Wirtschafts- und Innovationsbericht - Berlin 2019/2020

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Wirtschafts- und Innovationsbericht - Berlin 2019/2020
Wirtschafts- und Innovationsbericht
Berlin 2019/2020
Wirtschafts- und Innovationsbericht - Berlin 2019/2020
Wirtschafts- und Innovationsbericht - Berlin 2019/2020
Inhaltsverzeichnis

Vorwort	                                                                           4

I.     Wirtschaftspolitik in Berlin                                                 6

II.    Wirtschaftsentwicklung in Berlin                                            11

III.   Wirtschaft                                                                  22

       1.   Innovative Cluster                                                    22

		 1.               Gesundheitswirtschaft / Life Science                          24
		 2.               IKT, Medien und Kreativwirtschaft                             26
		 3.               Verkehr, Mobilität und Logistik                               33
		 4.               Optik und Photonik                                            36
		5.                Energietechnik                                                37
		6.                Weitere Innovationsfelder                                     39

       2.   Zukunftsorte / Liegenschaftspolitik                                   42

       3.   Startups                                                              47

       4.   Soziale Ökonomie                                                      49

       5.   Tourismus / Kongresse / Gastgewerbe                                   51

       6.   Außenwirtschaft / Entwicklungszusammenarbeit                          54

       7.   Wirtschaftsrechtliche Aspekte                                         60

       8.   Services und Förderung für Unternehmen                                62

		1.                Unternehmensservice                                           62
		2.                Gründungsförderung                                            63
		3.                Innovationsförderung                                          66
		 4.               Zuschüsse für Unternehmen und Infrastruktur                   70
		 5.               Darlehen, Bürgschaften und Beteiligungen                      75

IV.    Energie                                                                     77

       1.   Energiepolitik                                                         77

       2.   Energieversorgung                                                      81

V.     Betriebe                                                                    83

       1.   Berliner Stadtreinigungsbetriebe                                      84

       2.   Berliner Verkehrsbetriebe                                              87

       3.   Berliner Wasserbetriebe                                                89

VI.    Berliner Wirtschaftsdaten                                                   92

                                                                                    3
Wirtschafts- und Innovationsbericht - Berlin 2019/2020
Vorwort

Regelmäßig konnte ich an dieser Stelle in den vergan-    lere Unternehmen legen wir z. B. einen Kongressfonds
genen Jahren mit Freude berichten, dass sich die Ber-    zur Förderung der Messe- und Veranstaltungsbranche
liner Wirtschaft hervorragend entwickelt; dass sie Fuß   auf. Den Berliner Mittelstand unterstützen wir u. a.
gefasst hat im Vergleich zu anderen Metropolen. Die      mit Zuschüssen in Gestalt einer Digitalprämie und
Berliner Wachstumsraten lagen oberhalb des Bundes-       bringen damit gleichzeitig die Digitalisierung am In-
durchschnitts. Die Beschäftigtenzahlen stiegen ste-      novationsstandort Berlin voran.
tig. Das sind auch noch die Fakten für 2019. Das Jahr
2020 hingegen steht wirtschaftspolitisch komplett im     Die Maßnahmenpakete machen deutlich: Gemeinsam
Schatten der Corona-Pandemie.                            mit dem Bund werden wir die durch die Corona-Pan-
                                                         demie in Not geratenen Unternehmen, Selbstständi-
Die Corona-Krise hat die ganze Welt – und damit auch     gen und Startups auch zukünftig nicht alleine lassen.
Deutschland und unsere Berliner Wirtschaft mit voller    Mit unseren Soforthilfen übernehmen wir auch wei-
Wucht und in der ganzen Breite erwischt. Besonders       terhin Verantwortung für den Erhalt der Zukunftsfä-
betroffen sind Unternehmen, die davon leben, dass        higkeit der Berliner Wirtschaft und für die Sicherung
Menschen sich begegnen, unterwegs sind und reisen.       von Arbeitsplätzen.
Das sind die Bereiche Hotellerie, Gastgewerbe und
Messen, Kongresse und Events, in denen Berlin beson-     Bei der Bewältigung der Folgeschäden durch Covid-19
ders stark ist. Diesen Unternehmen drohte nach den       sollten wir auf unsere Stärken vertrauen. Berlin war
Kontaktverboten Mitte März unmittelbar die Liquidi-      schon immer sehr gut darin, auf schwierige Situa-
tät auszugehen. Schnell und unbürokratisch haben         tionen schnell, flexibel und kreativ zu reagieren. Wich-
wir hier gemeinsam mit dem Bund reagiert. Wir haben      tig ist, dass wir bei dem Wunsch nach Rückkehr in die
verschiedene Soforthilfeprogramme aufgelegt, mit         sogenannte Normalität nicht vergessen, dass in jeder
denen wir rund 380.000 Arbeitsplätze sichern konn-       Krise immer auch eine Chance steckt.
ten. Auch wenn wir nicht allen Firmen helfen konn-
ten. Die bisherigen Hilfsprogramme waren insgesamt       Die Corona-Pandemie ist ein ungewollter Stresstest
wirksam und haben vielen Unternehmerinnen und            für die Leistungsfähigkeit unseres Landes. Es gilt, aus
Unternehmern in der Stadt in der Krise sehr geholfen.    den Erfahrungen der letzten Wochen und Monate
Der mit diesen Soforthilfen beabsichtigte schnelle und   mehr als die Bereitschaft für mehr Videokonferenzen
massive Anti-Krisen-Impuls ist gelungen.                 und verbesserte Digitalisierung mitzunehmen. Wir
                                                         wollen die Wirtschaftsstruktur für zukünftige Krisen
Im Juli haben wir mit einem 525 Mio. Euro starken        resilienter gestalten. Zum Beispiel die Daseinsvor-
Berliner Konjunkturpaket nachgelegt. Mit diesen fi-      sorge im Gesundheitswesen; wir lernen neu, dass in
nanziellen Mitteln werden wir u. a. gewerbliche Mie-     Zukunft größere Kapazitäten in Form von Infrastruk-
ten kleiner und mittlerer Unternehmen mit einem          tur und Ausrüstung vorzuhalten sind. Den im Gesund-
50-prozentigen Zuschuss unterstützen. Neben einer        heitswesen arbeitenden Menschen steht mehr als
Ausweitung der Liquiditätshilfen für kleine und mitt-    solidarische Anerkennung zu, wenn wir eine ange-

4
Wirtschafts- und Innovationsbericht - Berlin 2019/2020
Vorwort

messene Personalausstattung vorhalten wollen. Wir         den elf Zukunftsorten, in denen die Megathemen der
haben festgestellt, dass Grundlagenforschung einen        Zeit Digitalisierung, Dekarbonisierung und emissions-
großen Pool an Wissens- und Lösungsstrategien be-         freie Produktion entschlossen vorangetrieben werden.
reithält. Der zurzeit stattfindende verstärkte Umstieg
auf Fahrräder verbindet Corona mit dem viel größeren      Weil Wandel in der DNA Berlins liegt, werden wir ge-
Thema Klimaschutz. Deshalb setzen wir Anreize, um         stärkt aus dieser Krise hervorgehen. Der Freiheits-
beim Menschheitsthema Klimaerhitzung Ergebnisse           drang, die unerschöpfliche Kreativität und der Inno-
zu erzielen.                                              vationsgeist der Berlinerinnen und Berliner macht das
                                                          alles möglich.
Beim notwendigen Wandel können wir darauf aufbau-
en, was in den letzten Jahren so erfolgreich war: Ber-
lin ist Innovationsstadt, ist Stadt der Erfindungen und
der Startups. Berlins Stärke liegt auch in Zukunft an
der Schnittstelle zwischen wissensintensiven Dienst-
leistungen und moderner Produktion mit einer Ver-         Ramona Pop
netzung von Industrie, Forschung und IT-Wirtschaft in     Senatorin für Wirtschaft, Energie und Betriebe

                                                                                                             5
Wirtschafts- und Innovationsbericht - Berlin 2019/2020
I. Wirtschaftspolitik in Berlin
Die Wirtschaft Berlins ist breit aufgestellt – mit einem Mix aus leistungsstarken produzierenden Branchen und
modernen, zukunftsgerichteten Dienstleistungsbereichen hat sich die Stadt in kürzester Zeit zu einer internatio-
nal wettbewerbsfähigen Region entwickelt. Aus den fünf innovativen Clustern strömen kontinuierlich neue Ideen
in die Wirtschaft. Die einmalige Breite an exzellenter Spitzenforschung hat Berlin zu einem Ort werden lassen, der
Talente aus aller Welt anzieht. Die Berliner Wirtschaftspolitik begleitet und gestaltet diese Entwicklungen auch in
schwierigen Zeiten wie der gegenwärtigen COVID-19-Pandemie gezielt und nachhaltig.

Mit dem Zuwachs des realen Bruttoinlandsprodukts             gegen des deutschlandweiten Trends etwas an Tempo
von 3,0 % lag die wirtschaftliche Dynamik in Berlin im       zugelegt. Damit expandiert die Wirtschaft in Berlin be-
vergangenen Jahr deutlich über dem Bundesdurch-              reits seit 2014 stärker als in Deutschland insgesamt.
schnitt von 0,6 %. Auch hat das Wachstum 2019 ent-           Zudem wurde 2019 erneut das höchste Wachstum al-
                                                             ler Bundesländer erreicht.

    Auswirkungen der COVID-19-Pandemie
                                                             Impulse für die Zunahme des Bruttoinlandsprodukts,
                                                             das im letzten Jahr in Berlin 153,3 Mrd. Euro betrug,
    Zu Beginn des Jahres 2020 zeichnete sich durchweg
                                                             gingen besonders von dem stark repräsentierten
    eine Fortsetzung dieser sehr positiven Entwicklung
                                                             Dienstleistungssektor aus. Dieser erbringt rund 86 %
    ab. Durch den COVID-19-Lockdown im März wurden
                                                             der Wertschöpfung und ist 2019 in der Hauptstadt
    jedoch nahezu alle angestellten Prognosen hinfällig.
                                                             das zehnte Jahr in Folge gewachsen. Die Zahl der Er-
    Die Corona-Pandemie traf die Berliner Wirtschaft
                                                             werbstätigen stieg um 44.600 bzw. 2,2 % auf rund
    mit voller Wucht und in der gesamten Breite. Na-
                                                             2,061 Mio., womit die Zuwachsrate an neuen Jobs be-
    hezu alle Wirtschaftsbereiche sind von der Krise be-
                                                             reits seit 2012 in Berlin durchgehend höher ausfällt
    troffen. Berlin hat mit seinen Soforthilfen für in Not
                                                             als in allen anderen Bundesländern. Berlin bietet heu-
    geratene Unternehmen schnell und unbürokratisch
                                                             te unternehmerische Standortbedingungen, die einen
    gehandelt und damit rund 380.000 Arbeitsplätze
                                                             geeigneten Rahmen schaffen, um bestehende Gewer-
    gesichert (Stand 01.09.2020). Im zweiten Schritt
                                                             bestrukturen zu sichern, Investitionsvorhaben zu er-
    kommt es darauf an, gemeinsam mit dem Bund ge-
                                                             möglichen und Neuansiedlungen zu fördern.
    zielt Impuls für das Hochfahren der Berliner Wirt-
    schaft und deren Revitalisierung zu setzen.
                                                             Ein maßgeblicher Faktor hierzu sind Gewerbeflächen.
                                                             Der Stadtentwicklungsplans „StEP Wirtschaft 2030“
    Mit einem ersten Berliner Konjunkturpaket, das ein
                                                             bildet den zentralen Leitfaden für eine erfolgreiche
    Volumen von 500 Mio. € umfasst, wovon das Gros
                                                             und verlässlich Gewerbeflächenpolitik. Um landes-
    in die Unterstützung der Berliner Wirtschaft fließen
                                                             eigene Flächenpotenziale zügig zu aktivieren und zu
    wird, soll dies erreicht werden. Die einzelnen Maß-
                                                             entwickeln sowie bestehende Gewerbestandorte zu
    nahmen erstrecken sich von der Ausweitung der Li-
                                                             profilieren, wurde die WISTA Management GmbH (die
    quiditätshilfen für kleine und mittlere Unternehmen
                                                             Betreibergesellschaft des Wissenschafts- und Tech-
    und Gewerbemietenzuschüssen über die Gewäh-
                                                             nologieparks Berlin Adlershof) im Juni 2020 damit
    rung einer Digitalprämie bis hin zu Maßnahmen zur
                                                             betraut, geeignete Entwicklungs- und Management-
    Wiederankurbelung des Kulturtourismus sowie der
                                                             strukturen zu etablieren.
    Unterstützung der Messe- und Veranstaltungsbran-
    che. Es zahlt sich nun aus, dass Berlin in den vergan-
                                                             Ziel ist es, eine spürbare und nachhaltige Dynamik
    gen Jahr sehr intensiv darauf bedacht war, stabile
                                                             bei der Gewerbestandortentwicklung zu erzielen.
    und nachhaltige Wirtschaftsstrukturen aufzubauen
                                                             Für Gewerbebetriebe aus Industrie und Handwerk,
    und gleichzeitig verlässliche wirtschaftspolitische
                                                             expandierende Produktionsunternehmen, aber auch
    Rahmenbedingungen zu schaffen. Denn einer der
                                                             junge Unternehmen aus technologieorientierten
    unerlässlichen Faktoren zur Stabilisierung einer von
                                                             Branchen oder der Kreativwirtschaft sollen bezahl-
    Krisen gebeutelten Wirtschaft ist Vertrauen, Ver-
                                                             bare und zukunftssichere Flächen im Land Berlin
    lässlichkeit und Planungssicherheit.
                                                             bereitgestellt werden, damit sie ohne Sorge vor Ver-

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Wirtschafts- und Innovationsbericht - Berlin 2019/2020
I. Wirtschaftspolitik in Berlin

drängung wachsen und neue Arbeitsplätze schaffen        internationalen, wettbewerbsfähigen, innovativen
können.                                                 Standort mit starken und dynamischen Unternehmen,
                                                        zahlreichen Forschungsleuchttürmen und vielen in-
Eine der ersten großen Aufgaben der WISTA wird die      ternational renommierten Wissenschaftseinrichtun-
Übernahme der Standortvermarktung des größten In-       gen entwickeln.
dustriegebiets des Landes Berlin, des Cleantech Busi-
ness Parks Berlin-Marzahn, mit seinen rund 90 Hektar    Es ist gelungen, die Stärken der Region zu bündeln
verfügbarer Fläche sein. Neben der Entwicklung und      und zu schärfen und die Akteurinnen und Akteure in
Vermarktung eines attraktiven Angebotes an kurz-        den fünf länderübergreifenden Clustern Gesundheits-
fristig verfügbaren und gut erschlossenen landes-       wirtschaft / Energietechnik / Verkehr, Mobilität und
eigenen Gewerbegrundstücken soll sich die WISTA         Logistik / IKT, Medien und Kreativwirtschaft / Optik
künftig beim Neuaufbau einer landeseigenen Gewer-       und Photonik intensiv miteinander zu vernetzten. Auf
behofinfrastruktur engagieren. Ziel ist die Schaffung   diesen Ergebnissen baut die innoBB 2025 auf und geht
und Bereitstellung von Mieträumen für kleinere Pro-     in die weitere Umsetzung. Insbesondere als Reaktion
duktions- und Handwerksbetriebe, produktionsori-        auf die Herausforderungen, die die Digitalisierung der
entierte Dienstleistungen sowie Unternehmensneu-        Wirtschaft mit sich bringt, werden folgende Themen
gründungen auf landeseigenen Gewerbeflächen, da         in den kommenden Jahren als clusterübergreifende
diese Zielgruppen aufgrund steigender Mietpreise und    Schwerpunkte definiert: Arbeit 4.0 und Fachkräfte, Re-
verstärkter Flächenkonkurrenz kaum mehr ein für sie     allabore und Testfelder, Startups und Gründungen so-
wirtschaftlich vertretbares Flächenangebot innerhalb    wie das breite Themenfeld Digitalisierung selbst. Ein
der Stadtgrenzen vorfinden.                             breiterer Innovationsbegriff, engere Cross Cluster-Zu-
                                                        sammenarbeit, die Stärkung offener Innovationspro-
Neben einer ausreichenden und qualitativ hochwer-       zesse, Nachhaltigkeit sowie der Ausbau der internati-
tigen Flächenverfügbarkeit ist das innovative Klima     onalen Zusammenarbeit werden handlungsleitend für
einer Wirtschaftsregion ein weiterer wesentlicher       alle Cluster.
Standortfaktor. Seit vielen Jahren wird die Gemeinsa-
me Innovationsstrategie Berlin Brandenburg (innoBB      Im Rahmen der Cluster spielt neben Wissenschaft und
2025) mit großem Erfolg umgesetzt. Die Hauptstadt-      Forschung auch die Industrie eine gewichtige Rolle,
region Berlin-Brandenburg konnte sich so zu einem       da sie das zentrale Anwendungsfeld für innovative

 Marina Fischer                                         Stefanie Molthagen-
 Team Masterplan                                        Schnöring
 Industriestadt Berlin;                                 Vizepräsidentin für
 Senatsverwaltung für                                   Forschung und Transfer;
 Wirtschaft, Energie und                                HTW Berlin
 Betriebe

 „Um innovationsfreundliche Rahmenbedingungen           „Transfer ist Teil unserer DNA als Hochschule für an-
 für die Berliner Industrie zu schaffen, unterstützen   gewandte Wissenschaften. Dass wir Aktivitäten wie
 wir im Rahmen des Masterplans Industriestadt Ber-      „trao“ über den Masterplan Industriestadt Berlin um-
 lin Aktivitäten des Wissens- und Technologietrans-     setzen können, erhöht die Sichtbarkeit und Reichwei-
 fers. So hat im Mai 2020 unter der Marke „trao“ eine   te erheblich. Möglich wurde dies nicht zuletzt durch
 Transferveranstaltung des Hochschulverbundes BIT⁶      die professionelle, schnelle Unterstützung durch das
 im digitalen Format stattgefunden. Aufgrund der Co-    Team in der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Ener-
 rona-Pandemie mussten dafür das Projektkonzept         gie und Betriebe.“
 und die organisatorischen Rahmenbedingungen sehr
 kurzfristig geändert werden. Das hohe Engagement
 der Projektverantwortlichen hat mich dabei faszi-
 niert.“

                                                                                                                7
Wirtschafts- und Innovationsbericht - Berlin 2019/2020
Entwicklungen darstellt. Die digitale und energiepoli-      die Energieerzeugung aus Erneuerbaren Ressourcen
tische Transformation sowie der zunehmende globale          die Dächer und Fassaden der Gebäude. Darum nimmt
Wettbewerb um Wissen und Märkte sind gegenwärtig            die Solarenergie eine entscheidende Rolle für Berlins
die zentralen Herausforderungen.                            Zukunft ein – auch vor dem Hintergrund steigender
                                                            Energiebedarfe durch Elektromobilität. Um das Ziel,
Entscheidend für die Zukunft des Industriestandortes        den Solarstromanteil radikal zu erhöhen, zu erreichen,
Berlin ist, die bestehende, gute Wettbewerbsposition        bedarf es jedoch besserer Rahmenbedingungen auf
zu festigen und auszubauen. Eine Voraussetzung da-          Bundesebene, gleichzeitig aber auch kreativer Ansätze
für sind gut ausgestaltete Rahmenbedingungen, die           vor Ort und eines geeigneten Instrumentenmixes, um
es Unternehmen in Berlin ermöglichen, reibungslos           die vorhandenen Spielräume im Land Berlin zu nutzen.
und unter Ausnutzung aller Standortpotenziale neue          Im März 2020 beschloss der Berliner Senat, den auf
Produkte und Wege der Herstellung zu entwickeln,            dem Masterplan basierenden Maßnahmenkatalog in
zu erproben und in neue Wertschöpfungsketten ein-           die Umsetzung zu bringen. Im Herbst 2020 wird eine
zuführen. Im Masterplan Industriestadt Berlin 2018 –        Koordinierungsstelle die Arbeit aufnehmen und die
2021 (MPI) hat die Senatsverwaltung für Wirtschaft,         Umsetzung des Masterplans Solarcity begleiten.
Energie und Betriebe gemeinsam mit dem Netzwerk
Industriepolitik, bestehend aus Kammern, Verbänden,         Aber nicht nur im Bereich der Solarenergie, auch beim
Gewerkschaften und Fördereinrichtungen, konkrete            Klimaschutz allgemein kommt Berlin gut voran. Die
Maßnahmen vereinbart, die den Industriestandort             ergriffenen Maßnahmen für eine urbane Energiewen-
Berlin weiter stärken. Der Masterplan Industriestadt        de wirken nachhaltig. Die Bilanz für das Jahr 2017
umfasst in den Handlungsfeldern Fachkräfte und In-          (neuere Zahlen liegen nicht vor) zeigt trotz starkem
novation, Digitalisierung und Rahmenbedingungen             Wirtschafts- und Bevölkerungswachstum im Vergleich
die zentralen Themen für die Industrie sowie die Ent-       zu 2016 bei konstantem Endenergieverbrauch (EEV)
wicklung der Industriestadt Berlin. Mit insgesamt ca.       um knapp 5 % gesunkene CO2-Emissionen, was einer
100 im MPI verankerten Maßnahmen wird ein breites           Reduktion von knapp 1 Mio. t CO2 entspricht. Aber
Spektrum an gestaltenden und unterstützenden Vor-           auch steigende Energieeffizienz und -produktivität
haben für den Industriestandort Berlin realisiert. Seit     der Wirtschaft und bewusstere Verbraucherinnen und
dem Start des MPI Mitte November 2018 und der Ein-          Verbraucher sind Gründe für die positive Jahresbilanz.
richtung der Geschäftsstelle im Frühjahr 2019 konn-         In Bezug auf das Basisjahr 1990 hat Berlin bereits eine
ten bereits 75 konkrete Projekte an den Start gehen.        CO2-Minderung von rd. 35 % erreicht.

Im ersten Halbjahr 2020 wurde die DAB Digitalagen-          Mit der Gesamtstrategie „Saubere Stadt“ wurden
tur Berlin GmbH gegründet. Die Digitalagentur soll          vielfältige Einzelmaßnahmen zur Verbesserung der
Berliner Unternehmen, insbesondere kleine und mit-          Stadtsauberkeit auf den Weg gebracht. Gemeinsam
telständische Unternehmen, bei der digitalen Trans-         mit den Bezirken und der BSR wurden konkrete Stra-
formation unterstützen. Im Zusammenspiel mit den            tegien entwickelt, um Berlin sauberer zu gestalten und
anderen Akteurinnen und Akteuren am Standort Ber-           Vermüllung zu vermeiden. Neben besseren Möglich-
lin soll dies insbesondere durch Förderung und Be-          keiten zur Beseitigung von Sperrmüll sowie der Aus-
treuung sowie Durchführung von Projekten erfolgen.          stattung der Stadt mit ausreichenden Möglichkeiten
Dabei ist es das Ziel der DAB, als Mittlerin die bereits    zur Müllentsorgung und der Erprobung von längeren
vorhandenen Angebote, Leistungen und Ideen im Digi-         Öffnungszeiten in den BSR-Recyclinghöfen wird auch
talisierungsbereich für entsprechende Branchen und          das zivilgesellschaftliche Engagement gegen die Ver-
Geschäftsfelder aufzuschließen, zielgruppengerecht          müllung öffentlicher Plätze, Parks sowie der Berliner
aufzubereiten und vor allem in der direkten Anspra-         Wasserwege verstärkt unterstützt.
che der Zielgruppe näherzubringen. Die Digitalisie-
rung ist eine der größten Herausforderungen für alle        Die gewerbliche Gemeinschaftsaufgabe „Verbesse-
Unternehmen.                                                rung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) in
                                                            Berlin, d. h. die Förderung von Investitionen der Un-
Ein wesentliches Ergebnis aus den Diskussionen zum          ternehmen durch Zuschüsse, verzeichnet 2019 ein
Masterplan Solar City ist, dass in Berlin ein Solarstrom-   Rekordbewilligungsvolumen. Insgesamt wurden für
anteil von 25 % möglich ist. In einer Metropole wie         203 Vorhaben mit Investitionen von rund 596 Mio. €
Berlin sind die wesentlichen Flächenressourcen für          GRW-Zuschüsse von über 131,08 Mio. € bewilligt. Da-

8
Wirtschafts- und Innovationsbericht - Berlin 2019/2020
I. Wirtschaftspolitik in Berlin

Aufgrund des Andauerns der Corona-Krise hat der Senat in seinem Entwurf für einen zweiten Nachtrags-
haushalt insbesondere eine Verstärkung wirtschaftsfördernder Maßnahmen für kleine und mittlere Unter-
nehmen (KMU) oberhalb von zehn Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vorgesehen. Im Beschluss zum ersten
Nachtragshaushalt hat das Abgeordnetenhaus dieses Thema aufgegriffen und auf ein Volumen von bis zu
500 Mio. Euro verstärkt. Diese zusätzlichen Mittel stehen zum größten Teil zur Verausgabung im Jahr 2020
zur Verfügung. In seiner Sitzung am 21.07.2020 hat der Berliner Senat beschlossen, folgende Maßnahmen
zur Unterstützung der Berliner Wirtschaft bei der Bewältigung der Folgen der COVID-19-Pandemie auf den
Weg zu bringen:

•   Soforthilfe Gewerbemieten: Einrichtung einer Soforthilfe „Gewerbemieten, mit der Unternehmen mit einer
    Beschäftigtenzahl von mehr als 10 bis 249 einen Betrag in Höhe von 50 % ihrer Gewerbemieten für die
    Monate April und Mai 2020 (maximal 10.000 €) erhalten können, wenn sie in diesen Monaten einen Um-
    satzrückgang von mindestens 60 % gegenüber dem Vorjahr hinnehmen mussten.
•   Coronahilfen für Startups: Diese Soforthilfe umfasst 140 Mio. EUR und setzt sich aus Mitteln der Inves-
    titionsbank Berlin (IIBB) und der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) zusammen. Adressiert werden
    Startups und mittelständische Unternehmen der Technologie- oder Kreativwirtschaft, die mit einem zu-
    kunftsfähigen und innovativen Geschäftsmodell ausgestattet sind, einem hohen Wachstums- und Wert-
    steigerungspotenzial unterliegen oder einem der Berliner Cluster zugeordnet sind. Berliner Startups kön-
    nen damit über das Programm bis zu 800.000 Euro an Wagniskapital erhalten. Der Bund trägt dabei rund
    70 Prozent des Risikos, Berlin sichert die restlichen 30 Prozent, die die IBB einbringt, ab.
•   Kreativ- und Digitalfestival: Unterstützung eines oder (mehrerer) Kreativ- und Digitalfestivals. Dabei soll
    die Stadt als Bühne für die Berliner Digital- und Kreativwirtschaft dienen und so die internationale – auch
    touristische – Anziehungskraft stärken. Im Kontext des Formats sollen neue Mobilität und neue Technolo-
    gien für die gesamte Stadt erlebbar gemacht werden. Inhaltlich sollen die Zukunftsthemen der Stadt (u. a.
    Digitalisierung, Smart City, Nachhaltigkeit) eine prominente Rolle spielen.
•   Wirtschaftsförderprogramm Digitalprämie: Zur Flankierung der Beratungs- und Unterstützungsaufgaben
    der Digitalagentur Berlin ist in der derzeitigen konjunkturellen Lage eine finanzielle Unterstützung zur
    Umsetzung der Digitalisierungsprojekte in den KMU notwendig. Ziel der Digitalprämie Berlin soll deshalb
    die Unterstützung des Digitalisierungsprozesses von Berliner KMU in Form von Zuschüssen für Investiti-
    onsvorhaben in den Bereichen Software, Hardware und Qualifizierung zur Steigerung ihrer Wettbewerbs-
    und Zukunftsfähigkeit sein.
•   Innovative Veranstaltungsformate im Bereich Mobilität: Unterstützung des Hochfahrens der Messe-, Kon-
    gress- und Veranstaltungswirtschaft im Bereich Mobilität. Dabei sollen insbesondere innovative Formate
    zum Zuge kommen, die neue Mobilität und neue Technologien für die gesamte Stadt erlebbar machen und
    mit dem öffentlichen Raum verknüpfen.
•   Tourismus- und Kongressbranche: Ausweitung der visitBerlin-Kampagne „Berlin. Auch das“ zur Erweite-
    rung des Tourismusmarketings um weitere Zielmärkte und verschiedene inhaltliche Themen. Darüber hi-
    naus werden branchenspezifische Beratungs- und Qualifizierungsmaßnahmen zur Krisenbewältigung und
    nachhaltigen Neuausrichtung der Unternehmen im Hinblick auf ihre Wirtschaftlichkeit und Attraktivität
    der Geschäftsmodelle sowie Kooperationsprojekte mit den Bezirken und Brandenburg unterstützt.
    Einrichtung eines Corona-Kongressfonds zur Unterstützung eines Neustarts der Kongresswirtschaft und
    damit zur Erhöhung der Buchungszahlen. Durch Zuschüsse aus dem Fonds sollen Veranstalterinnen und
    Veranstalter ermutigt werden, Veranstaltungen noch im Jahr 2020 durchzuführen.
•   Modebranche gezielt fördern: Die Modebranche wird am Standort Berlin sowohl im Hinblick auf Produktion
    als auch auf Präsentation strategisch gestärkt. Damit will der Senat die Unternehmen der Modewirtschaft
    fördern und Berlins führende Stellung als Modestandort in Deutschland sichern. Zentraler Bestandteil
    dieser Strategie ist das Fashion Hub als zentrale Anlaufstelle für Beratung, Vernetzung und Kooperation
    der Unternehmen. Darüber hinaus sollen sowohl die individuellen Möglichkeiten von Modelabels zu Pro-
    fessionalisierung und Präsentation als auch die Berlin Fashion Week gezielt gestärkt werden.

                                                                                                                  9
Wirtschafts- und Innovationsbericht - Berlin 2019/2020
mit verbunden sind die Sicherung von mehr als 5.600        den mit dem Tourismuskonzept 2018+ stärker in den
und die Schaffung von rund 3.700 neuen Arbeitsplät-        Mittelpunkt gerückt. Im ersten Jahr seiner Laufzeit
zen (inkl. Ausbildungsplätzen) in Berliner Betriebs-       lässt sich für das Konzept eine positive Bilanz ziehen –
stätten. 2019 verzeichnete Berlin damit das beste          39 von 42 Maßnahmen, von der Erhöhung der Sau-
Bewilligungsergebnis in der aktuellen und der letzten      berkeit in den Berliner Parks über die Förderung tou-
GRW-Förderperiode. Die hohe Nachfrage nach GRW-            ristischer Angebote in den Außenbezirken bis hin zur
Mitteln macht das bis dato große Vertrauen in den          Finanzierung von Lärmschutzmaßnahmen in Berliner
Berliner Wirtschaftsstandort deutlich, die Attraktivität   Clubs, befinden sich in der Umsetzung. Ein Schwer-
Berlins für Unternehmen ist ungebremst.                    punkt des Tourismuskonzeptes ist der Akzeptanzer-
                                                           halt, denn eine besuchenswerte Stadt ist nur möglich,
Der Tourismus ist eine der wichtigsten Schlüssel-          solange die Berlinerinnen und Berliner den Touris-
branchen in Berlin mit einem jährlichen Umsatz von         mus mittragen und die Gäste ihrer Stadt willkommen
rd. 11 Mrd. € und einem Beschäftigungseffekt von           heißen. Dass sich laut Akzeptanzbefragung 2018 im
235.000 Vollzeitbeschäftigten. Eine rein quantitative      Durchschnitt über 80 Prozent der Bewohnerinnen und
Betrachtung entspricht jedoch nicht mehr der Reali-        Bewohner vom Tourismus in ihrer Stadt weder einge-
tät. Die Rahmenbedingungen für den Berliner Tou-           schränkt noch gestört fühlen, zeigt, dass das Konzept
rismus haben sich in den letzten Jahren grundlegend        an den richtigen Stellen ansetzt.
verändert. Um die Akzeptanz bei den Berlinerinnen
und Berlinern für den weiter zunehmenden Touris-           Getrübt wird die Entwicklung des Tourismus aller-
mus zu erhalten, wurde das nachhaltige und stadt-          dings aktuell durch die Auswirkungen der Corona-
verträgliche Tourismuskonzept 2018+ erarbeitet. Ziel       Pandemie, die diese Branche besonders getroffen
ist es, mit den Maßnahmen zur Tourismusförderung           hat. Mit Soforthilfen zur Linderung der unmittelba-
die Erlebnisqualität der Besucherinnen und Besucher        ren Auswirkungen und entschlossenen Maßnahmen
und zugleich die Lebensqualität der Berlinerinnen und      zur Wiederankurbelung des Tourismus, wie z. B. dem
Berliner zu erhöhen. Die Vielfalt Berlins findet sich in   Erlebe-Deine-Stadt-Sommerspezial, hat der Senat auf
den Kiezen, in den Bezirken – diese Potenziale wer-        die besondere Herausforderung reagiert.

10
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin

II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin
Die Berliner Wirtschaft setzte 2019 ihren positiven Trend fort und entwickelte sich das sechste Jahr in Fol-
ge überdurchschnittlich gut. Mit einem Anstieg der Wirtschaftsleistung von 3,0 % wurde zudem das höchste
Wachstum unter den Bundesländern erreicht. Auch für 2020 war von einer positiven wirtschaftlichen Entwick-
lung auszugehen. Mit der Ausbreitung von COVID-19 folgt stattdessen nun ein schwerer Einbruch, der mit dem
Lockdown ab Mitte März zu abrupten Nachfrageausfällen und einer deutlichen Verschlechterung des Geschäfts-
klimas führte. Daraus folgt im laufenden Jahr eine schwere Rezession an dem von den Dienstleistungen gepräg-
ten Standort Berlin.

Konjunkturelle Wirtschaftsentwicklung                      das sechste Jahr in Folge günstiger als im Bundes-
                                                           durchschnitt aus. Insgesamt lag die Wirtschaftsleis-
Die Berliner Wirtschaft hat sich im vergangenen Jahr       tung 2019 in Berlin bei rund 153,3 Mrd. €. Mit der hö-
nochmals äußerst positiv entwickelt. Das Bruttoin-         heren Wirtschaftsleistung waren ein spürbarer Anstieg
landsprodukt stieg um real 3,0 %, womit das deutsch-       der Beschäftigtenzahlen und eine starke Dynamik bei
landweite Wachstum um 2,4 Prozentpunkte übertrof-          neuen Unternehmen verbunden. Dies unterstreicht die
fen wurde. Damit fiel die wirtschaftliche Entwicklung      Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Berlin.

 Auswirkungen der COVID-19-Pandemie                        und private Dienstleistungen, aber auch die unter-
                                                           nehmensnahen Dienstleistungen tragen in Berlin in
 Auch für das laufende Jahr war wirtschaftliches           stärkerem Maße zur Wertschöpfung bei als im Bun-
 Wachstum zu erwarten Die Stimmungsindikatoren             desdurchschnitt.
 deuteten Anfang des Jahres weiter in die positive
 Richtung. Mit der Ausbreitung der COVID-19-Pande-         Die negativen Folgen der COVID-19-Pandemie bekam
 mie zeigte sich aber eine unmittelbare, starke Betrof-    frühzeitig und in besonderem Maße das Tourismus-
 fenheit der Wirtschaft. Auf Bundesebene brach das         und Kongressgeschäft zu spüren. Bereits im März
 ifo-Geschäftsklima ein; für Berlin vermeldete die IHK     lagen die Gäste- und Übernachtungszahlen um rund
 bereits Anfang März deutlich negative Umsatzerwar-        zwei Drittel unter dem Vorjahreswert. In den beiden
 tungen der Unternehmen. Vor allem die Reise- und          Folgemonaten kam der Tourismus dann fast voll-
 Tourismuswirtschaft, aber auch der Handel sowie           ständig zum Erliegen. Konsumnahe Branchen wie
 Dienstleistungen und Verkehr zeigten sich betroffen.      das Gastgewerbe, bei dem die Umsätze schon im
 Dies gilt ebenfalls für die produzierenden Branchen.      März um fast die Hälfte geringer ausfielen als vor
 Die IHK-Umfrage vom Frühjahr ergab entsprechend           einem Jahr, sind dadurch in starkem Maße betroffen.
 branchenübergreifend stark negative Geschäftser-          Gleiches gilt für den Einzelhandel, aber auch für den
 wartungen der Unternehmen.                                Luftverkehr. Zudem sind Berlins Kulturwirtschaft und
                                                           die vielen Selbstständigen in dieser Branche schwer
 Im Unterschied zur Finanzkrise 2008/2009, als die         betroffen. Die exportintensive Berliner Industrie und
 realwirtschaftlichen Folgen besonders in der Indus-       die unternehmensnahen Dienstleistungen werden
 trie ankamen, sind infolge COVID-19 auch die Dienst-      durch Nachfrageausfälle und gestörte Betriebsab-
 leistungsbranchen betroffen, die in Berlin überdurch-     läufe spürbar belastet. Alle Wirtschaftsbereiche spü-
 schnittlich ausgeprägt sind. Das Gastgewerbe, Kultur      ren die negativen Folgen der COVID-19-Pandemie.

Die wirtschaftlichen Brüche infolge COVID-19 belas-        1.000 auf 214.300 verzeichnet wurde, zeigt der Vor-
ten in starkem Maße den Berliner Arbeitsmarkt. Die         jahresvergleich die starke Betroffenheit des Arbeits-
Zahl der Arbeitslosen, die im April in Berlin sprunghaft   marktes. Im August gab es in Berlin rund 58.100 bzw.
um 28.400 gestiegen war, hat sich im Mai um weite-         37,2 % mehr Arbeitslose als zwölf Monate zuvor. Die
re 18.000 erhöht. Im Juni und Juli ist sie nochmal um      Arbeitslosenquote lag bei 10,7 %, gegenüber 8,0 %
8.700 bzw. 5.700 gestiegen. Auch wenn die negative         im Vorjahresmonat. Die schwierige Entwicklung am
Dynamik zur Jahresmitte hin abgeflacht ist und im          Arbeitsmarkt insbesondere im zweiten Quartal die-
August ein leichter Rückgang der Arbeitslosenzahl um       ses Jahres wird zum einen an dem höheren Zugang

                                                                                                               11
an Arbeitslosen aus Beschäftigung ersichtlich, wovon                                schaftete der Einzelhandel in Berlin das zehnte Jahr in
das Gastgewerbe am stärksten betroffen war. Auf der                                 Folge eine positive Umsatzbilanz. Nach Berechnungen
anderen Seite bewegt sich die Arbeitskräftenachfrage                                des Amtes für Statistik Berlin-Brandenburg legte der
deutlich unter dem Niveau des Vorjahres. Außerdem                                   Einzelhandel nominal um 4,2 % (2018: +3,3 Prozent)
sind von März bis Ende August von rund 39.400 Ber-                                  und real um 3,7 % (2018: +2,6 Prozent) gegenüber
liner Betrieben Anzeigen zur konjunkturellen Kurzar-                                dem Vorjahr zu. Damit ist der Wirtschaftszweig in
beit eingegangen.                                                                   Berlin weiterhin über dem Bundesdurchschnitt ge-
                                                                                    wachsen. Der geschätzte Gesamtumsatz des Berliner
Berliner Wirtschaft 2019 noch stark gewachsen                                       Einzelhandels innerhalb und außerhalb von Verkaufs-
                                                                                    räumen (inklusive interaktiver Handel, aber ohne Kfz,
Im Jahr 2019 hatte sich die Berliner Wirtschaft noch                                Tankstellen, Brennstoffhandel und Apotheken) betrug
insgesamt positiv entwickelt, was an der Entwick-                                   2019 ca. 18,77 Mrd. Euro.
lung in den einzelnen Branchen ersichtlich wird. Der
Dienstleistungssektor erbrachte 2019 mit rund 86 %                                  Auch die Zahl der Beschäftigten ist 2019 erneut ge-
den größten Anteil an der Bruttowertschöpfung. Im                                   wachsen. Besonders erfreulich ist dabei, dass wie in
Bundesdurchschnitt lag dieser Anteil bei 69 %. Die                                  den vergangenen Jahren auch bei den Vollzeitkräf-
Dienstleistungsbranche, zu der u. a. der Handel, In-                                ten ein Plus zu verzeichnen ist. Im Vergleich zu 2018
formation und Kommunikation sowie der öffentliche                                   wuchs die Gesamtzahl um 1,1 %. Insgesamt arbeite-
Sektor zählen, konnte im vergangenen Jahr angesichts                                ten im Einzelhandel allein rund 118.000 sozialversi-
der günstigen Binnenkonjunktur und dem Wachstum                                     cherungspflichtig Beschäftigte.
der Stadt erneut spürbar expandieren. Deutlich wur-
de dies abermals an der Zunahme der sozialversiche-                                 Auch das Gastgewerbe ist in Berlin 2019 weiter expan-
rungspflichtigen Beschäftigung, die in den Dienstleis-                              diert und konnte die Beschäftigung um 1,3 % steigern,
tungsbranchen 2019 im Vergleich zum Vorjahr um                                      verbunden mit einem Zuwachs bei den Vollzeit- und
48.100 auf 1,323 Mio. anstieg. Einen besonders star-                                Teilzeitkräften. Die Umsätze im Berliner Gastgewerbe
ken Zuwachs verzeichnete die Boombranche Informa-                                   erhöhten sich 2019 nominal um 3,2 und real um 0,8 %
tion und Kommunikation mit rund 10.400 bzw. 10,3 %                                  gegenüber dem Vorjahr. Das Beherbergungsgewerbe
mehr Beschäftigten. Die sonstigen wirtschaftlichen                                  und die Gastronomie konnten jeweils expandieren.
Dienstleistungen (+7.700) sowie das Gesundheits- und
Sozialwesen (+5.700) sind weitere Beispiele für stark                               Impulse auf die konsumnahen Branchen gingen ne-
expandierende Dienstleistungsbereiche.                                              ben zunehmenden Einkommens- und Beschäftigten-
                                                                                    zahlen erneut vom Berlin-Tourismus aus. Die Zahl der
Die Konsumkräfte blieben 2019 intakt und haben sich                                 Übernachtungen erhöhte sich 2019 um 1,25 Mio. bzw.
positiv auf den Einzelhandel ausgewirkt. 2019 erwirt-                               3,8 % auf insgesamt 34,12 Mio. Die Gästezahl nahm

Bruttoinlandsprodukt (real) – Berlin im Vergleich mit Deutschland
Veränderung gegenüber dem Vorjahr in %

      8,0

                                                                                                          +5,3
                                   +4,2   +3,9 +3,9                                         +3,8
      4,0                   +2,9                                                                                        +3,3          +2,8          +3,0
                                                                                +2,7 +2,2                        +2,2          +2,6
                                                                                                   +1,5                                      +1,3
                                                             +0,4   +0,3 +0,4                                                                              +0,6
      0,0
                                                      -0,2
              -1,1
     -4,0

                     -5,7
     -8,0
               2009          2010          2011        2012          2013        2014        2015          2016          2017          2018          2019

     Berlin                 Deutschland
Quellen: Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“, Statistisches Bundesamt

12
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin

Top 10 – SvB der Dienstleistungsbranchen 2019
Sozialversicherungspflichtig Beschäftigte (SvB) 2019 absolut und prozentuale Veränderung gegenüber 2018 in %

                 Gesundheits- und Sozialwesen                                                                                        +2,6

    Handel, Instandhaltung, Reparatur von Kfz                                                                 +0,7

                     Erbringung von sonstigen
              wirtschaftlichen Dienstleistungen
                                                                                                    +5,1

          Erbringen von freiberuflichen, wissen-
 schaftlichen und technischen Dienstleistungen
                                                                                                  +4,7

              Information und Kommunikation                                  +10,3

                      Erziehung und Unterricht                            +5,0

         Öffentliche Verwaltung, Verteidigung;
                         Sozialversicherungen
                                                                 +0,7

                                  Gastgewerbe                +3,8

                           Verkehr und Lagerei            +2,5

    Erbringung von sonstigen Dienstleistungen      +5,3

      absolute Anzahl der SvB in Tausend 50          75             100           125       150             175       200      225          250

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

in Berlin gleichzeitig um 461.000 bzw. 3,4 % auf 13,96                           ten gemäß IHK-Frühjahrsumfrage gut zwei Drittel der
Mio. zu. Dabei fielen die Übernachtungs- und Gäste-                              Industrieunternehmen pessimistisch auf den weiteren
zahlen aus dem Inland 2019 mit Zuwachsraten von                                  Geschäftsverlauf.
jeweils 4,7 % überdurchschnittlich aus.
                                                                                 Die Ausfuhren der Berliner Wirtschaft beliefen sich
Der Dienstleistungssektor kann dabei nicht getrennt                              gemäß Außenhandelsstatistik im Jahr 2019 auf rund
von den anderen Wirtschaftsbereichen betrachtet                                  14,7 Mrd. €. Während die Exporte bspw. in die USA zu-
werden. Es findet zunehmend eine Verflechtung von                                rückgingen, entstanden Zuwächse gegenüber China
Dienstleistungen und Industrie statt; eine klare Sek-                            und dem EU-Raum. Größtes Abnehmerland von Berli-
torentrennung ist daher weder möglich noch sinnvoll.                             ner Waren waren aber weiterhin die USA, gefolgt von
Zunehmend rücken individuelle Wünsche und Bedürf-                                China und Frankreich.
nisse von Kundinnen und Kunden in den Fokus der Un-
ternehmenspolitik, so dass heute vor allem Komplett-                             Im Baugewerbe hielt 2019 die expansive Entwicklung
lösungen und maßgeschneiderte Produkte den Markt                                 an. Dies war begleitet von den insgesamt günstigen
dominieren. Dadurch erhöht sich zugleich die interna-                            konjunkturellen Rahmenbedingungen, wie den zu-
tionale Wettbewerbsfähigkeit der Berliner Wirtschaft.                            nehmenden Einkommens- und Beschäftigtenzahlen
                                                                                 und dem niedrigen Zinsniveau. Trotz teils sehr hoher
Die Industrieumsätze in Berlin lagen im Jahr 2019 bei                            Werte im Vorjahr blieb die Branche damit 2019 auf
rund 26,9 Mrd. €, wovon 56 % im Ausland erwirtschaf-                             Wachstumskurs. Nach einem Plus von 23,9 % in 2018
tet wurden. Damit erhöhten sich die Umsätze der                                  wuchsen die Umsätze im Bauhauptgewerbe leicht
Berliner Industrie gegenüber dem Vorjahr um 3,5 %.                               um 1,1 %. Im Ausbaugewerbe lagen die Umsätze im
Während auf dem Binnenmarkt 4,1 % mehr umge-                                     Jahr 2019 um 10,0 % über dem Vorjahresstand. Damit
setzt wurde, entstand auf den Auslandsmärkten ein                                ergab sich für das gesamte Baugewerbe ein Umsatz-
Zuwachs von 2,9 %. Die Aussichten für die Berliner                               anstieg von 4,4 %. Angesichts einer starken Baunach-
Industrie deuteten am Anfang des Jahres zwar auf ein                             frage und eines hohen Auftragsbestandes besteht
eher geringes konjunkturelles Tempo hin, das aber in                             grundlegend Potenzial für ein weiterhin reges Bau-
einem stabilen Fahrwasser verlaufen sollte. Dies war                             geschehen in Berlin, obgleich es auch im Baugewer-
begleitet von etwas schwächeren, aber weiterhin po-                              be bspw. durch gestörte Lieferketten negative Folgen
sitiv ausgerichteten Geschäftserwartungen der Bran-                              durch die COVID-19-Pandemie geben kann.
che. Mit der Ausbreitung des Corona-Virus hat sich
das Geschäftsklima wie auch in den anderen Bran-                                 Für Berlin stellt das Handwerk mit über 30.500 Betrie-
chen unmittelbar deutlich verschlechtert. Dabei blick-                           ben nach wie vor einen zentralen Wirtschaftssektor

                                                                                                                                              13
Struktur der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten in der Industrie in Berlin im Jahr 2019

                                     Weitere Industriezweige                         H. v. elektrischen Ausrüstungen
                                               13 %                                                 14 %

                       Sonstiger Fahrzeugbau
                                  4%
                       H. v. Kraftwagen u.
                        Kraftwagenteilen
                               5%                                                                     H. v. Nahrungs- u. Futtermitteln
                                                                                                                   11 %
            H .v. Druckerzeugnissen u. a.
                         6%

            H. v. chemischen Erzeugnissen
                         6%                                                                         H. v. DV-Geräten, elektron. u.
                                                                                                       optischen Erzeugnissen
                                                                                                                11 %

                              Maschinenbau
                                  6%                                                   H. v. Metallerzeugnissen
                                     H. v. pharmazeutischen                                     9%
                                           Erzeugnissen     H. v. sonstigen Waren
                                                6%                     9%

Quelle: Bundesagentur für Arbeit

dar, der zum positiven Trend der Berliner Wirtschaft                        fanden 2019 eine Beschäftigung in den Berliner Hand-
beiträgt. Auch die Betriebsstatistik der Handwerks-                         werksbetrieben. Ca. 9.600 junge Menschen wurden in
kammer Berlin zeigt sich positiv: 30.543 Handwerks-                         einem handwerklichen Beruf ausgebildet, von denen
betriebe gab es zum Jahresende 2019, das sind                               etwa 22 % weiblich waren. 1.414 junge Menschen mit
123 Betriebe mehr als ein Jahr zuvor.                                       einem ausländischen Pass befanden sich 2019 in ei-
                                                                            nem Ausbildungsverhältnis. 382 Ausbildungsverträge
Sowohl die Zahl der Betriebe als auch die Zahl der                          wurden mit jungen Leuten aus den acht häufigsten
Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie Auszubil-                            nichteuropäischen Asylzugangsländern abgeschlossen.
denden ist weiterhin auf hohem Niveau. Damit trägt
das Handwerk maßgeblich zur guten wirtschaftlichen                          Die Konjunkturumfrage der Kammern zeigte zudem,
Entwicklung Berlins bei. Rund 180.000 Beschäftigte                          dass die wirtschaftliche Situation im Handwerk in

 Magdalena Tomkiewicz                                                       Dr. Constantin Terton
 Bereich Handwerk;                                                          Abteilungsleiter
 Senatsverwaltung für                                                       Wirtschaftspolitik,
 Wirtschaft, Energie                                                        Handwerkskammer
 und Betriebe                                                               Berlin

 „Mit dem Aktionsprogramm Handwerk 2018 - 2020                              „Das Berliner Handwerk hält die Stadt am Laufen:
 setzen der Berliner Senat und die Handwerkskammer                          Handwerk ist und arbeitet nachhaltig, lokal und gibt
 Berlin ihre erfolgreiche Zusammenarbeit der vergan-                        Menschen Perspektiven und Beschäftigung. Damit
 genen Jahre fort. Gemeinsam werden insgesamt                               dieses aber gelingt, müssen die wirtschaftlichen
 33 Maßnahmen in einem Dreijahres-Turnus umge-                              Rahmenbedingungen stimmen. Und hier kommt das
 setzt und innovative Lösungen für das Berliner Hand-                       Aktionsprogramm Handwerk ins Spiel: Gemeinsam
 werk entwickelt. Das Aktionsprogramm Handwerk                              mit dem Berliner Senat erarbeiten wir konkrete Maß-
 leistet einen wertvollen Beitrag zur Förderung von                         nahmen und setzen diese um.“
 Vielfalt und Nachhaltigkeit im Berliner Handwerk.“

14
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin

Berlin im Herbst 2019 noch sehr gut war, obwohl die
                                                         Meistergründungsprämie
Geschäftserwartungen leicht nachzugeben begannen.
Die Aussichten waren aber weiterhin positiv ausge-
                                                         Um jungen Handwerksmeisterinnen und -meistern
richtet, auch wenn im Bauhaupt- und Ausbaugewerbe
                                                         den Schritt in die Selbstständigkeit zu erleichtern,
weniger Betriebe von weiter steigenden Auftragsvo-
                                                         bietet das Land Berlin seit vielen Jahren über das
lumina ausgingen. Die Ausgangssituation des Hand-
                                                         zu 50 Prozent mit Mitteln der EU kofinanzierte
werks und dabei auch des Baugewerbes war zu Jah-
                                                         Programm „Meistergründungsprämie“ schnell und
resbeginn also günstig.
                                                         unbürokratisch finanzielle Unterstützung an. Die
                                                         Prämie kann bis zu 15.000 Euro betragen. Mit ihr
Einen positiven Rahmen bildet das Aktionsprogramm
                                                         wird die Bedeutung des qualifizierten Handwerks
Handwerk 2018 – 2020, mit dem in Kooperation zwi-
                                                         für den Standort Berlin deutlich hervorgehoben. Die
schen dem Berliner Senat und dem Berliner Handwerk
                                                         Auszahlung der Meistergründungsprämie erfolgt in
33 Maßnahmen entwickelt wurden. Zu den Maßnah-
                                                         zwei Stufen: in der ersten Stufe (Gründungsphase)
men, durch die innovative Lösungen für das Handwerk
                                                         erhalten die Meisterinnen und Meister 8.000 Eu-
entstehen sollen, zählen bspw. die Stärkung der digi-
                                                         ro; in der zweiten Stufe (nach drei Jahren) weite-
talen Kompetenz, aber auch der Inklusionskompetenz
                                                         re 5.000 Euro, sofern sie einen Ausbildungsplatz
im Kontext der vielfältigen Chancen im Handwerk.
                                                         oder sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplatz
Maßnahmen für ein nachhaltiges Handwerk, etwa
                                                         geschaffen haben. Sollte es sich um einen Ausbil-
die Initiative zur gewerblichen Standortsicherung und
                                                         dungsplatz in einer mit weiblichen Arbeitskräften
Flächenvorsorge oder auch die Stärkung des Ehren-
                                                         gering besetzten Branche handeln, beträgt die Prä-
amtes, zählen ebenso zum Aktionsprogramm wie die
                                                         mie in der zweiten Stufe 7.000 Euro, sofern er mit
Maßnahmen zur Zukunft Handwerk, darunter bspw.
                                                         einer weiblichen Auszubildenden besetzt wird. Ins-
die Stärkung der Leistungsfähigkeit der Oberstufen-
                                                         gesamt konnten im vergangenen Jahr 98 (2018: 97)
zentren (OSZ) oder die Öffentlichkeitsarbeit für das
                                                         Meisterinnen und Meister im Handwerk gefördert
Handwerk.
                                                         werden. Davon waren 64 Existenzgründungen und
                                                         34 Förderungen für einen Arbeitsplatz. In deren
 Auswirkungen der COVID-19-Pandemie                      Folge wurden ca. 142 Arbeitsplätze und 21 Ausbil-
                                                         dungsplätze neu geschaffen.
 Die COVID-19-Pandemie hat starke Auswirkungen
 auch auf das Berliner Handwerk. Zwar können alle
                                                        an der Spitzenposition der Bundesländer. 2019 waren
 Handwerksbetriebe in Berlin ihren Geschäftsbetrieb
                                                        von den Erwerbstätigen insgesamt 1,528 Mio. Per-
 mittlerweile wieder aufnehmen, die wirtschaftliche
                                                        sonen sozialversicherungspflichtig beschäftigt und
 Situation weist aber erhebliche Unterschiede in den
                                                        damit 3,5 % mehr als im Vorjahr. Die Zahl der Arbeits-
 verschiedenen Gewerken auf.
                                                        losen ging im Jahresdurchschnitt 2019 im Vergleich zu
                                                        2018 um rund 3.700 auf 152.600 zurück. Hierzu haben
 Sehr stark von den Auswirkungen der Pandemie
                                                        die günstigeren Werte zum Jahresbeginn beigetragen,
 betroffen sind beispielsweise die Gesundheitshand-
                                                        zumal ab Mai die bislang unterzeichneten Daten zu den
 werke und die körpernahen Dienstleistungen wie
                                                        Arbeitslosenzahlen in der Grundsicherung nach oben
 Friseur- und Kosmetikstudios. Nach der Wiederer-
                                                        korrigiert wurden und seitdem den Vorjahresvergleich
 öffnung Anfang Mai dieses Jahres hat sich die Lage
                                                        entsprechend negativ beeinflusst haben. Die Arbeitslo-
 zwar entspannt, die erforderlichen Hygieneauflagen
                                                        senquote verringerte sich in Berlin zwischen 2018 und
 wirken sich dennoch auf die Geschäftstätigkeit der
                                                        2019 von 8,1 % auf 7,8 %; bei den Frauen lag sie im
 Betriebe aus.
                                                        letzten Jahr bei 7,2 % und bei den Männern bei 8,4 %.

Der Berliner Arbeitsmarkt hat sich vor der COVID-       Die Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Berlin
19-Pandemie mit Blick auf die Beschäftigungsent-        kennzeichnet weiterhin die hohe Zahl von Neugrün-
wicklung 2019 erneut sehr positiv entwickelt. In Ber-   dungen. Im Jahr 2019 wurden gut 38.000 Unterneh-
lin stieg die Zahl der Erwerbstätigen 2019 um 44.600    men neu gegründet. Die Gründungsdynamik blieb da-
bzw. 2,2 % auf 2,061 Mio., gegenüber einem Plus von     mit auf einem hohen Niveau, obgleich der Stand des
0,8 % im Bundesdurchschnitt. Damit lag Berlin das       Vorjahres, als es 40.300 Neugründungen gegeben hat-
achte Jahr in Folge beim Erwerbstätigenwachstum         te, nicht erreicht wurde. Mit 105 Neugründungen pro

                                                                                                           15
Neugründungen je 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner nach Bundesländern

                        BERLIN

                     Hamburg

                        Hessen

                       Bremen

            Schleswig-Holstein

                        Bayern

          Nordrhein-Westfalen

                DEUTSCHLAND

               Rheinland-Pfalz

           Baden-Württemberg

                Niedersachsen

                      Saarland

                       Sachsen

                  Brandenburg

     Mecklenburg-Vorpommern

                     Thüringen

               Sachsen-Anhalt

                                  0   20            40           60            80          100           120

Quelle: Statistisches Bundesamt

10.000 Einwohnerinnen und Einwohner hatte Berlin         net wird. Es handelt sich hierbei um Gründungen, bei
im Jahr 2019 im Vergleich der Bundesländer aber den      denen bspw. ein Eintrag im Handelsregister oder eine
höchsten Wert vor Hamburg (98) und Hessen (76). Der      Handwerkseigenschaft vorliegt bzw. es mindestens
Bundesdurchschnitt betrug 66. Günstig ist Berlins Po-    eine beschäftigte Person gibt. Mit 25 Betriebsgrün-
sition auch bei den sogenannten Betriebsgründungen,      dungen pro 10.000 Einwohnerinnen und Einwohner
denen ein höheres wirtschaftliches Gewicht zugeord-      lag Berlin mit Hamburg, das 26 erreichte, mit Abstand

 Oliver Falk                                             Claus Pretzell
 Leitung Bereich                                         Abteilung Volkswirt-
 Konjunktur und                                          schaft;
 Statistik; Senatsver-                                   Investitionsbank Berlin
 waltung für Wirtschaft,
 Energie und Betriebe

 „Berlin hat sich als wachstumsstarker Standort eta-     „Nach der COVID-19-Krise wird Deutschland im euro-
 bliert. Die hohe Dynamik bei IT und Startups und        päischen Vergleich seine Wirtschaft schneller norma-
 die leistungsstarken produzierenden Branchen bil-       lisieren und wieder Arbeitsplätze aufbauen. Arbeits-
 den eine gute strukturelle Basis, auf der Berlin nach   suchende und Fachkräfte könnten dann verstärkt
 Überwindung der COVID-19-Pandemie wieder auf            nach Berlin ziehen, das mit hoher internationaler
 einen überdurchschnittlichen Wachstumspfad ein-         Anziehungskraft und einer starken Digitalwirtschaft
 schwenken kann.“                                        punkten kann.“

16
II. Wirtschaftsentwicklung in Berlin

an der Spitze der Bundesländer und wies somit auch                           tung der Zukunftsfähigkeit der Berliner Wirtschaft
hier ein starkes Gründungstempo auf.                                         einfließen zu lassen.

Der Wirtschaftsstandort hat weiterhin einen starken                          Neben der Betrachtung des reinen Wirtschaftswachs-
Zuwachs an neuen Betrieben. Dies haben Berechnun-                            tums werden deshalb nachfolgend ökonomisch, sozial
gen der Senatsverwaltung für Wirtschaft, Energie und                         und ökologisch messbare Indikatoren betrachtet, um
Betriebe auf Grundlage von Daten der Bundesagentur                           eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung darstellen
für Arbeit ergeben, die sich auf Betriebe mit mindes-                        und bewerten zu können. Diese sollen die Lebens-
tens einer sozialversicherungspflichtig tätigen Person                       qualität der Menschen und deren Teilhabe am Wirt-
beziehen.                                                                    schaftswachstum sowie den verantwortungsbewuss-
                                                                             ten Umgang mit Ressourcen in den Blick nehmen.
Die Zahl dieser Betriebe lag 2019 bei rund 99.700 und
damit um rund 4.000 bzw. 4,2 % über dem Niveau von                           Der durchschnittliche wirtschaftliche Wohlstand des
2016. Im Bundesdurchschnitt entstand ein Zuwachs                             Einzelnen wird durch das Bruttoinlandsprodukt pro
von 0,9 %. Bei kleinen, mittelgroßen und großen Be-                          Kopf und dessen Veränderung gemessen. Die Entwick-
trieben waren die Zuwachsraten in Berlin zwischen                            lung des materiellen Wohlstands hängt – positiv wie
2016 und 2019 jeweils höher als in Deutschland ins-                          negativ – von der Bevölkerungsentwicklung ab. Die
gesamt.                                                                      Normierung des Bruttoinlandsprodukts pro Kopf kor-
                                                                             rigiert die Veränderung des materiellen Wohlstands
                                                                             um den Anteil, der sich aus einer reinen Bevölkerungs-
Nachhaltige Wirtschaftsentwicklung: wirtschaftlicher                         veränderung ergibt.
Wohlstand und ökonomische Stabilität
                                                                             Im Jahr 2019 betrug in Berlin das Bruttoinlandspro-
Die klassischen volkswirtschaftlichen Indikatoren                            dukt pro Kopf 41.967 € und nahm mit 4,6 % gegen-
zeigten im Vorfeld der COVID-19-Pandemie somit eine                          über dem Vorjahr überdurchschnittlich zu; in Deutsch-
positive Entwicklung der Berliner Wirtschaft in den                          land betrug es 41.358 €. Erstmals seit dem Jahr 2000
letzten Jahren an – der Branchenmix aus Dienstleis-                          lag das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in Berlin damit
tungen und Produktion hat Impulse ausgelöst und die                          oberhalb des Bundesdurchschnitts.
Erwerbstätigkeit nahm spürbar zu. Um die Entwick-
lung Berlins mit Blick auf die Zukunft, insbesondere                         Der Umfang und die Qualität der Infrastruktur ist ein
unter den Aspekten der Nachhaltigkeit und gesell-                            wichtiger Bestimmungsfaktor für die ökonomische
schaftlichen Entwicklung, differenziert abschätzen                           Leistungsfähigkeit der Wirtschaft und deren Wettbe-
und umfassend abbilden zu können, ist es notwendig,                          werbs- und Zukunftsfähigkeit. Die Bruttoanlageinves-
weitergehende Wohlfahrtsindikatoren in die Bewer-                            titionen geben in diesem Zusammenhang den Kapi-

Erwerbstätige in Berlin
Veränderungen gegenüber Vorjahr in 1.000

              70                                                                                                       3,5
                                                                                               +3,0     +2,9
                                                                                        +2,8
              60                                                                                                       3,0
                                                                                                               +2,2
              50                                  +2,3                                                                 2,5
                                                                               +2,1
                                                                      +1,9
              40                                                                                                       2,0
    absolut

                                                                                                                              in %

                    +1,6                                    +1,5
              30                        +1,1                                                                           1,5
                              +1,0
              20                                                                                                       1,0

              10                                                                                                       0,5

               0                                                                                                       0,0
                     2009     2010      2011      2012      2013      2014      2015   2016    2017    2018    2019

Quelle: Arbeitskreis „Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder“

                                                                                                                                     17
taleinsatz für die Weiterentwicklung der betrieblichen                  Die Ausgaben für Forschung und Entwicklung (FuE)
und öffentlichen Infrastruktur an. Darüber hinaus                       stellen zukunftsgerichtete Investitionen in die Gene-
hängen die Investitionen auch stark vom Vertrauen                       rierung neuen Wissens dar. Dieses erweitert die tech-
der Wirtschaftsakteure in die zukünftige Entwicklung                    nologische Grundlage für die künftige wirtschaftliche
des Wirtschaftsstandortes ab. Die Bruttoanlagein-                       Produktion auf Märkten in einem nationalen und in-
vestitionen stellen den Wert der Anlagen dar, die von                   ternationalen Wettbewerbsumfeld.
inländischen Wirtschaftseinheiten erworben werden,
um sie länger als ein Jahr im Produktionsprozess ein-                   In den vergangenen Jahren sind die FuE-Ausgaben
zusetzen. Investitionen in neue Anlagen bestehen aus                    in Berlin kontinuierlich gestiegen. Berlin erreich-
den drei Teilbestandsgrößen Ausrüstungen (z. B. Ma-                     te beim Anteil der Aufwendungen für öffentliche
schinen und Geräte), Bauten (z. B. Bauleistungen an                     FuE am Bruttoinlandsprodukt mit 1,27 % im Jahr
Wohn- und Nichtwohngebäuden) und sonstige Anla-                         2018 den höchsten Wert von allen Bundesländern.
gen (z. B. Investitionen für Software und Datenban-                     Demgegenüber sind die Ausgaben der Berliner
ken).                                                                   Wirtschaft in FuE im Bundesländervergleich un-
                                                                        terdurchschnittlich angesichts einer, im Vergleich
Im Jahr 2017, dem letzten Jahr für das Daten vorlie-                    zum Bundesdurchschnitt, geringeren FuE-Intensität
gen, wurden in Berlin insgesamt 26,0 Mrd. € inves-                      bei Großunternehmen, die den Großteil privater
tiert. Dies waren real zwar geringfügig weniger als ein                 FuE-Ausgaben ausmachen. Insgesamt stiegen die
Jahr zuvor. Der Mehrjahresvergleich zwischen 2010                       FuE-Ausgaben 2018 in Berlin stärker als im Bundes-
und 2017 fällt aber deutlich positiv aus. Die Brutto-                   durchschnitt.
anlageinvestitionen stiegen in diesem Zeitraum in
Berlin real um 32,9 % und im Bundesdurchschnitt um                      Der Anteil aller Ausgaben für Forschung und Entwick-
18,2 %. Berlins Investitionsquote lag 2017 bei 18,7 %,                  lung am BIP inkl. der Wirtschaft und Hochschulen lag
gegenüber 17,0 % in 2010. Bei den Anschaffungen                         in Berlin 2018 bei 3,51 %. In Deutschland lag dieser
von neuen Anlagen dominierte 2017 der Dienstleis-                       Wert bei 3,13 %, so dass wieder das 3 %-Ziel erreicht
tungssektor mit einem Anteil von 86,3 %. Auf das                        werden konnte. Bereits im Jahr 2000 haben sich die
Produzierende Gewerbe (Industrie, Energie und Bau)                      europäischen Länder das Ziel gesetzt, 3 % ihres Brut-
entfielen 13,7 % der neuen Investitionen.                               toinlandsprodukts für FuE auszugeben. Für das Jahr

Ausgaben für Forschung und Entwicklung nach Sektoren
in Mrd. Euro; Anteil der Ausgaben am BIP in %

                    6.000                                                                                            3,7

                                                                                                                     3,6
                    5.000
                                                                                                                     3,5

                                                                                                                     3,4
                    4.000

                                                                                                                     3,3
                                                                                                                           Anteil am BIP in %
     in Mio. Euro

                    3.000                                                                                            3,2

                                                                                                                     3,1
                    2.000
                                                                                                                     3,0

                                                                                                                     2,9
                    1.000

                                                                                                                     2,8

                       0                                                                                             2,7
                            2007   2008     2009   2010   2011   2012    2013   2014     2015   2016   2017   2018

       Staat                  Hochschulen          Wirtschaft           Anteil FUE/BIP
Quelle: Statistisches Bundesamt

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