TUMcampus - Mensch-Roboter-Interaktion - Das Magazin der Technischen Universität München - TUM Chancengleichheit
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TUMcampus Das Magazin der Technischen Universität München 2 | 2016 Mensch-Roboter- Thomas Becker zu 500 Jahre Reinheitsgebot | S. 6 Interaktion | S. 45 TUM als Partner im EIT Health | S. 22
Impressum TUMcampus Das Magazin der Technischen Universität München 2 | 2016 TUMcampus Das Magazin der Technischen Universität München für Stu- dierende, Mitarbeiter, Freunde, erscheint im Selbstverlag viermal pro Jahr. Auflage 9 000 Herausgeber Der Präsident der Technischen Universität München © Andreas Heddergott Redaktion Mensch-Roboter- Dr. Ulrich Marsch (verantwortlich) Thomas Becker zu 500 Jahre Reinheitsgebot | S. 6 Interaktion | S. 45 TUM als Partner im EIT Health | S. 22 Dipl.-Biol., Dipl.-Journ. Sibylle Kettembeil Gabi Sterflinger, M.A. Technische Universität München Dongheui Lee, TUM-Professorin für Dynamische Mensch- Corporate Communications Center Roboter-Interaktion in der Automatisierungstechnik, 80290 München befasst sich mit dem Lernen von Robotern. Sie untersucht Telefon (089) 289 - 22766 die Frage, wie Roboter durch das Beobachten von Bewe- redaktion@zv.tum.de gungsabläufen und Alltagshandlungen selbstständig ler- www.tum.de/tumcampus nen können, indem sie etwa Bewegungen des Menschen imitieren. Die Konzepte der gebürtigen Koreanerin erlau- Layout ben es Robotern, in einer Welt aus beweglichen Daten- Christine Sturz/TUM sätzen eigenständig zu handeln, ohne dass jedes Detail programmiert ist. Roboter mit diesen Fähigkeiten könnten Herstellung/Druck in der industriellen Fertigung im Rahmen der Industrie 4.0 Joh. Walch GmbH & Co, 86179 Augsburg Anwendung finden; in der Raumfahrt könnten sie sich als Gedruckt auf chlorfreiem Papier Besatzung von Raumschiffen und Raumstationen nützlich machen. Lees Arbeit wird über eine der begehrten Helm- © Technische Universität München. Alle Rechte vorbehal- holtz-Professuren gefördert. ten. Nachdruck, auch auszugsweise, nur in Abstimmung mit Mehr dazu auf S. 45 der Redaktion. Gezeichnete Beiträge geben die Meinung der Autoren wieder. Für unverlangt eingesandte Manuskrip- te und Bildmaterial wird keine Gewähr übernommen. Zum Sprachgebrauch Nach Artikel 3 Abs. 2 des Grundgesetzes sind Frauen und Männer gleichberechtigt. Alle Personen- und Funktions- bezeichnungen im Magazin TUMcampus beziehen sich in gleicher Weise auf Frauen und Männer. Redaktionsschluss für Heft 3|16: 30. Mai 2016 2 TUMcampus 2|16
Editorial Innovationsmotor Digitalisierung Die Digitalisierung ist Innovationsmotor des 21. Jahrhunderts und verändert viele Bereiche unserer Gesellschaft. Wer sie nur als Übergang vom analogen zum digitalen Medium ver- steht, blickt zu kurz. Arbeitsweisen, Geschäftsprozesse und unser gesellschaftliches Miteinander ändern sich nachhaltig. Das Internet kennt keine Ladenöffnungszeiten oder Feierta- ge, Informationen sind weltweit rund um die Uhr verfügbar. Jugendliche und Studierende nutzen es aber meist nicht mehr nur informationsgetrieben, sondern vor allem sozialori- entiert zur zwischenmenschlichen Interaktion. Dieser Aspekt wird in Zukunft eine zentrale Rolle spielen, da Bildung zwar auf Informationen basiert, aber einen Kontext benötigt. © Astrid Eckert Es geht also um die Digitalisierung von Forschung, Lehre und Verwaltung auf der einen und um die Erforschung zentraler Aspekte digitaler Technologien von den Grundlagen über Anwendungen bis hin zu den gesellschaftlichen Auswirkun- gen auf der anderen Seite. Einsatz von ePayment-Lösungen, die elektronische Akten- Die Technische Universität München ist an zahlreichen Initi- führung oder den Einsatz des neuen Personalausweises zur ativen und Projekten im Kontext der Digitalisierung federfüh- elektronischen Identifikation. rend beteiligt. Bereits im Juli 2015 eröffnete die Bayerische Staatsregierung das Zentrum Digitalisierung.Bayern (ZD.B) Auch unsere Hochschullehre trägt der Digitalisierung Rech- am Campus Garching. Das Zentrum bündelt Schlüsselaktivi- nung: Im kommenden Wintersemester starten die beiden täten im Kontext der Digitalisierung und dient als bayernwei- neuen »Big Data«-Masterstudiengänge »Data Engineering te Forschungs-, Kooperations- und Gründungsplattform. Im and Analytics« der Fakultät für Informatik und »Mathematics Dezember 2015 wurde das Munich Center for Internet Rese- in Data Science« der Fakultät für Mathematik. Selbstver- arch als neues Forschungszentrum der Bayerischen Akade- ständlich entwickeln wir auch unsere digitalen Lehrange- mie der Wissenschaften gegründet. Es hat die Erforschung bote ständig weiter. Unsere »Massiv Open Online Courses« und Gestaltung des durch das Internet und die Digitalisierung (MOOCs) werden national und international stark nachge- bedingten gesellschaftlichen Wandels zur Aufgabe. fragt. MOOCsforMasters steht für ein neues wettbewerbli- ches TUM-Förderprogramm für den Einsatz von MOOCs für Auf Bundesebene sind wir beispielsweise am Hochschulfo- die Vorbereitung bzw. zur Erfüllung von Auflagen im Kontext rum Digitalisierung in der Themengruppe »Neue Geschäfts- eines Masterstudiums. modelle, Technologien und Lebenslanges Lernen« engagiert. Das Hochschulforum bildet als unabhängige nationale Platt- Es liegt an uns, die neuen Möglichkeiten effektiv und effizient form den Rahmen, um über die vielfältigen Einflüsse der einzusetzen und bei der Gestaltung der notwendigen Rah- Digitalisierung auf die deutschen Hochschulen zu beraten, menbedingungen auch weiterhin eine aktive Rolle zu spielen! Lösungsansätze zu evaluieren und Entwicklungsstrategien zu erstellen. Im Bereich der Hochschulverwaltung ermöglicht das neue Bayerische E-Government-Gesetz zahlreiche, stellenwei- Hans Pongratz se längst überfällige Digitalisierungsmaßnahmen, wie den Vizepräsident IT-Systeme und Dienstleistungen (CIO) TUMcampus 2|16 3
Inhalt 6 12 Editorial Die TUM verändert ihr Gesicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18 Innovationsmotor Digitalisierung. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3 Neues Corporate Design Das fünfte Rad am Wagen: Lehrerbildung . . . . . . . . . . . . 19 TUM als Partner im EIT Health . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22 Forschen Richtfest für das Zentrum für Energie und Information. . . 24 »Ausdauer ist das Fundament aller Tugenden«. . . . . . . . . 25 »Muss Bier flüssig sein?« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6 Interview mit der Hochschulfrauenbeauftragten Interview mit Thomas Becker zu 500 Jahre Reinheitsgebot SEEBridge: Ein mächtiges Werkzeug. . . . . . . . . . . . . . . . 8 Operation im Mutterleib rettet Zwillinge . . . . . . . . . . . . . . 9 Wissenschaft und Wirtschaft Mutiertes Gen schützt vor Herzinfarkt. . . . . . . . . . . . . . . . 10 Strom aus funktionellen molekularen Netzwerken . . . . . . 11 Eine Folie hilft beim Schlucken. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 »Eine Frage der Kultur«. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Klaus Diepold als Gründungsbotschafter Lernen und Lehren Zu Besuch auf dem Campus. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 Erfahrene Unternehmer in den Hörsaal. . . . . . . . . . . . . . . 28 Tagen in Raitenhaslach. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12 Masterstudiengang »Radiation Biology«. . . . . . . . . . . . . . 13 Made by TUM, Folge 23. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 Optimale Förderbedingungen für Doktoranden . . . . . . . . 14 Gegen den Stau im Datenverkehr Studieren al gusto. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 15 MOOCs an der TUM und in den USA Global Politik HealCON: Beton mit Selbstheilungskräften . . . . . . . . . . . 30 T-Zelltherapie gegen Krebs und Infektionskrankheiten. . . 31 Standpunkt TUM Asia: In Singapur nach deutschen Standards Mehr Frauen in MINT-Studiengänge! . . . . . . . . . . . . . . . . 16 studieren. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 Fit für den Austausch? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 4 TUMcampus 2|16
Inhalt 32 36 Campus Kurz und knapp. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Hyperloop: Unterwegs mit Schallgeschwindigkeit. . . . . . 35 TUM IdeAward für drei Super-Ideen. . . . . . . . . . . . . . . . . 43 Der Blickwinkel macht’s . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36 Kunst-Installationen auf dem Campus Garching Portraits aus der TUM-Familie Ulrich Heiz. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 Neu auf dem Büchermarkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 Dongheui Lee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 Mehr Sicherheit im Umgang mit Computer, Auszeichnungen Smartphone & Co.. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 Preise und Ehrungen. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 Für Sie notiert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 in memoriam Walter Nitsch. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 Albrecht Neiss. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Menschen Udo Schwertmann . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 Neu berufen Personalien. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 Job Boekhoven. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Roland A. Fischer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Spiel mit Fragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 David Franklin. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Julien Gagneur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 Simon Hegelich. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Service Shigeyoshi Inoue. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Frank Johannes. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Impressum. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2 Jürgen Pfeffer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41 Termine . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 Benjamin Schusser. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Ausblicke auf TUMcampus 3|16. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 Mikael Simons. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 Henning Wackerhage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 TUMcampus 2|16 5
Forschen »Muss Bier flüssig sein?« 500 Jahre Reinheitsgebot – was ändert sich, was hat Bestand in der modernen Brau- und Getränkewissenschaft? Sabine Letz führte mit Prof. Thomas Becker vom Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie der TUM ein Gespräch rund um das Bier und die Wissenschaft. Was sind die bahnbrechenden Fortschritte der Bierforschung? Das Bahnbrechendste überhaupt war die Entdeckung der Hefe. Die nächste wichtige Entwicklung war die von Linde: die Kältemaschine. Damit wurde es überhaupt erst möglich, Bier so herzustellen, wie wir es heute kennen. Dann sind es Über die Naturprodukte Malz, Hopfen und Hefe gelangt eine Vielzahl von Stoffen in das Bier. Thomas Becker erforscht, welche davon eigenschaftsbestimmend sind. die über die IT und Automationstechnik entstandenen neuen Möglichkeiten der Produktionsabläufe. Aktuell wiederum ver- suchen wir, die Grundgedanken der Industrie-4.0-Konzepte in Brauprozesse zu integrieren. der Zeitverlauf ist –, und kommen so rein rechnerisch zu Millio- nen von Möglichkeiten. Ob das Sinn macht und die vielen Vari- Inwieweit musste sich die Brauwissenschaft aufgrund der anten alle schmecken würden, ist wiederum eine ganz andere Beschränkung durch das Reinheitsgebot mit Hightech-Un- Frage. terstützung weiterentwickeln? Wir hier am Lehrstuhl für Brau- und Getränketechnologie Wie viele Stoffe stecken denn heutzutage tatsächlich in einem der TUM sind primär keine Produktdesigner! Wir denken handelsüblichen Bier? eigenschaftsorientiert. Wie kann ich Produkt- und Prozess- Die Naturprodukte Malz, Hopfen und Hefe bringen eine Viel- eigenschaften mittels technologischer und verfahrenstech- zahl von Stoffen in das Produkt, deren Vielfalt sowohl in der nischer Methoden besser verstehen lernen, produktiver und Definition als auch Konzentration über den Prozessverlauf effizienter gestalten? Da unterscheiden wir uns von keinem noch gesteigert wird. Die meisten davon gelangen dabei ins anderen Industriezweig. Das Reinheitsgebot stellt dabei im Endprodukt Bier. Welche davon eigenschaftsbestimmend nationalen Kontext eine Rahmenbedingung dar, die bisher sind, ist bisher immer noch nicht geklärt und Gegenstand an keiner Stelle »Hightech« verhindert. Es gibt nämlich kei- aktueller Forschungen. nen biotechnologischen Prozess, der ähnlich industrialisiert und technisch ist wie der Brauprozess. Das ist mit ein Grund Weltweit wird zu vermutlich 90 Prozent das so genannte dafür, weshalb viele unserer Absolventen häufig in pharma- Lagerbier getrunken und Bierkritiker behaupten, es schme- zeutischen Betrieben arbeiten. cke überall gleich, die Marken würden sich kaum unterschei- den. Derzeit werden beispielsweise von rund 200 Hefesorten Lediglich vier Zutaten sind laut Reinheitsgebot zugelassen, nur rund zehn bis elf verwendet. Forschen Sie an Ihrer Fakul- dennoch gibt es allein in Deutschland über 3 500 verschiede- tät auch an der Verwendung seltener Hefen? ne Biersorten – wie ist das möglich? Aus nachvollziehbaren Gründen ändern Brauer nur sehr Das ist nicht unüblich bei Lebensmitteln. Vergleichbar wenige ungern Abläufe, wenn die Hefe davon betroffen ist. Das Zutaten braucht es bei Milch-, Nudel- oder Brotprodukten. Nur ändert sich aber zunehmend. Das Potenzial, das die Hefe in existiert dafür nichts Vergleichbares wie das Reinheitsgebot. sich birgt, soll neu ausgelotet und verstanden werden. Unum- Was Bier betrifft, so können Sie relativ schnell stochastisch stritten ist, dass dadurch die Produktstile ausdifferenziert ausrechnen, wie viele Varianten entstehen können aus hundert werden, was den einheitlichen Geschmacksrichtungen ent- Malzsorten, 200 Hopfentypen und 200 Hefearten. Daneben gegenwirkt. Denn seit einigen Jahren gibt es einen Megatrend haben Sie an vielen Stellen im Bierbrauprozess die Möglich- bei Verbrauchern, und das unabhängig vom Produktgenre: keit, die Parameter zu verändern – ob das die Temperatur oder Individualisierung und Personalisierung – heute wollen alle 6 TUMcampus 2|16
Forschen etwas Spezielles haben. Auch beim Brauprozess wird mehr und mehr geforscht, wie neue Aromen und Geschmacks- nuancen hinzukommen. Ich kann das Aroma über die Roh- stoffe wie Malz oder Hopfen beeinflussen, ich kann es über den Prozess oder die Hefe erreichen. Wenn ich Hefen habe, die ein anderes Aromaspektrum generieren etwa durch Pro- zesseinstellungen, dann habe ich die Chance, das Bieraro- ma in signifikantem Ausmaß zu verändern. Das wurde in den © Andreas Heddergott (2) vergangenen hundert Jahren aus Angst vor Überraschungen ungern getan. Nun aber ist ein Zeitalter angebrochen, in dem wir die analytischen und prozesstechnischen Möglichkeiten haben, die Hefe besser steuern und kontrollieren zu können. Darum arbeiten wir sehr intensiv daran, verschiedene Hefe- Was macht ein Bier aus? Laut Reinheitsgebot von 1516 sind lediglich die vier Zutaten Hopfen, Malz, Hefe und Wasser zugelassen. Das Gebot garantiert sorten daraufhin zu screenen, welche Endeigenschaften sie als Ordnungsrahmen die heute von Lebensmitteln erwartete weitgehende Na- im Produkt generieren können. turbelassenheit ohne Zusatzstoffe. Stimmt es, dass Mitarbeiter oder Doktoranden Ihres Lehr- Bier flüssig sein? Oder erfolgt die finale Fertigstellung über stuhls in alte Bierkeller gehen und da Abstriche nehmen, um Instantprodukte im privaten Haushalt? Sind die Produktions- alte Hefestämme zu finden? schritte so noch notwendig in einem sich ändernden Indus- Auch das, ja! Wir arbeiten gerade an zwei Projekten, wo trieumfeld und nachhaltig? Können Getränke oder Bier mit Hefestämme aus Zentralafrika gescreent werden. Wir scree- weiteren physiologischen Eigenschaften hergestellt werden? nen dort die heimischen Produkte, die mit wilden Hefen und gänzlich anderen Stämmen fermentiert sind. Jetzt nehmen Sie haben ›Instant-Bier‹ erwähnt – ist das ein Markt der wir uns gerade Hefen aus Asien vor und schauen, welche Zukunft? Aromen diese erzeugen. Was im weiteren Prozess eine Rolle Ja, das ist ein Thema. Wenn Sie sehen, wie die Exportraten spielt, ist die Interaktion der Hefen mit dem Hopfen oder Malz sind. Wie viel Bier um die Welt geschippert wird. Und damit innerhalb des Prozessumfeldes und was sich daraus an neu- Wasser: Bier besteht zu 92 Prozent aus Wasser. Es könnte en Geschmacksnuancen ergibt. Aber letztendlich geht es uns ein Zwischenprodukt sein, das vor Ort vollendet wird, um darum, mit der Prozesstechnik die Hefe so zu steuern, dass nicht so viel Logistik einsetzen zu müssen. Wie aber kann wir nicht überrascht werden vom Endergebnis. Das Ziel sind ich Instantprodukte so herstellen, dass sie am Ende meinen reproduzierbare Prozesse, die immer dasselbe gute Produkt gewünschten Eigenschaften entsprechen? am Ende liefern. Welche Rolle spielt noch der Geschmack bei der hochtechni- Was ist ihr Ausblick für die Bierwissenschaft? sierten Herstellung eines modernen Getränks? Dieser ist auch an den globalen Herausforderungen angelehnt. Vom Mittelalter bis ins 20. Jahrhundert hinein ging es dar- Die Bierwissenschaft wird zunehmend eigenschaftsgetrie- um, dass es ausreichend und sicher etwas zu trinken gab. ben von Erwartungen ans Endprodukt in einem reverse-en- Erst in den vergangenen 30 bis 40 Jahren erwarten wir von gineering Konzept beeinflusst. Das rüttelt an traditionellen Lebensmitteln mehr als nur, unsere Grundbedürfnisse zu stil- Produktionsschemen und Paradigmen. Im Mittelpunkt steht: len. Wir erwarten Geschmack und Aroma. Das wird meines Welche Biereigenschaft kann ich durch welche Technologie Erachtens in einigen Jahren ergänzt durch die Erwartung von und mit welchem Verfahrenskonzept am nachhaltigsten errei- Zusatznutzen. Im asiatischen Raum geht es da heute schon chen? Eine andere Frage ist, ob das Eigenschaftsportfolio, darum: Kann ein Produkt mich dabei unterstützen, dass ich das Verbraucher heute von Bier erwarten, in der bisherigen 120 Jahre alt werde? Das werden wir künftig von Lebensmit- Form bleibt. Oder ob es geändert oder erweitert werden teln erwarten. muss. Müssen etablierte Getränke und Lebensmittel aus den gleichen Rohstoffen wie bisher erzeugt werden? Muss TUMcampus 2|16 7
Forschen Automatisierte Modellerzeugung für die Instandhaltung von Brücken SEEBridge: Ein mächtiges Werkzeug Die Digitalisierung des Bauens hat massiv Fahrt aufge- konnte sich das SEEBridge-Konsortium durchsetzen, an dem nommen. Einen wichtigen Impuls dafür gab Alexander die TUM, die Cambridge University, GeorgiaTech, Technion, Dobrindt, Bundesminister für Verkehr und Digitale Inf- das Technologieunternehmen Trimble und weitere Partner rastruktur, als er im Dezember 2015 den BIM-Stufenplan beteiligt sind. verkündete. »Das SEEBridge-Projekt zielt darauf ab, die heute durch- Der Plan sieht vor, dass von 2020 an für alle Infrastrukturvor- weg manuell durchgeführten Inspektionen und Zustands- haben des Bundes die Technologie des Building Information bewertungen von Brücken teilweise zu automatisieren«, Modeling (BIM) einzusetzen ist. Das bedeutet: Die bisherige erklärt Prof. André Borrmann vom TUM-Lehrstuhl für Com- zeichnungsbasierte Arbeit wird durch das Erstellen und Nutzen putergestützte Modellierung und Simulation. »Dabei werden hochwertiger digitaler Bauwerksmodelle abgelöst. Damit einher zunächst Verfahren der Fotogrammetrie eingesetzt, um ein geht eine Verringerung von Planungsfehlern, was im Endeffekt 3D-Modell der Brücke zu erzeugen, und dieses anschließend zu einer erhöhten Sicherheit bei Kosten und Bauzeiten führt. mithilfe von Methoden der künstlichen Intelligenz semantisch angereichert. Zusätzlich werden Bilderkennungsverfahren Der Ankündigung des Ministers vorausgegangen waren zahl- eingesetzt, um Risse und andere Schädigungen zu erkennen reiche Forschungsprojekte, an denen vielfach auch die TUM und mit dem 3D-Modell zu verknüpfen. Das Ergebnis die- intensiv beteiligt war, um die methodischen und technolo- ser Schritte ist ein digitales Bauwerksmodell, das die Schä- gischen Grundlagen für das BIM zu erarbeiten. Um dieses digungen beinhaltet und als hochwertige Grundlage für die gesellschaftlich äußerst wichtige Thema weiter voranzubrin- Zustandsbewertung der Brücke dient. Die Verbindung der gen, gründete die TUM 2013 das Center of Digital Methods einzelnen Technologien erzeugt ein mächtiges Werkzeug, das for the Built Environment. zukünftig die Inspektionstätigkeit drastisch vereinfachen und zu einer transparenten und nachvollziehbaren Zustandsbe- Für die Industrienationen ist besonders die Instandhaltung wertung von Brücken führen wird.« der existierenden gebauten Infrastruktur relevant, da hierin ein bedeutender Teil des Volksvermögens liegt. Mit dem Ziel, Die TUM wird in das Projekt ihre umfassende Expertise im neue Technologien für eine nachhaltige Bewirtschaftung des Bereich der geometrisch-semantischen Bauwerksmodellierung, Infrastrukturbestands zu entwickeln, haben die führenden der Verarbeitung von Punktwolken und der computerverarbeit- Betreiberorganisationen Europas, Israels und der USA das baren Abbildung von Ingenieurwissen einbringen. Das Projekt gemeinsame Forschungsprogramm Infravation aufgelegt. In hat im Oktober 2015 begonnen und läuft über zwei Jahre. einem äußerst kompetitiven Verfahren, in dem letztlich nur 9 André Borrmann von 102 eingereichten Projektanträgen ausgewählt wurden, www.infravation.net Punktwolke einer Brücke. Punktwolken von Bestandsbrücken lassen sich mittels Laserscanning oder fotogrammetrischen Verfahren erzeugen. Im SEEBridge- Projekt dienen sie als Ausgangpunkt für eine Reihe von Datenverarbeitungsschritten, deren Ergebnis ein semantisch angereichertes 3D-Modell ist. Dieses bildet die Grundlage für die Bewertung des Brückenzustands. 8 TUMcampus 2|16
Forschen Fetalchirurgie Operation im Mutterleib rettet Zwillinge Fred und Willi sind eineiige Zwillinge. Sie sind fast ein Jahr alt und gesund. Keine Selbstverständlichkeit, denn im Mutterleib war ihr Leben in Gefahr: In der 21. Schwan- gerschaftswoche war bei ihnen das lebensbedrohliche Zwillingstransfusionssyndrom festgestellt worden. Dr. Javier Ortiz, leitender Oberarzt für Pränatalmedizin und Fetalchirurgie in der Frauenklinik des TUM-Klinikums rechts der Isar, operierte die Zwillinge minimalinvasiv durch die Bauchdecke der Mutter. Nach dem Eingriff ver- lief die weitere Schwangerschaft ohne Komplikationen. Die Zwillinge kamen in der 39. Schwangerschaftswoche wohlbehalten und auf normalem Weg zur Welt. Als Fetalchirurgie bezeichnet man chirurgische Eingriffe vor © Michael Stobrawe der Geburt, die man bei schweren und lebensbedrohlichen Erkrankungen oder Fehlbildungen des Ungeborenen vorneh- men kann. Ziel eines solchen Eingriffs ist es, den natürlichen Verlauf der Krankheit so zu verändern, dass die Kinder le- Javier Ortiz mit Familie Schwarz: Stefanie Schwarz mit den Zwillingen Fred bend geboren werden und Folgeschäden verhindert werden und Willi, Janosch, 4, und Vater Ronny mit Kalle, 2 Jahre können. Die Frauenklinik des TUM-Klinikums rechts der Isar ist die Im noch selteneren Falle einer Zwerchfellhernie werden die erste Einrichtung in Süddeutschland, in der ein Experte für Lungen durch die Bauchorgane komprimiert. Bei einem mi- die minimalinvasive Fetalchirurgie zur Verfügung steht. Javier nimalinvasiven Eingriff kann ein Ballon in die Trachea einge- Ortiz absolvierte die Weiterbildung für Fetalchirurgie am Hos- setzt werden. Das führt zu einer Entfaltung der Lungen und pital Clínic der Universität Barcelona, einem der renommier- verbessert die Überlebenschancen nach der Geburt. testen medizinischen Zentren der Welt. Wenn bei ungeborenen Kindern die Harnröhre durch poste- Mit den neuen Operationstechniken können die Ärzte die bis- riore Urethralklappen verschlossen ist, kann der Harn nicht her praktizierte und mit hohen Risiken für Mutter und Kind abfließen. Dadurch können die kindlichen Nieren und Lungen verbundene »offene« Fetalchirurgie umgehen. Bei der mini- stark geschädigt werden. In einem minimalinvasiven Eingriff malinvasiven Fetalchirurgie muss der Arzt lediglich eine Hohl- kann ein Fetalchirurg die Klappen per Laser direkt öffnen. Al- nadel und eine kleine Kamera (Fetoskop) in die Fruchtblase ternativ kann er einen kleinen Shunt in die Blase einlegen, der einführen. Dies ist durch einen kleinen, etwa 3 mm großen den Urin aus der Blase in die Fruchtblase ableitet. Schnitt an der mütterlichen Bauchdecke möglich. Dies sind nur einige Beispiele für Eingriffe der Fetalchirurgie, Besonders bei eineiigen Zwillingsschwangerschaften auftre- die am TUM-Klinikum rechts der Isar durchgeführt werden; tende Komplikationen, bei denen ein Zwilling mangelhaft mit seit Ende 2013 waren es über 50 erfolgreiche Operationen. Blut versorgt und der andere mit Volumen überlastet wird, wie Mittlerweile kommen die Patientinnen nicht nur aus Bayern, bei feto-fetalem Transfusionssyndrom, können so behandelt sondern aus verschiedenen Ländern Europas ans Rechts der werden: Mit einem Laser werden die verbindenden Blutgefä- Isar. Ziel ist es, das Spektrum der Behandlungen von Unge- ße verödet, um die Blutumverteilung zwischen den Feten zu borenen zu erweitern. unterbrechen. TUMcampus 2|16 9
Forschen Mutiertes Gen schützt vor Herzinfarkt »Der Blutfettstoff Triglycerid dient dem Körper als Ener- giespeicher. Zu hohe Werte jedoch erhöhen – ähnlich wie erhöhte LDL-Cholesterinwerte – das Risiko für Herz-Kreislauf- erkrankungen. Niedrige Werte dagegen senken es«, erklärt Heribert Schunkert. Er sieht die Bedeutung der Triglyceride für die Gesundheit bisher unterschätzt: »Zumeist steht im- mer noch das Cholesterin im Vordergrund. Man unterschied immer zwischen dem gesunden HDL- und dem schädlichen LDL-Cholesterin. Inzwischen wissen wir aber, dass sich die HDL-Werte genau umgekehrt wie die Triglyceride verhalten und dass HDL selbst sich in Wirklichkeit eher neutral ver- hält. Die Triglyceride dagegen sind neben dem schädlichen LDL-Cholesterin der zweite wichtige Fettstoff im Blut. Die HDL-Werte im Blut bestimmt man nur noch, weil man aus Gesamtcholesterin, HDL und Triglyceriden die LDL-Werte er- rechnen kann, die sich nicht direkt messen lassen.« Die aktuelle Studie zeigt nun, dass die Konzentration von Triglyceriden im Blut nicht nur durch die Ernährung, sondern © Sebastian Kaulitzki - Fotolia auch durch das Gen ANGPTL4 beeinflusst wird. Im Zentrum der Daten steht das Enzym Lipoprotein-Lipase (LPL). Es be- wirkt den Abbau von Triglyceriden im Blut. Normalerweise bremst ANGPTL4 das LPL-Enzym; Folge: Die Blutfettwerte steigen an. Die jetzt identifizierten Mutationen schalten die Funktion dieses Gens aus und sorgen so dafür, dass der Tri- In den Industrieländern gehört der Herzinfakt zu den häufigsten Todesursachen. glycerid-Spiegel drastisch sinkt. Wer eine bestimmte Genmutation trägt, hat ein um die Gleichzeitig stellte sich heraus, dass der Körper das Hälfte verringertes Risiko für einen Herzinfarkt. Das fand ANGPTL4-Gen offenbar gar nicht benötigt. Wird das Gen ein internationales Forscherteam unter Leitung von Prof. ausgeschaltet oder das LPL-Enzym auf andere Weise neutra- Heribert Schunkert heraus. Der Ärztliche Direktor des lisiert, könnte das demnach ein wirksamer Schutz vor Herz- Deutschen Herzzentrums an der TUM ist zuversichtlich: infarkt sein. Medikamente mit genau diesem Effekt wollen die »Könnte man dieses Gen medikamentös ausschalten, lie- Wissenschaftler in Zukunft entwickeln. ße sich die Herzinfarktrate deutlich senken.« An der vier Jahre dauernden Studie waren 129 Wissenschaft- Für die breit angelegte Vergleichsstudie analysierten die ler aus 15 Ländern beteiligt. Sie wurde unter anderem un- Wissenschaftler 13 000 Gene von fast 200 000 Teilnehmern terstützt von den National Institutes of Health (USA), dem – Infarktpatienten und gesunden Kontrollpersonen. Die Su- European Research Council, der DFG und dem BMBF. Die che nach Zusammenhängen zwischen Genveränderungen Ergebnisse wurden im März 2016 im renommiertesten Jour- und koronaren Arterienerkrankungen ergab für mehrere Gene nal der Medizinwelt, dem New England Journal of Medicine, eine solche Beziehung, unter anderem für das Gen Angio- vorgestellt. poietin-like 4 (ANGPTL4). Zudem hatten Träger des mutierten Andreas Battenberg ANGPTL4-Gens deutlich weniger Triglyceride im Blut. DOI: 10.1056/NEJMoa1507652 10 TUMcampus 2|16
Forschen Strom aus funktionellen molekularen Netzwerken Organische Fotovoltaik wird häufig als Einstieg in eine kostengünstigere Stromerzeugung angesehen. Eine der noch zu lösenden Herausforderungen ist die vielfach geringe Ordnung der dünnen Schichten auf den Elektro- den. Dazu präsentierte ein Team von Wissenschaftlern der TUM nun einen neuen Ansatz: Auf einer Graphen-Di- amant-Hybridplattform bauten sie fotoaktive Lagen aus sich selbst organisierenden molekularen Netzwerken. Graphene Ihre Ergebnisse eröffnen neue Möglichkeiten, fotoaktive H-C(100) Bauelemente molekülgenau herzustellen. © Carlos-Andres Palma O O H H NH N HN Unübertroffen beherrscht es die Natur, sich selbst organi- O N N O H H sierende, komplexe, molekulare Systeme aufzubauen. Sie N H N N H H können Licht absorbieren und damit Ladungen trennen und O N O Elektronen übertragen. Nanotechnologen versuchen, solche biomolekularen Strukturen nachzuahmen und sie beispiels- Selbstorganisierende Monoschichten von Melamin-verknüpften Terrylen-Di- weise für eine kostengünstige Stromproduktion zu nutzen. So imidmolekülen auf Graphene für die Solartechnologie. haben Wissenschaftler der TUM-Fakultäten für Physik und für Chemie, des Max-Planck-Instituts für Polymerforschung (MPI-P) und der Université de Strasbourg (UdS) Farbstoffmo- Schichten mit Farbstoffen, eingelagert zwischen zweidi- leküle so konzipiert, dass sie als Bausteine für selbstorgani- mensionalen Graphen-Elektroden, versprechen sie sich eine sierende molekulare Netzwerke einsetzbar sind. einfache Maßstabsvergrößerung, hin zu effizienten Fotovol- taik-Elementen. Solche Architekturen wären damit eine Option Auf der atomar glatten Oberfläche einer Graphenschicht auf für die Solar-Technologie. Diamant formen die Moleküle die Zielarchitektur von selbst, ähnlich wie bei Proteinen oder in der DNA-Nanotechnologie. Als fotoaktives Farbstoffmolekül dient den Wissenschaftlern Die einzige treibende Kraft sind die eingebauten, supramo- Terrylen-Diimid. Das dreibindige Melamin verknüpft die lang lekularen Wechselwirkungen auf der Basis von Wasserstoff- gestreckten Diimid-Moleküle zu Netzwerken. Welche Archi- brücken. Wie erhofft, produzieren die fertigen Netzwerke bei tekturen daraus genau entstehen, legen die Chemiker durch Belichtung Strom. gezielt eingefügte Seitengruppen des Terrylen-Diimids fest. »Für die herkömmliche organische Fotovoltaik ist eine präzi- »Diese Arbeit ist ein hervorragendes Beispiel für die interdiszi- se molekulare Ordnung noch immer eine Herausforderung. plinäre Zusammenarbeit, die durch die Einrichtung des Kataly- Der Nanotechnologie-Werkzeugkasten bietet dagegen die seforschungszentrums ermöglicht wurde«, so Prof. Ulrich Heiz, Möglichkeit, die Anordnung der Bausteine atomgenau vor- der Direktor des TUM Catalysis Research Center (s.S. 44). herzubestimmen«, sagt Dr. Carlos-Andres Palma im Team von Prof. Johannes V. Barth vom Physik-Department, der das Die Forschung wurde gefördert mit Mitteln des European neue Konzept vorantrieb. »Über die physikalisch-chemische Research Council, der DFG, über die Exzellenzcluster Nano- Steuerung der Komponenten bekommen wir weitere Stell- systems Initiative Munich und Munich-Centre for Advanced schrauben für die Funktionsoptimierung.« Photonics, des China Scholarship Council sowie der franzö- sischen Agence Nationale de la Recherche und des Internati- Die Wissenschaftler arbeiten daran, größere Flächen be- onal Center for Frontier Research in Chemistry. schichten zu können und die fotovoltaischen Eigenschaften Andreas Battenberg unter Standardbedingungen zu testen. Von selbstorganisierten DOI: 10.1038/ncomms1070 TUMcampus 2|16 11
Lernen und Lehren © Astrid Eckert Die klösterliche Abgeschiedenheit eignet sich hervorragend für Tagungen, Fortbildungen und Ferienakademien. Tagen in Raitenhaslach Das TUM Science & Study Center Zisterzienserkloster den Dialog zu den Stockwerke. Daneben gibt es noch zwei Raitenhaslach ist ein modernes Aka- Eliten aus Politik, Wirtschaft und Gesell- Studierzimmer, die für mehrere Wochen demie- und Tagungszentrum im his- schaft. oder Monate angemietet werden kön- torischen Ambiente des ehemaligen nen, um etwa die Dissertation fertig zu Zisterzienserklosters Raitenhaslach. Bis zu 180 Personen finden im TUM schreiben. Im April 2016 ist der Seminarbetrieb Science & Study Center Raitenhaslach angelaufen. Am 4. Juni 2016 findet die Platz für nationale und internationale Veranstaltungen im neuen Akademie- feierliche Eröffnung des Zentrums in Konferenzen, Seminare, Klausurtagun- zentrum der TUM können aus dem Gegenwart des Ministerpräsidenten gen der Fakultäten und der Universität, »TUM-Seminarfonds Raitenhaslach« un- Horst Seehofer statt. Wochenend- und Ferienakademien, terstützt werden. Fortbildungen, akademische Veranstal- Bereits 2013 verständigte sich die TUM tungen für Studierende oder Dialogver- JETZT BUCHEN mit der Stadt Burghausen über die Nut- anstaltungen zwischen Wissenschaft, zung des ehemaligen Prälatenstocks als Wirtschaft und Politik. Auch für Work- Studien- und Seminarzentrum. In den shops, Tagungen oder Fachschaftswo- Anfragen und Buchungen zu vergangenen drei Jahren wurde dieser chenenden ist Raitenhaslach ideal. Tagungsräumen, Tagungstechnik, Gebäudeteil umfassend saniert und re- Catering und Übernachtung laufen stauriert sowie mit moderner Tagungs- Das Raumprogramm gestattet auch Ver- über Barbara Weiant, Geschäfts- technik ausgestattet. Die Investitionen, anstaltungen für sehr kleine Gruppen: Auf führerin des TUM Science & Study die überwiegend der Freistaat Bayern einer Gesamtfläche von circa 1 100 m² Center Raitenhaslach. Die Betriebs- und die Stadt Burghausen trugen, be- stehen insgesamt elf Seminarräume ver- wirtin leitet seit April 2016 den liefen sich auf rund 19 Millionen Euro. schiedener Größen zur Verfügung. Der Seminarbetrieb. Fortan werden hier fernab des Universi- Festsaal, die »Aula Maior«, ist mit einer tätsalltags die geistige Erholung und der Fläche von 191 m² das Zentrum des Kontakt: kreative, wissenschaftliche Austausch ehemaligen »Prälatenbaus«. Elf weitere barbara.weiant@tum.de gefördert. Forschereliten aus dem In- Seminarräume unterschiedlicher Grö- Tel. 089/289-25283 und Ausland suchen im ehemaligen ße (30 bis 52 m²) verteilen sich auf drei www.raitenhaslach.tum.de 12 TUMcampus 2|16
Lernen und Lehren Masterstudiengang »Radiation Biology« Mit dem internationalen Masterstu- Innerhalb der zahlreichen Praktika sind Der erste Jahrgang des Studiengangs ist diengang »Radiation Biology« am die Studierenden am Standort München bereits in vollem Gange. Die Bewerbung TUM-Klinikum rechts der Isar ist im in die Institute und Abteilungen der TUM für das Wintersemester 2016/17 ist noch Oktober 2015 nicht nur der erste Bo- sowie des Helmholtz Zentrums und bis 31. Mai möglich. Primär richtet sich logna-Studiengang an einer medizini- künftig auch in das Institut der Radiobio- der Studiengang an Absolventen der schen Fakultät entstanden, sondern logie der Bundeswehr integriert. Physik, Biologie, Chemie, Umweltwis- auch ein interdisziplinärer Studien- senschaften oder Medizin, die sich für gang, der in Deutschland und Europa Die TUM-Professoren Stephanie Combs strahlenbiologische Forschungsthemen seinesgleichen sucht. und Mike Atkinson legen großen Wert begeistern. auf eine individuelle Betreuung der Stu- Menschen sind aus den unterschied- dierenden: »Derzeit können nicht mehr Entsprechend der fächerübergreifenden lichsten Gründen ionisierender Strah- als 15 bis 20 Bewerber pro Jahrgang zu- Ausrichtung des Studiengangs haben lung ausgesetzt, oft ohne dass es ihnen gelassen werden, da jeder Studierende Absolventen die Möglichkeit auf aktive bewusst ist. Die Quellen dieser Strahlen eng mit unseren Forschern in den La- Teilnahme sowohl in der Grundlagenfor- sind vielfältig und können sowohl na- bors zusammenarbeitet und so die Mög- schung als auch in der translationalen türliche als auch künstliche Ursachen lichkeit hat, innerhalb dieses Fachs seine Forschung der klinischen und experi- haben. Das Spektrum möglicher Strah- eigenen Interessen und Schwerpunkte mentellen Strahlenbiologie. Dazu ge- lenwirkungen auf den Menschen ist herauszufinden.« hören alle Bereiche der Radiologie, der weit gespannt und reicht von Gesund- Nuklearmedizin und vor allem auch der heitsrisiken wie Erbschäden über dia- Strahlentherapie und radiologischen On- gnostische Bildgebung bis zur Heilung kologie sowie das gesamte Gebiet der von Tumoren. Die Aufklärung der Strahlenschutzforschung. Wirkungen ionisierender Strahlen erfordert biologisches, physi- Zu den Zukunftsperspektiven der kalisches und medizinisches Absolventen erklärt Stephanie Wissen. Dieses interdiszipli- Combs: »In Deutschland gibt näre Wissen wird im Mas- es etwa 30 radioonkologi- ter »Radiation Biology« sche Universitätsinstitute vermittelt. mit strahlenbiologischen und medizinphysikali- Der Studiengang zeich- schen Forschungsgrup- net sich sowohl durch pen, in ganz Europa weit seine Anbindung an den über 100. Hinzu kommen klinischen Bereich des Forschungsabteilungen für Klinikums rechts der Isar radiologische Bildgebung, als auch durch die Koope- Strahlenschutz, Krebsfor- ration mit dem Departmet schung und Umweltforschung. of Radiation Sciences am Für die Arbeit in solchen Institu- Helmholtz Zentrum München tionen werden die Studierenden und die dadurch erreichte hohe ausgebildet.« Forschungsorientierung der Lehre aus. Carmen Kessel www.med.tum.de/en/ master-program-radiation-biology TUMcampus 2|16 13
Lernen und Lehren Optimale Förderbedingungen für Doktoranden Das internationale Graduiertenkolleg IGDK München-Graz in der Anfangsphase ungemein. Nach einem Jahr im IGDK bietet Doktoranden an der TUM-Fakultät für Mathematik an der TUM hatte ich schon sehr spezifische Fragestellungen exzellente Bedingungen für die Promotion. Das erfolgrei- entwickelt. Ich bin dann nach Graz gegangen und habe durch che Programm wird für weitere fünf Jahre gefördert. den Austausch mit dem Zweitbetreuer und den anderen Dok- toranden eine neue Perspektive auf das Thema erhalten.« Anfang Dezember 2015 traf die gute Nachricht bei Prof. Boris Vexler ein: Die DFG und ihr österreichisches Pendant FWF Das IGDK unterstützt eigene Initiativen der Doktorandinnen haben entschieden, dass die Förderung des IGDK nach ei- und Doktoranden auf wissenschaftlicher, organisatorischer ner exzellenten Begutachtung um fünf Jahre verlängert wird. und finanzieller Ebene. 2013 fand der erste Students´ Work- Einer der internationalen Gutachter fasst seinen Eindruck so shop statt. Moritz Keuthen hatte die Idee, einmal im Jahr zusammen: »To work in this group should be the dream of auswärts einen gemeinsamen Workshop aller Doktoranden every young researcher.« abzuhalten, bei denen kleine Arbeitsgruppen drei bis vier Themen behandeln. Außerdem findet ebenfalls für alle Pro- Bei der Ausbildung der Doktorandinnen und Doktoranden setzt movierenden im IGDK ca. zweimal im Monat das Graduate das IGDK auf bilaterale Betreuung: Jeder Doktorand hat jeweils Seminar statt, das per Videokonferenz zwischen München und einen Betreuer in München und Graz und verbringt mindestens Graz einen lockeren Rahmen für die Diskussion von Problem- sechs Monate an der kooperierenden Institution. Seit dem Start stellungen im Zusammenhang mit der eigenen Arbeit bietet. im Jahr 2012 wurden bereits 14 Promotionen erfolgreich abge- schlossen. Alle Absolventen haben mittlerweile Jobs im wissen- Ergänzt wird das Angebot durch meist einwöchige Kompakt- schaftlichen Bereich oder in der Industrie angenommen. kurse, in denen führende internationale Experten spezielle The- men behandeln, sowie durch eine Fülle von Gastvorträgen in Und welche Erfahrungen haben die Promovierenden der ersten München und in Graz. Die Organisation der Kompaktkurse kann Förderperiode gemacht? Moritz Keuthen und Konstantin Pieper »on demand« auch auf Wunsch der Doktoranden erfolgen, wie waren Doktoranden der ersten Stunde; Moritz Keuthen war so- Moritz Keuthen berichtet. Er schloss seine Promotion nach drei gar Doktorandenvertreter in München. Er beschäftigte sich in Jahren ab und ist seit Anfang 2016 im Bereich Softwareentwick- seiner Doktorarbeit mit Problemen aus dem Bereich der »Shape lung tätig. Konstantin Pieper ist nach dem Abschluss seiner Optimierung«. Erkenntnisse daraus sind für ein breites Spekt- Promotion in der Forschung geblieben. Im Mai 2016 geht er als rum von Anwendungen relevant, etwa in der Aerodynamik. Postdoc an die Florida State University in den USA. Angela Puchert Konstantin Pieper berichtet: »Die Themen der Doktorarbei- ten sind sehr spezifisch und sehr kompliziert. Man braucht IGDK-Fakten: am Anfang einige Zeit, um zu verstehen, was man tut. Der •D as internationale Graduiertenkolleg IGDK Mün- Kontakt zu anderen Doktoranden in München und Graz half chen-Graz trägt den Titel »Optimierung und Numerik für partielle Differentialgleichungen mit nichtglatten Strukturen«. •D as IGDK ist ein gemeinsames Projekt der TUM, der Universität der Bundeswehr München, der Karl-Fran- zens-Universität Graz sowie der TU Graz; gefördert durch DFG (für Deutschland) und FWF (für Österreich) •S precher München: Prof. Boris Vexler (TUM), Sprecher © Andreas Heddergott Graz: Prof. Karl Kunisch (KFU Graz) • Erste Förderperiode: 1. 3. 2012 – 30. 8.2016 • Zweite Förderperiode: 1. 9. 2016 – 28. 2. 2021 Nähere Informationen und offene Stellen: www.igdk.eu Dr. Moritz Keuthen (r.) und Dr. Konstantin Pieper 14 TUMcampus 2|16
Lernen und Lehren Studieren al gusto © Andreas Heddergott An der TUM entstand der MOOC »Einführung in Computer Vision« als einer der ersten. Studieren – das heißt morgens zur Uni, abends heim; Welt verstreute Institutionen partizipieren an den etwa 900 das heißt nach Stundenplan in Vorlesungen sitzen, an Kursen. Am MIT nutzen neun von zehn Studierenden MOOCs Seminaren teilnehmen, Übungen absolvieren. So war es, im Sinne von »blended learning«: Sie mischen die E-Kurse schon immer. Doch so wird es nicht bleiben. Das univer- mit herkömmlichen Lernformaten. Viele bereiten sich mit sitäre Lernen ist in Bewegung gekommen: E-Learning ist MOOCs auch auf ein anschließendes reguläres Studium vor. auf dem Vormarsch, allenthalben sprießen MOOCs. Die Massive Open Online Courses erlauben ein selbstbe- Neu im US-Angebot sind MicroMasters: Wer einen der ers- stimmtes, individuelles Lernen, wo und wann man will, ten, frei zugänglichen Einstiegskurse erfolgreich absolviert unabhängig von festen Orten und Zeiten. hat und das Thema vertiefen möchte, zahlt eine gewisse Summe, erhält ein Zertifikat und wird zu weiterführenden Auf- Die TUM hat als erste deutsche Hochschule nicht-exklu- baukursen zugelassen. Weil man aus Studien weiß, dass es sive Partnerschaften mit renommierten amerikanischen sich in der Gruppe effizienter lernt, können sich Teams in Pro- MOOCs-Anbietern wie Coursera und edX abgeschlossen. jektkursen zusammenfinden. Eigens eingerichtete »private Anfang 2014 startete der erste Kurs in der Fakultät für Elek- virtuelle Räume« bieten ihnen die Möglichkeit, ungezwungen trotechnik und Informationstechnik, schon im Sommer des- zu diskutieren und sich auszutauschen. selben Jahres zog die Medizin nach. Heute bietet die TUM fünf MOOCs an. Mehr als 100 000 Nutzer in rund 190 Staaten Ein wichtiger Schritt in Richtung Anerkennung als »normales« haben bisher daran teilgenommen. Studium sind die Vergabe von Credits und reguläre Abschlüsse. Es wird daran gearbeitet, sämtliche Kurse zu validieren, Qua- Noch ersetzen MOOCs kein Studium, zumindest in den USA lität und Resultate mess- und vergleichbar zu gestalten. Und: aber ist man auf dem Weg dorthin. Den dortigen Stand im Bei den notwendigen Prüfungen muss – genau wie im Hör- E-Learning stellte Prof. Anant Agarwal, CEO der Non-Pro- saal – gewährleistet sein, dass nicht geschummelt wird. Das ge- fit-Plattform edX, in einem Round-Table-Gespräch mit In- schieht mittels »asynchronous virtual proctoring«: Eine Webcam teressenten aus der TUM vor. edX wird vom MIT und der beobachtet die Prüflinge und speist die aufgezeichneten Daten Harvard University in Cambridge betrieben, Motto: »Learn in eine – geschützte – Cloud ein. An diesem heiklen Punkt, dem from the best. Anytime. Anywhere«. Rund 100 über die ganze Datenschutz, könnte es in Deutschland Probleme geben. TUMcampus 2|16 15
Politik | Standpunkt Physikprofessorinnen wie Laura Fabbietti sollen an der TUM künftig nicht die Ausnahme sein, vielmehr die Regel. Fabbietti beschäftigt sich am Lehrstuhl für Experimentalphysik (E12) der TUM mit der Physik der Hadronen und Kerne. Mehr Frauen in MINT-Studiengänge! von Barbara Stamm Frauen erwirtschaften bei der Geldanlage in aller Regel eine Frauen. Woran liegt das? Wirkt da etwa Charles Percy Snow höhere Rendite als Männer. Das ist zwar nicht mehr ganz noch etwas nach, der vor 60 Jahren die These von den zwei neu, wurde aber jetzt noch einmal durch eine aktuelle Studie Kulturen aufstellte? Die literarische, eher weibliche, die die bestätigt. Weiblich verwaltete Depots werfen im Durchschnitt technische, eher männliche, nicht versteht - und umgekehrt? 1,5 Prozent mehr Rendite ab als die Portfolios männlicher Anleger. Warum sollten Frauen also im technischen Anlagen- Mag sein. Aber wahrscheinlich ist es doch nur ein Mythos, dass bau, im Maschinenbau etwa, nicht ähnlich erfolgreich sein? Natur- und Geisteswissenschaften einander nicht verstehen, im Gegenteil: Die eine Disziplin führt zur anderen, was sich auch An den weiterführenden Schulen haben sie die Nase längst daran zeigt, dass die Hochschule für Politik ihren Ort nun an der vorn. In fast allen Ausbildungsberufen und Studiengängen Technischen Universität München gefunden hat. Sie funktioniert holen sie ihre männlichen Kollegen ein. Und doch sind sie also, die Annäherung von Geistes- und Sozialwissenschaften in technischen Studienfächern und Berufen immer noch eine einerseits und Ingenieurwissenschaften andererseits. Minderheit - trotz zahlreicher Interventionsmaßnahmen in Schule und Studium und Mentoring-Programmen an Hoch- Im Fall der TUM ist das besonders erfreulich. Denn sie gehört schulen sowie der stets bekräftigten Selbstverpflichtungen zu den erfolgreichsten deutschen Universitäten - auch bei der der Betriebe zur Frauenförderung. Gleichstellung von Frauen und Männern. Die Verantwortlichen dort wissen: Die demografische Entwicklung, der Fachkräfte- Nur jeder fünfte Studienabsolvent in den Ingenieurwissen- mangel und die Bedeutung der ingenieurwissenschaftlichen schaften ist eine Frau. Auf dem Arbeitsmarkt sind Frauen nach Studiengänge für das Innovationspotenzial unseres Landes wie vor unterrepräsentiert. Und in den Führungsetagen und machen es notwendig, mehr Frauen für technische Studien- auf Professuren an deutschen Hochschulen findet man zwar fächer zu gewinnen. heutzutage viele Ingenieure, darunter jedoch nur relativ wenige 16 TUMcampus 2|16
Standpunkt | Politik © Andreas Heddergott Trotzdem müssen wir unbedingt dranbleiben. Denn solan- Hochschule klüger und menschlicher, aktiver, mutiger, klarer ge sich in den Unternehmen und auf dem Arbeitsmarkt von und dennoch moderater gemacht - eingedenk der griechi- Technikerinnen und Technikern nichts in Richtung Gleichstel- schen und lateinischen Tugenden, die alle weiblich waren, lung und Equal Pay ändert, werden sich auch weiterhin zu von der sapientia bis zur iustitia!« viele Frauen gegen ein ingenieurwissenschaftliches Studium entscheiden. Die Bemühungen in Schule und Studium, das Dem ist nichts hinzuzufügen, und in diesem Sinne wollen wir Technikinteresse von Mädchen und jungen Frauen zu erhö- alle gemeinsam weiter arbeiten! hen, werden nur dann glaubwürdig und erfolgreich sein, wenn die ausgebildeten Ingenieurinnen die gleichen Berufschan- Barbara Stamm, Präsidentin des cen haben wie ihre männlichen Kollegen. Bayerischen Landtags, gehört dem Hochschulrat der TUM seit 2015 an. Ebenso wichtig ist natürlich, die Vereinbarkeit von Beruf und Von 1994 bis 2001 bekleidete die Familie in den Ingenieurberufen zu verbessern, woran mittlerwei- dreifache Mutter das Amt der Bay- le auch die meisten männlichen Ingenieure ein großes Interesse erischen Staatsministerin für Arbeit © Rolf Poss haben. Ja, und auch die Männer müssen sich neu aufstellen, und Sozialordnung, Familie, Frauen wenn ihre Frauen sich in der Karriere beweisen, ihre Talente nut- und Gesundheit; von 1998 bis 2001 zen und gleichzeitig Erfüllung in der Familie finden sollen. war sie außerdem Stellvertreterin des Bayerischen Ministerpräsidenten. In der jüngeren Vergan- Dass an der Spitze der Technischen Universität München genheit setzte sich die CSU-Politikerin für den Erhalt und all diese Notwendigkeiten erkannt wurden, zeigt ein Zitat die Reform der Hochschule für Politik München (HfP) ein, von Präsident Wolfgang A. Herrmann, das übrigens schon deren Trägeruniversität seit 1. Dezember 2014 die TUM ist. zehn Jahre alt ist: »Die Frauenpower der TUM hat unsere TUMcampus 2|16 17
Politik Die TUM verändert ihr Gesicht Die TUM hat ihr Corporate Design überarbeitet. Für den Internet-Auf- tritt bedeutet das: Der größte Teil der Das Corporate Design 2016 Webseiten wird zurzeit auf mobil opti- www.tum.de /cd mierte Darstellung (meist »responsive Design«) umgestellt. Im Vordergrund stehen Funktionalität und Inhalte, das Erscheinungsbild ist medienübergrei- fend klarer. Alle Vorlagen – für den Online- wie für den Print-Bereich – sind unter www.tum. © ediundsepp de/cd zu finden. Vorlagen etwa für die Geschäftsausstattung, Flyer, Poster und 100% TUM Bildschirmpräsentationen lassen sich mit den gängigen Programmen individu- alisieren und gestalten. Ein gedrucktes Handbuch mit den wich- Aktualisierungen verfügbar sind, sind sie tigsten Regeln wurde an alle Mitglieder zu finden unter www.tum.de/cd-news Die wichtigsten Neuerungen im Über- des Professorenkollegiums und Lehrstüh- blick: le versandt. Unterstützung bei Fragen Das neue Corporate Design ist für al- • Das Logo der TUM wird nur flächig und rund um das neue Corporate Design gibt le Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen der rechtsbündig dargestellt. per E-Mail: corporatedesign@tum.de TUM verbindlich, die neuen Regeln sind • Nur Fakultäten und Integrative Re- möglichst ab sofort anzuwenden und die search Centers dürfen in Print-Produk- Telefon: neuen Vorlagen zu benutzen. Allerdings ten zusätzlich zum Logo der TUM ihr •a llgemeiner Art: können Restbestände im alten Design Zeichen verwenden. Tina Heun-Rattei, 289-22561 noch für eine Übergangszeit verwendet • Andere Logos oder Zeichen werden (9-13.30 Uhr) werden, jedoch dürfen verschiedene Be- nicht mehr geführt; online wird nur Dr. Ulrich Marsch, 289-22778 reiche der Verwaltung nicht gleichzeitig noch das TUM-Logo verwendet. unterschiedliche Versionen desselben • Arial ist die Standardschrift in allen Vor- •z u Grafik und Layout (Print): Dokuments verwenden. Für IT-Syste- lagen. Christine Sturz, 289-28666, me, etwa im Studenten Service Zentrum •D ie korrekte Abkürzung für Technische ediundsepp Gestaltungs- oder in der Personalverwaltung, mit de- Universität München lautet TUM. Der gesellschaft mbH, 3090 715-13 nen Dokumente automatisch generiert englischsprachige Name lautet Techni- werden, sowie beim Einsatz von Formu- cal University of Munich. •z u Design online: laren ist eine Umstellung bis zum Ende •A ndere Übersetzungen sind im In- Fiorina Schulz, 289-22391 des Sommersemesters anzustreben. teresse der Markenklarheit und der Auffindbarkeit in den einschlägigen Die neue CSS-Komponenten-Bibliothek Kontakt bei Fragen rund ums Datenbanken, etwa Zitationsindices, können Programmierer plattformüber- neue Corporate Design: nicht gestattet. greifend in verschiedenen Content-Ma- corporatedesign@tum.de nagement-Systemen anwenden. Wenn Handbuch und Anleitungen: Hilfe bei der korrekten Anwendung des spezifische Gestaltungen noch nicht www.tum.de/cd neuen Designs gibt ein Styleguide: vorliegen, werden zum Corporate De- Neuerungen im Angebot des CD: www.tum.de/cd sign passende Lösungen erstellt. Kon- www.tum.de/cd-news takt: corporatedesign@tum.de. Sobald 18 TUMcampus 2|16
Politik Das fünfte Rad am Wagen: Lehrerbildung von Jan-Martin Wiarda Offenbar erlebt die Lehrerbildung gerade Hochschulen in ihrer jeweiligen Nach- Einrichtung allein und ihr Titel schon die eine kleine Revolution. Fast im Monats- barschaft. Lösung für das Problem.« rhythmus feiert irgendwo in Deutschland eine neue School of Education ihre Eröff- Der Bildungshistoriker Heinz-Elmar Ten- Tatsächlich ist die Bandbreite der Model- nung, zuletzt an der Universität Tübingen. orth von der Berliner Humboldt-Univer- le und Strategien enorm. Während einige Bei dem Festakt wenige Tage vor der sität sagt in einem Gespräch, eigentlich Zentren nur Beratung für Studenten und Landtagswahl war auch Baden-Würt- habe er gar keine Lust mehr, über die Professoren böten, organisierten andere tembergs grüne Wissenschaftsministerin Lehrerbildung zu reden. Da sei über die riesige Forschungsprojekte, und wieder Theresia Bauer mit von der Partie, sie Jahrzehnte so ziemlich alles vermurkst andere seien sogar mitverantwortlich für sprach von dem Herz der Lehrerbildung, worden, was man vermurksen konnte: die universitätsweite Personalplanung das hier und jetzt zu schlagen beginne, »Die Lehrerbildung war immer Steinbruch bei der Lehrerbildung, berichtet Melanie und fügte hinzu: »Wir brauchen starke für die anderen Fächer, sie hatte nie eine Rischke. »Da gibt es keine Regel« – was Orte für die Lehrerbildung.« Lobby und ist bis heute das schwächste schon der Blick auf die Mitarbeiterzahl Glied in der Kette.« So war es in Mas- der Einrichtungen zeige. Sie variiert zwi- Ohne die Rhetorik bleibt der Anglizis- senfächern wie der Germanistik bis in schen 0,5 und 143 Stellen. mus. Melanie Rischke vom Centrum für die neunziger Jahre hinein üblich, dass Hochschulentwicklung (CHE) hat für eine zwar ein Großteil der Studenten Lehr- So ist es eine seltsame Mischung aus Studie des Datenportals »Monitor Leh- ämtler waren und die Fach-Professuren Graswurzelbewegung und Politik von rerbildung« ausgezählt, dass die Zahl sicherten, die Lehrstuhlinhaber sich aber oben, die Deutschlands Lehrerbildung der sogenannten »Schools« von ledig- für die vermeintlichen Schmalspur-Stu- umwälzt. Die Erkenntnis, dass die Leh- lich einer 2008 auf zuletzt bundesweit denten kaum interessierten. rerbildung zentraler organisiert werden mindestens neun gestiegen ist, während müsse, habe sich seit Ende der neunzi- der immer noch gängigere Begriff »Zen- Das Lehramtsstudium stand ganz un- ger Jahre allmählich durchgesetzt, sagt trum für Lehrerbildung« leicht an Popu- ten in der universitären Hierarchie – was Ewald Terhart. Betrieben weitgehend larität verliert. Der Name »School« sage sich die Pädagogen und Fachdidakti- von den Universitäten selbst – bis 2009 erst einmal nichts, gelte aber als der ker auch selbst zuzuschreiben gehabt die TUM School of Education kam, die neue Goldstandard, sagt der Bildungs- hätten, sagt Tenorth: eine kaum wett- mit großem Medienrauschen und unter wissenschaftler Ewald Terhart. »Doch bewerbsfähige Forschung, erratische der Mitwirkung finanzkräftiger Stiftungen egal, wie die Einrichtungen heißen: Be- Studiengangskonzepte, eine ungenü- gegründete 13. Fakultät der Technischen merkenswerter ist, dass mittlerweile fast gende Verzahnung von Theorie und Pra- Universität München. jede Universität ihre Lehrerbildung durch xis. »Das konnte keiner ernst nehmen.« Zentren organisiert.« Die Gründungswelle bei den Lehrerzen- An ihrer Spitze stand Manfred Pren- tren sieht Tenorth insofern als Versuch zel, einer der international führenden Was sich auch statistisch belegen lässt: der Selbstbehauptung, um an den Uni- Bildungsforscher, persönlich angewor- 1999 gab es der CHE-Studie zufolge versitäten nicht vollends zerrieben zu ben durch den seit 1995 amtierenden bundesweit nur vier Zentren für Lehrer- werden. Positiv gewendet, ist solch ein TUM-Präsidenten Wolfgang Herrmann. bildung, 2016 sind es 44, inklusive der Zentrum eine bestechende Vision: ein Mit dieser Hausmacht ausgestattet, be- neun Schools. Und die Politik in Bund Ort in der Universität, wo alle Fäden der gann Prenzel, die vorher auf die ande- und Ländern tut, was sie kann, um den Lehrerbildung zusammenlaufen, wo die ren Fakultäten verteilten Professuren für Trend zu stützen: Allein in Baden-Würt- Fachwissenschaftler, Fachdidaktiker und Lehrerbildung einzusammeln und ehrgei- temberg wurden mit Fördermitteln aus Bildungswissenschaftler zusammenar- zige, berufsfeldbezogene Forschungs- der bundesweiten »Qualitätsoffensi- beiten und gemeinsam Forschung und projekte aufzusetzen. »Einmalig« sei es, ve Lehrerbildung« drei neue Schools Lehre planen können. »Wenn das richtig verkündet die School auf ihrer Websi- gegründet, als gemeinsame Projekte gemacht wird, kann das eine sehr gute te, »dass eine Fakultät universitätsweit der Universitäten Heidelberg, Freiburg, Sache sein«, sagt auch Tenorth. »Aller- Verantwortung für Lehrerbildung über- Stuttgart jeweils mit den Pädagogischen dings sollte man nicht so tun, als sei die nimmt – und übernehmen kann, weil sie TUMcampus 2|16 19
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