstellen
       aktuellste Berichtsjahr, 15.185 FEUs mit in Summe über             können, die grundsätzlich auch durch die Privatwirtschaft
       1,9 Millionen Beschäftigten aus (Statistisches Bundesamt           angeboten werden könnten. Hieraus können Wettbe-
       2015, S. 264). Die Entwicklung im Zeitablauf zeigt dabei           werbssituationen zur Privatwirtschaft resultieren, die
       ein stetiges Wachstum auf, sowohl in absoluter Anzahl –            in einer marktwirtschaftlich organisierten Staatsform
       mit einem Wachstum zwischen 1999 und 2011 um rund                  gemeinhin kritisch betrachtet werden. Daher ist bei einer
       31 Prozent – als auch in Wirtschaftsleistung. Nutzt man            derartigen wirtschaftlichen Betätigung der öffentlichen
       hierzu als simple Indikation die branchenweiten Um-                Hand eine Schrankentrias zu berücksichtigen, wonach
       satzerlöse, so zeigt sich, dass diese im selben Zeitraum um
       36 Prozent anstiegen, das Bruttoinlandsprodukt hingegen            (1) die Tätigkeiten eines öffentlichen Unternehmens dem
       um 31 Prozent wuchs (Heil und Hollmann 2014, S. 308).                  öffentlichen Zweck dienen,
                                                                          (2) diese in Adäquanz zur Leistungsfähigkeit des öffent-
       Aufgabenwahrnehmung und theoretische Verankerung                       lichen Trägers stehen und
       Öffentliche Unternehmen erfüllen ihren Zweck außerhalb             (3) das Subsidiaritätsprinzip anzuwenden ist.
       des Kerns aber in der Einflusssphäre der öffentlichen
       Hand. Die möglichen Gründe einer derart ausgegliederten            Letzteres bestimmt die Vorrangigkeit der Privatwirt-
       Leistungserbringung sind vielfältig, wie zum Beispiel die          schaft über die Güterbereitstellung durch die öffentliche
       (vermeintliche) Steigerung der Kosten- und Produktionsef-          Hand, sofern die private Leistung eine gleiche (starke
       fizienz, der Zuwachs an Flexibilität in der Steuerung oder         Ausprägung) beziehungsweise höhere Wirtschaftlichkeit
       die Vermeidung öffentlich-rechtlicher Tarifstrukturen              (schwache Ausprägung) aufweist.
       (Sidki 2014, S. 3 – 5). Hinsichtlich ihrer Trägerschaft existie-
       ren öffentliche Unternehmen auf allen Staatsebenen, das            Theoretische Fundierung
       heißt, unter Beteiligung des Bundes, der Länder oder von           Ein großer Teil des theoretisch-ökonomischen Diskurses
       Kommunen. Letztere machen dabei nach Anzahl ungefähr               dreht sich um die Fragestellung, ob beziehungsweise
       90 Prozent aller öffentlichen Unternehmen aus (Heil und            unter welchen Umständen die Güterbereitstellung von
       Mödinger 2012, S. 343). Dies darf allerdings nicht über die        öffentlicher beziehungsweise privater Hand erfolgen soll.
       Verteilung der Wertschöpfung hinwegtäuschen, denn                  Dies trägt dem in den 1980er Jahren aufkommenden
       gerade auf Bundesebene existieren sehr große, teilweise            Trend zur Privatisierung öffentlicher Aufgaben Rech-
       international tätige öffentliche Unternehmen wie zum               nung. Als breit gefasste Indikation zur Analyse dieser
       Beispiel die Deutsche Bahn AG, während kommunale                   Fragestellung dient dabei der Effizienz- beziehungsweise
       FEUs eher kleinteiliger und regional tätig sind.                   Wirtschaftslichkeitsvergleich zwischen öffentlichen und
                                                                          privaten Unternehmen. Dabei zeigen Abhandlungen
       Auch die Branchen, in denen öffentliche Unternehmen                basierend auf einer theoretischen Verortung innerhalb
       tätig sind, und der Leistungskatalog, der ihnen durch              des Konstrukts der Institutionenökonomie als Sammel-
       die öffentlichen Träger beziehungsweise Gesellschafter             begriff für informationsbasierte Erklärungsansätze (zum
       übertragen wird, sind mannigfaltig. Die amtliche Statistik         Beispiel Property Rights Theory, Principal-Agent Theory,
14      TITELTHEMA

Öffentliche Einrichtungen und Unternehmen wie die TWL AG
Ludwigshafen sind das Forschungsfeld des von Prof. Dr. Marcus Sidki
verantworteten Forschungsbereichs. (Bild: TWL AG Ludwigshafen)

        Transaktionkosten- oder Regulierungstheorie) keinen           griffen, nicht aber dessen exakte Ausgestaltungsform.
        eindeutigen Befund. Je nach Fallkonstellation weisen          So könnte der Staat ebenso privaten Unternehmen die
        öffentliche Unternehmen oder private Unternehmen              Güterbereitstellung überlassen und diese gemäß seiner
        eine höhere Effizienz in der Güterbereitstellung auf (Müh-    Zielvorgaben regulieren beziehungsweise subventio-
        lenkamp 2006). Diese theoretische Ambivalenz besteht          nieren. Bei der konkreten Wahl der Ausgestaltung kann
        auch in der Empirie fort. Mühlenkamp (2015) untersucht        Effizienz beziehungsweise Wirtschaftlichkeit durch den
        in einer Studie die Ergebnisse diverser Meta-Studien          Produzenten durchaus eine Rolle spielen. Nach Baumol
        zur Effizienz durch Privatisierung. Er liefert somit einen    (1984) muss allerdings abgewogen werden zwischen der
        Überblick über circa 250 empirische Studien und kommt         (möglichen) höheren Effizienz bei der Güterbereitstellung
        zu dem Schluss „[…] we have to generally expect that no       durch die private Hand und dem wohlfahrtsökonomi-
        significant microeconomic efficiency gain will be realized    schen Optimum, das heißt dem sozialen Überschuss.
        by privatization in industrialized countries“ (Mühlenkamp     Sofern hier ein Trade-off besteht, ist Effizienz nicht als
        2015, S. 554).                                                einziges beziehungsweise wichtigstes Maß der Leistung
                                                                      öffentlicher Unternehmen anzusehen. Aus Bürgersicht
        Grundsätzlicher ist der Erklärungsansatz, wonach Staats-      gilt dabei, dass eine stärkere Furcht vor Ausbeutung
        eingriffe durch eine wohlfahrtssuboptimale Güteralloka-       durch gewinnorientierte Privatunternehmen unabhängig
        tion durch den Markt begründet werden. Der Staat sorgt        von Effizienzaspekten mit einer höheren Präferenz zur
        dann mittelbar durch öffentliche Unternehmen für das          Güterbereitstellung durch öffentliche Unternehmen
        gewünschte Güterangebot. Tatsächlich sind diese in der        einhergeht. Diese Furcht kann unter anderem durch
        Realität oft in klassischen natürlichen Monopolmärkten        gesteigerten Wettbewerb und Informationstransparenz
        wie Netzmärkten (Strom, Wasser oder Ähnliches) tätig.         gemindert werden (Kiser 1994, S. 300). So ist zu vermuten,
        Dieser Ansatz ist als Existenzgrundlage für öffentliche       dass der gegenwärtige Trend zur Rückübertragung einst
        Unternehmen allerdings unzureichend, begründet er doch        privatisierter öffentlicher Leistungen, wie zum Beispiel
        eher die grundsätzliche Notwendigkeit nach Staatsein-         die lokalen Strom- oder Gasnetze, in den öffentlichen
TITELTHEMA          15

Sektor (Rekommunalisierung) auch vor dem Hintergrund         Insolvenz an – sowie die Bestrebungen, im Nachgang
der allgemein kritischen Haltung der deutschen Öffent-       der aktuellen Staatsschuldenkrise öffentliche Schulden
lichkeit gegenüber dem privaten Unternehmertum im            einer kritischeren Risikobetrachtung zu unterziehen und
Nachgang der Finanz- und Wirtschaftskrise von 2007           den gordischen Knoten der bankenfinanzierten Staats-
zu sehen ist. Aus polit-ökonomischer Perspektive kann        schuld zu durchschlagen, faktisch als Blaupause für die
konstatiert werden, dass seitens der politischen Entschei-   Entwicklung entsprechender Forschungsfragestellungen.
dungsträger und Bürokraten öffentliche Unternehmen
eine gewünschte Kontroll- und Machtinstanz darstellen
und deren Beauftragung somit unabhängig von Effizi-
enzkriterien und gegebenenfalls auch vom Bürgerwillen                                  Prof. Dr. Marcus Sidki
zu sehen ist.                                                                          Professur für Volkswirt-
                                                                                       schaftslehre und Statistik
Letztlich kann eine Unterscheidung zwischen öffentlichen                               Tel. 0621/5203-558
und privaten Unternehmen also dergestalt erfolgen,                                     marcus.sidki@hs-lu.de
dass Erstere multidimensionale Zielsysteme aufweisen,
während Letzteren als übergeordnetes Ziel die Gewinn-
maximierung zuzuordnen ist. Die Ziele privater Unterneh-
men beziehen sich in erster Linie auf die Produktion von        Literatur
marktfähigen Gütern, während der Output öffentlicher
Unternehmen neben marktfähigen auch nicht marktfä-              Backhaus J. (1994): Assessing the Performance of Public
                                                                Enterprises: A Public-Choice Approach, in: European Journal
hige Güter umfasst (Mühlenkamp 2015, S. 539). Die Ziele         of Law and Economics, Vol. 1, Nr. 4, S. 275 – 287.
öffentlicher Unternehmen umfassen dabei nebst Effizienz
beziehungsweise Wirtschaftlichkeit insbesondere auch            Baumol, W.J. (1984): Towards a Theory of the Public Enterprise,
                                                                in: Atlantic Economic Journal, Vol. 12, Nr. 1, S. 13 – 19.
solche der (Wirtschafts-)Politik, wobei die individuelle
Performance-Messung des Beitrags eines öffentlichen             Heil N., Hollmann, D. (2014): Jahresabschlussstatistik öffent-
Unternehmens zu wirtschaftspolitischen Zielen schwierig         licher Fonds, Einrichtungen und Unternehmen, Statistisches
                                                                Bundesamt, Wirtschaft und Statistik, Mai 2014, S. 307 – 315.
ist und das Zielsystem öffentlicher Unternehmen somit
wage erscheint (Backhaus 1994, S. 277 – 278).                   Heil, N., Mödinger, P. (2012): Ausgewählte Struktur- und Bilanz-
                                                                merkmale öffentlicher Fonds, Einrichtungen und Unternehmen,
Summa summarum fehlt zum gegenwärtigen Zeitpunkt                Statistisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik, April 2012,
                                                                S. 342 – 352.
ein umfassender und ganzheitlicher Diskurs bezüglich
der theoretischen Fundierung öffentlicher Unterneh-             Kiser. L.L. (1994): A Constitutional Theory of Public Enterprise,
men ebenso wie ein sich daraus ableitbarer empirischer          in: Constitutional Political Economy, Vol. 5, Nr. 3, S. 284 – 306.
Forschungsauftrag, abgesehen von den erwähnten                  Mühlenkamp, H. (2015): From State to Market Revisited:
Einlassungen zum Effizienzvergleich, der nur einen As-          A Reassessment of the Empirical Evidence on the Efficiency of
pekt des Themenfelds beleuchtet. Diese Lücke sowie die          Public (and Privately-owned) Enterprises, in: Annals of Public
                                                                and Cooperative Economics, Vol. 86, Nr. 4, S. 535 – 557.
dargelegte wirtschaftliche Bedeutung für die deutsche
Volkswirtschaft lassen öffentliche Unternehmen als              Mühlenkamp, H. (2006): Öffentliche Unternehmen aus
herausragenden Erkenntnisgegenstand der angewandt-              der Sicht der Neuen Institutionenökonomik, in: Zeitschrift
wissenschaftlichen Forschung erscheinen. Zu bearbei-            für öffentliche und gemeinwirtschaftliche Unternehmen,
                                                                Vol. 29, Nr. 4, S. 390 – 415.
tende Forschungsfragen erstrecken sich dabei neben der
hier angedeuteten polit-ökonomischen Dimension auch             Schmidt, N. (2011): Ausgliederungen aus den Kernhaushalten:
auf die Finanzökonomie, da die finanzielle Stabilität zu        öffentliche Fonds, Einrichtungen und Unternehmen, Statis-
                                                                tisches Bundesamt, Wirtschaft und Statistik, Februar 2011,
einem nicht immer erreichten Ziel des Handelns öffent-          S. 154 – 163.
licher Unternehmen gehört beziehungsweise gehören
sollte. Dabei wirken zunehmende finanzielle Herausfor-          Sidki, M. (2014): Grundlagen kommunaler Finanzierung und
                                                                Verschuldung, Springer Essentials, Wiesbaden: Springer Gabler.
derungen – im Jahr 2014 meldete zum Beispiel mit der
Stadtwerke Gera AG zum ersten Mal in der deutschen              Statistisches Bundesamt (2015): Statistisches Jahrbuch,
Nachkriegsgeschichte ein größeres deutsches Stadtwerk           Deutschland und Internationales, Wiesbaden.
„Digitale Transformation“
 als Herausforderung für die Unternehmenssteuerung
 von Andreas Seufert

 Digitale Transformation                                     tionen. Aber auch indirekt, wie durch automatische Auf-
 als Herausforderung                                         zeichnungen von Position und Umgebungsbedingungen,
                                                             beispielsweise im Rahmen von Navigationsprofilen oder
 Informationen sind zu einer strategischen Ressource         Tracking mit Hilfe der eingebauten Sensorik (Bewegungen,
 geworden. Die Fähigkeit, Daten nutzbar zu machen und        Temperaturen, Puls et cetera).
 in Geschäftsmodelle umzusetzen, wird immer relevanter,
 um im Wettbewerb zu bestehen.                               Phase 2 – Internet der Dinge: Die gerade erst am Anfang
                                                             stehenden Entwicklungen im Bereich der Erfassung und
 Das Controlling ist hiervon doppelt betroffen: Einerseits   Vernetzung von Maschinendaten lassen zusätzlich erheb-
 verändert die Digitalisierung massiv Geschäftsmodelle,      lich umfangreichere Datenmengen erwarten. Ziel ist es,
 Geschäftsprozesse, Strukturen und Produkte und damit        unter anderem Maschinendaten in Echtzeit zu erfassen,
 die erforderliche Methodenkompetenz in der Rolle des        zu vernetzen und in Wertschöpfungsprozesse zu integrie-
 Controllings als Business Partner („Veränderungen im        ren. Schlagworte in diesem Kontext sind Smart Factory,
 Bereich Business“). Andererseits verändern sich im Zuge     Smart Home, Smart Grids oder selbstfahrende Autos.
 der zunehmenden Digitalisierung massiv die Möglich-
 keiten des Umgangs mit Informationen. Es entstehen
 völlig neue Technologien, neue Datengrundlagen und          Ökonomische Wirkungen
 neue Analysemethoden („Veränderungen im Bereich
 Daten/Analytik“).                                           Diese zunehmende Digitalisierung hat erhebliche öko-
                                                             nomische Auswirkungen – zum einen auf Produkte und
                                                             Dienstleistungen von Unternehmen, zum anderen auf
 Treiber der „Digitalen Transformation“                      Wertketten und Geschäftsmodelle.

 Wesentlicher Treiber der „Digitalen Transformation“ der     Steigende Informationsintensität in Produkten und
 Unternehmen sind technologische Innovationen hin-           Services: Traditionelle physische Produkte werden zu-
 sichtlich der Generierung, Vernetzung und Analyse neuer     nehmend durch Technologien wie zum Beispiel Sensorik
 Daten. Dabei können zwei Phasen unterschieden werden.       angereichert und vernetzt. Diese so genannten smarten
                                                             Produkte (Smart-Phone, Smart-TV oder Connected-Car-
 Phase 1 – Internet der Menschen: Technologien im Umfeld     Dienste) können Information generieren und verarbei-
 von Social Networking führen, zum Beispiel basierend auf    ten. Häufig sind sie jedoch nur eine Zwischenstufe zu
 neuen mobilen Devices, zu einem massiven Anschwellen        vollständig digitalen Produkten, die ehemals physische
 der Datenvolumina durch den so genannten „User Gene-        oder smarte Produkte substituieren. Zu beobachten ist
 rated Content“. Dies kann direkt erfolgen, zum Beispiel     dabei, dass die Verdrängung ehemals physischer Produkte
 durch aktive Nutzung von Chat-, Foto- oder Videofunk-       durch digitale Produkte/Services immer schneller neue
AKTUELL         17

Fachkreis BI/Big Data und Controlling:
Treffen an der Hochschule Ludwigshafen
am 7. Juli 2016

       Bereiche erfasst. Treiber dieser Entwicklung sind kompa-      Sensor- oder Social-Web-Daten, stellen die Unternehmen
       rative Vorteile digitaler Produkte gegenüber physischen       angesichts der Datenvolumina auch strukturell vor er-
       Produkten.                                                    hebliche Herausforderungen. Hinzu kommt, dass man
                                                                     diese Datenbestände in einer hohen Datengranularität
       Steigende Informationsintensität in der Wertkette:            vorhalten muss, um neue Analyseverfahren einsetzen zu
       Die immer stärkere Digitalisierung führt zudem zu einer       können. Die strategische Nutzung dieser Datengrundla-
       Neuorganisation von Wertschöpfungsstufen. Innova-             gen steht bei vielen Unternehmen daher erst am Anfang.
       tionsdruck entsteht insbesondere durch neue Markt-
       teilnehmer, die sich mit digitalen Services/Produkten         Neue Analytik: Während sich in Unternehmen die Nut-
       gezielt in bestimmte Bereiche von Wertketten drängen          zung mehrdimensionaler Entscheidungsmodelle (OLAP)
       (zum Beispiel Uber, Airbnb, Fintechs). Dabei wird die         mittlerweile gut etabliert hat, steht die Nutzung so
       Leistungserstellung immer stärker im Rahmen von Wert-         genannter Advanced Analytik in vielen Unternehmen
       schöpfungsnetzwerken und Eco-Systemen organisiert.            erst am Anfang. Gerade diese Verfahren haben aber im
       Die Substitution ehemals physischer Güter durch digitale      Kontext der Digitalen Transformation viel Potenzial, zum
       Güter kann in der Folge dramatische Auswirkungen auf die      Beispiel für Ursache-Wirkungs-Analysen, Prognosen oder
       Wertketten haben. Ist ein physisches Produkt (zum Bei-        Simulationen.
       spiel Schlüssel, Geld) erst einmal in ein digitales Produkt
       (zum Beispiel Software/App) umgewandelt, bedeutet
       das nicht nur, dass das physische Produkt nicht mehr          Business Innovation Lab als
       benötigt wird, sondern auch die ganze dahinterliegende        Transfer- und Weiterbildungsplattform
       Wertkette ist betroffen.
                                                                     Angesichts dieser Herausforderungen wird an der Hoch-
       Veränderung des Wettbewerbsumfelds: Im Kontext der            schule Ludwigshafen das Business Innovation Lab einge-
       steigenden Informationsintensität in Produkten, Services      richtet. Ziel ist es, im Rahmen von Transfer- und Weiter-
       und Wertketten ändert sich auch das Wettbewerbsum-            bildungsprojekten die digitale Methodenkompetenz von
       feld. Während Unternehmen aus traditionellen Branchen         Unternehmenssteuerung und Controllings zu verbessern.
       versuchen, ihre digitale Kompetenz entlang der Wert-          Unterstützt wird das Lab durch Kooperationen mit dem
       kette und der Produkte/Services aufzubauen, weiten so         Institut für Business Intelligence und dem Fachkreis‚ BI/
       genannte Digitale Champions wie zum Beispiel Alphabet         Big Data und Controlling des Internationalen Control-
       oder Amazon ihr Betätigungsfeld auf neue Branchen und         lervereins.
       Wertketten/-teile aus.

                                                                        Kurzporträt: Internationaler Controllerverein –
       Veränderungen im Bereich Daten/Analytik                          Fachkreis BI/Big Data und Controlling
                                                                                        Der Internationale Controllerverein ist mit
       Die Fähigkeit der Unternehmen schnell (neue) Daten-
                                                                                        mehr als 6.500 Mitgliedern und über 100
       quellen zu erschließen, Informationen zu vernetzen und                           Firmenmitgliedern die größte Organisation für
       in Geschäftsmodelle umzusetzen, ist angesichts des                               Controller in Europa. Im April 2016 wurde der
       veränderten Wettbewerbsumfeldes erfolgskritisch. Hier-                           Fachkreis BI/Big Data und Controlling neu eta-
                                                                                        bliert. Kern des Fachkreises sind ausgewählte
       bei stehen die Unternehmen aufgrund technologischer              Core-Partner, die themenspezifisch durch assoziierte Partner
       Innovationen vor einer Reihe von Herausforderungen.              ergänzt werden. Die Partner setzen sich aus Anwendern und
                                                                        Anbietern renommierter Unternehmen sowie Wissenschaftlern
                                                                        zusammen.
       Neue Datengrundlagen: Die Forschung zeigt, dass viele
       Unternehmen bislang vor allem auf interne operative              Aktuell sind folgende Unternehmen im Fachkreis vertreten:
                                                                        1&1, Autokabel, Bayer, BASF, Blanco, Bosch, Bürkert, Daimler,
       Systeme wie SAP oder analytische Systeme wie Data                Deutsche Post DHL Group, Flughafen Stuttgart, Mahle, Sick,
       Warehouses zurückgreifen. Durch die massive Digitalisie-         Hochschule München
       rung nahezu aller Lebensbereiche kommen jedoch völlig            Nähere Informationen unter: www.icv-controlling.com/de/
       neue Datengrundlagen hinzu. Diese neuen Quellen, wie             arbeitskreise/bi-big-data-und-controlling.html
18   AKTUELL

     Hochschule Ludwigshafen –
     Quo vadis?
     Hochschulratsvorsitzender Dr. Dieter Wagner und Hochschulpräsident Professor
     Dr. Peter Mudra im Gespräch mit SPEKTRUM über Gegenwart und Zukunft „ihrer“ Hochschule

     Herr Dr. Wagner, Sie begleiten die      innen und außen. Als Vorsitzender        man fest, dass dieser im Jahr 2009
     Hochschule seit 2003, nunmehr in        des Hochschulrats kann ich zum           vom Hochschulrat stark mitgeprägt
     der dritten Amtszeit. Wie hat sich      Beispiel beim Ministerium oder ge-       wurde. Gerade bei den strategischen
     die Hochschule aus Ihrer Sicht in den   genüber der Stadt Argumente anders,      Debatten hat das Gremium immer
     letzten Jahren entwickelt?              deutlicher vorbringen, als dies dem      wieder wichtige Impulse gegeben.
     Wagner: Die Hochschule heute ist mit    Präsidenten in seiner Rolle möglich      Persönlich schätze ich die Unterstüt-
     der 2003 kaum noch zu vergleichen.      ist. Die paritätische Besetzung des      zung von Herrn Dr. Wagner sehr. In
     Seit meinen Anfängen hier gab es        Rats erweist sich als Vorteil, denn so   unserem regelmäßigen Austausch
     gravierende Änderungen, beispiels-      können bei Planungen interne Not-        bringt er als Kenner unserer Hoch-
     weise die Umstellungen aufgrund des     wendigkeiten und Möglichkeiten mit       schule wichtige Rückmeldungen und
     Bologna-Prozesses, die Integration      den Erfahrungen und Anregungen           Ideen ein, von denen ich in meiner
     der Evangelischen Fachhochschule,       der Außenstehenden abgeglichen           Rolle, aber auch persönlich wirklich
     die Steigerung der Studierendenzah-     und somit praktikable Beschlüsse         profitiere. Es erweist sich immer wie-
     len oder die Campus-Planung. Erfreu-    erreicht werden. Ganz wichtig ist uns    der als Vorteil, dass Herr Dr. Wagner
     licherweise hat sich auch die Rolle     dabei auch die Einbeziehung der Stu-     nicht nur mit unserer Hochschule
     des Hochschulrats geändert: vom         dierenden: Von der ersten Sitzung        bestens vertraut ist, sondern auf-
     gesetzlich vorgeschriebenen unge-       2003 an hatten sie bei uns – im Ge-      grund seines Engagements an der
     liebten „Kontrollorgan“ hin zu einem    gensatz zu anderen Hochschulen –         Universität Kaiserslautern und sei-
     konstruktiv-kritischen Gremium, mit     festes Gastrecht. Nun sind sie per       ner Teilnahme an Bundestreffen
     dem sich durchaus zusammenarbei-        Gesetz Mitglied des Hochschulrats,       der Hochschulratsvorsitzenden deut-
     ten lässt und das die Hochschule nach   das ist besonders erfreulich. Ob die     lich über den Tellerrand hinausge-
     innen und außen positiv unterstützt.    Vorschläge des Hochschulrats von         hende Perspektiven einzunehmen
     Insgesamt steht die Hochschule gut      den Hochschulverantwortlichen an-        vermag.
     da, mit „Luft nach oben“. Denn: „Nur    genommen werden, ist dann aller-
     Gute wollen besser werden!“             dings deren freie Entscheidung.          Was macht aus Ihrer Sicht die Hoch-
                                                                                      schule Ludwigshafen im Besonderen
     Wie sehen Sie Ihre Rolle als Hoch-      Herr Prof. Dr. Mudra, wie schätzen       aus?
     schulratsvorsitzender?                  Sie die Anregungen des Hochschul-        Mudra: Diese Frage ist nur annähe-
     Wagner: Als Vorsitzender bin ich nur    rats ein?                                rungsweise zu beantworten, denn
     ein Mitglied des Hochschulrats, der     Mudra: Über die Jahre hat die Hoch-      gerade die Diversität, die vielen wert-
     sich aus jeweils fünf internen und      schule von dieser Unterstützung          vollen Facetten, sind es ja, die den
     externen Vertretern zusammen-           durch den Hochschulrat zweifellos        besonderen Stellenwert der Hoch-
     setzt. An erster Stelle steht für den   sehr profitiert. Wenn ich als Beispiel   schule ausmachen. Zweifellos ist
     Hochschulrat, wie gerade gesagt, die    den Hochschulentwicklungsplan            unser Fächerprofil mit Betriebswirt-
     Unterstützung der Hochschule nach       2010 – 2020 heranziehe, so stellt        schaftslehre, Wirtschaftsinformatik
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